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    LittleWalter Top 25 Rezensent

    Aktiv seit: 03. September 2010
    "Hilfreich"-Bewertungen: 1166
    486 Rezensionen
    Special Edition Part 1

    Fat Freddy's Drop
    Special Edition Part 1 (CD)

    5 von 5 Sterne Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern
    11.01.2020
    Klang:
    5 von 5
    Musik:
    5 von 5

    Einstimmung auf die Tournee: Nach fünf Jahren gibt es neues Material der innovativen neuseeländischen Reggae-Crossover-Formation Fat Freddy`s Drop.

    Zuerst eine gute Nachricht: Fat Freddy`s Drop aus Neuseeland sind ihrem Sound treu geblieben. So kann sich der Fan bei „Special Edition Part 1“ nach „Bays“ aus 2015 endlich auf eine neue Ausgabe mit einnehmenden, cool groovenden Dancefloor-Hits freuen. Die sechs Stücke beinhalten den ersten Teil eines Doppelalbums, dessen zweiter Teil auch noch im Jahr 2020 nach den über 35 angekündigten Shows in Neuseeland, Großbritannien und Europa veröffentlicht wird. Die Stücke „Raleigh Twenty“, „Trickle Down“ und „Six-Eight Instrumental“ wurden im heimischen BAYS-Studio in Wellington geschrieben und aufgenommen. Die restlichen Tracks („Special Edition“, „Kamo Kamo“ und „OneFourteen“) ergaben sich im Rahmen von Live-Jam-Sessions.

    Die Tanzmusik der siebenköpfigen Formation ist subtil und swingt ökonomisch. Es existiert kein halsbrecherisches Tempo und es werden keine effekthaschenden Verrenkungen unternommen, um den Songs den Groove mit der Brechstange einzuimpfen. Der ergibt sich wie von selbst auf leichtfüßige und elegante Weise, sofern der Hörer gewillt ist, dem Flow aufmerksam zu folgen. Fat Freddy`s Drop nutzen dabei bewährte organische Stilmittel aus Funk, Soul, Reggae und Jazz, um den Sound in die Beine gehen zu lassen. Die Musiker fügen modernere Elemente der Genres House oder Techno nur dann ein, wenn dadurch die Intensität gesteigert werden kann. Nicht als Selbstzweck, um jugendlich zu erscheinen.

    Spätestens nach zwanzig Sekunden, wenn Joe Dukies Gesang einsetzt, ist er wieder da, dieser typische, runde, mitreißende, dabei harmonische, vertraute Klang, der unweigerlich graue Wolken vertreibt und ein Fenster ins aktive Leben öffnet. Dabei geht „Kamo Kamo“ mit seiner Einleitung das Risiko ein, ungeduldige Hörer sofort wieder zu verlieren, denn der Titel definiert sich zunächst über Tonfolgen, die wie eine Hintergrundbeschallung für billige Jump & Run-Computerspiele klingen. Aber der nach der Ouvertüre einsetzende, souverän mild swingende Reggae-Rhythmus rettet dann nicht nur das Stück, sondern trägt mit seiner aufhellend optimistischen Stimmung dazu bei, so manchen trüben Tag vor der Bedeutungs- und Trostlosigkeit zu bewahren.

    Auch „OneFourteen“ fällt nicht mit der Tür ins Haus, sondern braucht Zeit, um eine entspannt-entschleunigte Atmosphäre zu schaffen, die die Außenwelt ausblendet und den geneigten Musikfreund auf eine sowohl anregende wie auch exquisit ausgestattete Reise mitnimmt. Der volle Bass, aufmerksam abgeschichtete Percussion, majestätische, selbstbewusste Bläser und gediegen ausschmückende Keyboards sorgen für geschmackvoll-anspruchsvolle Unterhaltung. Eine Computerspiel-Sound-Einleitung findet dann auch bei „Raleigh Twenty“ Anwendung. Das Lied ist vom Raleigh 20 Bike, einem BMX-Fahrrad aus den 1970er- und frühen 1980er-Jahren inspiriert und tummelt sich überwiegend im Big-Band-Fake- Jazz-Bereich. Es werden aber auch Funk-Elemente für die Erzeugung eines treibenden Taktes eingesetzt.

    Der Reggae-Jazz „Special Edition“ kommt leichtfüßig rüber und offenbart einen Hang zum eingängigen Pop, ohne dabei einen straffen Ablauf zu vernachlässigen. Hier werden Erinnerungen an die englische Ska-Band The Beat wach, die die Charts der frühen achtziger Jahre mit Songs wie „Mirror In The Bathroom“ (1980) oder „Save It For Later“ (1982) bereicherten. „Trickle Down“ weist hypnotische Züge auf, wie sie auf „Bays“ in den Stücken „Wheels“, „Fish In The Sea“ oder „Razor“ zu finden waren. Dub-Effekte sorgen hier zusätzlich für psychedelische Eindrücke. Das „Six-Eight-Instrumental“ nutzt ähnliche Konstellationen, kann aber wegen der schwachen Melodie und des uninspirierten Einsatzes von monotonen Synthesizer-Tönen nicht überzeugen. Davon abgesehen machen Fat Freddy`s Drop auch mit ihrer „Special Edition Part 1“ wieder vieles richtig und halten die Vorfreude auf „Part 2“ wach.

    Die Band geht im Frühjahr auf Tournee und macht auch in Deutschland halt. Sie kann auf ein reichhaltiges, abwechslungsreiches Repertoire zurückgreifen und dadurch mit Sicherheit ein pulsierendes Konzertereignis bieten. Es ist stark anzunehmen, dass es dann auch eine Begegnung mit den Tracks von „Special Edition“ geben wird.
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    A Beginner's Guide To Bravery

    David Keenan
    A Beginner's Guide To Bravery (CD)

    5 von 5 Sterne Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern
    11.01.2020
    Klang:
    5 von 5
    Musik:
    5 von 5

    David Keenan ließ sich Zeit für sein erstes Album, überzeugt damit aber jetzt auf ganzer Linie.

    Um die Kunst von David Keenan richtig einordnen zu können, ist es notwendig, etwas über seine Biografie und Motivation zu erfahren. Der Musiker ist nahe der irischen Kleinstadt Dandulk aufgewachsen, die zwischen Dublin und Belfast an der Grenze zu Nordirland liegt. Politische Spannungen gehörten also stets zum alltäglichen Umfeld im Leben des Musikers. Reibungspunkte, Kontroversen und emotionale Ausnahmesituationen spielen wohl deshalb eine gewichtige Rolle in den Kompositionen des außergewöhnlichen Talentes. Dundalk mag nicht der Nabel der Welt sein, aber die Bedürfnisse, Ängste, Wünsche und Leiden der dort lebenden einfachen Leute lösten Assoziationen aus, die neben den Beziehungen zu feingeistigen Literaten wie Samuel Beckett den Weg zu den Song-Ideen ebneten.

    Eine obsessive Leidenschaft für die englische Brit-Pop-Combo The La`s gab schließlich den Anstoß für einen Umzug nach Liverpool, als er 17 war. Geldmangel zwang ihn dazu, dort als Straßenmusiker aufzutreten, was als Konsequenz seine Kommunikationsfähigkeit und sein Selbstvertrauen stärkte. Mit der Erkenntnis, dass eine aufopfernd-anstrengende Art zu musizieren nur mit Disziplin sowie geistiger und körperlicher Gesundheit aufrecht zu erhalten ist, kehrte er vor ein paar Jahren nach Irland zurück, verschickte Demo-Aufnahmen und brachte so seine Karriere allmählich zum Laufen.

    Seitdem entstehen seine mutigen, intensiv-schneidenden Schöpfungen, die von Leidenschaft, Wut, konstruktiver Melancholie und missionarischem Eifer geprägt sind. Und der Wahnsinn lugt auch manchmal um die Ecke. Davids ungebremst durchdringender Gesang lässt dabei Erinnerungen an David Gray, Kevin Coyne, John Martyn, Damien Rice, Jeff Buckley oder David Crosby aufkommen. „Ich möchte riskieren, alles auseinander zu reißen, um vielleicht etwas Neues zu entdecken, und ich bin bereit, dieses Risiko einzugehen.“, hat er einmal in einem Interview betont und in diesem Sinne wirkt sein erstes Album, das hauptsächlich innerhalb von einer Woche in einer Situation zwischen Chaos und Ruhe in dem Hellfire Studio am Fuß der Dubliner Berge eingespielt wurde, abenteuerlich, drastisch, aufrichtig und bewegend.

    Die Eigenkomposition „James Dean“ wurde bereits 2018 auf der EP „Strip Me Bare, Vol. 2“ veröffentlicht und symbolisiert sowohl Zärtlichkeit wie auch Verwundbarkeit. Es geht inhaltlich um einen Traum, in dem die jung gestorbene Schauspieler-Ikone James Dean gesund und munter einem ruhigen Leben nachgeht: Er arbeitet für die irische Eisenbahn. Der schmerzlich-schroffe Folk-Song, der Solo zur verstärkten Gitarre vorgetragen wird, ist durch ausladende stimmliche Extravaganzen gekennzeichnet. So macht David gleich zu Beginn seines Werkes darauf aufmerksam, dass berechenbarer Mainstream nicht sein Ding ist.

    In voller Band-Besetzung, mit verlässlich aufmunternder Rhythmus-Abteilung und volksnaher, schmückender Geige ausgerüstet, hinterlässt „Unholy Ghosts“, das vollständig während einer Zugfahrt von Amsterdam nach Köln geschrieben wurde, oberflächlich ein schwungvolles Folk-Rock-Bild. Der Wille zum Aufbegehren und eine kritische Beobachtungsgabe lassen sich aber nicht andauernd unterdrücken: Die aggressiven Untertöne, die eine ungestüme Energie aussenden, können nicht zurück gehalten werden und so wird das Lied beinahe zum bersten gebracht.

    Im Video zu „Altar Wine“ geht es laut Regisseur Mark William Logan um die Dämonisierung des Weiblichen durch religiöse Institutionen, den Missbrauch unseres Planeten durch den Kapitalismus und das Trauma, das unsere Ahnen durch Unterdrückung an uns weiter geben. Schwere Kost also, die David dazu gebracht hat, sich quasi in Exorzismus-Manier auszutoben. Er berichtet jedenfalls davon, dass er sich noch nie so weit am Rande des Irrsinns bewegte - aber letztlich auch befreit gefühlt hat - wie beim Dreh zu diesem teils verstörenden Kurzfilm. Die Musik verhält sich dazu sowohl mystisch verhangen und poetisch verhalten wie auch rebellisch auflehnend.

    Die Ballade „Love In A Snug“ verharrt nicht in Sentimentalität, sondern präsentiert einen leidenden Sänger zwischen Tragik und Hoffnung. Diese nahegehende Berg- und Tal-Fahrt wird durch flexible, inspirierte Begleitmusiker in Szene gesetzt. Sie verzieren das Stück mit kunstvollen Tönen, die sowohl traditionelle folkloristische Muster bedienen, wie auch jazz-rockige Klänge zulassen. Für das bitter-süße Piano-Stück „Tin Pan Alley“ bietet Keenan danach die ganze Palette seines ausdrucksstarken Gesanges auf, was dem Stück ehrfurchtsvolle Dramatik verleiht.

    Die verschlungen-introvertierte Art eines Westcoast-Hippie-Songs leitet „Good Old Days“ ein, bevor der Track durch den sich allmählich steigernden Mystic-Folk-Überbau nahrhaft angereichert wird. Das mündet in eine Session, die so klingt, als würden die Dexys Midnight Runners und die Waterboys gemeinsam musizieren. Binnen einer Minute entwickelt sich dann „The Healing“ von einem introvertierten Stück über einen Fake-Walzer zu einem rockigen HipHop-Reggae-Verschnitt. Diese unüblichen Abläufe und Zutaten kommen wechselseitig zum Einsatz, ohne dass dadurch ein zusammengestückelter Eindruck entsteht. Im Gegenteil: Der Track steigert sich zum Schluss noch zu einem entfesselten gemeinschaftlichen Höhepunkt.

    Sechs Minuten lang hadert David bei „Origin Of The World“ mit seinen Gefühlen. Das Lied läuft erwartungsvoll, aber gleichförmig ab. Die letzte Minute füllt das Team dann mit gehetzt-unruhigen Klängen auf, die die innere Zerrissenheit des Protagonisten dokumentieren. „Eastern Nights“ ist wieder eine Solo-Nummer mit einer einsamen elektrischen Gitarre als einzigen Verbündeten. Der Track bemüht sich sperrig und unbeholfen darum, eine eindrucksvolle Melodie zu erzeugen, ergeht sich aber letztlich in einem gedankenverlorenen Seelengesang.

