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    Webervogel Top 100 Rezensent

    Aktiv seit: 10. April 2017
    "Hilfreich"-Bewertungen: 32
    166 Rezensionen
    Voll Jesus. Null Druck.

    Voll Jesus. Null Druck. (Buch)

    5 von 5 Sterne Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern
    13.10.2017

    Anschaulich, persönlich und inspirierend

    Josh Kelley ist mit „Voll Jesus. Null Druck“ ein sehr interessantes Buch gelungen. Sein Thema ist die Suche nach dem goldenen Mittelweg: Wie lässt sich ein gottgefälliges Leben führen, ohne arrogant und fundamentalistisch zu werden, aber auch ohne ein ständiges schlechtes Gewissen? Wie kann das Leben in vollen Zügen genossen werden, ohne sich dabei von Gott zu entfernen? Er wählt das Bild eines schmalen Grats, auf dem man als Christ balanciert – links und rechts zwei Abgründe, der eine symbolisiert Ungehorsam gegenüber Gott, der andere einen zwanghaften Glauben, der zu radikal ist. Der Autor Josh Kelley empfiehlt Christen zwar Radikalität, er meint damit jedoch „radikal NORMAL“ zu leben. Was ein radikal normales Leben für ihn bedeutet, leitet er Kapitel für Kapitel, Thema für Thema sehr anschaulich her.

    Josh Kelley ist Vater, Pfarrer und hat außerdem einige Zeit bei Starbucks gearbeitet. Das Buch ist auch eine Sammlung seiner persönlichen Erfahrungen, die er offen und ehrlich mit seinen Lesern teilt. Seine lockeren Schilderungen machen seinen Ratgeber sehr lebendig und gut lesbar. Wegen der Vielfalt der Themen sind kleinere und größere Lesepausen von Vorteil, um die Ideen des Autors auf sich wirken zu lassen. Egal ob es um Begabungen, Geld, Freude, Sünde oder Leben nach dem Tod geht: Josh Kelley arbeitet sich durchweg nachvollziehbar an den einzelnen Themenkomplexen ab. Er schafft das ohne erhobenen Zeigefinger und ohne den Eindruck zu vermitteln, die einzig gültige Wahrheit gepachtet zu haben. Was mir mit am besten gefallen hat: Er ist kein Freund von starren Vorgaben, sondern geht vom mündigen Christen aus. Er will kein Regelwerk zusammenstellen, sondern den Einzelnen dafür sensibilisieren, Entscheidungen selbst verantwortungsvoll zu treffen. Das Leben seiner Leser macht er damit nicht unbedingt bequemer, bietet ihnen aber Hilfestellung und eine Vielfalt gedanklicher Anregungen.

    Manches in „Voll Jesus. Null Druck“ war mir jedoch auch fremd. Einiges schien mir einfach sehr amerikanisch: Homeschooling, die Begeisterung für Starbucks und Disneyland, die Beschreibung des Autors, wie er als Teenager ein „Superchrist“ sein wollte … Josh Kelley widerlegte manchen radikalen Gedanken, den er in seiner Jugend entweder selbst hatte oder mitbekam. Ich dagegen hatte von einigen dieser radikalen Ideen noch nie gehört und konnte mit manchen doch sehr wenig anfangen. Dennoch fand ich die Auseinandersetzungen damit immer interessant. Das Buch enthält sehr viel Input, weswegen ich das letzte Kapitel besonders zu schätzen weiß: Hier komprimiert Kelly seine Kernaussagen nochmal und fasst seine Grundthesen zusammen. Er selbst will sein Buch übrigens als „Sprungbrett“ verstanden wissen – ob und wie seine Leser springen, ist ihre Entscheidung. Ich bin sicher, dass mich das Buch gedanklich noch eine ganze Weile beschäftigen wird – und dass ich immer mal wieder reinlesen werde. Die Lektüre hat mich auf jeden Fall inspiriert.
    Hammer, H: Durch alle Zeiten

    Hammer, H: Durch alle Zeiten (Buch)

    3 von 5 Sterne Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern Inaktiver Stern Inaktiver Stern
    03.10.2017

    Zwischen Liebe und Pragmatismus

    „Wenn Du geliebt wirst, denkst Du, Liebe sei leicht zu finden. Das stimmt aber nicht, Liebe ist selten.“ Das setzt der Hauptfigur Elisabeth eine Freundin auseinander. Und Elisabeth widerspricht nicht. Hat sie doch in ihrem Leben, von dem „Durch alle Zeiten“ handelt, die unterschiedlichsten Erfahrungen mit der Liebe gemacht, hat und wurde geliebt, hat und wurde betrogen. Als Tochter österreichischer Bergbauern 1940 in ärmlichste Verhältnisse hineingeboren, hat sie ihr Leben in die Hand genommen und versucht, das Beste für sich herauszuholen. Dabei ist sie mehrmals tief gefallen und wieder aufgestanden.

