Die letze Reise
Das Buch „Onigiri“ von Yuko Kuhn, gelesen von Inka Löwendorf, umfasst etwa 200 Seiten und ist damit ideal für ein Wochenende. Das dazugehörige Hörbuch hat eine Spieldauer von rund sechs Stunden.
Ich habe einen Teil des Buches gelesen und gleichzeitig das passende Hörbuch gehört. In „Onigiri“ treffen zwei ganz verschiedene Kulturen aufeinander und zeigen, wie sie das Leben der Protagonisten beeinflussen. Im Zentrum der Geschichte steht Aki, deren Mutter an Demenz leidet. Als Aki erfährt, dass ihre Großmutter verstorben ist, beschließt sie, ihre Mutter ein letztes Mal nach Japan zu bringen, um ihr die Möglichkeit zu geben, ihre frühere Heimat und ihre Familie ein letztes Mal zu erleben. Japan wird hier als Ort dargestellt, an dem alte Wunden aufbrechen und Familiengeheimnisse ans Licht kommen – ein Konzept, das sowohl spannend als auch emotional klingt.
Leider empfand ich das Buch eher als eine Sammlung von Momentaufnahmen, die nicht harmonisch miteinander verbunden waren. Die Erzählweise ist ruhig und distanziert, was zwar eine gewisse Atmosphäre schafft, jedoch auch dazu führt, dass die Handlung an vielen Stellen ins Stocken gerät. Die vielen Rückblenden und Zeitsprünge behindern den Lesefluss, sodass ich oft Schwierigkeiten hatte, den Gedankengängen zu folgen. Die kurzen Kapitel und die wechselnden Perspektiven – teils in der Gegenwart, teils in der Vergangenheit – verleihen der Geschichte keine klare Struktur. Diese Unbeständigkeit und der Schreibstil führten dazu, dass es mir schwerfiel, den Geschehnissen zu folgen. Die Erzählung wirkte manchmal wirr und so, als ob sie aus vielen losen Fäden zusammengestellt wurde.
Trotz dieser kritischen Punkte hat mir der Roman insgesamt gut gefallen. Er präsentiert eine berührende deutsch-japanische Familiengeschichte und beleuchtet eindrucksvoll die Unterschiede zwischen der deutschen und der japanischen Kultur. Besonders interessant sind die generationenübergreifenden Konflikte, die zwischen Aki, ihrer Mutter Keiko und deren deutschen Großeltern bestehen. Die Passagen, in denen Akis Mutter behandelt wird, sind sehr eindrucksvoll; man spürt, wie sie aufblüht, als sie in ihre alte Heimat zurückkehrt und dort ihre Familie und alten Freunde wiedertrifft.
Das Buch hat definitiv viel Potenzial und enthält tiefgründige Themen. Dennoch konnte mich die Geschichte insgesamt nicht vollständig fesseln, was schade ist, da die Grundlagen für eine packende Erzählung vorhanden sind.