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    2. Alle Rezensionen von Murksy bei jpc.de

    Murksy

    Aktiv seit: 09. März 2019
    "Hilfreich"-Bewertungen: 12
    91 Rezensionen
    Ein Mann der Kunst Kristof Magnusson
    Ein Mann der Kunst (Buch)
    12.08.2020

    Entlarvende Nabelschau

    KD Pratz ist ein schwieriger Künstler. Hoch angesehen, doch unangepasst, lebt er zurückgezogen in einer Burg. Da ihm nun ein Museumsanbau gewidmet werden soll, bemüht sich ein Förderverein um ein Treffen. Den Spießbürgern gelingt es tatsächlich, einen Termin zu vereinbaren. Die Zusammenkunft wird aber alle Teilnehmer verändern. Die selbstgerechte Welt der Kunst und sogenannten Kunstversteher wird sanft, aber humorig an den Ohren gezogen. Die Einbildung, Kunst für sich einnehmen zu können wird genauso widerlegt, wie der über den Dingen stehende Künstler, der letztendlich auch nur ein Menschlein bleibt. Leider bleiben alle Teilnehmer zu weltfremd und fern der wahren Probleme da draußen. Sie verbleiben in ihrer heilen Kunstwelt und fabulieren weiterhin in ihrer Abgehobenheit. Etwas mehr Sozialkritik wäre wünschenswert gewesen.
    American Spy American Spy (Buch)
    01.08.2020

    Im Sumpf der Geheimdienste

    Nur knapp entgeht eine Frau einem Mordanschlag. Im Laufe der Geschichte, die quasi als Brief ihren Kindern gewidmet ist, erzählt die Frau, wie es dazu kam. In der Zeit vor- und zurückspringend, wird so nach und nach der komplexe Fall einer Spionagetätigkeit aufgebaut. Man erfährt die Beweggründe der Frau, zunächst beim FBI zu arbeiten und sich dann als Agentin an einen afrikanischen Präsidenten zu heften.
    Die Handlung ist kompliziert. Wer nicht genau mitliest, wird sich schwer tun, alles zu verstehen. Dies lässt sich an anderen Rezensionen gut beobachten. Wer sich darüber beschwert, bestimmte Abkürzungen nicht zu kennen, hat das Buch nur oberflächlich gelesen. Alle anderen bekommen ein Musterbeispiel davon, wie sich die Großmächte gegenseitig bekriegen und wie einzelne Personen sich in Machtspielchen suhlen. Nennt man es nun Neokolonialismus oder einfach nur kalter Krieg: die Perversion des Vorgehens ist auf allen Seiten gleich. Verrat und Lüge sind Programm, Menschen sind Schachfiguren und beliebig austauschbar. Die Hauptfigur des Romans scheint zunächst vielleicht noch aus Idealismus (und einem ganz bestimmten persönlichen Grund) zu handeln, muss dann aber erkennen, dass es kein schwarz und weiß gibt. Das Buch geht tiefer als gewöhnliche Spionageromane, ist teilweise auch die psychologische Aufarbeitung eines Familienschicksales. Wer einen mörderischen Reißer sucht oder wilde Action bevorzugt, ist hier falsch. Das Buch fordert Aufmerksamkeit und rudimentäres Interesse für Politik, sonst erscheint es vielleicht langweilig und zu schwierig. Vergleiche mit John Le Carre hinken und sind wohl eher dem Marketing geschuldet.
    Verschollen in Palma Verschollen in Palma (Buch)
    29.07.2020

    Zäh wie Leder

    Kallentoft kann schreiben. Ja. Aber hier vergeudet er sein Talent in einem Krimi, der an Langweiligkeit kaum zu überbieten ist. Kallentoft füllt seine Seiten auch geschickt damit, seine Wahlheimat Mallorca zu beschreiben. Ein Grund, warum ich lokale Krimis nicht besonders mag. Ich will nicht jeden Wegnamen beschrieben haben, Sehenswürdigkeiten oder Cafes genannt haben, die mit der Geschichte nichts zu tun haben. Da kaufe ich mir dann einen Reiseführer. Aber dies ist hier nicht das Problem. Im mit Anglizismen vollgestopften Roman (ist wohl die In-Sprache auf Mallorca?) versucht ein Vater seine verschwundene Tochter zu finden. Was Kallentoft daraus entwickelt ist ein Psychodrama um einen gequälten Vater, der auch Jahre später immer noch rufend durch die Wälder streift (ob das glaubwürdig ist, lässt sich anzweifeln). Leider ist diese Geschichte in ähnlicher Form schon dutzende Male in Filmen und Büchern verarbeitet worden und wird hier auch nicht in wirklich neuem Gewand erzählt. Vielmehr ist der von seiner Frau verlassene Mann der Einzelkämpfer, der gegen vielfältige Mauern rennt. Klischeehaft als Beispiel angeführt: die Polizei! Das totgetretene Bild der korrupten südländischen Polizei langweilt den Leser und reiht sich ein in unzählige Bücher dieser Art. Aus dem Krimi hätte ein spannender Roman werden können. Aber weder wird Nähe zu den betroffenen Personen aufgebaut, noch gibt es überraschende Wendungen. Und das stilistische Hilfsmittel, Sätze nach einem Komma zu beenden, runden das eckige Bild ab. Nicht mein Fall und ich werde kein Freund der angekündigten Serie.
    Alter Hund, neue Tricks Adrian Mckinty
    Alter Hund, neue Tricks (Buch)
    24.07.2020

    Gut wie alter Whiskey

    DI Duffy hat seinen letzten Fall eigentlich schon gelöst. Nun dient er als Teilzeitreserve bei der Polizei, um seine Pension in voller Höhe zu bekommen. Eines Tages soll er wegen Personalmangel einen scheinbar einfachen Mordfall übernehmen. Doch Duffy wäre nicht Duffy, wenn es beim einfachen Fall bliebe. Schnell erkennt er, dass der als missglückter Autoraub getarnte Mord, ein raffiniert ausgeführtes Verbrechen ist. Zusammen mit seinem alten Kollegen Crabbie macht er sich auf die Jagd. Denn eines mag Duffy gar nicht: wenn man ihn für dumm hält. Der belesene, Schallplatten und Whiskey liebende, Polizist im Beinaheruhestand schiebt seine Zeit mit der Familie in Schottland noch etwas auf und kommt einer großen Sache auf die Spur. Dabei tritt er nicht nur seinen Vorgesetzten vor das Bein, sondern gerät in Lebensgefahr.
    Wie immer schreibt McKinty intelligent und mit Humor. Sein Duffy glänzt durch eine unkonventionelle Art, messerscharfen Verstand und die nötige Gelassenheit, um im Irland der 90er Jahre zu bestehen. Man muss kein Geschichtskenner sein, wer allerdings um den Irlandkonflikt weiß, hat noch mehr Vergnügen an der politischen Seite des Thrillers. Zum running gag wird der Blick der Polizisten unter das Auto, Sprengsätze gehören zur Tagesordnung. Da die große Zeit des Internets erst beginnt, ermitteln die Polizisten noch auf altmodische Art und gewöhnen sich nur lakonisch an den Fortschritt. Duffy gibt sich hier herrlich dickköpfig, erzählt den Fall aus seiner Sicht und spricht indirekt sogar mit seiner Leserschaft (nach dem Motto: Sie kennen mich!). Schmunzelnd begleitet man Duffy auf seiner Suche durch die Gefilden der irischen Parteien und bekommt nebenbei noch vorzügliche Musiktipps geliefert. Wohltuend ist der Abstand zu den alten Fällen. Natürlich werden diese teilweise erwähnt, sind aber für den vorliegenden Thriller nicht zwingend. Mir hat das Buch wieder großen Spaß gemacht und ich hoffe, dass Duffy nicht ganz im Ruhestand verschwindet.
    42 Grad 42 Grad (Buch)
    02.07.2020

    Warum denn nur?

