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    firebyrd

    Aktiv seit: 22. Januar 2018
    "Hilfreich"-Bewertungen: 149
    57 Rezensionen
    Trøsteviser For Redde Netter Trøsteviser For Redde Netter (CD)
    23.09.2021
    Klang:
    5 von 5
    Musik:
    5 von 5

    ...das ergibt eine Zauberwelt, in die man sich gern zurückzieht, um sich wohl zu fühlen, Musik voller großer Emotionen

    Randi Tytingvåg Trio - Trøsteviser For Redde Netter

    Ach, könnte ich doch Norwegisch lesen und verstehen! Denn die aus Norwegen stammende Sängerin und Songwriterin Randi Tytingvåg trägt die elf Songs ihrer neuen Platte "Trøsteviser For Redde Netter" (Tröstende Lieder für angstvolle Nächte) alle in ihrer Muttersprache vor. Immerhin könnte ich sie radebrechend mitsingen, weil alle Texte im Booklet abgedruckt sind. Nun, zur Musik passt die Sprache einfach ideal, und wäre der Gesang anderssprachig, könnte die Stimmung schon ganz anders sein.

    Mit ihrer ausdrucksstarken und warmen Stimme, unterstützt von Dan Vagle und Erlend E. Aasland, bringt die Protagonistin eine ungeheuer interessante und vielschichtige Musik zu Gehör. Auf dem Auftaktsong, "Redde Netter", das müsste dann ja ein Song über angstvolle Nächte sein, nimmt sie ihre Stimme zart zurück und gestaltet ganz behutsam den Text, dabei vom heulenden und nächtlich-umheimlich wirkendem Sound einer singenden Säge untermalt. Ein leichter Walzerrhythmus lädt zum schunkelnden Träumen ein.

    Bereits auf "Vingespenn", mit einem Rhythmus, der sanft zu galoppieren scheint, und der mich diesbezüglich gar an einige Songs von Tom Waits erinnert, sorgt dann der Einsatz der Klarinette für einen kleinen Ausflug in Gefilde des Klezmer. Und so bietet jeder neue Songs erneute Überraschungen und Wendungen und Ausprägungen, was letztlich dazu führt, dass für Abwechslung gesorgt ist, und seien es auch nur Nuancen, wie der Einsatz der Background Vocals, einer Bassklarinette oder der schleppende Sound der Mandola.

    Jedenfalls sind in der Stimmung Elemente der norwegischen Folklore, von Weltmusik, und vielleicht auch der eine oder andere Hauch von Jazz aufgesaugt worden, mitunter dann auch in folkigem Umfeld ausgeführt, aber auch das Genre Singer/Songwriter wird berührt. Randi selbst soll ihre Musik auch einmal als "Norwegicana" bezeichnet haben, warum auch nicht?

    Zehn der elf Songs sind Eigenkompositionen, dabei stammen die Texte von Randi und Helge Torvund und die Musik allein von ihr. Nicht sofort erkennbar, aber nach den ersten Takten hörbar, das ist die Fremdkomposition "Røtter og vinger", tatsächlich ist das die norwegisch-sprachige Version von "Always On My Mind", komponiert von John L. Christopher Jr., Mark James und Wayne Carson, und bekannt geworden durch die bekanntesten Versionen von Elvis Presley und Willie Nelson. Diese Version ist eine ganz zarte, vom romantischen Klang der Violine umhüllt.

    Im Übrigen kommt zur hervorragenden musikalischen Umsetzung ein betörender Sound, sehr warm, sehr transparent, mit einem Raumklang, das man denkt, die Musiker sind im Hörraum anwesend. Das ist ein audiophiles Vergnügen. Und - das ist Musik, die genau in den Herbst und seine Stimmung und seine Farben passt, und die engagierten Musiker haben es verstanden, ein Kribbeln im Körper zu verursachen, und dazu noch dieser stimmliche Gestaltungsspielraum dieser sowohl leisen, fragilen und zarten als auch druckvoll und kraftvoll agierenden Stimme der Protagonistin dazu, das ergibt eine Zauberwelt, in die man sich gern zurückzieht, um sich wohl zu fühlen, Musik voller großer Emotionen. "Tröstende Lieder für angstvolle Nächte" - nun, diese Lieder trösten auch tagsüber...

    Randi Tytingvåg (vokal)
    Dag Vagle (gitar, mandola, vokal, kor)
    Erlend E. Aasland (banjo, tenorgitar, oktavtenorgitar, mandola, kor, cellobanjo)
    Bjørn Eidsvåg (vokal)
    Nils Økland (hardingfele, fiolin, bratsj)
    Vidar Kenneth Johansen (bassklarinet, klarinett)
    Børge Fjordheim (trommer, perkusjon, klokkespill, sag, kor)


    1 Redde netter
    2 Vingespenn
    3 Trøstevise
    4 Røtter og vinger
    5 Kroppens teater
    6 Uro
    7 Ein engel og ei sorg
    8 Liljevilje
    9 Aleina
    10 Hålet i ordå
    11 Muren
    Castaway Tashaki Miyaki
    Castaway (LP)
    21.09.2021
    Klang:
    5 von 5
    Musik:
    4 von 5

    Luftiger Gitarren-Pop, Indie-Pop, wie man ihn bereits schon lange aus Kalifornien kennt.

    Tashaki Miyaki, nun, wähne ich mich musikalisch in Japan? Was mag da auf mich zukommen? Und siehe da - wo lande ich? In Los Angeles! Denn bei Tashaki Miyaki handelt es sich nicht etwa um eine japanische Jazz-Pianistin, sondern um eine Band. In L.A. wurde sie 2011 gegründet und schnell bekannt für ihre individuelle Mischung aus den Stilelementen Paisley Underground, Dream Pop und Rock.

    Nach "The Dream" (2017) wird mit "Castaway" nun der zweite Longplayer vorgelegt. Die Schlagzeugerin Paige Stark meint zum Titelsong: … is about the challenges of romantic love and how we are all bad at it in one way or another. Castaway - ein Schiffbrüchiger, etwas davon mag in uns Allen stecken, man bleibt allein oder findet einen Weg zurück, ist es vielleicht auch so gemeint?

    Nun, eingekleidet ist die Thematik in luftigen Gitarren-Pop, Indie-Pop, wie man ihn bereits schon lange aus Kalifornien kennt. Doch die Musik geht über diese Grenze hinaus, genremäßig von dem, was einst auf Sun Records erschien bis hin zum modernen Hip-Hop, klar, schwerpunktmässig scheint man sich auf die Sechziger und Siebziger zu konzentrieren.

    Und so startet die Platte mit dem Titelsong auch entsprechend, in einem Mix aus Vergangenheit und Gegenwart. Rhythmisch im Jetzt angesiedelt, schwebt der Gesang elfenhaft in den Sixties, die Synthie-Klänge passen auch in die Achtziger und das ergibt mit dem hintergründigen Sound einer Surf-Gitarre eine stark individuell geprägte Stimmung. "Help Me" und der Klang einer 12-string verfrachten mich gedanklich erneut in die Swinging Sixties, auch die plötzlich einsetzende Fuzz-Guitar. Bereits jetzt offenbart sich, dass der Gesang wohl das Besondere dieser Musik darstellt, wirkt er doch recht dünn und wenig kraftvoll, eher fast schon lustlos und träge wirkend, aber dadurch auch irgendwie die Aufmerksamkeit erhaschend.

    Nicht nur bei "Gone" empfinde ich es so, dass das sich dahinschleppende Schlagzeug recht dumpf klingt und auch ein wenig statisch. So hält das die Musik am Boden und lässt nicht eine Spur Swing aufkommen. Aber gerade bei diesem Song bildet das in Verbindung mit der säuselnden Gesangsdarbietung eine Art hypnotischer Stimmung, so dass man durchaus verzeihen kann. Und so bleibt es bei einer beruhigen Atmosphäre, die sich langsam in die Seele schleichen kann, auch mittels der eingesetzten Cello-Effekte.

    Die verhallte Gitarre führt uns durch "Comedown", bei "Baby Don't" ist es die akustische Gitarre, und es wabert schon fast ein wenig in Richtung Enya. Erst mit "Wasting Time" nimmt die Musik ein wenig an Fahrt auf. Die meistens auch vorherrschende Melancholie wird dadurch unterbrochen und eine Art Indie Pop bahnt sich den Weg. Aber eigentlich kann man die Musik komplett unter Indie Pop einordnen, mit Anteilen von Baroque Pop, Dream Pop oder welche anderen abenteuerlichen Bezeichnungen im Laufe der Musikgeschichte stets neu erfunden wurden. Aber "Wasting Time" wirkt ein wenig forscher, fordernder und läßt Raum für kleine experimentelle Anflüge.

    Nach einem erneut schwebenden "Forget Me" verabschiedet uns Tashaki Miyaki mit einem wirklich sehr interessanten Bonus-Track. "Good Times" gefällt mir sehr gut. Im Vordergrund die E-Gitarren, das Schlagzeug besser abgemischt, viel Flirrendes im Hintergrund, ein mädchenhafter hauchender Gesang, eine total wattige Stimmung voller wunderschöner Harmonie und einem richtig schönen psychedelisch ausgerichtetem Gitarrensolo. So bin ich gespannt, wohin der Weg dieser Band führen wird, bleibt die psychedelische Ausrichtung bestehen oder wird man kommerziellere Wege gehen?

    Paige Stark (vocals, drums, Crumar, percussion)
    Luke Paquin (guitars)
    Sandi Denton (bass)
    Jon Brion (synth, percussion)
    Benmont Tench (piano)
    We Shall Stay Here We Shall Stay Here (CD)
    07.09.2021
    Klang:
    5 von 5
    Musik:
    4 von 5

    Es scheint, als sei der klassische Folk-Protest noch nicht vergessen und weiter zu leben.

    Sicherlich den Wenigsten bekannt, zählt Paul Kaplan jedoch zu den Veteranen unter den Songwritern, ist er doch bereits seit den späten Sechzigern aktiv in der US-amerikanischen Folk-Szene. So wurde er durch seine frühen Songs gegen den Vietnam-Krieg seinerzeit bekannt.

    Auch als Produzent könnten ihn Einige kennen, produzierte er doch drei Alben von Phil Ochs nach dessen Tod, für Folkways Records. Doch erst 1982 sollte sein eigenes erstes Album erscheinen, "Life On This Planet". Mit We Shall Stay Here ist nun die fünfte Platte erschienen. Es enthält zwölf Songs, die angeblich reflektieren sollen, wie Paul die Welt sieht. Aufgeteilt sind diese Stücke in drei Abteilungen, jede mit einer eigenen Aussage.

    Im Booklet mit den abgedruckten Texten, in diesem Falle eine wirklich wichtige Zugabe, erklärt der Protagonist dann auch noch Wissenswertes und Hintergründe zu jedem Song. Die erste Abteilung mit drei Stücken, "These Days", enthält noch die Erklärung. "Three Songs For Our Times", Teil Zwei, "Life On This Planet" sind drei seiner Lieblingssongs vom Debüt-Album, die nun digitalisiert wurden, und mit "Rising" werden sieben Songs präsentiert, die Gnade, Kampf und Hoffnung symbolisieren sollen.

    Eingespielt wurden einige Titel mit einigen der persönlichen Helden, wie Kaplan schreibt, zum Beispiel mit John Roberts, mit dem er das Duett "Let's Make A Toast" vorträgt, oder auf vier Songs ist es einer der als besten Fiddler der USA angesehenen Jay Ungar. Im Titelsong spielt der Lieblings-Akkordeonspieler, Billy McComiskey.

    Mit einem Lied, das sich auf der ersten LP befindet, die der Protagonist einst kaufte, das war "We Shall Overcome" von Pete Seeger, startet die Platte, "Little Boxes", mit dem sich über so manche Eigenart lustig gemacht wird, ein Lied über kleine Schachteln, über Computer, alles, was wahrscheinlich heute normal geworden ist und man sich fragt, wie das geschehen konnte. "These Are The Days" - nanu, das kenne ich doch. Klar - von Mary Hopkin, auf die Melodie der Originalkomposition von Gene Raskin wurde von Paul ein neuer Text gepackt. Nun geht es um den Virus - Covid-19, "The New Normal", wie Paul schreibt.

    Mit "The Frozen Blogger" bekommen Blogger "ihr Fett weg", und so ist es herrlich, den Texten zu folgen, die von der spitzen Zunge des Künstlers zeugen. Die drei Songs der 1982er-Platte sind sehr folkig gehalten und tragen Züge berühmter Folker wie Pete Seeger und so manch' berühmter Singer/Songwriter. So kann ich auch nachvollziehen, warum Paul sie als seine Lieblingssongs des Albums bezeichnet hat. Alle Drei sind sehr einfühlsam und warmherzig und wirken emotional sehr nahegehend.

    Im letzten Kapitel gibt es dann auch vorwiegend die folkige Ausrichtung zu hören, klar - "The Voice Of Pete" ist Pete Seeger gewidmet, und der Song stammt aus 2001. Der überarbeitete Text ist nun als Nachruf auf den 2014 verstorbenen Seeger zu verstehen. "Let's Make A Toast" mit reichlichem Sänger/innen-Auflauf klingt wie ein Shanty, begleitet von der Concertina. Auf "Survival" nimmt sich der Sänger eines aktuellen Themas an - "Black Lives Matter!" schreibt er dazu. Und zum Schluss wird das Unglück in New York vom 11.9.2001 thematisiert, After The Fire The Tears Fell Like Rain. Er schrieb den Song seinerzeit zum ersten Jahrestag der Katastrophe und bezeichnet ihn als Metapher, bezogen auf heutige aktuelle Ereignisse.

    Ja, das ist unglaublich bewegend und mitreissend, was uns Paul Kaplan bietet, dieser Mann hat in der Tat eine Menge auszudrücken und versteht es, seine Anliegen in Worte zu fassen und dazu musikalisch passend umzusetzen. Es scheint, als sei der klassische Folk-Protest noch nicht vergessen und weiter zu leben. Das zarte Pflänzchen auf dem Cover sollte man daher als eine Art Hoffnung betrachten, und es gut pflegen, noch könnte Zeit genug dafür sein!