    Das Buch beginnt mit Elisabeths gegenwärtigem Leben. Ungefähr Anfang 30, liegt sie in den Wehen und bekommt ihr drittes Kind, das erste von dem gewalttätigen Bauern Josef, den sie geheiratet hat, weil sie sich durch diese Ehe eine bessere Zukunft versprach. Jedes zweite Kapitel handelt jedoch von Elisabeths Vergangenheit, angefangen mit ihrer Kindheit. Im Verlauf des Buches wird halbwegs klar, weswegen sie sich auf die Ehe mit Josef eingelassen hat – wider besseres Wissen, denn mit der Liebe hat Elisabeth schon einige Erfahrungen gemacht, heiratet jedoch trotzdem sogar ein zweites Mal, ohne dass diese im Spiel gewesen wäre. Auch die Romangegenwart schreitet unaufhaltsam voran, so dass sich am Ende Elisabeths gesamtes Leben vor dem Leser ausbreitet.

    Die Autorin Helga Hammer schildert ihre Hauptfigur durchaus anschaulich. Trotzdem ist mir Elisabeth stellenweise sehr fremd geblieben. Sie hat viel mitgemacht, ist jedoch auch öfters blind und taub gegenüber dem Leid anderer, die ihr nahestehen. Vielleicht hat sie ihr arbeitsreiches und von einigen Enttäuschungen geprägtes Leben hart gemacht, so dass sie nun keine größere Sensibilität mehr für ihre Mitmenschen aufbringen kann. Allerdings gibt es auch einige Zeitsprünge in dem Buch, wodurch dem Leser manche Informationen vorenthalten bleiben – bei der Schilderung eines kompletten Lebens ist das wohl kaum anders möglich, trägt aber dazu bei, dass mir für einige Wendungen einfach das Verständnis fehlte.

    Dadurch, dass hauptsächlich die Entwicklung eines Lebens geschildert wird, ist der Einstieg in die Geschichte leicht. Man rutscht förmlich in Elisabeths Leben hinein, doch trotzdem habe ich mich durch einige Passagen eher gequält, weil ich ihr Verhalten kaum nachvollziehbar fand. Da man meist auch nur ihre Perspektive kennenlernt, bleiben andere Figuren stellenweise sehr blass und eindimensional, was mich gestört hat. Aber Helga Hammers Ziel war wohl in erster Linie, das Leben einer starken Frau in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts im ländlichen Österreich zu proträtieren. Sie präsentiert dem Leser eine Kämpferin, eine Art Mutter Courage, deren Kinder für sie an erster Stelle stehen und die mal auf ihr Herz hört, mal mit kühlem Pragmatismus kalkuliert. Die Ausgestaltung dieser Figur ist an sich gelungen, ich hatte mir jedoch von der Geschichte noch anderes versprochen. Mehr Tiefgang vielleicht und komplexere Charaktere. Trotzdem hat mich das Schicksal der Hauptfigur nicht kaltgelassen und ich halte die Schilderungen der Herausforderungen, mit denen sich Elisabeth im Laufe ihres Lebens konfrontiert sieht, für durchaus realistisch.
    Sonntags fehlst du am meisten

    Sonntags fehlst du am meisten (Buch)

    4 von 5 Sterne Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern Inaktiver Stern
    13.09.2017

    Unvollständig

    Unvollständig – so fühlt sich das Leben der über vierzigjährigen Protagonistin Caro seit einem Jahr an. Seitdem hat sie keinen Kontakt mehr zu ihrem Vater, der jegliche Verbindung zu ihr gekappt hat, nachdem sie volltrunken in die Mauer des Friedhofs ihres Heimatdorfes gerast ist. Er, der immer für sie da war, versagt ihr seitdem jegliche emotionale und finanzielle Unterstützung. Caro ist inzwischen trockene Alkoholikern, steht – eigentlich erstmals in ihrem Leben – auf eigenen Beinen und hat nach ihrer gescheiterten Ehe einen neuen Partner gefunden. Und doch hat sie Hemmungen, wieder einen Schritt auf ihren Vater zuzugehen, wie ihre Mutter es anlässlich der baldigen Goldhochzeit der Eltern von ihr fordert. Ist eine Versöhnung überhaupt möglich?

