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    Murksy

    Aktiv seit: 09. März 2019
    "Hilfreich"-Bewertungen: 12
    101 Rezensionen
    Feuerland

    Feuerland (Buch)

    2 von 5 Sterne Aktiver Stern Aktiver Stern Inaktiver Stern Inaktiver Stern Inaktiver Stern
    22.02.2020

    Popcornthriller aus Versatzstücken

    Da ich von dem Thriller nicht so überzeugt bin wie viele andere Leser, sei gewarnt, dass ich etwas spoilern muss, um meine Kritik zu erklären.
    Der Thriller um Menschen- und Organhandel (das Thema wird leider nur oberflächlich behandelt, da wäre mehr drin gewesen) liest sich bei schnellem Lesen ganz unterhaltsam. Er hebt sich aber nicht aus der Masse der reißerischen, effekthascherischen Thriller dieser Art ab. Bei reflektiertem Lesen wird schnell klar, dass der Autor ziemlich viele Versatzstücke aus anderen Büchern oder Fernsehserien zusammengewürfelt hat. Das zeigt sich zum Beispiel an den handelnden Personen: wir haben den Ex-Soldaten, der (traumatisiert) auf die schiefe Bahn gerät, aber im Herzen ein guter Mensch ist. Natürlich ist er eine Kampfmaschine, die sogar die Polizei in Staunen versetzt. Dann die suspendierte Ermittlerin, die ein "kleines" Alkoholproblem hat, aber trotzdem ermittelt (gedeckt von ihrem Vorgesetzten!?) und fast auf Anhieb eine Entführungsserie aufklären kann, weil sie blitzgescheit Hinweise entdeckt, die der scheinbar überlasteten oder unwilligen Polizei entgehen. Blond, kautabaknutzend, porschefahrend und unfähig zu weinen..hmm, klingt wie Sorga Noren aus der Serie "Die Brücke". Kann natürlich Zufall sein..Räusper. Was haben wir noch? Ach ja, den schießwütigen Kleinkriminellen, der bei den Großen mitspielen will und Respekt sucht. Mindestens einen korrupten Polizisten. Den obligatorischen Kartellboss in Südamerika, der scheinbar für das niedere Volk da ist, aber natürlich psychopathisch agiert. Das ist alles so furchtbar bekannt und klischeehaft. Oder das Krankenhaus der Kolonie, das fast genauso heißt, wie die Colonia Dignidad in ihrer Spätphase. Etwas einfallslos, wie so manches in dem Puzzlebuch.
    Der Autor, Journalist Engman (hat beim Expressen gearbeitet, einer reißerischen Boulevardzeitung, die ihre Artikel vermutlich ähnlich zusammenschustert), versucht authentisch zu sein, indem er reale Bezüge und politische Vorkommnisse mit seinen Thrillerelementen paart. Das kann funktionieren, solange man glaubhaft schreibt. Aber eine Polizistin, die im Alleingang mit einem Ex-Soldaten in die Schlacht zieht (mindestens ein dutzend Gründe für eine endgültige Suspendierung), Profikiller und Gangster, die stellenweise extrem dumm handeln, eine hanebüchene Geschichte von Menschenschmuggel nach Südamerika (in Wirklichkeit ist leider der Organhandel dort ein großes Problem, und leider haben die Verantwortlichen kein Nachschubproblem mit Ortsansässigen) machen beim Lesen keinen Spaß. Auch die üblichen Effekte eines Kopfes, der bei Beschuss nach hinten "katapultiert" wird, sind leider nicht realistisch, sondern einfach nur effekthascherisch. Oder eine Person, die ein Glas Whiskey mit Betäubungsmittel trinkt und durch Übergeben wieder fit wird...liebe Freunde der Psychopharmaka-Fraktion: wenn man bereits die Wirkung des Mittels spürt, ist es zu spät für so was. Außerdem: wenn die Person als Selbstmord getarnt sterben soll, wieso bekommt sie nicht gleich eine entsprechende Menge verabreicht?
    Das Buch strotzt vor Unlogik, falls man sie finden will. Will man einfach stumpf unterhalten werden, nun ja, dann liest man das Buch und vergisst es wieder. Etwas weniger wäre mehr gewesen. Warum erschießt ein Gangster einen Mann kaltblütig und in nächsten Augenblick lässt er einen weiteren Mord als komplizierten Unfall im Meer erscheinen? Warum entführt ein Killer sein Opfer, wenn er einen Selbstmord doch direkt in der Wohnung vortäuschen könnte? Das wirkt teilweise so gestellt, dass es schon weh tut.
    Ja, man kann das spannend finden. Wer allerdings gut gemachte, logische und glaubhafte Handlung sucht, sucht hier vergebens. Weit entfernt von wirklich klug gemachten Thrillern, von denen es einige gibt (siehe die Vorbilder, bei denen der Autor "geliehen" hat). Und nebenbei, die Einteilung in "Teile" erschließt sich ebenfalls nicht. Massenware, die vermutlich (leider) in Serie gehen wird.
    Hammond, J: Eine kurze Geschichte vom Fallen

    Hammond, J: Eine kurze Geschichte vom Fallen (Buch)

    3 von 5 Sterne Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern Inaktiver Stern Inaktiver Stern
    18.02.2020

    Leben (und Sterben) in Metaphern

    Joe Hammond, der mittlerweile am Ende seines Weges angekommen ist, berichtet in seiner Geschichte von seinem Leben und seinem Sterben. Ein Thema, das so gut wie jeder zu verdrängen sucht. Und wer nicht in einer ähnlichen Situation ist, wird auch kaum nachvollziehen können, wie es ist, zu sterben. Es gab schon andere Bücher dieser Art, von Krebs- oder Suchtkranken, die vor ihrem Tod ihre letzten Schritte der Nachwelt hinterlassen haben. Hammond, der zu Lebzeiten im Schreiben geübt war, benutzte mit Masse das Mittel der Metapher, um seine Gefühle und sein Leben zu beschreiben. Das funktioniert oft sehr gut. Wenn allerdings fast alles auf diesem Stilmittel aufbaut, wird das irgendwann abstrakt und entfremdet. Die Metaphern, die Hammond findet, passen zwar. Doch je mehr Bildnisse der Leser zu entschlüsseln hat, umso ferner scheint die Geschichte. Und dies bezieht sich nicht nur auf die Erkrankung, sondern auch auf den autobiographischen Teil, der die schwierige Jugend des Autors und sein Verhältnis zu seinem Vater behandelt. So bleibt bei allem Mitgefühl und Staunen über die Offenheit des Schreibers, ein Abstand, der eine wirkliche Auseinandersetzung mit dem Leben und Sterben des Joe Hammond erschwert.
    Zudem wäre es wünschenswert gewesen, etwas mehr über die Krankheit zu erfahren. Natürlich kann man das im Netz oder der Fachliteratur nachlesen, im Zusammenhang mit der Lebensgeschichte hätte es jedoch gut ins Buch gepasst. Vor allem, da das Buch auch als Vermächtnis an die Söhne des Autors gedacht ist. Bleibt zu wünschen, dass zumindest der unterschwellige Zweck, die Familie finanziell zu unterstützen, mit dem Buch erreicht wird.
    Für mich bleibt ein zwiespältiger Eindruck zurück. Es ist da der offene Umgang mit einem natürlichen Prozess, der jeden, in welcher Form auch immer, ereilen wird. Andererseits ist das Buch eine Abrechnung mit der Vergangenheit, wie sie vor allem seit Knausgard sehr beliebt zu sein scheint. Ein ambivalentes Gefühl bleibt zurück, zwischen Trauer, Mitgefühl, Distanz und voyeuristischer Neugier angesiedelt. Das Buch geht Nahe, ohne mich auf allen Ebenen zu erreichen. Und dies ist meiner Meinung nach dem übertriebenen metaphorischen Stil geschuldet. Bestimmt kein leichtes Buch, dennoch mutig und offen, in manchen Sichtweisen vielleicht sogar egoistisch. Doch das ist ein Recht, das man dem verstorbenen Autor zugestehen muss.
    Qube

    Tom Hillenbrand
    Qube (Buch)

