Der Rezensent lernte Tritonus bereits 1976 kennen, als er als junger Musikbegeisterter bei GOVI den billigen Sampler GERMAN ROCK SCENE VOL. II erstand. Der darauf enthaltene Song “Lady Turk” aus ihrem 1975 erschienen Debütalbum gefiel ihm dabei recht gut, so dass bei GOVI noch flugs die damals erhältliche LP BETWEEN THE UNIVERS erstanden wurde. Das war allerdings die im gleichen Jahr wie der GOVI-Sampler erschienene zweite LP von Tritonus. Hier war mit Geff Harrison von King Ping Meh bei einem Song ein Gastsänger dabei. Das zahlte sich auch aus, denn der Gesang von Bassist Ronald Brand war eine Schwachstelle, besonders die (zumindest aus heutiger Sicht schrecklich) verzerrten Vocals nervten. Tritonus wurden als deutscher Abklatsch von ELP angesehen. Das gleiche Trioformat, der profunde Keyboarder im Mittelpunkt (natürlich inklusive einer bombastischen Kirchenorgel), klassische Anleihen, der Bassist durfte mit kurzen akustischen Balladen ins Rampenlicht treten. All dies kannte man von den großen englischen Vorbildern, die allerdings in allen Belangen unerreichbar blieben. Tritonus bezeichneten ihren Stil seinerzeit als „konzertanten Rock mit programmatischem Charakter“. In den zwei langen Songs mit Laufzeiten um die zehn Minuten gefallen die instrumentalen Ausritte recht gut, die sich deutlich an ELP orientieren. Natürlich steht dabei Peter Seiler an Hammond- und Kirchen-Orgel, Flügel, E-Piano, Mellotron, (monophonem) Moog-Synthesizer und Celesta im Zentrum. “Sunday Waltz” ist die keyboardlose Ballade, nur mit Gesang, akustische Gitarren (inkl. schönem Soloteil) und sanften Percussion, die Ronald Brand ins Rampenlicht stellt. Gelungen das flotte, ca. fünfminütige “Lady Turk”, inklusive den im Titel schon angedeuteten türkischen Anleihen (Mozarts “Türkischer Marsch” inspirierte zu dieser Zeit manchen Musiker). Instrumental versuchte man sich erfolglos in zweieinhalb Minuten am Beatles-Song “Lady Madonna”. Etwas eigenständiger klingt das neunminütige “Gliding”, welches sich von sanftem Beginn mit Mellotron, Bassgitarre und Gesang zu einem von der Hammondorgel dominierten Ende mit lateinamerikanischem Groove (Percussions) wandelt.
Als Zugabe wurden die zwei vor der ersten LP 1972 eingespielten Single-Tracks beigefügt. Allerdings ist “Kite” nur eine erste, kürzere Version von “Lady Turk”. Zur gleichen Zeit war in Deutschland mit Triumvirat eine zweite Band in diesem von ELP dominierten Genre erfolgreicher unterwegs. 1978 lösten sich Tritonus dann auch wieder auf. Garden Of Delights macht sich mit dieser umfangreich editierten (Bonustracks, sehr guter Klang, informativer Text zur Bandgeschichte mit Diskographie, dazu entsprechendes Bildmaterial) Wiederveröffentlichung um die musikalische Historie verdient. So muss ein Reissue gestaltet sein!