Und die Ohren machen piiiieeeep.....
Oasis: Be Here Now (3 CDs, Remastered 2016, Laufzeit 218 Minuten)
Ein ''verdammter Mist'' sei dieses Album, so ließ sich Noel Gallagher einst über den dritten Oasis-Longplayer aus. Ein vernichtendes Urteil. Selbst 2006 weigerte sich der Oasis-Boss noch, auch nur einen Track davon auf das Best of-Album ''Stop The Clocks'' zu nehmen. Wobei... wir sprechen hier über ''Be Here Now'', das meistverkaufte Album Englands des Jahres 1997!
Immerhin hatte Mr. Gallagher nichts dagegen, den ungeliebten Longplayer 2016 in der Serie ''Chasing The Sun'' als 3 CD-Set neu veröffentlichen zu lassen und dabei mit insgesamt 28 weiteren Tracks ordentlich aufzustocken. Das Ganze präsentiert sich als recht schmuckes Mini-Büchlein im Hardcover, das in einem 24-seitigen Beiheft nette Track by Track Liner-Notes sowie einige Band-Fotos und eine Handvoll Texte enthält.
Die CDs stecken mit in diesem Buch, natürlich ohne Innenhülle und darum... Sie wissen schon. Besonders der dritte Silberling klemmt ordentlich fest und weist schon nach der ersten Entnahme unschöne Kratzer auf.
Zur Musik: CD 1 enthält das Album in der bekannten Form, 12 Songs in 71:36 Minuten. Klar, dass einige Titel etwas zu lang erscheinen, trotzdem mag ich mich Herrn Gallaghers Meinung nicht anschließen. Im Gegenteil, mir gefällt die Mucke. Nicht umsonst warf das Album drei Hit-Singles ab, in Japan wurde sogar noch eine vierte ausgekoppelt.
Sechs der Single-Rückseiten finden wir auf CD 2 (70:35 Minuten) und müssen dabei feststellen, dass damit einige fehlen. Über David Bowies ''Heroes'' oder das Stones-Cover ''Street Fighting Man'' hätte ich mich schon gefreut. Schade! OK, angeblich fand es Noel Gallagher unpassend, das Bowie-Cover so kurz nach dessen Tod erneut zu veröffentlichen. Und Mick Jagger hatte der Legende nach sein Veto eingelegt, da Gallagher für die Aufnahme des Albums das Spielzeug-Klavier eines der Kinder des Stones-Urgesteins stibitzt hatte (Gallagher: ''Er kann es zurückhaben, wenn er will!'').
Immerhin gibt es einige Demos und Live-Tracks zu hören, darunter John Lennons ''Help!'' als akustische Live-Version von 1998. Reißt mich nicht unbedingt vom Hocker, aber man freut sich ja über jede weitere Ergänzung seiner Beatles-Sammlung.
Eine neue Version von ''D'You Know What I Mean?'' rundet als ''NG's 2016 Rethink'' die zweite CD ab. Zur Erklärung: Das komplette Album sollte neu editiert/abgemischt werden, da die Songs ja eh zu lang waren und überhaupt... nun, nach diesem ersten Versuch, der zwar nur knappe 20 Sekunden kürzer ist, aber dafür um Klassen besser klingt, hatte Mr. Gallagher bereits die Lust verloren, und so bleibt dieser Track die Ausnahme.
Halt, auf CD 3 (75:35 Minuten) hören wir ''D'You Know What I Mean?'' gleich noch einmal, nun als ''Mustique Demo''. Noel Gallagher hat den Großteil des Albums auf dieser karibischen Insel geschrieben und anschließend im Alleingang die entsprechenden Demos aufgenommen. Stramme Leistung, die 14 hier enthaltenen Aufnahmen sind absolut OK (auch wenn mir Liams Stimme mehr zusagt). Das heißt, bei ''Fade In-Out'' musste ihm Johnny Depp (genau, der Johnny Depp) an der Slide-Gitarre aushelfen. Gallagher: ''Er setzte sich hin und spielte (das Solo) in einem Rutsch ein. Er ist wirklich ein guter Gitarrist.''
Schön. Trotzdem müssen wir noch einmal auf die Stones zurückkommen. Denn kurioserweise ist auf CD 3 Track 8 als ''Trip Inside (Be Here Now)'' mit 4:48 Minuten gelistet, der eindeutig ein Schlagzeug-Sample von ''Honky Tonk Woman'' beinhaltet. Die Promo-Ausgabe enthielt auch genau diese Aufnahme, wurde jedoch letztendlich durch ein 3:35 Minuten kurzes Gitarren-Instrumental, das komplett anders klingt als die übrigen ''Mustique Demos'', ersetzt. War Jagger vielleicht doch nicht wegen des Kinderklaviers knatschig, sondern vielmehr wegen des unerlaubten Drum-Samples und hat darum die erneute Nutzung von ''Street Fighting Man'' torpediert? Macht vielleicht eher Sinn...
Gut, sei's drum. Nun zum Klang. Da Oasis generell nach dem Motto ''Stecker rein und alle Knöppe auf zehn'' verfährt, brüllt uns vor allem die erste CD dieses Sets gnadenlos an. Der leiseste Song hat immer noch (durchschnittlich!) 99 dB, ''My Big Mouth'' knackt mit 101,4 dB locker die Schmerzgrenze. Dynamik? Hallo? Oasis klingt nun mal so. Trotzdem sollte man seinen Ohren nach dem Album eine Erholung gönnen.
CD 2 taugt dazu nur bedingt, aber die dritte lässt mit rund 89-95 dB spürbar Raum für ein paar Zwischentöne. Danke, Noel.
Aufmachung und Inhalt dieser Box sind eine runde Sache und damit eine tolle Neuauflage des dritten Oasis-Albums ''Be Here Now''. Lautstärke hin oder her... 5 Sterne!