    5 von 5 Sterne Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern
    13.02.2020

    Die Würfel sind gefallen

    Tom Hillenbrand setzt seinen Hologrammatica-Zyklus endlich fort. Dies macht er mit Rückblenden, die es auch Neueinsteigern ermöglichen, dem Buch zu folgen. Allerdings seien all die gewarnt, die vornehmlich die anderen Bücher von Hillenbrand kennen, die sich mit alten Kaffeediebstählen oder kulinarischen Kriminalfällen beschäftigen. Beim vorliegenden Buch handelt es sich um Science fiction, das heißt also: mathematische und physikalische Theorie gepaart mit futuristischen Erfindungen und teilweise verwirrenden Gedankenspielen. Wer jedoch science fiction mag, Klassiker von Bradbury, Asimov, Dick oder auch Simmons liebt, kommt hier auf seine Kosten. Der neue Band knüpft einige Jahrzehnte an die Vorkommnisse des Vorgängers an. Um eine erneute Bedrohung durch eine künstliche Intelligenz auszuschließen, suchen Agenten auf der Erde als auch im All nach Hinweisen auf eine solche. Auch einige mächtige und reiche Privatpersonen sind auf der Jagd. Verspricht doch das Wissen einer KI ein altes Problem zu lösen: wie schafft man es, länger als drei Wochen in einem Klon zu existieren? Ja, vielleicht sogar für immer. Dies käme einer faktischen Unsterblichkeit gleich. Denn die Menschheit ist in der Lage, das Gehirn zu scannen und in einen Klonkörper zu übertragen, vorausgesetzt, man hat die finnaziellen Mittel. Doch nach drei Wochen muss der Klon wieder verlassen werden, sonst droht ein fataler Braincrash..Ende..Aus.
    Tatsächlich gibt es Anzeichen für eine solche KI. Und es gibt auch Theorien, wo diese sich befindet. Ins Zentrum des Interesses rücken Würfel, die möglicherweise diese KI enthalten könnten. Es beginnt ein mörderischer, packender Wettstreit um diese mysteriösen Würfel. Ein Wettlauf, der womöglich das Schicksal der Menschheit besiegelt.
    Mehr soll zum spannenden, verzweigten Inhaltes des Buches nicht verraten werden. Der Leser muss aufmerksam der Geschichte folgen. Da die Klone gewechselt werden, agiert eine Person plötzlich als Mann, wo zuvor noch eine Frau aktiv war. Das kann den oberflächlichen Leser leicht aus dem Konzept bringen. Ein Fehler im Buch auf Seite 131 macht dies deutlich: statt Franek wird der Name Fran genannt. Der Zusammenhang dieser Namen wird erst später geklärt, ist aber in diesem Moment irrtümlich und lässt einen kurz stutzig werden. Wie bei Science fiction üblich, verschwimmen reale Möglichkeiten mit theoretischen Zukunftsvisionen. Das geht bis zur Frage der Existenz Gottes und der Unsterblichkeit. Moralische und ethische Gedankengänge fließen in die Handlung ein, ohne natürlich tiefgreifend abgehandelt zu werden. Das hätte dem Buch auch den Fluss genommen. Die Geschichte ist raffiniert und (soweit dies eine fiktionale Erzählung erlaubt) logisch aufgebaut. Praktischerweise muss bei science fiction und Fantasy nicht alles logisch erklärt werden, wo bliebe da der Spaß?
    Eine hervorragende Fortsetzung der Hologrammatica-Story, die förmlich nach mehr verlangt. Hillenbrand überzeugt ein weiteres Mal und unterstreicht seine erzählerischen Fähigkeiten, egal welches Genre er sich vornimmt.
    ministeps: Wenn kleine Kinder müde sind

    ministeps: Wenn kleine Kinder müde sind (Buch)

    5 von 5 Sterne Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern
    01.02.2020

    Kindgerecht und kunterbunt

    Ein ideales Buch für die kleinen Träumer. Toll gezeichnete Bilder und dazu ein einfacher Reim, der den Kleinen beim Einschlafen helfen soll. Die Altersangabe ist stimmig, aber auch etwas größere Kinder können damit gut unterhalten werden. Die Bilder kann man wunderbar nutzen, um eine kleine Fragerunde mit den Kindern zu machen oder ihre Fantasie anregen, indem man sie selber erzählen lässt, was sie sehen. Zudem können die Eltern beim Vorlesen eine nette Geschichte erfinden. So wird das kleine Buch zu einem interessanten Einschlafspaß. Wie vom Verlag gewöhnt, ist das Buch in ausgezeichneter Qualität gestaltet und bietet durch die verschiedenen Abbildungen genügend Abwechslung, um den Nachwuchs neugierig zu halten. Eine wundervolle Einschlafhilfe zu einem vernünftigen Preis.
    Das Evangelium der Aale

    Patrik Svensson
    Das Evangelium der Aale (Buch)

    5 von 5 Sterne Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern
    27.01.2020

    Ein herausragendes Sachbuch

    Aale? Ausgerechnet diese schlangenartigen, glitschigen Dinger? Ich habe mich ehrlich gesagt nie besonders für diese Tiere interessiert. Ganz im Gegenteil, die auch im Buch beschriebene Szene aus der "Blechtrommel" mit dem Pferdekopf als Köder, hat mich nachhaltig mit einem Ekelgefühl für diese Wesen ausgestattet. Und dieses Buch hat mein Bild nun komplett gewandelt. Mit seiner Sprache und faszinierenden Schreibweise schafft es der Autor, eines der geheimnisvollsten Tiere dieser Erde spannend und interessant zu beschreiben. Ein Tier, das sich Jahrtausende der Wissenschaft entzog. Von der Gottesverehrung der Ägypter über Aristoteles (der fest davon überzeugt war, dass Aale sich nicht fortpflanzen, sondern einfach entstehen), von Sigmund Freud (der in jungen Jahren hoffnungslos versuchte, Geschlechtsorgane der Tiere zu finden) bis zu der modernen Seefahrt, die mit Peilsendern dem Ursprung der Meeresbewohner auf die Schliche kommen wollte. Doch die Aalfrage bleibt ungeklärt. Man weiß, dass die Tiere eine beeindruckende Metamorphose über vier Stadien durchlaufen, von den Meeren den langen Weg bis ins Binnenland suchen und dabei sogar notfalls das Wasser verlassen. Irgendwann, man weiß nicht, was das Signal ist, schwimmen die Aale tausende Kilometer zurück und laichen in den Tiefen des Meeres. In Gefangenschaft hingegen bilden sie weder Geschlechtsorgane aus, noch scheinen sie wirklich zu altern. Ein wahrhaft mystisches Wesen, das der Autor als Sinnbild für Glaube und Metaphysik nimmt und über die Erinnerung an das Aalfischen seinem Vater näher kommt. Genau wie die berühmte Rachel Carson begeht Svensson den Frevel des Vermenschlichens. Doch das ist notwendig, um dem Menschen die Bedeutung der Tier- und Pflanzenarten zu vermitteln. Nur was der Mensch kennt, schützt er. Haustiere sind deshalb die besten Freunde, weil man ihnen menschliche Eigenschaften zuspricht. Der Aal stirbt aus, wie unzählige Arten mit ihm. Der Mensch vergisst, dass er auch nur eine dieser Arten ist und dabei weit kürzer existiert, als diese beeindruckenden Tiere. So wird das Evangelium der Aale zu einer Offenbarung und Mahnung zugleich. Wir wissen noch viel zu wenig über die Geheimnisse und Wunder dieser Erde und sind in Begriff, das alles zu verlieren. Dieses spannende, informative und bewegende Buch bringt uns diese Geheimnisse etwas näher und öffnet die Augen für diese schützenswerte Welt.
    Freischwimmen

    Adam Baron
    Freischwimmen (Buch)

    5 von 5 Sterne Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern
    27.01.2020

