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    Magnolia

    Aktiv seit: 05. November 2023
    "Hilfreich"-Bewertungen: 10
    215 Rezensionen
    Cascadia Julia Phillips
    Cascadia (Buch)
    13.09.2024

    Grimms Märchen einmal anders

    Zwei Schwestern, die unterschiedlicher nicht sein könnten, leben seit jeher mit ihrer Mutter auf San Juan, einer Insel im Nordwesten der USA. Sam, die jüngere der beiden, erzählt von ihrem Plan, eines Tages den Grundbesitz mitsamt dem Haus für eine stattliche Summe zu veräußern. Dieser Traum hält sie aufrecht, aber noch sind die beiden Schwestern mit der Pflege ihrer sterbenskranken Mutter an die Insel gebunden. Die Arztrechnungen wiegen schwer, beider Einkommen reicht nicht aus, die Schulden häufen sich.
    Eines Tages wird ein Bär gesichtet, der neben der Fähre, auf der Sam arbeitet, schwimmt. Nun, sowas soll hier vorkommen. Als dieser jedoch kurz danach direkt vor der Tür der Schwestern auftaucht, meldet Sam dies bei der zuständigen Behörde. Groß wie drei Mann soll er sein, er war keine drei Meter von ihnen entfernt. Während Sam sich von dem Tier bedroht fühlt und es schnellstens wieder loswerden will, ist Elena geradezu fasziniert von ihm. Ohne Furcht nähert sie sich ihm an, sieht den Bären als ihre Chance auf ein schöneres, helleres Leben.
    Dem Geschehen vorangestellt ist das Märchen der Gebrüder Grimm „Schneeweißchen und Rosenrot“ in Kurzform - der Bär und der verzauberte Prinz und Schneeweißchen und Rosenrot. Was hat sich die Autorin dabei gedacht, was will sie damit ausdrücken? Wird zumindest eine der beiden Schwestern ihren Prinzen finden? Aber wie es die Grimm´schen Märchen so an sich haben, erzählen sie eher von Düsternis denn von Helligkeit.
    Die prekäre Lebenssituation der Familie offenbart sich in seiner Gänze erst spät, auch wird das dramatische Verhältnis der Schwestern untereinander von Kindheit an sichtbar. Es ist eine tragische Familiengeschichte, von flüchtigen, nicht immer ernst gemeinten Begegnungen durchzogen, die daneben auch die Auswirkung der Coronapandemie anspricht, überlagert vom unzulänglichen Gesundheitssystem der USA.
    Julia Phillips vielgelobten Debütroman „Das Verschwinden der Erde“ habe ich nicht gelesen, habe somit auch keine Vergleichsmöglichkeit. Ihr neuestes Werk „Cascadia“ ist – trotzdem gefühlt nicht viel passiert, alles eher so dahinplätschert – gut zu lesen, der Schreibstil eher nüchtern. Der Bär ist für die eine Sehnsuchtsfigur, er zieht sie wie magisch an. Hier fällt sie aus ihrer Rolle der toughen, dominanten, alle und alles bestimmenden jungen Frau. Die andere erkennt, dass ihre trügerischen Hoffnungen wie Seifenblasen zerplatzen. Es ist ein durchaus gesellschaftskritisches Buch, das so gesehen nichts Märchenhaftes an sich hat.
    Nur nachts ist es hell Judith W. Taschler
    Nur nachts ist es hell (Buch)
    10.09.2024

    Eine Familie inmitten des Zeitgeschehens

    Judith W. Taschler wählt für dieses Buch eine ganz besondere Form des Erzählens. Elisabeth, die Ich-Erzählerin, schreibt an eine Person die Geschichte ihres Lebens. Erst spät wird sichtbar, dass Christina, ihre Großnichte, diese Zeilen erhält. „…als der erste große Krieg ausbrach, war ich ein Mädchen und eine alte Frau, als der zweite endete. In der Zwischenzeit kämpfte ich als Ärztin an anderen Fronten.“
    Elisabeth Brugger hat ein Ziel vor Augen, das für sie in jener Zeit schier unerreichbar ist – wir befinden uns Anfang des 20. Jahrhunderts. Ärztin will sie sein, als Frau jedoch ist dieser Weg mehr als steinig. Ihr Bruder Eugen unterstützt sie in ihrem Vorhaben, dann auch Georg, den sie heiratet und mit dem sie zwei Söhne bekommt. Nach ihrem Medizinstudium arbeiten sie in ihrer gemeinsamen Praxis. Irgendwann dann kommt eine verzweifelte Frau zu ihr, die sie abweist. Sie will Leben erhalten und keines schon im Vorfeld töten. Eine Engelmacherin ist oftmals der letzte Ausweg aus dieser Hoffnungslosigkeit, leider überleben viele den Eingriff nicht. Kann sie, die Ärztin, davor die Augen verschließen?
    Sie erzählt von ihrer Familie, von den Zwillingsbrüdern Carl und Eugen und von einem Geheimnis, das die beiden umgibt. Sie gibt Einblick in die Zeit des Nationalsozialismus und der damit einhergehenden Judenverfolgung, auch schreibt sie von ihrer Arbeit als Lazarettschwester während des Ersten Weltkrieges, von ihrer ersten Liebe und von denen, die später folgen. Es ist noch sehr viel mehr, das sie niederschreibt, dazwischen erinnert sie sich an das politische und gesellschaftliche Leben, an die Goldenen Zwanziger Jahre, die nicht für alle golden waren, erwähnt die Spanische Grippe, das Attentat in Sarajevo im Juni 1914 und dessen Folgen, kommt als Lazarettschwester nach Siebenbürgen, Fürst Vlad III. sei hier erwähnt, weiß vom Börsencrash und Firmenschließungen, von Hitler und der Entdeckung des Penecillins, tanzt Charlston und Shimmy, hört Jazz…
    Ja, das hört sich jetzt ziemlich chaotisch und zeitlich komplett durcheinandergewirbelt an. Nicht unbedingt in dieser Reihenfolge, aber genau diese Erzählweise prägt das Buch. Dieser Mix ist durchaus beabsichtigt, was jedoch das Lesen ziemlich erschwert. Eben noch erwähnt sie den Zweiten Weltkrieg und die jüdische Familie, die versteckt wird, dann ist sie im Alter, um im nächsten Augenblick im Jahre 1916 zu landen. Diese Brüche sind es, die sich anfühlen, als ob man ins eiskalte Wasser geschmissen wird, um ernüchtert wieder aufzutauchen. Die jeweiligen Passagen sind allesamt gut erzählt, sie ziehen ihre Leser ganz tief hinein, die Autorin versteht es, zu fesseln. Diese Sprünge jedoch haben mich immer wieder innehalten lassen, sie haben meinen Lesefluss schon gestört. Und doch ist es ein Buch, das das Zeitgeschehen gut eingefangen hat, das durchaus lesenswert ist.
    Deine größte Angst Matthias Bürgel
    Deine größte Angst (Buch)
    09.09.2024

    Eine teuflische Amokfahrt

    Falk Hagedorns Plan, sich komplett von der Ermittlungsarbeit zurückzuziehen, scheitert genau in dem Moment, als er sich über den Jungen beugt. Er selber hat sich aus dem Rollstuhl auf den Boden zu dem Schwerverletzten fallen lassen und kann gar nicht fassen, dass er für Leon – so heißt der Junge – nichts mehr tun kann. Kurz zuvor hat sich ein weißer Vito durch den gut besuchten Konstanzer Weihnachtsmarkt regelrecht gepflügt und eine Schneise der Verwüstung hinterlassen. Den Hilfskräften und den Überlebenden bietet sich ein grauenhafter Anblick.
    Der ermittelnde Hauptkommissar Marius Bannert bittet Falk um seine Mitarbeit und auch der Bürgermeister ersucht ihn, Therapiesitzungen für die Opfer anzubieten. Die Stadt stellt dafür Räumlichkeiten zur Verfügung. Es melden sich acht Personen, die auf diese Weise das entsetzliche Attentat mit Hagedorns professioneller Hilfe einigermaßen verarbeiten wollen. Falk Hagedorn war als LKA-Fallermittler tätig und führt nun mit einem Kollegen eine Psychotherapeutische Praxis.
    Es ist der mittlerweile vierte Band um den Fallanalytiker Falk Hagedorn. Selbst wenn man die Vorgängerbände nicht kennt, werden zwischendurch genug Infos ins Geschehen involviert, sodass man ein gutes Gesamtbild von den Hauptakteuren bekommt, was ich sehr zu schätzen weiß, denn nicht immer hat man Gelegenheit, eine Reihe vollständig zu verfolgen. Matthias Bürgel, der Autor, ist als Kriminalbeamter mit all den menschlichen Abgründen bestens vertraut, er weiß, wovon er schreibt. Und leider ist so ein Szenario traurige Wirklichkeit, immer wieder erreichen uns Nachrichten von Amokfahrten, in denen Unschuldige zu Tode kommen oder aber mit lebenslangen Folgen zu kämpfen haben.
    Schon der Prolog zieht mich komplett ins Geschehen, ich bin zutiefst entsetzt. Später dann sind Schlagzeilen von weiteren Todesopfern zu lesen, irgendwann sind es schon siebzehn Tote, die zu beklagen sind. Dann sind es die Therapiesitzungen, die für zusätzliche Bestürzung sorgen. Innerhalb der Gruppe können sie frei reden, es sollte nichts nach außen dringen, auch alle Handys und anderweitiges Aufnahmegerät sind zum Schutze aller nicht gestattet. Auch Falk kommt hier an seine Grenzen, seine Vergangenheit droht ihn erneut einzuholen.
    Zwischendurch wird eine ganz andere Stimme laut, irgendwo in Konstanz lauert einer – so wie es den Anschein hat -mit unlauteren Absichten. Wer ist dieser Jemand und warum bekommt er hier seinen für ihn durchaus ergötzlichen Auftritt? Es sind noch so etliche Ungereimtheiten und finstere Typen, die nicht recht zugeordnet werden können. Auch innerhalb der Gruppe kommt so einiges ans Tageslicht, das sehr zu denken gibt. Daneben läuft die polizeiliche Ermittlungsarbeit ziemlich schleppend, schnelle Erfolge wären durchaus erwünscht.
    Dieser Thriller hat mich von der ersten bis zu buchstäblich letzten Seite nicht losgelassen. Es ist ein durchaus realistisches Szenario, das der Autor hier verarbeitet. Die Merkmale und Eigenheiten seiner Charaktere einschließlich der Täterperson sind allesamt glaubhaft angelegt, ganz vorne ist es natürlich Falk Hagedorn, von dem wir eine ganze Menge erfahren. Die gar teuflische Amokfahrt mit den todbringenden Geräuschen und dem Tumult drumherum hat mich schockiert innehalten lassen, ich hatte so manchen Gänsehautmoment, habe spannende und abscheuliche Szenen durchlebt, garniert mit hinterhältigem Machtgehabe. Kurz - ein Thriller, der es in sich hat.
    Der Morgen nach dem Regen Melanie Levensohn
    Der Morgen nach dem Regen (Buch)
    09.09.2024

    Johanna und Elsa - gibt es ein Miteinander?