    Tracklist:

    THESE DAYS

    1 Little Boxes (2020) (2:00)
    2 These Are the Days (4:20)
    3 The Frozen Blogger (4:07)

    LIFE ON THIS PLANET (1982)

    4 Life on This Planet (3:37)
    5 Traffic Jam in the Zócalo (4:26)
    6 We Shall Stay Here (3:51)

    RISING

    7 The Voice of Pete (2:40)
    8 Let’s Make a Toast (3:19)
    9 If I Had Half an Acre (3:26)
    10 Welcome Home (3:17)
    11 Survival (3:51)
    12 After the Fire (4:40)
    Askgudens Son Askgudens Son (LP)
    30.08.2021
    Klang:
    5 von 5
    Musik:
    5 von 5
    Pressqualität:
    4 von 5

    Epidot hat mit dieser Platte erneut bewiesen, dass es noch Lücken gibt im breit gefächerten Umfeld der Musik

    Epidot, das ist ein schwedisches Trio, bestehend aus dem Gitarristen Erik Ivarsson, dem Bassisten Adam Lindblom und dem Schlagzeuger Johan Horner. Auf der aktuellen Platte, als Vinyl erscheinen, gesellt sich als Gast der Vibrafonist und Perkussionist Johan Håkansson hinzu und rundet bei einigen Songs den Gesamtsound einfühlsam ab.

    Nach "Sommarens Sista Suck" aus 2016 und "Vilse i Bremen" aus 2018 liegt mir nun "Åskgudens Son" vor. Und erneut sind es diese drei Individualisten, die begeistern! Die Musiker mit Erfahrungen aus Jazz, Rock, Fusion, Funk, Soul, Pop und Blues verschmelzen diese wieder mit einem sehr eigenständigen Sound.

    "Åskgudens Son", der Titelsong , der übrigens auch der schwedische Titel einer Novelle von Arto Paasilinna ist, und im Original auf Finnisch "Ukkosenjumalan Poika" lautet, breitet sofort eine betörende Wirkung vor mir aus, das ist ein Start nach Mass! Sofort muss ich hin zu Terje Rypdal assoziieren, in jene Zeit, als er im Trioformat solche Platten wie "The Singles Collection“, "Blue" oder "Chaser" vorlegte. "Trollkarlens elddans" schlägt in die gleiche Richtung, und hier gehe ich mittels Rypdal noch weiter zurück zu jenen Tagen, als er mit The Vanguards auch Surfelemente in die Musik hat einfliessen lassen. Auch Ivarsson nutzt diesen speziellen Sound, um Atmosphäre zu schaffen, hinzu kommt jedoch ein stark eigenständig ausgeprägter Stil. Sicher, den Einfluss von Rypdal kann man einfach nicht verleugnen, und auch der klare und dezent verhallte Klang der Gitarre, der nach Fender klingt, weist in jene Richtung. Die beiden Begleiter unterstützen nicht nur rhythmisch hervorragend,sondern prägen den Gesamtsound durch ihre enthusiastische und einfühlsame Mitgestaltung des Sounds.

    Bereits der dritte Song lässt dann klar eine sehr eigene Handschrift erkennen, ein mehrfach unterbrochenes Thema, die sehr interessante perkussive Gestaltung der Gitarrenlicks kommen in diesem vermeintlich zu kurzen Song sehr innovativ und mit indiviuellem Ausdruck zur Geltung. Aber: vermeintlich zu kurz, denn die Stimmung gleitet unversehens über in eine stark an Jazz ausgeprägte Richtung, herrlich, wie sich Adam Lindblom am akustischen Bass gestaltend vorstellt, doch dann plötzlich ist es wieder da, das alte Thema mit den jähen Unterbrechungen, und immer wieder wird dieses Jazzfeeling eingebracht. Ja, "Jag har stulit nyckeln till ditt magiska tempel" ist ein äußerst guter Song, der mit seinem gut durchdachten Arrangement zu fesseln weiss. Bis jetzt ist das mein persönlicher Höhepunkt der Platte.

    "Spela för mig på din trolltrumma, bönföll den ensamme vandraren" verbindet innovative Ideen und spontan wirkende Ausführung zu einem dichten Ganzen, ein Gegensatz von Harmonie, Melodik und leicht angeschrägten Tönen verdichtet sich zu einem die Neugier weckenden Hörvergnügen, der letzte Song auf Seite A ist nur ganz kurz, ein Solo für Gitarre, zersplitternde Töne und kristallklar, wie der Titel auszusagen scheint.

    Der Musiker Johan Håkansson bringt übrigens mit dem Vibrafon eher sounddienliche Beiträge zur Abrundung, als dass er sich solistisch in den Vordergrund spielt, man würde sein Mitwirken jedoch vermissen, fehlten sie.

    Seite B rockt los mit "Längs rälsen i vargtimmen" und dieser Rock ist stark geprägt von Musik der Sechziger und Siebziger, auch könnte es so klingen, wenn zum Beispiel Bands wie The Shadows ihren Sound entsprechend modernisiert und mit Rock angereichert hätten. Doch hier geht es darüber hinaus viel flexibler zu, Themen werden ausgedehnt gespielt, oft finden Wechsel innerhalb der Songs statt, gar träumerisch und romantisch, das erinnert mich in Zwischenspielen mitunter an atmosphärische Teilsequenzen von Pop-Musik der Sechziger, irgendwann kommt mir "Bang Bang" von Cher in den Sinn, bevor dann wiederum die Post abgeht, Ivarsson voll aufdreht und seine Gitarre kreischen lässt à la Hendrix, und erneut dienen die Vibes nur zur zusätzlichen Verhallung.

    "Sväva mot de dansande katternas planet" birgt Widersprüchliches, ein akustischer Bass, verhallte Gitarre und treibendes Schlagzeug, und nun endlich dazu das etwas stärker hervortretende Vibrafon zum Vorschein, allerdings auch nicht als Soloinstrument. Und es zeigt sich erneut die Vielfalt dieser Musik, sie dermaßen vielschichtig konstruiert ist, dass die Tatsache, dass es sich bei der Band a) um ein Trio handelt und dass b) nur instrumental gespielt wird, locker und kreativ untermauert wird. Ich denke, Epidot hat mit dieser Platte erneut bewiesen, dass es noch Lücken gibt im breit gefächerten Umfeld der Musik, und das unterstreichen die Musiker brillant mit ihrer spürbaren Leidenschaft am Musizieren sehr eindrucksvoll.

    "På flykt undan det löpande bandets monotona rytm" fährt auf mit Elementen einer verträumten Ballade, die aber auch nur Teil des Ganzen ist, und zum Schluß geht es zurück zum Anfang, mit dem Outro zum Titelsong, gefühlvoll und sehnsuchtsvoll intoniert von Ivarsson allein. Diese Band braucht dringend Unterstützung, eine dermaßen weit gefächerte Verwendung von Elementen der Musikgeschichte, zusammengefügt zu diesem niveauvollen Ganzen, ist heutzutage recht selten. Und - sollte Terje Rypdal einmal seine Musik einstellen, hoffe ich, dass Erik Ivarsson dessen Fahne auf seine individuelle Art weiter tragen wird.

    Tracklist:
    Seite A:

    1 Åskgudens son
    2 Trollkarlens elddans
    3 Jag har stulit nyckeln till ditt magiska tempel
    4 Spela för mig på din trolltrumma, bönföll den ensamme vandraren
    5 Vid foten av iskristallens dal

    Seite B:

    1 Längs rälsen i vargtimmen
    2 Sväva mot de dansande katternas planet
    3 Den Bortglömda staden vid horisontens rand
    4 På flykt undan det löpande bandets monotona rytm
    5 Åskgudens son - Outro
    Vilse I Bremen Epidot
    Vilse I Bremen (CD)
    30.08.2021
    Klang:
    5 von 5
    Musik:
    5 von 5

    Ja, das Wort „ungewöhnlich“ wird erneut groß geschrieben bei der Gestaltung der Musik

    Vor zwei Jahren hatte ich die Veröffentlichung “ Sommarens Sista Suck“ des schwedischen Trios Epidot vorgestellt. Damals hatte ich bereits darauf verwiesen, dass mir der Gitarrist Erik Ivarsson als Mitmusiker einer Platte von Sue Sergel positiv aufgefallen war. Daraufhin hatte ich das Vergnügen, die eingangs erwähnte CD zur Rezension zu erhalten. Mit dem Bassisten Adam Lindblom und dem Schlagzeuger Johan Horner hat sich hier das gleiche Trio versammelt, nur ist dieses Mal ein Gast mit an Bord.

    Und erneut ist es Musiker und Produzent Ivarsson, der den Sound der Band wesentlich prägt durch sein eigenwilliges Gitarrenspiel, dass ihn ausweist als sehr individuellen Musiker mit eigenem Ausdruck, und letztlich färbt das ab auf den Gesamtsound der Band. Und dieser rekrutiert sich abermals aus mannigfaltigen Elementen und Grundlagen, Gitarrenmusik der Sixties, hier und da ein Schuss Psychedelic, aber auch immer wieder Jazz-Elemente, dazu Annäherungen an Surfmusik, Klangassoziationen zu Bands wie The Ventures und auch, und das ist das für mich Wesentliche, mich erinnert Ivarsson immer stärker an Terje Rypdal. Und da dieser sich relativ rar gemacht hat mit seinem so speziellen Sound, bin ich froh darüber, dass hier möglicherweise ein neuer Star heranwächst, der sich gottlob nicht in den großen Topf der Gleichförmigkeit und Anpassung werfen lässt und sich durch eigene Klangideen Gehör verschafft.

    Ein Manko mag sein, dass erneut alles instrumental ist und keine Songs mit Texten enthalten sind, insofern kommt es auf den hohen Grad der Individualität an, der Epidot in eine andere Schublade passen lässt, eine, die gern von Musikliebhabern aufgezogen wird, die das Besondere lieben. Das dürfte angesichts der komplizierten Musik, die wahrlich nicht oberflächlich und einfach zu konsumieren ist, dazu führen, dass der große Erfolg noch lange auf sich warten lassen könnte, solange sich nicht eine bestimmte Richtung kanalisieren ließe.

    Vielleicht mag es auch daran liegen, dass Erik Ivarsson in verschiedenen Richtungen aktiv war/ist, von Arvid Nero über Elina Ryd hin zur Bluesband Black Cat Bone, sowie die Band Parallel Activity. Und so mischt sich wie selbstverständlich früher progressiver Rock mit dem Rock von Powertrios der Sechziger mit dem Sound der Shadows oder der Ventures, mit Jazz und Improvisation und rauen ungehobelt wirkenden Elementen. Erneut begleiten ihn Lindblom und Horner einfühlsam und mehr als nur unterstützend, sondern prägen mit ihren Beiträgen die Songs entscheidend mit.

    Die Einspielung der Platte erfolgte im Beard Sound Studio, Gothenburg, am 27. und 28. November 2017 und wurde von der Band selbst produziert. Mit der norddeutschen Stadt Bremen hat es also nichts zu tun, da man vermuten könnte, die Platte sei dort, im Studio oder live, entstanden. Aber letztlich ist Bremen doch involviert, denn wie Erik mir mitteilte, bedeutet "Vilse i Bremen" in etwa so viel wie “Lost in Bremen“. Und vor einigen Jahren war es, dass er sich tatsächlich in Bremen verlief, “really lost“ war, und das kurz vor einem Gig. Als man an den Titeln für das aktuelle Album arbeitete, kam ihm dieses Ereignis wieder in den Sinn und wurde somit verwirklicht, gleich als Plattentitel.

    Ja, das Wort „ungewöhnlich“ wird erneut groß geschrieben bei der Gestaltung der Musik. Die wilde Einleitung, das “Intro“, fliegt so dahin und könnte sicher auf Jazz der besonderen Art verweisen. Und nach Jazz klingt es weiter mit dem zweiten Song, “Bland flammor och rök hördes gamens ekande skratt“ lebt von der swingenden Rhythmusarbeit des Schlagzeugers, dazu ein gestrichener Bass, die Musik wirkt wie eine Einspielung auf dem Label ECM aus den Siebzigern, hier klingt es ganz stark (nicht nur) nach Rypdal, sondern auch generell nach dem entdeckungsfreudigem und forschenden Sound jener Tage, Manfred Eicher möge sein Augenmerk auf die Band richten!

    Einige Assoziationen in Verbindung mit anderen Songs: “Hövdingens sista vila“ (Jimi Hendrix meets the Ventures oder The Surfaris), “Den nakna ryttaren“ (The Byrds‘ “Eight Miles High“ meets Surf-Funk(????), dazu jazzige Vibrafonklänge, “Vilse i Bremen“, der Titelsong packt die Surfmusik erneut an und verfrachtet sie in coole raue Jazz-Fusion der Früh-Siebziger, ein Fünkchen Weather Report dazu (geht so etwas???). Zum Schluss wird es dann rockig, “På flykt från Pensionat sista tiden“ macht mächtig Druck und fließt dann plötzlich nach knapp einer Minute über in einen schleppenden Balladen-Modus, der gestrichene Bass schleust eine gewisse Note kammermusikalischen Jazz‘ ein. Dann rockt es weiter und ich bin erneut mitten drin im musikalischen Kosmos von Terje Rypdal, hier stecke ich gedanklich in der Platte “Bleak House“ aus 1968. Und so geht es mir laufend, es ist schwierig, eine Schublade für diese sich ständig verändernde Musik zu finden. Mit "Vilse i Bremen" ist Epidot ein großer Schritt nach vorn gelungen. So kann ich nur noch inständig hoffen, dass man rasch auf die großen Qualitäten dieser Band aufmerksam werden möge, ich werde kräftig die Werbetrommel rühren!

    Line-up:
    Erik Ivarsson (6 and 12 string electric and acoustic guitars, baritone guitar, lap steel and voice)
    Adam Lindblom (double bass and voice)
    Johan Horner (drums, percussion and voice)
    Special guest: Johan Håkansson (vibraphone - #4, 6, 8, percussion - #4, 6, voice)

    Tracklist:
    1 Vilse i Bremen – Intro
    2 Bland flammor och rök hördes gamens ekande skratt
    3 Hövdingens sista vila
    4 Dansa i underjorden
    5 De kommo vandrande en stjärnklar natt
    6 Den nakna ryttaren
    7 Vilse i Bremen
    8 I svampkonungens rike
    9 På flykt från Pensionat sista tiden
    Legacy Legacy (CD)
    30.08.2021
    Klang:
    5 von 5
    Musik:
    5 von 5

    “'Legacy' is the American Pie of the 21st Century!“

    Da wird man hellhörig! Klebt da doch ein Sticker auf der CD mit dem Text “'Legacy' is the American Pie of the 21st Century!“ Ein gewisser Ken Cartwright von KYAC FM hat diesen Auspruch getätigt. Große Worte, gewagte Worte. Wird man diese Platte von Michael Johnathon daran messen können, was einst Don McLean in den Siebziger schuf? Oder ist nur der Titelsong gemeint, der hier verglichen wird?