    Lügen schmerzen

    Man merkt es dem Autor an, dass er schon einige Bücher geschrieben hat und Kurse in kreativem Schreiben gibt. Adam Baron kann mit Sprache umgehen. Und in diesem Falle schafft er es vorzüglich, schwierige Themen kindgerecht aufzuarbeiten. Da das Thema Tod und Verlust nicht einfach zu verstehen ist, geht die Altersangabe 10 Jahre vollkommen in Ordnung. Da das Buch aus England kommt, wird bei einigen Begriffen die hilfreiche Erläuterung durch Erwachsene notwendig sein. Das Buch ist ohne Melodramatik geschrieben, verfügt über den typisch britischen Humor und entwickelt sich gegen Ende sogar in eine Quasi-Detektivgeschichte, wenn der kleine Held des Buches der Wahrheit näherkommt. Ich habe das Buch mit Begeisterung gelesen und kann es ohne Besorgnis Kindern empfehlen. Ganz im Gegenteil, gerade die Themen Verlust, Tod, Einsamkeit und Wahrheit sind außerordentlich wichtig und die lockere Herangehensweise des Autors vermitteln den Lesern grundlegende Prinzipien, die wir Erwachsene nur allzu gerne vernachlässigen. Wie oft erscheint es uns doch so einfach, die Wahrheit zu verdrängen und den Kindern lieber ein paar Notlügen aufzutischen. Das Buch zeigt wunderbar, was passiert, wenn das Lügenhaus einstürzt. Deshalb als Mahnung und Lehre aus dieser toll erzählten Geschichte: wagt mehr Mut zur Ehrlichkeit, traut euren Kindern zu, die Wahrheit zu verstehen. Denn was sie garantiert nicht verstehen werden, ist ein Leben in Lüge.
    Käthe, Band 1: Der Gorilla-Garten

    Käthe, Band 1: Der Gorilla-Garten (Buch)

    5 von 5 Sterne Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern
    18.01.2020

    Liebevoll erzählt

    Käthe muss umziehen. Weg vom geliebten Landleben bei Oma mit all den Tieren (mit denen Käthe auf ihre ganz spezielle Art kommunizieren kann) und Pflanzen in die große, fremde Stadt. Das kleine Häuschen im Hinterhof soll also jetzt ihr neues Zuhause sein. Zum Glück gibt es in der Nachbarschaft nette Menschen, die ihr den Umzug erleichtern. Aber es gibt natürlich auch die obligatorischen Griesgräme, die keine Kinder mögen und erst so langsam eines besseren belehrt werden müssen.
    Das Buch ist sehr liebevoll erzählt, kommt ohne die leider oft zu findenden "Actioneinlagen und Superhelden" aus. Themen wie Verlust, Angst, Unsicherheit werden eingebunden und die kleinen Leser lernen, dass Veränderungen im Leben manchmal sein müssen und nicht zwangsläufig schlecht sind. Die Illustrationen sind nicht übertrieben platznehmend und ergänzen die Geschichte wunderbar. Ob als Selbstlese- oder als Vorlesebuch, die Geschichte funktioniert gut und beschert ein munteres und lehrreiches Lesevergnügen für die kleinen Leseratten.
    1794

    1794 (Buch)

    5 von 5 Sterne Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern
    12.01.2020

    Der menschliche Horror

    Wie oft wurde das Nietsche-Zitat über den Abgrund, in den wir blicken schon als Vorwort in Thrillern genannt? In diesem Buch nicht, aber noch nie hätte es so gut gepasst. Eine Warnung sei angebracht: dies ist kein Buch für Leicht-Leser oder Zartbesaitete, wer skandinavische Thriller nach dem Schema F bevorzugt, sollte sich auf eine andere Dimension des Grauens einstellen. Denn das Buch ist nicht angenehm zu lesen, erzeugt keine wohlige Spannung, sondern schockiert mit seiner authentischen Schilderung einer düsteren, brutalen und oftmals unmenschlichen Zeit. Der Autor hat wieder brillant recherchiert, verknüpft die realen historischen Ereignisse geschickt mit der fiktiven Geschichte, die mit dem Vorgänger verbunden ist. Man kann das Buch zwar eigenständig lesen, aber erst die Kenntnis des ersten Bandes sorgt für ein Gesamtwerk, das man getrost als meisterlich bezeichnen kann. Mit seinen Worten beschwört der Autor dunkle, stinkende Gassen herauf, lässt den Mief und den Gestank in den Gasthäusern und Hinterhöfen aufleben, dass der Leser nach der Lektüre zwangsweise das Bedürfnis nach einer Dusche verspürt. Nebenbei erfährt man auch einiges über die Vergangenheit Schwedens, das heutzutage oft als sympathisches Sehnsuchtsland wahrgenommen wird. Von den ominösen Kaffeeverboten (die tatsächlich den Alkoholverkauf ankurbeln sollten) bis zur düsteren Rolle, die das Königreich im weltweiten Sklavenhandel spielte, wird dem Leser der historische Hintergrund für einen brutalen Mord geliefert. Dessen verworrene Aufklärung führt durch das Jahr 1794, das der Autor wieder in seiner raffinierten Rückwärtserzählweise durch die Jahreszeiten durchschreitet und dabei die Figuren miteinander in Relation setzt. Wie gesagt, hier muss der Leser aufmerksam der Geschichte folgen, um die Zusammenhänge im Auge zu behalten. Das Buch ist grausam, weil es die Geschichte und die Zeit es erfordern. Der menschliche Horror wird aus den Seelen und Handlungen der Personen geboren, die teilweise aus Gier und Machtfantasien zu herrschen glauben. Andere wiederum versuchen mit aller Härte am Leben zu bleiben. Das führt zu einem Gesamtbild, das stellenweise schwer zu verdauen ist. Niklas Natt och Dag schreibt überragend und beschreibt trefflich, was das Grauen noch verstärkt. Die Erzählweise lässt vielleicht nicht mit den Figuren sympathisieren, aber sämtliche Handlungen erscheinen nachvollziehbar und im Sinne der Personen verständlich. Das verlangt gehobene Erzählkunst. Ein großartiger Historienmix, der in Zusammenhang mit dem Vorgänger "1793" zum Besten gehört, was die schwedische Literatur zu bieten hat.
    Freefall - Die Wahrheit ist dein Tod

    Freefall - Die Wahrheit ist dein Tod (Buch)

    4 von 5 Sterne Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern Inaktiver Stern
    28.11.2019

    Gelungenes Debut

    Ein kleines Flugzeug stürzt in den Bergen ab, der Pilot stirbt, eine junge Frau überlebt. Sie berichtet aus ihrer Sicht und nimmt den Leser mit auf eine dramatische Flucht vor einem mysteriösen Verfolger. Der Leser wird durch die Erzählung der Flüchtenden nach und nach deren Leben und die Geheimisse rund um den Absturz kennenlernen. Die zweite Perspektive wird von der Mutter der Frau erzählt. Diese erfährt von dem vermeintlichen Tod der Tochter und macht sich auf Spurensuche nach einem Leben, von dem sie so gut wie nichts weiß. Diese doppelte Handlung sorgt für Spannung und treibt den Leser zum Umblättern ohne Pause. Immer mehr erfährt der Leser von der Tochter und leidet mit der Mutter mit, der sich nach und nach das Bild einer Unbekannten offenbart, die sie zur Welt gebracht hat. Mehr soll von der Handlung nicht erzählt werden, um nichts von der Spannung zu nehmen. Das Buch ist flüssig erzählt, und das sich immer mehr vervollständigende Puzzle lässt den Leser nicht los. Natürlich ist die Grundgeschichte nicht vollkommen neu. Ähnliche Geschichten kennt der erfahrene Thrillerfan. Trotzdem lohnt sich das Lesen auf jeden Fall. Etwas Punktabzug gibt es für die eine oder andere Logiklücke oder allzu naive Handlungsweise der Hauptpersonen. Etwas plump ist auch die Verfolgerrolle geraten, scheint er doch manchmal geradezu hellseherische Fähigkeiten bei der Jagd auf die Frau zu entwickeln. Das ist nicht immer glaubhaft gelungen. Aber wie gesagt, ein gutes Debut, das man schon beim Lesen als Verfilmung vor sich sieht.
    Missing Boy

    Candice Fox
    Missing Boy (Buch)