    Johanna hat das Haus von ihrer Tante Toni geerbt. Ein Haus, wunderschön gelegen, das viele Erinnerungen birgt. Sie hat ein bewegtes Leben hinter sich gelassen, sie war beruflich viel unterwegs und nun, nach dreißig Jahren der Rastlosigkeit, will sie mit diesem Haus auch ihr Leben umkrempeln, es – wie das in die Jahre gekommene Haus – zu neuem Glanz verhelfen. Altes will sie entsorgen und dafür Neuem Platz machen. Gleich mal trifft sie auf ihren Nachbarn, der ihr Adressen von zuverlässigen Handwerkern gibt, der Renovierung steht nichts mehr im Wege.
    Johannas Tochter Elsa lebt und arbeitet in Den Haag, sie gehört zu einem Verteidigerteam, das unter anderem grausamste Kriegsverbrecher vertritt. Ihr chronischer Erschöpfungszustand, vermutlich Burnout, zwingt sie zu einem mehrmonatigen Urlaub. Entschleunigung ist das Zauberwort, ihr Arzt redet ihr ins Gewissen. Tonis Haus in Sankt Goar wäre so ein Ort, an dem sie wieder Kraft schöpfen könnte. Nach anfänglichem Zögern freut sie sich dann doch darauf, aber das Aufeinandertreffen von Mutter und Tochter lässt alte Wunden neu aufbrechen…
    …denn Johanna hatte nie Zeit für ihre Tochter. Kaum daheim, musste sie schon wieder weg, die Welt retten. Elsa blieb dabei auf der Stecke. Gut, sie hatte ihren Vater, der immer für sie da war, der ihre kleinen und großen Sorgen ernst nahm, der sie umsorgte, sie in die Schule begleitete, der ihr Vater und Mutter zugleich war. Elsa erinnert sich – sie war nie gut genug, Mutter hatte immer (wenn sie mal da war) etwas an ihr auszusetzen. Und genau das und noch vieles mehr steht zwischen ihnen. Es waren immer diese Ausreden, dass Mutter „so wahnsinnig gern dabei gewesen wäre…“. Nur hatte sie nie Zeit. Und jetzt sind sie beide in Tante Tonis Haus und wollen beide etwas anderes damit. Johanna reißt alles raus, will modernisieren. Elsa dagegen hängt an Tonis Vermächtnis.
    Beide sind sie Powerfrauen, wenn man so will. Beide sind sie leidenschaftlich, gehen ihren Weg. Und ja, sie bewegen etwas. Die Erzählung wechselt zwischen Johannas und Elsas Geschichte und ist dann wieder im Hier und Jetzt in dem Haus, das auf Johannas Zutun renoviert wird, das gerade mal so bewohnbar ist. Mutter und Tochter – beide sind sie mir nahe, auch wenn ich Johanna als die eher egoistische Person wahrnehme, so kann ich sie und ihren Antrieb, immer wieder wegzugehen, dennoch gut verstehen.
    Ja, es braucht viel Geduld und noch viel mehr Einsicht, was alles falsch gelaufen ist. Johanna muss hilflos zusehen, wie ihre Tochter ihr auch hier entgleitet. Vieles, sehr vieles gibt es aufzuarbeiten, viele Kränkungen und noch viel mehr Ungesagtes steht zwischen ihnen. Ist eine Annäherung überhaupt möglich? Miteinander reden, ohne anklagend zu sein, hilft. Wenn das mal so einfach wäre. Missverständnisse gibt und gab es reichlich und da ist ein gut gehütetes Geheimnis, das nicht länger zwischen ihnen stehen darf.
    Dies alles und noch viel mehr hat Melanie Levensohn in ihrem wundervollen Roman „Der Morgen nach dem Regen“ beschrieben. Eine Mutter-Tochter-Geschichte, die es in vielen Abstufungen gibt, die das Zwischenmenschliche in geradezu brutaler Schonungslosigkeit präsentiert. Und doch irgendwo auch versöhnlich stimmt.
    Das Geheimnis der Glasmacherin Tracy Chevalier
    Das Geheimnis der Glasmacherin (Buch)
    08.09.2024

    Eine faszinierende Zeitreise durch fünf Jahrhunderte

    „Mit der Zeit alla Veneziana ist alles möglich. Wir beginnen am Nordufer von Venedig, nehmen einen flachen Kieselstein, werfen ihn mit einer Drehung schwungvoll über die Lagune und landen im Jahr 1486“ auf Murano, direkt bei der Glasmacherfamilie Rosso. Die neunjährige Orsola, deren Leben wir ab hier begleiten, ist patschnass, ist sie doch von ihrem Bruder Marco in den nahen Kanal geschubst worden, was dieser aber vehement bestreitet. Nun, Giacomo, der nettere ihrer Brüder, hilft ihr heraus. Die unbeschwerte Balgerei ist bald vorbei, ein Unfall in der Werkstatt endet für ihren Vater Lorenzo tödlich. Von nun an leitet der älteste Sohn die Geschicke sowohl der Glasbläserwerkstatt als auch der Familie.
    Wir sind auf Murano, bis heute ist diese Insel berühmt für seine Glasherstellung. 1295 hat der Doge von Venedig verfügt, dass alle Glasmacher nach Murano gehen mussten und nur dort arbeiten durften. Dadurch wollte er die Stadt vor der Brandgefahr durch die Schmelzöfen schützen und auch waren die Handwerker besser zu beobachten, denn das Wissen rund um die Glasherstellung durfte die Insel nicht verlassen. Etwaige Zuwiderhandlungen wurden schwerst bestraft.
    Tracy Chevalier nimmt ihre Leser mit auf eine faszinierende Zeitreise. Über eine Spanne von fünfhundert Jahren tauchen wir ein in die Geschichte der Glaskunst. Den Kapiteln vorangestellt sind jeweils diese Steinhüpfer, die bis ins Jahr 2019 reichen. Dabei umreißt sie auch kurz die entsprechenden Epochen sowohl politisch als auch gesellschaftlich, nennt heute noch bekannte Persönlichkeiten aus Kunst und Kultur, auch hat Casanova neben vielen anderen seinen Auftritt. Die Pest herrscht, es gibt Kriege, später dann hält die Elektrizität Einzug, um nur einiges hier zu nennen.
    Die Zeit schreitet voran, Orsola und die ihren altern nur minimal, auch wenn für alle anderen ihre Zeit abläuft. Zunächst war ich ein wenig irritiert ob dieser Zeitsprünge, bald aber hat mir diese Art des Erzählens sehr gut gefallen. Durch diesen Kniff bleibt uns die Familie Rosso erhalten, wir müssen uns auf keine nachfolgenden Generationen und damit immer wieder andere Personen einstellen. Es gibt Nachwuchs, die Familie wird größer, die meisten von ihnen sind im Glasbläserhandwerk tätig.
    Orsola ist eine Kämpfernatur. Mit ihren Glasperlen, die sie lange Zeit im Verborgenen herstellt, hält sie so manches Mal die Familie über Wasser. Die Rolle der Frau wird nur allzu deutlich, sie hat sich in die Männerdomäne nicht einzumischen. Liebe und Leid sind vorprogrammiert, so mancher Rückschlag ist schwer zu verkraften.
    Die Reise durch die Jahrhunderte ist nun vorbei, es waren kurzweilige Stunden, die mir die Kunst der Glasherstellung und den bisweilen harten Kampf ums Überleben nähergebracht haben. Schön war so mancher Spaziergang durch Venedig mit Orsola und den ihren. Es war ein wundervoller Roman voller berührender Momente, aber auch voller Sorgen und Bangen um die Glasmacherfamilie Rosso. Gegen Ende jedoch war der Zauber vorüber, die Neuzeit mit Covid, Lockdown und Orsola inmitten der Schlange an der Supermarktkasse war ernüchternd, Orsola hat da so gar nicht hineingepasst. Waren die Zeitsprünge trotz des Zeitraffers vorher allesamt harmonisch, hat dieses Stilmittel zuletzt eher gestört. Das ist aber auch mein einziger Kritikpunkt, ansonsten bin ich von dem „…Geheimnis der Glasmacherin“ sehr angetan.
    Das Schweigen meiner Freundin Giulia Baldelli
    Das Schweigen meiner Freundin (Buch)
    06.09.2024