    „Evidence Of Living“ lebt lange von der innigen Zwiesprache zwischen Piano und Stimme. Beinahe unmerklich werden schwebende Orgelklänge dazu gesteuert, bevor irrlichternde Streicher, ein schwelgender Chor, ein mächtiges Schlagzeug sowie eine nun präsentere Orgel das anrührende Stück zu Ende bringen. Das epische, achtminütige „Subliminal Dublinia“ arbeitet sich im Anschluss von einem energischen, wortreichen Folk-Song zu einer hypnotischen Beschwörung voran, die durch einen monotonen Chor zwischenzeitlich noch intensiviert wird.

    Der 26jährige poetische Singer-Songwriter kann in der Plattensammlung zwischen Nick Cave und Benjamin Clementine angesiedelt werden, da sein kompromissloser Ausdruck und seine individuelle Klasse zu den Charakteren beider Musiker passt. Seine Songs mögen nicht beim ersten Hören zünden, aber die Energie und Inbrunst des Vortrags sorgen dafür, dass sie mindestens eine zweite Chance verdient haben. Spätestens dann leuchtet die einsame Klasse des kreativen Komponisten und Interpreten, der seine Texte als anspruchsvolle Lyrik formuliert, hell auf. „A Beginner`s Guide To Bravery“ ist nämlich die eindrucksvolle Schöpfung eines ganz großen hingebungsvollen Individualisten.
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    Tides Of A Teardrop

    Watchhouse
    Tides Of A Teardrop (CD)

    5 von 5 Sterne Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern
    26.07.2019
    Klang:
    5 von 5
    Musik:
    5 von 5

    Mandolin Orange zelebrieren mit „Tides Of A Teardrop“ herausragende, empfindsame Country-Folk-Gospel-Ambient-Musik.

    Mandolin Orange ist das Country-Folk Duo Andrew Marlin (Gesang, Mandoline, Gitarre, Banjo) und Emily Frantz (Gesang, Geige, Gitarre) aus Chapel Hill in North Carolina, das auf der mittlerweile sechsten Platte in zehn Jahren von ihrer Tour-Band (Josh Oliver (Gitarren, Keyboards, Background-Gesang); Clint Mullican (Bass, Bariton-Gitarre); Joe Westerlund (Schlagzeug, Percussion)) begleitet wird. Nichtsdestotrotz ist der Sound fragil und luftig, ländlich-gelassen und ausgewogen geworden. Zentrale Themen der Songs sind Verlust und Einsamkeit, die in sanfte, gefühlvolle, melancholische oder kontrolliert beschwingte Noten verpackt werden. Die Musiker lassen sich nicht hetzen und haben eine Gangart gefunden, die dem Stress und der Hektik entsagen. Musikalisch stützen sie sich auf alte Werte. Das Fundament dafür bilden die Errungenschaften von klassischen Americana-Songwritern wie Hank Williams, The Carter Family oder The Louvin Brothers. So entsteht zeitloses Liedgut von erlesener Qualität mit wechselndem, einfühlsamen Lead-Gesang und betörenden Duett-Stimmen. Was die Intimität der Lieder und deren Intensität und Gefühlstiefe angeht, spielen Mandolin Orange heute in einer Liga mit Gillian Welch & David Rawlings und The Milk Carton Kids.

    „Golden Embers“ mit seinem überraschenden Mittelteil aus der klassischen Romantik und das entspannte „The Wolves“ sind anrührend und entwickeln im Verlauf auch noch einen geschmeidig-milden Groove. Eine stoische Trommel gibt bei den Country-Pop-Balladen „Into The Sun“ und „Like You Used To“ dezent, aber unnachgiebig den Takt an. Emily singt dazu engelsgleich und Andrews Mandoline weint bittere Tränen, spendet aber auch Trost. Andrew trägt beim traurigen „Mother Deer“ die erste Stimme bei, Emily füllt gelegentlich mit ihrem ergänzenden Gesang Lücken aus und sorgt so für harmonischen Beistand. Beim locker schunkelnden „Lonely All The Time“ werden Erinnerungen an Gram Parsons & Emmylou Harris wach und das getragene, sehr langsame „When She's Feeling Blue“ bietet glasklar gepickte akustische Gitarrenklänge an, wie sie auch Willie Nelson gerne verwendet. Die herzzerreißende, aber schmalzfreie Ballade „Late September“ wird locker und gleichzeitig konzentriert vorgetragen und der Country-Walzer „Suspended In Heaven“ ist einer dieser ergreifenden Songs, mit denen Andrew Marlin den Tod seiner Mutter verarbeitet. „Time We Made Time“ weckt die Erinnerung daran, wie wichtig es ist, sich Zeit für die verbindenden und beglückenden Dinge im Leben zu nehmen. Was natürlich musikalisch mit viel Muße, Sanftmut und beruhigender Zärtlichkeit vermittelt wird. „Tides Of A Teardrop“ besitzt eine Ästhetik, die die Musik als im Kern ruhend, wissend, ja schon beinahe erleuchtet ausweist. Empfindsame Country-Folk-Gospel-Ambient-Musik wäre ein Etikett, welches die Wurzeln und die Wirkung des Sounds zusammenfasst. Obacht: Die Erstauflage enthält unter dem Namen „Sing And Play Traditionals“ eine EP mit vier historischen Songs, die berührend schön neuinterpretiert werden.
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    Tides Of A Teardrop (First-Edition)

    Tides Of A Teardrop (First-Edition) (CD)

    5 von 5 Sterne Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern
    23.07.2019
    Klang:
    5 von 5
    Musik:
    5 von 5

    Mandolin Orange zelebrieren mit „Tides Of A Teardrop“ herausragende, empfindsame Country-Folk-Gospel-Ambient-Musik.

    Mandolin Orange ist das Country-Folk Duo Andrew Marlin (Gesang, Mandoline, Gitarre, Banjo) und Emily Frantz (Gesang, Geige, Gitarre) aus Chapel Hill in North Carolina, das auf der mittlerweile sechsten Platte in zehn Jahren von ihrer Tour-Band (Josh Oliver (Gitarren, Keyboards, Background-Gesang); Clint Mullican (Bass, Bariton-Gitarre); Joe Westerlund (Schlagzeug, Percussion)) begleitet wird. Nichtsdestotrotz ist der Sound fragil und luftig, ländlich-gelassen und ausgewogen geworden. Zentrale Themen der Songs sind Verlust und Einsamkeit, die in sanfte, gefühlvolle, melancholische oder kontrolliert beschwingte Noten verpackt werden. Die Musiker lassen sich nicht hetzen und haben eine Gangart gefunden, die dem Stress und der Hektik entsagen. Musikalisch stützen sie sich auf alte Werte. Das Fundament dafür bilden die Errungenschaften von klassischen Americana-Songwritern wie Hank Williams, The Carter Family oder The Louvin Brothers. So entsteht zeitloses Liedgut von erlesener Qualität mit wechselndem, einfühlsamen Lead-Gesang und betörenden Duett-Stimmen. Was die Intimität der Lieder und deren Intensität und Gefühlstiefe angeht, spielen Mandolin Orange heute in einer Liga mit Gillian Welch & David Rawlings und The Milk Carton Kids.

    „Golden Embers“ mit seinem überraschenden Mittelteil aus der klassischen Romantik und das entspannte „The Wolves“ sind anrührend und entwickeln im Verlauf auch noch einen geschmeidig-milden Groove. Eine stoische Trommel gibt bei den Country-Pop-Balladen „Into The Sun“ und „Like You Used To“ dezent, aber unnachgiebig den Takt an. Emily singt dazu engelsgleich und Andrews Mandoline weint bittere Tränen, spendet aber auch Trost. Andrew trägt beim traurigen „Mother Deer“ die erste Stimme bei, Emily füllt gelegentlich mit ihrem ergänzenden Gesang Lücken aus und sorgt so für harmonischen Beistand. Beim locker schunkelnden „Lonely All The Time“ werden Erinnerungen an Gram Parsons & Emmylou Harris wach und das getragene, sehr langsame „When She's Feeling Blue“ bietet glasklar gepickte akustische Gitarrenklänge an, wie sie auch Willie Nelson gerne verwendet. Die herzzerreißende, aber schmalzfreie Ballade „Late September“ wird locker und gleichzeitig konzentriert vorgetragen und der Country-Walzer „Suspended In Heaven“ ist einer dieser ergreifenden Songs, mit denen Andrew Marlin den Tod seiner Mutter verarbeitet. „Time We Made Time“ weckt die Erinnerung daran, wie wichtig es ist, sich Zeit für die verbindenden und beglückenden Dinge im Leben zu nehmen. Was natürlich musikalisch mit viel Muße, Sanftmut und beruhigender Zärtlichkeit vermittelt wird. „Tides Of A Teardrop“ besitzt eine Ästhetik, die die Musik als im Kern ruhend, wissend, ja schon beinahe erleuchtet ausweist. Empfindsame Country-Folk-Gospel-Ambient-Musik wäre ein Etikett, welches die Wurzeln und die Wirkung des Sounds zusammenfasst. Obacht: Die Erstauflage enthält unter dem Namen „Sing And Play Traditionals“ eine EP mit vier historischen Songs, die berührend schön neuinterpretiert werden.
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    This Remedy

    Larry & His Flask
    This Remedy (CD)

    4 von 5 Sterne Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern Inaktiver Stern
    08.11.2018
    Klang:
    4 von 5
    Musik:
    4 von 5

    Folk ist nur die Basis für ein Stilgemisch, das Larry & His Flask außergewöhnlich vielseitig erscheinen lässt.

    Das Quintett Larry & His Flask kommt aus Bend in Oregon, aber einen Larry sucht man vergebens unter den Bandmitgliedern. Stattdessen besteht die Gruppe aus Kirk Scatvold (Mandoline, Tompete), Andrew Carew (Banjo, Trompete, Posaune), Jeshua Marshall (Stand-Up Bass, Harmonika, Bariton-Horn) und dem Lead-Sänger und Gitarristen Ian Cook. Dieser besitzt eine flexible Stimme, die stilübergreifend einsetzbar ist. Sie kann verwöhnen, aufbrausen, trösten, zum Tanz auffordern und ernsthaft unterhalten. Diese Allzweckwaffe ist das große Plus der Formation und wird entsprechend prominent hervorgehoben. Die Gruppe bringt unterschiedlich intensiv diverse Folk-Bestandteile in ihre Musik ein, streift aber die reine Lehre nur am Rande.

    Der betrübten Folkie, der einsam zur Begleitung seiner Akustik-Gitarre singt, kommt dabei aber nicht zum Tragen.
    Diese Folklore enthält sowohl ländliche wie auch urbane Bestandteile und funktioniert stets als flexibles Ensemblespiel. Jazz, Blues, Rock & Roll sowie Pop-Wurzeln werden in den Sound eingearbeitet und sorgen für Abwechslung, wobei einige Vorbilder und Einflüsse klar auf der Hand liegen: The Band, Bruce Springsteen, Mumford & Sons, Country Rock und Bluegrass. Übermütig und aufgedreht nimmt der Opener „Atonement“ Fahrt auf und wird nur vom bedächtigen Gesang im Zaum gehalten. Folk-Ska trifft dabei auf Singer-Songwriter-Pop. Das balladeske „Doing Fine“ erreicht durch einen swingenden Dixieland-Rhythmus, dass sich die Melancholie in Grenzen hält.

    „This Remedy“ bedient sich schäumender Banjo-Riffs, um einen hymnischen Eindruck zu erzeugen. Der trabende Rhythmus und der geschmeidige Gesang sorgen dann dafür, dass sich die Mumford & Sons-Ähnlichkeit verflüchtigt. „Ellipsis“ sorgt erneut für Schwung und führt den Country-Folk auf die Tanzfläche. „Never All The Times“ versetzt uns mit behebigem, Bläser betonten Oldtime-Jazz zunächst nach New Orleans. Larry & His Flask wenden dann das Blatt und formen aus dem Song ein engagiertes, erwachsenes Pop-Stück, auf das auch Elvis Costello stolz gewesen wäre.

    „Begin Again“ plätschert zunächst freundlich, aber relativ ereignislos dahin, wird aber im letzten Drittel durch eine scharfe Trompete und eine quengelnde Gitarre befeuert. Der bittersüße Country- und Folk-Rock „Hoping Again“ hält gekonnt die Balance zwischen dunkler Ballade und zuckriger Schnulze. „The Place That It Belongs“ kommt bei ähnlicher Ausrichtung ohne viel Pathos aus, verfügt aber über einen lebhaften Rhythmus, der das Lied aus der Traurigkeit heraus befördert.

    „Dearly Departed“ kann schon beinahe als Hillbilly-Punk bezeichnet werden, so flott ist der Track unterwegs. Wieder ist es der ausgleichende, aber dennoch engagierte Gesang, der ein überkochen verhindert. Für den treibenden Folk-Rock „You Won`t“ zeigt die Band eine etwas aggressivere Seite, ohne allerdings aus der Fassung zu geraten. Für „Behind the Curtain“ wird Flamenco, Gypsy-Swing, Mariachi-Sound, Rock und Polka zu einem abwechslungsreichen Weltmusik-Gebilde mit Pop-Anstrich verarbeitet. Aber das abschließende „Three Manhattans“ ist dann doch zu unspezifisch und phasenweise zu schlagerhaft geraten, um eine nachhaltig positive Wirkung zu erreichen.