    Vor meiner Rezension weise ich darauf hin, dass ich zur Begründung meiner Kritik einige Details des Inhaltes nennen werde. Zunächst zum Buch und der Geschichte.
    Die Klimaerwärmung schreitet voran, eine ungewöhnlich starke Dürreperiode trocknet Europa aus. Wasser wird noch wertvoller und knapper, doch zunächst hält sich die Besorgnis in Grenzen. Drei unterschiedliche Personen (ein Wasserexperte, ein Hydrologe und eine IT-Spezialistin) sind sich der Dramatik bewusst und wollen die Behörden und zuständigen Stellen warnen. Allerdings stoßen sie da eher auf Unverständnis. Hier kommt schon der erste Kritikpunkt. Bei all den Anzeichen, Wassermangel, Hitze und austrocknende Flüsse bin ich mir sicher, dass auch die Behörden hellhörig werden würden. Dass die genannten drei Personen im Laufe des Buches so ziemlich die einzigen sein werden, die wirklich etwas tun und sogar der Polizei die notwendigen Tipps geben, ist sehr klischeehaft gezeichnet. Behörden versagen, ein paar heldenhafte Zivilisten retten die Welt...puh, sehr stumpf. Zugegeben, oftmals mag die Politik und die Exekutive versagen, aber derart hilflos und blind, wie hier teilweise dargestellt, ist schon absurd. Im Laufe der Entwicklung stellt sich heraus, dass die Klimakrise von bösen Mächten ausgenutzt wird, um Chaos zu verbreiten und politische Ziele (der üblichen Verdächtigen) durchzusetzen. Und hier ist die IT-Spezialistin scheinbar die einzige Person, die Datenbanken richtig untersuchen kann und die entscheidenden Hinweise findet. Sämtliche Abschirmdienste und Polizeikräfte scheinen dies nicht zu können. Dafür gibt das BKA Ermittlungsergebnisse an Zivilisten weiter, damit die privat ermitteln können..so so. Hier zeigt sich ein großer Schwachpunkt des Buches. Die Figuren sind nicht glaubhaft genug und erzeugen keine Empathie. Beispiel der Kerstin, die von der hoffnungslosen Bäuerin zur tatkräftigen Hilfskraft des THW mutiert. Oder ein Hydrologe, der im alleinigen Tauchgang eine Katastrophe entdeckt (merkwürdig, dass die Behörden eine Absperrung nicht wirklich umsetzen oder auch nicht auf die Idee kommen, selber Taucher zu schicken. Auf der anderen Seite wirft der Autor mit enormen Todeszahlen um sich, die aber merkwürdig kalt lassen. Hier wäre es besser gewesen, immer wieder einzelne tragische Schicksale genau zu schildern. So bleibt die Handlung seltsam gefühlskalt. Das Buch begann hoffnungsvoll als Wissenschaftsthriller mit einigen Daten und Fakten und entwickelte sich immer mehr zum Actionverschnitt der unglaubwürdigen Art. Achtung Spoiler: Ein BKA-Hauptkommissar gibt gegen Ende des Buches den Befehl an Militärjets einen Tanklaster in die Luft zu jagen. Kurz darauf lässt er einen Privatjet mit Hilfe einer Drohne zerstören. Ähem...das ist schon fast peinlich schlecht. Die geplante Verfilmung sehe ich schon mit Schrecken im privaten TV zur prime time laufen!
    Schade, das Buch hat ein wichtiges Thema aufgegriffen, aber daraus wurde ein reißerischer, oberflächlicher Thriller, der bestenfalls dazu dient, Verschwörungstheorien zu unterstützen. 2 Punkte gibt es für die wichtigen Grundlagen der Geschichte und der Hoffnung, dass den Lesern das Thema Wasser näher gebracht wird. Eine Lösung wie am Ende des Buches, dass ein wenig Regen das Problem löst, wird es so nicht geben. Bei einer solchen Dürre müsste es Monate regnen, damit so etwas wie Normalität wieder eintritt. Viel zu kurz kam das Chaos und die verheerenden Zustände in der Bevölkerung. Das haben andere ähnliche Bücher deutlich besser gemacht.
    Der Knochengarten Val McDermid
    Der Knochengarten (Buch)
    09.06.2020

    Die wortgewaltige Serientäterin

    Nahe eines alten Klosters werden jede Menge Skelette gefunden. Die Polizei beginnt mit den Ermittlungen. Parallel wird noch ein anderer Fall aufgerollt; ein scheinbar Unschuldiger sitzt im Gefängnis. Haben die Fälle gar etwas miteinander zu tun? Und werden letztendlich Tony Hill (der momentan im Gefängnis sitzt) und Carol Jordan (arbeitet nicht mehr als Polizistin) wieder zusammen arbeiten? Es gibt viele Fragen und jede Menge Cliffhanger, die den Leser bei Stange halten. Allerdings ist dies der 11. Fall einer Reihe. Und dies macht es dem Neuleser schwer, in die Geschichte zu finden. Für die Autorin ist es natürlich angenehm, wenn über eine lange Zeit ein Universum aufgebaut werden kann und nicht bei jedem Buch neue Figuren erfunden werden müssen. Nimmt man allerdings alle Bezüge auf alte Fälle aus dem neuen Buch raus, wird die Luft schon dünner. Ständig werden alte Erinnerungen wachgerufen, die Figuren graben in der Vergangenheit und nur der Leser, der alle Bände kennt, kommt zu vollem Vergnügen. Das ist wie bei einer Fernsehserie: man steigt nicht am Ende einer Staffel ein, das macht wenig Spaß.
    McDermid ist zum Glück eine gute Erzählerin. Das Lesen macht also vom stilistischen Standpunkt und dem Spannungsaufbau Freude. Leider reicht die Spannung der neuen Geschichte nicht ganz bis zum Schluss. Vielleicht wäre es ganz gut, die Serie zu beenden und etwas neues und frisches zu wagen. Eine gute Autorin und ein mittelmäßiger Roman treiben mich nicht zwingend dazu, die Vorgänger zu lesen.
    Schwestern im Tod Schwestern im Tod (Buch)
    03.06.2020

    Leichenstarre

    Leichenstarre....so oder so ähnlich fühlte ich mich beim Lesen des nicht überzeugenden, klischeehaften und abgekupfertem Roman. Das Einzige, was das Buch noch einigermaßen erträglich macht, ist die unzweifelhaft vorhandene Schreibkunst des Autors. Aber warum muss ein Thriller aus Frankreich so melancholisch und melodramatisch sein wie ein Roman über eine unglückliche Liebe? Denn da funktioniert diese Erzählweise. Bei diesem Krimi erzeugt sie reine Langeweile. Was besonders negativ auffällt, ist das Gebaren des Kommissars. In seinem ersten Fall, in der ersten Hälfte des Buches geschildert, sieht er in jeder Fotografie sofort das geheimnisvoll Böse, ständig scheint die Polizei etwas zu übersehen und eine Vorahnung folgt er nächsten. Wenn jeder Polizist solche permanenten Gedanken hätte, wäre eine Flut von Psychologen nötig, um die geknacksten Seelen zu kitten. Dann erinnert sich der 24jährige Polizist während der Ermittlung an Rechtsvorschriften aus der Ausbildung, wie absurd wirkt hier die Gedankenwelt, niemand denkt so! im zweiten Teil, 25 Jahre später, fühlt der Ermittler dann sogar in seinen Nerven, wenn er beobachtet wird...gähn. Oder er spürt beim Lesen grausiger Literatur förmlich, wie die Temperatur sinkt. Zudem wundert er sich, wie oft das Wort Tod in einem Schauerroman vorkommt. Alles klar! Die Geschichte des Buches findet sich in Dutzend anderen Büchern so oder so ähnlich wieder. Mädchen, die ihre Faszination für einen Star oder Schriftsteller offensichtlich mit dem Leben bezahlen. Ein Autor, der seine Werke als psychoanalytische Abhandlung über die Tiefen der menschlichen Seele sieht und natürlich der Polizei geistig um Längen voraus ist. Als dann Jahre später wieder Morde passieren (natürlich wieder abgekupfert aus den Romanen des besagten Autors) ermittelt wieder unser feinfühliger Kommissar, der aber trotz Todesangst in ein Haus mit entflohenen Schlangen geht...puh. Nächstes Klischee gefällig? Der Fan des Autors, natürlich verdächtig. Der große Unbekannte, der Menschen zu Mord oder Selbstmord treibt? Klar! Und so weiter. Alles schon dagewesen, aber oftmals viel glaubhafter als in diesem Roman, durch den man sich auf der Suche nach Spannung quält. Eignet sich weder als Abhandlung über die Psyche, noch als Buch für Gruselabende. Aber als Einschlafhilfe kommt der Kommissar wirklich gut.
    Brückner, M: Dino Brückner, M: Dino (Buch)
    14.05.2020