    Eine Freundschaft voller Höhenflüge und noch mehr Tiefpunkten

    „Und jetzt muss ich so tun, als interessierte ich mich für eine Großmutter und deren Enkelkind…“ denkt Giulia, als ihre Mutter sie bittet, sich um Idas Enkelin Cristi zu kümmern. Cristi ist ein eigenartiges Kind, sie redet nicht, steckt den Pfirsichkern in die Tasche ihrer schäbigen Hose und überhaupt ist sie viel zu mager. Anstatt den Sommer über mit ihren Freundinnen zu verbringen, hat die zehnjährige Giulia nun die um drei Jahre jüngere Cristi am Hals. Aus der lästigen Pflicht, auf die Kleinere aufzupassen, wird bald Freundschaft und irgendwann ist auch Mattia da. Zu dritt verbringen sie ihre Tage, wobei das unsichtbare Band, das Cristi und Mattia verbindet, Guilia nicht verborgen bleibt. Sie empfindet ihn als Eindringling, will aber Cristi nicht verlieren und so duldet sie ihn notgedrungen. Es ist der Beginn einer lebenslangen Freundschaft mit sehr vielen Höhenflügen und mit noch mehr Tiefpunkten.
    In fünf Etappen lässt Giulia Baldelli die Leben ihrer drei Protagonisten Revue passieren, beginnend mit der Kindheit und ihrem ersten Aufeinandertreffen. Die nächsten Jahre sind geprägt von Verlusten in den Familien, der Studienzeit in Bologna und dem Leben als Erwachsene mit allem, was so dazu gehört. Nicht immer ist Matti bei ihnen, aber so ganz aus den Augen verlieren sie sich nicht. Während Giulia mit Erfolg Jura studiert, ist bei Cristi dahingehend nicht allzuviel los und doch geht es ihr rein materiell gesehen bald sehr gut. Cristi ist es, die immer wieder Giulias Nähe und ihre Zuneigung sucht und auch findet. Dann wieder verschwindet sie sang- und klanglos, ist weder telefonisch zu erreichen noch antwortet sie auf Giulias Briefe.
    Giulia blickt zurück auf ein Leben voller widersprüchlicher Gefühle, vor allem aber denkt sie jetzt, da ihr mit gerade mal sechzig Jahren noch ein paar Monate bleiben, voller Zärtlichkeit, zuweilen auch voller Bitterkeit an Cristi. Auch an Mattia, an ihre Eltern, ihren Beruf, ihre Affären… Es ist ein ehrlicher, ein ungeschönter Blick auf eine tiefe Freundschaft und eine Liebe, die nie vergeht.
    Was für ein Buch. Was für eine Geschichte um drei Menschen. Voller Poesie und doch kraftvoll erzählt. Die drei so unterschiedlichen Charaktere und auch die Nebenfiguren sind gut nachvollziehbar gezeichnet, wobei Cristi trotz ihres Schweigens eine geradezu toxische Ausstrahlung hat. Sie ist nahbar, dann wieder das genaue Gegenteil, sie ist wie ein Magnet, der ihrem Umfeld keine Chance gibt, ihr zu entkommen.
    „Das Schweigen meiner Freundin“ ist Giulia Baldellis erster Roman, der mich komplett in seinen Bann gezogen und mich auch dann, nach dem Lesen, noch nicht ganz losgelassen hat. Es ist ein Buch, das ich nicht missen möchte, ein Buch, das ich sehr gerne weiterempfehle.
    Mit kaltem Kalkül Michael Tsokos
    Mit kaltem Kalkül (Buch)
    05.09.2024

    Rechtsmedizin-Thriller zum Zweiten

    Der zweite Rechtsmedizin-Thriller um Dr. Sabine Yao, die Fachärztin für Rechtsmedizin, ist ähnlich konzipiert wie der Vorgängerband „Mit kalter Präzision“. Schon da habe ich das zu viel an Fachwissen kritisiert und auch dieses neue Buch trumpft mit seitenweise explizitem Wissen auf, das nicht vonnöten wäre, das einen Thriller sogar eher zu einem Langeweiler degradiert. Nun, ich hab mich durch die ersten Kapitel zwar nicht direkt gequält, war aber auch nicht böse, als die Thriller-Elemente dann Fahrt aufnahmen.
    Die Spezialeinheit „Extremdelikte“ hat viel zu tun. Ein totes Ehepaar, seltsam entstellt, wird im Wald gefunden, ein Polizeipräsident im Ruhestand wird erschossen aufgefunden, seine Leiche gibt Rätsel auf, ebenso ein weiterer Toter inmitten einer illegalen Bauwagensiedlung. Und damit nicht genug, denn ein achtjähriger Junge wird vermisst. Zunächst sucht Hassan Khalaf nach dem kleinen Yasser. Er ist gut vernetzt und durch seine langjährige Arbeit für den jordanischen Geheimdienst hat er viel Erfahrung. Sein Part hat mir durchweg gut gefallen, sein Charakter als Geheimdienstler und auch als Mensch ist gut gezeichnet, seine Vorgehensweise nachvollziehbar.
    Es sind mehrere Todesfälle, die auf einen nicht natürlichen Tod hinweisen. Diese nehme ich aber eher als Randnotiz wahr, die eigentliche Ermittlung fokussiert sich auf den verschwundenen Yasser. Da seine Mutter nicht zur Polizei gehen kann, fleht sie Hassan an, nach ihrem Jungen zu suchen. Er fördert so einiges zutage, Yasser jedoch bleibt verschwunden und so wird die Suche nach ihm Monica Monti, der Leiterin der vierten Mordkommission des LKA Berlin, dann doch übertragen. Monti und Yao arbeiten Hand in Hand und auch sie entdecken – wie zuvor schon Hassan – dass vor Jahren schon ein damals Siebenjähriger spurlos verschwunden ist.
    Das Dranbleiben – nach meinen anfänglichen Startschwierigkeiten – hat sich gelohnt. Die kurzen, schnell wechselnden Kapitel sind mit präziser Zeit- und Ortsangabe überschrieben, so hat man stets den Überblick. Das oben bemängelte, zu detailliert vorgetragene Fachwissen hat sich später dann auf ein vertretbares Maß reduziert, sodass man dem Team um Yao auch als Laie auf dem Gebiet gut folgen kann. Auch gefällt mir der Einblick in Yaos Privatleben, das sparsam dosiert mit hineinfließt und der Figur Yao zusätzlich Kontur gibt.
    Mein Fazit ist zweigeteilt. Das geballte, vor allem am Anfang des Buches zu umfangreiche Fachliche hat für die normalen Leser keinerlei Mehrwert, diese lehrreichen Abhandlungen sind eher leeres Wissen, das nach dem Lesen ganz schnell wieder vergessen wird. Später dann nimmt die Story Fahrt auf, die Suche nach dem verschwundenen Jungen und die vielschichtige Ermittlungsarbeit drumherum sind spannend, man fiebert direkt mit, wünscht Monti und auch Yao, dass sie nicht zu spät kommen. Letztendlich bewerte ich diesen zweiten Rechtsmedizin-Thriller dann doch mit vier Sternen und bin auch beim nächsten Thriller um Yao wieder dabei.
    Und morgen wieder schön Marie Sand
    Und morgen wieder schön (Buch)
    02.09.2024

    Bewegend - nach einer wahren Geschichte erzählt

    „…als wären es Fäden aus Gold…“ Haare schmücken, Haare umschmeicheln uns oder lassen und burschikos, ja frech aussehen. Sie können unseren Typ komplett verändern und auch unsere Schönheit unterstreichen.
    Die sechzehnjährige Amanda hilft im Friseursalon ihrer Mutter. Dass sie oder ihre größere Schwester den Salon eines Tages übernehmen werden, steht fest - zumindest für die Mutter der beiden. Amanda aber träumt davon, Haarkünstlerin zu werden. Und das geht hier, in der heimischen Enge, so gar nicht. Sie nimmt ihren ganzen Mut zusammen und macht sich heimlich auf – Paris ist ihr Sehnsuchtsort. Gesagt, getan. Mit lediglich einer Tasche, etwas Erspartem und ihrem Skizzenbuch kommt sie mit ihren großen Plänen an. Wir schreiben das Jahr 1968. Karl Lagerfeld will sie treffen, ihm ihre Skizzen zeigen, seine Models brauchen schließlich keinen Einheitslook, jede sollte zu Karls Mode die dazu passende Frisur erhalten.
    Kaum in Paris angekommen, sieht Amanda den Tango-Tänzerinnen zu. Für einen kleinen Obolus tanzen sie mit fremden Männern, auch Catherine ist eine von ihnen, sie träumt, eines Tages im Moulin Rouge aufzutreten. Catherine und Amanda freunden sich an, sie helfen und stützen sich gegenseitig, sie kommen irgendwie zurecht. Sich auf sich selbst und nicht auf andere zu verlassen, ist Catherines Devise. Danach lebt sie, sie packt so manch Gelegenheit beim Schopfe. Auch Ben lernt Amanda durch Zufall kennen, durch ihn kommt sie in Karls Nähe…
    Ganze vier Jahre ist Amanda in Paris, dann geht es weiter nach Berlin. Dort eröffnet sie ihren eigenen Salon, dort trifft sie auf Dorothee, die gerade ihren Krebs besiegt hat, ihre inzwischen nachgewachsenen Haare aber sehen fürchterlich aus. Nun, Amanda versteht es, mit der Schere zu zaubern und es spricht sich herum, dass Amanda auch jene nicht abweist, die sich einen Friseurbesuch nicht unbedingt leisten können.
    Marie Sand hat sich von einer wahren Geschichte inspirieren lassen. Es ist ein emotionaler Roman, der den Weg der Betroffenen gut einfängt, ohne ins übertrieben Sentimentale abzudriften. Sie trifft den richtigen Ton, ihre Figuren sind einfühlsam, auf eine zurückgenommene und doch sehr intensive Weise beschrieben. Was ist wichtig im Leben? Solange man jung und gesund ist, voll mit Plänen, kann die Welt erobert werden – aber was bleibt, wenn die Diagnose Brustkrebs im Raum steht? Da braucht man solche wie Amanda, die sich selber nicht so wichtig nehmen und doch ihre Ziele stets im Auge behalten.
    „Und morgen wieder schön“ ist in zwei Teile gegliedert, den zweiten habe ich gerade beschrieben und der erste davon erzählt von Paris, von Lagerfeld und von Françoise Hardy, die eines schönen Tages in Renés Salon spaziert und von Amanda, die bei René in Ausbildung ist, einen ganz besonderen Look verpasst bekommt. Es sind noch viele kleine, feine Anekdoten, die mich bestens unterhalten, auch bin ich gern durch Paris flaniert, habe mit ihnen getanzt, gelacht und das Leben in vollen Zügen genossen.
    Ein wundervolles Buch ist ausgelesen. Mit solchen und ähnlichen Lebensgeschichten um diese Krankheit werden wir täglich konfrontiert, es ist ein Buch, das mir im Gedächtnis bleiben wird. Ein Buch, das gelesen werden will.
    Im Labyrinth der Rache Ethan Cross
    Im Labyrinth der Rache (Buch)
    02.09.2024

    Der perfekte Einstieg in die Hüter-Reihe um Francis Ackerman jr.