    Die Platte ist dennoch sehr abwechslungsreich und unterhaltsam geraten. Manchen eher aufwühlenden Stücken hätte es allerdings gut getan, wenn der hervorragende Sänger etwas mehr aus sich heraus gegangen wäre und seiner natürlichen Aggressivität freien Lauf gelassen hätte.
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    Inside Voice

    Joey Dosik
    Inside Voice (CD)

    3 von 5 Sterne Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern Inaktiver Stern Inaktiver Stern
    08.11.2018
    Klang:
    4 von 5
    Musik:
    3 von 5

    Mit Marvin Gaye im Herzen präsentiert Joey Dosik ein elegantes Soul-Gospel-Gemisch.

    Joey Dosik aus Los Angeles schmachtet wie der große Marvin Gaye und bringt mit „Inside Voice“ nach einer EP sein erstes Album mit 13 Tracks raus. Gekrönt werden die Songs von einer unverfälschten Stimme, die aus einer reinen, unschuldigen Seele zu strömen scheint. In hohen Tönen lässt Joey gleich zu Beginn seine „Inside Voice“ jubilieren. Perlende, flirrende und bedächtige Töne schaffen sich ergänzende Bestandteile, die den Track zu einem romantisch-eleganten Soft-Soul aufblühen lassen. „Get It Right“ könnte einen Marvin Gaye-Gedächtnis-Preis gewinnen. Selbst die Handclaps und Background-Gesänge wurden den Arbeiten des Tamla Motown-Superstars nachempfunden.

    Bei der Bill Withers-Cover-Version „Stories“ regieren die Stimmen. Dosik steht einer Gesangs-Gruppe vor, die eine spirituell inspirierte Pop-Gospel-Darbietung zeigt. Der mild gestimmte Soul-Pop „Take Mine“ vermag aufgrund seiner unverbindlichen Art nicht zu überzeugen und das kurze Instrumentalstück „Down The Middle (VHS Interlude)“ ist auch nur ein Lücken füllendes Fragment. Genau wie „Inside Voice (Reprise)“. Für „Past The Point“ zieht der Sänger dann alle Register, um als gefühlvoller Interpret zu überzeugen. Er schmeichelt, gurrt und seufzt, was das Zeug hält.

    Bei der Ballade „Grandma Song“ gibt es eine innige Zwiesprache zwischen Piano und Stimme. In Coco O. hat der Retro-Soul-Musiker seine Tammi Terrell gefunden. Genau wie Marvin Gaye mit seiner Partnerin rhythmischen Motown-Soul produzierte, versucht jetzt auch Joey bei „Don`t Want It To Be Over“ mit solch einem Sound zu punkten. „Emergency Landing“ ist der innigste, ergreifendste und raffinierteste Song der Platte. Das ist kunstvoller Pop, wie er auch auf Elvis Costellos „Imperial Bedroom“ (1982) zu hören ist. Leichter, lockerer Soft-Rock mit Gospel-Background-Gesang wird für „In Heaven“ zubereitet. „One More Time“ ist nur ein kurzes Zwischenspiel, das noch einmal den Geist von Marvin Gaye heraufbeschwört. Der zarte Schmelz von Smokey Robinson hat zum Abschluss bei der Soul-Ballade „Game Winner (Stadium Version)“ Pate gestanden.

    Joey Dosik ist ein talentierter, sauberer Sänger, der den klassischen Soul der 1960er und 1970er Jahre aufleben lässt. Das passiert sehr authentisch, häufig so sehr an den Originalen angelehnt, dass eine etwas distanziertere Sicht wünschenswert gewesen wäre, damit nicht der Eindruck eines Plagiats entstehen kann. Die Kompositionen sind alle sehr solide, aber es ragen keine Smash-Hits heraus, so dass der Ablauf relativ gleichförmig ist. Nichtsdestotrotz sollten Soul-Liebhaber ein Ohr riskieren. Auch wenn sich Joey wahrscheinlich noch unter Wert verkauft, kann er aber bei Fokussierung seiner Ausrichtung auf Groove-betonte Songs der kommende Soul-Superstar vom Schlage eines John Legend werden.
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    Tearing At The Seams

    Nathaniel Rateliff
    Tearing At The Seams (CD)

    4 von 5 Sterne Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern Inaktiver Stern
    22.04.2018
    Klang:
    5 von 5
    Musik:
    4 von 5

    Americana, Soul und Rhythm & Blues: Nathaniel Rateliff fühlt sich überall zuhause.

    „The Night Sweats“ unterstützen Nathaniel Rateliff bei der Umsetzung seiner Version eines authentischen Retro-Sounds. Diese groovende Einheit versetzt ihn in die Lage, den Klang des Südens der USA nachzuempfinden und seine Americana-Erfahrungen dabei schonend einzubringen. Die Songs katapultieren uns in die Welt des Soul, Gospel, Blues und Rhythm & Blues und beweisen, wie zeitlos diese Einflüsse sind. Nicht nur die Blues Brothers revitalisierten 1980 ehrwürdige Songs aus den 60er und 70er Jahren, auch Rateliff schafft heute mühelos den Spagat zwischen Nachlassverwaltung und Frischzellenkur.

    Der schwüle Rhythm & Blues „Shoe Boot“ kämpft sich mit satten Bläsern und einer lebhaften Orgel ausgestattet aus einem imaginären Sumpf hervor. Die selbstbewussten Soul-Nummern „Be There“ und „A Little Honey“ stampfen bockig, werden aber von der ausgleichenden Stimme im Zaum gehalten. Die kraftvolle Ballade „Say It Louder“ verbreitet gleichzeitig Optimismus wie auch Nachdenklichkeit. „Hey Mama“ und „Baby I Know“ zeigen Nathaniel als Country-Folk-Troubadour mit Soul-Herz. Eine mächtig grollende Orgel sorgt für die Einleitung des straffen Beats von „Intro“ und auch der swingende Soul von „Coolin`Out“ eignet sich grundsätzlich für die Tanzfläche. Zwischen den Noten von „Baby I Lost My Way, (But I'm Going Home)“ hört man sowohl „Time Of The Season“ von The Zombies wie auch die neuesten Schöpfungen von Nick Waterhouse raus. Der kompositorisch stärkste Song ist allerdings „You Worry Me“. Der Band gelingt es hier, eine unglaubliche innere Spannung aufzubauen, die ständig für Rückenwind sorgt. Würde „Sweet Jane“ von Velvet Underground mit „Devils & Dust“ von Bruce Springsteen vereint werden, könnte als Ergebnis so was wie „Still Out There Running“ entstehen. Und „Tearing At The Seams“ klingt dann zum krönenden Abschluss nach dem jungen, wild auftrumpfenden Rhythm & Blues-Fanatiker Van Morrison.

    Die aktuelle Inkarnation von Nathaniel Rateliff präsentiert mit dem Album „Tearing At The Seams“ ihre bisher größte stilistische Bandbreite. Gefühlvoller Soul, kraftvoller R&B und melancholischer Country-Folk eröffnen dem Musiker ein weites Feld von Ausdrucksmöglichkeiten, welche er authentisch und mit Herzblut auslebt.
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    The Salt Doll Went To Measure The Depth Of The Sea

    The Low Anthem
    The Salt Doll Went To Measure The Depth Of The Sea (CD)

    5 von 5 Sterne Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern
    22.04.2018
    Klang:
    5 von 5
    Musik:
    5 von 5

    The Low Anthem haben sich von fragilen Folk-Musikern zu phantasievollen Art-Pop-Künstlern entwickelt.

    Die Freunde Ben Knox Miller und Jeffrey Prystowsky aus Providence im US-Bundesstaat Rhode Island brachten 2006 ihre ersten Aufnahmen als Köpfe der aus wechselnden Mitgliedern bestehenden Formation The Low Anthem heraus. Zart gesponnener, intimer Folk wurde ihr Markenzeichen, es kamen aber auch Einflüsse aus psychedelischer Musik, Gospel, Country und Blues zum Zuge. Diesen Stil vervollkommneten die Musiker 2008 mit ihrem dritten Studio-Album „Oh My God, Charlie Darwin“. Dem puren, akustischen Americana-Sound fügten sie dann 2016 auf „Eyeland“ atmosphärische, elektronische Verzierungen hinzu. Diese Kombination spielt nun auf dem neuen Werk eine zentrale Rolle.

    „Bone Of Sailor, Bone Of Bird“ und „Drowsy Dowsing Dolls“ könnten auch als Kompositionen des schwedischen Songwriters José González durchgehen, der mit seiner Gruppe Junip einen ähnlich betörenden, dunklen, elektronischen Dream-Pop entwarf. Das akustische Folk-Stück „River Brine“ wird im Falsett-Gesang vorgetragen, so dass eine feminine Ausrichtung entsteht. Ein klickender Takt gibt dann bei „Give My Body Back“ das Tempo vor und sorgt dafür, dass die Lagerfeuer-Folk-Referenzen zurückgedrängt werden. Die Synthesizer funken für „The Krill Whistle Their Fight Song“ schillernde Signale. Trotz dieser Maschinenklänge ist das Lied wegen des hintergründigen Gesangs ein intimer Entwurf menschlicher Kommunikationsbereitschaft geworden. Die Verletzlichkeit von Elliott Smith findet in „Toowee Toowee“ eine Wiedergeburt, während das verträumte „Coral Crescent“ durch eine einsame Trompete in wehmütige Sphären versetzt wird. „Dotwav“ kann dann lediglich als eine leicht schräge Spielerei aus dem synthetischen Baukasten identifiziert werden. Bei „Cy Twombly By Campfire“ ist die Verschmelzung von sachlichem Singer-Songwriter-Handwerk mit künstlich erzeugten Tönen auf einer songdienlichen Ebene weit fortgeschritten und das an Weltmusik angelegte „Gondwanaland“ vereint Exotik und Sensibilität. Der Minimal-Art-Acoustic-Folk „To Get Over Only One Side“ verliert allerdings in der Gleichförmigkeit beinahe sein Feingefühl. James Blake trifft bei „Final Transmission From The Diving Umbrella“ auf die Fleet Foxes. Durch diese Kombination erschaffen The Low Anthem ein sperriges Mini-Drama.

    Der Titel des Albums bezieht sich auf eine buddhistische Fabel, bei der eine Salzpuppe einen Teil ihres Körpers ins Wasser steckt, um den Ozean besser verstehen zu lernen. Dabei verliert sie nach und nach immer mehr von sich selbst und wird so Teil eines großen Ganzen. Das Thema Wiedergeburt rankt sich also als Gedanke um das Album. Nach dem Unfall, den die Band 2016 hatte, sind solche existenziellen Fragen wohl vermehrt ins Bewusstsein der Musiker getreten. Musikalisch hat die Ausweitung auf elektronische Klänge dazu beigetragen, dass der Americana-Anteil in der Musik zurückgedrängt wurde und stattdessen ein künstlerischer Ansatz Raum gefunden hat. Manche Songs sind schon nahe an den grazilen Art-Pop-Konstruktionen eines David Sylvian dran. Die besondere Attraktivität von The Low Anthem macht aber nach wie vor auch ihre Americana-Sensibilität aus. Es bleibt spannend, in welche Richtung sich die Musiker weiter entwickeln werden. Der einzige Nachteil des Albums liegt in seiner geringen Spieldauer: Die zwölf Stücke verteilen sich auf knapp 32 Minuten Laufzeit. Nur drei Tracks sind über drei Minuten lang. Hier gilt wohl: In der Kürze liegt die Würze.
    Meine Produktempfehlungen
    • Helplessness Blues Helplessness Blues (CD)
    • A Victim Of Stars 1982 - 2012 David Sylvian
      A Victim Of Stars 1982 - 2012 (CD)
    Songs For Somewhere Else

    Songs For Somewhere Else (CD)

    5 von 5 Sterne Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern
    12.03.2018
    Klang:
    5 von 5
    Musik:
    5 von 5

    Mit „Songs For Somewhere Else“ zeigen sich The Hanging Stars auf einem variablen Weg zu ihrer Cosmic-Americana-Bestimmung.

    Das zweite Album der Formation The Hanging Stars aus London pflegt im Kern den psychedelischen Country und Folk der ausgehenden 1960er Jahren. Die Aufnahmen fanden noch vor Veröffentlichung des Debüts „Over The Silvery Lake“ von 2016 statt und fangen den sich stabilisierenden Weg zur Schaffung eines gruppendynamischen, einheitlichen Sounds ein.