    Männerphantasien in Chrom und Leder

    Achtung: Buch gibt es auch als "#crashtag"

    Dei Geschichte spielt in ganz naher Zukunft, autonomes Fahren ist schon beinahe etabliert, es gibt Windows 12 und die Konzernwelt hat sich verändert. Ein Journalist, der seine besten Tage eigentlich schon hinter sich hat, findet auf einer dubiosen Webseite immer wieder neue Infos zu spektakulären Autounfällen. Für ihn ausreichend Material um seine Stories zu schreiben. Als ausgeprägter Autoliebhaber kennt er sich mit der Materie gut aus. Eines Tages wird er hellhörig, als ein Industrieller bei einem Unfall stirbt. Das Gebiet des Mannes waren Sensoren, die das autonome Fahren erst möglich machen. Als noch ein weiterer tödlicher Unfall passiert, kann es sich nicht mehr um Zufall handeln. Wer steckt hinter den Morden? Und benutzt tatsächlich jemand die Fahrzeuge als Mordinstrumente? Der Steve McQueen-Fan Graber geht der Fährte nach und wittert eine große Story, die ihn endlich wieder bekannt macht.
    Die Grundgeschichte ist durchaus gut, wenn auch nicht ganz neu. Ein netter Kniff ist die Verlegung in die nahe Zukunft, da kann sich der Autor ausleben und die Logik etwas beiseite lassen. Klischees werden zur Genüge verarbeitet: schnelle Autos, böse Industrielle, schöne Frauen und Filmzitate. Ja, der Autor zeigt, was er liebt. Das Problem ist nur, wenn der Leser nicht ganz seine Detailverliebtheit in Sachen Fahrzeuge teilt. Mir waren die Feinheiten etwas zu viel des Guten. Der Fokus hätte mehr auf der eigentlichen Krimistory liegen sollen, die letztendlich doch zu offensichtlich enträtselt wird. Dabei spielt natürlich auch ein obligatorischer Hacker eine Rolle. Die Bösen sind natürlich mit einem überbordenden Ego versehen und erlauben es so dem Journalisten, ihnen immer wieder vom Haken zu kommen. Eher unglaubwürdig und nicht wirklich spannend. Was bleibt, ist ein durchschnittlicher Thriller für Autofans, die es mit der Logik nicht allzu genau nehmen. Zu viele Klischees, zu wenig Innovation. Schade.
    American Dirt Jeanine Cummins
    American Dirt (Buch)
    29.04.2020

    Die Flucht

    Bei einem Massaker wird fast eine gesamte Familie ausgelöscht. Nur Lydia und ihr Sohn können sich im Bad verstecken und überleben den Anschlag eines Kartells. Ihr Mann war Journalist und hat offen über dessen Boss geschrieben. Ausgerechnet dieser Mann war mit der Buchhändlerin Lydia befreundet, die zunächst nichts von der wahren Natur des intelligenten Mannes ahnte. Nachdem Lydia begriffen hat, wer ihr nach dem Leben trachtet, macht sie sich mit ihrem Sohn auf die Flucht. In Mexiko wird sie keine Ruhe mehr finden, das weiß sie. Deshalb gibt es nur einen Weg: nach Amerika. Also begibt sie sich auf die Route mit vielen Gefahren und Entbehrungen, reist mit der "Bestie", dem legendären Zug Richtung Norden und übergibt ihr Schicksal in die Hände eines Schleusers, der für viel Geld Migranten über die Grenze schafft. Es beginnt ein Höllentrip, der Körper und Seele angreift und viele Opfer fordert.

    Entgegen den Befürchtungen, die die Werbung zu diesem Buch geweckt hat ("bewaffnet mit einer Machete!" etc.), handelt es sich weder um einen blutigen Rachethriller, noch um die üblichen Drogenkartellmordorgien, die man aus manchen Filmen und Büchern kennt. Im Nachwort äußert sich die Autorin auch zu ihrer Intension, ein realistisches Bild der Flucht zu beschreiben. Natürlich ist eine solche Flucht brutal. Doch das meiste der Gewalt spielt sich im Kopf des Lesers ab. So ist das einleitende Massaker bereits geschehen und der Leser erlebt die Angst der Frau aus der Versteckperspektive. Umso eindringlicher wirkt das Werk durch diese psychische Anregung der Fantasie. Sehr gut beschreibt die Autorin in hervorragender Erzählweise die Zerrissenheit der Flüchtenden, macht den Zwiespalt zwischen Hoffnung, Panik und Egoismus der Migranten deutlich. Es gibt kein schwarz und weiß. Oft pendeln die Protagonisten zwischen Mitleid und reinem Selbsterhaltungstrieb. Der beeindruckende Schreibstil lässt den Leser die Qualen der Flucht miterleben. Eine besondere Erwähnung verdient hier auch die Übersetzung durch Katharina Naumann. Ein Roman, der unter die Haut geht und bleibenden Eindruck hinterlässt.
    War allerdings der Aufruhr um dieses Buch gerechtfertigt? Amerika war in zwei Lager gespalten. Überbordende Lobeshymnen pushten das Buch in die Höhe. Die Kritik über allzu einseitige Betrachtungsweise befeuerten erneut die Verkaufszahlen. Meiner Meinung nach war das eine wie das andere übertrieben. Das Buch ist sehr authentisch, erzählerisch mächtig, aber nicht politisch genug, um wirklich tief in die Flüchtlingsproblematik einzusteigen. Das Buch rüttelt vielleicht die wach, die mit den Umständen einer solch mörderischen Reise nicht vertraut sind. Andere, die aus Reportagen oder Filmen solche Szenen kennen (oder zu kennen glauben) werden das Buch als gut gemachten Roman annehmen. Die politische Debatte findet außerhalb des Buches statt, muss stattfinden und vielleicht hilft dieses Buch dabei.
    Die Kunst des stilvollen Wanderns - Ein philosophischer Wegweiser Stephen Graham
    Die Kunst des stilvollen Wanderns - Ein philosophischer Wegweiser (Buch)
    29.03.2020

