Tragische Familiengeschichte vor dem Hintergrund des RAF-Terrors der 60er und frühen 70er Jahre
Buchinhalt:
Hamburg, 1968: die Jugend lehnt sich in Demos und Protesten gegen das Establishment auf, rebelliert und will einen Neuanfang. Auch Ulrike Casparius, Tochter aus gutem Hause, gerät durch ihren Freund in die Hausbesetzerszene. Schon bald dominiert die RAF das Geschehen und auch Sabine, Ulrikes jüngere Schwester, gerät in die Fänge der Terroristen. Wird die Famlie auseinanderbrechen? Die politische Situation in Deutschland ist zunehmend aufgeladen und das geht nicht spurlos an den Casparis und Jacobsons vorbei....
Persönlicher Eindruck:
Zeitensturm ist der dritte und abschließende Teil der Blankenese-Reihe, kann aber ohne Vorwissen aus den beiden anderen Bänden gelesen und verstanden werden. Es geht darin um zwei entfernt miteinander verwandte Familien, die Casparius', die eine Reederei besitzen und die Jacobsons, bei der der Familienvater als Staatsanwalt tätig ist. Beide haben Kinder und als Leser taucht man anhand der Figuren ein in eine Ära des Umbruchs und der erhofften Aufarbeitung der vergangenen politischen Gegebenheiten.
Die 1960er Jahre bedeuten Umbruch: die junge Generation rebelliert als Hippies und Hausbesetzer, die Studentenproteste arten schnell in Krawall und leider auch Terror aus. Mittendrin ist Ulrike Casparius, Studentin der Journalistik. Mit ihrem Freund Lars ist sie Teil der Studentenbewegung in Berlin.
Sabine, Ulrikes jüngere Schwester, geht nich zur Schule, wird aber gemobbt und ist ein labiler Charakter. Durch einen tragischen Zwischenfall stürzt das Mädchen in Depression und Teilnahmslosigkeit ab, wird empfänglich für Lars' Manipulationen, als dieser sich mit Baader und Meinhoff solidarisiert. Bald schon wird ie RAF auf den Plan gerufen und das Leben beider Familien gerät in Gefahr.
Kurt Jacobson als Vertreter der zweiten Familie ist Staatsanwalt und zunächst mit der Aufarbeitung der NS-Vergangenheit betraut, wird aber bald ins Verfassungsgericht berufen und hat dann mit den RAF-Fällen zu tun.
Mir hat die Geschichte durchaus gut gefallen. Man kommt schnell an in der Handlung und das Lebensgefühl der 68er Generation wird vor dem inneren Auge des Lesers lebendig.
Leider ist der Roman in meinen Augen überfrachtet an politischen Gegebenheiten. Natürlich ist es eine Ära, in der viel passiert und ich kann nachvollziehen, dass die Autorin möglichst alles von Rudi Dutschke bis AKW Brokdorf in ihren Roman packen möchte. Dennoch hätte ich mir gewünscht, dass manches zwar erwähnt wird, aber nicht in der Ausführlichkeit. Der Raum für die persönliche Geschichte der fiktiven Figuren wird dadurch kleiner und ich hätte mir mehr Entfaltung diesbezüglich gewünscht. Trotz allem ist es eine Geschichte, die einen an den Seiten kleben lässt. Besonders die dramatischen Entwicklungen gegen Ende und der Schluss haben mich erschüttert, es ist kaum zu fassen.
Insgesamt ein Stück deutsche Geschichte, die noch gar nicht so lange vergangen und daher in den Köpfen der Bevölkerung noch präsent ist – verbunden mit einer Familiengeschichte, die mehrere Generationen und deren Verflechtungen zeigt.
Lesenswert!