    In Rückblenden lässt Autorin Christine Drews den Leser an Caros Vergangenheit teilhaben. Er erlebt sie als kleines Mädchen, das seinen Vater vergöttert, aber darunter leidet, dass die Arbeit immer Vorrang für ihn hat. Er lernt den Teenager kennen, der sich mit seinem ältesten Bruder zofft, die unter Prüfungsangst leidende Studentin und die im Unternehmen ihres Vaters Angestellte, die sich zunächst nicht bewusst ist, wie ihre Kolleginnen über sie denken. Es wird deutlich, dass Caros Vater sie immer in Watte gepackt hat – und dass ihr das nicht gutgetan hat. Ganz nebenbei zeigt Drews, wie der Alkohol eine immer größere Rolle in Caros Leben spielt. Es ist die vielleicht größte Stärke dieses Buches, wie die Autorin Caros Abrutschen in die Sucht nachvollziehbar macht und dabei verdeutlicht, wie gesellschaftlich akzeptiert zumindest gelegentliches „über den Durst trinken“ ist – und wie dies Süchtigen hilft, sich selbst und ihr Umfeld zu täuschen.

    Doch man erfährt nicht nur, wie Caro diejenige wurde, die sie ist. In Rückblenden werden auch Erlebnisse ihres Vaters geschildert, der als kleiner Junge mit Schwestern und Mutter aus dem zerbombten Dresden floh und sich vom Flüchtlingskind zum erfolgreichen Unternehmer entwickelt hat, einem Patriarchen, der sowohl sein Bauunternehmen als auch seine Familie fest im Griff und unter Kontrolle hatte – bis er den Kontakt zu seiner Tochter kappte, die doch immer sein Lieblingskind war. Und so verdeutlicht Drews nach und nach, dass Caros Vaters ihr Leben zwar sehr bestimmt hat – dass er jedoch auch nur auf Basis seiner eigenen Erfahrungen so handelte. Die Autorin zeigt, dass niemand so ganz aus seiner Haut kann, dass wir alle auch von den Erfahrungen geformt werden, die unsere Eltern und deren Eltern gemacht haben. Und dass uns das trotzdem nicht von unserer Eigenverantwortung freispricht.

    Die Erfahrungen von Caro und ihrem Vater so nebeneinander gestellt zu durchleben, fand ich interessant. Das Buch hat mich durchaus gefesselt, es ist ein spannendes Thema, wie Menschen unbewusst von lange vor ihrer Geburt gemachten Erfahrungen ihrer Eltern geprägt werden. Dennoch ging mir „Sonntags fehlst Du am meisten“ oft nicht genug in die Tiefe. Und fast von der Autorin betrogen fühlte ich mich durch das Ende des Romans. Nachdem eigentlich das ganze Buch auf ein Ereignis zusteuert, scheint das zwar am Ende stattzufinden, der Leser wird jedoch davon ausgeschlossen. Es ist ein wenig, als hätte Drews keine Lust mehr gehabt, den lange beschriebenen Konflikt zu lösen. Ich habe das als unfair empfunden – und das Buch als unvollständig. Für das interessante Konstrukt gibt es dennoch vier Sterne, es bleibt jedoch das Gefühl, dass hier mehr machbar gewesen wäre.
    Ein Gentleman in Moskau

    Ein Gentleman in Moskau (Buch)

    5 von 5 Sterne Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern
    06.09.2017

    Feinsinniger Roman über einen russischen Adeligen und die eigene, kleine Welt in einem Hotel

    Auf den ersten Blick könnte man meinen, dass in diesem Roman nicht viel passiert. Gleich zu Anfang, wir befinden uns im Jahr 1922 in Moskau, wird die Hauptfigur Graf Alexander Rostov zu lebenslangem Hausarrest an seinem aktuellen Wohnort verurteilt. Dieser ist jedoch nicht das heimische Gut, da der Adelsstand schon einige Jahre zuvor abgeschafft wurde und Graf Rostov es längst verlassen musste. Seitdem lebt er im Hotel Metropol, dem ersten Haus am Platze in Moskau. Es verfügt unter anderem über zwei Restaurants, eine Bar, einen geschlossenen Blumenladen und eine Nähstube, so dass dem 33-jährigen Grafen immerhin nicht sofort die Decke auf den Kopf fällt.