    Der Folksänger hat bereits fünf Bücher veröffentlicht, hat eine Oper komponiert und war/ist recht aktiv im Rundfunk- und Fernsehgeschäft. Aufgewachsen ist er in Hudson Valley, New York, bevor er im Alter von neunzehn nach Texas umzog, um dort als Radio-DJ zu arbeiten. Währenddessen, als er Pete Seeger traf, entschied er sich, seinen Weg als Folksänger zu gehen. Sein weiterer Weg führte ihn dann nach Kentucky. Mittlerweile kann er auf die stolze Zahl von sechzehn veröffentlichten Alben zurückschauen. Und nun "Legacy". Der fast neunminütige Titelsong ist ein leidenschaftlicher Kommentar zum heutigen Musikgeschäft, über die damit verbundenen Träume, Enttäuschungen, Hoffnungen und Fehlschläge. Hierbei wird die Geschichte von Songwritern und Musikern von Bob Dylan zu James Taylor, Harry Chapin zum Kingston Trio einbezogen und Stellung dazu genommen, wie es mit der heutigen Musikindustrie bestellt ist.

    Doch wenn auch dieser Song herausgestellt wird und auch tatsächlich im Geiste Don McLean's vorgetragen wird, auch sehr viel Ähnlichkeit mit dessen "American Pie" aufweist, so sollte man die gesamte Platte nicht allein daran messen. Mit Don McLean jedoch kann man Johnathon jedoch durchaus vergleichen, denn sowohl sein stimmlicher Ausdruck als auch die Art der übrigen Songs hätten so alle von McLean auch interpretiert werden können. Das zarte "Winter Rose", die eigenwillige Bearbeitung des Klassikers "Blue Skies" von Irving Berlin, allein mit Gesang und Banjo vorgetragen, das passt genau in die Welt von McLean.

    Weitere Fremdkompositionen stammen zweimal von Bob Dylan (#5, 9) und von Woody Guthrie (#10) Sie sind allesamt sehr gut Bestandteil geworden dieser durchgehend harmonischen und stimmigen Atmosphäre, die mitunter noch unterstrichen wird durch den Einsatz eines Streichquartetts, wirklich ganz wunderschön ist "Rain" gelungen, aber auch die stark von Folk geprägten Songs wie das reduzierte, aber nicht minder aussagekräftige "The Coin" sind Bestandteile einer sehr warmherzigen Musik, Musik, die man gern zum Freund hätte, weil sie so nahe ist und von Herzen kommt.

    Somit ist dem Protagonisten ein hervorragendes Album gelungen, man könnte schon fast sagen, ein wenig ein "Don McLean-Retro-Album". Doch liegt hier keineswegs eine Kopie des Kollegen vor, denn seine Eigenständigkeit bewahrt sich Michael Johnathon auf jeden Fall. Und so sollte diese Platte ganz oben stehen in einer Jahresbestenliste von Folk/Singer/Songwriter-Alben des Jahres 2020! Kräftig unterstrichen wird dieses noch von der Bearbeitung des Klassikers von Woody Guthrie, "Woody's Poem", mit der einleitenden Opernstimme von Jessica Bayne, dem spartanischen Banjo-Arrangement und dem gesprochenen Text von Johnathon und der erneut einsetzenden Jessica Bayne, die "This Land Is Your Land" singt, ja, das ist sehr bewegend, und wenn dann noch der Kinderchor einsetzt, dann wird es gar sehr rührend.

    Nachtrag: Tracklist:

    1 Legacy (8:58)
    2 Winter Rose (2:54)
    3 Blue Skies (1:47)
    4 Rain (3:32)
    5 Knockin' On Heaven's Door (3:38)
    6 The Coin (4:44)
    7 Loyalty (2:51)
    8 The Twinkie Song (2:21)
    9 Like A Rolling Stone (5:38)
    10 Woody's Poem (4:24)
    '40 Ford Coupe '40 Ford Coupe (CD)
    14.05.2021
    Klang:
    5 von 5
    Musik:
    5 von 5

    Ja, diese Musik verströmt eine wohlige Wärme.

    Drei Veröffentlichungen in voller Länge und eine EP hat der Singer/Songwriter Rob McHale aus North Carolina zwischenzeitlich in seiner Diskografie verzeichnet. Nach "Prophets On The Boulevard" scheint es wohl nun Zeit für ein Resümee zu sein. Denn "'40 Ford Coupe" enthält zehn Songs der bisherigen Platten. Auf der Webseite wird zu dieser Zusammenstellung wie folgt ausgeführt: "This album is an historical compilation of previously recorded and now remastered songs from some of Rob’s previous albums."

    Fast - denn der Eröffnungssong und gleichzeitig Titel des Albums, "'40 Ford Coupe" ist neu. Ich hatte ihn bereits live gehört und dazu die Geschichte, von der der Song handelt. In der Gegend, in der Rob lebt, wurde in der Vergangenheit sehr viel Schwarzbrennerei ("Moonshine stills") betrieben. Heute sind lediglich noch Überreste von den illegalen Brennereien vorhanden. Einige "Berühmtheiten" auf diesem Gebiet waren Leute wie Junior Johnson und Willie Clay Call ("The Uncatchable"). Die Beiden sind auf dem Cover links, mit dem Hund, ein Redbone Coon Hound, abgebildet. Ferner erblickt man Rob McHalemit der Gitarre und seinen Bruder Pat McHale (Mundharmonika) auf der Zeichnung von Mike Emery.

    Doch ein ganz wichtiges Utensil ist das Fahrzeug, ein "'40 Ford Coupe". Mit diesem Auto wurde der schwarzgebrannte Schnaps transportiert. Hiermit konnte man etwa bis zu 200 Gallonen des als "White Lightning, Hooch, Corn etc." bekannten Getränks auf den kurvenreichen Strassen und Hügeln von North Carolina transportieren. Und so begeben wir nun mit Rob auf eine Fahrt mit diesem Ford. Wer möchte, kann gern etwas von seinem Lieblingsgetränk dazu genießen.

    Die fünf Songs der EP "Tom Dooley And Friends" sind komplett enthalten. (#2,5,6,7,9)Auf dieser EP erzählt der Musiker mit fünf Songs unter anderem Geschichten zu dem damaligen Kriminalfall, der wahrscheinlich mit einem Fehlurteil endete. Und die übrigen sechs Titel widmen sich ebenfalls der Geschichte. Die drei Veröffentlichungen, von denen diese Songs stammen, hatten mich bereits zu begeisternden Ausführungen veranlasst, so dass sich mittels dieser Kompilation dieses noch einmal in Erinnerung ruft.

    Auffällig war unter anderem die emotionale Nähe zu Songs von John Coster, Bat McGrath oder John Gorka, und ganz besonders zu Gordon Lightfoot. So war ich nicht überrascht, als Rob im Rahmen seines Interviews folgendes erwähnte: "Wenn es eine Studioproduktion gibt, von der ich träume, dann ist das eine zusammen mit Gordon Lightfoot. Ich mag seine Art und seine Musik, und weil er überhaupt ein ganz toller Mensch ist, und man gern mit ihm zusammen ist. "The Wreck of the Edmond Fitzgerald" ist bis heute einer meiner liebsten Songs." Genau diese Wärme und Emotionalität von Lightfoot kann man in fast jedem Stück verspüren.

    Wer also bisher noch keine Platte von Rob McHale besitzt, der kann zumindest mit dieser Kollektion einen hervorragenden Einstieg vornehmen. Ich garantiere, dass man auf eine auf eine gefällige und wohlklingende Musik treffen wird, die das Sonnengeflecht wieder warm strömen lässt. Ja, diese Musik verströmt eine wohlige Wärme. Musikalisch ist eine gelungene Mischung aus Folk, Blues, Bluegrass und Roots zu erwarten, im Modus des Singer/Songwriter-Genres, vorgetragen von sanfter und emotional stark überzeugender Stimme.
    Painter Painter (CD)
    14.05.2021
    Klang:
    5 von 5
    Musik:
    5 von 5

    Musik, die man gern zum Freund hätte, weil sie von Herzen kommt.

    Erst im letzten Jahr hatte mich der Folksänger Michael Johnathon überrascht mit seiner Platte "Legacy". Auf der CD klebte ein Sticker mit der Aufschrift: 'Legacy' is the American Pie of the 21st Century!.

    Der in Hudson Valley, New York, aufgewachsene Musiker brauchte auf "Legacy" den Vergleich mit Don McLean nicht zu scheuen, denn die stimmliche Vortragsweise als auch die Art der Kompositionen wiesen allesamt Parallelen zu McLean auf. Hatte der Titelsong durchaus Ähnlichkeit mit "American Pie", so ist es auf der neuen Platte, "The Painter", eine Komposition von Don McLean, mit der man nun wunderbar vergleichen kann - "Vincent(Starry, Starry Night)". Diese Version ist zwar sehr ähnlich, vor allem in der teils romantischen, teils melancholischen Stimmung, doch angesichts des Arrangements mit Streichern und Flöte sehr eigenständig, letztlich aber ebenfalls - wunderschön!

    Weitere Fremdkompositionen neben den sieben eigenen Songs stammen von Harry Chapin (#4), Lorenz Hart/Richard Rodgers (#10) und Bob Dylan (#9). The Painter ist ein Tribut-Album an Vincent Van Gogh, der Maler, der des Protagonisten Interesse an der Malerei geweckt hat. So hatte er, bevor er die Arbeiten zu diesem Album begann, 43 eigene Ölbilder gemalt in seinem Studio, und so die Auszeit wegen der Pandemie kreativ genutzt. Jonathon führte dazu aus: To me, The Painter is a song cycle about the idea of the blank canvas of life being filled with all the colors of life.

    Jeder Song atmet einen eigenen Charakter, und stets sind es Kleinigkeiten und Nuancen, die die Atmosphäre perfekt abrunden, sei es das zarte Flötenspiel von Sharon Ohler, die Streicherarrangements, ein tupfendes Piano oder ein Akkordeon. Nicht jeder Song erinnert direkt an McLean, denn Johnathan verfolgt durchaus einen eigenen Ansatz, gelegentlich erinnert mich die Ausprägung einiger Titel stilistisch an solch eher unbekannte Kollegen wie Bat McGrath oder John Coster.

    Die Fremdtitel hat der Protagonist ebenfalls mit eigenen Vorstellungen ausgefüllt, sehr gut gelungen ist es aus meiner Sicht auch mit Dylan's Song "Make You Feel My Love", ein Juwel. Ein ganzes Album mit Dylan-Stücken stelle ich mir sehr interessant vor! Den Klassiker des Great American Songbook, "Blue Moon", hört man in einer dezent swingenden und folkigen Fassung, er strahlt so eine recht positive Stimmung aus. Letztlich muss ich mich wiederholen, wenn ich erneut feststelle: Diese Musik ist sehr warmherzig, sehr intim in ihrem Charakter, sehr nahestehend, Musik, die man gern zum Freund hätte, weil sie von Herzen kommt.
    Solitaire Ted Russell Kamp
    Solitaire (CD)
    14.05.2021
    Klang:
    5 von 5
    Musik:
    5 von 5

    Sehr professionell, dabei stets mit hohem Wohlfühl-Charakter und ein gutes Bauchgefühl vermittelnd.

    Wie Ted Russell Kamp mir vor längerer Zeit bereits mitteilte, sollte sein neues, das mittlerweile dreizehnte Album, mit dem Titel "Solitaire", am 7.Mai 2021 erscheinen. Und nun ist es endlich soweit. Er führte aus, dass sich die Musik sanfter als sonst darstellen werde, mit dem Akzent auf akustische Instrumente. Diese Art wählte er auch wegen der aktuellen Situation hinsichtlich der Pandemie. Und so hat Ted das Album fast im Alleingang in seinem Studio "The Den" eingespielt. Letztlich sei er auf das Ergebnis recht stolz, und im Grunde genommen auch ein bisschen verunsichert gewesen, eben, weil es durch diesen mehr intimen Charakter auch etwas introvertiert sein könne, im Gegensatz zu seinen üblichen Veröffentlichungen. Nun, in diesem Zusammenhang sollte man jedoch auch auf die beiden seinerzeit "eingeschobenen" Alben “The Low And Lonesome Sound“ und “Flying Solo“ hinweisen, die letztlich auch sehr reduziert und mit intimen Charakter eingespielt wurden. Und - so weist Ted im Übrigen auch darauf hin, dass Folkmusik schon immer einen großen Einfluss auf ihn gehabt habe.

    Auf "Solitaire" spielt Ted recht viele Instrumente, nur fehlen dieses Mal eine Trompete und eine Posaune, wie beim letzten Album. Und so ganz allein hat er die Platte auch nicht eingespielt, denn einige Gast-Vokalisten als auch Musiker haben ihren Teil dazu beigetragen, jeweils bei sich zu Hause aufgenommen und dann per E-mail weitergeleitet, aus der Ferne sozusagen, und Ted konnte ihre Anteile insofern hinzumischen. Im Einzelnen sind die Beiträge dem Line-up zu entnehmen.

    Also ganz so "Solitaire" ist das Album dann nicht entstanden, "Solitaire" im französischen Sinne (= einsam), oder Solitär als deutscher Begriff (=Einzelgänger). Angesichts der auf der Rückseite des Covers abgedruckten Spielkarten mag der Albumtitel wohl eher darauf verweisen: auf das Karten-Spiel Klondike, das seit Windows 3.0 unter dem Namen "Solitaire" verfügbar ist, und eine Variante der Patiencen darstellt.

    Was meint Ted dazu in seiner Eigenkomposition des Titelsongs?

    I got something on my mind been trying to find the words,
    one leads to the next then they scatter like the birds,
    fighting with a feeling like I’m alone inside a maze,
    don’t Know what’s in the cards but I been Circling round for days.
    I could Try to start again but it won’t get me anywhere.
    Either way the game I play is solitaire.
    It’s written on your face the trouble on your mind.

    Ja, da dreht sich offensichtlich jemand im Kreis, ohne zu wissen, was die Karten aussagen, auch ein Neubeginn wäre offensichtlich sinnlos. Doch der Gesichtsausdruck des Gegenübers signalisiert offensichtlich Ärger, oder? Wie es inhaltlich auch gemeint sein mag, es sind alle Texte, die wiederum sehr gehaltvoll berichten vom alltäglichen Leben und seinen Geschehnissen und Ereignissen, leider nicht abgedruckt in einem vorhandenen Booklet. What I miss the most is the piece of me I left behind. The way back home is the hardest road to find. ("The Hardest Road To Find") I’m looking for a spark a tiny beam of light, a little magic in the dark to get me through the night. ("The Spark")

    Die Platte startet mit einem Song, den Ted vor Jahren zusammen mit Micky & Willy Braun von Micky And The Motorcars für deren Album "Hearts From Above" (2014) schrieb. Nun ist das Arrangement sehr reduziert auf Gitarren, Bass, Mandoline, Keyboards, Shaker. So atmet es etwas vom Feeling eines Bluegrass-Songs, sehr locker, leicht und luftig. Sehr ruhig und folkig ist "Path of Least Resistance", bis sich dann mit "You Can Go To Hell, I’m Going To Texas" einer meiner Lieblingssongs vorstellt. Dieses coole kalifornische Westcoast-Feeling mit wunderbarem Country-Einschlag ist absolut betörend und geht unter die Haut. Und gerade der Einsatz der Pedal Steel von John Schreffler ist ein absolut emotionaler Schachzug. Also - lieber nach Texas anstatt in die Hölle? (Ted, willst Du nach Texas umsiedeln?)