    5 von 5 Sterne Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern
    12.11.2019

    Hochspannung aus down under

    Eines der ungewöhnlichsten Krimiduos geht in die dritte Runde. Der Ex-Cop und der Pädophilie beschuldigte Ted Conkaffey und seine Chefin, die verurteilte Mörderin Amanda Pharrell arbeiten seit einem Jahr als Detektive zusammen. Diese merkwürdige Zweckgemeinschaft wird nun von einer Frau beauftragt, das Verschwinden ihres 8 jährigen Sohnes aufzuklären. Die Mutter war mit ihrem Sohn in einem Hotel untergebracht. Während sie und ein paar andere Eltern den Abend in feucht-fröhlicher Runde ausklingen ließen, waren die Kinder in einem Zimmer zusammen. Doch am zweiten Abend verschwand eines der Kinder spurlos, weder Kameras noch Gäste des Hotels können der Polizei helfen. Nun sollen die zwei Ermittler der Sache auf den Grund gehen. Ted, der gerade sehnsüchtig den Besuch seiner kleinen Tochter erwartet, versucht den Fall mit seinem Privatleben zu koordinieren, während Amanda mit ihrer "Hau-drauf"-Mentalität für neue Feindschaften sorgt. Der Fall wird immer komplizierter, auch weil die Polizei mit Amanda nichts zu tun haben will. Und wäre das nicht schon genug Zündstoff, sorgen auch mehrere Verdächtige für ein undurchschaubares Geflecht. Wo ist der Junge? Wie konnte er aus dem Hotel verschwinden? Rätsel über Rätsel und jede Menge Hochspannung.
    Fox schreibt immer besser. Wer die Vorgängerromane (auch zu empfehlen ist die Hades-Trilogie) nicht kennt, sollte die unbedingt lesen. Natürlich funktioniert dieser grandiose Roman auch eigenständig, aber das ganze Vergnügen hat der Krimifan erst, wenn er die Vorgeschichte der beiden "Helden" gelesen hat. Allerdings sollte man die vor dem dritten Teil lesen, weil der Band zu viele Spoiler enthält. Wer sich also was Gutes tun will, liest alle drei Bände. Versprochen: es lohnt sich! Fox wurde für ihre Romane nicht ohne Grund mehrfach ausgezeichnet. Allerfeinste Krimikost aus 'down under'
    Lange, H: Wer nix checkt, kann nix ändern!

    Lange, H: Wer nix checkt, kann nix ändern! (Buch)

    3 von 5 Sterne Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern Inaktiver Stern Inaktiver Stern
    06.11.2019

    Keinen Zugang gefunden

    Ich weiß nicht woran es liegt. Am jovialen DU? Am gesetzbuchmäßigen Aufbau des Buches? Oder einfach nur am Schreibstil? Aber ich muss leider sagen, dass ich keinen Zugang zu diesem Buch fand. Der Inhalt ist nicht neu. Selbsterkenntnis, Hinterfragung der eigenen Verhaltungsweisen, Selbstkritik, die Körper-Geistliche-Einheit. All das, was hier steht kann man auch in anderen Büchern dieser Art finden. Nur erschienen mir die immer praxisnaher und anregender. Mir gefällt die Herangehensweise des Autors nicht, obwohl er in Großteilen vollkommen recht hat. Wenn er auch die Selbstoptimierung anprangert, geht es auch in diesem Buch um genau dieses. Teilweise halte ich seine Ratschläge aber auch für falsch. In manchen Situationen rät er dazu, wie ein Halm im Wind zu sein. Andererseits soll man aber ignorieren oder Distanz ergreifen, wenn nötig. Dass der Mensch situationsbedingt reagiert, ist nicht neu. Dies bewusst anzutrainieren ist schwierig, wenn nicht sogar gefährlich. Zu leicht neigt der Mensch dann dazu, die Verhaltensregeln, oder Gesetze wie sie der Autor nennt, nach Belieben anzuwenden. Das führt aber dazu, dass der Mensch weder eigene Stärke entwickelt, noch seine Meinung klar vertritt. Oftmals ist das Buch ein Ratgeber zum "wünsch Dir was". Doch das kann und darf nicht beliebig sein. Wer nicht konsequent ein eigenes Selbstbewusstsein und damit "Rückgrat" aufbaut, wird bei nächster Gelegenheit sich auf andere Ratgeber stürzen und die Lösung seiner Probleme suchen. Zusammengefasst kann man sagen, dass das Buch nichts Neues liefert und in manchen Vorgehensweisen zu gegensätzliche Ansätze liefert. Aber die Psychologie ist ja bekanntlich ein langer Weg.
    Ein Schweinebär im Schlafanzug

    Andreas Langer
    Ein Schweinebär im Schlafanzug (Buch)

    4 von 5 Sterne Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern Inaktiver Stern
    31.10.2019

    Saumäßig gut

    Jule ist mit ihren 10 Jahren schon gefühlt erwachsen. Umso mehr hat sie mit ihrem kleinen Bruder Mitleid, der etwas tollpatschig beim Essen ist und somit von Mama und Papa immer wieder als Schweinebär tituliert wird. In diesem Fall wird der schmuddelige Schimpfname zum bösen Omen. Denn eines Tages geht der Vater in das Kinderzimmer und findet dort tatsächlich einen Schweinebären. Wie mit einem Zauber belegt hat sich der Sohn in dieses Wesen verwandelt, das von den genervten Eltern heraufbeschworen wurde. Jule findet den kleinen Gast sogar richtig niedlich und wird ab diesem Tag einige spannende Abenteuer mit ihrem verwandelten Bruder erleben.
    Herrliches Vor- und Mitlesebuch, dass nebenbei auch die Eltern ermahnt, etwas mehr Geduld mit den kleinen "Schmutzfinken" zu haben. Die Geschichte ist gut verständlich, die Illustrationen kindgerecht einfach gehalten. Abgerundet wird das Ganze durch Mitmachseiten. Hier können die Kinder Rätsel lösen (manche recht knifflig für junge Kinder) und die Zeichnungen ausmalen. Hier setzt mein einziger Kritikpunkt an. Wohl wissend, dass das Buch im Selbstverlag erscheint, wäre eine großformatige Ausgabe für die Kinder besser gewesen. Dann könnten sie sämtliche Bilder, die leider alle farblos gestaltet sind, nachmalen. Das vorliegende Buch ist leider sehr klein. Vor allem jüngere Kinder neigen ja eher zu großflächigem Ausmalen. Positiv ist hierbei, dass die Mitmachseiten auf der homepage des Autors als pdf vorliegen. Nachschub für die Kleinen ist also verfügbar. Zum Suchbild: besser wären gleich große Bilder gewesen, das erleichtert das Vergleichen und Suchen der Fehler.
    Alles in allem ein tolles Kinderbuch, das wie gesagt ein größeres Format verdient hätte.
    In den Klauen des Falken

    In den Klauen des Falken (Buch)

    3 von 5 Sterne Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern Inaktiver Stern Inaktiver Stern
    26.10.2019