    So majestätisch, körperlos schwebend und unbekümmert klang im Cosmic-Americana-Umfeld vor „On A Sweet Summer's Day“ wahrscheinlich nur „Wasn't Born To Follow“ von The Byrds. Ein Titel, der zur atmosphärischen Untermalung des Gefühls von Freiheit in unbegrenzten Landschaften im Road-Movie „Easy Rider“ eingesetzt wurde. „Too Many Wired Hours“ entführt dann ansatzweise in die Welt des Oldtime-Jazz. Eine Klarinette setzt dabei feinfühlige musikalische Duftmarken. Friedvoll und unspektakulär zieht der Harmonie-Folk „How I Got This Way“ seine Bahnen und darf seine Weitläufigkeit noch in einer kurzen Wiederholung unter Beweis stellen. Spaghetti-Western-Atmosphäre mit Assoziationen an verlassene, staubige Orte durchzieht „Mean Old Man“. Der flirrende, bewegende Folk-Rock „Pick Up The Pieces“ ist wiederum prädestiniert für die Fahrt in einem Cabrio und „Djupsjön“ sorgt als instrumentales Zwischenspiel dafür, dass wieder ausgedehnte Gegenden vor dem geistigen Auge erscheinen. Die herzzerreißenden Steel-Guitar-getränkten Songs „Honeywater“ und „For You (My Blue Eyed Son)“ lassen die goldenen Zeiten des bodenständigen Country-Rocks, die etwa Anfang der 1970er Jahre ihren Höhepunkt erlangten, wieder aufleben. Der Country-Folk von „Hold Out Your Hand“ drängt sich nicht durch plumpe Posen auf, sondern stellt das Unaufgeregte in den Mittelpunkt des Geschehens. „Dig A Hole“ verbindet die ländliche Unbekümmertheit der Nitty Gritty Dirt Band mit dem Fernweh des milden Southern-Rock der Marshall Tucker Band und auch der „Water Song“ verbreitet eine friedvolle, ausgeglichene Stimmung.

    Den Hanging Stars ist zugute zu halten, dass sie sich um eine Ausweitung ihres Klangkosmos bemühen. Am überzeugendsten sind sie jedoch, wenn sie im klassischen kalifornischen Country-Rock-Gefilde bezaubernd schillernde Kompositionen entwickeln und dabei in der Tradition der legendären Cosmic-American-Music von The Byrds und Gram Parsons verankert sind.
    Meine Produktempfehlungen
    • The Notorious Byrd Brothers The Byrds
      The Notorious Byrd Brothers (CD)
    • Original Album Classics The Byrds
      Original Album Classics (CD)
    • Dr. Byrds & Mr. Hyde Dr. Byrds & Mr. Hyde (CD)
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    • Hot Burritos! Anthology 1969 - 1972 Hot Burritos! Anthology 1969 - 1972 (CD)
    Somewhere To Run From

    Somewhere To Run From (CD)

    4 von 5 Sterne Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern Inaktiver Stern
    12.03.2018
    Klang:
    4 von 5
    Musik:
    4 von 5

    Der ehemalige Straßenmusiker Michael Brinkworth findet für sich ein breites Spektrum an Ausdrucksmöglichkeiten im Folk-Rock-Umfeld.

    Michael Brinkworth scheint ein ruheloser Geist zu sein. Der gebürtige Australier bereiste zwischen 2010 und 2013 etwa 40 Länder, in denen er seine Songs als Gelegenheitsmusiker auf der Straße und in Bars erprobte. Jetzt lebt der Sänger, Gitarrist und Mundharmonika-Spieler schon eine geraume Zeit in Berlin und hat sich dort durch zahlreiche Aktivitäten und Projekte einen soliden Insider-Status erarbeitet. Bei seiner ersten ausgedehnteren Veröffentlichung nach der EP „Stranger“ aus 2016 wird er von einem festen Trio an Bass, Schlagzeug und Piano begleitet. Außerdem sorgen Gäste für zusätzliche Gitarreneinlagen und Gesangsunterstützungen. „Somewhere To Run From“ ist mit seinen 33 Minuten zwar recht kurz geraten, steckt aber das Spektrum des Singer-Songwriters recht deutlich ab.

    Vermittelt der zuversichtliche Folk-Rock von „Country Town“ noch die zupackende Aufbruchsstimmung solcher Akteure wie Bruce Springsteen oder John Mellencamp, so zeigt sich „Grown“ als überwiegend nachdenklich angelegtes, aber auch druckvoll instrumentiertes akustisches Stück mit starken Dynamikwechseln. Die sehnsüchtige Ballade „Lucy“ setzt auf die Vermittlung von maximaler Ergriffenheit bei intimer Ausrichtung und „Fading Light“ bringt Pop-Schwung ins Geschehen. Naturgeräusche leiten das traurige „Please Come Back Home Again“ ein. Der Song versinkt jedoch nicht in Melancholie, sondern lässt Raum für Licht am Ende des Tunnels. „Dreams I've Never Tasted“ verbreitet eine optimistische Sicht, was durch eine energische Darbietung unterstrichen wird. Das intensive „How You Gonna Love“ überzeugt dann durch die Reibungsenergie, die durch die Korrespondenz zwischen den akustischen und elektrischen Tönen entsteht.

    Durch seine Erfahrung mit dem unmittelbaren Kontakt mit dem Publikum hat Michael Brinkworth gelernt und verinnerlicht, wie ein Song aufgebaut werden muss, damit das Interesse schnell geweckt wird und sich die Zuhörer spontan auf die Vorführung einlassen. Von Melancholie über Dramatik bis hin zu Lebensfreude spielt Michael eine Palette von Emotionen aus, mit der sich viele Menschen sofort identifizieren können. Diese kleidet er in ein bekömmliches Folk und Folk-Rock-Gewand und fügt ab und zu noch ein paar persönliche musikalische Vorlieben und Erfahrungen hinzu. Und fertig sind handgemachte Klänge, die nicht miefig oder ausgelutscht, sondern frisch und engagiert klingen. Die Laufzeit des Albums hätte gerne länger sein dürfen, denn der Künstler befindet sich auf dem richtigen Weg zur speziellen Ausgestaltung seines Stils und macht deshalb Appetit auf mehr.
    Meine Produktempfehlungen
    • Sad Clowns & Hillbillies Sad Clowns & Hillbillies (CD)
    • Chapter And Verse Bruce Springsteen
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    Waffles, Triangles & Jesus

    Waffles, Triangles & Jesus (CD)

    5 von 5 Sterne Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern
    12.03.2018
    Klang:
    5 von 5
    Musik:
    5 von 5

    Jim White kultiviert seinen verschrobenen Americana-Sound zu einem persönlichen Markenzeichen mit Qualitätssiegel.

    Religiosität, Heimatverbundenheit, Schuld und Sühne, Liebe und Beziehungskrisen sowie der Umgang mit den eigenen Unzulänglichkeiten. Diese Themen treiben Jim White, den geheimnisvollen Southern-Gothik-Songwriter um und er bettet sie in ein ländliches Soundgeflecht ein, welches ihm die Möglichkeit bietet, dunkle Stimmungen, Ausgelassenheit und psychische Ausnahmezustände zu skizzieren. Seine Songs gehen dabei oft über den konventionellen Rahmen eines Country-, Folk- oder Pop-Schemas hinaus. Er arbeitet mit visionären Motiven und bietet Klänge an, die bildhafte Vorstellungen auslösen. Das Vehikel dafür bildet oft ein Einstieg mit vertrauten Tönen und Abfolgen. Diese werden dann individuell verdreht und geschickt umgelenkt.

    Ein Gefühl der totalen Unabhängigkeit wird nach diesem Muster vom mystischen, teils schwebenden, teils ländlich bodenständigen „Drift Away“ eingefangen. Das recht lebhafte „Long Long Day“ taumelt am Ende dem Irrsinn entgegen und hat seine Wurzeln in der irischen Folklore, während „Playing Guitars“ dem Schunkel-Trieb des Hillbilly erlegen ist. Die Ballade „Far Beyond The Spoken World“ drückt nun durch eine weinende Steel-Guitar stilvoll auf die Tränendrüse und zeigt Betroffenheit durch leidenden Falsett-Gesang. Der Country-Rock von „Silver Threads“ bekommt durch variierende Tempi und den aufmunternden Instrumenteneinsatz immer wieder frischen Wind unter die Flügel, so dass die fast sieben Minuten wie im Fluge vergehen. Mit exotischen Beigaben und Jazz-Einschüben ausgestattet, wird „Prisoner's Dilemma“ zu einem pulsierenden Mini-Hörspiel aufgebaut. Der Gothik-Country-Gospel „Reason To Cry“ deckt nebeneinander nachdenkliche und lebensfrohe Gefühlslagen ab, während der Country-Folk-Jazz „Wash Away A World“ undurchsichtige und verheißungsvoll anziehende Klänge miteinander fusioniert. „E.T. Bass At Last Finds The Woman Of His Dreams“ nimmt Bezug auf traditionelle, gutmütige Country & Western-Hits, bekommt aber durch den Duett-Gesang mit der extravaganten Rockabilly-Queen Holly Golightly einen subversiv-erotischen Anstrich verliehen. Formal ist das Springen zwischen Folk und leichten Jazz-Anspielungen bei „Here I Am“ sehr reizvoll. Der Titel verliert sich allerdings etwas zu sehr in Gleichförmigkeit. Die sinfonische Dichtung „Sweet Bird Of Mystery“ hält dann zum Schluss genau die Balance zwischen Ergriffenheit und Kunstprodukt. Das wird durch asiatische und kammermusikalisch anmutende Töne erreicht, was sehr anregend ausgefallen ist.

    Jim White demonstriert erneut seine besondere Fähigkeit, als Sonderling sehr unterhaltsam zu sein. Er kombiniert bekannte Roots-Music-Muster mit schmückenden und verblüffenden Zutaten aus Jazz und Avantgarde so ergreifend und ungewöhnlich, dass sich diese Verbindungen im Ergebnis wie neu erfundene Musikstile anhören. Deshalb gehört Jim White zu den kreativen Individualisten des Americana, die immer wieder für Überraschungen gut sind.
    Meine Produktempfehlungen
    • No Such Place No Such Place (CD)
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      Where It Hits You (CD)
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    • Mark Kozelek With Ben Boye And Jim White Mark Kozelek
      Mark Kozelek With Ben Boye And Jim White (CD)
    Modern Pressure

    Daniel Romano
    Modern Pressure (CD)

    5 von 5 Sterne Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern
    23.09.2017
    Klang:
    5 von 5
    Musik:
    5 von 5

    Teil 2 der Metamorphose vom Country-Troubadour zum universellen Pop-Musiker ist vollzogen.

    Der Kanadier Daniel Romano ist ein Schlitzohr, er schlägt Haken, täuscht Musikstile an, wechselt die Richtung, fügt Zitate ein, wechselt das Tempo, spielt mit Erwartungen und experimentiert mit vielversprechenden Kombinationen. In Einleitungen und Ausleitungen von Songs werden Hippie-Zitate wie Sitar-Klänge oder rückwärts laufende Bandschleifen benutzt, so dass eine rauschhafte, stimulierende Wirkung erzielt wird. Bei allen diesen Winkelzügen bleiben die Songs verführerisch, hochmelodisch, anregend und delikat. Bei allen Vergleichen und Assoziationsketten entsteht nie der Eindruck von aufgewärmter Kost. Stets vermittelt der Sound eine abenteuerliche, verwegene sowie spannende Komponente. Der Klang zapft die Vergangenheit an, die Emotionen schlagen in der Gegenwart Wurzeln und die stilistischen Verstrickungen sind zukunftsweisend.

    Als singender Bruder im Geiste von Jake Bugg verblüfft Daniel auf Modern Pressure mit „Ugly Human Heart Pt. I und Pt. II“ den womöglich verdutzten Hörer. Diese quäkend-nasale, nörgelnde Stimme ist aber nur eine Facette in der sprudelnd vielfältigen musikalischen Welt des Ausnahmemusikers. Beim Song „Modern Pressure“ zeigt er sich in einem anderen Licht und erinnert an Bob Dylan aus der „Street Legal“ Phase. Die großen Fußspuren von Dylan verfolgen uns auf Schritt und Tritt: Orgelklänge, Gesangsstrukturen und Kompositionsmuster werden immer wieder kreativ vom Übervater entliehen. „Roya“ lässt verwinkelt-detaillierten Folk-Rock in schillernden Farben erblühen und bei „The Pride Of Queens“ wird offenbart und herausgearbeitet, dass Bob Dylan sogar mit den Ramones eine gemeinsame musikalische Basis hat. Klassischer Pop der Beatles oder von deren Schützlingen Badfinger bildet die Grundlage von „When I Learned Your Name“. Dieser wird für „Sucking The Old World Dry“ mit Country-Rock Figuren verziert.

