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Twilightsound
14. Oktober 2014
Marillion is back!
Sounds that can't be made ist ein würdiger Nachfolger von Marbles geworden! Denn die Marbles nachfolgenden Alben haben mich leider ziemlich gelangweilt und ich hatte die Band eigentlich schon abgeschrieben. Was schade war, wie ich fand, denn gerade die Alben Anoraknophobia und Marbles hatten mich vor 10 Jahren zu einer Art Marillion-Fan mutieren lassen. Ich kannte die Band zwar schon seit Mitte der 80er, aber bin nie so richtig warm mit denen geworden, weder mit Fish noch mit Steve Hogarth. Was ich in den 90ern von der Band zu hören bekam erweckte annähernd die gleiche Wirkung auf mich wie die Alben, die Marbles folgen sollten.
Der Grauschleier, der diese Alben bedeckte, wird auf „Gaza“ mit einem Donnerschlag weggeblasen. Selten klangen Marillion so heftig wie im ersten Teil des Longtracks. Dabei ist der Song stark von gegensätzlichen Klängen bestimmt: harte Riffs wechseln mit sphärischen Abschnitten, nahöstliche Rhythmik findet ihren Platz ebenso wie ein mit schrägen Trompetenklängen unterlegter Marsch. Die Teile gehen dabei nicht organisch ineinander über, sondern werden z.T. konfrontativ gegeneinander gesetzt. Was man durchaus im Einklang mit der textlichen Botschaft zum Nah-Ost-Konflikt sehen kann. Hogarth singt hier eindringlich aus der Perspektive eines palästinensichen Kindes aus dem Gaza-Streifen. Der Song hat mich von Anfang an gefesselt und verliert nichts von seiner Dynamik und seinem Reiz.
Da haben es die übrigen Stücke der prall gefüllten Scheibe nicht immer leicht. Es gelingt der Band jedoch eine Gesamtatmosphäre zu erzeugen, die deutlich mehr Spannung verbreitet als auf den letzten Alben und zugleich klanglich ziemlich edel wirkt.
Jedes Stück dieses überaus vielseitigen Albums hat seine nicht unerheblichen Stärken:
Der Titelsong „Sounds that can't be made“ überzeugt mit seiner leicht elektronischen, beschwingten Atmosphäre. „Pour my Love“ ist mit seinem hochmelodiösen Folk-Pop kaum noch aus dem Kopf zu kriegen und hat meines Erachtens mehr Single-Qualität als das etwas gewöhnliche „Power“. „Montreal“ wirkt sehr elegisch und emotional mitreißend. „Lucky Man“ weist mit psychedelischem Bluesfeeling einige Reminiszenzen an die Floyd - nicht ELP! - der 70er Jahre auf. „Invisible Ink“ entfaltet einen ganz speziellen spielerischen Charme und erzeugt einigen dynamischen Druck. „The Sky above the Rain“ klingt hingegen ein wenig wie eine musikalische Schmonzette, ist aber dennoch reizvoll, da der Song auf seiner Gradwanderung doch nicht abstürzt, sondern sich zunehmend zu einem runden, gelungenen Abschluss mausert.
Auch nach oftmaligem Durchhören bin ich überzeugt, dass Marillion diesmal wieder die Kurve gekriegt und ihr bestes Album seit Marbles eingespielt haben. Jedenfalls hat mich die alte Begeisterung wieder gepackt! Treue Fans dürfen sich über ein kleines Juwel freuen und Hörer, die Marillion in den letzten Jahren schon aufgegeben hatten oder noch gar nicht kennen, sollten sich unbedingt ein paar Hördurchgänge gönnen, denn hier gibt es wieder was zu entdecken.