    Sex and crime

    Zack Herry ist im fünften Buch der Reihe immer noch auf der Suche nach seiner Identität. Die brennende Frage, wer seine Familie ist, muss aber zurückgestellt werden, als ein junges Mädchen in einer U-Bahnstation ein Massaker anrichtet und Zack das Mädchen erschießen muss. Und als ob das seine Welt nicht schon genug beschäftigen würde, wird eine brutal zugerichtete Leiche gefunden. Dies ist der Auftakt zu einer actionreichen und blutigen Jagd.
    Nun ja, ich versuche möglichst wenig vom Inhalt preiszugeben. Schließlich gibt es Fans, die sehnsüchtig auf den neuen Band gewartet haben. Für meinen Geschmack allerdings ist das Buch zu unglaubwürdig und zu sehr mit Klischees behaftet. Zack hat mehr Sex als James Bond und scheint auch nicht allzu wählerisch zu sein, was seine Partnerinnen betrifft. Dass er auch noch ab und zu den Drogen verfällt und Kontakte ins kriminelle Milieu hat, scheint bei heutigen Thrillern fast schon zum Standard zu gehören. Der krude Mix aus Drogensumpf und Terrorismus wird abgerundet durch übliche Schemata: Einzelkämpferhandlungen der Polizisten, übertriebener Action mit so manchen Logiklücken und Brutalität (in diesem Fall muss mal wieder der oft zitierte Blutadler herhalten). Dass unser "Held" auch noch seinen kriminellen Freund in die Ermittlungen einbezieht versteht sich von selbst. Man kann nur hoffen, dass weder in Schweden noch sonst wo solche Polizisten ihren Dienst versehen und dabei auch noch von der Obrigkeit gedeckt werden. Um sich schießende blinde Polizisten, die auch noch in Außeneinsätzen teilnehmen steigern das Ganze teilweise ins Lachhafte. Unser (natürlich) motorradfahrender Zack (und es ist natürlich eine Hayabusa!) schwankt in dieser Melange immer wieder zwischen besorgtem Gewissen und rachesüchtigen Mordgedanken. Ähnlich geht es auch mir als Leser. Die Grundstory ist gut aufgebaut, raffinierte Wendungen machen das Ganze reizvoll. Doch die genannten Kritikpunkte lassen das Actionrührstück leider etwas ausarten. Zuviel des Guten, leider.
    Fuchsgruber, R: Wer die Wahl hat, liebt die Qual

    Fuchsgruber, R: Wer die Wahl hat, liebt die Qual (Buch)

    3 von 5 Sterne Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern Inaktiver Stern Inaktiver Stern
    10.10.2019

    Flucht nach vorne

    Herr Fuchsgruber ist in der Szene bekannt wie ein bunter Hund. Seine Geschichte ist ja auch zu faszinierend. Da ich selber Läufer bin und seit über 40 Jahren Sport in allen Facetten betreibe, bin ich immer wieder begeistert, was der Mensch zu leisten vermag und welche Kraft er aus Sport beziehen kann. Das darf natürlich nicht darüber hinwegtäuschen, das Extremsport nicht gesund ist. Ein gutes Beispiel ist das Boxtraining: hervorragend, um die Fitness zu steigern. Der eigentliche Kampf ist dagegen eher gesundheitsschädlich. Auch der Autor hat seine ersten OPs hinter sich, Arthrose ist eine Verschleißerscheinung, die sich nicht stoppen lässt und irgendwann kommen auch die künstlichen Ersatzteile an ihre Grenzen. Von den Qualen eines Extremlaufes ganz zu schweigen. Die kommen in dem dünnen Buch, gestreckt durch viele Fotos, leider zu kurz. Wie auch der Rest eher sehr dünn beschrieben ist. Mir wäre ein Buch über ein oder zwei Läufe mit mehr Text dazu lieber gewesen. Obwohl Herr Fuchsgruber damit hausieren geht, wie sehr er einfach das Laufen liebt, ist der Tenor der Platzierung im vorderen Bereich sehr deutlich. Dagegen unterstellt der Autor unterschwellig den Wochenendläufern, dass sie nicht den Sport lieben, sondern die Medaillen. Ich laufe mittlerweile nur noch für mich, liebe ich das Laufen weniger? Nein. Der Autor liebt die Aufmerksamkeit und fühlt sich in seiner Rolle wohl. Nichts dagegen einzuwenden. Allerdings frage ich mich, was aus ihm wird, wenn der Körper wieder streikt und das Laufen nachlässt. Laufen ohne Bestwerte? Man wird sehen. Seine Frau schreibt auch an dem Buch mit, gibt auch sehr intime Gefühle in schwierigen Zeiten preis. Respekt dafür. Aber auch sie läuft letztendlich davon. Wie sie selber sagt, beim Singen und Laufen sind sie glücklich. Aus eigener Erfahrung sage ich, das reicht leider auf Dauer nicht aus. Das sollten sich auch alle Leser zu herzen nehmen, die nach der Lektüre denken "Tschakka" und "Juchuuu", das mache ich auch.
    Zum Stil des Buches: der Autor rühmt sich dafür, dass er bei Sprache pedantisch sein kann. Bei dem Buch war er es leider nicht. "Orga" sagt man bestimmt in seiner Künstlerszene und in Managerkreisen, die keine Zeit haben und hip sind. Der Leser, der viel Geld zahlt, kann darauf verzichten. Genauso wie auf Anglizismus der Art "Anyway". Auch Wortkreationen wie Millijausend (ob die nun einem Dialekt entspringen oder nicht) stören. Auch störend ist orange Schrift auf weißem Papier, liest sich einfach schlecht. Das das Buch aus Einzelkapiteln zusammengeschustert ist, sieht man auch daran, dass zum Beispiel ein Filmzitat in fast gleicher Form auf wenigen Seiten zweimal missbraucht wird, um das machohaftige Harte des Extremläufers zu unterstreichen. Auch der Begriff des wahren Helden ist leicht übertrieben, die Helfer tun nur ihren Job in Regionen, die ansonsten andere Probleme haben, als ein paar Privilegierte im Extremwahn. Diese Kritikpunkte kommen im Buch zu knapp vor, die einseitige Sichtweise des Läufers wird hier deutlich.
    Sport in dieser Form ist nicht für jeden geeignet und nicht die Allheilformel. Auch wenn dies vorher-nachher-Fotos der Läuferin suggerieren sollen, was aber nicht funktioniert. Auch hier gibt das Buch ein zu positives Bild wieder, was aus Sicht der Autoren durchaus stimmig sein mag. Man kann davonlaufen und trotzdem marschieren Schicksal und Leben Hand in Hand immer eine Nasenlänge vor einem ins Ziel uns rufen "Komm, wir haben noch eine Überraschung für Dich!"
    Das notwendige Übel der Produktwerbung versteht sich von selbst, die Sponsoren wollen schließlich eine Gegenleistung. Dem unerfahrenen Sportler sei gesagt, es gibt auch andere sehr gute Produkte anderer Hersteller. Man muss einfach immer wieder probieren. Ich habe zum Teil Laufkleidung, die mich seit 20 Jahren durch die Wüste und das Hochgebirge begleitet, das Markenemblem ist schon lange verwaschen.
    Was bleibt als Erkenntnis? Ein überteuertes Buch mit zu kurzen Beschreibungen interessanter Länder und Läufe mit etwas zu viel Selbstdarstellung. Hilft dem Läufer als Wissensbuch nicht weiter, ist als Wegweiser zu ungenau und wirkt leider etwas auf die Schnelle produziert. Schade.
    Wisting und der Tag der Vermissten

    Wisting und der Tag der Vermissten (Buch)

    5 von 5 Sterne Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern
    09.10.2019

    Einfach nur ein perfekter Krimi

    Was verbinden wir mit norwegischen Krimis? Düstere Stimmung, melancholische Menschen, traumatisierte Opfer und oftmals Ermittler, die mir ihren eigenen Dämonen kämpfen müssen, Ermittler, die an der Flasche hängen oder eine offene Rechnung mit einem Mörder haben. Nicht zu vergessen, brutale Morde, Psychopathen, die sich die kompliziertesten Todesarten für die Opfer ausdenken, um damit ein Jahrzehnte altes Drama zu rächen. Ja, das kommt einem alles so bekannt vor. Achtung: Quasi-Spoiler! Auf all das verzichtet dieses Buch! Spoiler-Ende!
    Man merkt dem Autor an, dass er selber als Kommissar gearbeitet hat. Penibel und ausführlich wälzt sein Charakter Wisting alte Fallakten, liest immer wieder Hinweise und versucht nach 20 Jahren immer noch den geheimnisvollen Code zu entschlüsseln, den damals die verschwundene Ehefrau hinterlassen hat. Der Ehemann wurde damals natürlich verdächtigt, hatte aber ein Alibi. Seither besucht in Wisting einmal jährlich, ein freundschaftliches Verhältnis hat sich entwickelt. Eines Tages taucht ein Beamter einer Cold-Case-Einheit auf und legt neue Beweise vor. Die Technik hat sich weiterentwickelt, der Fall wird neu aufgerollt. Was beginnt, ist eine raffinierte Suche nach Wahrheit, Opfer und Täter. Die Polizei lässt keinen Stein umgedreht, leistet nahezu perfekte Arbeit. Alles was bisher der Lösung im Wege stand, war der Code. Zusammen mit der Presse soll dem Täter eine Falle gestellt werden, er soll zu einem Geständnis getrieben werden.
    Der Leser wird durch die alten Akten und die Methoden der Polizei mit in den Fall gezogen. Das Buch wird zu einem wahren Page-Turner ohne die üblichen Schockeffekte oder haarsträubend konstruierten Motive anderer Bücher. Das ist ein wahres Lesevergnügen, weil nur der Fall im Vordergrund steht. Natürlich haben die Personen des Buches auch ein Leben mit den kleinen oder großen Problemen. Aber das dient im Buch nicht als Mittel zum Zweck. Der Roman wirkt extrem realistisch und nachvollziehbar. Ein ruhiger, fesselnder Kriminalfall, der trotz oder gerade weil die üblichen Actionelemente fehlen, eine ungeheure Spannung aufbaut. All die Leser, die ohne Torturen und Blutfontänen, wilde Schießereien und aberwitzige Zweikämpfe jenseits der Logik, nicht auskommen, werden den ruhigen Roman nicht besonders mögen. Genießer gepflegter und intelligenter Krimikultur umso mehr. Wahrlich einer der besten Krimis des Jahres!
    Hotel Cartagena

