Sgt.Pepper`s Herz - Infarkt
Verpfeffert und versalzen oder Sgt.Pepper`s Herz-Infarkt
Zu allen Zeiten waren und sind die herrschenden Gedanken, nichts anderes als die Gedanken der Herrschenden. ( Karl Marx )
Wenn es 2 Dinge gibt die man der Bewusstseinsindustrie zuerkennen muss, dann sind dies erstens, dass Sie den Geschmack der Massen zu bilden in der Lage ist und zweitens, dass deren Macher nur allzu oft selbst keinen Geschmack haben. Dies mag dazu beigetragen haben, dass Sergeant Pepper`s Lonely Heartclub Band und mit dieser LP deren Produzenten, seit über 50 Jahren auf allen Kanälen, in allen Gazetten, in fast allen Publikationen, dermaßen penetrant als innovativ, kreativ, einflussreich, richtungsweisend hochgejubelt werden, dass die Beatles dieses offenbar irgendwann wohl auch geglaubt haben und John Lennon sich dazu veranlasst sah, die Beatles populärer als Jesus zu preisen.
Wenn es also ein Superlativ gibt dass man den Beatles zuerkennen mag, dann jenes, dass Sie die beliebteste Popgruppe der Bewusstseinsindustrie sind. Seit Jahr und Tag werden dann auch von den Medien diverse Legenden um diese Band verbreitet, dass es längstens an der Zeit ist, am Mythos Beatles zu kratzen.
Gern wird z.B. immer wieder die Legende verbreitet, die Rolling Stones hätten mit ihrem Song As Tears Go By veröffentlicht 1964, den Song Yesterday von den Beatles veröffentlicht 1965 kopiert. Wie dies rein zeitlich funktioniert haben soll, hat noch allerdings noch Niemand erklären können. Des Weiteren ist laut Wikipedia die Begrifflichkeit der sogenannten Beatlesmania von den Medien erfunden worden, offensichtlich um die Beatles populärer zu machen, als Sie es in Wirklichkeit waren. Diese meine Vermutung wird erhärtet von immerhin 3 historisch nachweisbaren Tatsachen.
Am 15 September 1963 traten die damals noch weitgehend unbekannten Rolling Stones in der Londoner Royal Albert Hall, als Vorgruppe der bereits berühmten Beatles auf. Die Stones als Anheizer für die nachfolgenden Beatles lösten einen solchen Tumult aus, dass die Beatles irritiert durch die Vorhänge sahen, zum ersten Mal seit Hamburg nicht die Stars des Abends waren und sichtliche Mühe hatten die überbordende Stimmung wenigstens einigermaßen halten zu können. ( Quelle; Mick Jagger die Biographie von Phillip Norman, dort Seite 133 ) .
Eine weitere Tatsache die ich für erwähnenswert halte, ist der Umstand, dass es für das Debütalbum der Beatles Please Please Me von 1963 ganze 6000 Vorbestellungen gab, für das Debütalbum der Rolling Stones mit dem Titel Rolling Stones ca. 1 Jahr später, beliefen sich die Vorbestellungen bereits auf sage und schreibe 100 000 ( Quelle; Mick Jagger die Biographie von Phillip Norman, dort Seite 167 ) .
Im Hamburger Wochenmagazin DER SPIEGEL Nr. 37 von 1965 lässt sich folgendes Zitat nachlesen;
Ein Ziel haben die Rolling Stones erreicht: Sie haben die Beatles überrollt. Die noblen und nobilitierten Liverpooler Kellerkinder sind den Fans bereits zu flau. Englands Teenager kürten deshalb die rüderen Steine zur Spitzengesangsgruppe und zum besten Instrumentalensemble dieses Jahres.
Zitat Ende
Wenn dies alles Tatsachen sind, warum dann eine Beatles und keine Stonesmania?
Aber dies nur nebenbei und es soll hier keineswegs um einen Vergleich von Beatles und Stones gehen, sondern darum wie Meinung gemacht werden kann, wie Mittelmäßiges ja sogar Unterdurchschnittliches den Leuten solange als Größtes, Bestes, Genialstes usw. usw. medial aufgenötigt wird, bis ein Jeder dies unhinterfragt nachplappert, was sich besonders deutlich an der hier zu rezensierenden Beatles Platte Sgt.Pepper`s Lonely Heartclub-Band erkennen lässt. Denn diese Platte ist, wie ein anderer Forist bei Amazon dies auch bereits geschrieben hat, bis auf einige wenige Perlen, im Wesentlichen ganz einfach nur schlecht. Ja Sie ist nicht einmal Beatles Durchschnitt, sondern liegt sogar deutlich darunter.
Dennoch kann man dieser LP zumindest 2 Größen zu Gute halten.