    Doch der Hausarrest des Grafen geht über Jahrzehnte, und als Leser begleitet man ihn dabei. Werden seine Begegnungen und Erlebnisse anfangs noch ausführlich geschildert, gibt es schließlich vermehrt Zeitsprünge. Diese wirken jeder Monotonie entschieden entgegen. Und auch sonst ist Graf Rostovs Leben im Hotel nur eine kleinere Ausgabe des Lebens in der richtigen Welt: Auch hier wird geliebt, gelacht und einander geholfen. Aber es wird auch bespitzelt und intrigiert – gegen die ehemals herrschende Klasse und eigentlich gegen jeden, der nicht zu den Bolschewiki zählt, kritisch hinterfragt oder auf die Äußerung seiner eigenen Meinung wert legt.

    Bei der Lektüre dieses Romans habe ich einiges über das Leben im Russland des 20. Jahrhunderts gelernt; nicht zuletzt durch die gelegentlichen Fußnoten, die eine Brücke zwischen Fiktion und Wirklichkeit schlagen. Trotz der zerstörerischen Politik dieser Jahre handelt „Ein Gentleman in Moskau“ auch von Idealisten wie Graf Rostovs Freund Michail Fjodorowitsch, von selbstbewussten Frauen wie der Näherin Marina, von gutherzigen Parteimitgliedern wie Ossip Iwanowitsch Glebnikow und nicht zuletzt von Gentlemen wie Graf Rostov. Amor Towles hat als Hauptfigur einen beeindruckenden Philanthropen geschaffen, dessen Gedanken das Buch zu einem Lesevergnügen macht. Stets freundlich, höflich und so heiter wie möglich vermittelt er direkt und indirekt, was es heißt, ein Gentleman zu sein. Das Klischee vom grobschlächtigen Russen wird einem nach der Lektüre dieses Buches kaum mehr in den Sinn kommen.

    Graf Rostovs teils philosophische Gedanken zu Heimat, Freundschaft und dem Leben generell machen diesen Roman so bemerkenswert. Ich habe mir ganze Passagen markiert, während ich das E-Book las. Es ging viel zu schnell, um sich alles zu merken, aber ich wollte die Sätze auch nicht einfach so an mir vorüberziehen lassen. Auch sprachlich überzeugen die Inhalte.
    Und so ist es zwar größtenteils ein ruhiges Buch, aber es gibt auch dramatische Szenen. Zwar passieren oft nur Kleinigkeiten, doch durch die Sprache und die geschilderten feinsinnigen Gedankengänge werden auch diese interessant. Ein wohlkomponiertes, weises Buch mit genau dem richtigen Ende. Mir hat es sehr gefallen!
    Sieh mich an

    Sieh mich an (Buch)

    4 von 5 Sterne Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern Inaktiver Stern
    11.08.2017

    Vom Wahnsinn des Alltags und all den Lebensschichten, die darunter lagern

    Dieser Roman ist intensiv. Wie in einen Strudel wird man in das Leben der Ich-Erzählerin Katharina hinein gezogen. Die ca. Vierzigjährige ist eine aufopferungsvolle Mutter, vernachlässigte Ehefrau, schwer erreichbare Freundin, begeisterte Musiklehrerin und hilfsbereite Nachbarin. Tagtäglich schlüpft sie in diese verschiedenen Rollen, die alle besondere Anforderungen an sie stellen. In „Sieh mich an“ erlebt der Leser einen erstmal gar nicht so untypischen Freitag in Katharinas Leben mit. Und weiß durch ihre Innenansichten als Einziger, welche emotionale Zusatzbelastung sie nebenbei noch mit sich herumträgt: Katharina hat in ihrer Brust ein „Etwas“ ertastet, das sie nicht beim Namen nennen mag. Sie ist erblich vorbelastet und von ihrem nahenden Tod überzeugt, ohne bislang mit einem Arzt oder sonst jemandem über das „Etwas“ gesprochen zu haben. Doch das will sie ändern – nach diesem Wochenende. Der Chaos-Freitag, den „Sieh mich an“ beschreibt, soll das letzte nach außen hin unbeschwerte Wochenende einläuten.