    Nervenkitzel garantiert! Und ob! Ethan Cross lässt den berühmtesten Serienmörder der Welt nach Europa kommen, genauer gesagt nach Glasgow. Da er sich aber nicht einfach so in ein Flugzeug setzen kann, entsinnt er für sich und seinen Bruder Marcus eine ganz besondere Form des Reisens. Auch Jesse ist mit von der Partie, der nach anfänglichem Zögern dank Francis „Überredungskunst“ dann doch die Reise antreten kann.
    Kaum sind die ersten Seiten gelesen, hat es mich wieder gepackt. Auf Francis Ackerman jr. wartet eine ganz besondere Liste, erstellt von seinem ärgsten Feind, dem mittlerweile toten Demon Walker. Diese Liste mit brisantem Inhalt ist auf einem Tablet gespeichert und kann nur von Francis und Demons Tochter Samantha gemeinsam entsperrt werden. Leichter gesagt als getan, sind doch seine Widersacher auch auf der Suche nach Demons Liste.
    „Im Labyrinth der Rache“ ist das erste Buch der Hüter-Reihe, auch hier ist es Francis Ackerman jr., der gewohnt einfallsreich und mit seinen so ungewöhnlichen wie treffsicheren Methoden seine Gegner austrickst und sie in Schach hält. Als absoluter Ackerman-Fan drücke ich gerne beide Augen zu, wenn er sich in typischer Ackerman-Manier aus manch auswegloser Situation herauswindet. Das gilt auch für seine Mitstreiter, hier etwa ist es Marcus, der arg gehandicapt, die Beine in Gips, er selber im Rollstuhl, von seinem Bruder höchstpersönlich in ein Monstergerät verfrachtet wird und damit zum Rundumschlag ausholt. Egal ob Mann oder Maschine, alles fliegt in hohem Bogen durch die Lüfte. Ich liebe diese Actionszenen, sie sind so kurzweilig, so spannend und auch nervenaufreibend beschrieben, sie lockern das abgrundtief Böse aufs trefflichste auf.
    Und das Böse lauert überall. So manch seelenloser Mörder kreuzt Ackermans Weg wie etwa McBain und seine eiskalte Verbrecherlady Ruth Giordano, um nur einige wenige herauszugreifen, der wir im Folgeband wie so manch anderer, meist finsterer Gestalt, wieder begegnen werden. Auch Nadia Shirazi, FBI Special Agent, könnte wieder eine größere Rolle spielen. Hier agiert sie eher aus der Ferne, greift aber an entscheidender Stelle ein.
    Letztendlich gibt sich der „Hüter der Kuriositäten“ zu erkennen. Was hat dieser Weißhaarige vor? Er übernimmt sozusagen, will Ackerman sen. aus dem Gefängnis befreien. Dieser Hüter mag es ganz besonders brutal, er hält sich seinen „Privatzoo“ – mehr sei über ihn nicht verraten. Ja, das Böse lauert überall, ich fiebere dem nächsten Band jetzt schon entgegen, auch wenn es noch ein Weilchen dauern mag.
    All das Böse, das wir tun Sandrone Dazieri
    All das Böse, das wir tun (Buch)
    02.09.2024

    Monster

    „Ein Schatten fiel auf sie und in diese Moment begriff Amala, dass sie nicht allein war.“ Schon die ersten Seiten lassen nichts Gutes ahnen und bald zeigt dieser Mann, der sie beobachtet und abgefangen hat, sein wahres, sein brutales Gesicht.
    Dreißig Jahre zuvor wurden Contini drei Mädchenmorde zur Last gelegt, die Polizistin Itala Caruso war maßgeblich an seiner Ergreifung beteiligt. Er verstirbt unter mysteriösen Umständen in Haft und nun, drei Jahrzehnte später, verschwinden wiederum junge Mädchen. Damals hieß es, Contini sei der „Perser“, alle Anzeichen sprechen jedoch dafür, dass dieser erneut zuschlägt, es also ein anderer sein muss. Oder ist es jetzt ein Nachahmer, der eine tödliche Spur hinterlässt? Damals hat die Anwältin Francesca Cavalcante Contini verteidigt, konnte ihn aber nicht retten. Und nun ist es ihre siebzehnjährige Nichte Amala, deren Verschwinden an den Fall Contini erinnert.
    Es sind mehrere Erzählstränge und zwei Zeitebenen, die abwechselnd erzählt werden. Vor dreißig Jahren ist es Itala, deren Weg von der damaligen Ermittlungsarbeit, vermischt mit Privatem, nachgezeichnet wird. Im Heute ist es Francesca, die nach ihrer Nichte sucht. Von Gerry, der aus dem Nichts aufzutauchen scheint, erhält sie Unterstützung. Auch von ihm erfährt man so einiges und nicht nur Francesca sieht ihn äußerst skeptisch, auch ich traue ihm nicht so recht über den Weg. Er ist undurchschaubar und benimmt sich bisweilen äußerst seltsam, um dann wieder nahbar zu sein. Der zweite Erzählstrang im Heute lässt tief in die Abgründe eines Verirrten blicken, mehr sei hier nicht verraten.
    Kam mir Dazieris Erzählweise anfangs sehr sprunghaft vor, hat sich dieser Eindruck bald geändert. Es knistert geradezu vor Spannung, was auch die ständigen Orts- und Zeitwechsel extrem befördern - man weiß dank der Kapitelüberschriften immer, wo man sich befindet. Jede Figur hat ihren eigenen Reiz, sie sind gesetzeskonform, sind ehrlich, sind besorgt und kämpfen für das Gute. Sie sind aber auch das genaue Gegenteil, sie sind korrupt, sie legen es regelrecht darauf an, andere in eine Falle zu locken. Manches wollte ich mir bildlich gar nicht näher vorstellen, der Autor hat auch an brutalen Szenen nicht gespart.
    Wie gesagt, es hat einige Zeit gedauert, bis ich mich mit den einzelnen Personen und der Story an sich zurechtfand, danach jedoch war es alles, was ich an Thrillern liebe – mitreißend, dramatisch und absolut fesselnd. Das Ende dann hat mich nochmal überrascht, damit hätte ich nie gerechnet. Und dieses Ende könnte bedeuten, dass ein Nachfolgeband angedacht ist, es könnte aber auch ganz anders sein. Die vagen Andeutungen lassen jeden Schluss zu – ich lass mich überraschen.
    Die Abschaffung des Todes Andreas Eschbach
    Die Abschaffung des Todes (Buch)
    30.08.2024

    Ist die Unsterblichkeit erstrebenswert?

    Den Tod abschaffen - geht das eigentlich? Und wenn ja, wozu sollte das gut sein, warum sollten wir ewig leben wollen? Viele Fragen drängen sich mir auf, etwa diese hier: Wenn es gelingen sollte, den Tod abzuschaffen, werden wir dann immer älter? Einhundert, zweihundert, eintausend oder wie viele Jahre wollen wir unser irdisches Dasein verlängern? Oder wäre es möglich, ein bestimmtes Alter zu wählen, um dann für alle Zeiten dieses Wunschalter zu halten?
    Andreas Eschbach hat sich um die Unsterblichkeit so seine Gedanken gemacht. Seine umfangreichen Recherchen hierzu und die Umsetzung dessen sind so abstrakt wie faszinierend und was liegt da näher, als das Projekt im Silicon Valley anzusiedeln.
    Die schwerreiche Anahit Kervorkian bekommt eine Einladung zu einem geheimen Projekt, das schon im Vorfeld unbedingte Verschwiegenheit einfordert. Sie kontaktiert den Journalisten James Windover, der ihr absolutes Vertrauen genießt und der an ihres statt an der mehrtägigen Veranstaltung teilnehmen soll, was nach anfänglichen Schwierigkeiten mit den Verantwortlichen von Youvatar, dem Veranstalter, unter strikten Auflagen genehmigt wird. James ist Chefredakteur einer Zeitung, deren exklusive Abonnenten eine solide, fundierte Berichterstattung erwarten.
    Youvatar verseht es, die millionenschweren Investoren mit ihrer faszinierenden Präsentation zu begeistern, der erste Schritt wäre also getan. James bekommt mit, dass einer der drei an Youvatar beteiligten Unternehmer einen Schriftsteller mit einem Knebelvertrag zum Schweigen verdonnert hat. Warum? Und was haben das hier vorgestellte Projekt und die Bücher des Schriftstellers miteinander zu tun? James begibt sich auf die Suche nach diesem Mann und gerät dadurch selber Gefahr. Er verfolgt, wird verfolgt, er deckt auf und ist auf der Flucht von London nach Paris über Wien und wieder zurück, eine schier unendliche Verfolgungsjagd beginnt. Hier habe ich nicht nur einmal um James gebangt.
    Wer einmal ein Eschbach-Buch verschlungen hat, lechzt direkt nach seinem nächsten Werk, so bin ich mit einer gewissen Erwartungshaltung an „Die Abschaffung des Todes“ gegangen und wurde auch hier nicht enttäuscht. Das Thema ist so faszinierend wie unergründlich, ja eigentlich nicht so recht begreifbar. Und doch gelingt es Eschbach und seinem Ich-Erzähler James, mich komplett mitzunehmen.
    Andreas Eschbach: „Letztlich basiert mein Roman auf zwei Gedankenspielen: Eines zeigt, dass ein Download des Bewusstseins in naher Zukunft durchaus realistisch ist – und das andere, dass es gar nicht funktionieren kann.“
    „Die Abschaffung des Todes“ bietet neben den nachdenklichen Momenten einen rasanten Thriller vom Feinsten. Unterhaltsam, spannend, sehr lesenswert.
    Das Wesen des Lebens Iida Turpeinen
    Das Wesen des Lebens (Buch)
    28.08.2024

