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eningenmt
02. September 2012
Formvollendete Songpoesie aus Norwegen
Nach inzwischen 14 Alben wissen wir hinreichend, dass die norwegischen
Lofoten offenbar ein ergiebiger kreativer Quell für die Songs von Kari
Bremnes zu sein scheinen. Und abermals verblüfft auch auf ihrem neuen Album
die höchst professionell daher kommende Paarung von Intensität und ebenso spielfreudiger wie durchdachter musikalischer Leichtigkeit, mit der sich diese 11 in norwegischer Sprache gesungenen Songs vermitteln. Selbst wenn man die Sprache nicht verseht, vermittelt sich bereits mit den ersten balladesken Tönen von „E Du Nord“ eine angenehme Vertrautheit und die berechtigte Annahme, dass Kari Bremnes eine sensible, kluge Beobachterin zwischenmenschlicher Beziehungen und alltäglicher Begebenheiten ist, die sie in gehaltvolle Songpoesie einfließen lässt. Und es stört keineswegs, dass ihr neues Album an die beiden letzten Studio-Platten von Bremnes erinnert. Obwohl diese mit filigranen Bass-Läufen untermalte Melange aus Singer-Songwriting und intelligenter, abwechslungsreicher, eher folk- denn jazzbeeinflusster Pop-Musik bisweilen durchaus neue Stilelemente zu Gehör bringt. Etwa in dem wunderbaren „Lysestake i Sannergata“, das sich mit lasziv-erotischem Sprechgesang weitab von üblichem Rap auf sehr eigene Weise neben dem mit einer unglaublich gut klingenden Klavierkaskade endenden „Hapet“ als ein Glanzlicht dieses rundum großartigen Albums erweist. An anderer Stelle überzeugen Kari Bremnes und ihre großartige Band, die sie im November dieses Jahres auch auf einer ausgiebigen Deutschland-Tournee begleiten wird, mit einer herrlich tanzbaren Nummer („Mann Pa Rommet“), in die sich scheinbar unvermittelt ein Akkordeon zum antreibenden Rhythmus dieses fast schon discohaften Songs gesellt. Das hat Klasse und Stil und begeistert ebenso wie die unerwartet erklingende Trompete von Nils Petter Molvaer auf früheren Bremnes-Platten. Man darf sich also schon mal auf die Live-Darbietungen dieser Songperlen freuen und gespannt sein, wie Bremnes & Band das in ihren Konzerten über die Rampe bringen werden. Zur großen Freude mancher „Audiophiler“ wird dieses tolle Album, das mit „Tidlig“, einer melancholischen, zum Niederknien schönen Melodie ausklingt, übrigens auch wieder als Doppel-Vinyl-Ausgabe veröffentlicht werden. Viel Besseres kann man, wenn man so etwas mag, derzeit wohl kaum irgendwo hören.