Naiv und unrealistisch
Der Autor, ein Youtuber, Weltraum-Jurist und Versicherungscoach, weiß zu verkaufen. Das Buch, das mit dem Titel bereits den Weg vorgibt, gibt all denjenigen Lesern Futter, die daran glauben, dass die Probleme der Welt bestimmt von irgendwem irgendwie gelöst werden. Deshalb wird im Buch auch ein Elon Musk zitiert, der glaubt, dass durch die Erschließung des Alls das Aussterben der Menschheit verhindert wird. Der Autor preist an, wie viel die Menschen in den letzten Jahrzehnten erreicht haben. Und in 50 Jahren haben wir in der Vision des Autors erste Kolonien auf dem Mond und Mars. Bis dahin haben wir auch sämtliche Umwelt- und Energieprobleme dank der Raumfahrt gelöst. Dass wir in den letzten Jahrzehnten Unendlichkeitschemikalien, Mikroplastik in unvorstellbaren Mengen und ein nie dagewesenes Artensterben verursacht haben, wird nicht erwähnt. Nein, laut dem Autor leben wir momentan in einer der besten Zeiten. Dass Milliarden von Menschen kein reines Trinkwasser haben, Kriege wüten und wir daran arbeiten, die Trennung der Menschen zu beschleunigen, hey..um in der Sprache des Astro-Tims zu bleiben..halb so wild. In 50 Jahren ist das alles geklärt, mit Hilfe von KI, Minireaktoren und Fusionsanlagen auf Basis von Helium 3. Mir als Wissenschaftler biegen sich da die Fußnägel nach oben, es gibt weder machbare Lösungswege, noch Hinweise, dass diese Verfahren in wenigen Jahrzehnten ausreichend funktional sind. Um nur das Beispiel der Kernfusion aufzugreifen, die in vielen dieser Visionen der Besiedlung des Weltalls als die Energieform gilt, werden Kernphysiker, was Ruster definitiv nicht ist, bestätigen, dass eine Helium 3-Fusion ca. 100 mal langsamer ablaufen würde, als eine Tritium-Fusion, deren Umsetzung noch Jahrzehnte auf sich warten lassen wird. Zudem würde bei Helium 3 ein Neutron entstehen, also insgesamt ist diese Fusion mit mehr Problemen behaftet, als die Tritiumfusion. Dieses Beispiel soll zeigen, auf welche Weise der Autor vorgeht. Er nimmt wissenschaftliche Erkenntnisse und Errungenschaften, diese aufzureihen ist kein schwieriges Unterfangen, und bastelt daraus eine rosige Zukunftsvision, ohne greifbare Erklärung, wie das umzusetzen sei. Solarsegel, Weltraumtaxis, Terraforming, all das findet natürlich seine Erwähnung. Wie aber der Mars zum Beispiel eine atembare Atmosphäre bekommen soll und wie die Strahlenbelastung wirklich effektiv in den Griff zu bekommen sei, das kann natürlich auch der Autor nicht erklären. Beim Blick in die ganz ferne Zukunft wird es absolut unrealistisch. Schwarzlochreaktoren und Reisen durch Wurmlöcher, da braucht man nicht viel Physikstudium, um den Kopf zu schütteln. Das Buch erklärt einfach, keine Frage. Und wer von Wissenschaft kaum Ahnung hat und die auch nicht haben will, wird damit keine Probleme haben. Alle, die aber ein wissenschaftlich fundiertes und seriöses Buch lesen wollen, können hier dankend ablehnen. Hätte der Autor auf seine lockeren Sprüche alle paar Sätze verzichtet, wie verschütteter Tee auf dem Mond, wäre das Buch noch deutlich dünner geworden. Traurig stimmt, dass der Autor in 50 Jahren sieht, das der Mensch durch den Blick aus dem All erst erkennt, wie zerbrechlich und schützenswert diese Erde ist. Da in seiner Vision 1000 Menschen dann auf dem Mond leben sollen, wie auch immer die Auswahl stattfindet, dürfte dieser kleine Teil der Menschheit keinen großen Eindruck auf die Milliarden von Erdenbürger haben, die sich hier unten mit den wachsenden Problemen herumschlagen. Bilder von der Erde gibt es schon lange, die Zerbrechlichkeit der Erde ist schon lange bekannt, nur tut sich nicht viel in Sachen Rettung dieser. Ich persönlich bin der Meinung, dass man erst die Probleme vor Ort lösen sollte, bevor man Utopien entwickelt, die weder finanzierbar, noch umsetzbar sind. Die Besiedlung des Weltalls kann nicht die Rettung der Erde sein, im besten Falle wäre sie eine Flucht. Aber wollen wir das? So ist das Buch ein freudestrahlendes Stück Science fiction, mehr nicht.