    Durch Rückblenden ist zu erahnen, wie Katharina zu der Frau geworden ist, die sie ist. Sachlich denkt sie über ihr Leben nach und lässt dabei nur wenig Emotionen zu. Der lakonische Schreibstil passt zum Inhalt, hat in mir jedoch auch eine gewisse Traurigkeit erzeugt. Die Figur der Katharina blieb mir stellenweise sehr fremd; ich konnte mich nur wundern, wie viel sie unausgesprochen lässt, wie viel sie hinnimmt. Gleichzeitig habe ich mir einige Passagen markiert; kluge Gedanken, ungewöhnliche Sichtweisen, über die sich ein nochmaliges Nachdenken lohnt. Krügels Katharina hat einen besonderen Blick auf das Leben und ihre Gedanken brechen ungefiltert auf den Leser ein. Wenn ich mich immer auf sie eingelassen hätte, wäre mein Lesefluss ganz schön ins Stocken geraten; so habe ich schon während des Lesens beschlossen, dass ich dieses Buch nicht zum letzten Mal in die Hand genommen habe. Und doch hat es mich etwas bedrückt. Katharina ist eine Kennerin und Liebhaberin der klassischen Musik und hält ihre eigene Lebensmelodie durchgehend in Moll, was mir zum Teil selbstgewählt erscheint. Wegen der melancholischen Grundstimmung bin ich unsicher geworden, ob ich das Buch einer Freundin weiterempfehlen soll. In jedem Fall ist es jedoch ein tragisch-schöner, weiser Roman über den Alltagswahnsinn und vieles, was das Leben ausmacht.
    Die Lieferantin

    Die Lieferantin (Buch)

    5 von 5 Sterne Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern
    03.08.2017

    Beängstigend glaubwürdiger Thriller – intelligent und spannend

    „London, vielleicht bald“ ist diesem Thriller vorangestellt, und tatsächlich scheint er in nicht allzu ferner Zukunft zu spielen. Wir befinden uns offensichtlich einige Jahre nach dem Brexit, der ebenso wie die Unabhängigkeit Schottlands für die Briten bereits zur Normalität geworden ist. Die technischen Möglichkeiten haben sich weiterentwickelt: Innenstädte werden mit Gesichtserkennungssoftware überwacht, Paketlieferungen mit Drohnen sind Alltag. Allerdings nutzen nicht nur gewöhnliche Online-Versandhändler die Technologie. Ein sehr erfolgreicher Anbieter kommt aus dem Darknet: „Die Lieferantin“, die dort einen Webshop für Drogen betreibt und diese mithilfe von Drohnen in Rekordzeit ausliefern lässt. Den Londoner Unterweltbossen, die bislang den traditionellen Straßenverkauf bevorzugen, tritt sie damit gehörig auf den Schlips. Und dann steht in England noch ein neues Referendum an: Es soll über den Druxit entschieden werden – den Ausstieg aus der Drogenhilfe, der zur Folge hätte, dass der Staat keinen Penny mehr für Behandlung/Entzug/Krankenversicherung etc. von Suchtkranken zahlen würde. Die Ereignisse spitzen sich zu und überschlagen sich schließlich beim Showdown …

    „Die Lieferantin“ hat mir wahnsinnig gut gefallen. Der Thriller ist komplett durchdacht und wirkt daher erschreckend realitätsnah – so könnte es kommen. Es gibt Nebenschauplätze, die die Legalisierung von Drogen, Big Data, wachsendem Nationalismus und Ausländerfeindlichkeit thematisieren. Alles spielt zusammen und so entsteht ein komplexes Zukunftsportrait, das zugleich fesselt und erschüttert.

    Zoë Beck hat ein ganz besonderes Händchen für ihre Protagonisten. Man lernt sie schnell gut mit all ihren Eigenheiten kennen und kann trotz Mord- und Totschlag für die meisten Sympathien aufbringen. Richtiggehend kunstvoll führt die Autorin ihre Figuren zum Teil nur flüchtig zusammen. Statt unwahrscheinlicher Zufälle webt sie ein Netz von Ereignissen und Beziehungen, die, obwohl in der Zukunft spielend, einfach glaubwürdig wirken. Wow! Und dann ist das Ganze noch federleicht lesbar und außerdem sehr, sehr spannend. Diese Autorin muss ich mir merken.
    Eine von uns

    Eine von uns (Buch)

    4 von 5 Sterne Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern Inaktiver Stern
    31.07.2017