    Nach einleitenden Sitar-Tönen wechselt „Impossible Green“ von den Weltmusik-Abstechern zu wärmender Folk-Pop-Herrlichkeit. „Jennifer Castle“ bohrt sich dann als Ohrwurm unverfroren, dreist und raffiniert ins Hirn und lässt nicht mehr los. Schon jetzt ein Anwärter auf den Song des Jahres. Daniels Liebe zum schmachtenden Country kommt beim gemütlich und manchmal forsch ablaufenden „Dancing With The Lady In The Moon“ voll zum Tragen. Lee Hazlewoods langer Schatten legt sich auf dass teils exotisch rockende, teils im Walzertakt schunkelnde „I Tried To Hold The World In My Mouth“. Bei der Ballade „What`s To Become Of The Meaning Of Love“ kann sowohl Dylan als Einfluss registriert werden, wie auch eine Nähe zum engagierten Country-Folk bescheinigt werden.

    War „If I`m Only One Time Askin`“ aus 2015 der perfekte Country-Traum und „Mosey“ aus dem letzten Jahr ein 1960er Jahre-Pop-Spektakel, so bezeichnet Daniel Romano „Modern Pressure“ als Sammlung von spirituellen Songs. In seiner gewohnt abstrakten Interpretation könnten damit entspannte, verträumte, den Intellekt und das Gemüt anregende Songs gemeint sein, die ihre Inspiration aus den 1960er Jahre ziehen, jedoch diese Kraft in die Gegenwart retten und für die Zukunft vorbereiten. Romano ist der Magier, der die Töne zeitlos aufbereitet, bewährte Mechanismen nutzt und kreative Freiräume nutzt, um auch neue Hörerschaften an bewusstseinserweiternde Klänge heranzuführen, ohne den melodischen Faden zu verlieren.

    Der kreative Überschwang von Daniel Romano ist beeindruckend. Der vielseitige Künstler, der auch handwerklich tätig ist, erstaunt durch eine geschmackssichere Plünderung der Pop-Geschichte. Dabei besitzt er die Fähigkeit, die verwendeten Versatzstücke durch das Hinzufügen eigener Ideen so individuell aufzubereiten, dass sich seine melodisch aufreizenden Kreationen wie frische Spontanentwürfe anhören. Und das Schöne ist: Durch die reife, intelligente, geschmackvolle Gestaltung erschließen sich bei jedem Hördurchgang neue Details, Schattierungen und Erkenntnisse. „Modern Pressure“ bietet zutiefst befriedigendes und anregendes Futter für Seele und Hirn.
    Meine Produktempfehlungen
    • Sleeps Beneath The Willow Sleeps Beneath The Willow (CD)
    • Workin' For The Music Man Workin' For The Music Man (CD)
    • Mosey Daniel Romano
      Mosey (CD)
    • If I've Only One Time Askin' Daniel Romano
      If I've Only One Time Askin' (CD)
    • Come Cry With Me Come Cry With Me (CD)
    • Workin' For The Music Man Workin' For The Music Man (LP)
    Songs Of Bob Dylan

    Joan Osborne
    Songs Of Bob Dylan (CD)

    3 von 5 Sterne Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern Inaktiver Stern Inaktiver Stern
    23.09.2017
    Klang:
    4 von 5
    Musik:
    3 von 5

    Joan Osborne interpretiert Bob Dylan mit unterschiedlichem Erfolg.

    Joan Osborne auf ihren Hit „One Of Us“ aus dem Jahr 1995 zu reduzieren, würde ihr bei weitem nicht gerecht werden. Das bewahrheitete sich bereits beim Longplayer „Relish“, das die erfolgreiche Single und mit „Man In The Long Black Coat“ auch eine Bob Dylan-Komposition enthielt. Es präsentiert nämlich eine engagierte, kreative Künstlerin, die nicht so richtig in eine Schublade passen wollte. Vielleicht verschwand sie deshalb auch wieder aus dem Bewusstsein der Allgemeinheit, obwohl weiterhin erstklassige Arbeiten von ihr abgeliefert wurden. So z.B. mit „How Sweet It Is“ von 2002 eine sehr originelle Platte mit Soul-Cover-Versionen. Und nun wagt sich die im Jahr 1962 in Anchorage, Kentucky, geborene Singer-Songwriterin mit einem ganzen Album an das Werk von Bob Dylan. Die Künstlerin geht dabei das Risiko ein, an eindeutig besetzten Songs eines Giganten zu scheitern. Denn das Vorgehen birgt die Gefahr, entweder in Ehrfurcht zu erstarren oder an der Neuinterpretation zu scheitern, da den Originalen keine neue Sicht vermittelt werden konnte. Beide Fallen umgeht Joan weitestgehend, aber ist das Ergebnis trotzdem befriedigend ausgefallen? Die Lady eröffnet ihre Hommage mit „Tangled Up In Blue“, einem Song, dem Dylan so viel Persönlichkeit eingehaucht hat, dass eine Neudeutung schon deshalb zum Scheitern verurteilt zu sein scheint. Aber Joan passt die Tonlage an ihren Gesangsstil an und kleidet die Melodie in einen geschmeidigen Folk-Jazz, der ein Eigenleben annimmt, ohne sich anzubiedern.

    „Rainy Day Women #12 & 35“ wird dann zum nachtgrauen Blues umfunktioniert und ist zunächst nur am Text zu erkennen. „Buckets Of Rain“ bekommt sowohl Folk- wie auch Ragtime-Zutaten verordnet, was den Titel älter erscheinen lässt, als er ist. „Highway 61 Revisited“ kommt ohne den Wahnsinn des Originals aus und läuft jetzt als zischelnder Folk-Rock-Normalo ab. „Quinn The Eskimo (The Mighty Quinn)“ erhält eine Tönung, die den Song auf FM-Radio-Format zuschneidet, was ihn blass erscheinen lässt. Bei „Tryin To Get To Heaven“, „Dark Eyes“ und „You're Gonna Make Me Lonesome When You Go“ werden die schönen Melodie fein herausgearbeitet und zum Glänzen gebracht. Eine fauchende Orgel verleiht „Spanish Harlem Incident“ einen würdevollen The Band-Sound-Anteil und „High Water“ wird so aufbereitet, dass das Lied wie ein Outtake aus „Relish“ klingt. Es herrscht hier nämlich die gleiche schwüle, geheimnisumwitterte Atmosphäre. Dylans eindringlichstem Protest-Song „Masters Of War“ fehlt leider die Portion Wut, die zur Vertonung des Themas unbedingt dazu gehört. Demgegenüber wird die ländliche Stimmung von „You Ain`t Goin` Nowhere“ bewahrt. Zum Abschluss gibt es ein feierliches „Ring Them Bells“, das zum Piano zelebriert wird, da kann nichts schief gehen.

    Joan Osborne ist eine hochgeschätzte Musikerin mit großem schöpferischem Potential. Bei ihren Dylan-Interpretationen hat sie sich jedoch insgesamt unter Wert verkauft, weil die Bearbeitungen manchmal zu berechenbar und zahm geraten sind. Etwas mehr Mut zur Individualität hätte diesen neuen Versionen sicher besser gestanden.
    Meine Produktempfehlungen
    • Relish Joan Osborne
      Relish (CD)
    • How Sweet It Is How Sweet It Is (CD)
    • Original Album Classics Bob Dylan
      Original Album Classics (CD)
    The World That We Live In

    The World That We Live In (CD)

    4 von 5 Sterne Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern Inaktiver Stern
    23.09.2017
    Klang:
    4 von 5
    Musik:
    4 von 5

    Sugaray Rayford ist eine Entdeckung, seine Songauswahl bedarf aber noch einer Feinjustierung.

    Zum Glück ist seit einiger Zeit Saison für mächtige, wirkungsvolle, altgediente Stimmen im Soul-Umfeld. Dieser Trend hat uns immerhin solche immensen Talente wie Sharon Jones, Lee Fields und Charles Bradley nahe gebracht. Diese Künstler wurden lange übersehen, haben sich aber trotz erheblicher Rückschläge nicht entmutigen lassen ihren Weg zu gehen und wurden erst, nachdem sie die Mitte ihres Lebens schon erreicht hatten, einem größeren Publikum bekannt. Gut, dass das noch geklappt hat, uns wären sonst etliche Perlen entgangen! Mit Caron „Sugaray“ Rayford ist jetzt ein ähnlicher übersehener Kandidat am Start. Zwar ist Rayford erst Jahrgang 1969, aber er konnte sein erstes selbstproduziertes Album auch erst auf den Markt bringen, als er bereits 41 Jahre alt war. Der schwergewichtige, 195 Zentimeter große Texaner hat sich nach einem Abstecher Im Funk-Bereich zunächst dem elektrischen Blues gewidmet und legt jetzt mit „The World That We Live In“ sein viertes Werk vor, für das er seine kräftige Stimme in den Dienst des Soul und Rhythm & Blues stellt.

    „Take Me Back“ groovt wie Hölle und beschwört den Geist von Wilson Pickett („Mustang Sally“). Der Song „The World That We Live In“ schaltet einen Gang zurück, brodelt anfangs noch unter der Oberfläche, wird zwischendurch aber in eine blumig-sanfte Ballade überführt. „Don`t Regret A Mile“ übernimmt den Balladenteil des Vorgängers, so dass sich die Nummer im Smooth-Soul zwischen Barry White und Luther Vandross einpendelt. Auch „Keep Moving“ kann dann als schmusige Nummer die gesanglichen Qualitäten von Sugaray nicht wirklich in den Vordergrund rücken. „Dig A Little Deeper“ ist in diesem Zusammenhang wesentlich effektiver, da sich die Leidenschaft in temperamentvollem Gesang ausdrückt und die Melodie attraktiver geraten ist. „What Do We Own“ kommt dann wieder handfester rüber, offenbart einen milden Funk-Rhythmus und profitiert von der effektvollen Bläser-Begleitung. Der langsame Rhythm & Blues „Home Again“ wird durch den teilweise aufgebracht-emotionalen Gesang aus der Reserve gelockt. „Ain`t Got No Business To Die“ wächst mit jedem Hören und versprüht erst allmählich seine Ohrwurmqualitäten. Das ist ein Schleicher vor dem Herrn, der seine manipulative Wirkung auf das Hirn letztlich nicht verfehlt. „The Boogey Man“ zeigt Ähnlichkeiten zu „Living In America“ von James Brown, dem Stück fehlt aber die Durchschlagskraft des Vorbildes. „Troubles“ beginnt als Begräbnis-Song, wandelt sich dann jedoch in einen coolen, reizvollen R&B für langsame Tänzer.

    Sugaray Rayford punktet immer dann, wenn er seine eindrucksvolle Stimme so einsetzen kann, dass er jeden Widerstand im Keim erstickt. Dazu muss er nicht toben oder schreien, sondern nur seine Emotionen ausdrucksstark zur Geltung bringen können. Das gelingt immer dann, wenn die Songs nicht zu soft gespielt werden. Sugaray braucht nämlich Reibung sowie die Auseinandersetzung mit seiner Band und deren druckvolle Untermalung, um seine Möglichkeiten voll abrufen zu können.
    Meine Produktempfehlungen
    • Original Album Series Original Album Series (CD)
    • Explosive James Brown Explosive James Brown (CD)
    • Sex Machine Sex Machine (CD)
    Youth Detention

    Lee Bains III & The Glory Fires
    Youth Detention (CD)

    5 von 5 Sterne Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern
    23.09.2017
    Klang:
    5 von 5
    Musik:
    5 von 5

    Lee Bains III & The Glory Fires machen alles richtig und lassen den Rock & Roll hoch leben.

    Im September 2017 veranstalteten THE ROLLING STONES eine ihrer aufwändigen Europa-Tourneen, die sie auch in den Stadtpark nach Hamburg führte, wo sie vor 82.000 begeisterten Fans auftraten. Die dienstälteste Rock & Roll-Kapelle der Welt ist längst zu einem kalkulierten Massen-Medienereignis geworden. Bei allem Respekt vor den Herren kann aber festgehalten werden, dass ihnen der aufrührerische Geist der Anfangsjahre verloren gegangen ist und die Lust an musikalischer Weiterentwicklung auch keine gewichtige Rolle mehr bei ihren Aktionen spielt. Was wäre wohl passiert, wenn sie sich als Support-Act Lee Bains III & The Glory Fires für ihre Konzerte eingeladen hätten? Das Quartett aus Birmingham, Alabama, verkörpert nämlich genau die Tugenden, die den Reiz der aufmüpfigen, überschwänglich provokativen Songs der frühen ROLLING STONES ausmachten. Bains und seine Kumpel leben den Geist des Rock & Roll mit einer rebellischen Grundhaltung in Verbindung mit Songs, die ihre Seele aus der schwarzen Musik beziehen. Dabei schöpfen sie souverän aus historischen Quellen wie Rhythm & Blues, Rockabilly und Soul, kennen aber auch die Wegbereiter des Punk, Grunge und College-Rock. Die Herren protzen dabei nicht mit Sekundärtugenden wie Lautstärke oder Schnelligkeit, sondern wissen genau, was einen guten Song ausmacht: Eine griffige Melodie, kurze, knackige Soli, atmosphärische Beigaben und jede Menge Hooklines.

