Moralisches Sauerbier, die zweite
Was einmal geht, das geht auch ein zweites Mal. Und der Titel des Buches verrät auch schon das ganze Programm, so dass man es eigentlich gar nicht mehr lesen müßte. Die „moralische Stechfliege" (F. Nietzsche) Fleischhauer schlägt wieder zu und verschafft seiner konservativen Klientel moralische Genugtuung satt und sattsam. Die „Linken", diese elenden Heuchler, sollen sich mal bloß nicht so erhaben haben und das Monopol für glaubwürdige" Moral und demzufolge Macht im Lande, das können sie sich gleich mal abschmatzen (denn das steht UNS zu !)... !
Haben die Konservativen, bereits als ihre „linke" Macht- und Moral-Konkurrenz erfrischemnd unkompliziert noch einfach „Moskaus fünfte Kolonne" oder „Landesverräter" hieß, im übrigen ja immer schon gesagt. Nur ist ihr moralischer Ruf doch eher langjährig diskreditiert, einfach zuviel Amigos und offene Hände allerorten. Was sie wurmt ohn`End. Aber jetzt kriegen sie`s in die langersehnte Retourkanone geladen von einem, der eigentlich nichts anderes aufzuweisen hat, als dass er mal als Kleinkind irgendwo zwischen Müsli, Pott und Weltfrieden mit herumhing und dem - wohl in der Adoleszenz - die ganze dort grassierende klebrige Bonhommie soweit und darin auf die Nerven ging, als das auch alles nur irgendwie Schmiere und Theater war, während sich die wie auch immer Bewegten anschickten, kolonnenweise „in der Republik anzukommen" bzw. „den Weg durch die Institutionen" als arrivierte Bourgeois und herrrschaftsmitmachende alimintierte Berufspolitiker mit Anschlußposten bei der vertretenen Wirtschaftsklientel zu vollenden (Anm.: ein längerer Satz, aber er stimmt). Ein typischer „Generationenkonflikt" also des kleinen Fleischhauer.
Kapiert hat der großgewordene Fleichhauer davon zwar bis heute gar nichts und er vermag das flaue Versacken ehemaliger Protestler im ganz ördinären Mitmachen, wie die edlen Polittitel dafür, auch nicht zu kritisieren, aber dafür hat er jede Menge MORAL aufzuweisen. Das abstoßende Treiben seiner Altvorderen trieb ihn nämlich glatt dazu, bekennender Konservativer zu werden, was wohl zugleich so was wie ein Veredelungsnachweis für seine jetzige Anschauungen sein soll, nach der alten Konvertitenlogik: ich habe mich von den BÖSEN angewandt, also bin ich GUTER.. Argumente hat er zwar kein Einziges dafür, aber den Rücksack voller Gesinnung. Darin ist er Apfel von dem Baum, von dem er abfiel. Als Moralist pur schnüffelt er in Unterhosen herum und stellt allerlei Linke" der darin enthaltenen Bremsspuren bloß, die daraufhin - sie können auch nichts anderes als das - ebenso moralisch zurückbelfern.
Und wenn Moral mal so ordentlich in Fahrt kommt, wird`s richtig schön fies und widerwärtig. Kurzum: der eine Heuchler überführt den anderen Heuchler mit dem Ruf Du Heuchler!" der Heuchlei. Und, natürlich, umgekehrt. Und der Witz ist: beide haben recht, sie sind Heuchler. Spannend. Erbauchlich. Staatstragend dumm. Die Themen sind dabei ziemlich wurscht (bzw. nur Vorwand), es ist immer ein- und derselbe Brei, den Fleischhauer rührt. Wer nicht Moralisieren, sondern etwas über Kritik der Moral wissen will (und das öde Moralisieren wie das Lesen von Fleischhauer und tutti quantig ähnlicher Machart denn dann auch sein lässt), der muß also nach wie vor den Klassiker dazu lesen: Friedrich Nietzsche. Der hiermit gedankenerhellend empfohlen sei.