    Vom Artensterben

    Iida Turpeinen nimmt ihre Leser mit auf eine Reise, die 1741 mit dem deutschen Arzt und Naturforscher Georg Wilhelm Steller ihren Anfang nimmt. Seine Expedition führt ihn ins Nordmeer, dort entdeckt er die gigantische, urzeitliche Seekuh, die danach bald ausgerottet war. Anhand des später gefundenen Skeletts dieser Stellerschen Seekuh führt die Autorin über mehrere Jahrhunderte vor Augen, wie der Mensch die Natur beherrscht.
    Der Roman bietet ein Füllhorn an Wissen über die Artenvielfalt und deren sterben. Er führt vom Nordmeer nach Alaska, das damals russisch war. Dort begegnen wir dem finnischen Gouverneur Johan Hampus Furuhjelm, der nach dem Skelett suchen lässt und sind später dann in Helsinki bei Professor Alexander von Normann, der es schließlich erwirbt, um schlussendlich im Naturkundemuseum der Stadt zu sein, wo es seinen endgültigen Platz findet.
    Dieser interessante, sehr informative Teil wird durch die Protagonisten lebendig. Der Mensch handelt eigennützig, er jagt die Tiere nicht nur der Nahrung wegen, auch die Felle und alles, war verwertbar ist, haben es ihm angetan und das, ohne auf die Erhaltung der Arten zu achten. Die Danksagung zum Schluss macht dies nur zu deutlich, gilt der Dank doch den Arten, die während des Schreibens dieses Buches ausgestorben sind. Fische, tropische Froscharten, unzählige Milbenarten, Beuteltiere und Fledermäuse, auch ein Wildschwein – es waren 374 Lebewesen, die während der sieben Jahre, in denen „Das Wesen des Lebens“ Gestalt annahm, für immer verschwunden sind.
    Den Schreibstil habe ich zeitweise als etwas zu sperrig empfunden, die hier agierenden Personen waren eher so, als ob man sie aus der Ferne betrachtet, eher nüchtern beschrieben. Und doch möchte ich das Buch nicht missen, es bleibt im Gedächtnis und sollte gelesen werden.
    Schwestern im Geiste Marie Pierre
    Schwestern im Geiste (Buch)
    27.08.2024

    Faszinierender, sehr lesenswerter zweiter Band um das Pensionat an der Mosel

    Pauline Martin, die junge, sehr engagierte Leiterin des „Pensionats an der Mosel“, steht mit ihren Schülerinnen am Diedenhofener Bahnhof, um die neue Lehrkraft willkommen zu heißen – die Irin Rhona O´Meally. Sie wird die Mädchen in Musik und englischer Sprache unterrichten und natürlich wird sie ihnen die irische Kultur näherbringen.
    Wir sind im Jahre 1911 in Diedenhofen, dem heutigen französischen Thionville. Das malerische Städtchen an der Mosel hat eine wechselvolle Geschichte, es gehört in jenen Jahren dem Deutschen Kaiserreich an, der preußische Hauptmann Erich von Pliesnitz sorgt vor Ort für Recht und Ordnung.
    Paulines Erziehungsmethoden sind sehr fortschrittlich. Ihr Ziel ist es, ihre Schützlinge zu selbstbestimmten, selbstbewussten jungen Frauen zu erziehen. Und natürlich kracht es dann und wann mal gewaltig unter den charakterlich so unterschiedlichen Mädchen. Als dann persönliche Anfeindungen, gar Diebstähle, überhand nehmen, bittet Pauline Erich um Unterstützung. Und nicht genug damit, es tauchen auch im Städtchen gut sichtbare Schmähschriften auf. Wie nicht anders zu erwarten, erscheint Wachtmeister Schrotherr in dem ihm verhassten Pensionat, um hier nach den Schuldigen zu suchen.
    „Schwestern in Geiste“ ist das zweite Buch der Trilogie um „Das Pensionat an der Mosel“. Es ist in sich abgeschlossen, es lässt sich also ohne Vorkenntnisse lesen. Empfehlen würde ich trotzdem, mit Band 1 zu beginnen. Ganz einfach deshalb, weil Marie Pierre ihre Leser sofort fesselt - sie zieht einen regelrecht ins Buch. Ihr so lebendiger Schreibstil und ihre durchdachte Geschichte um das Institut sind Garant für faszinierende Lesestunden. Darüber hinaus vermittelt sie viel geschichtlich Interessantes, das auf sehr spannende Weise mit einfließt. Neben der bewegten Geschichte Elsass-Lothringens ist es auch der nie verstummende Judenhass und mit der Irin Rhona ist der Kampf um Irlands Unabhängigkeit Thema. Ihre Figuren sind authentisch, sie sind liebenswürdig und nett, zuweilen sind sie auch ganz schön fies, hinterhältig, intrigant und verlogen. Auch werden zarte Bande geknüpft, natürlich alles im Rahmen der Schicklichkeit. Die so unterschiedlichen Charaktere sind fein gezeichnet, sie alle habe ich kennen- und auch schätzen gelernt und nun warte ich gespannt auf den finalen dritten Band, auch wenn es noch ein Weilchen dauern mag.
    Vielleicht können wir glücklich sein Alexa Hennig Von Lange
    Vielleicht können wir glücklich sein (Buch)
    22.08.2024

    Sehr lesenswert

    Mit „Vielleicht können wir glücklich sein“ hat die Heimkehr-Trilogie ihr Ende gefunden. Es sind beeindruckende Bücher voller Leben, voller Sorgen und doch auch voll Hoffnung, auch wenn diese zeitweise verloren scheint. Die Trilogie beginnt mitten in der Weltwirtschaftskrise 1929 und endet mit dem Ende des Zweiten Weltkrieges. Alexa Hennig von Lange hat sich von den Lebenserinnerung ihrer Großmutter inspirieren lassen, die diese auf mehr als 130 Tonbandkassetten gesprochen hat.

    Auch dieser dritte Band wird auf zwei Zeitebenen erzählt. Los geht es mit Isabell, der Enkelin von Klara, im Jahre 2000. Mit ihrer kleinen Tochter auf dem Schoß liest sie den Brief ihres Großvaters, den er kurz vor Ende des Zweiten Weltkrieges an seine Frau geschickt hat. Er berichtet von Tolla, die Klara damals, als die Juden vor den Nationalsozialisten nicht mehr sicher waren, als ihr Kind ausgegeben hat. Um das Überleben des jüdischen Mädchens zu sichern, hat Klara sie schweren Herzens mit den Kindertransporten nach England gehen lassen, nur ist sie dort nie angekommen. Er hat sie bei einem der Todesmärsche gesehen, schreibt er. Sie alle waren nur noch Haut und Knochen, in Lumpen gewickelt und brach einer zusammen, wurde er von den SS-Wachen erschossen.

    Mit Klara sind wir dann im September des Jahres 1944. Ihre vier kleinen Kinder muss sie alleine großziehen, ihr Mann Georg kämpft wie alle wehrdiensttauglichen Männer für das Vaterland. Der Kinder wegen musste sie die Leitung im Frauenbildungsheim aufgeben, sie hat genug damit zu tun, ihren Alltag und den ihrer Kinder zwischen Fliegeralarm und dem Überleben einigermaßen erträglich zu gestalten. Stramme Nazis im Ort wachen über jedes Wort und sind sofort zur Stelle, wenn dem Regime ihrer Meinung nach nicht genug gehuldigt wird.

    Mit Kriegsende endet auch die Heimkehr-Trilogie. Die fiktive Figur Klara steht im Mittelpunkt dieser Erzählung. Alexa Hennig von Lange hat viel von ihrer Großmutter mit einfließen lassen, die sie beim Hören der Kassetten nochmal ganz neu kennengelernt hat. Sie nimmt ihre Leser direkt mit hinein in Klaras Familie, ich erfahre von den Pflichtschulmädchen, die kinderreiche Familien unterstützen. Das jüngste ihrer Kinder liegt noch im Waschkorb, der älteste ist mit seinen sechs Jahren so vernünftig, wie man es einem Sechsjährigen nicht zutraut. Ich bin direkt dabei, wenn die Sirene feindliche Flieger ankündigt und sie sich schleunigst in Sicherheit bringen müssen. Ich spüre eine tiefe Beklemmung, wenn ich vom täglichen Spagat zwischen der eigenen Überzeugung und dem, was nach außen dringen darf, lese.

    Von den beiden Erzählebenen hat mich vor allem Klaras Erzählstrang tief beeindruckt. Man merkt förmlich, welch Gewicht auf ihr lastet. Erst gegen Ende ihres Lebens konnte Klara wenigsten dem Tonband diese Jahre anvertrauen. Ihre Geschichte steht stellvertretend für viele andere Schicksale in einer finsteren Zeit. Eine Zeit, die den Menschen viel abverlangt hat. Die Heimkehr-Trilogie ist ein einfühlsam erzähltes Zeugnis einer Zeit vor dem geschichtlichen Hintergrund voller Entbehrungen und schrecklichen Erlebnissen, aber auch voller Liebe und Fürsorge.
    Mein drittes Leben Daniela Krien
    Mein drittes Leben (Buch)
    21.08.2024

    Von nun an ist nichts mehr so, wie es war

    Der Tod des eigenen Kindes – was macht das mit einem? Linda und Richard haben ihre siebzehnjährige Tochter verloren. Sie war mit dem Fahrrad unterwegs, als sie ein LKW-Fahrer in einer Rechtskurve übersieht und überrollt. Von nun an ist nichts mehr so, wie es war.
    Die verwaisten Eltern gehen mit diesem Unglück unterschiedlich um. Richard braucht bald wieder Menschen um sich herum, Linda dagegen meidet sie. In einem kleinen Dorf findet sie eine alte Frau, die ihren Hof in guten Händen wissen will. Nach deren Tod zieht Linda hierher, kümmert sich um die Tiere, um das Haus und den Garten, nur um sich selber kümmert sie sich nicht sonderlich. Die Trauer um ihre Tochter lässt dies nicht zu. Richard erklärt sie, dass sie Abstand braucht, denn nur alleine kann sie den immerzu wachen Schmerz besänftigen und vielleicht auch den Erinnerungsfallen entkommen. Ob er denn in ihren Plänen noch vorkäme, will Richard wissen und ja, er kommt schon vor, aber er ist auch Teil des Problems. Sie gibt ihn frei und doch spürt man ihre Verbundenheit, der Kontakt zwischen ihnen reißt nie so ganz ab.
    „Mein drittes Leben“ ist eine innige, ein intensiv erzählte Geschichte um den viel zu frühen Tod des geliebten Kindes. Und Linda lässt die lange Trauerphase zu, sie kann gar nicht anders. Das Schicksal hat ihr alles genommen - ihr Kind, ihre Leichtigkeit, ihren Lebensmut. Es sind dunkle Tage, die sie nur mit sich selbst ausmachen kann. Es sind die Tiere und die Natur, die ihr Auftrieb geben, die sie über den Tag retten.
    Daniela Krien findet trotz der Schwere die richtigen Worte. Das Buch berührt, es ist emotional, es ist ehrlich, man fühlt mit Linda, kann ihre selbstgewählte Zurückgezogenheit verstehen. Und irgendwann, ganz langsam, kann sie wieder Menschen um sich herum ertragen. Da sind etwa Natascha und ihre schwerbehinderte Tochter Nina, die in ihrer Nähe wohnen. Sie nähern sich einander an, unterstützen und schätzen sich. Es sind aber auch andere, aus dem früheren Leben, die einfach nicht mehr dazugehören. Was soll man da Freundschaft heucheln, wo nichts mehr ist, vielleicht auch nie sehr viel war.
    Es ist ein eindringlich erzähltes Buch, eine tieftraurige Geschichte, die doch Mut macht, denn keiner kann seinem Schicksal entrinnen. Ein Buch über das Sterben, aber auch über das Weiterleben. Ein grandios erzähltes Meisterwerk, das zu lesen es sich lohnt.
    Du kennst sie Meagan Jennett
    Du kennst sie (Buch)
    17.08.2024