    Auf „Youth Detention“ beglückt uns die Band mit 17 Kompositionen, die wie eine Lehrstunde aus einem Rock & Roll-Lehrbuch klingen: „Breaking It Down!“ ist ein explosiver, treibender Opener, der sich wie ein verschärfter Outtake aus den „Let It Bleed“-Sessions der Stones anhört. „Sweet Disorder!“ deutet Punk-Wurzeln an, besitzt aber auch einen starken Power-Pop-Kern. „Good Old Boy“ transportiert die Wut des kalifornischen Punk der achtziger Jahre wie er z.B. von den Dead Kennedys bekannt ist, während die Energie bei „Black & White Boys“ in einen handfesten Rhythm & Blues abgeleitet wird. Für „Whitewash“ wird Folk-Rock mit Power-Pop vermengt und das zackige, nervöse „Underneath The Sheets Of White Noise“ nimmt ungeduldig weiter Fahrt auf. Ein Überschäumen kann nur noch durch Pop-Beigaben verhindert werden. „I Heard God!“ ist eine Ballade mit unwiderstehlicher Melodie und robuster Instrumentierung. Der hymnische Pop von „Crooked Letters“ schraubt sich allmählich durch einen Kinderstimmen-Loop hindurch immer kraftvoller in die Gehörgänge. „I Can Change!“ lässt keinen Zweifel am Willen zur Veränderung, denn das wird nachdrücklich durch den rasanten Garagen-Rocker ausgedrückt. Zwischen energischem George Thorogood-Blues-Boogie-Rock und optimistischem Buzzcocks-Punk-Pop pendelt sich „The City Walls“ ein. Bei „Had To Laugh“ lässt sich eine Nähe zur melodischen Seite von Hüsker Dü feststellen. „Nail My Feet Down To The Southside Of Town” bezieht sich auf den 1960er Jahre-Sound solcher Bands wie The Kinks oder The Who. Speed-Rock und psychedelischer Irrsinn kennzeichnen das kurze „Tongues Of Flame!”. „Trying To Ride” führt zunächst auf eine falsche Fährte: Aus dem anfangs überdrehten Gitarren-Rocker wird schließlich ein verführerischer Power-Pop mit stürmischem Ende. Bei „The Picture Of A Man“ zeigen sich die Musiker von ihrer akustischen Seite und überzeugen mit einer lieblichen Melodieführung. „Commencement Address For The Deindustrialized Dispersion“ trägt die Reife von The Band-Kompositionen in sich und drückt sich außerdem frisch und unberührt aus, während „Save My Life“ als folkiger Demo-Track anfängt, dann aber schlagartig in einen stürmischen, druckvollen Country-Rocker übergeht.

    Lee Bains III & The Glory Fires lassen den Rock & Roll in seiner ganzen Vielfalt und Großartigkeit erblühen und gedeihen, denn das Quartett legt mit ihrem dritten Werk eine Songsammlung ohne Fehl und Tadel vor. Wäre die Band tatsächlich die Vorgruppe der ROLLING STONES gewesen, würde sie die Zuschauer - sofern diese unvoreingenommen reagieren – in Verzückung setzen können und von den besseren Tagen der altehrwürdigen Herren träumen lassen.
    Meine Produktempfehlungen
    • Dereconstructed Lee Bains III & The Glory Fires
      Dereconstructed (CD)
    • There Is A Bomb In Gilead There Is A Bomb In Gilead (CD)
    Salt

    Salt (CD)

    4 von 5 Sterne Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern Inaktiver Stern
    19.01.2014
    Klang:
    4 von 5
    Musik:
    4 von 5

    Die Entdeckung einer sensationellen Stimme

    Formal wird sie dem Jazz zugeordnet. Diese Einordnung widerspricht aber ihrer Flexibilität. LIZZ WRIGHT, geboren am 22. Januar 1980 in Hahira im Bundesstaat Georgia, im Süden der USA, ist eine Grenzgängerin zwischen den Stilen Jazz, Gospel, Rhythm & Blues, Pop, Country, Folk, Gospel und Soul. Auch die Wahl ihrer Cover-Versionen zeigt, dass sie keine Berührungsängste kennt. Sie wagt sich dabei in Bereiche vor, die von anderen Kolleginnen weitgehend gemieden werden. LIZZ WRIGHT wurde die Wirkung, die Musik auf Körper und Seele haben kann, schon von klein auf bewusst. Ihr Vater war Prediger und sie sang schon als Kind in seinem Kirchenchor und erhielt Klavierunterricht. Musik muss berühren, es muss ein Funke überspringen, der Hörer und Künstler verbindet. Darauf legt sie bei der Auswahl von Fremdmaterial und beim Komponieren ihrer Songs großen Wert. LIZZ WRIGHT wirkt sehr überlegt bei ihrem Vorgehen und tief verbunden mit dem, was sie tut. Sie lässt sich ausreichend Zeit, neue Aufnahmen fertig zu stellen und unterlegt sich keinem Diktat, zu einem bestimmten Turnus neues Material präsentieren zu müssen. Dazu passt auch, dass sie ausgleichende Interessen neben der Musik wahrnimmt. Sie ist passionierte ausgebildete Köchin und verbringt viel Zeit damit, ihren Garten zu gestalten.

    Heute lebt sie in Asheville in North Carolina auf dem Lande. Hier kann sie die Vorteile, die ein beschauliches, eher abgeschiedenes Dasein in relativ unberührter Natur bietet, nutzen und so Kraft für ihre Arbeit schöpfen. Ihre Familienchronik lässt sich bis zur Zeit der Sklaverei zurückverfolgen. Seitdem haben ihre Verwandten von der Landwirtschaft gelebt. Sie gehört der ersten Generation an, die nicht mehr von der Scholle existieren muss, sondern ein freies, künstlerisch geprägtes Leben führen kann. Und das tut sie sehr bewusst und genussvoll. Gesang hat sie in Atlanta, New York und Vancouver studiert. Zusätzlich trainiert sie ihre Stimme mit Atemübungen und Yoga und bildet sich durch das Lernen von Percussion-Instrumenten musikalisch weiter. Gesanglich ist sie sowohl von ARETHA FRANKLIN, wie auch von DONNY HATHAWAY, NINA SIMONE und ABBEY LINCOLN beeinflusst. Ihren künstlerischen Weg bestimmt sie aber nahezu autark. Mit Musikern wie GREGORY PORTER, JACKSON BROWNE oder CALEXICO arbeitet sie zusammen, weil sie von ihnen inspiriert wurde, nicht weil es das Management oder die Plattenfirma vorschreiben. Ihre Karriere startete sie in dem Vocal-Jazz-Quartett IN THE SPIRIT im Jahre 2000. Nach der Teilnahme an einem BILLIE HOLIDAY-Tribute im Jahre 2002 erhielt sie einen Plattenvertrag beim renommierten Jazz-Label VERVE und veröffentlichte 2003 ihr Debut-Album SALT.

    Es ist im Vergleich zu späteren Veröffentlichungen nur ein Schaulaufen für die Talente, die noch in LIZZ WRIGT schlummerten. Man hört eine Demonstration für die Öffentlichkeit, die eine neue sensationelle Stimme entdecken sollte. Das volle und wahre Können offenbart sich aber nur fragmentarisch. Lizz lässt sich besonders bei den Jazz-Standards von den dominanten, sich selbst darstellenden Begleitmusikern in den Hintergrund drängen. Erst beim letzten Song SILENCE darf sie zeigen, wie überzeugend sie sein kann, wenn sie das Ruder vollständig in der Hand hat und die Schlagzahl und Vorgehensweise bestimmt. Gut gelungen ist grundsätzlich auch AFRO BLUE, das sie sich von ihrem Idol, der Sängerin ABBEY LINCOLN, ausgeliehen hat. Bei dieser Ballade verschmilzt sie Folk-Leichtigkeit und Jazz-Raffinesse. Leider torpedieren die instrumentellen Eigensinnigkeiten, wie längere Piano-Solo-Ausflüge, den Integrationsgedanken wieder. Bei FIRE funktioniert die Verbindung von Pop und Jazz besser, weil eine echte Symbiose der Stile stattfindet.
    Meine Produktempfehlungen
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    Tenderheart

    Sam Outlaw
    Tenderheart (CD)

    4 von 5 Sterne Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern Inaktiver Stern
    21.04.2017
    Klang:
    4 von 5
    Musik:
    4 von 5

    SAM OUTLAW befindet sich auf der Schwelle zwischen Neo-Country-Traditionen und anspruchsvollem Singer-Songwriter-Denken.

    Sam Morgan hörte als Kind Country-Swing und die BEATLES. Anfang der 1990er Jahre zogen die Eltern des damals 10Jährigen von South Dakota nach Southern California. Hier wurden EMMYLOU HARRIS und GEORGE JONES große Einflüsse im Bestreben, später Profimusiker zu werden. Als die Entscheidung getroffen war, nahm er den Geburtsnamen seiner Mutter als Künstler-Ego an. Für einen Country-Musiker ist das nicht die schlechteste Wahl. Mr. Outlaw macht grade eine Metamorphose vom Neo-Traditionellen Country-Sänger zum selbstbewussten, eigenständigen Singer-Songwriter durch. Auch der Soft-Rock der frühen 1970er Jahre haben bei ihm Spuren hinterlassen. Seine Stimme erinnert nämlich an Wegbereiter dieses Stils wie DAN FOGELBERG oder NED DOHENEY. Außerdem kommen Vergleiche mit dem fast vergessenen, intensiven KEVIN MONTGOMERY, der 1993 das tolle, introvertiert-eindringliche FEAR NOTHING veröffentlichte, ins Gedächtnis.

    SAM OUTLAW befindet sich in einem guten Entwicklungsstadium, denn fast alle Songs auf seinem zweiten Solo-Album haben scharfe Konturen und straffe Melodien, die von seinem sinnlich-tiefschürfenden Gesang umgeben werden. Der einschmeichelnden, suggestiven Wirkung der Lieder kann man sich kaum entziehen. Zurzeit bewegt sich der Musiker kompositionstechnisch im Dreiecksverhältnis zwischen dem Laurel-Canyon-Folk-Rock und den Anfängen des Country-Rock ab Mitte der 1960er Jahre sowie dem daraus entstandenen Soft-Rock. Traditionen, individuelle Ausdruckskraft und Eleganz treffen so aufeinander und werden meistens ausgewogen miteinander abgeschmeckt. Nur selten sind die Songs zu weich gezeichnet und zu ausladend arrangiert, wie z.B. beim Titelstück.

    Wem also herkömmliche introvertierte Songwriter meistens zu düster und grau sind und wer gerne packende oder eingängige Melodien mag, der bekommt mit SAM OUTLAW genau die richtige Alternative und Mischung geliefert. Denn der Musiker vereint Sensibilität, Geschmeidigkeit und Ernsthaftigkeit. Das gefühlvolle „Everyone`s Looking For Home“ überrascht mit plötzlich einsetzenden verfremdeten Tönen, die sowohl von Streichern, aber auch von Mariachi-Trompeten stammen. Die beherzten, wohlklingenden Country-Rocker „Trouble“ und „Say It To Me“ haben die Klasse und Reife der gehaltvoll-lockeren Songs der DESERT ROSE BAND des ex-THE BYRDS-Mitglied CHRIS HILLMAN. Auch der zu Tränen rührende Country-Walzer „She`s Playing Hard To Get (Rid Of)“ ist eindringlich, ohne klebrig zu sein. „Two Broken Hearts“ kann als leicht ins Ohr gehender Country-Pop mit Schwung überzeugen, der sich nicht an mögliche Charts-Notierungen anbiedert. Outlaws Vortrag ist tiefschürfend, aber nicht depressiv. Er ist melancholisch, dabei aber selten schmalzig.TENDERHEART wächst aufgrund der starken Songs mit jedem Hördurchgang. Sam ist ein talentierter Musiker, der die Chance verdient, sich weiter beweisen und entwickeln zu dürfen. Hoffentlich fällt seine hoffnungsvolle Karriere nicht noch kommerziellen Gesichtspunkten zum Opfer.
    Meine Produktempfehlungen
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    Keb Darge & Cut Chemist Present - The Dark Side: 30 Sixites Garage, Punk And Psych Monsters

    Keb Darge & Cut Chemist Present - The Dark Side: 30 Sixites Garage, Punk And Psych Monsters (CD)

    4 von 5 Sterne Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern Inaktiver Stern
    04.04.2017
    Klang:
    4 von 5
    Musik:
    4 von 5

    Die DJs und Plattensammler Keb Darge und Cut Chemist haben gemeinsam rare Garagen- und Psychedelic-Rocker ausgegraben.