    Der wandernde Philosoph

    Die Neuveröffentlichung des Klassikers aus dem Jahre 1926 befasst sich in 26 Kapiteln mit der Kunst des freigeistigen Wanderns, was heißen soll, das hier und jetzt zu genießen und mit jeder Pore die Umgebung in sich aufzunehmen. Natürlich sind einige der Anmerkungen dem Zeitgeist zum Opfer gefallen. Ausrüstung hat sich verändert, es gibt neue Materialien, die Welt ist politisch komplizierter geworden. Trotzdem behält das Buch überraschend viel Gültigkeit. Der belesene Autor schmückt sein Buch mit vielen Zitaten, die im hervorragenden Glossar erklärt werden. Ich liebe Glossars, habe doch schon viele wertvolle Lesetipps aus solchen bezogen. Auch hier gibt es viele Anreize, alte Bücher zu lesen oder einfach mal wieder den guten Shakespeare zur Hand zu nehmen.
    Die Bonmots des Autors sind ein wahrer Genuss. Pfiffig und schlau zum Beispiel sein Ratschlag an Paare, vor der Ehe zunächst zu wandern, nur dort lernt man den Gefährten wirklich kennen. Oder den vorzüglichen Tipp, eine unbekannte Gegend oder Stadt im ZickZack zu beschreiten. So simpel das klingt, macht das tatsächlich Spaß und bringt uns an Stellen, die kein Reiseführer anpreist. Obwohl sich Materialen geändert haben, sind viele Tipps zur Ausrüstung immer noch aktuell. Man schmunzelt, wenn bereits vor fast hundert Jahren listige Verkäufer eine Vielzahl von Rucksäcken im Angebot hatten und die an den Wandersmann bringen wollten. Hier gilt damals wie heute: ausprobieren und selber testen. Wertvoll auch der Hinweis, auf viele Innentaschen zu achten oder seine Sachen in kleine Säcke zu verpacken, sehr schlau. Ach man möchte sofort loswandern, so begeistert erzählt der Autor von seinen Wanderungen in fremden Ländern, vom Dahintreiben lassen oder einfach nur bequemen Verweilen an einem schönen Ort. Vom Alkohol- und Zigarettenkonsum abgesehen, die der Autor beschreibt und pflegte, eine gesunde und wohltuende Art, fremde Länder und Menschen kennenzulernen. Im Kapitel "Fremde" beschäftigt sich der Autor schon damals mit Fremdenfeindlichkeit und Vorurteilen. Letztendlich sind wir doch alle gleich, welche einfache Wahrheit, die heutzutage aktueller ist denn je.
    Das Buch ist ein Kleinod für alle Wanderbegeisterten, ein Ratgeber, eine Sammlung sinniger und humorvoller Weisheiten, aus denen jeder das herausnehmen kann, was zu ihm passt. Und beim Lesen des Buches fragt man sich unweigerlich: ja, warum nicht einfach mal wieder am Wochenende den Rucksack packen und losziehen, die Natur wieder mit allen Sinnen wahrnehmen, unter freiem Himmel schlafen und wie es der Autor empfiehlt, in einem kleinen Tagebuch seine Gedanken festhalten. Ein zeitloses Buch.
    Cole, H: Sammy - Die unglaublichen Abenteuer einer kleinen M Cole, H: Sammy - Die unglaublichen Abenteuer einer kleinen M (Buch)
    25.03.2020

    Großes Abenteuer eines kleinen Helden

    Zwei Jungen basteln ein Modellflugzeug, das fliegen soll. Ausgerechnet eine kleine Maus soll als Pilot herhalten. Dass das schiefgehen muss, ist klar. Und genau so kommt es auch. Das Flugzeug stürzt ab und Sammy, die Maus, findet sich in einer komplett fremden Welt wieder. Dort gibt es merkwürdige Tiere und Pflanzen, eine Horde Feldmäuse, die Sammy sofort als Zauberer verehren und natürlich auch Gefahren, zum Beispiel in Form eines fiesen Wiesels. Sammy will natürlich wieder zurück, vor allem, da ihn die Mäuse zu einer Demonstration seiner Zauberkunst auffordern. Doch oh Schreck, das Flugzeug ist weg. Das Abenteuer nimmt seinen Lauf.
    Wunderbar erzählt, mit netten Illustrationen untermalt und sowohl als Lese- oder Vorlesebuch bestens geeignet. Sammy ist einfach süß, es macht auch den großen Vor- oder Mitlesern mächtig Spaß den kleinen Knirps auf seinem Roadtrip zu begleiten. Kleine Maus ganz groß!
    Offene See Benjamin Myers
    Offene See (Buch)
    25.03.2020

    Reine Poesie

    Es ist 1946, die Zeit nach dem Krieg. Robert ist sechszehn Jahre alt, kurz davor das Schicksal seiner Familie zu teilen: ein Leben unter Tage im Bergbau. Vorher will er aber noch etwas erleben, durch seine englische Heimat wandern, im Meer baden und etwas von der Welt sehen. Also macht er sich zu Fuß auf den Weg und verdient sein Brot als Taglöhner. Nachts schläft er im Freien, genießt die Natur und erfreut sich an den Klängen der Tierwelt. Doch allzu weit kommt er nicht. Ein Cottage oberhalb des Meeres hält ihn auf. Beziehungsweise dessen Besitzerin. Dulcie, eine Frau, wie sie Robert aus seiner Arbeiterklasse nicht kennt. Freigeist, gebildet, kein Blatt vor den Mund nehmend und alleinstehend, so lernt Robert die Frau kennen. Er bietet sich an, als Gegenleistung für Nahrung, den Garten zu entwildern. Doch kaum will er aufbrechen, findet sich die nächste Gelegenheit, den Aufenthalt zu verlängern. Dulcie beeindruckt den jungen Mann. Sie sagt Dinge, die er nicht einmal zu denken wagte. Er lernt feines Essen und Wein kennen, fährt eines Tages sogar Auto. Nur das Meer scheint Dulcie nicht zu behagen. Als Robert das alte Gartenhaus auf Vordermann bringt, findet er einen Gedichtband und darin den Grund für den zeitweiligen Trübsinn der Frau. Dulcie weiht Robert zögerlich in ihr Geheimnis ein.

    Der Autor versteht es meisterlich, die Gefühlswelt des Protagonisten zu beschreiben. Geradezu poetisch wird die Natur geschildert und die daraus entstehenden Gedankengänge des jungen Mannes. Dulcie lehrt den Mann mehr über das Leben und die Liebe, als es all die Jahre in der Schule vermochten. Auch relativiert sie das Feindbild des Deutschen so kurz nach dem Krieg. Robert erkennt, dass alle Soldaten den gleichen Irrsinn durchleben und letztendlich Gefangene der politischen Zerwürfnisse sind.
    Wortmalerisch detailliert entführt uns Myers in eine Geschichte voller Liebe, Lyrik, Naturverbundenheit und Sehnsucht. Ein umwerfendes Buch, bewegend in jeder Zeile. Besonders zu erwähnen ist das Übersetzerteam Ulrike Wasel und Klaus Timmermann, die das Kunststück fertigbringen, die ursprüngliche Sprachpoesie des Englischen verlustfrei ins Deutsche zu übertragen. Ein vorzügliches Stück Literatur.
    Gehm, F: Carla Chamäleon: Oh Schreck, ich bin weg! Gehm, F: Carla Chamäleon: Oh Schreck, ich bin weg! (Buch)
    16.03.2020

    Relativ runde Sache mit spitzen Ecken

    Das mit den Ecken ist wörtlich zu nehmen. Ich habe selten ein Buch mit so spitzen Ecken gesehen. Bei einem Kinderbuch recht kritisch, da vor allem im Geschwisterbereich Bücher gerne mal zweckentfremdet als Wurfgeschosse oder Schlagwerkzeuge genutzt werden oder einfach mal unachtsam weitergegeben werden. Das kann man besser machen.
    Das Buch selber ist recht unterhaltsam, fantasiereich und erzählt die Geschichte eines Mädchens, dass sich in peinlichen Situationen der Umgebung anpasst. Quasi ein menschliches Chamäleon. Witzig trudelt die kleine Heldin von einer Farbanpassung zur nächsten und findet dabei in ihrem neuen Banknachbarn einen treuen Begleiter. Leider kommen auch ein paar merkwürdige Männer auf die Spur von Carla. Was haben die vor?
    Das Buch ist altersangepasst geschrieben, die Handlung leider etwas sprunghaft.
    Was mir gar nicht gefiel, ist der fehlende Hinweis auf eine Reihe. Die Betitelung Band 1 hätte mir geholfen. Etwas mehr Handlung wäre auch nicht schlecht gewesen.
    #Fatboysrun #Fatboysrun (Buch)
    04.03.2020

