Noël Akchoté: Lust Corner auf CD
Lust Corner
Herkömmliche CD, die mit allen CD-Playern und Computerlaufwerken, aber auch mit den meisten SACD- oder Multiplayern abspielbar ist.
(soweit verfügbar beim Lieferanten)
- Label:
- Winter & Winter
- Aufnahmejahr ca.:
- 1997
- Artikelnummer:
- 8253801
- UPC/EAN:
- 0025091001927
- Erscheinungstermin:
- 19.10.1997
Noël Akchoté lässt sich in seinem Schaffen keinerlei Regeln aufzwingen – schon gar nicht von seinem Instrument. Für ihn gehört die E-Gitarre genau wie Alltagsobjekte à la Waschmaschine, Staubsauger oder Rasierapparat einfach an die Steckdose. Seine Begegnung mit der künstlerischen Vision von Ornette Coleman hat maßgeblich dazu beigetragen, diese Haltung zu prägen. Seitdem lässt er sich von eigenen Vorstellungen leiten, statt sich an vorgegebene »Gesetze« zu halten.
Diese unorthodoxe Einstellung führte Akchoté bereits zu Kollaborationen mit Künstlern wie Louis Sclavis, Daniel Humair, George Lewis, Derek Bailey und Fred Frith. Jetzt überrascht er mit seinem neuen Werk »Lust Corner« – Duetten mit zwei weiteren Gitarristen, die es selbst auch nicht so genau mit Konventionen nehmen. Da wäre Marc Ribot, bekannt für seine Arbeit mit John Zorn, Elvis Costello, Tom Waits, Lou Reed oder auch Marianne Faithfull und Caetano Veloso. Und Eugene Chadbourne, dessen Laufbahn tief in der Hardcore-Szene verwurzelt ist – eine Karriere, die er unter anderem mit den Dead Kennedys, Camper van Beethoven und Shockabilly aufgebaut hat. Mit über 300 Veröffentlichungen reicht Chadbournes Repertoire von Pere Ubu und Han Bennink bis hin zu Carla Bley und den Violent Femmes.
Akchoté erklärt seinen Ansatz: Für »Lust Corner« habe er Ribot und Chadbourne gezielt ausgewählt, um seinen musikalischen Standpunkt mit Persönlichkeiten zu teilen, die – ähnlich wie Bo Diddley, Lenin oder Derek Bailey – durch ihre Eigenwilligkeit mehr erreicht hätten als viele andere. Er betont, dass Jazz-Gitarristen innerhalb des Jazz immer etwas isoliert wirkten. Im Vergleich etwa zu Tenorsaxophonisten wie Coltrane oder Parker sehe man hier weit weniger Traditionshaltungen. Auch Colemans Musik – die sämtliche Instrumente gleichberechtigt in den Kontext von Melodie, Rhythmus, Harmonik und Klang einbindet – sei keineswegs typisch für die Gitarre. Und doch inspirierte sie Akchoté und seine Mitstreiter zu einer faszinierenden Bandbreite musikalischer Experimente: von subtilen Duetten wie »New York« über gewagte Unisoni in »Street Woman« bis hin zu einer Heavy-Metal-kompatiblen Interpretation von »Peace Warriors«.
Dabei macht Akchoté keinen Hehl daraus, dass Rock für E-Gitarristen eine weitaus naheliegendere Spielwiese als der traditionelle Jazz darstellt. So, wie ein Tenorsaxophonist wahrscheinlich Hawkins oder Coltrane als Referenzen wählt, sucht der E-Gitarrist häufig Inspiration in der Rockmusik. Das erkennt man auch an der rockbetonten Atmosphäre in »Lust Corner«. Doch über Routine sollte man sich bei diesem Album keine Illusionen machen: Weder gibt es glattpolierte Standards wie eine konventionelle Version von »Body and Soul«, noch vermeidet man abenteuerliche Momente im musikalischen Unisono. Ebenso wenig überrascht es, wenn sich Akchotés Stücke wie »Chadology« stellenweise anhören wie Django Reinhardt auf Adrenalin – oder wenn Chadbourne plötzlich zum Finale ein engagiertes Lied ausruft: »We're quick to hurt each other over dirt«.
Mit all dem unterstreicht Noël Akchoté seinen Widerstand gegen den normativen Druck der Kunstszene der 1990er-Jahre. Seine Botschaft ist klar: Hier zählt das Eigenständige, das Unangepasste – Musik jenseits der Konventionen, aber voller Ernsthaftigkeit und Leidenschaft.
Rezensionen
T. Urbach in FonoForum 2/98: »Was für eine Musik! Drei Gitarristen, umsichtig zusammengebunden zu einem jeweils explodierenden Duo, im Suchbild Ornette Colemans Kompositionen.«Disk 1 von 1 (CD)
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1 New-York
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2 Street Women
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3 Chadology
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4 Boby And Soul
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5 Extensions
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6 Free 1
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7 Interlude 2
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8 Chesire Hotel
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9 Peace Warriors
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10 Broken Shadows
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11 Pas-Vous?
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12 Dirt
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