    Simone Buchholz
    Hotel Cartagena (Buch)

    2 von 5 Sterne Aktiver Stern Aktiver Stern Inaktiver Stern Inaktiver Stern Inaktiver Stern
    01.10.2019

    Klischees, die bedient werden wollen

    Ich kenne die ersten 8 Bände der Serie nicht. Da aber die Autorin mit diversen Krimipreisen überhäuft wurde, erwartet man als Leser ja schon so einiges. Und das Einige bekommt man auch. Die Grundstory ist raffiniert gestrickt und mit Zeitsprüngen in die Vergangenheit erfährt der Leser das Warum und Weshalb. Spannend und klug inszeniert, keine Frage. Allerdings ist die Besetzung dieses Krimis nicht allzu glaubwürdig und mit vielen tarantinoesken-Winslow-Landsdale-Serie noir und hard boiled -Einlagen ( etwas Bruce Willis nicht vergessen) versehen, die so jedes Klischee abdecken. Beispiel gefällig: was macht der verbitterte Mann, bevor er seinen Plan umsetzt? Genau--Liegestütze..jede Menge, warum auch immer.
    Der spannende Aufhänger einer bewaffneten Truppe, die ein Hotel kapert und jede Menge Geiseln nimmt, lässt viel Spielraum. Dass unter den Gästen zufällig ein paar Kriminaler sind, die einen Geburtstag feiern wollten, erhöht den Spannungspegel. Leider ist das Verhalten der Polizisten nicht sehr glaubhaft. Sich in einer solchen Situation erst mal an der Bar zu bedienen, zeugt nicht von Professionalität. Wäre im Buch nicht erwähnt worden, dass es sich bei der Gruppe um Polizisten handelt, hätte man auch von einer Bande Kleinkrimineller, Zuhälter oder abgesoffenen Künstler ausgehen können. Dann unsere Hauptdarstellerin. Eine Staatsanwältin mit dem Vornamen Chastity (Keuschheit--was natürlich nicht passt), die zunächst damit beschäftigt ist, alle Männer (egal ob Geisel oder Gangster) darauf abzuprüfen, ob er sextauglich wäre. Sex mit Kollegen, bzw. Polizisten, scheint auch eines der Hauptsorgen der Anwältin zu sein. Ehrlich jetzt? Sind das die Gedanken einer Anwältin bei einer Geiselnahme? Egal wie abgebrüht sie auch erscheinen soll, unglaubwürdig. Ähnlich verhält es sich mit der Geburtstagsgruppe. Teile davon hatten oder haben ein Verhältnis mit der zügellosen Anwältin. Und natürlich gehören auch Polizisten dazu, die mit dem Sex ihre persönlichen Traumata bekämpfen wollen...usw. und so fort. Dass dann diese Profis im Kopfe zuerst die Rettung der gefährdeten Anwältin haben und sogar schießwütige Alleingänge planen, ist klar. Die begehrte Frau wiederum wird von einer angehenden Blutvergiftung geplagt, was ihre Gedanken immer wirrer werden lässt. Der Teil des Buches kann als künstlerisches Geschick..oder eher als Quatsch gedeutet werden, wie man mag. Problem dabei ist, dass der Leser mit keiner Figur sympathisiert, außer mit einem "Bösewicht" aus diversen Gründen. Die Personen sind leider mit Masse nicht glaubhaft. Genreübliches Psychodrama trifft Machismus in der eine harte Frau sich zu behaupten weiß …gähn.
    Leider hat man ähnliches schon oft gelesen, nur besser. Wie gesagt, die Autorin schreibt gut und entwickelt eine spannende Grundstory. Die Personen um die Anwältin sind allesamt ein einziges großes Klischee.
    Lombardo, C: Der größte Spaß, den wir je hatten

    Lombardo, C: Der größte Spaß, den wir je hatten (Buch)

    4 von 5 Sterne Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern Inaktiver Stern
    20.09.2019

    Ein Kompromiss namens Familie

    Warum sollte man eine 700 Seiten lange Familiengeschichte lesen wollen? Weil man überzeugter Familienmensch ist? Oder weil man sich es mit der Familie noch einmal überlegen sollte? Beides findet seine Berechtigung. Aber vor allem sollte man das Buch lesen, weil es grandios geschrieben ist. Beim Lesen der Geschichte um die ziemlich privilegierte Familie ist man immer wieder erstaunt um den psychologischen Weitblick der Autorin und ihre feine Beobachtungsgabe. Das soll ein Erstlingsroman sein? Chapeau! Die Autorin erstellt ein außergewöhnliches Psychogramm der liebenden Eltern und den vier komplett unterschiedlichen Töchtern, die bis auf ihr gutes Aussehen nicht viel gemeinsam zu haben scheinen. Das Buch beginnt mit einer Hochzeitsfeier und zeigt die Eltern als dauernd verliebtes Paar. Das wirkt schon fast so kitschig, dass man das Buch in die Ecke "romantischer Frauenroman" verbannen will. Doch dann springt das Buch raffiniert zwischen Gegenwart und Vergangenheit hin und her. Es werden all die Klippen des Familien- und Ehelebens gezeigt, die das Ganze zu einem immerwährenden Drahtseilakt macht. Weder Geld noch Schönheit lassen Schicksalsschläge und dunkle Geheimnisse verhindern. Und trotzdem schwebt über allem die Hoffnung, dass Liebe der Klebstoff ist, der alles zusammen hält. Manchmal droht das Buch etwas langatmig zu werden, doch die Erzählweise und die Charaktere halten den Leser gefesselt. Eine bewegende Familiengeschichte mit Höhen und Tiefen, Sonne und Regen. Genau wie das Leben. Und deshalb so lesenswert.
    Naoura, S: Superflashboy/ Geheimnis von Shao-Shao

    Naoura, S: Superflashboy/ Geheimnis von Shao-Shao (Buch)

    4 von 5 Sterne Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern Inaktiver Stern
    20.09.2019

    Muss es immer super sein?