    Habe MEHR erwartet

    Im Gegensatz zum Titel handelt das Buch nicht nur vom täglichen Laufen (der Untertitel wird tatsächlich erst am Schluss des Buches mit zwei Seiten abgehandelt), sondern ist eine Autobiographie eines bekannten podcasters, der auch läuft. Wobei sich immer die Frage stellt, warum man mit Mitte 40 seine Autobiographie schreibt? Druck des Verlages? Geld? Egal! Aber da sich der Autor an einer Stelle bereits als alter Mann bezeichnet, erklärt sich das vielleicht...grins. Ein Titel wie "Sucht nach mehr---das Leben eines Maßlosen" hätte besser gepasst. Dabei hebt sich der Autor deutlich von vielen anderen Läufern ab, die meinen ihr Extremlaufen etc. in Buchform bringen zu müssen, da er die Sprache vorzüglich nutzen kann. So er denn will. Leider flacht das Buch diesbezüglich nach dem einführenden Kapitel ab. Es häufen sich Anglizismen und Fäkalsprache, was der Autor gar nicht nötig hätte. Vielleicht wollte er damit die Strapazen des Laufens untermauern, seine Sucht beschreiben, was auch immer. Als Vielläufer habe ich mich auf eine Erzählung eines Läufers gefreut. Nimmt man allerdings alles raus, was nichts mit dem Laufen zu tun hat (ein für mich langweiliges Skaterkapitel, ein für mich interessantes Künstlerkapitel, da ich selber male, diverse andere Lebensabschnitte) und unzählige Fotos und Selfies (man könnte jetzt auch psychologisch darüber philosophieren, warum jemand ständig Grimassen schneiden muss...egal), dann bleibt vom eigentlichen Laufbuch eher ein dickeres Magazin übrig. Eine ausführliche Beschreibung des ersten Laufjahres und die damit einhergehenden Veränderungen oder Auszüge aus dem Laufpodcast wären passender gewesen. Dafür liest man über Sex mit Stofftieren...wer es mag und braucht.
    So bleibt der gute Ansatz stecken, es entstand eine bunte Autobiographie, aber definitiv kein Buch, dass die Faszination des Laufens ausführlich beschreibt, oder wirklich erklärt, warum das Leben jeden (!) Tag den Autor rettet.
    Was mir neben der Anzahl der Fotos (ein paar Läuferfotos und nur jeweils ein Selfie pro Partner hätten gereicht) auch nicht gefiel, war der Beschreibung. Senkrechter Text ist weder hip noch angenehm zu lesen, sondern nur lästig. Dafür fehlte bei den Doppelseiten die Beschreibung. Und wenn man schon ein komplexes Thema wie skaten erklären will, dann bitte auch mit Erklärung der Fachbegriffe. Zumindest beim Cannabisgebrauch hat der Autor das eine oder andere erklärt.
    Trotzdem, Hut ab vor einem Süchtigen (nichts anderes als Sucht bewirkt das Glücksgefühl beim Laufen verursacht durch biochemische Prozesse), der keine Grenzen kennt (übersteigertes Suchtpotential) und zu Großem fähig ist. Aus dem Buch hätte MEHR werden können. Aber die Teddies sind echt süß ;-)
    Das kann uns keiner nehmen Das kann uns keiner nehmen (Buch)
    04.03.2020

    Die afrikanische Abschiedstour

    Der autobiografisch angehauchte Roman handelt von Hans (an den Autor angelehnte Hauptfigur) auf seinem Trip zum Kilimandscharo. Hans möchte eine vor langer Zeit begonnene Reise abschließen und damit ein Stück Vergangenheit begraben. Zu seinem Plan gehört eine einsame Übernachtung im Krater. Doch üble Überraschung: diese Idee hatte wohl auch ein anderer. Der Tscharli, ein Bayer, wie man vermuten sollte, erwartet Hans mit rustikaler Grobheit und einer Freischnauze, die Hans empört schnauben lässt. Eine eisige Nacht überstehen die beiden samt Führer und gehen notgedrungen ein Stück des Weges zusammen. Die direkte, harte Art des Bayern geht dem Norddeutschen immer mehr auf die Nerven. Rassistisch scheint der Tscharli durch und durch zu sein, für Hans ein rotes Tuch. Tscharli hält den Windelträger für ein Weichei. Und somit ist der Krach vorprogrammiert. Es kommt zum Streit, doch irgendwie kommen die zwei Reisenden nicht voneinander los. Zudem scheint Tscharli krank zu sein. Eine Erfahrung, die Hans bitter teilt und deshalb zwischen Abscheu und Mitleid für den Batzi schwankt. Im Laufe des Roadtrips gleicht sich Hans allerdings immer mehr dem Auftreten von Tscharli an. Dieser bittet Hans, in zu begleiten. Er sei auf einer Abschiedstour, der Tod wolle ihn holen. Obwohl Hans nicht sicher ist, was er dem dürren Mann glauben soll, begleitet er ihn und erlebt ein Afrika, das er so nicht kannte. Fremdartig, aber auch voller Lebenslust und einer Gelassenheit, die dem Europäer schon längst abhanden gekommen ist. Je weiter Tscharli seinem Ziel näher kommt, umso näher kommen sich die Männer. Es entsteht eine merkwürdige Freundschaft. Der eine versucht seine Traurigkeit mit raubeinigem Überschwang zu überspielen, der andere will seine linke Gesinnung nicht für Lebensfreude eintauschen. So wird die Reise zu einem gegenseitigen Lernen und Wachsen. Hans wird für immer verändert aus Afrika zurückkehren.
    Ein tiefsinniger Roman, der zunächst teils komisch, teils skurril daherkommt. Herrlich spielt der Autor mit der Dialektik, überzeichnet die Unterschiede der Männer auch sprachlich, und lässt sie im Laufe der Geschichte verschmelzen. Je länger die Reise dauert umso mehr geht der Roman ins Melancholische, spielt mit Themen wie Rassismus, Politik, Freundschaft, Liebe, Verlust und Vergebung. Gekonnt verwebt der Autor seine eigenen Erfahrungen mit den fiktiven Figuren, man kauft im jede Zeile ab. Und gegen Ende muss man schwer durchatmen, da das Leben seinen Lauf nimmt und nicht immer das Ende bereithält, das wir uns wünschen. Was bleibt ist Hoffnung und die Fähigkeit, zu Lernen. Großartiger Roman!
    Feuerland Feuerland (Buch)
    22.02.2020