    Dieser Song ist einer der Ausnahmen in dem zumeist von einem intimen Charakter bestimmten Ausdruck der Stücke. An die Musik von “The Low And Lonesome Sound“ erinnern "As Far As The Eye Can See" und "Only a Broken Heart" mit der Betonung auf den Bass, Letzteres auch inklusive eines kurzen Bass-Solos. "The Hardest Road to Find" ist eines meiner weiteren Lieblings-Songs, nicht nur wegen des Textes, sondern insgesamt strahlt die Musik eine sehr nahe gehende Stimmung aus, im Übrigen ist der Co-Autor Mark Mackay an der E-Gitarre zu hören.

    Ein weiterer Co-Autor ist Shane Alexander, der zusammen mit Ted dem Song "Western Wind" einen wehmütigen Charakter verleiht, da passt das Akkordeon ganz wunderbar zur Stimmung. Ed Jurdi (Band Of Heathens) ist beteiligt beim Titel "Exception to the Rule", unter anderem spielt er die Slidegitarre, die mich ganz stark an Passagen von George Harrison erinnert. An einen ganz anderen Musiker erinnert mich der Sound von "Be Your Man". Yeah - da schwingt das Feeling von Tony Joe White durch und die dampfende Atmosphäre der Swamps, auf ganz reduzierte Weise instrumental dargestellt.

    Ein eine sehr in sich gekehrte emotionale Stimmung ausdrückender Song ist "A Rose Or Two", mit einem Text, der sich damit beschäftigt, nicht im Gestern zu leben, sondern sich mit dem zu beschäftigen, was man liebt und auch nicht seine Träume aus den Augen zu lassen. Welch' ein wunderschöner Song mit einer kraftvollen Ausstrahlung! In ein ganz vorzügliches Arrangement ist "The Spark" gekleidet, eine alleinige Komposition des Protagonisten, diese Atmosphäre wirkt fesselnd und durch die stets an- und abschwellend Pedal Steel erhält sie etwas Geheimnisvolles, da spüre ich ein wenig etwas vom Klassiker "Ghost Riders In The Sky". Dieser Titel ist für mich der nächste Knaller der Platte, und Ted singt den Song so, als würde er eine ganz wichtige Geschichte erzählen, mit recht viel Dramatik im Ausdruck! Ständig schwelt diese Stimmung und irgendwie wartet man auf irgendeinen Ausbruch.

    Bemerkte ich zu Beginn, dass "My Girl Now" ein wenig die Stimmung eines Bluegrass-Songs widerspiegelt, so trifft dieses in noch stärkerem Masse auf den Bonus-Track "Lightning Strikes Twice" zu. Durch das Bass-Fundament und die Auskleidung unter anderem durch das Banjo schwebt die Stimmung förmlich dahin, eine perfekte "Backporch-Atmosphäre". Und so endet die Platte in etwa so, wie sie startete, und hinterlässt einen mehr als guten Eindruck, gerade hinsichtlich der stilistischen Vielfalt und der Umsetzung dessen, was Musiker im Rahmen der Isolation aufgrund der Pandemie leisten können, und das in diesem Falle auf höchstem Niveau und sehr professionell, dabei stets mit hohem Wohlfühl-Charakter und ein gutes Bauchgefühl vermittelnd.

    Und so kann ich der Aussage des Print-Magazins "No Depression" nur beipflichten, ist diese doch auf der Rückseite der Verpackung abgedruckt: "...terrific. Ted is a star on the rise." (No Depression) Nun, das versuche ich auch bereits seit Jahren, zu erklären....Ist die Zeit dafür nun endlich gekommen?
    Graffiti Jazz Graffiti Jazz (CD)
    14.05.2021
    Klang:
    5 von 5
    Musik:
    5 von 5

    Dieser Piano-Trio-Jazz ist etwas Besonderes!

    Heute stelle ich eine Platte des 1977 in Rotterdam geborenen niederländischen Pianisten und Komponisten Rembrandt Frerichs vor. Sowohl in der Heimat als auch national traf er mit vielen bekannten Musikern zusammen, zwei Jahre verbrachte er in Ägypten, und so mag auch dieser Aufenthalt teilsweise prägend gewesen sein.

    "Graffiti Jazz" nennt er sein aktuelles Album, das er mit dem Bassisten Tony Overwater und dem Schlagzeuger Vinsent Planjer eingespielt hat. Und mit dieser Aufforderung startet die Platte: "Treten Sie ein, ohne zu klopfen", so die Übersetzung des Songtitels. Nun gut, ich habe nicht geklopft und bin eingetreten. Und sogleich werde ich empfangen von einer virtuosen und lebhaften Stimmung, in der alle drei Musiker prägend und voller Leidenschaft strahlen. Bei Minute 1:23 verstummen Bass und Schlagzeug und Rembrandt wird solo auf dem Piano aktiv und bringt Elemente der klassischen Musik in den Song, bis etwa 2:17, und der Song so endet, wie er begann. Dieser Auftakt lässt aufhorchen, bringt er doch sofort einen anderen Ansatz ins Spiel, wie man ihn oft von traditionellen Piano-Trios im Jazz erwartet und auch oft genug kennen gelernt hat.

    Nehme ich das Wort "Graffiti" zur Hand, dann erklärt sich dieses (laut Wikipedia) als Sammelbegriff für thematisch und gestalterisch unterschiedliche sichtbare Elemente, zum Beispiel Bilder, Schriftzüge oder Zeichen, die mit verschiedenen Techniken auf Oberflächen oder durch deren Veränderung im privaten und öffentlichen Raum erstellt wurden.
    Zudem soll Graffiti auf den Protagonisten eine intensive Anziehungskraft ausgeübt haben, selbst übte er es auch und soll auch eine Art Initialzündung für seine künstlerische Entwicklung gewesen sein. Um auf die Begriffserklärung zurück zu kommen, so kann ich mit Fug und Recht feststellen, das die Musik des Trios sicherlich "thematisch und gestalterisch unterschiedliche sichtbare Elemente" geschaffen hat.

    Und so stelle ich mir dann die drei Musiker als Sprayer vor, die auf eine große weisse und leere Leinwand gestalterisch sprühen. Und dabei vertritt jeder einerseits eine differenziert andere Auffassung, letztlich aber formt sich das zu einem runden gemeinschaftlichen Gesamtergebnis von hoher Qualität.

    Frerichs ertappe ich sehr oft dabei, dass er entweder öfter Elemente klassischer Musik einbringt, dazu oft sehr verträumt und gedankenverloren zu agieren scheint, und viel Melancholie verbreitet. Planjer am Schlagzeug bringt für mich die wilden Elemente ins Spiel, er wirkt mitunter eruptiv und forsch. Diese von den beiden Musikern vorgefertigten Muster werden dann von Overwater am Bass ausgemalt mit warmen und weichen Tönen.

    Dieses birgt daher verschiedene Stimmungen in sich, von akademischen Ansätzen bis zu wilden Klängen aus dem Bauch heraus, und gelegentlich auch mit orientalischen Elementen. Und stets birgt so manch ein Song Nuancen, die aufhorchen lassen und ihm fernab jeglichen Mainstreams besonders machen, man nehme als Beispiel "The Big Over Easy", wo die fein ziselierte Perkussionsarbeit konträr zum Spiel von Piano und Bass zu stehen scheint, aber letztlich einfach nur eine besondere Art der Perkussion darstellt, die das Schlagwerk in eine andere Rolle als ein reiner Begleiter zu sein, hebt. Auffällig ist in diesem Zusammenhang, dass gerade Planjer hiermit in jedem Song eine sehr wichtige Stellung einnimmt. Genau - diese und andere Feinheiten sind es, die die Musik dieser Platte bestimmen und sie dadurch sehr interessant macht, vielseitig, lebendig, mitreissend und spannend. Dieser Piano-Trio-Jazz ist etwas Besonderes!
    The Pilot And The Flying Machine Ben Bedford
    The Pilot And The Flying Machine (CD)
    07.10.2020
    Klang:
    4 von 5
    Musik:
    5 von 5

    Qualität und Tiefe

    Ben Bedford ist ein Singer/Songwriter aus Illinois, USA. Schon jetzt fasse ich einmal zusammen, was mir mein erster Höreindruck auf seinem vierten Album beschert hat.
    Musik, die mich angenehm berührt und viele Assoziationen weckt, einerseits an die britische Folkszene der Siebziger, Ralph McTell, Bert Jansch, John Renbourn, Nick Drake, andererseits an amerikanische Folkies wie Tom Rush, Don McLean, Townes Van Zandt und andere.

    Doch es sind nicht unbedingt Zitate, die ich von oben genannten vernehme, nein, es ist der Gesamteindruck, als hätten sich alle miteinander vermengt und als Ergebnis wäre Ben Bedford herausgekommen. Aber das wäre zu wenig. Denn das, was nun noch die Vollendung des Werkes darstellt, ist die persönliche Note des Künstlers selbst. Seine Geschichten erzählen aus dem Amerika von heute, von individuellen Menschen, und das mit einer persönlich geprägten poetischen Weise, mitunter in philosophische Welten abgleitend.

    Und so wirkt die Musik dann auch, sofort sehr zugänglich, obwohl sie eigentlich eher ein wenig sperrig zu sein scheint. Denn die Harmonien und Melodien sind vielseitig und ausgeprägt, so dass kein grundsätzlich schnell greifbares Material zur Verfügung gestellt wird. Dafür ist die Musik aber schön, melancholisch schön, und das liegt in ganz besonderem Maße auch daran, dass mit Diederik van Wassenaer ein Musiker dabei ist, der es versteht, mit seinen Streichinstrumenten wesentliche Akzente zu setzen.

    Lyrische, poetische Musik für stille Momente zu Hause, aber auch durchaus lagerfeuertauglich, hochwertig und sehr interessant hinsichtlich der Kompositionen und der Arrangements, wenngleich die Instrumentierung hierbei recht sparsam eingesetzt ist, jedoch die Wirkung sehr üppig im Gegensatz dazu. Hier hat sich wieder jemand in die Riege der Singer/Songwriter eingeschlichen, der mit Individualität glänzt und von dem man eigentlich nicht genug bekommen kann. Diese Platte zählt zu jenen, die man immer wieder von vorn spielen kann und die dabei stets neu wirken, immer mehr erschliessen sich dann die Schönheit und Güte. Das spricht für Qualität und Tiefe, und somit zählt diese Musik heutzutage zu den Ausnahmeerscheinungen.
    Reliever William Prince
    Reliever (CD)
    08.08.2020
    Klang:
    5 von 5
    Musik:
    5 von 5

    "Reliever" halte ich für einen absoluten Lichtblick und bisherigen Höhepunkt dieses Jahres im Bereich Singer/Songwriter.

    Es ist sehr erfreulich, wenn man in der Masse von Veröffentlichungen immer wieder etwas Besonderes entdeckt. Und wenn dieses zudem ausserhalb dessen abläuft, was sich heutzutage im Mainstream und in den Charts tummelt, dann ist das besonders angenehm. So geschehen mit der aktuellen Platte "Reliever" des aus Kanada stammenden Singer/Songwriters William Prince. Und dazu verfügt der Mann über eine sehr ausdrucksstarke Stimme, die ihn ebenfalls besonders macht, 'One In A Million', so könnte man es treffend formulieren.

    Als Kind unter anderem beeinflusst von Gospelmusik, schlägt sich auch das hier nieder. Mit ganz samtenem Soul-Feeling schleicht sich seine warmherzig klingende Musik in die Seele und hinterlässt ein Wohlgefühl – bereits beim Opener "The Spark". »These songs were born in a time of great challenge«, so liest man im Innern der CD-Verpackung. Worum es im Einzelnen geht, kann man in den Texten im beigefügten Booklet nachlesen. "Heaven And Hell", "Lighthouse", das allein lässt Zusammenhänge vermuten, möglicherweise tragen die Texte auch autobiografische Züge.

    Insofern kann man sich rasch einlassen auf eine familiär wirkende Atmosphäre und wenn man den einen oder anderen Text genauer ansieht, dann kann man sich durchaus darin wiederfinden. Und damit trifft es dann auch diesen von William Prince aufgeführten Satz: »May these songs do for others what they have done for me«. Ja, William, sie können…

    Somit breitet sich eine ganze Palette von Emotionen vor dem Hörer aus, oft mit einer gewissen Traurigkeit und Melancholie behaftet, aber nicht herunter ziehend und depressiv wirkend. Denn wenn man dem Titelsong intensiv lauscht, dann kann das einen Kloss im Hals verursachen. Ein langsamer Song, dramatischer Gesang, und wenn dann das flirrende Streicherarrangement auftaucht und dazu ganz leise die Steel Guitar jauchzt, das geht sehr nahe.

    Es sind tatsächlich vor allem die ruhigen (und überwiegenden) Nummern, die diese spezielle Atmosphäre verbreiten, eine Stimmung, die zum Innehalten verleitet, und dazu, sich wirklich einmal die Texte zur Hand zu nehmen, und den Song dann ganzheitlich wahrzunehmen. So begreift man sich im Laufe der Spielzeit als fokussiert und gefesselt, doch es ist sehr angenehm, sich hier fallen zu lassen, das warme Gefühl ist ganz einfach wie ein angenehmes warmes Bad im kalten Winter. Prince vermag es zu bewerkstelligen, dass die Musik wie ein Labsal inmitten einer unwirklichen Welt wirkt, wie ein Trost, auf den man schon lange wartet, ja, er versteht es zu berühren. Und genau das ist es, was vielen Musikern heutzutage leider nicht mehr gelingt, einen solchen Bogen zu schlagen zum Publikum.

    Eingepackt ist die Musik in das, was man bereits in den Siebzigern im Bereich von Singer/Songwritern vorfand, assoziativ fallen mir hier John Prine, Mickey Newbury oder auch Townes Van Zandt ein, also auch mit einer Hinwendung zu Folk und Country. So hoffe ich, dass sich William Prince einreihen mag in die Schar wichtiger Komponisten und Interpreten dieser Zunft. Denn "Reliever" halte ich für einen absoluten Lichtblick und bisherigen Höhepunkt dieses Jahres im Bereich Singer/Songwriter.
    Rockin Wild: 1952 - 1963 Recordings (Limited Edition) Earl Hooker
    Rockin Wild: 1952 - 1963 Recordings (Limited Edition) (CD)
    14.07.2020
    Klang:
    3 von 5
    Musik:
    5 von 5

    Unbestritten galt er in Fachkreisen als bester Nachkriegsgitarrist der Ära des Chicago-Blues.