    Ehrlich gesagt hat mich das Buch als Lesestoff vor allem für 8 jährige nicht begeistert. Nun gut, die Story ist austauschbar: kleine Kinder als Helden retten die Welt vor Schurken. Das sieht man ja leider fast täglich in grell-bunten Comicsendungen im TV. Ich frage mich nur, warum es immer Superhelden sein müssen? Noch dazu mit dem Kontext, dass man so dem "bösen" Leben entfliehen kann. Da ist Luftverschmutzung und zerfallene Infrastruktur nur noch halb so schlimm. Der unangenehme Zahnarztbesuch erledigt ein Roboter. Hilft man Kindern mit dieser Art der Verdrängung? Um beim Einstiegsalter von 8 zu bleiben: zu viele Anglizismen! Für ältere Kinder mag das leichter zu verstehen sein. Auch die actionlastigen Sequenzen oder die waffenstarrenden Abschnitte sind in der heutigen Zeit leider das Mittel der Wahl, um die kleinen Leser bei Laune zu halten. Mir und dem Nachwuchs war das ganze Buch etwas zu viel des Guten.
    Du bleibst mein Sieger, Tiger

    Maxim Leo
    Du bleibst mein Sieger, Tiger (Buch)

    5 von 5 Sterne Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern
    08.09.2019

    Selbstfindung

    Am allerbesten kommt das kleine Büchlein, wenn man (PartnerIn) es sich gegenseitig vorliest. Gesteigerter Tränenfluss ist sicher! Mal wieder beschreiben die Autoren treffend das Älterwerden. In jeder Geschichte findet ein kleiner Selbstfindungsprozess statt. Neid auf das freie und unbekümmerte Leben der Jugend, Selbstfindungsbestrebungen der Partnerin (oder des Partners), kleine Zipperlein als "bevorstehende Todesursache" oder das zum Event ausartende Grillvergnügen mit Freunden an der überdimensionierten Outdoorküche! Ach ja, kennen wir doch alle! Und da die Geschichten alle leicht überzeichnet werden, kann man sich als Leser beruhigt zurücklehnen und sich selbst einreden "na so schlimm ist es bei mir aber nicht". Witzig, kurzweilig und treffend. Der Mittelteil mit den Tipps hätte meiner Meinung nach wegfallen können, aber das ist ganz persönlicher Geschmack. Freu mich auf Band 3!
    Letzte Rettung: Paris

    Letzte Rettung: Paris (Buch)

    3 von 5 Sterne Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern Inaktiver Stern Inaktiver Stern
    29.08.2019

    Und was bleibt?

    Dieses kleine Buch zu besprechen, ohne nicht allzu viel zu verraten, ist nicht leicht. Ich werde es trotzdem versuchen. In der ungewöhnlichen Familiengeschichte spielen eine Witwe, ihr Sohn und ein Kater, der die Seele des verstorbenen Mannes beherbergt, die Hauptrollen. Im Laufe der Geschichte kreuzen mehrere Personen die irrwitzige Bahn der Mutter-Sohn-Allianz, die versuchen, das Vermögen des ungeliebten Toten auf den Kopf zu hauen. Als das Geld tatsächlich knapp wird, reisen die drei mit dem Schiff nach Europa und wollen in Paris den Rest des Geldes ausgeben. Nach un nach erfährt der Leser mehr über die Familie und den Kern der Katze. Allerdings bleiben viele Fragen offen. Nur unzureichend werden die Familienverhältnisse vor dem Tod des Mannes erläutert. So bleibt es dem Leser, zu erraten, was den Wunsch ausgelöst hat, das ganze Vermögen aufzubrauchen. Skurril trifft es sehr gut, allerdings auch nachbetrachtend nichtssagend. Das Buch hat teilweise wundervollen Humor, kratzt aber nur an der Oberfläche der Personen und endet sehr unbefriedigend. Was letztendlich der Sinn des Ganzen war, erschließt sich nicht. Für eine tiefgreifend poetische Psychostudie fällt das Buch zu blutleer aus, eine Liebesgeschichte wird angerissen, die Familientragödie geht nicht wirklich zu Herzen. Daraus hätte mehr werden können. Abschnitte wie eine illustre Seancengesellschaft heitern auf und lockern das Buch auf. Aber der große Wurf ist damit nicht geglückt.
    Lansdale, J: Wilder Winter

    Lansdale, J: Wilder Winter (Buch)

    5 von 5 Sterne Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern
    12.06.2019

    Kurz, Knackig, Kultig

    Die beiden Helden der Geschichte könnten gar nicht unterschiedlicher sein. Das beginnt beim Äußeren und endet bei der Lebenseinstellung. Und so, wie sich die Beiden mit dummen Sprüchen "kloppen", könnte man sie auch für ein altes Ehepaar halten. Aber wenn es hart wird, halten sie zusammen wie Pech und Schwefel.
    Hap bekommt eines Tages von seiner Ex einen Tipp, wie man an schnelles Geld kommen könnte. Obwohl Leonard skeptisch ist, begleitet er seinen Freund auf der Suche in den kalten Sümpfen. Die Truppe, die sich um das Duo gesammelt hat ist eine sehr bunte Mischung von Glücksrittern und fundamentalistischen Weltverbesserern. Dass das in Streit ausartet, ist klar. Doch das Geld, bzw. die Möglichkeit der Existenz desselben, schweißt zusammen. Und tatsächlich wird etwas gefunden. Doch damit beginnen erst die richtigen Probleme....
    Das Buch ist kurz, eignet sich für eine lange Zugfahrt oder einen gemütlichen Nachmittag im Liegestuhl. Und da es Suchtpotential hat, legt man das Buch auch nicht vor der letzten Seite weg. Die Handlung könnte einem Tarantinofilm entsprungen sein. Es gibt knackige Dialoge und heftige Action. Das ist verdammt gute Krimiunterhaltung und der Auftakt zu einer tollen Krimiserie. Das Buch erschien bereits 1990 und wurde nun neu aufgelegt. Aber keine Angst, das ist weder altmodisch, noch aus der Zeit gefallen. Ganz im Gegenteil, davon könnten sich manche Autoren moderner Krimis noch eine Scheibe abschneiden. Langweile kennt dieser Hochgeschwindigkeitszug mit den beiden durchgeknallten Lokführern nicht.
    10 Stunden tot

    10 Stunden tot (Buch)

    3 von 5 Sterne Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern Inaktiver Stern Inaktiver Stern
    06.05.2019

    Der übliche Genremix

    Ahnhem tut das, was seine Leser fordern, er liefert einen Schwedenkrimi mit den üblichen Zutaten ab: Ermittler, die persönliche Probleme oder Traumata zu bekämpfen haben, verschiedene Handlungsstränge um zumindest den Anschein einer spannenden Handlung zu erzeugen und natürlich brutale Morde eines perversen Killers. Was mich zunächst störte, ist der eindeutige Serienbezug. Das heißt, ohne die vorherigen Bände zu kennen, tut man sich etwas schwer, alle Zusammenhänge oder Anspielungen zu verstehen. Der nächste Nachteil einer Serie: es muss eine Steigerung da sein, sonst wird es irgendwann langweilig. Nicht ohne Grund wird der neue Fall als der härteste für die Hauptperson bezeichnet. Ich vergleiche das gerne mit einer bekannten Horrorserie im Kino: der erste Teil war klasse, weil sich alles in einem Raum mit zwei Personen und einer Säge abspielte. Die Nachfolger mussten immer ausgefallenere Todesarten, Maschinen und mehr Opfer haben, um das Publikum zu befriedigen. In der Buchserie ist das ähnlich. Der Autor will schließlich fast 500 Seiten füllen. Da reicht der rechtsextreme Ausflug der Handlung oder sich rivalisierende Polizeibeamte auf Dauer nicht aus. Immer wieder wird ein brutaler und abscheulicher Mord eingefügt. Damit das Ganze so richtig fies wirkt, sucht sich hier der Mörder mithilfe eines komplizierten Würfelspiels die Opfer zufällig aus. Das wirkt zwar auch teilweise konstruiert, aber zumindest ist es ausreichend originell, um kurze Zeit zu fesseln. Logiklücken, wie zum Beispiel Beamte die auf eigene Faust agieren oder sogar selbständig im Kollegenkreis ermitteln, werden dadurch allerdings nicht besser. Aber irgendwie soll ja schließlich Spannung erzeugt werden. Merke: ein guter Krimiautor schafft es mit einem "gewöhnlichen" Mord und einer guter Story einen tollen Roman zu schreiben. Wer diese Fähigkeit nicht hat, setzt auf Effekte und Schockmomente oder versucht auf Stieg Larssons Spuren zu wandeln. Leider gibt es von diesen Büchern mittlerweile zu viele, beliebig austauschbar und letztendlich ohne wirklichen Wiedererkennungsfaktor. Ein weiteres Problem dieser Machart: irgendwann läuft sich eine solche Serie "tot", weil es einfach keine Steigerung mehr gibt. Dann wiederholen sich nur noch ganze Bücher und der abgestumpfte Leser verschlingt eingelullt die Massenware. Was wahre Krimifans an diesen Büchern auch missen, ist die Möglichkeit, den Fall mit Spürsinn zu lösen. Ein beliebtes Stilmittel ist es leider mittlerweile, einfach eine Lösung aus dem Hut zu zaubern, die ohne Hinweise aus dem nichts geliefert wird (also z.Bsp. ein absolut unverdächtiger Täter, der ein Kindheitstrauma nicht verarbeitet hat und nun Menschen meuchelt. Kommt bekannt vor, oder?).
    Also Fazit: das Buch wird von Fans der Serie sowieso gelesen. Alle Anderen finden besseres auf dem Markt. Durchschnittliche Thrillerunterhaltung mit Spannungsmomenten, aber leider auch den oben beschriebenen Mängeln.