    Popcornthriller aus Versatzstücken

    Da ich von dem Thriller nicht so überzeugt bin wie viele andere Leser, sei gewarnt, dass ich etwas spoilern muss, um meine Kritik zu erklären.
    Der Thriller um Menschen- und Organhandel (das Thema wird leider nur oberflächlich behandelt, da wäre mehr drin gewesen) liest sich bei schnellem Lesen ganz unterhaltsam. Er hebt sich aber nicht aus der Masse der reißerischen, effekthascherischen Thriller dieser Art ab. Bei reflektiertem Lesen wird schnell klar, dass der Autor ziemlich viele Versatzstücke aus anderen Büchern oder Fernsehserien zusammengewürfelt hat. Das zeigt sich zum Beispiel an den handelnden Personen: wir haben den Ex-Soldaten, der (traumatisiert) auf die schiefe Bahn gerät, aber im Herzen ein guter Mensch ist. Natürlich ist er eine Kampfmaschine, die sogar die Polizei in Staunen versetzt. Dann die suspendierte Ermittlerin, die ein "kleines" Alkoholproblem hat, aber trotzdem ermittelt (gedeckt von ihrem Vorgesetzten!?) und fast auf Anhieb eine Entführungsserie aufklären kann, weil sie blitzgescheit Hinweise entdeckt, die der scheinbar überlasteten oder unwilligen Polizei entgehen. Blond, kautabaknutzend, porschefahrend und unfähig zu weinen..hmm, klingt wie Sorga Noren aus der Serie "Die Brücke". Kann natürlich Zufall sein..Räusper. Was haben wir noch? Ach ja, den schießwütigen Kleinkriminellen, der bei den Großen mitspielen will und Respekt sucht. Mindestens einen korrupten Polizisten. Den obligatorischen Kartellboss in Südamerika, der scheinbar für das niedere Volk da ist, aber natürlich psychopathisch agiert. Das ist alles so furchtbar bekannt und klischeehaft. Oder das Krankenhaus der Kolonie, das fast genauso heißt, wie die Colonia Dignidad in ihrer Spätphase. Etwas einfallslos, wie so manches in dem Puzzlebuch.
    Der Autor, Journalist Engman (hat beim Expressen gearbeitet, einer reißerischen Boulevardzeitung, die ihre Artikel vermutlich ähnlich zusammenschustert), versucht authentisch zu sein, indem er reale Bezüge und politische Vorkommnisse mit seinen Thrillerelementen paart. Das kann funktionieren, solange man glaubhaft schreibt. Aber eine Polizistin, die im Alleingang mit einem Ex-Soldaten in die Schlacht zieht (mindestens ein dutzend Gründe für eine endgültige Suspendierung), Profikiller und Gangster, die stellenweise extrem dumm handeln, eine hanebüchene Geschichte von Menschenschmuggel nach Südamerika (in Wirklichkeit ist leider der Organhandel dort ein großes Problem, und leider haben die Verantwortlichen kein Nachschubproblem mit Ortsansässigen) machen beim Lesen keinen Spaß. Auch die üblichen Effekte eines Kopfes, der bei Beschuss nach hinten "katapultiert" wird, sind leider nicht realistisch, sondern einfach nur effekthascherisch. Oder eine Person, die ein Glas Whiskey mit Betäubungsmittel trinkt und durch Übergeben wieder fit wird...liebe Freunde der Psychopharmaka-Fraktion: wenn man bereits die Wirkung des Mittels spürt, ist es zu spät für so was. Außerdem: wenn die Person als Selbstmord getarnt sterben soll, wieso bekommt sie nicht gleich eine entsprechende Menge verabreicht?
    Das Buch strotzt vor Unlogik, falls man sie finden will. Will man einfach stumpf unterhalten werden, nun ja, dann liest man das Buch und vergisst es wieder. Etwas weniger wäre mehr gewesen. Warum erschießt ein Gangster einen Mann kaltblütig und in nächsten Augenblick lässt er einen weiteren Mord als komplizierten Unfall im Meer erscheinen? Warum entführt ein Killer sein Opfer, wenn er einen Selbstmord doch direkt in der Wohnung vortäuschen könnte? Das wirkt teilweise so gestellt, dass es schon weh tut.
    Ja, man kann das spannend finden. Wer allerdings gut gemachte, logische und glaubhafte Handlung sucht, sucht hier vergebens. Weit entfernt von wirklich klug gemachten Thrillern, von denen es einige gibt (siehe die Vorbilder, bei denen der Autor "geliehen" hat). Und nebenbei, die Einteilung in "Teile" erschließt sich ebenfalls nicht. Massenware, die vermutlich (leider) in Serie gehen wird.
    Hammond, J: Eine kurze Geschichte vom Fallen Hammond, J: Eine kurze Geschichte vom Fallen (Buch)
    18.02.2020

    Leben (und Sterben) in Metaphern

    Joe Hammond, der mittlerweile am Ende seines Weges angekommen ist, berichtet in seiner Geschichte von seinem Leben und seinem Sterben. Ein Thema, das so gut wie jeder zu verdrängen sucht. Und wer nicht in einer ähnlichen Situation ist, wird auch kaum nachvollziehen können, wie es ist, zu sterben. Es gab schon andere Bücher dieser Art, von Krebs- oder Suchtkranken, die vor ihrem Tod ihre letzten Schritte der Nachwelt hinterlassen haben. Hammond, der zu Lebzeiten im Schreiben geübt war, benutzte mit Masse das Mittel der Metapher, um seine Gefühle und sein Leben zu beschreiben. Das funktioniert oft sehr gut. Wenn allerdings fast alles auf diesem Stilmittel aufbaut, wird das irgendwann abstrakt und entfremdet. Die Metaphern, die Hammond findet, passen zwar. Doch je mehr Bildnisse der Leser zu entschlüsseln hat, umso ferner scheint die Geschichte. Und dies bezieht sich nicht nur auf die Erkrankung, sondern auch auf den autobiographischen Teil, der die schwierige Jugend des Autors und sein Verhältnis zu seinem Vater behandelt. So bleibt bei allem Mitgefühl und Staunen über die Offenheit des Schreibers, ein Abstand, der eine wirkliche Auseinandersetzung mit dem Leben und Sterben des Joe Hammond erschwert.
    Zudem wäre es wünschenswert gewesen, etwas mehr über die Krankheit zu erfahren. Natürlich kann man das im Netz oder der Fachliteratur nachlesen, im Zusammenhang mit der Lebensgeschichte hätte es jedoch gut ins Buch gepasst. Vor allem, da das Buch auch als Vermächtnis an die Söhne des Autors gedacht ist. Bleibt zu wünschen, dass zumindest der unterschwellige Zweck, die Familie finanziell zu unterstützen, mit dem Buch erreicht wird.
    Für mich bleibt ein zwiespältiger Eindruck zurück. Es ist da der offene Umgang mit einem natürlichen Prozess, der jeden, in welcher Form auch immer, ereilen wird. Andererseits ist das Buch eine Abrechnung mit der Vergangenheit, wie sie vor allem seit Knausgard sehr beliebt zu sein scheint. Ein ambivalentes Gefühl bleibt zurück, zwischen Trauer, Mitgefühl, Distanz und voyeuristischer Neugier angesiedelt. Das Buch geht Nahe, ohne mich auf allen Ebenen zu erreichen. Und dies ist meiner Meinung nach dem übertriebenen metaphorischen Stil geschuldet. Bestimmt kein leichtes Buch, dennoch mutig und offen, in manchen Sichtweisen vielleicht sogar egoistisch. Doch das ist ein Recht, das man dem verstorbenen Autor zugestehen muss.
    Qube Tom Hillenbrand
    Qube (Buch)
    13.02.2020

    Die Würfel sind gefallen

    Tom Hillenbrand setzt seinen Hologrammatica-Zyklus endlich fort. Dies macht er mit Rückblenden, die es auch Neueinsteigern ermöglichen, dem Buch zu folgen. Allerdings seien all die gewarnt, die vornehmlich die anderen Bücher von Hillenbrand kennen, die sich mit alten Kaffeediebstählen oder kulinarischen Kriminalfällen beschäftigen. Beim vorliegenden Buch handelt es sich um Science fiction, das heißt also: mathematische und physikalische Theorie gepaart mit futuristischen Erfindungen und teilweise verwirrenden Gedankenspielen. Wer jedoch science fiction mag, Klassiker von Bradbury, Asimov, Dick oder auch Simmons liebt, kommt hier auf seine Kosten. Der neue Band knüpft einige Jahrzehnte an die Vorkommnisse des Vorgängers an. Um eine erneute Bedrohung durch eine künstliche Intelligenz auszuschließen, suchen Agenten auf der Erde als auch im All nach Hinweisen auf eine solche. Auch einige mächtige und reiche Privatpersonen sind auf der Jagd. Verspricht doch das Wissen einer KI ein altes Problem zu lösen: wie schafft man es, länger als drei Wochen in einem Klon zu existieren? Ja, vielleicht sogar für immer. Dies käme einer faktischen Unsterblichkeit gleich. Denn die Menschheit ist in der Lage, das Gehirn zu scannen und in einen Klonkörper zu übertragen, vorausgesetzt, man hat die finnaziellen Mittel. Doch nach drei Wochen muss der Klon wieder verlassen werden, sonst droht ein fataler Braincrash..Ende..Aus.
    Tatsächlich gibt es Anzeichen für eine solche KI. Und es gibt auch Theorien, wo diese sich befindet. Ins Zentrum des Interesses rücken Würfel, die möglicherweise diese KI enthalten könnten. Es beginnt ein mörderischer, packender Wettstreit um diese mysteriösen Würfel. Ein Wettlauf, der womöglich das Schicksal der Menschheit besiegelt.
    Mehr soll zum spannenden, verzweigten Inhaltes des Buches nicht verraten werden. Der Leser muss aufmerksam der Geschichte folgen. Da die Klone gewechselt werden, agiert eine Person plötzlich als Mann, wo zuvor noch eine Frau aktiv war. Das kann den oberflächlichen Leser leicht aus dem Konzept bringen. Ein Fehler im Buch auf Seite 131 macht dies deutlich: statt Franek wird der Name Fran genannt. Der Zusammenhang dieser Namen wird erst später geklärt, ist aber in diesem Moment irrtümlich und lässt einen kurz stutzig werden. Wie bei Science fiction üblich, verschwimmen reale Möglichkeiten mit theoretischen Zukunftsvisionen. Das geht bis zur Frage der Existenz Gottes und der Unsterblichkeit. Moralische und ethische Gedankengänge fließen in die Handlung ein, ohne natürlich tiefgreifend abgehandelt zu werden. Das hätte dem Buch auch den Fluss genommen. Die Geschichte ist raffiniert und (soweit dies eine fiktionale Erzählung erlaubt) logisch aufgebaut. Praktischerweise muss bei science fiction und Fantasy nicht alles logisch erklärt werden, wo bliebe da der Spaß?
    Eine hervorragende Fortsetzung der Hologrammatica-Story, die förmlich nach mehr verlangt. Hillenbrand überzeugt ein weiteres Mal und unterstreicht seine erzählerischen Fähigkeiten, egal welches Genre er sich vornimmt.
    ministeps: Wenn kleine Kinder müde sind ministeps: Wenn kleine Kinder müde sind (Buch)
    01.02.2020

