Ralph Sutton: At St George Church, Bristol auf 2 CDs

Diese BBC Ausstrahlung war zwar ein informeller, aber überaus ansprechender Abend mit Ralph in geselliger Runde. Sie war so erfolgreich, dass die Ausstrahlung schon bald nach ihrer ersten Sendung in Folge der häufigen Nachfrage von Hörern wiederholt wurde.

Diese Veröffentlichung auf CD ist eine weitere Gelegenheit für diejenigen unter uns, die schon damals dabei waren, dem Genuss erneut zu frönen - und für die anderen, die fehlten, Ralph in seiner besten Zeit zu lauschen. - Aus den CD Liner Notes von Alyn Shipton, dem Jazzkritiker für The Times in London und einem regelmäßigen Moderator auf BBC Radio 3

Rezensionen

Auch nach seinem Tod im Dezember 2001 überrascht Ralph Sutton mit immer neuen Entdeckungen seines exorbitanten Pianospiels. So auch mit dieser Doppel-CD, dem Mitschnitt seines Soloauftritts im Februar 1992 in der St. George Church im englischen Bristol, veranstaltet und später auch gesendet von Radio 3 der BBC. Sutton nannte stets Fats Waller, Willie „The Lion" Smith und James P. Johnson als die wesentlichen Inspiratoren seiner Harlem-Stride-Spielweise, verfiel jedoch niemals in bloße Kopien seiner Idole. Bereits frühzeitig in seiner Pianistenkarriere entwickelte er einen eigenständigen Stil, den er bis zu seinem abrupten Lebensende unablässig vervollkommnete. Zwar atmen seine Interpretationen unbeirrbar den Geist seiner Vorbilder, was sich vornehmlich in seiner außerordentlich starken linken Hand zeigt; gleichwohl und besonders sind es Suttons nahezu unbegrenzt fließende, ausgreifende Improvisationslinien, die seine Individualität ausmachen. Als Beispiel dafür von den hier vorliegenden Aufnahmen sei Suttons fast zehnminütige Vorführung von „Honeysuckle rose" genannt, einem Standard, der seit seiner Ersteinspielung in wahrlich nicht mehr zu zählenden Variationen verewigt wurde. Sutton erfindet immer neue überraschende Wendungen, denen er geradezu filigrane Ausschmückungen verleiht, lässt mitten-drin in Sekundenbruchteilen wenige Noten des Themas anklingen, um sich dann wiederum in spannungsreichem Ideenfluss auszuleben. Zudem verpasst Sutton balladesken Stücken niemals saftlos dahinsiechende Linien à la Bar-Pianogeplätscher, kraftvoll bleibt sein Spiel auch in solchen Nummern. Es ist gewiss nicht übertrieben, wenn man Ralph Sutton als einen Giganten des Jazz-Pianospiels bezeichnet. Das demonstriert er auch in den über 110 Minuten dieser beiden CDs einmal mehr nachhaltigst. Alyn Shipton, selbst Jazzmusiker, der die umfangreichen und informativen liner notes verfasste und die Radiosendung auch moderiert, bezeichnet die Akustik der St. George Church mit ihrem fest installierten BBC-Aufnahmestudio als die für kammermusikalische und solistische Aufführungen beste Großbritanniens, und so vermittelt diese Doppel--CD auch in dieser Hinsicht dem Hörer ein erstrangiges Erlebnis. Jazz Podium 11 / 2006, Gerhard Hopfe