    Bevor jetzt wieder auf allen möglichen Wegen Proteste gepostet werden: dies ist eine persönliche Rezension, basierend auf eigenem Geschmack und mehreren hundert, eher tausend gelesenen Büchern. Also: lesen, hinnehmen oder ignorieren.
    Die große Heuchelei

    Die große Heuchelei (Buch)

    4 von 5 Sterne Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern Inaktiver Stern
    02.04.2019

    Der ewige Mahner

    Der Autor bereist seit 50 Jahren die Welt und seine Krisengebiete, sein Wissen und seine Kenntnisse der Zustände vor Ort sind vermutlich sehr selten zu finden. Bei seinen Reisen, oft von seinem Sohn begleitet, spricht er mit allen Parteien. Ob westliche Politiker oder IS-Führer, erkennt sie alle. Das ist beeindruckend und erstaunlich zugleich. In vielen Büchern hat er berichtet. Vor allem sein Wandel vom Politiker zum Mahner wird darin immer wieder deutlich. Auch in seinem neuesten "Reisebericht" von den Fronten dieser Welt klagt er in unzähligen kleinen Abschnitten, geradezu mosaikartig reiht er seine Erlebnisse aneinander, über die Grausamkeiten (vor allem der westlichen Welt). Dabei macht er auch kleine Exkurse in die Bibelgeschichte, vergleicht (ob angebracht oder nicht, muss der Leser entscheiden) Grausamkeiten des Koran mit dem heiligen Buch der Christen. Ohne Frage sind viele Kriege auf Religionsfragen beruhend, wenn auch der Autor schreibt, dass nicht Religion tötet, sondern die Menschen. Und auch wenn der Autor Verbrechen östlicher Länder oder des IS an den Pranger stellt, schlägt das Pendel eindeutig in eine Richtung. Der Westen, seine Politiker und seine Medien, die waffenstrotzende USA und die verlogenen Europäer, die seit Jahrhunderten andere Länder ausbeuten, sind das Feindbild des Autors. Obwohl er beteuert, dass dies nicht so sei. Meiner Meinung ist dies trotzdem zu kurz gesprungen. Natürlich kennt er die Brutalität des Krieges aus nächster Nähe. Natürlich weiß er, was Drohnen verursachen. Am Kernproblem geht aber auch er vorbei. Egal welcher Nation oder Religion angehörend: der Mensch ist letztendlich ein grausames Tier, dass letztendlich seine Ziele mit Gewalt durchsetzt. Und je mehr Macht der Mensch zu haben scheint, umso bereitwilliger lässt er die Konkurrenz seine Brutalität spüren. Urvölker im Amazonas bekriegen sich bei Bedarf bis aufs Blut. Herrscher, egal woher, festigen ihre Macht und vergrößern sie mit Gewalt. Das war schon immer so. Mag sein, dass unsere Welt heuchlerischer geworden ist. Massenmedien erlauben es allen Seiten, Meinungen zu manipulieren. Ob darin der Westen führend ist, weil er "noch" einen Technologievorsprung hat, mag sein. Ob gut gemeinte mahnende Bücher eines politisch Reisenden dies ändern werden, darf bezweifelt werden. Lehrreich, aufrüttelnd, informativ und zum Nachdenken anregend sind diese Bücher alle Mal und deshalb unverzichtbar. Den nichts ist schlimmer als zu wenig, oder zu einseitige Information.
    Zukunft - Eine Biografie

    Zukunft - Eine Biografie (Buch)

    2 von 5 Sterne Aktiver Stern Aktiver Stern Inaktiver Stern Inaktiver Stern Inaktiver Stern
    09.03.2019

    Zu viel des Guten

    ..oder eher zu wenig? Auf zweihundert Seiten eine mehr als tausendjährige Geschichte zu behandeln, ist eine verwegene Aufgabe. Zudem der Titel eher trügerisch ist. Viel weniger werden Zukunftsvisionen und ihre Auswirkung besprochen (was ich eigentlich erhofft hatte, also welche Auswirkungen haben Forschergeist oder bahnbrechende Erfindungen), sondern über dutzende Seiten der Glauben der Menschheit und ihr Versuch, auf verschiedenste Arten die Zukunft zu deuten. Das ist natürlich interessant. Doch um dieses Thema wirklich umfassend zu behandeln, ist das Buch zu kurz. Was daraus wurde, ist ein Parcours-Ritt durch die Geschichte. Ereignisse werden schlaglichtartig aneinander gereiht, ohne die Hintergründe ausreichend zu belichten. Wer also mit Geschichte gar nichts am Hut hat, wird resigniert das Buch zuklappen. Interessierte werden bestimmt viel erkennen, vermissen aber die Tiefe. Und wer nun wirklich etwas über die Zukunft und deren Bedeutung für die Menschheit erfahren will, sucht vergeblich. Weniger wäre hier mehr gewesen. Die Errungenschaften der Neuzeit, die meiner Meinung mach viel zukunftsprägender waren, als hunderte Jahre langes Sternelesen oder Leberschauen, kommen ebenfalls viel zu kurz. Was bleibt, ist eine rasante Geschichtsstunde, die allerdings nicht viel zum Thema beiträgt. Schade.
    Lola

    Lola (Buch)

    5 von 5 Sterne Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern
    09.03.2019

    Grau in all seinen Schattierungen

    Candice Fox und Don Winslow haben Konkurrenz bekommen. Scrivner Love schreibt fesselnd, authentisch und zwingt den Leser dazu, eine Seite nach der anderen zu verschlingen. Und nebenbei hat sie eine ambivalente Anti-Heldin geschaffen, die man trotz ihren unfraglich verbrecherischen Lebens ins Herz schließt. Lola schwankt stets zwischen Loyalität, Familienzusammenhalt und der Gier nach Anerkennung als Chefin einer Gang. Dies darf aber zunächst niemand wissen, sie handelt im Hintergrund. Niemand ahnt, dass nicht ihr Freund mit dem üblichem Machogehabe die Bande anführt, sondern die zierliche Frau. Eines Tages bekommt die Gang den Auftrag, einen Drogendeal der gegnerischen Seite zu verhindern. Doch das geht gehörig schief. Nun droht das Kartell mit Lolas Tod, wenn nicht Drogen und 2 Millionen Dollar wieder auftauchen. Es beginnt ein Wettlauf mit der Zeit und ein Katz und Maus-Spiel zwischen den Parteien. Lola ist gezwungen, sich aus dem Schatten zu bewegen und setzt alles auf eine Karte.

    In dem Buch verwischen die Grenzen zwischen Gut und Böse perfekt. In einer Minute versucht Lola, ihre Familie zu beschützen, in der anderen wird sie zur eiskalten Killerin. Dunkelstes Grau schwebt über der Geschichte, die zwar brutal, aber nicht vor Blut triefend ist. Gewalt findet statt, dient aber eher zur Verdeutlichung der Situation der Kriminellen. Wie im Fluge vergeht das Mitfiebern mit Lola und der Leser erlebt einen der besten Thrillerdebüts der letzten Zeit. Diese knallharte Lola mit dem großem Herz hinterlässt einen bleibenden Eindruck.
    76 bis 100 von 101 Rezensionen
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