    Earl Zebedee Hooker wurde am 15.1.1930 in Clarksdale, Mississippi, geboren. Als Earl ein Jahr alt war, zog die Familie nach Chicago. Beide Elternteile waren Musiker, der Vater spielte Blues auf Gitarre und Harp, und die Mutter sang Gospel. Weiterhin traten sie mit sogenannten “Tent-Shows“ auf.

    Der ältere John Lee (Hooker) war sein Cousin. Durch ihn wurde er letztlich inspiriert, auch das Gitarrespielen zu erlernen. Dieses brachte er sich etwa im Alter von zehn Jahren selbst bei. Earl erweiterte sein Wissen der Gitarre um Mandoline und Banjo und widmete sich ebenfalls dem Klavier- und Schlagzeugspiel.

    Zu dieser Zeit, noch als Schüler, verdiente er sich etwas Geld als Strassenmusiker, u.a. mit Bo Diddley. Hier lernte er 1945 dann auch Robert Nighthawk kennen, der ihn in die Geheimnisse der Slidegitarrentechnik einführte, und zu seinem Haupteinfluss wurde. 1949 erfolgte ein Umzug nach Memphis. Dort trat Hooker im Radioprogramm von Sonny Boy Williamson (King Biscuit Time) auf und tourte in den frühen 50ern mit Ike Turner und seiner Band. In diese Zeit fallen auch die ersten Plattenaufnahmen für das King-Label (1952), später auch für Sun.

    Die Aufnahmetätigkeiten setzte er Mitte der 50er Jahre in Chicago, wohin er zurückkehrte, fort. (Aufnahmen für C.J., Age, Checker, Chess, Chief, Cuca) Hier setzt diese neue Kompilation an, einen insgesamten Zeitraum zwischen 1952 – 1963 abdeckend. Rockin' Wild umfasst Einspielungen für folgende Label: Age, Chief, Argo, King, Mel-Lon, Profile und U.S.A., also auch Label, für die Hooker in den Sechzigern aufnahm. Enthalten sind nicht nur Solo-Titel, sondern es sind auch Zusammenarbeiten mit Junior Wells, Reggie Boyd, A.C. Reed und anderen dokumentiert.

    Leider fehlen wichtige Aufnahmen aus der dargestellten Zeit, und schliesslich könnten auch die nach 1963 eingespielten Titel Anlass für eine weitere Kompilation geben, jene Zeit, als der Gitarrist, der so gut wie nie selbst sang, durch das “American Folk Blues Festival“ in Europa erneute Aufmerksamkeit genoss, was schliesslich zu einem guten Deal mit Arhoolie Records führte.

    Bereits seit etwa 1963 litt Earl Hooker verstärkt unter den Folgen einer TBC-Erkrankung, die immer wieder zwischenzeitliche Inaktivität bewirkte. Nach der Rückkehr von der Europatournee flammte die Erkrankung wieder auf und Earl verstarb schliesslich an den Folgen am 21.April 1970 im Alter von nur 41 Jahren.

    Der Gitarrist war bekannt für seine stilistische Vielfalt. Er konnte neben dem Blues auch R&B, Hillbilly, Country, Jazz, Rock’n’Roll spielen. Dieses machte ihn zu einem viel begehrten Sessionmusiker. Als Sänger trat er nur gelegentlich in Erscheinung, da ihn die Tuberkuloseerkrankung hierbei stark hinderte, und er angeblich auch zu schüchtern gewesen sein soll.

    Unbestritten galt er in Fachkreisen als bester Nachkriegsgitarrist der Ära des Chicago-Blues. Sein Slidegitarrenspiel unterschied sich von Leuten wie Muddy Waters oder Elmore James (die im “open tuning“ spielten), dadurch, dass er die Gitarre für sein Slidespiel nicht umstimmte, um flexibler zu bleiben.
    Als erster Bluesgitarrist benutzte er das Wah-Wah-Pedal (angeblich durch Hendrix inspiriert) zur Bereicherung seines ohnehin schon umfangreichen Klangrepertoires.
    Wie später Jimmy Page und andere Gitarristen verwendete Hooker eine Doppelhals-Gitarre von Gibson (6-und 12-saitig).
    Sein Slidespiel zeichnete sich oft aus durch schrilles, hohes Pfeifen, weil er auch die höchsten Register des Instrumentes zu nutzen wusste. Hooker war beliebt wegen seines äusserst weichen und klaren Spiels, wobei „jede einzelne Note wie eine Glocke klang“.

    Trotz seiner Innovationen wurde er nie entsprechend gewürdigt, vergleicht man ihn mit damals populären Bluesern wie Buddy Guy, Otis Rush, Magic Sam. Diese Kollektion möge also dazu beitragen, den hervorragendem Musiker verdientermassen wieder ein wenig in das Licht der Öffentlichkeit zu rücken! Denn sie enthält durchaus die verschiedenen Stilelemente, die anhand einiger Songs perfekt dargestellt wurden, mit einem seiner wohl wichtigsten Titel vorab, "Blue Guitar", das später, allerdings unter Beteiligung von Hooker, später von Muddy Waters zu "You Need Love" umfunktioniert wurde, und letztlich als "Whole Lotta Love" von Led Zeppelin endete.

    Groovende Rocker wie "Rockin' Wild", dann ein treibender Blues mit dem Protagonisten als Sänger, hier "Win The Dance", ein Instrumental, das die Kunstfertigkeit des Gitarristen hervorhebt ("Universal Rock"), typische Slow Blues (#8, 2, 24, 27) ein Kriegstanz mit "Apache War Dance", und immer wieder diese herrlich schleppenden Titel mit diesem unwiderstehlichen Backbeat. Mit "Race Track" aus 1952 haben wir den ältesten Titel vorliegen, dieses schnelle Instrumental zeigt bereits den weiteren Weg auf brillante Weise. Eine Fortsetzung möge bitte folgen...
    Deep Blue Louise Patricia Crane
    Deep Blue (CD)
    05.06.2020
    Klang:
    5 von 5
    Musik:
    5 von 5

    Prog Rock der sanften Art trifft auf verträumt avantgardistischen Pop und dezente Anleihen beim Folk

    Oft, wenn man glaubt, es gäbe an Neuerscheinungen nicht Neues, oder Musik, die zum Aufhorchen zwingt, weil sie anders ist als das, was im riesigen Meer der Genres mittlerweile fest verankert ist, dann wird man eines Besseren belehrt. Nun, die Musik von Louise Patricia Crane ist in ihrer Gesamtheit oder zumindest in der Gesamtheit ihrer Elemente sicher nicht neu. Doch sie ist anders, sie streckt ihre Fühler in verschiedene Richtungen, ist im Zusammenschluss dieser sehr individuell zugeschnitten und verfügt über dieses gewisse Charisma, von dem man unvermittelt gepackt wird und so schnell nicht losgelassen.

    Basis dieser Platte ist ein Projekt von Stephen Carey, das unter dem Namen The Eden House, unter Zuhilfenahme vieler Gastmusiker, Musik im Umfeld von “Gothic Rock, Psychedelic, Ethereal Wave“ schuf. Unter den Mitwirkenden war neben der Protagonistin auch der auf dieser Platte anwesende Simon Rippin, so bilden drei Musiker die Basis für dieses Debüt-Album, "Deep Blue". Die Platte ist unterteilt in die Oberbegriffe “Sun“ (#1-4) und “Moon“ (#5-8).

    Bei der Umsetzung der Eigenkompositionen halfen auch einige namhafte Gäste, so ist der von King Crimson bekannte Jakko Jakszyk dabei, ferner Scott Reeder (Kyuss), Ian Anderson von Jethro Tull, der zweimal sein Querflöte erklingen lässt, sowie der einst unter anderem bei Pentangle aktive Bassist Danny Thompson.

    “Deity“ startet geheimnis- und verheißungsvoll, und ich hoffe die ganze Zeit der Einleitung, dass diese Stimmung nicht etwa durch einen furchtbaren Gesang oder Ähnliches zerstört werden möge. Doch – meine Erwartungen werden nicht enttäuscht. Zwar steht Louise Patricia Crane als Vokalistin nicht extrem im Vordergrund, sondern vergräbt sich eher im dichten, wattig-wolkigen Geflecht des breitflächigen Sounds, ohne jedoch unterzugehen und noch immer prägend, dabei sehr elegant und gefühlvoll.

    Und auf “Snake Oil“ erklingt dann das erste Mal die Flöte von Ian Anderson und bringt ein ganz besonderes Flair in den Sound. Hier fällt mir dann das erste Mal auf, dass meine Gedanken assoziativ stark in Richtung Kate Bush wandern. So soll bei den Bandmitgliedern auch eine große Vorliebe für deren Album “Hounds Of Love“ bestehen. Dieses bildet sich um das eine oder andere Mal auch ab. Ein nächster Farbtupfer sind die Uillean Pipes auf “Painted World“, einem Song, den Louise Patricia Crane bereits 2017 schrieb, und der nun endlich musikalisch verewigt werden konnte. Herrlich ist bei diesem Stück diese wunderschön schwebende und dezent verhallte Atmosphäre, die im Einklang mit den Pipes, dem Gesang und der E-Gitarre von Jakko Jakszyk geschaffen wurde.

    Letztlich ist es genau diese entsprechende Atmosphäre, die den Reiz der Musik des Albums ausmacht. Prog Rock der sanften Art, ganz wunderbar dargestellt auf “Cascading“, trifft auf verträumt avantgardistischen Pop und dezente Anleihen beim Folk, besonders herauszuhören beim letzten Song, “The Eve Of The Hunter“. Ganz viel Fantasie findet Niederschlag in der durchgehend heimeligen warmen Stimmung, mitunter ein wenig in eine düstere Richtung abschwenkend, aber schließlich nie depressiv wirkend. Mitunter kann ich Ähnlichkeiten zur Musik von Tarja Turunen verorten, zumindest, was deren episch-balladeske Songs betrifft.

    Sehr gut gelungen ist auch der Einsatz der Streichinstrumente auf den Stücken fünf bis sieben, das unterstreicht den mystischen Charakter immens. Hier sollte man sich unbedingt den Titelsong zu Gemüte führen, welch eine Dramatik wird hier entwickelt! Durch den typischen Sound des akustischen Basses von Danny Thompson werden wir auf den Endspurt geleitet, eine sehr schöne Ausleitung mit einem Hauch späterer Pink Floyd, ein Abschluss eines ganz besonderen Albums, mit Musik, die faszinieren kann.

    Das Cover wurde im Übrigen von einem recht bekannten Künstler gestaltet. Wer Thin Lizzy kennt, wird auch Jim Fitzpatrick kennen, der so manches Plattencover jener Band veredelt hat.
    The Quiet Cormorant The Quiet Cormorant (CD)
    21.04.2020
    Klang:
    5 von 5
    Musik:
    5 von 5

    Mit dreizehn nicht allzu langen Songs scheint der Komponist Johansen Geschichten zu erzählen....

    Per Oddvar Johansen, 1968 in Oslo geboren ist Schlagzeuger, unter anderem bekannt durch Zusammenarbeiten mit Musikern wie Trygve Seim, Torbjørn Sunde, Christian Wallumrød, The Source, Solveig Slettahjell und Vigleik Storaas.

    Zunächst geschult durch Rockmusik, erweiterte sich Johansen stilistisch durch ein Jazzstudium. Der in der norwegischen Jazzszene sehr gefragte Schlagzeuger legt nun mit "The Quiet Cormorant" sein aktuelles Album vor. Mit dem Pianisten Helge Lien, dem Saxofonisten Torben Snekkestadt und auf zwei Titeln Hedvig Mollestad an der Gitarre stehen ihm hochwertige und großartige Musiker zur Seite.

    Mit dreizehn nicht allzu langen Songs scheint der Komponist Johansen Geschichten zu erzählen, so scheint es, allesamt aus einem mystisch wirkenden Buch entnommen. Fantasy, die zur Realität umgesetzt wird. Denn trotz aller magisch wirkenden Stücke ist die Musik noch geerdet, wenngleich man glaubt, sie entschwebe mitunter in das Unendliche.

    Maßgeblichen Anteil am Gelingen bei der Umsetzung der Kompositionen hat sicher auch Helge Lien, der bereits durch seine Piano-Trio-Veröffentlichungen entsprechende Zeichen setzen konnte mit seiner absolut hochklassigen Musik. Insbesondere kommt der Musik dieser Formation seine Bandbreite von Groove hin zu verträumten Momenten, die insbesondere eine nordische Prägung geben, sowie mit Zutaten aus der klassischen Musik, zugute.

    Aber auch der im experimentellen Bereich tätige Snekkestad füllt mit seinen getupften und impressionistischen Saxofonklängen die Leinwand dieser Musik mit seinen zarten und romantischen und in die Ferne tragenden Beigaben maßgeblich und prägend aus. Snekkestad ist ein Musiker, der es versteht, Klangräume zu schaffen und diese auch mit minimalistischen Nuancen zu bereichern.

    Der Titelsong, mit dem die Platte startet, zeigt den Schlagzeuger ebenfalls als Vibrafonisten, mit diesem Instrument erzeugt er verhallte Tupfer, der Song basiert auf dem akzentuierten Spiel des Pianos, das Saxofon bringt hier allenfalls andeutungsweise so etwas wie einen Hauch von Klängen ein, sehr verträumt, dieser Einstieg. Und dabei bleibt es im Laufe der Platte, die allerdings noch mit einigen Höhepunkten innerhalb dieser an Höhepunkten nicht armen Musik aufwarten wird.

    Im “Waltz For Hire“ spielt Johansen mit den Becken, lässt dazu die Snare Akzente setzen, und legt einen dahinschwebenden Rhythmus vor, der von den beiden Mitspielern an Piano und Saxofon malerisch umspielt wird. Und schon ist er da, eines meiner liebsten Songs, “Brown House (By The Sea)“, ein Favorit – weil? Ja, weil sich hier Hedvig Mollestad „einmischt“. Ihr Spiel bereitet mir Gänsehaut und ich kann schnell in eine Art Verzücken geraten. Einmal spüre ich hier etwas ganz Besonderes in der Atmosphäre, ich fühle mich wie in einem Film, oder besser, wie in einem Flugzeug, aus dem der Film heraus gedreht wird und ich dabei über eine weite, ganz weite Landschaft schwebe, unendlich, dabei alles in Zeitlupe, obwohl das Schlagzeug Schnelligkeit signalisiert. Doch diese Schnelligkeit wird aufgehoben durch die wabernden Gitarrenklänge, die mich ganz stark an die stärkste und kreativste Phase eines Terje Rypdal erinnern. Und was liegt da nahe, beim Saxofon an Garbarek zu denken? Sicher, aber Snekkestad ist Snekkestad, er spielt seinen eigenen Sound, und das ist auch gut so, für mich einer jener Saxofonisten, von denen ich mehr hören möchte. Er bleibt stets lyrisch und poetisch im Ausdruck, etwas, das auch für die ganze Musik zutrifft.