    Langatmig

    „Der zweite Mann war einfacher.“ Sophie Braam hat es wieder getan, sie hat einen dieser ekligen Kerle beseitigt. Diesem Zweiten werden so einige nachfolgen, noch wissen sie es nicht.
    Sophie ist Barkeeperin und hat es viel zu oft mit aufdringlichen Typen zu tun, also handelt sie. Das erste Mal hat sich gut angefühlt und es war gar nicht so schwer. Auch Männer können Schmeißfliegen sein und wenn sie dann erst tot sind, bedienen sich diese kleinen Tiere ihrer, sie sitzen sozusagen am reichlich gedeckten Tisch, auch Aaskäfer und anderes Getier gesellen sich dazu. So manch anzüglicher, penetrant auftretender Mann hängt in Sophies Bar rum. Sie kennt sich aus mit den Männern, tritt professionell auf, sie ist gut in ihrem Job. Auch weiß sie um das besondere Mischungsverhältnis ihrer Drinks und selbstredend kann sie mit den verschiedenen Gerätschaften, die sie hierzu benötigt, bestens umgehen und genau das macht sie sich zunutze.
    Nora soll in Murphs Fußstapfen treten, aber noch hat er das Sagen. Er ruft sie, die Polizistin, an und erklärt ihr, dass sie heute mit ihm kommen wird. In einer Mülldeponie haben sie eine Leiche gefunden. Vorher erfahre ich von den Schattengeistern, die Nora sieht. Überall, in der Wohnung, in gefühlt jeder Ecke verstecken sie sich, kauern sich zusammen. Hier driftet die Story ins Übersinnliche ab und das nicht nur einmal.
    Irgendwann treffen die beiden Frauen aufeinander, logischerweise in der Bar, in der Sophie arbeitet. Sowohl die Mörderin als auch ihre Jägerin bleiben mir fremd, ich betrachte sie eher aus großer Distanz. Der Erzählstil ist seltsam emotionslos, wie entrückt. Was mich allerdings sehr gestört hat, ist die langatmige, sehr ausschweifende Erzählweise. Viel habe ich von den kleinen Krabbeltierchen und ihren unbändigen Hunger gelesen – zu viel. Zu oft werde ich in diese detaillierten Beschreibungen hineingezogen und zusätzlich gleitet das Ganze ins Mystische ab. Viele Sequenzen sind abscheulich, ja ekelerregend. Gut, wären diese Szenen kurz angesprochen, wären sie nicht ständig wiederholt oder neu interpretiert worden, wären diese auszuhalten gewesen. So aber hab ich das Buch öfter zur Seite gelegt und mich zum Weiterlesen dann schon zwingen müssen.
    Der Thriller bietet so etliche Handlungsstränge. Er wechselt von Sophie zu Nora und zwischendurch ist es neben den Morden ein Konglomerat aus Übersinnlichem und den zu detailliert beschriebenen Verwesungsprozessen. Mag ich das Buch? Würde ich es empfehlen? Eher nicht. Wer allerdings genau dieses oben Beschriebene, den beileibe nicht alltäglichen Thriller sucht, der ist hier gut aufgehoben. Meine 2 ½ Sterne runde ich ab, denn meine Story ist es nicht.
    Freunderlwirtschaft Petra Hartlieb
    Freunderlwirtschaft (Buch)
    13.08.2024

    Tod eines Politikers

    Max Langwieser, der junge Minister für Tourismus und Landwirtschaft, liegt tot in seiner noblen Wohnung. Was ist passiert? Ist er unglücklich gegen seinen Glastisch gestürzt? War er alleine oder hat da einer nachgeholfen? Und warum ist Jessica, seine Verlobte, so plötzlich verschwunden?
    „Wir haben einen bedenklichen Todesfall.“ Alma Oberkofler ist gerade vier Tage bei der Wiener Mordgruppe, als sie von „der Leiche im Achten“ Stock informiert werden. Alma fährt mit ihren neuen Kollegen Kolonja, der ihr gleich mal das Du anbietet, an den Ort des Geschehens. Ihr junger Kollege Babic, der ihr gegenüber etwas distanzierter auftritt, hat Bürodienst.
    Zunächst gehen wir zurück ins Jahr 1992, da ist Alma zwölf und es drängt sie bald, nach einem schweren Schicksalsschlag, Polizistin zu werden. Auch Jahre später hält sie an ihrem Berufswunsch fest und auch wenn die Eltern dies nicht so gerne sehen, unterstützen sie ihre Tochter dann aber schon. Und nun ist sie in Wien in der Abteilung Leib und Leben angelangt, ihre Vorgängerin hat sie die letzten zwei Wochen eingewiesen. Die Ermittlung um den Tod des jungen, dynamischen Ministers führt sie mitten hinein in die politischen und wirtschaftlichen Ränkespiele. Sie steht einem Machtapparat gegenüber, der es ihr nicht gerade leicht macht, denn zu vieles soll oder darf nicht an die Öffentlichkeit.
    Erzählt wird aus Almas und aus Jessicas Perspektive, die beiden Erzählstränge wechseln sich ab. Alma war mir sofort sympathisch, ihre unbestechliche, geradlinige Art gefällt mir sehr. Die Ermittlungsarbeit vermischt sich immer mal wieder mit halbprivaten Momenten, auch ist sie mit ihrem finnischen Freund mal ganz privat unterwegs.
    Aus Jessica werde ich zunächst nicht so ganz schlau, ihr Part wirft viele Fragen auf und bleibt lange nebulös. Hat sie mit Langwiesers Tod zu tun? Ihre Flucht könnte schon darauf hindeuten – aber wovor hat sie Angst?
    Der Kriminalroman im politischen Umfeld ist durchweg spannend erzählt mit Charakteren, denen man ihre Eigenheiten allesamt abnimmt. Sie sind nett und liebenswert, sind erfrischend normal oder durchtrieben, ja gefährlich. „Freunderlwirtschaft“ ist ein kurzweiliges Lesevergnügen, das Buch gewährt einen tiefen Blick hinter die Kulissen von Politik und Wirtschaft, von Vetternwirtschaft und Korruption, versteckt hinter den weißen Westen so manch aalglatter Akteure. So manches sickert so oder so ähnlich durch, wir hören und lesen es im realen Leben immer mal wieder.
    Und tot bist du (Thriller) Gunnar Schwarz
    Und tot bist du (Thriller) (Buch)
    08.08.2024

    Nervenkitzel garantiert

    Ihr Privathandy klingelt. „Hallo Tabsi…“ klingt eine verzerrte Stimme an ihr Ohr. Wer ist dieser unbekannte Anrufer? Wer kennt ihren Kosenamen? Denn niemand außer ihrer Mutter und ihrer Schwester nennt sie so. Ein Geschenk hätte er für sie, teilt er ihr noch mit. Es liegt auf den Bahngleisen, leider ist es ihm zerbrochen.
    Frank Schürmann, Ermittler im Morddezernat, wird Tabea Kurz mitsamt seinem Team zur Seite gestellt. Er stellt sich ihr vor, ist ziemlich kurz angebunden, denn was soll er mit einer unerfahrenen Streifenpolizistin? Da dieser Unbekannte aber weiterhin nur mit ihr kommunizieren will, bleibt Frank nichts anderes übrig, als sie in die Ermittlung einzubinden.
    Nun, sie fahren zu den Bahngleisen und finden das Opfer - nackt, komplett blau eingefärbt, zerschmettert – auf den Eisenbahnschienen. So wie es aussieht, wurde sie von der Brücke hinuntergeworfen. „Runde eins.“ Der Zettel an ihrem großen Zeh macht klar, dass dies erst der Anfang einer ganzen Serie sein wird.
    Gunnar Schwarz hat es wieder getan. Er hat mich mit seinem neuesten Thriller dermaßen gefangen genommen, dass ein Weglegen des Buches schier unmöglich war. Und ich hoffe, dass es mit dem Ermittlerduo Schünemann & Kurz weitergeht, dass „Und tot bist du“ der Auftakt einer neuen Thriller-Serie sein wird.
    Schon der Prolog „Du bist mein wunderschönes, blaues Kind… deine letzte Reise treten wir gemeinsam an, es wird kaum wehtun…“ lässt Schlimmes ahnen. Lange wird nicht sichtbar, wer denn dieser Serienkiller ist, wie und warum er diese Gräueltaten regelrecht inszeniert und wieso er ausgerechnet Tabea als seine Ansprechpartnerin wählt. Der raffiniert konstruierte Fall hat es in sich.
    Frank tritt Tabea ziemlich distanziert gegenüber, aber noch mehr lässt der Rechtsmediziner Albert Krause sie spüren, dass sie nicht zu dem erfahrenen Team passt. Tabea hat mich aber gleich – im Gegensatz zu dem arrogant auftretenden Rechtsmediziner - mit ihrer Schlagfertigkeit für sich eingenommen. Dabei bleibt sie höflich, was man von Albert nicht immer sagen kann. Ihre Dialoge laden trotz des todernsten Hintergrundes zum Schmunzeln ein. Wären da noch die IT-Expertin Ella und noch so einige Charaktere, die trotz ihrer Unterschiedlichkeit ein gutes Team bilden. Auch wird der unterkühlte Ton zwischen Frank und Tabea wärmer, sie beschnuppern sich, sie vertrauen sich, sie arbeiten dann doch vertrauter zusammen.
    Zusammenfassend möchte ich sagen, dass ich schlichtweg begeistert bin. Von der so spannenden wie dramatischen Story, vom einnehmenden Schreibstil und vom Ende, das sich schon ankündigt, das nochmal gute Nerven braucht. Schünemann & Kurz ermitteln hoffentlich bald wieder, ich wäre dabei.
    Seinetwegen Zora del Buono
    Seinetwegen (Buch)
    02.08.2024