    Kindgerecht und kunterbunt

    Ein ideales Buch für die kleinen Träumer. Toll gezeichnete Bilder und dazu ein einfacher Reim, der den Kleinen beim Einschlafen helfen soll. Die Altersangabe ist stimmig, aber auch etwas größere Kinder können damit gut unterhalten werden. Die Bilder kann man wunderbar nutzen, um eine kleine Fragerunde mit den Kindern zu machen oder ihre Fantasie anregen, indem man sie selber erzählen lässt, was sie sehen. Zudem können die Eltern beim Vorlesen eine nette Geschichte erfinden. So wird das kleine Buch zu einem interessanten Einschlafspaß. Wie vom Verlag gewöhnt, ist das Buch in ausgezeichneter Qualität gestaltet und bietet durch die verschiedenen Abbildungen genügend Abwechslung, um den Nachwuchs neugierig zu halten. Eine wundervolle Einschlafhilfe zu einem vernünftigen Preis.
    Das Evangelium der Aale Patrik Svensson
    Das Evangelium der Aale (Buch)
    27.01.2020

    Ein herausragendes Sachbuch

    Aale? Ausgerechnet diese schlangenartigen, glitschigen Dinger? Ich habe mich ehrlich gesagt nie besonders für diese Tiere interessiert. Ganz im Gegenteil, die auch im Buch beschriebene Szene aus der "Blechtrommel" mit dem Pferdekopf als Köder, hat mich nachhaltig mit einem Ekelgefühl für diese Wesen ausgestattet. Und dieses Buch hat mein Bild nun komplett gewandelt. Mit seiner Sprache und faszinierenden Schreibweise schafft es der Autor, eines der geheimnisvollsten Tiere dieser Erde spannend und interessant zu beschreiben. Ein Tier, das sich Jahrtausende der Wissenschaft entzog. Von der Gottesverehrung der Ägypter über Aristoteles (der fest davon überzeugt war, dass Aale sich nicht fortpflanzen, sondern einfach entstehen), von Sigmund Freud (der in jungen Jahren hoffnungslos versuchte, Geschlechtsorgane der Tiere zu finden) bis zu der modernen Seefahrt, die mit Peilsendern dem Ursprung der Meeresbewohner auf die Schliche kommen wollte. Doch die Aalfrage bleibt ungeklärt. Man weiß, dass die Tiere eine beeindruckende Metamorphose über vier Stadien durchlaufen, von den Meeren den langen Weg bis ins Binnenland suchen und dabei sogar notfalls das Wasser verlassen. Irgendwann, man weiß nicht, was das Signal ist, schwimmen die Aale tausende Kilometer zurück und laichen in den Tiefen des Meeres. In Gefangenschaft hingegen bilden sie weder Geschlechtsorgane aus, noch scheinen sie wirklich zu altern. Ein wahrhaft mystisches Wesen, das der Autor als Sinnbild für Glaube und Metaphysik nimmt und über die Erinnerung an das Aalfischen seinem Vater näher kommt. Genau wie die berühmte Rachel Carson begeht Svensson den Frevel des Vermenschlichens. Doch das ist notwendig, um dem Menschen die Bedeutung der Tier- und Pflanzenarten zu vermitteln. Nur was der Mensch kennt, schützt er. Haustiere sind deshalb die besten Freunde, weil man ihnen menschliche Eigenschaften zuspricht. Der Aal stirbt aus, wie unzählige Arten mit ihm. Der Mensch vergisst, dass er auch nur eine dieser Arten ist und dabei weit kürzer existiert, als diese beeindruckenden Tiere. So wird das Evangelium der Aale zu einer Offenbarung und Mahnung zugleich. Wir wissen noch viel zu wenig über die Geheimnisse und Wunder dieser Erde und sind in Begriff, das alles zu verlieren. Dieses spannende, informative und bewegende Buch bringt uns diese Geheimnisse etwas näher und öffnet die Augen für diese schützenswerte Welt.
    Freischwimmen Adam Baron
    Freischwimmen (Buch)
    27.01.2020

    Lügen schmerzen

    Man merkt es dem Autor an, dass er schon einige Bücher geschrieben hat und Kurse in kreativem Schreiben gibt. Adam Baron kann mit Sprache umgehen. Und in diesem Falle schafft er es vorzüglich, schwierige Themen kindgerecht aufzuarbeiten. Da das Thema Tod und Verlust nicht einfach zu verstehen ist, geht die Altersangabe 10 Jahre vollkommen in Ordnung. Da das Buch aus England kommt, wird bei einigen Begriffen die hilfreiche Erläuterung durch Erwachsene notwendig sein. Das Buch ist ohne Melodramatik geschrieben, verfügt über den typisch britischen Humor und entwickelt sich gegen Ende sogar in eine Quasi-Detektivgeschichte, wenn der kleine Held des Buches der Wahrheit näherkommt. Ich habe das Buch mit Begeisterung gelesen und kann es ohne Besorgnis Kindern empfehlen. Ganz im Gegenteil, gerade die Themen Verlust, Tod, Einsamkeit und Wahrheit sind außerordentlich wichtig und die lockere Herangehensweise des Autors vermitteln den Lesern grundlegende Prinzipien, die wir Erwachsene nur allzu gerne vernachlässigen. Wie oft erscheint es uns doch so einfach, die Wahrheit zu verdrängen und den Kindern lieber ein paar Notlügen aufzutischen. Das Buch zeigt wunderbar, was passiert, wenn das Lügenhaus einstürzt. Deshalb als Mahnung und Lehre aus dieser toll erzählten Geschichte: wagt mehr Mut zur Ehrlichkeit, traut euren Kindern zu, die Wahrheit zu verstehen. Denn was sie garantiert nicht verstehen werden, ist ein Leben in Lüge.
    Käthe, Band 1: Der Gorilla-Garten Käthe, Band 1: Der Gorilla-Garten (Buch)
    18.01.2020