    Unabhängig davon, dass sich die Atmosphäre mit jedem Titel verdichtet und immer mehr gefangen nimmt in ihrem überwältigen emotionalen Ausdruck, fehlt mir bei den übrigen Songs, bis auf Track 6, wo sie wieder dabei ist, die Hedvig! “Love, Peace & Currywurst“, ein irrer Titel, oder? Jedenfalls nimmt die Musik hier an Schärfe zu, scharfer Curry sozusagen! Die Gitarre kreischt nun, der Song wird zerrissen, explodiert, vielleicht ist es auch die Gischt bei starkem Wellengang, die mir in den Sinn kommt, vielleicht die Unruhe während einer Sturmflut? Nun, nach gut drei Minuten scheint die Currywurst detoniert zu sein, ein feiner Nervenkitzel, nachdem es mit “The Still“ wieder entscheidend stiller wird. Zum besonderen Klangbild dieses rhythmuslosen Stückes tragen Bass-Klarinette und Vibrafon bei, diese Atmosphäre ist ganz dunkel, ganz mystisch, recht unheimlich und fast schon ein wenig bedrohlich, vielleicht sind es Trauer, Angst und Sehnsucht, die ausgedrückt werden (sollen).

    Inmitten einiger recht experimentell geprägter Stücke strahlt das hymnisch-gelassene und ganz „normal“ klingende “A Ballad In Popular Keys“, das ganz viel Nordisches transportiert und einfach schön klingt. “Sunshine – After Fog“ ist genauso, wie es der Titel aussagt, nach dem Nebel scheint die Sonne, Johansen wischt mit dem Besen die Schlagzeugfelle und voller Lyrik erarbeiten Piano und Saxofon ein warmes Szenario, doch die Sonne quält sich offensichtlich noch durch die letzten Nebelschwaden.

    "The Quiet Cormorant", im Übrigen - soll der Titel ein Hinweis sein auf den Kormoran und seine Bedeutung in der keltischen Mythologie? In norwegischen Sagen werden diese Vögel oft in Verbindung mit Warnungen oder Zeichen aus der Anderwelt gebracht. Wenn das so beabsichtigt ist, dann wurde dieses Anliegen mit dieser außergewöhnlich ungewöhnlichen Musik sicher mit Bravour umgesetzt, die Musik dieser Platte ist mit ihrer Ausstrahlung ein Teil der Natur.
    The Sleepless Kind The Sleepless Kind (CD)
    17.04.2020
    Klang:
    4 von 5
    Musik:
    5 von 5

    Eine Ode an die Nacht

    Bei Andy Fleet handelt es sich um einen britischen Songwriter und Pianisten, es war 2009, als er sein Debüt-Album veröffentlichte. Im Laufe der Jahre verarbeitete er Rock, Blues und Jazz in seinem Sound, der in der Tat ein sehr eigenwilliger, eigenständiger und höchst individueller ist.

    "The Sleepless Kind", das dritte Solowerk, belegt das dann auch sofort mit dem Eröffnungssong, dem ersten Teil des Titelsongs, instrumental ausgelegt, es ertönt eine gedämpfte Trompete, begleitet vom Piano, und man ist sich eigentlich sicher, dass wird sicher ein Jazz-Platte, die mit dieser schönen Ballade startet. Mit dem US-amerikanischen Trompeter Andre Canniere arbeitet Fleet schon einige Jahre zusammen. Er ist es für mich auch, der den Sound der Platte entscheidend mitgestaltet und für mich eine wesentliche Rolle einnimmt.

    Thematisch ist der Inhalt der Platte als eine Ode an die Nacht zu verstehen, Schlaflosigkeit inbegriffen. Auf dem Cover-Artwork ist dem Thema ebenfalls Rechnung getragen worden. So, und nun wieder zur Musik, die sich im zweiten Song dann doch vom Jazz löst, jedenfalls als Basis. Denn jazzige Elemente, allein durch das üppige Bläserarrangement, beinhaltet es auf jeden Fall. Doch der Song ist dann eher dem Genre Singer/Songwriter mit ein wenig Pop-Rock-Zutaten zuzuordnen.

    Es ist zu lesen, dass Musiker wie John Lennon, Tom Waits, Allen Toussaint, Randy Newman, Donald Fagen und Lindsey Buckingham zu den wichtigsten musikalischen Einflüssen von Fleet zählen sollen. Das ist durchaus nachvollziehbar, denn Elemente der Musik all‘ der Genannten lassen sich durchaus in einzelnen Songs finden, ohne dass Fleet eindeutig wie der eine oder andere klingen würde. So sind es halt Spuren, am ehesten höre ich eine Nähe zu Randy Newman hinsichtlich der Kompositionen und zu Tom Waits hinsichtlich der Stimmung einiger Titel, zumal jener ja auch oft die Nähe zum Jazz suchte.

    Und so ist zum Beispiel “All Broke Out With The Blues“ mit dieser coolen Stimmung, erneut untermalt durch das gefühlvoll-melancholische Trompetenspiel, ein sehr mit Blues- und Jazz-Stimmung behafteter Song, der in der Tat ganz wunderbar eine nächtliche Stimmung ausdrückt. Interessant dabei, dass dabei ein Telefonanruf in den Song integriert ist und wesentlicher Teil des Inhalts ist, eine sehr gelungene Idee! Dieses Stück ist magisch und kann Gänsehaut verbreiten!

    Und so reiht sich eine Songperle nach der anderen auf zu einer Perlenschnur, Songs, die allesamt einen hohen Grad an Individualität aufweisen, sei es eine Piano-Ballade wie “The Hobbyist“ mit seiner romantisch-melancholischen Stimmung, ein mit Rock-Einschlag versehene “Love’s Enemy“ oder das mit den schwebenden Schlagzeug-Besen startende lyrische “Through Closed Eyes“ mit einer herrlich verträumten Stimmung zum Innehalten, auch hier geht die Atmosphäre zu Herzen, allein das Arrangement mit dem Background-Gesang und den Flöten-Parts sicher einer der Höhepunkte.

    Die Stimme des Protagonisten besitzt ebenfalls einen besonderen Ausdruck, nachdenklich, mitunter ein wenig traurig klingend, und stets der Stimmung des jeweiligen Songs dienlich und passend. Sicher ist Fleet nicht einer der stärksten Sänger hinsichtlich des Kriteriums Stimmgewaltigkeit, doch das ist gar nicht maßgeblich und/oder ausschlaggebend, denn hier ist es das Gesamtkonzept, allerdings halte ich den Protagonisten für stärker in den ruhigen Songs, wie zum Schluss, bevor sich der Reigen instrumental mit dem zweiten Teil des Titelsongs schließt, hier noch einmal mit “I’ve Had It All“.

    Mit der Rhythm Section Zane Maertens und Joe Evans hat Andy Fleet zwei sehr einfühlsame Begleiter, die den Gesamtsound mit ihrer einfühlsamen Leistung behutsam und professionell unterstützen.
    Our Father Who Art Blakey: The Centennial Our Father Who Art Blakey: The Centennial (CD)
    01.02.2020
    Klang:
    4 von 5
    Musik:
    5 von 5

    Die zweite Big Band-Platte des Trompeters

    Der 1943 in Moskau geborene Jazz-Trompeter Valery Ponomarev wohnt seit 1973 in New York. Weltweit bekannt wurde er durch die von 1976 bis 1980 andauernde Zusammenarbeit mit Art Blakey’s Jazz Messengers. Valery’s Stil orientiert sich überwiegend an einem der neben Miles Davis wohl wichtigsten Trompeter der fünfziger Jahre, an Clifford Brown. Dessen Spielweise und Tradition führte er fort, seitdem er ihn in Moskau auf "Bootlegs" hörte.

    In der Zeit von 1977 bis 1980 war er Mitglied einer der Formationen der Jazz Messengers des Schlagzeugers Art Blakey. Seit 1987 veröffentlicht er regelmäßig Schallplatten. Bereits 2016 widmete sich Valery seinem väterlichen Freund Art Blakey mit der Platte “Our Father Who Art Blakey“, mit Benny Golson als Gast. Das Arrangement war im Big Band-Format, so wie nun auch wieder mit dem Nachfolger "Our Father Who Art Blakey: The Centennial". Den Angaben auf der Packung zufolge ist die Musik dem 100.Geburtstag Blakey’s gewidmet. Und so versammelte der Trompeter einige der besten Jazzer New York’s, um dem Mentor erneut in großem musikalischen Rahmen zu danken.

    Als Solist hat sich Valery auf dieser Live-Einspielung sehr limitiert, ist er doch nur auf zwei Solo-Beiträgen zu hören, und zwar auf “Tell It Like It Is“ und “Caravan“. Wichtiger schien ihm seine (exzellente) Arbeit des Arrangements und der Leitung der Big Band zu sein. Die Songauswahl repräsentiert eine gute Mischung des Repertoires der Jazz Messengers und nur die Ouvertüre stammt vom Leader selbst und ist als kurze Einleitung zu verstehen. In dampfendem Rhythmus, absolut angelehnt an den typischen Blakey-Sound, geht es dann richtig los mit diesem treibenden und teils rockendem Tempo, und als erster legt Valery ein erstklassiges Solo vor, bevor sich dann die weiteren Solisten die Klinke in die Hand geben. Hervorragend gelungen ist das Arrangement, das dazwischen die verbindenden Elemente darstellt, ganz typischer Big Band-Sound von hohem Anspruch und Niveau.

    Aufgenommen wurde das Konzert in bester Klangqualität, die Positionen der einzelnen Instrumente sind klar und deutlich herauszuhören, verantwortlich dafür ist der Recording Engineer Katsuhiko Naito, und natürlich Allan Tucker, verantwortlich für das nachfolgende Mastering.

    Eigentlich ist dieses eben keine typische Ponomarev-Platte, mit ihm als hervorgehobener Solist, aber durch seine hochwertigen, teils sehr geschickt verschachtelten, Arrangements und auch die beiden Solobeiträge beleuchtet ihn "Our Father Who Art Blakey: The Centennial" von einer anderen Seite, und das sehr bemerkenswert. Vor allem ist angenehm auffällig, wie somit das alte Schlachtross “Caravan“ in ein teils ganz neues Gewand gesteckt und zum gelenkigen Traben gebracht wurde. Und die jeweiligen Solisten wurden sehr gut ausgewählt, präsentieren sie doch alle hervorragende und mit Leidenschaft ausgestattete Solobeiträge. Drummer Victor Jones war auch eine sehr gute Wahl, um den Geist Art Blakey’s und dessen Kunst hervorzuheben.
    Lucky Guy! Nick Moss
    Lucky Guy! (CD)
    28.10.2019
    Klang:
    5 von 5
    Musik:
    5 von 5

    Das ist wahrer Blues voller immenser Kraft, sehr überzeugend!

    “Chicago’s my home town, born and raised”, so singt Nick Moss im selbst komponierten Auftaktsong seiner neuen Platte "Lucky Guy!" Und da hat er recht, erblickte er doch am 15.Dezember 1969 dort das Licht der Welt.

    Und den Blues seiner Heimatstadt scheint er vollends aufgesogen zu haben, denn sein Blues ist geerdet im klassischen Chicago Blues. Seit 2008 leitet er seine eigene Band, seit 2009 nennt sie sich The Nick Moss Band. Diese fünf Bleichgesichter plus Gäste spielen einen dermaßen authentischen Blues, dass man mit dieser Platte so manchen Blindfold-Test-Spezialisten an der Nase herumführen könnte. Als Bandmitglied ist vor allem der Mundharmonikaspieler Dennis Gruenling zu nennen, einen Virtuosen an seinem Instrument, den ich bereits durch seine erste Platte aus 1999 als hervorstechend kennen lernte. “Best Modern Blues Harmonica Player”, dazu wurde er drei Mal hintereinander vom Real Blues Magazine gewählt.

    So sind er und Moss mit seinen quirligen und scharf akzentuierten Soli die Headliner der absolut leidenschaftlich aufspielenden Band, jedoch auch Taylor Streiff ist ein versierter Keyboarder. Und diese praktizierte Leidenschaft gilt für alle vierzehn Songs der Platte, ein Knüller jagt quasi den nächsten, insofern kommt man, in positivem Sinne, so gar nicht zur Ruhe. Die Musik swingt enorm, der Sound treibt gnadenlos und druckvoll voran durch die engagierte Rhythm Section, man kann gar nicht still sitzen ob der wilden Energie des Vortrags. Selbst dann, wenn es dann ein wenig ruhiger wird mit “Sanctified, Holy And Hateful“, mit diesem entfesselten Gitarrensolo, dann entsteht spontan und unvermittelt Gänsehaut, da werden die Emotionen durchgeschüttelt, das sticht in die Seele, auch die Harp, hier an Rod Piazza erinnernd, und dazu spielt Gruenling offensichtlich noch so, als wäre ein Saxofon dabei (laut Line-up ist das nämlich nicht aufgeführt), das klingt teilweise in etwa wie die Musik von John Mayall in den Sixties, nur intensiver und noch gefühlvoller.

    Das ist heutzutage ganz selten geworden, dass sich eine Band auf diesem hohen Niveau, gerade hinsichtlich dieses authentischen Gefühls, dem Blues dermaßen gewidmet hat, dass man unweigerlich begeistert sein muss, vorausgesetzt, man steht diesem guten alten Chicago Blues nahe. Das ist wahre Blues Power, das sind Roots in die Gegenwart transportiert, und, produziert von Moss und Kid Andersen, trägt Letzterer auch noch mit seinem Gitarrenspiel dazu bei, bei Track fünf mit einem feinen Solo. Auch mit “Monster“ Mike Welch ist ein weiterer Hochkaräter der modernen Blues-Szene dabei, auch er liefert seinen Beitrag auf dem letzten Song.