    Intensiv erzählt

    Zora del Buono war acht Monate alt, als ihr Vater 1963 mit 33 Jahren bei einem Autounfall starb. Und nun, 60 Jahre später, sucht sie nach Antworten, sucht nach dem Unfallverursacher, nach E. T. Mehr weiß sie nicht von ihm und doch hofft sie, ihn zu finden. Der Töter – so nennt sie ihn – war mit seinem Chevrolet unterwegs, als er in einer Rechtskurve ein Pferdefuhrwerk überholt und dabei in den VW kracht, in dem ihr Vater als Beifahrer saß. Am Steuer war Zoras Patenonkel, den seitdem Zweifel plagen, auch wenn er den Unfall nicht hätte verhindern können.
    Als erstes sehe ich im Buch ein inniges Vater-Tochter-Foto, es zeigt den stolzen Vater mit seinem Baby. Viel Zeit miteinander war ihnen nicht vergönnt, wir wissen es.
    Schon als Kind fantasiert sie oft, dass sie E. T. finden, ihn zur Rede stellen und damit ihre Mutter rächen will. Sie war damals noch zu jung, der Gedanke verflog und taucht jetzt umso stärker wieder auf. Sie sucht nach ihm, sie sucht nach Antworten. Findet das damalige Urteil, in dem er wegen fahrlässiger Tötung schuldig gesprochen wird. Zwei Monate Gefängnis und 200 Franken Buße für ein Menschenleben – mehr war da nicht.
    Bei ihrer intensiven Suche nach dem Mann, der ihr den Vater genommen hat, schweift sie immer wieder ab, sie schreibt geradezu nüchtern über berühmte Unfallopfer oder thematisiert den Lokführer, der kapituliert, der die Toten nicht mehr aushält. Ich lese von der letzten Hexe Europas, von Herbie, dem tollen Käfer und von noch so viel anderem. Nicht zu jeder Geschichte finde ich den Bezug zum Vater, zum Unfall, zum Töter.
    Der autofiktionale Roman fordert schon Aufmerksamkeit, vor allem anfangs war ich ob der vielen Einschübe etwas irritiert. Bald aber konnte ich dem Buch viel abgewinnen. Was macht so ein Verlust mit einem? Wie kann einer mit so einer Schuld weiterleben? Kann er weiterleben? Und warum dauerte das Schweigen zwischen Mutter und Tochter so lange? Es ist ein anrührendes Buch, eine sehr persönliche Spurensuche. Ein Buch, das mich sehr nachdenklich zurücklässt.
    Komm tanzen! Lucia Jay von Seldeneck
    Komm tanzen! (Buch)
    24.07.2024

    Ein schmales Buch, gefüllt mit Leben

    „Komm tanzen!“ ist ein schmales Buch mit viel Inhalt. Es ist ein Buch, dem man sich ganz widmen, dem man Zeit geben sollte. Es ist ein Buch, das nachdenklich macht. Und es ist ein Buch, gefüllt mit Leben.
    Sie sind jung, sie feiern gern und ausgiebig, denn „der Sommer ist ja wohl immer noch der beste Grund, um zu feiern.“ Und so lassen sie sich wegtragen von der Musik, schwelgen in ihren gemeinsamen Erlebnissen, haben ihre Lieblingsorte, ihre Lieblingswitze und ihre Lieblingssongs. Der laue Abend gehört ihnen, sie sind am Wannsee, es gibt genug zu trinken, heute vergessen sie alle Sorgen. Auch Claire ist dabei, auf ihren elfjährigen Sohn passte ein Freund auf, ihre Geschichte ist nicht ganz einfach. Lucia Jay von Seldeneck lässt tief blicken, auch erfahre ich von den anderen der Freundes-Clique - wie sie leben, was sie bewegt.
    Man soll die Feste feiern, wie sie fallen – dieser Satz blitzt beim Lesen immer wieder auf. Denn nicht alles ist eitel Sonnenschein. Und da sind sie jetzt – mit vielen Gesprächen, mit viel Bowle. Sie tanzen sich frei von allen Themen, denn Tanzen ist die eigentlich schönste Form, um loszulassen. So lese ich es sinngemäß und genau so sehe ich es auch, mit dieser Aussage bin ich sehr einverstanden.
    Um mich vollends einzufangen, hat dieser kleine, feine, gerade mal 137 Seiten umfassende Roman einige Seiten gebraucht. Anfangs waren gefühlt alle Personen sofort da, was mich kurz überfordert hat. Aber dann nimmt die Geschichte Fahrt auf. Es ist schon weit nach Mitternacht, als sie es hören – das Sirren der Havelnixe. Und auch wenn ich meine, dieses Mystische eher nüchtern zu betrachten, so lockt auch mich die Nixe…
    Kleine Monster Jessica Lind
    Kleine Monster (Buch)
    23.07.2024

    Wenn die Vergangenheit dich einholt

    „Frauen muss man glauben – ohne Wenn und Aber.“ Ist das wirklich so? Die Eltern von dem 7jährigen Luca werden in die Schule zitiert, ihr Sohn soll sich einem Mädchen gegenüber ungebührlich verhalten haben. Was genau das war, darüber kann man eher rätseln, denn Lucas „Verfehlung“ wird eher angedeutet und umschrieben. Auch die Aussage „Jungen sind Täter und Mädchen sind Opfer“ empfinde ich als sehr unangenehm, ja direkt übergriffig. So werden Vorurteile gelebt. Nun, Lucas Vater Jakob steht voll hinter ihm, er glaubt keine Sekunde an die Anschuldigung. Bei Pia, seiner Mutter, sieht es da schon anders aus.
    Jessica Lind geht noch sehr viel tiefer, sie lässt Pia zurückblicken, lässt sie von ihrer Herkunftsfamilie erzählen. Von ihren Schwestern Romi und Linda und davon, was damals geschehen ist. Diese Geschichte ist es, die den Großteil des Buches einnimmt und dabei immer wieder Bezug zu den aktuellen Vorwürfen nimmt.
    Die beiden Zeitebenen fließen übergangslos ineinander. Anfangs habe ich diese Erzählweise als sehr sprunghaft und lesehemmend empfunden, ich habe ein wenig gebraucht, um mich ganz auf Pia und ihre Geschichte einlassen zu können. Und auch, wenn ich der Person Pia emotional nicht näher gekommen bin, so konnte ich ihre Gedanken schon irgendwie nachvollziehen, wenngleich ich sie nie gutheißen konnte. Auch die anderen Familienmitglieder sind gut gezeichnet und doch alle irgendwie unnahbar, nicht so recht greifbar.
    So nach und nach erfährt man von einem traumatisierenden Familiendrama. Auch nach vielen Jahren wird klar, dass die Zeit keine Wunden heilt. Es genügt ein beunruhigendes Ereignis und schon sind die Geister der Vergangenheit wieder allgegenwärtig. „Kleine Monster“ zerlegt die Figuren, offenbart schonungslos jede Kleinigkeit. Ein tragischer Verlust zieht sich durch ihre Leben und wirkt auch dann noch nach, wenn die Verhältnisse ganz andere sind - das Kindheitstrauma hallt nach. Es ist ein sehr emotionaler Roman, ein tiefgehendes psychologisches Drama, das schockiert. Das mich trotz und gerade wegen des ernsten Themas sofort ins Geschehen gezogen hat.
    Gefährliches Komplott David Baldacci
    Gefährliches Komplott (Buch)
    20.07.2024

    Spannende, wendungsreiche Story

    Neues von David Baldacci – aber immer doch, den Thrillern aus seiner Feder kann und mag ich nicht widerstehen. Sein „Gefährliches Komplott“ ist ein gar bedrohliches Unterfangen, zumindest für Mickey Gibson, der alleinerziehenden Mutter zweier Kleinkinder. Die ehemalige Polizistin arbeitet nun hauptsächlich von daheim aus, sie macht vermögende Steuer- und Kreditbetrüger ausfindig und ist damit sehr erfolgreich. Ihr Leben hat sie einigermaßen im Griff, bis es das Telefonat mit Arlene Robinson komplett auf den Kopf stellt. Diese Frau, die sich ihr als Kollegin von ProEye, einer global agierenden Privatdetektei, vorstellt, bittet sie um einen Auswärtstermin. Die Inventarisierung für ein altes Herrenhaus in Mickeys Nähe soll entgegen der sonst üblichen Internetrecherche direkt vor Ort mitsamt der Inneneinrichtung vorgenommen werden. Arlene zerstreut Mickeys Bedenken hinsichtlich dieser unüblichen Vorgehensweise, da sie über genug Insiderwissen verfügt. Also bittet sie ihre Eltern, auf die Kinder aufzupassen und macht sich auf den Weg.
    Am Zielort angekommen, findet sie die Leiche eines Mannes. Mickey erkennt, dass diese Anruferin sie regelrecht hierhergelockt hat, denn hier stimmt so einiges nicht. Die Frage, ob der Tatort arrangiert war, drängt sich auf. Im Haus gab es bei Mickeys Ankunft keinen Strom, die Tür zu einem geheimen Zimmer stand einen Spalt offen, sodass sie direkt auf den Toten treffen musste. Sie ruft die Staatspolizei von Virginia, der Kriminalbeamte Wilson Sullivan hört sich ihre Story an und es kommt, wie es kommen muss, Sullivan verdächtigt Mickey. Für sie beginnt ein gar gefährliches Spiel, aus dem sie sich nicht mehr herauswinden kann. Und wieder ruft Arlene bei Mickey an, sie nennt sich von nun an Clarisse, sie gibt Anweisungen, drängt sie immer weiter und Mickey lässt sich darauf ein.
    Gebannt folge ich dem Geschehen und nicht nur einmal frage ich mich, warum Mickey nicht aussteigt. Der Einfachheit halber nenne ich diese geheimnisumwitterte Frau nun Clarisse, von der ich so einiges erfahre und doch ist es nicht genug, um den Grund ihrer Kontaktaufnahme zu Mickey herauszulesen. Sie scheint eine schillernde, zudem eine sehr selbstbewusste, ja eine äußerst manipulative Persönlichkeit zu sein. Dabei bin ich mir keineswegs sicher, ob mich mein Empfinden nicht doch trügt.
    In dem vielschichtig angelegten Thriller spielen mächtige Gegner eine nicht zu unterschätzende Rolle, die beiden Hauptakteure Mickey und Clarisse sind interessante Persönlichkeiten, die – jede für sich – gut dargestellt sind. Lange tappe ich im Dunkeln, die Story drängt rasant vorwärts, es bleibt spannend bis – ja, bis zum Schluss, dem ich so gar nichts abgewinnen kann. Dieses Ende passt einfach nicht zum Rest der Geschichte, als ob das Ende eines ganz anderen Buches hier hineingerutscht wäre. Dies einmal ausgeblendet ist es ein Thriller, den ich gerne gelesen habe, der mich ansonsten gut unterhalten und mich neugierig hat immer weiterlesen lassen.
    In den Farben des Dunkels Chris Whitaker
    In den Farben des Dunkels (Buch)
    20.07.2024