    Der erfahrene DJ und Plattensammler Keb Darge ist relativ neu im Garagen-Rock- und Psychedelic-Sound-Sektor unterwegs. Lange Zeit tummelte er sich im Soul- und Funk-Umfeld. 2007 kompilierte er mit seinem Kollegen Cut Chemist den LOST & FOUND – ROCKABILLY & JUMP BLUES- Sampler. Dann gab es noch die vierteilige Rockabilly- und Surf-Serie LEGENDARY WILD ROCKERS, die er mit seiner Partnerin LITTLE EDITH präsentierte. Eigentlich ist die Hinwendung zum rohen und teils ausgeflippten Garagen-Rock-Sound der USA aus den mittleren 1960er Jahren aufgrund der Neigungen nur folgerichtig, aber es bedurfte dem Einfluss von Cut Chemist sowie von DJ SHADOW und BILLY GIBBONS von ZZ TOP, um KEB DARGE auf die Spur zu bringen. Für THE DARK SIDE haben Keb & Cut nun jeweils 15 Tracks ausgesucht. Offensichtlich legten die Sammler dabei gesteigerten Wert auf einen aufmunternden bis aufgestachelten Beat, damit sich die Stücke auch auf der Tanzfläche bewähren können. Deswegen gibt es hier auch keine langen Improvisationen zu hören und auf bekannte Namen der Szene wie THE SEEDS oder 13TH FLOOR ELEVATORS wurde auch verzichtet. Stattdessen findet man rare Tracks von obskuren Combos, die sich häufig durch Engagement, Frechheit und jugendliche Leidenschaft auszeichnen. Die Vorbilder für die Kompositionen liefern überwiegend Bands der British Invasion. Also jene Gruppen, die den Amis damals ihre Blues-Wurzeln zurück brachten und diese mit Rock & Roll aufpeppten. Also vor allem Bands wie THE KINKS, THE ANIMALS, THE ROLLING STONES und THEM. Aber natürlich haben manchmal auch die BEATLES ihre Spuren hinterlassen und CAPTAIN CRUNCH AND THE CREW verarbeiten beim Psychedelic-Folk-Rocker „Nowadays People“ sogar Einflüsse der frühen PINK FLOYD unter SYD BARRETT.

    Die Zusammenstellung dokumentiert eine Zeit, in der viele Jugendliche von dem Wunsch beseelt waren, ihrem Frust ein Sprachrohr in Form von Musik zu geben, die abseits der herrschenden, muffigen Schlager-Normen Gefühle wie Aufbegehren und Freiheit transportiert. Beat und Rhythm & Blues sorgten für einen tanzbaren Takt und psychedelische Ausschmückungen kündigten eine Zeitenwende an. Viele der ausgewählten Bands glänzen eher durch Hingabe als durch ausgefeilte Instrumententechnik. Die Inbrunst ist oft ansteckend und die eher monoton-primitiven Rhythmen sorgen dafür, dass die Musik in die Beine geht. AL`s UNTOUCHABLES und THE SPADES spielen feurigen R&B wie die frühen THE KINKS und auch THE OMENS sorgen mit „Searching For Love“ durch eine ungezwungene Orgel/Gitarre/Schlagzeug Druck-Befüllung für einen wilden Sound. Umso unbändiger, umso besser: „Project Blue“ von THE BANSHEES ist ein aufgedrehter Titel, der immer kurz vorm Bersten zu sein scheint. Der Sänger ist außer Rand und Band und eine rastlose Gitarre treibt die Rhythmus-Abteilung erbarmungslos an.

    Aber es gibt auch ungewöhnliche Varianten: Sonderbarer Gesang, eine Folk-Harmonika und unangepasste Melodieführungen mit Pop-Geschmeidigkeit und stoischem R&B-Rhythmus bieten THE OUTSIDERS. Einen schnellen Beat auf der Schwelle zum Power-Pop in der Art der MONKEES präsentieren YOUNG ARISTOCRAZY und Garagen-Rock mit Pop-Zutaten, dessen Mixtur an BUFFALO SPRINGFIELD erinnert, gibt es bei „I See The Light“ von THE SOUND TRACK zu hören.
    Nicht alle Beiträge haben die gleiche Klasse, das liegt jedoch in der Natur der Sache. Der Sound wurde weitestgehend sauber überarbeitet, aber bei 2 Tracks konnten die Tonspuren nicht exakt reproduziert werden. Insgesamt bietet THE DARK SIDE eine vitale Sicht auf den 1960er-Garagen-Punk, hat ein schönes Digi-Pack-Klappcover mit detaillierten Track-By-Track-Informationen und ist mit knapp 77 Minuten Laufzeit prall gefüllt.
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    Go Get Gone

    Worry Dolls
    Go Get Gone (CD)

    4 von 5 Sterne Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern Inaktiver Stern
    23.03.2017
    Klang:
    4 von 5
    Musik:
    4 von 5

    Die beiden Frauen der WORRY DOLLS unterbreiten ein harmonisches, aber trotzdem abwechslungsreiches Programm.

    Die WORRY DOLLS sind ZOE NICOL und ROSIE JONES, die sich in Liverpool trafen, als sie grade mal 18 Jahre alt waren. Die Damen stellten fest, dass sie sich gegenseitig an ihrem Gesang aufrichten konnten. Als Duett harmonieren sie prächtig miteinander, suchen gegenseitigen Schutz und finden Kraft. So können sie auch gegen einen heftigeren, lauten Instrumenteneinsatz bestehen. Ansonsten solidarisieren sich mit jeder Art von Intimität, Verletzlichkeit und Nachdenklichkeit. Die Ladies kamen durch den Soundtrack von O BROTHER, WHERE ART THOU? zu ihrer jetzigen Bestimmung und entsprechend nah am Bluegrass, Folk und Country ist ihre Vortragsweise angesiedelt. Deshalb war es auch logisch, dass sie GO GET GONE in Nashville aufnahmen.

    „Endless Road“ klingt unschuldig und sehnsüchtig zugleich. „Train`s Leaving“ feiert das Unterwegs sein mit Aufbruchstimmung. Der Walzer „Miss You Already“ klingt wie ein Outtake aus dem 1930er Country-Repertoire der CARTER FAMILY und „Don`t Waste Your Heart On Me“ transportiert diesen düsteren, mysteriösen und staubigen Charme, der im O BROTHER…-Film eine tragende Rolle spielt. „She Don`t Live Here“ ist eine Piano-Ballade mit verwehten Steel-Guitar-Einschüben, die auch auf RUMOURS von FLEETWOOD MAC eine gute Figur gemacht hätte. Bei „Bless Your Heart“ geht es verhältnismäßig druckvoll und herausfordernd zur Sache und „Light Oh Light“ verbreitet Zuversicht. Beim dunkel-intensiven Folk von „Passport“ bestimmt auch das Banjo den Rhythmus und die Geige bekommt Freiraum, um sich freigeistig und progressiv zu äußern. Mit „Things Always Work Out“ wird es sentimental, bevor „Someday Soon“ ein zunächst elegisches und später Roots-rockiges Ende einläutet.

    Die WORRY DOLLS betören mit eng verbundener Harmonie, die sie zur Untermalung von traditionell ausgelegten Country- und Folk-Titeln einsetzen, die aber auch im Pop- und Roots-Rock-Gewand überzeugend eingesetzt wird.
    Meine Produktempfehlungen
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    Non Canon

    Non Canon
    Non Canon (CD)

    5 von 5 Sterne Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern
    05.03.2017
    Klang:
    5 von 5
    Musik:
    5 von 5

    Nachdenklich, aber nicht depressiv. Kunstvoll, aber nicht kopflastig. So versteht Barry Dolan die Magie von melancholischen Songs.

    Non Canon ist das Art-Folk Projekt von Barry Dolan aus Bristol, der 2014 noch mit „Half-Life Of Facts“ ein impulsives, druckvolles Heavy-Punkrock-Album unter seinem Bandnamen Oxygen Thief herausgebracht hat. Non Canon ist komplett anders. Barry zeigt sich verletzlich und melancholisch, aber nicht resignierend. Die Songs wurden intelligent aufgebaut, der Gesang behält seriös die Kontrolle über die Situation und die instrumentelle Begleitung wirkt gediegen und ungewöhnlich. Der wandlungsfähige Musiker schildert in seinen Tondichtungen Ängste ohne Selbstmitleid und die Musik lädt auf intellektuelle Weise zum Innehalten ein.

    Sparsamkeit bestimmt „Splinter Of The Mind`s Eye“. Klirrend-tropfende Akustik-Gitarren-Töne und A Cappella-Gesang werden zunächst separat aufgeführt und finden erst später zueinander. Wehmütige, schwere Cello- und Geigenklänge komplettieren diesen kammermusikalischen Folk. Bei „Eponymous“ finden bodenständiger Folk und experimentelle Songstrukturen zueinander. Das hört sich, wie auch „Bad Twin“, nach der komplexen Komponierweise von Bill Callahan an. Das Piano öffnet hier Räume, die durch Marsch-Schlagzeug und Trauer-Cello gefüllt werden.

    Protest-Folk in laut und leise übermittelt „The Book Of Jasher“. Die akustische Gitarre verbreitet für „Home Alone 3“ Übungs-Akkorde und Barry Dolan singt unbeirrbar seine Verse darüber: Als würden Stimme und Instrument aneinander vorbei kommunizieren. Ausgebremster Power-Pop wird bei „A Study In Emerald“ in lebendigen Art-Pop umgewandelt und „Crayola“ regt als barocke Pop-Kunst an.

    Virtuos und kreativ gespielten, extravagant inszenierten instrumentalen Folk gibt es bei „1999 In Roman Numerals“ zu hören. „Memory Beta“ lebt in allen Belangen von monotonen Wiederholungen. Das gilt sowohl für die Gitarrenakkorde wie auch für die Refrains, die endlos und übertrieben nachhallen. Der Hypnotik-Effekt wird jedoch überstrapaziert und schlägt in Langeweile um.

    Für Barry Dolan ist redensartlich das Glas zwar halb leer, aber er ist nicht betrübt deswegen, sondern sieht das nüchtern als Tatsache. Wenn die Flasche dann leer ist, gibt es eben eine Neue. Bravo, hier wird das Prinzip Hoffnung bewusst gelebt: Hilf dir selbst, dann hilft dir Gott. Der nachdenkliche Songwriter drückt also glaubhaft Betroffenheit aus und kann dies intensiv musikalisch darstellen.
    Meine Produktempfehlungen
    • Dream River Bill Callahan
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    Reach

    Dawa
    Reach (CD)

    5 von 5 Sterne Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern
    05.03.2017
    Klang:
    5 von 5
    Musik:
    5 von 5

    Kammermusik, Folk, Jazz und Pop: Die Musiker von DAWA vereinen diese Stile locker und seriös zugleich.

    DAWA ist ein kammermusikalisch geprägtes Folk-Pop-Jazz-Quartett aus Österreich, das aktuell in der Besetzung John Michael Dawa (Gesang, Gitarre, Fußschelle (!)), Barbara Wiesinger (Gesang, Percussion, Hammond-Orgel, Gitarre), Laura Pudelek (Cello, E-Bass, Harmoniegesang) und Oama Richson (Cajón/Schlagzeug/Percussion, Harmoniegesang) auftritt. Im Jahr 2015 nahm die Gruppe an der ORF-Fernsehshow „Wer singt für Österreich“, einer Vorausscheidung für den European Song Contest teil und wurde Zweite. „(r) e a c h“ ist jetzt das dritte Studioalbum der Band und zeigt sie als ausgeruhte Pop-Künstler, die u.a. Folk-Einflüsse von Crosby, Stills & Nash und Pop-Sensibilitäten im Sinne von Fleetwood Mac`s „Rumours“ verarbeiten. Nichtsdestotrotz erhalten sie sich eine eigene Identität. DAWAs Kompositionen überzeugen nämlich durch Raffinesse bei den Arrangements, packende Melodien und einer lockeren Souveränität bei der Umsetzung. DAWA sind konzentriert und leichtfüßig zugleich. Ihre Instrumental- und Gesangsbeiträge sind vielschichtig und dennoch luftig.Dieses Rundum-Sorglospaket ist viel zu schade für einen schnöden Schlagerwettbewerb! Die Musiker brauchen eher ein fachkundiges Folk/Singer-Songwriter-Publikum, dass ihre Qualitäten zu schätzen weiß.