    Neben typischen Bearbeitungen klassischer Blues-Themen gibt es noch einen kurzen Ausflug in funkige Gefilde mit dem Instrumental “Hot Zucchini“, ebenfalls eine der überwiegenden Eigenkompositionen von Moss, lediglich Track 2 stammt von Johnny O’Neal Johnson und Dennis Gruenling hat die Tracks 5 und 11 beigetragen. Ganz weit zurück in der Bluesgeschichte geht es mit dem letzten Titel, “The Comet“, da klingt die Gitarre ganz nach Muddy Waters, vor allem die elektrische, die neben der akustischen gespielt wird, und es erinnert an frühe Aufnahmen aus dem Mississippi-Delta, hier mit der zusätzlichen typischen E-Gitarre aus Waters‘ späteren Tagen in den Fifties, ein ganz toller Abschluss, der noch einmal an die Roots erinnert, und nebenbei an einen der besten Freunde von Moss, gewidmet ist es Mike Ledbetter, verstorben im Januar dieses Jahres. Das ist wahrer Blues voller immenser Kraft, sehr überzeugend! Ja, und ich bin ein Lucky Guy, das ich diese Platte hören darf!
    Contemporary Rick Estrin
    Contemporary (CD)
    28.10.2019
    Klang:
    5 von 5
    Musik:
    5 von 5

    die Musik klingt durchaus dem Titel entsprechend, zeitgemäß, jedoch nicht, ohne alle Einflüsse und Entwicklungen außer Acht zu lassen

    Der US-amerikanische Sänger und Mundharmonikaspieler Rick Estrin wurde 1949 in Los Angeles geboren. Im Alter von 20 in Chicago zugezogen, eröffnete sich ihm die dortige Blues-Szene, und es kam zu wichtigen Zusammenarbeiten mit Muddy Waters, Buddy Guy, Eddie Taylor, Sam Lay, John Littlejohn, Luther Tucker und Johnny Young. Alle diese hochkarätigen Blueser haben einen wichtigen Einfluss auf Estrin gehabt und so manche Spur hinterlassen. Dennoch hat sich der Künstler mittlerweile sehr individuell und eigenwillig entwickelt.

    Und genau das kann man auf seiner aktuellen Platte, "Contemporary", auch nachvollziehen, denn die Musik klingt durchaus dem Titel entsprechend, zeitgemäß, jedoch nicht, ohne alle Einflüsse und Entwicklungen außer Acht zu lassen. Zu dieser Entwicklung zählte sicher auch die 1976 zusammen mit dem Gitarristen Little Charlie Baty gegründete Band Little Charlie & The Nightcats, die später in Rick Estrin & The Nightcats umbenannt wurde. Und so existiert sie noch heute.

    Kennzeichnend für den Sound der Band sind verschiedene Elemente, basierend auf dem Chicago Blues wurden Rhythm & Blues, Jump Blues, West Coast Blues, Rock und mitunter gar Spuren von Surfmusik oder Rhythmik aus dem harten Funk einbezogen und sorgten im Zuge der langen Entwicklungsgeschichte für diesen recht einzigartigen Sound, der sogar vor Assoziationen zu Frank Zappa nicht Halt macht, hierzu verweise ich auf den Titelsong, #3.

    Noch immer mitprägendes Bandmitglied ist der seinerzeit für Little Charlie Baty eingesprungene Kid Andersen, der diese Platte auch zusammen mit Estrin produziert hat. Der Start mit “I’m Running“ ist bereits sehr ungewöhnlich für eine Bluesplatte, das klingt doch fast wie eine Mischung aus “Ghost Riders In The Sky“ gekoppelt mit Musik, die aus einem Film von Tarantino stammen könnte, die Gitarre klingt nach Surf, sehr mysteriös, dieser Auftakt, und genau solche Arrangements sind es, die das Besondere dieser Platte ausmachen, Estrin hat es vollends verstanden, seine ganz eigene Duftmarke zu produzieren, grandios im Übrigen, wie es dann nach fast 2 Minuten abhebt und der Mann ein Solo auf der Harp aus dem Ärmel schüttelt, dass eine satte Verneigung vor Little Walter sein dürfte. Kurios, plötzlich klingelt ein Wecker, das ist in der Tat recht irre, man muss das einfach gehört haben, es macht Spaß, auch wenn Estrin dann am Hecheln ist, schließlich ist er wohl dabei, vor irgendetwas fortzurennen. Aber das scheint misslungen, der langgezogene Harpton zum Schluss, der abrupt endet, klingt, als würde jemand in der Notaufnahmestation des Krankenhauses sein Leben ausgehaucht haben, sehr makaber…

    Und so ist es wichtig, jedem einzelnen Song uneingeschränkte Aufmerksamkeit zu schenken, denn an Nuancen reich ist jeder einzelne Track, und dazu trägt entscheidend auch die enorm flexibel aufspielende Band bei, die ihren Chef stets tatkräftig, leidenschaftlich und einfallsreich unterstützt. Allen voran der hervorragende Gitarrist Andersen, der viele Stile beherrscht und eine tragende Säule darstellt neben dem engagierten Harp-Spiel von Estrin. Yeah – dieser Blues ist in der Tat sehr Contemporary, und dabei noch macht es noch Spaß, zuzuhören.
    Tenging Tenging (CD)
    28.09.2019
    Klang:
    5 von 5
    Musik:
    5 von 5

    Mithin ist es der Band gelungen, die Elemente Folk und Jazz perfekt miteinander zu verschmelzen...

    Ingi Bjarni Skúlason, “pianist and composer”, verrät uns die Webseite des isländischen Musikers. Die Besetzung seiner Platte "Tenging" ist international, der Trompeter und Schlagzeuger sind Norweger, die Gitarristin stammt aus Estland und der Bassist ist schwedischer Nationalität, insofern eine recht nordische Angelegenheit.

    Musikalische Wegbereiter und Wegweiser waren für den Pianisten die Kollegen Keith Jarrett und Herbie Hancock, doch ausgeprägter ist die Ausgestaltung durch die Musik nordischer Folklore, allenfalls gibt es gelegentliche Assoziationen zu den Werken, die Jarrett zusammen mit Jan Garbarek zusammen einspielte. Ansonsten ist der Sound voller lyrischer Momente, mitunter kühl, Weite ausstrahlend und gefüllt mit Melancholie.

    Grundsätzlich, gleich am ersten Song festzumachen, ist diese Musik sehr stark vergleichbar, was sich auf dem Label ECM mittlerweile angesammelt hat, diese Stimmung ist typisch, von den Melodien über die Arrangements hin zur rhythmischen Ausgestaltung. Innerhalb liedhafter Strukturen finden die Solisten Raum für individuelle Solodarbietungen,

    Doch ganz so farblos und fast schwarz-weiß wie auf dem Plattencover ist der Höreindruck mitnichten, denn so manche Farbe schimmert durch, jedoch dann tatsächlich an nordischer Atmosphäre orientiert. Schwedische Sommerhäuser wird es nicht zu sehen geben, dafür aber die Weite grüner Wälder, die blaue Farbe von Himmel und Seen darunter.

    "Tenging", isländisch, soll übersetzt bedeuten so etwas wie Verbindung. Und das ist zu 100 % zutreffend, eine traumwandlerische Verbindung der fünf Musiker untereinander, ohne dass jemand, auch nicht der Bandleader, permanent hervorstechen würde durch ein Vorwärtsdrängen. Dieser Sound atmet Gemeinsamkeit, Gemeinsinn, er ist dermaßen dicht inszeniert, ständig im Fluss, dabei Freiheit ausstrahlend, Weite und Intuition.

    Von den drei Solisten möchte ich niemanden besonders hervorheben, sowohl Piano, Gitarre und Trompete sind gleichermaßen integriert mit ihren Solobeiträgen, alle Drei strahlen die gleiche Art von Ruhe und Gelassenheit und Virtuosität, in gemäßigtem Ausdruck, aus. Es ist eine Wohltat, den jeweiligen Soli zuzuhören. Mithin ist es der Band gelungen, die Elemente Folk und Jazz perfekt miteinander zu verschmelzen, darauf weist insbesondere auch der letzte Song hin, denn “Ekki þjóðlag, ekki jazz“ „ bedeutet ganz einfach “Not a folk song, not jazz“ und bringt die vorliegende Synthese auf den Punkt.
    While I'm Livin' While I'm Livin' (CD)
    23.09.2019
    Klang:
    4 von 5
    Musik:
    4 von 5

    Auch die neue Platte, "While I’m Living", ist einzuordnen abseits des Mainstreams...

    Die 1959 in Texas geborene Tanya Tucker ist eine der erfolgreichsten Sängerinnen des Country-Genres, dabei hatte sie ihre ertragreichste Zeit zwischen den siebziger und neunziger Jahren. Das Debüt-Album erschien 1972, darauf enthalten war gleich ein großer Hit, “Delta Dawn“.

    Nach einigen persönlichen Problemen Ende der Siebziger, Alkohol, Drogen und Affären, kam es erst ab 1986 zu einem Comeback. Nun, im Mainstream schwamm die Dame eh‘ kaum, allein durch ihre raue Stimme und ihr Outlaw-Image war sie sicher nicht ein Freund des kommerziell orientierten Sounds aus Nashville, dabei waren ihre Songs eigentlich relativ zugänglich gehalten.

    Und so ist auch die neue Platte, "While I’m Living", einzuordnen, abseits des Mainstreams. Mit verantwortlich dafür dürfte auch Shooter Jennings sein, der das Album zusammen mit Brandi Carlile produziert hat. Nach gut zehn Jahren also endlich wieder eine Platte, das ist eine gute Nachricht. Shooter hatte die Country-Musikerin zu diesem Comeback überredet, und das war auch gut so, denn es ist eine abwechslungsreiche Musik entstanden, im Umfeld von Tradition und Moderne gleichermaßen, mit Ausprägung auf verschiedene Stile der Country-Musik.

    Die Stimme der Protagonistin ist noch einen Tick rauer geworden, und frech wie eh und je klingt sie darüber hinaus. Das von Brandi Carlisle und Shooter Jennings produzierte Album klingt in seiner Gesamtheit relativ zeitlos, viele Songs hätten auch von früheren Platten stammen können. Auf jeden Fall ist es angenehm, endlich einmal wieder Musik des Genres zu hören, die sich nicht am derzeitigen noch anhaltenden Cowboy-Hut-orientiertem Mainstream anlehnt, sondern mit Elementen aus Country, Bluegrass, ein wenig Rock und ein wenig Gospel, mit feinen Background Vocals punkten kann. Da pluckert dann im Hintergrund verhalten ein Banjo, da wird es romantisch mit einem Gefühl der Weite der Prärie (“The Wheels Of Laredo“), und Shooter spielt ganz brav Piano und Orgel dazu.

    Ein wenig Old Timey-Feeling wird geboten mit “I Don’t Owe You Anything“, und – was muss ich erblicken? Der gestandene Rocker Ted Russell Kamp zupft hier zünftig den jazzigen Standup Bass! Das ist feiner altmodischer Sound, im Hier und Jetzt punktgelandet. Und dann “High Ridin‘ Heroes“, das einen Hauch von Dr. Hook & the Medicine Show bzw. Shel Silverstein in sich trägt. Mehr in Richtung Bluegrass inklusiver typisch wunderschön schmachtender Pedal Steel treibt mir “Rich“ einen Schauer des Wohlgefühls in die Seele. Zum Schluss wird es noch ganz intim, nur Brandi Carlile am Piano und Tanya singt dazu sehr emotional geprägt, ein wunderschöner Abschluss ist das, mit einem Text, der zu denken gibt: “Bring me flowers now while I’m livin‘, I won’t need your love when I’m gone…..“ Danke, Shooter, das Du Tanya überredet hast!
    These Houses C. Daniel Boling
    These Houses (CD)
    09.09.2019
    Klang:
    4 von 5
    Musik:
    5 von 5

    Zusammenfassend festgestellt, hat Daniel erneut eine hervorragende Platte vorgelegt, mit Musik, die derzeit ihresgleichen sucht im großen Dschungel aktueller Musik.


    Man merke - C. Daniel Boling wurde in Bremerhaven geboren! Sein Vater war dort bei der Army stationiert, doch als der kleine Daniel sechs Monate alt war, verließ er Deutschland bereits. Heute lebt er in Albuquerque, New Mexico. Zwischenzeitlich hatte er als Park Ranger gearbeitet, bis er sich im Alter von fünfzig Jahren dazu entschloss, durch die Lande zu ziehen und zu musizieren.

    Einen Schatten wirft der Musiker voraus, einen allerdings positiven, war er doch im Jahre 2014 Gewinner des berühmten Kerrville New Folk – Festivals; und das ist nur eine Auszeichnung in einer langen Reihe seit 2007(Woody Guthrie Folk Festival Songwriter Contest Winner). Und da sind wir bereits bei seiner Musik angekommen – Folk! Folk in jener Art, wie er einst von Musikern wie Pete Seeger oder Woody Guthrie gespielt wurde.

    Daniel ist ein Geschichtenerzähler, und so ist sein Gesangsstil mit seiner freundlichen Tenorstimme auch eine Mischung aus gesungenen und fast gesprochenen Elementen. Lieder, die das Leben schrieb - das passt wie die Faust aufs Auge, und ganz besonders finden wir immer wieder autobiografische Züge in seinen Texten. Diese sind durchaus gespickt mit verschiedenen gesellschaftskritischen und selbstkritischen und augenzwinkernden Elementen. So erfahren wir unter anderem etwas über Bessie Steen, die mit ihren neuen Knien im Alter von 93 noch alte Herrschaften mit dem Auto zur Kirche fährt, köstlich und liebevoll!

    Wie es eigentlich typisch für Folk ist, sind die Arrangements recht spärlich, was jedoch so gar nicht auf die Ausdrucksstärke zutrifft. Denn diese ist dem umgekehrt proportional. Ich hatte das Glück, dem Musiker live zu erleben und konnte feststellen, welch ungeheure Kraft in seiner Stimme steckt und wie er seine Botschaften sehr eindringlich formulieren kann.

    "These Houses" ist nun das siebte Album des Musikers, und wieder ist es ein ganz hervorragendes geworden. Dabei strahlt die Musik wieder diese herrliche Ruhe aus, ein Meer von Emotionen, in dem man wohlig baden kann. Und erneut sind es Feinheiten innerhalb der Arrangements, die das Besondere ausmachen und diese Spannung aufbauen, zum Beispiel ganz besonders bewegend ist es, wenn auf dem Song, der sich mit einem leider immer aktuellen Thema befasst, nämlich “I Brought The War With Me“, zwei Musiker aus Pakistan beteiligt werden, Shakoor Fakir, der ein Kamacho spielt, ein traditionelles Saiteninstrument, und Ali Mohammad, der ein Instrument spielt, das sich Changg nennt, offenbar eine Art Muschel, die auch als eine Art Trompete bei Hindu-Ritualen verwendet wird. Das wäre natürlich interessant gewesen, mit diesen beiden Musikern eine ganze Platte einzuspielen, vielleicht in der Zukunft? Immerhin hat das Blasen dieses Instruments eine Bedeutung, so sagt man, dass, wenn es geblasen wird, dieses den Sieg des Guten über das Böse ankündigt. Ja, das wäre schön, würde es wirken.