Da ist erstens der enorme ja in der Tat zutiefst beeindruckende Aufwand, sowohl in technischer als auch finanzieller und experimenteller Hinsicht, als auch eine gewaltige Arbeitsintensität die man den Beatles hier bescheinigen kann. Monatelang studierte, experimentierte, probierte und feilte man an der LP herum. Ein Beispiel mag dies verdeutlichen. Der Song Being for the Benefit of Mr.Kite z.B. wurde von John Lennon geschrieben. John Lennon erstand bei einem Antiquitätenhändler ein Schaustellerplakat aus dem 19zehnten Jh. Auf diesem Plakat wurde von einem Mr.Kite Werbung für seine Kunst gemacht. Lennon schrieb jedes einzelne Wort von diesem Plakat ab, setzte die einzelnen Worte neu zusammen und machte daraus einen Song. Des Weiteren wurde aus zahllosen Geräuschen von Rummelplätzen, Jahrmärkten, Blaskapellen usw. eine chaotische Mischung zusammengebastelt und dem Song hinzu gefügt.
Man kann vor der Mühe die dies gemacht haben muss, ja durchaus den Hut ziehen, doch leider klingt das Ergebnis ganz einfach Sch….Mühe allein genügt eben nicht, geniale Songs lassen sich nicht immer einfach so nach Drehbuch planen, und anschließend fertig stellen. Mitunter gelingt überraschenden spontanen Einfällen, Besseres ja auch Genialeres, als mit noch so viel Aufwand betriebene Versuche, Einzigartiges zu schaffen. Fragen Sie Keith Richard.
Was sich über Mr. Kite feststellen lässt, gilt dann auch für die große Mehrheit der Songs die auf dieser LP zu finden sind. Die Beatles haben versucht etwas völlig Neues, nie Dagewesenes ja geradezu Phänomenales zu schaffen, doch steht das Ergebnis, in einem geradezu schreienden Widerspruch zum Anspruch den die Beatles hier verwirklichen wollten.
Die 2te überdurchschnittliche Größe, die man Sgt.Pepper zusprechen kann, ist das mediale Theater dass man seit über 50 Jahren um dieses Album macht. Seit über 50 Jahren wird behauptet, wie kreativ einzigartig, richtungsweisend, einflussreich ja geradezu revolutionär diese Platte angeblich sei und fast ein jeder plappert dies Gedankenlos nach. Nichts davon stimmt. Es kann überhaupt keine Rede von alldem sein.
Kreativ, einzigartig, richtungsweisend, einflussreich ja geradezu revolutionär waren 1967 also dem Erscheinungsjahr von Sgt.Pepper, ganz andere Alben. Wie besagter Forist bei Amazon dies bereits geschrieben hat, ist hier z.B. das Debütalbum von Pink Floyd zu nennen, ein Album das jene Sgt. Pepper zu Unrecht zugeschriebenen Superlative, überreichlich beinhaltet.
Ähnliches lässt sich über das Debütalbum von Gitarrengott Jimi Hendrix sowie das Debütalbum der Doors sagen. Diese Alben waren 1967 etwas Neues, etwas was man vorher so nicht kannte, kurzum all jenes was Sgt Pepper erfüllen wollte, aber nicht einmal ansatzweise erfüllen konnte.
Es gibt aus meiner Sicht lediglich einen Song auf dieser LP der wirklich herausragend ist und beweist was für eine Klasse die Beatles durchaus haben können. Lucy in the Sky with Diamond halte für in jeglicher Hinsicht bemerkenswert, gehört auf jeden Fall zu den nicht gerade wenigen Klasse Songs die wir den Beatles verdanken und erfüllt als einziger Song jene Superlative die dem gesamten Album zugeschrieben werden. Obwohl der Song in relativ kurzer Zeit fertig gestellt werden konnte, klingt er durchaus innovativ, psychodelisch und passt hervorragend in die Zeit in der er aufgenommen wurde.
Hinzu kommt ein surrealer außerordentlich poetischer Text, kurzum der Song gehört für mich zum Besten was die Beatles je gemacht haben. Leider die einzige wirkliche Perle.
A Day in The Live fängt zwar durchaus verheißungsvoll an, hätte anfangs fast das Zeug der Lucy Konkurrenz zu machen, verfällt allerdings in seinem letztem Drittel in ein äußerst bombastisches, musikalisches Wirrwarr, dass sich beim besten Willen nicht deuten lässt. Weniger wäre hier mehr gewesen. Tja und dann wäre dann noch Love Me Rita. Ein netter Song gewiss, aber doch höchst konventionell, der eher in Frühphase der Beatles oder auch auf das Debütalbum der Beatles gepasst hätte ohne dabei groß aufzufallen.
Das war dann auch aber auch wirklich alles, der Rest dieser Scheibe lässt sich ganz einfach unter einfallslosen Müll, der der Plattenfüllung dient verbuchen. Von Spirit, Innovation ja von richtungsweisender einflussreicher Genialität, der dieser Scheibe bis heute attestiert wird keine Spur. With a Little Help From My Friends z.B. klingt als trällerte Jemand in der Badewanne oder unter der Dusche irgendetwas vor sich hin. Kein Wunder dass der arme Ringo zum Singen heran gezogen wurde, die anderen wollten mit diesem Musterbeispiel von musikalischer Einfallslosigkeit offenbar nicht in Verbindung gebracht werden. Es musste erst ein Joe Cocker kommen, um den Text mittels einer radikal anderen musikalischen Interpretation, wirklich hörenswert zu machen.