    Risse in der Dorfidylle

    Die Angst geht um im britischen Dörfchen Heathcote. Ein Eindringling treibt sein Unwesen und bricht in die Häuser der Dorfbewohner ein; scheinbar wahllos und ohne Wertsachen zu entwenden. Das unsichtbare Phantom wird aufgrund seines lautlosen Umherschnüffelns bald als „Fox“ bezeichnet. Die Dorfbewohner sind sich uneins, wie gefährlich es ist. Das ändert sich jedoch schlagartig, als eine von ihnen verschwindet: Ausgerechnet die schüchterne, unscheinbare Anna hat es erwischt. Wieso gerade sie? Welches Motiv hat der Fox? Und wenn er ein Motiv hat und die zurückgezogen lebende Anna kannte – muss er dann nicht einer der Dorfbewohner sein?

    Die Autorin Harriet Cummings entfaltet das Dorfpanorama wunderbar anschaulich vor dem geistigen Auge des Lesers. Im Laufe ihres Romans pickt sie vier Charaktere raus, deren Gedankengänge sie über einen gewissen Zeitraum schildert. Los geht es mit der Londonerin Deloris, die, obwohl erst 24-jährig, schon ein „Desperate Housewife“ ist: Den Teppichfabrikerben Harvey zu heiraten, war zwar eine gute Partie, aber nun sitzt sie in seinem Heimatdorf fest und muss feststellen, dass sie die Rolle der perfekten Hausfrau zu Tode langweilt. Anders ist es beim ebenso zugezogenen Gottesmann Jim; er predigt gern in der Dorfkirche, hat aber ein dunkles Geheimnis, das wie ein Damoklesschwert über ihm hängt. Nicht nur anhand dieser Beispiele macht Cummings deutlich: In Heathcote ist wenig so, wie es auf den ersten Blick scheint. Dabei kennen sich viele der Dorfbewohner schon ein Leben lang und haben feste Meinungen über ihre Nachbarn. Man ist gewohnt, über die ein oder andere Eigenheit hinwegzusehen, denn man kennt sich schließlich – oder? Abgründe tun sich auf, Verborgenes wird ans Licht gezerrt. Der Fox bringt das Dorfgefüge durcheinander, denn durch die Bedrohung positionieren sich die Bewohner neu. Bisher nicht benötigte Charaktereigenschaften treten zutage, einige wachsen über sich hinaus. Am Ende hat sich Heathcote verändert.

    Auch wenn sich der Roman um die Frage dreht, wer der Fox ist, ist „Eine von uns“ kein Krimi. Mich hat relativ schnell eine vage Ahnung beschlichen, was es mit dem Fox auf sich haben könnte, aber das hat mich kaum gestört: Noch interessanter als die Identität des Phantoms sind die Reaktionen auf ihn, die ein jahrzehntelang gefestigtes Dorfgefüge in den Grundfesten erschüttern. Da bleibt kein Stein auf dem anderen – was hier und da sogar begrüßenswert ist … Unter dem Lack der Dorfidylle findet sich zwar keine Vorhölle, aber es lohnt sich trotzdem, an ihm zu kratzen – vor allem für den Leser, dem dieses Buch ein paar abwechslungsreiche Stunden beschert. Ein fesselndes Gesellschaftsportrait.
    Swing Time

    Swing Time (Buch)

    3 von 5 Sterne Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern Inaktiver Stern Inaktiver Stern
    11.07.2017

    Am Ende bleibt Ratlosigkeit

    Vor ungefähr zehn Jahren habe ich Zadie Smiths „Von der Schönheit“ gelesen. Ich erinnere mich überhaupt nicht mehr an die Handlung, weiß aber noch, dass ich beeindruckt war. Der Roman erschloss mir gesellschaftliche Denkungsweisen und Probleme, von deren Existenz ich damals noch keinerlei Ahnung hatte. Von „Swing Time“ erwartete ich ähnliches. Schließlich heißt es schon im Quote auf dem Buchrücken: „Bewegend, lustig und wahrhaftig analysiert dieser Roman […] Themen wie Hautfarbe und Weltpolitik.“