    Zusammenfassend festgestellt, hat Daniel erneut eine hervorragende Platte vorgelegt, mit Musik, die derzeit ihresgleichen sucht im großen Dschungel aktueller Musik. Man trifft hier auf einen hervorragenden und genau beobachtenden Songwriter, der es versteht, Geschichten zu erzählen, vielleicht auch vergleichbar mit Kollegen wie Steve Goodman oder Tom Paxton. Diese Musik kommt von Herzen und aus seinem Inneren, man spürt dieses ganz deutlich, und wenn man Daniel dann persönlich kennen gelernt hat, dann weiß man, dass er es ehrlich meint und dass die Stimmung der Musik ihn eindeutig widerspiegelt, ihn und seine Ehefrau Ellen, mit der er sich mit einem ganz herzlichen Foto im Innenteil des Jewel Cases hat ablichten lassen. Thanks, Daniel, for this wonderful music and sharing a great friendship, and thanks to Ellen, too, and just take care of your always young husband!

    Ein Teil der Einnahmen dieser Platte ist übrigens einer Vereinigung in Albuquerque zugedacht, die sich Kriegsveteranen annimmt, die unter einer Posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) leiden, auf Englisch “posttraumatic stress disorder [PTSD].
    Tiny Death Tiny Death (CD)
    09.09.2019
    Klang:
    4 von 5
    Musik:
    4 von 5

    Nun, zurückschauend auf das Gehörte, bleibt mir nur noch anzumerken, dass Nico einen großen Schritt vorwärts gemacht hat mit dieser Platte, als Komponist, Arrangeur und Musiker.

    Nico Rivers aus Boston, Massachusetts, USA, hat bisher 3 EPs veröffentlicht, offiziell sind es zwei an der Zahl, “To The Bone“ (2012), “Say Hello!“ (2014). Die schon lange angekündigte Platte in voller Spielzeitlänge ist nun endlich da, betitelt "Tiny Death". Unterstützt wird er von der Band The Black Grass

    Mit dem großen Bruder als Vorbild, wechselte der Musiker einst vom Saxofon zur E-Gitarre, denn sein Metier war Hard Rock, gespielt mit der ersten Band, mit Namen “Pine Mountain Casket“. Doch im Laufe der Zeit gab es einen Stilwandel, hin zum Singer/Songwriter-Genre. Live tritt Nico auch als One-Man-Band auf.

    Bereits auf den EPs deutete sich die Wandelbarkeit des Musikers an. “To The Bone“ profitierte hauptsächlich von der überwiegend akustisch geprägten Atmosphäre, in etwa so, wie man ihn in der Regel auch live antrifft, wenn er solo unterwegs ist. Auch die Fähigkeit, Songs mit Hitcharakter zu schreiben, offenbarte sich bereits, “Oildrips“ war einer solcher Titel. Dieses setzte sich auf “Say Hello!“ fort. Allerdings wurde Nico damals von einer Band begleitet, Musik, die eine andere Seite zeigte. So richtig satt und saftig waren die Arrangements teilweise gestaltet. Seinerzeit hatte ich festgestellt, dass mich der Mann stark an einen großartigen Songwriter der Musikgeschichte erinnerte, an Jules Shear.

    Und nun hat seine Musik erneut eine Veränderung und auch Erweiterung erfahren. Die selbst geschriebenen Songs sind sehr sorgfältig arrangiert worden und werden sehr abwechslungsreich, innerhalb eines jeden Stückes, vorgetragen. Hier kommt garantiert keine Hörlangeweile auf, man muss sich jedoch auch Zeit nehmen, um in die Atmosphäre einzutauchen. Diese Musik ist nicht oberflächlich. Aus dem Pressetext ist zu entnehmen, dass Nico ein Faible für Astronomie und Astrophysik hat. So schreibt er: “Die einzige Konstante des Universums ist der Wandel. Alles was war und alles was ist, wird eines Tages etwas anderes sein.“ "Tiny Death" beschäftigt sich mit diesem Thema, mit Existenz, dem Universum und den Zyklen der Natur.

    “Tidal Wave“ eröffnet das Album , mit seiner typischen Stimme im vorwiegend hohem Register, einer Stimme mit hohem Wiedererkennungswert, dazu eine dezent swingende Atmosphäre, bevor etwa nach eineinhalb Minuten Rock die Oberhand gewinnt und scheinbar bereits offenbar Zeichen gesetzt werden, die auch in des Interpreten Vergangenheit zielt. Allerdings treibt “Devil’s Boots“ bereits in eine andere Richtung, mit zarten Untertönen und den Sound abrundenden Keyboard-Klängen, allerdings dann wieder eine erneute Unterbrechung und es rockt erneut wie im Galopp, ja, ein ganz dezenter Hauch von Country hat sich hier wohl eingeschlichen. Aber so zieht es sich eigentlich durch die ganze Platte, man kann die Musik nicht eindeutig zuordnen, es ist nicht nur Rock, denn Spuren von Folk, Country oder anderen Roots haben sich zusammengefunden, dass man insofern getrost in den großen Topf Americana packen könnte.

    So scheint man auf eine Ansammlung der musikalischen Geschichte des Protagonisten zu stoßen, harter Rock trifft auf folkig inspirierte Songs mit Fiddle (“All The Same“), und das Singer/Songwriter-Herz lacht dann auf “Misty Nebraska“, ja, und durch diesen Nebel in Nebraska schimmert der Sound von Simon & Garfunkel durch, Nico wird einfühlsam von Emily Graham-Handley als Gesangspartnerin unterstützt, dieser Song ist sehr melancholisch-schön und wunderbar harmonisch. Zwei frühere Songs werden neu interpretiert, das sind “Backroads“ und das bereits eingangs erwähnte “Oildrips“, das sich erneut als Songs für Charts und Radio-Airplay anbietet, Moderatoren – macht die Ohren weit auf!

    Nun, zurückschauend auf das Gehörte, bleibt mir nur noch anzumerken, dass Nico einen großen Schritt vorwärts gemacht hat mit dieser Platte, als Komponist, Arrangeur und Musiker. Mit dem erneut im folkigen Genre angesiedelten “The Wheel“ werden wir aus dieser sehr unterhaltsamen und abwechslungsreichen Veröffentlichung verabschiedet. Mittels des Einsatzes von Streichern und dem akustischen Bass ist noch einmal ein wunderschönes Lied gelungen, und ich denke, diese Entwicklung sollte sich auch darauf auswirken, dass sich der Künstler aus Boston damit seinen Ruf als ein zu beachtender Musiker festigen sollte.
    Walkin' Shoes Walkin' Shoes (CD)
    09.09.2019
    Klang:
    4 von 5
    Musik:
    5 von 5

    Wenn auch wieder leider nicht für die Charts dieser Welt geeignet, so mag dieses Album erneut ein Anwärter auf hohe Platzierungen in den Euro-Americana Charts sein.

    Der in Los Angeles lebende New Yorker Ted Russell Kamp ist stets viel unterwegs, so auch bald wieder für einen Kurztrip in Europa. Wie bereits bei seinem letzten Longplayer “Night Owl“ wurden auch für "Walkin‘ Shoes" die Songs “On The Road“ geschrieben und teilweise auch hinsichtlich einiger Basic Tracks an verschiedenen Orten in Kalifornien und in Helsinki aufgenommen, und unter anderem im eigenen Studio “The Den“ komplettiert.

    Entgegen der „eingeschobenen“ Alben “The Low And Lonesome Sound“ und “Flying Solo“ ist das neue Album wieder mit einer Band und zahlreichen Gastmusikern eingespielt worden, insofern eine direkte Nachfolge zu “Get Back To The Land“ und “Night Owl“. Abermals dockt sich die Musik stilistisch wieder bei diesen Platten an, vorwiegend am letzten, jedoch hat eine hörbare Erweiterung und Veränderung stattgefunden. Gab es bislang eine gelungene Fusion von Rock, Elementen aus dem Singer/Songwriter-Bereich, aus Country und typischem Westcoast, dazu noch Spuren von Blues und Soul, so haben sich nun die Richtungen Country und Rock ein wenig vergrößert.

    “Home Away From Home“, ja, das ist lupenreiner Country-Rock im Stil der Siebziger, dabei schwingt eine nuancierte Spur des typischen Twang mit, doch zumeist ist es eben der mittlerweile eindeutige Wiedererkennungswert von Ted, niemand anders singt wie er. Ein wenig geleitet mich der Song gedanklich an die Musik der Hot Band, die einst mit Emmylou Harris arbeitete, auch das Gitarrensolo ist ein Indiz dafür. Ein klasse Einstieg! Dazu ein sehr autobiografischer Text, in dem Ted davon singt, dass er sich oft fast wie zu Hause fühlt an vielen anderen Plätzen der Welt außerhalb seiner Heimat. “Feels Like Home“, das hat er oft bemerkt, wenn wir ihn zu Gast hatten. (“I could have played it safe, I could have stayed in bed, but I won’t stop and stay at home, I’ll rest when I’m dead”, so ein Textauszug) “Paid By The Mile“ führt die Country-Rock-Richtung weiter, allerdings hier noch mit einem speziellem Southern Groove à la Memphis und auch einem Hauch von J.J. Cale, auch dieser Song könnte zu einem kleinen Hit avancieren, da hätten wir also bereits zwei.

    Laid Back und in Anlehnung an frühere Balladen kommt “This Old Guitar“, eigentlich stelle ich fest, dass diese Art von Musik sehr typisch ist für den Bassisten, Komponisten und Session-Musiker Kamp. Diese Art beinhaltet für mich auch die beste Kombination zwischen Songwriting, Arrangement, Gesang und Instrumentierung, mithin die größte Harmonie aller Elemente. (“When you play rock and roll long enough, the blues is what you get”(Textauszug)

    Einst hatte Ted während seiner Zusammenarbeit mit Shooter Jennings einen großartigen Song geschrieben, “Steady At The Wheel“, dieser Geist zieht sich ebenfalls durch einige Stücke des neuen Albums. Die leichte und lockere Atmosphäre wird bedient mit Titeln wie “Heart Under Pressure“, auch sehr stark am Country-Genre angelehnt, “Santa Ana Winds“ ist ähnlich angelegt, und so gefällt mir auch dieser entspannte und sehr harmonische Song sehr gut, hier spürt man Wärme, Sensibilität und Wohlgefühl. Ein echter Rocker, mit wohl hinterlassenen Spuren aus der Zusammenarbeit mit Jennings, ist “Tail Light Shine“, und auch der Bass darf einmal wieder in den Fokus, ist er doch das einzige Instrument auf “Highway Whisper“, das wird sicher auch bald zum Liveprogramm für die Solo-Touren gehören.

    Noch einmal Southern Groove, die Tractors lassen grüßen und auch wieder J.J. Cale, “Get Off The Grid“ ist ein cool fließender Song, und noch einmal eine schleppende Ballade erscheint mit “Freeway Mona Lisa“, Country-Rock mit “Just About Time For A Heartache“, dann “Less Thinkin‘ More Drinkin‘ mit Bläserarrangement, yeah – das sind doch Little Feat!!!! (wenn ich es nicht besser wüsste) “Roll On Through The Night“ verabschiedet uns mit einem dahinrollenden Groove im Shuffle-Rhythmus und bringt die abwechslungsreiche Platte mit ihrem dichten und kompakten Sound zu einem gelungenen Abschluss. Wenn auch wieder leider nicht für die Charts dieser Welt geeignet, so mag dieses Album erneut ein Anwärter auf hohe Platzierungen in den Euro-Americana Charts sein. Angesichts der beiden letzten Platten, die „außer der Reihe“ entstanden sind, fiebere ich einer neuen Platte im herkömmlichen Stil sehr entgegen. So hatte ich im Abspann zu “Flying Solo“ bemerkt. Nun ist mein Verlangen gestillt worden, thanks, Ted!
    If You Fall Jaime Michaels
    If You Fall (CD)
    08.09.2019
    Klang:
    4 von 5
    Musik:
    4 von 5

    Ehrlich gemachte und das Herz berührende musikalische Kunst....

    Jaime Michaels stammt aus New England und wuchs mit Musik in der Familie auf, sehr entscheidend war wohl ein Onkel namens Joe, der ihm das Gitarre spielen beibrachte, ihm eine Gitarre überließ und ihm Platten schickte vom Kingston Trio, von Peter, Paul & Mary und Bob Dylan. Im Radio hörte Jamie dann seinen Favoriten, seinen „Helden“, und das war Tom Rush.

    In Coffee Houses in Boston und Cambridge spielte Jamie später solo und in einer Band spielte er auch, später, in den Achtzigern, kam es zur Berührung mit Rockmusik, als Leadsänger für die Band “The Truly Dangerous Swamp Band”. Aber in den Neunzigern führte der Weg zurück zur akustisch orientierten Folkmusik. Nach einem Umzug nach New Mexico erschienen nach und nach mittlerweile zehn Solo-Alben, und nun liegt mit "If You Fall" ein weiteres vor. Drei Fremdkompositionen fügen sich nahtlos in die eigenen Songs ein, “Rimmel“ stammt vom italienischen Singer/Songwriter Francesco De Gregori, “They Call Me Hank“ von Greg Trooper und “Snowing On Raton“ von Townes Van Zandt.

    Produziert hat der rührige Jono Manson, auch als Musiker ist er dabei und dabei ist ein sehr schönes ansprechendes Album entstanden, sehr entspannt und mit Musik, die in die Tiefe geht, in einer Atmosphäre, die wirkt, als hätten sich gute Freunde im Wohnzimmer versammelt und sich Geschichten erzählt, die hierbei nun vertont wurden. Einen Schlenker nach Mexiko mit dem gewissen Hauch Tex-Mex erleben wir mit „“Bag O` Bones“, mit Akkordeon veredelt. Oft vermittelt der Einsatz der Pedal Steel ein tolles Country-Feeling, jedoch solches fernab jeder Mainstream-Bewegung.

    Den Abschluss dieser heimelig wirkenden Platte bildet die gelungene Coverversion von “Snowin‘ On Raton“, so herrlich entspannt und locker fließt der Song mit den schon fast klingelnden akustischen Gitarren und der Pedal Steel dahin, eine würdige Verneigung vor dem großartigen Townes Van Zandt. Darüber hinaus ist die ganze Platte eine Verneigung vor dem, was man als ehrlich gemachte und das Herz berührende musikalische Kunst bezeichnen kann, vortrefflich, Jamie!
    26 bis 50 von 57 Rezensionen
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