    Liebevoll erzählt

    Käthe muss umziehen. Weg vom geliebten Landleben bei Oma mit all den Tieren (mit denen Käthe auf ihre ganz spezielle Art kommunizieren kann) und Pflanzen in die große, fremde Stadt. Das kleine Häuschen im Hinterhof soll also jetzt ihr neues Zuhause sein. Zum Glück gibt es in der Nachbarschaft nette Menschen, die ihr den Umzug erleichtern. Aber es gibt natürlich auch die obligatorischen Griesgräme, die keine Kinder mögen und erst so langsam eines besseren belehrt werden müssen.
    Das Buch ist sehr liebevoll erzählt, kommt ohne die leider oft zu findenden "Actioneinlagen und Superhelden" aus. Themen wie Verlust, Angst, Unsicherheit werden eingebunden und die kleinen Leser lernen, dass Veränderungen im Leben manchmal sein müssen und nicht zwangsläufig schlecht sind. Die Illustrationen sind nicht übertrieben platznehmend und ergänzen die Geschichte wunderbar. Ob als Selbstlese- oder als Vorlesebuch, die Geschichte funktioniert gut und beschert ein munteres und lehrreiches Lesevergnügen für die kleinen Leseratten.
    1794 1794 (Buch)
    12.01.2020

    Der menschliche Horror

    Wie oft wurde das Nietsche-Zitat über den Abgrund, in den wir blicken schon als Vorwort in Thrillern genannt? In diesem Buch nicht, aber noch nie hätte es so gut gepasst. Eine Warnung sei angebracht: dies ist kein Buch für Leicht-Leser oder Zartbesaitete, wer skandinavische Thriller nach dem Schema F bevorzugt, sollte sich auf eine andere Dimension des Grauens einstellen. Denn das Buch ist nicht angenehm zu lesen, erzeugt keine wohlige Spannung, sondern schockiert mit seiner authentischen Schilderung einer düsteren, brutalen und oftmals unmenschlichen Zeit. Der Autor hat wieder brillant recherchiert, verknüpft die realen historischen Ereignisse geschickt mit der fiktiven Geschichte, die mit dem Vorgänger verbunden ist. Man kann das Buch zwar eigenständig lesen, aber erst die Kenntnis des ersten Bandes sorgt für ein Gesamtwerk, das man getrost als meisterlich bezeichnen kann. Mit seinen Worten beschwört der Autor dunkle, stinkende Gassen herauf, lässt den Mief und den Gestank in den Gasthäusern und Hinterhöfen aufleben, dass der Leser nach der Lektüre zwangsweise das Bedürfnis nach einer Dusche verspürt. Nebenbei erfährt man auch einiges über die Vergangenheit Schwedens, das heutzutage oft als sympathisches Sehnsuchtsland wahrgenommen wird. Von den ominösen Kaffeeverboten (die tatsächlich den Alkoholverkauf ankurbeln sollten) bis zur düsteren Rolle, die das Königreich im weltweiten Sklavenhandel spielte, wird dem Leser der historische Hintergrund für einen brutalen Mord geliefert. Dessen verworrene Aufklärung führt durch das Jahr 1794, das der Autor wieder in seiner raffinierten Rückwärtserzählweise durch die Jahreszeiten durchschreitet und dabei die Figuren miteinander in Relation setzt. Wie gesagt, hier muss der Leser aufmerksam der Geschichte folgen, um die Zusammenhänge im Auge zu behalten. Das Buch ist grausam, weil es die Geschichte und die Zeit es erfordern. Der menschliche Horror wird aus den Seelen und Handlungen der Personen geboren, die teilweise aus Gier und Machtfantasien zu herrschen glauben. Andere wiederum versuchen mit aller Härte am Leben zu bleiben. Das führt zu einem Gesamtbild, das stellenweise schwer zu verdauen ist. Niklas Natt och Dag schreibt überragend und beschreibt trefflich, was das Grauen noch verstärkt. Die Erzählweise lässt vielleicht nicht mit den Figuren sympathisieren, aber sämtliche Handlungen erscheinen nachvollziehbar und im Sinne der Personen verständlich. Das verlangt gehobene Erzählkunst. Ein großartiger Historienmix, der in Zusammenhang mit dem Vorgänger "1793" zum Besten gehört, was die schwedische Literatur zu bieten hat.
    Freefall - Die Wahrheit ist dein Tod Freefall - Die Wahrheit ist dein Tod (Buch)
    28.11.2019

    Gelungenes Debut

    Ein kleines Flugzeug stürzt in den Bergen ab, der Pilot stirbt, eine junge Frau überlebt. Sie berichtet aus ihrer Sicht und nimmt den Leser mit auf eine dramatische Flucht vor einem mysteriösen Verfolger. Der Leser wird durch die Erzählung der Flüchtenden nach und nach deren Leben und die Geheimisse rund um den Absturz kennenlernen. Die zweite Perspektive wird von der Mutter der Frau erzählt. Diese erfährt von dem vermeintlichen Tod der Tochter und macht sich auf Spurensuche nach einem Leben, von dem sie so gut wie nichts weiß. Diese doppelte Handlung sorgt für Spannung und treibt den Leser zum Umblättern ohne Pause. Immer mehr erfährt der Leser von der Tochter und leidet mit der Mutter mit, der sich nach und nach das Bild einer Unbekannten offenbart, die sie zur Welt gebracht hat. Mehr soll von der Handlung nicht erzählt werden, um nichts von der Spannung zu nehmen. Das Buch ist flüssig erzählt, und das sich immer mehr vervollständigende Puzzle lässt den Leser nicht los. Natürlich ist die Grundgeschichte nicht vollkommen neu. Ähnliche Geschichten kennt der erfahrene Thrillerfan. Trotzdem lohnt sich das Lesen auf jeden Fall. Etwas Punktabzug gibt es für die eine oder andere Logiklücke oder allzu naive Handlungsweise der Hauptpersonen. Etwas plump ist auch die Verfolgerrolle geraten, scheint er doch manchmal geradezu hellseherische Fähigkeiten bei der Jagd auf die Frau zu entwickeln. Das ist nicht immer glaubhaft gelungen. Aber wie gesagt, ein gutes Debut, das man schon beim Lesen als Verfilmung vor sich sieht.
    Missing Boy Candice Fox
    Missing Boy (Buch)
    12.11.2019

    Hochspannung aus down under

    Eines der ungewöhnlichsten Krimiduos geht in die dritte Runde. Der Ex-Cop und der Pädophilie beschuldigte Ted Conkaffey und seine Chefin, die verurteilte Mörderin Amanda Pharrell arbeiten seit einem Jahr als Detektive zusammen. Diese merkwürdige Zweckgemeinschaft wird nun von einer Frau beauftragt, das Verschwinden ihres 8 jährigen Sohnes aufzuklären. Die Mutter war mit ihrem Sohn in einem Hotel untergebracht. Während sie und ein paar andere Eltern den Abend in feucht-fröhlicher Runde ausklingen ließen, waren die Kinder in einem Zimmer zusammen. Doch am zweiten Abend verschwand eines der Kinder spurlos, weder Kameras noch Gäste des Hotels können der Polizei helfen. Nun sollen die zwei Ermittler der Sache auf den Grund gehen. Ted, der gerade sehnsüchtig den Besuch seiner kleinen Tochter erwartet, versucht den Fall mit seinem Privatleben zu koordinieren, während Amanda mit ihrer "Hau-drauf"-Mentalität für neue Feindschaften sorgt. Der Fall wird immer komplizierter, auch weil die Polizei mit Amanda nichts zu tun haben will. Und wäre das nicht schon genug Zündstoff, sorgen auch mehrere Verdächtige für ein undurchschaubares Geflecht. Wo ist der Junge? Wie konnte er aus dem Hotel verschwinden? Rätsel über Rätsel und jede Menge Hochspannung.
    Fox schreibt immer besser. Wer die Vorgängerromane (auch zu empfehlen ist die Hades-Trilogie) nicht kennt, sollte die unbedingt lesen. Natürlich funktioniert dieser grandiose Roman auch eigenständig, aber das ganze Vergnügen hat der Krimifan erst, wenn er die Vorgeschichte der beiden "Helden" gelesen hat. Allerdings sollte man die vor dem dritten Teil lesen, weil der Band zu viele Spoiler enthält. Wer sich also was Gutes tun will, liest alle drei Bände. Versprochen: es lohnt sich! Fox wurde für ihre Romane nicht ohne Grund mehrfach ausgezeichnet. Allerfeinste Krimikost aus 'down under'
    51 bis 75 von 91 Rezensionen
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