    „Swing Time“ handelt von zwei Freundinnen, die sich schon als kleine Mädchen kennenlernen und eine große Leidenschaft für Tanz teilen. Eine von ihnen ist die Ich-Erzählerin. Irgendwann im Laufe des Buches hielt ich inne und stellte fest, dass ich mich gar nicht an ihren Namen erinnerte. Ab da achtete ich sehr aufmerksam darauf und nehme inzwischen an, dass er kein einziges Mal genannt wird.
    Die Freundin der Ich-Erzählerin heißt Tracey. Dass beide Mädchen begeisterte Tänzerinnen sind – wobei Tracey Talent hat, während bei der Ich-Erzählerin schon früh ein Platfuß diagnostiziert wird – scheint ihre größte Gemeinsamkeit zu sein. Zwar wachsen sie auch im gleichen Londoner Vorort auf, haben jeweils ein hell- und ein dunkelhäutiges Elternteil, doch trotzdem scheint ihre Herkunft sehr verschieden. Die Mutter der Ich-Erzählerin strebt nach Bildung, studiert, interessiert sich für die großen gesellschaftlichen Fragen; ihr Vater verdient währenddessen das Geld und kümmert sich um Haushalt und Alltagskram. Traceys Mutter ist dagegen alleinerziehend und erwerbslos. Als Kind vergöttert Tracey ihren abwesenden Vater und erzählt, er wäre Background-Tänzer von Michael Jackson – ein Wunschtraum, wie sich später rausstellt. Traceys Wirklichkeit ist so eine ganz andere als die der Ich-Erzählerin, aber so richtig bekommt man sie als Leser nicht zu fassen. Offensichtlich ist dagegen ihre gelegentliche Bosheit gegenüber der anderen und dass beide Mädchen einander doch einiges neiden. Warum die Ich-Erzählerin trotz deren Gehässigkeiten an Tracey festhält, hat sich mir nicht erschlossen.
    Erzählerischer Schwerpunkt des Romans ist die Freundschaft der beiden Mädchen, doch nachdem sie erwachsen geworden sind, steht außerdem das Berufsleben der Ich-Erzählerin im Mittelpunkt. Sie arbeitet jahrelang als persönliche Assistentin für eine Sängerin, einen Superstar, jettet mit ihr durch die Welt und scheint ihr eigenen Leben völlig dafür aufzugeben. Besonders beteiligt ist sie an einem Wohltätigkeitsprojekt ihrer Arbeitgeberin; dem Aufbau einer Mädchenschule in Gambia. Hier kommt die Tochter einer Jamaikanerin zum ersten Mal mit Afrika in Berührung, was offensichtlich Spuren in ihr hinterlässt. Diese näher zu beschreiben ist mir allerdings kaum möglich.

    Als Leserin habe ich eine ganze Weile gebraucht, um festzustellen, dass das afrikanische Land, um das es geht, wohl Gambia ist – wie der Name der Ich-Erzählerin wird auch das nicht erwähnt. Genauso hatte ich hier und da Probleme, die Hautfarbe von Figuren herauszufinden – für das Verständnis des Romans scheinen diese Informationen absolut nötig, gleichzeitig setzt die Autorin auch hier gerne mal voraus, dass ihre Leser schon von alleine darauf kommen werden. Vermutlich ist mir beim Lesen von „Swing Time“ einiges entgangen, und das hat mich doch frustriert. Es ist nicht so, dass die Ich-Erzählerin so gebildet und reflektiert scheint, dass man ihren Gedankengängen nicht folgen kann, aber durch Zeitsprünge sowie unkommentierte, aber wohl doch bedeutsame Szenen verfestigte sich bei mir der Eindruck, hier doch einiges nicht zu verstehen – nicht zuletzt, was mir Zadie Smith mit dem Buch eigentlich sagen will. Unterhalten soll es nicht, denke ich – von der im Quote auf der Rückseite genannten Lustigkeit ist bei mir nichts angekommen. Auch bewegt hat mich „Swing Time“ kaum. Vielleicht hätte ich mehr von dem Roman gehabt, wenn ich mich besser mit Tanz auskennen würde – die Leidenschaft der Ich-Erzählerin und Tracey ist greifbar und wird detailliert beschrieben, aber wenn man selbst kaum Ahnung von Ballett, Musicals und Tanzfilmen hat, springt der Funke nicht über. Die Ich-Erzählerin lässt sich vom Leben treiben und man treibt 625 Seiten mit ihr. Im Nachhinein betrachtet hat sich das für mich nicht gelohnt. Es bleibt das Gefühl, etwas versäumt zu haben.
    Ein Brautkleid für fünf

    Ein Brautkleid für fünf (Buch)

    4 von 5 Sterne Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern Inaktiver Stern
    04.07.2017