    „Reach“ beinhaltet Folk-Jazz mit Pop-Schmeicheleien sowie Klassik-Ernsthaftigkeit als Beigabe. Beim harmonischen Folk-Pop „Speed Of Light“ wird ein forsches Tempo angedeutet, das sich aber nicht durchsetzt. Geschickt manövriert der Track zwischen lässigem Wohlklang und nachdenklichem Erzählton. „Open Up“ greift den belebenden Samba-Rhythmus von „Intro Samba“ abschnittsweise wieder auf. Der Gesang bleibt als Kontrast dazu streng und unnahbar. Mit einfachen Mitteln wird „Child Of The Sun“ in einen rauschhaften Zustand versetzt: Das Cello spielt kratzige Akkorde in Dauerschleife, gläserne Töne verbreiten Durchhalteparolen, das Schlagzeug tuschelt erwartungsvoll und die akustische Gitarre zitiert psychedelischen Westcoast-Folk. „Put It Away“ hat den Soul von Ben Harper und die individuelle Klasse von Marianne Faithfull aufgesaugt und bewegt sich in etwa im introvertierten Folk-Bereich von Ben Howard. „Emma“ lässt sich Zeit. Aus den zufällig erscheinenden, getropften Tönen entwickelt sich langsam ein stoischer Minimal-Art-Folk-Song. Wenn man so will, kann das harte, druckvolle „White Walls“ aufgrund der brutalen Ausstrahlung unter Heavy-Metal-Folk eingeordnet werden. Ein versöhnlicher, ernsthaft-seriöser Nachklang des Songs gelingt mit dem „White Walls Outro“. Pulsierender Soul-Folk-Jazz wird beim sowohl gefühlvoll wie energisch ausfallenden Klangbild von „Wait Another Day“ dargeboten.

    Damit ist den Österreichern ein spannendes, abwechslungsreiches und gleichzeitig homogenes Werk von internationalem Format gelungen.
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    The 50th Anniversary Collection Of Sunny

    The 50th Anniversary Collection Of Sunny (CD)

    5 von 5 Sterne Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern
    23.10.2016
    Klang:
    5 von 5
    Musik:
    5 von 5

    Der Klassiker ist zurück: Zum 50jährigen Jubiäum gibt`s eine neue Zusammenstellung von Sunny-Interpretationen.


    Sunny ist ein Evergreen. Ein Song, den jeder schon mal gehört hat und der über die Jahre nichts von seiner Faszination einbüßte. Es gibt ca. 2.000 Versionen des Liedes und im Jahr 2000 wurden schon mal ein paar bekannte und markante Interpretationen zusammengetragen. Anlässlich des 50sten Geburtstags erfolgt jetzt eine erneute Würdigung der Komposition und dessen Verfassers BOBBY HEBB. Dieser wurde durch die Ermordungen von John F. Kennedy und seines Bruders, die an zwei aufeinander folgenden Tagen geschahen, sowie eines violett erscheinenden Sonnenaufgangs in New York City zu den unsterblichen Zeilen und der zeitlosen Melodie inspiriert.

    Das Lied kam allerdings nur durch Zufall auf Bobbys erste, empfehlenswerte und auch neu herausgebrachte Langspielplatte: Am Ende der regulären Aufnahmen war noch Studiozeit über und so spielte Mr. Hebb die Komposition mit den noch verbliebenen Studiomusikern ein und schuf so spontan einen Pop-Klassiker, der natürlich auch auf The 50th Anniversary Collection Of Sunny vertreten ist. Die Auswahl der Interpretationen verdeutlicht eindrucksvoll, wie flexibel der Track einsetzbar ist. Er taugt für etliche Musikstile und durch die Transformation werden jeweils neue Facetten freigelegt.

    JAMES BROWN macht daraus mit dem DEE FELICE TRIO und der großartigen Sängerin MARVA WHITNEY einen Late-Night-Jazz, der zunächst melancholisch und später aufgedreht abläuft. Auf die große Show-Bühne wird der Track mit unterschiedlicher Intensität durch SHIRLEY BASSEY, den Schauspieler ROBERT MITCHUM, TRINI LOPEZ und DUSTY SPRINGFIELD gehoben. Von THE HEAD SHOP wird der Titel in einen Psychedelic-Pop umgewandelt und das JOHN SCHRÖDER ORCHESTRA lässt das Lied swingen. GEORGIE FAME überführt ihn in seinen speziellen Rhythm & Blues und peppt ihn mit Funk-Gitarren auf. CHER erstaunt mit einer coolen Southern-Soul-Pop-Version und WILSON PICKETT legt seine gesamte Stimmgewalt und tief empfundene Emotionen in den Track, wobei er das Tempo niedrig hält. Jazz-Flötist HERBIE MANN hat sich für seine Interpretation stimmliche Unterstützung von TAMIKO JONES geholt und BOOKER T. & THE MG`s bleiben ihrem Sound treu und verfassen eine groovende Instrumentalnummer, bei der Gitarre und Orgel quasi den Gesangspart übernehmen.

    Die große Dame des Jazz, ELLA FITZGERALD, mag es karibisch und lässt einige Percussion-Instrumente ausgelassen klappern, bevor das Jazz-Orchester die Oberhand gewinnt und sie mit ihren Gesangskünsten die Komposition variabel vereinnahmt. JOSE FELICIANO gibt seinem Bossa-Nova-Arrangement noch ein Streicher-Gewand mit, was dann zu einer Weichzeichnung führt. Zwölfmal der gleiche Song, ist das nicht langweilig? Nein, denn Sunny macht bei jeder Bearbeitung erneut eine gute Figur.
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    • Sunny Sunny (CD)
    • That's All I Wanna Know Bobby Hebb
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    We Know How To Boogie

    We Know How To Boogie (CD)

    4 von 5 Sterne Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern Inaktiver Stern
    23.10.2016
    Klang:
    5 von 5
    Musik:
    4 von 5

    Rare Disco-Tracks aus den 1970er und 1980er Jahren bietet We Know How To Boogie

    The Grasso Brothers Present: We Know How To Boogie ist das Produkt der italienischen Brüder Gino und Federico Grasso, bei dem rare und obskure Disco-, Boogie- und Soul-Perlen zusammengetragen werden, die in der Zeit von Mitte der 1970er Jahre bis Mitte der 1980er Jahre entstanden sind. Die Tracks eignen sich nicht ausschließlich nur zur Füllung von Tanzflächen, sondern auch zum Einsatz in der Chill-Out-Zone oder für den Heimbedarf bei ungezwungenen Feiern. Das Tempo vieler Tracks ist maximal im Mid-Tempo-Bereich angesiedelt, hitzige oder rasante Passagen sind selten. Der Groove baut sich deshalb in der Regel mit Laufzeiten bis über neun Minuten nur langsam auf. Die Sammlung richtet sich auch an Spezialisten der Disco-Ära, die alles sammeln, was an hörenswerten Veröffentlichungen stattgefunden hat und auch Interesse an instrumentalen Spielereien haben.

    So verbindet KENNY PIERCE mit seinem zurückgenommenen „Done Been“ die lässige Eleganz von KID CREOLE & THE COCONUTS mit chromblitzendem Funk-Jazz. Die TOGETHER BAND setzt bei „You Can`t Run From Love“ auf eine Kombination aus leichtfüßigem Philly-Sound mit Bass-lastigem Schlafzimmer-Soul. SHARON JOHNSON singt teils abgeklärt, teils schwärmerisch und bedient mit „A Better Day“ eine Schnittmenge aus flüssigem Disco und glattem Pop. Zu „Times Three“ von ARABI kann eine kesse Sohle aufs Parkett gelegt werden, ohne dass sich die Tänzer verausgaben müssen. Ein kurzes Gitarren-Solo, hüpfende Keyboard-Noten und energische Bläser tragen dazu bei, dass der Song kurzweilig bleibt. LIVING COLOUR legen mit „Plastic People“ einen federnden Funk vor und THOSE GOOD INTENTIONS können mit dem belebenden „We Know To Boogie“ punkten. Ansteckend optimistisch ist „Dance To Freedom“ von SHERMAN HUNTER ausgefallen und „Le Love“ von BLACK SUN schlägt schwungvoll in die gleiche Kerbe.

    Die Zusammenstellung zeigt die Disco-Welle also aus der Sicht von Musikern, die es nicht zu Ruhm und Ehre gebracht haben, aber vielfach einen reizvollen Beitrag beigesteuert haben.
    Meine Produktempfehlungen
    • Mutant Disco Vol. 1 Mutant Disco Vol. 1 (CD)
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    Popcorn Heartbreak 1958-1964

    Popcorn Heartbreak 1958-1964 (CD)

    5 von 5 Sterne Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern
    23.10.2016
    Klang:
    5 von 5
    Musik:
    5 von 5

    Rhythm & Blues zum Jive tanzen oder entstand zuhören. Popcorn Heartbeat 1958 bis 1964 passt zu beiden Gelegenheiten.

    Popcorn ist ein Musik-Potpourri, das in den 1970er Jahren in Belgien aus alten Soul-, Rhythm & Blues-, Ska- und Pop-Scheiben destilliert wurde und sich eher im unteren Tempobereich bewegt. Dazu wurde dann ein langsamer Jive getanzt. Jay Strongman Presents Popcorn Heartbeat ist eine Zusammenstellung, die sich auf die Rhythm & Blues-Stücke, die im Zeitraum von 1958 bis 1964 entstanden, konzentriert:

    „River Love“ von HILLARD STREET versprüht exotischen Zauber und DOLLY LYONs „In The Palm Of Your Hand“ hat beinahe den selben Coolness-Faktor wie der Evergreen „Fever“, im Original von LITTLE WILLIE JOHN. Auch „You Got Me Crazy“ von LEW CONETTA ist stilistisch an der dunklen Nachtclub-Atmosphäre von „Fever“ ausgerichtet worden, überzeugt aber schon alleine aufgrund des engagierten Gesanges. „Lonely Moon“ von JOHNNY WELLS kann ebenfalls als extrem cool groovender Rockabilly punkten. Schmierige Streicher und Background-Sängerinnen, bei denen es sich auch um verstellte Männerstimmen handeln könnte, sorgen hier für Schräglage. VARETTA DILLARD lässt die Stimme aufgrund ihrer Wut über eine zerbrochene Beziehung für „That`s Why I Cry“ grimmig vibrieren. In diesem Gemütszustand möchte man der Dame lieber nicht begegnen. Ein Saxophon erzählt verzerrt von der Pein und die Rockabilly/R&B-Basis heizt die gereizte Stimmung noch zusätzlich an. So entsteht ein Liebesdrama voller sinnlicher Bezüge.

    KITTIE WHITE hat Vorahnungen, dass ihr nächstes Date peinlich enden könnte. Das HUGO PERETTI ORCHESTRA unterstreicht diese drohende Situation bei „I`m Gonna Be A Fool Next Monday“ mit mächtigen Bläsersätzen, die stark und abgeklärt zugleich rüberkommen. Solche Mini-Dramen finden sich zuhauf auf diesem Album. Die Intensität der Verarbeitung der Gefühle hat dabei eine Bandbreite, die sich von leidend-schmalzig bis trotzig-beherrscht erstreckt. Fans von DION & THE BELMONDS, den frühen WALKER BROTHERS, von DUSTY SPRINGFIELD oder PEGGY LEE sollten sich hier auf jeden Fall angesprochen fühlen.
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    DJ Amir Presents: Buena Musica Y Cultura

    DJ Amir Presents: Buena Musica Y Cultura (CD)

    5 von 5 Sterne Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern
    23.10.2016
    Klang:
    5 von 5
    Musik:
    5 von 5

    Begeisternder, rarer Latin-Sound aus den 1960er und 1970er Jahren.

    DJ Amir Presents Buena Musica y Cultura beinhaltet obskure Latin-Tracks der 1960er und 1970er Jahre, die hauptsächlich aus New York stammen. Das ist der Stoff, den Carlos SANTANA als Vorlage für seine frühen Aufnahmen im Ohr gehabt haben mag oder den STEPHEN STILLS zur Belebung einiger seiner Kompositionen heranzog. Die Musik lebt von der hinreißenden Dynamik der Schlaginstrumente, die manchmal ein Eigenleben entwickeln. Trotzdem wird das komplexe Gesamtkonstrukt von unsichtbaren Kräften zusammengehalten. Überall klappert und scheppert es. Es klingelt und klopft und die Poly-Rhythmen bewegen sich abwechselnd auseinander und wieder aufeinander zu.

    Die Musik atmet und pulsiert dadurch. Fanfarengleiche, manchmal stechend intensive Blechbläser und lebensfrohe Flöten starten Attacken, die in ihrer aufgestachelten, alarmierenden Wirkung in dieser Form gerne auch für Thriller-Soundtracks verwendet werden. Der Rhythmusteppich ist so stabil und euphorisierend, dass die Solisten die schrägsten Einfälle unterbringen können, ohne den geschmeidigen Ablauf zu stören: Der Bassist, der Pianist und der Posaunist von LA MODERNA OF NEW YORK erhalten zum Beispiel bei „Picadillo“ Freiräume zur künstlerischen Entfaltung und nutzen diese außergewöhnlich jazzig und ausdrucksstark. Es ist ein seltener Glücksfall, wenn Musik gleichzeitig körperlich wie auch intellektuell ausgerichtet ist. Hier wird sowohl das Tanzbein angeregt wie auch Staunen über die Virtuosität der Musiker erzeugt. Das ist durchgängig herrlich anzuhören!
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