Kim Myhr: You/Me auf CD

Wie das wunderschöne Coverfoto von Tebbe Schöningh, das eine Meereslandschaft zeigt - ein Bild, das sich Kim Myhr nach eigenen Angaben für das Cover vorstellte, bevor überhaupt ein Ton aufgenommen wurde -, ist die Musik auf »You I me« entsprechend ozeanisch: ein Gezeitenstrom aus eindringlichen Klängen, gesättigt mit dem Strandgut zufälliger Details.

Der Komponist und Gitarrist Myhr hat zwei »Seiten« (die eigentlichen A- und B-Seiten der Vinyl-Veröffentlichung) geschaffen, die ihrerseits jede weitere binäre Paarung widerspiegeln, die man auf sie anwenden möchte, wie z.B. kalt/warm, innen/außen, Kultur/Natur, städtisch/ländlich (obwohl der Unterschied zwischen den Seiten nie ganz klar ist), und hat zwei sich kontinuierlich verschiebende und schimmernde Langform-Stücke geschaffen, die sich um denselben repetitiven rhythmischen Puls drehen. Dieser Puls wird zum Teil von Grund auf durch die von Myhr selbst gespielten überlagerten Gitarren und elektronischen Zusätze erzeugt, aber auch von den drei Gästen des Albums (den einzigen anderen beteiligten Musikern), den Star-Schlagzeugern Tony Buck (The Necks), Ingar Zach (Huntsville, Dans les Arbres) und Hans Hulbækmo (Atomic, Moskus, Broen).

Das Ergebnis ist bemerkenswert effektiv: Musik, in der man sich verlieren kann, eine dichte Ansammlung von Klanginformationen, bei der der Wahrnehmungsprozess ebenso wichtig wird wie das wahrgenommene Objekt.
Wenn der Puls erst einmal in Gang gekommen ist, macht die organisch anmutende Entwicklung der sich unendlich verändernden und doch im Wesentlichen statischen formalen Struktur das Hören von »You I me« so leicht wie das Atmen, während die oft ekstatische, glückselige Klangwelt eine besonders starke psychedelische Ladung trägt. In der Tat könnte das Hören von »You I me« das Vergnügen eines Kiffers sein, wie das Anstarren des Musters in einem Teppich, bis es beginnt, ein Eigenleben zu entwickeln.