    Grace

    Chris Whitaker erzählt „In den Farben des Dunkels“ von tief empfundener Freundschaft, von Familie und Liebe, von Schmerz und Ruhelosigkeit und von noch so viel mehr. Der Roman beginnt mit einem Verbrechen, mit der Entführung von Patch, er ist aber sehr viel mehr als nur ein Krimi. Das Leben ist nicht fair, mit Patch war es das sowieso nicht, er war bedingt durch sein fehlendes Auge und seiner Augenklappe von jeher Außenseiter.
    Patch wird mit dreizehn entführt. Als er dann nach fast einem Jahr wieder auftaucht, erzählt er von Grace, die während der Gefangenschaft seine Stütze war. Ihm ist die Flucht gelungen, Grace jedoch wähnt er noch immer in diesem dunklen Raum. Sie war sein Rettungsanker, sie hat ihm von draußen erzählt, hat ihn mit ihren Geschichten in ihre Welt voller Leben mitgenommen. Zwischendurch war sie immer mal wieder verschwunden, sie ist aber stets zurückgekehrt in seine Finsternis und nun muss er sie finden. Unbedingt. Die Suche nach ihr bestimmt von nun an sein Leben. Ihn treibt es durch ganz Amerika und dabei ist ihm jedes Mittel recht. Lediglich Saint, seine Freundin aus Kindertagen, glaubt an ihn und sie ist es, die ihn auch jetzt unterstützt.
    Patch wird vom Jungen zum Mann, über dreißig Jahre dauert nicht nur seine Suche nach Grace, auch Saint lässt nicht locker. Während Patch davon regelrecht besessen ist, geht Saint besonnener vor. Sie ist mittlerweile Polizistin, die für Recht und Ordnung sorgt und doch so manches Mal ein Auge zudrückt.
    Ist die geheimnisvolle Grace Patchs Fantasie entsprungen? Oder gibt/gab es sie wirklich? Dies frage ich mich des Öfteren während des Hörens.
    Siebzehn Stunden lang habe ich dem Hörbuchsprecher Richard Barenberg gebannt zugehört, seine tiefe Stimmlage passt sich hervorragend dem Geschehen und den einzelnen Charakteren an, sodass ich mich voll auf die vielschichtige Story einlassen konnte. Es waren aufwühlende Stunden voller Zweifel, es waren berührende Stunden voller Mitgefühl und voller Emotionen. Der kurzweilige Erzählstil und die gut ausgearbeiteten, facettenreichen Figuren haben mir ein intensives Hörerlebnis beschert, das gefühlt viel zu schnell vorüber war und doch lange nachhallt.
    Der 1. Patient Michael Tsokos
    Der 1. Patient (Buch)
    15.07.2024

    Justiz-Krimi

    Welchen praktischen Nutzen hat KI in der Medizin? Die Chefärztin der Chirurgie im Klinikum Spreehöhe, Sasha Müller, diskutiert diese brandaktuelle Frage in einer Gesprächsrunde als Talkgast, zu der auch Professor Gunther Sonnenberg, Neurochirurg an der Berliner Charité, geladen ist. Das Für und Wider wird lebhaft diskutiert, wobei Müller eher die Vorteile sieht, wohingegen Sonnenberg die Fehler aufzeigt.
    Dieser Justiz-Krimi ist in drei Teile gegliedert. Los geht es mit dem Tod eines Patienten, der bei einem Routineeingriff auf dem OP-Tisch verstirbt. Diese von KI unterstützte Operation wird unter Leitung von Doktor Sasha Müller durchgeführt und nun ist sie als verantwortliche Chirurgin angeklagt, den Tod des Patienten fahrlässig herbeigeführt zu haben.
    Sasha Müller wendet sich an den Strafverteidiger Rocco Eberhardt, der sich in diese noch ziemlich neue Materie gründlich einarbeitet, unterstützt wird er neben seiner Bürochefin Klara Schubert von seinem guten Freund Tobi Baumann, auch mischt der Facharzt für Rechtsmedizin, Doktor Justus Jarmer, wieder mit. Daneben ist es die schwedische Firma Augmentum, die KI immer mehr alltagstauglich macht. Sie erstellt hier einen speziell auf jeden einzelnen Patienten zugeschnittenen Behandlungsplan, nachdem alle relevanten Vorerkrankungen, Allergien, Unverträglichkeiten und dergleichen im Vorfeld erfasst sind. Das Klinikum Spreehöhe arbeitet schon länger erfolgreich damit.
    Der zweite Teil dann gibt Einblick in den Prozess und Teil drei gipfelt in den wendungsreichen Showdown. Der Prozess wird natürlich auch von den Medien verfolgt. Neben all den anklagenden Kommentaren macht auch die Boulevardpresse mit ihren in dicken Lettern verfassten Schlagzeilen ordentlich Stimmung. Rocco Eberhardt lässt sich davon nicht beeinflussen, er legt Gutachten vor, die Staatsanwältin hält dagegen.
    Künstliche Intelligenz hat unseren Alltag schon lange erobert, sie ist Arbeitserleichterung, sie ist schlichtweg nicht mehr wegzudenken. Schwiecker und Tsokos haben sich dieses aktuellen Themas angenommen. Unsere Smartphones etwa werden immer intelligenter, sie lernen aus den Nutzerdaten und auch diese hier beschriebene schwedische Firma bedient sich dieser Methodik im medizinischen Bereich. Wer ist für Fehler verantwortlich? Ist es die hier eingesetzte KI? Ist es der behandelnde Arzt? Eine spannende Frage.
    Es ist er mittlerweile vierte Justiz-Krimi, natürlich habe ich auch die Vorgängerbände gelesen. Beide Autoren wissen, wovon sie schreiben. Florian Schwiecker hat viele Jahre als Strafverteidiger gearbeitet und Michael Tsokos, der Professor für Rechtsmedizin, ist mir als Autor vieler Bücher ein Begriff. „Der 1. Patient“ ist ein sehr unterhaltsamer, kurzweiliger Krimi, den ich – einmal angefangen – nicht weglegen mochte. Die einzelnen Handlungsstränge waren allesamt gut geschildert und nachvollziehbar, die hier agierenden Personen glaubhaft dargestellt. Meine ansonsten sehr gute Bewertung schmälert letztendlich das nicht nachvollziehbare Motiv, das zum Tode des Patienten führt.
    Suddenly a Murder - Mord auf Ashwood Manor Lauren Muñoz
    Suddenly a Murder - Mord auf Ashwood Manor (Buch)
    07.07.2024

    Das jähe Ende einer Mottoparty im Stile der 1920er Jahre

    Sieben Freunde sind sie. Alle (bis auf Izzy, Kassidys beste Freundin) sind Töchter und Söhne aus wohlhabendem Hause und nun soll der Schulabschluss gebührend gefeiert werden. Kassidy hat sich etwas ganz besonderes ausgedacht, sie lädt zu einer Mottoparty in ein Herrenhaus auf eine abgelegene Insel. Gut gelaunt kommen sie an, eine glamouröse Woche wartet auf sie. Neben den Bediensteten sind es die sieben jungen Leute, die im Stile der 1920er Jahre dieses Schuljahr ausklingen lassen wollen. Gleich mal werden Handys und die eigenen Kleider eingesammelt, denn vor hundert Jahren war anderes angesagt. Natürlich wartet für jeden einzelnen ein Schrank voller Kleider und Accessoires aus jener Zeit, dem Spaß steht somit nichts mehr im Wege.
    Bald jedoch findet das unbeschwerte Feiern ein jähes Ende, denn Blaine, Kassidys Freund, wird tot aufgefunden. Es ist geradezu grotesk, die geplante einwöchige Mottoparty ist endgültig vorüber und doch können sie nicht in den Alltag zurück, denn Ermittler kommen auf die Insel, sie durchleuchten jeden einzelnen, stellen immer wieder Fragen, es ist schlichtweg zermürbend.
    In Rückblenden erfahre ich mehr von ihnen. Von ihren Freundschaften und von so manchen Verbindungen, die man vereinzelt eher als Feindschaften ansehen könnte. Auch wird so einiges vom Opfer sichtbar, nicht immer gerät dieser Blick auf ihn zu seinem Vorteil. Je mehr von ihnen allen bekannt wird, desto eher scheint es, als ob jeder ein Motiv hätte haben können.
    Meist vermeide ich Krimis und Thriller im Highschool-Milieu, dieser hier hat mich aber dennoch aufgrund der Beschreibung angesprochen. Die Charaktere sind gut ausgearbeitet, sie entsprechen dem Bild der gerade mal 18jährigen. Bis auf Izzy haben sie alle einen schwerreichen Hintergrund, Hautfarbe oder sexuelle Orientierung spielen in ihrer Freundesgruppe keine Rolle. Sie wollen das Leben in vollen Zügen genießen, feiern bis zum Abwinken mit Alkohol und Drogen und natürlich gehören auch Liebeleien und Eifersucht dazu. Das Mondäne, das Exklusive, schimmert trotz des beklemmenden Szenarios schon auch durch und nicht immer haben sie ihre Emotionen im Griff.
    Es ist ein kurzweiliger, wendungsreicher Locked-Room-Krimi, dessen Ende mich dann doch verblüfft hat. Nicht nur die jugendliche Zielgruppe dürfte auf ihre Kosten kommen, auch Erwachsene Krimi-Fans werden ihre Freude daran haben.
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