When I’m Sixty-Four , ist dies wirklich das, was die Jugend der rebellischen 60ziger so brennend interessierte? Wohl kaum, solche Texte untermalt von einem harmlosen Sing-Sang, mögen der Grund dafür gewesen sein, dass sich zumindest ein Teil der damaligen Jugend den ursprünglich bewunderten Beatles zunehmend entfremdeten und Ihr Interesse auf intensivere, ausdrucksstärkere und vor allem rebellischere Musik konzentrierte. Und es mag ein Grund dafür sein, dass sich die ältere Generation seinerzeit zunehmend mit den Beatles arrangieren konnte, um Schlimmeres wie Stones, Doors, Who usw. usw. möglichst zu verhindern. Tja und dann Within You Without You, mein Gott, was für eine zusammen gemanschte Albernheit. Der Gebrauch fernöstlicher Musikinstrumente macht noch längst keinen guten Song. Norwegian Wood auf Rubber Soul, beweist, dass dies besser gehen kann. .Zum Rest dieses größtenteils missratenen Albums, möchte ich hier nichts mehr schreiben, da das bisher geschriebene aus meiner Sicht ausreichend ist.
Abschließend ergibt sich die Frage, warum dies Alles? Warum wird eine Band, die zugegebenermaßen durchaus große Klasse hatte, medial derart überhöht, derart über den grünen Klee gelobt, dass Sie mit den musikhistorischen Tatsachen, bei genauerer Betrachtung korrelieren muss ? Man tut den Beatles keinen Gefallen damit, ganz im Gegenteil, böse Zungen könnten behaupten dass diese Band dies wohl nötig hatte, was nicht der Fall ist. Ganz im Gegenteil, die Beatles gehören zu den besten was Popmusik in der 2ten Hälfte des 20zigsten Jh. hervorgebracht hat. Auf dem musikalischen Feld, das Sie beackerten waren Sie einzigartig, ja geradezu genial, gar keine Frage. Aber das ist es ja eben, auf diesem Feld, aber nicht darüber hinaus. Sie gehörten zu den Besten, aber Sie waren nie die Besten, wie immerzu behauptet wird. Es gab andere Musiker die in Ihrem Metier mindestens ebenso beachtliches geleistet haben wie die Beatles. Zuallererst wären hier die Rolling Stones, Bob Dylan, Chuck, Berry, Pink Floyd, Jimi Hendrix und die Doors zu nennen. Auch die waren Pioniere und brauchen sich hinter den Beatles nicht zu verstecken. Warum dann dieses Theater, um die Beatles, warum dieses Theater um das größtenteils misslungene Sgt.Pepper Album. Der Grund scheint mir ein einfacher zu sein. In den Chefetagen der Musik und Medienindustrie, saßen und sitzen bis heute, Leute mittleren und fortgeschrittenen Alters denen radikalere, extremere künstlerische Ausdrucksformen grundsätzlich suspekt sind. Dies gilt dann auch ganz besonders, wenn gesellschaftliche Missstände oder Fragwürdigkeiten künstlerisch thematisiert werden. Ähnliches lässt sich z.B. auch über die Literatur sagen z.B. im Vergleich von Thomas Mann und Bertolt Brecht. Man mag es lauwarm und bürgerlich gemütlich. Die Kunst soll sich selbst genügen und um Gottes Willen die gesellschaftlichen Verhältnisse nicht in Frage stellen. Man sagt dies natürlich nie offen, sondern versteckt sich hinter ästhetischen Argumenten. Dabei hat man sich allerdings auch schon mehr als einmal blamiert. Bertolt Brechts Dreigroschenoper z.B. wurde bei Erscheinen als angebliches Plagiat denunziert, so etwas könnte heute Niemand mehr sagen, ohne die eigene Blamage fürchten zu müssen. Das Album der Rolling Stones Exile on Mainstreet von 1972 , wurde kurz nach Erscheinen heftig als einfallslos kritisiert, gehört allerdings heute Jahrzehnte später, längst zu den großen Klassikern der Rockmusik. Im Gegensatz zu Sgt.Pepper völlig zu Recht.
Es scheint also immer noch das Vernünftigste zu sein, Musik selbst zu hören, zu erfahren, zu interpretieren, als sich von den Medien einen Geschmack aufnötigen und sich für dumm verkaufen zu lassen. Der Tag wird kommen, da bin ich sicher, da wird man die Beatles differenzierter und objektiver beurteilen als heute. Die Beatles können das verkraften, denn und dies möchte ich ausdrücklich noch einmal sagen, Sie hatten wirklich Klasse. Nur eben auf Sgt.Pepper nicht.
Wie ich einzelnen Medien und diversen Online-Foren in den letzten Jahren entnehmen konnte, ist dieser Differenzierungsprozess bei Skt.Pepper längst um Gang und ich bin nicht der einzige der dieses Album so kritisch sieht, wie es angemessen ist.
Und jetzt, teert mich, federt mich, hängt mich, mir egal, aber das musste mal gesagt werden.