    Fünf Frauenschicksale, geschickt verknüpft

    Im Chicago der 1950er Jahre kreuzen sich die Wege fünf junger Frauen, die zusammen in einer Wohngemeinschaft wohnen. Sie kommen aus unterschiedlichen Verhältnissen und jede von ihnen hat andere Hoffnungen und Ziele. Nicht alle von ihnen stehen sich nah, doch als sie tatsächlich mal zu fünft ausgehen, entdecken und erstehen sie zusammen ein traumhaftes Brautkleid, das allen passt und das sich keine alleine leisten könnte. Es ist ein Spontankauf; nicht eine von ihnen ist auch nur verlobt. Doch die auf der wahren Geschichte von einer der Frauen basierende Romanhandlung zieht sich über vier Jahre – und in dieser Zeit kann natürlich viel passieren …

    Der Einstieg in den Roman gestaltet sich sehr einfach. Man lernt die jungen Frauen nach und nach kennen und wird von der Geschichte schnell in ihren Bann gezogen. Obwohl sie, wie der Romantitel schon erahnen lässt, auch von der ein oder anderen Hochzeit handelt, ist sie kein bisschen kitschig. Geschickt erzählt die Autorin die fünf Frauenschicksale und springt dabei innerhalb der Kapitel von einer zur anderen. Aber auch kleinere und größere Zeitsprünge finden ab und an statt – anders wären die fünf Lebensgeschichten in einem Roman wohl gar nicht zu erzählen. Etwas schade fand ich allerdings, dass durch diese Zeitsprünge einige wichtige Ereignisse gar nicht näher beschrieben wurden: Man weiß als Leser, dass sie stattfanden, liest aber nur von den Vorbereitungen und erhält dann später höchstens noch einen kurzen Rückblick. Zum Ende des Romans hin war ich außerdem enttäuscht, dass die ein oder andere Geschichte nicht mal annähernd auserzählt wurde. Da blieben doch einige Fragen offen. Aber das sind auch schon die einzigen beiden Kritikpunkte, die ich an diesem Roman habe. Ansonsten habe ich es sehr genossen, in das Leben der Frauen voll einzutauchen, mich mit ihnen gefreut und mit ihnen mitgelitten. Eine Fortsetzung ist wohl nicht zu erwarten, aber gäbe es eine – ich würde sie mir kaufen!
    Was man von hier aus sehen kann

    Mariana Leky
    Was man von hier aus sehen kann (Buch)

    5 von 5 Sterne Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern
    27.06.2017

    Anrührend und zauberhaft, inhaltlich wie sprachlich

    Schon das so unaufdringliche wie märchenhafte Cover von Mariana Lekys „Was man von hier aus sehen kann“ zeigt, dass man es als Leser hier mit einem ganz besonderen Roman zu tun hat. Das abgebildete Okapi spielt eine wichtige Rolle, obwohl es nur in den Träumen der alten Selma auftaucht. Doch das ganze Dorf weiß, dass Selmas Okapi-Träume stets Vorboten für einen nahenden Todesfall sind und ist deswegen in höchster Alarmbereitschaft. In diesem Roman wird dann auch gestorben, aber noch viel mehr gelebt und geliebt. Es gibt eine ganze Handvoll von Hauptfiguren, die ich vielleicht verschroben nennen würde, wären sie mir während der Lektüre nicht gar so sehr ans Herz gewachsen. Im Mittelpunkt steht Luise, die zu Beginn des Romans zehn Jahre alt ist und im Laufe des Buches erwachsen wird. Doch genauso wichtig sind ein Optiker, der das Talent hat, die unmöglichsten Zusammenhänge aufzustellen, ein junger Gewichtestemmer, eine abergläubische Kräutersammlerin, Luises von Okapis träumende Großmutter Selma, ein buddhistischer Mönch und ein besonders hässlicher Hund mit dem Namen Alaska. Die Protagonisten sind weder besonders schön (abgesehen von dem Mönch vielleicht) noch außergewöhnlich gebildet (abgesehen von dem Optiker vielleicht). Sie sind keine strahlenden Helden, aber sie haben eine außergewöhnliche Herzenswärme, die liebenswertesten Marotten, die man sich vorstellen kann und oft auch einen weisen Blick auf die Dinge. Mariana Leky lässt ihre Leser vollends in die kleine, komplexe Welt ihrer Figuren eintauchen, und diese Welt ist so anrührend, dass sich das beim Lesen wie ein Geschenk anfühlt. Die Autorin hat außerdem einen einzigartigen Stil. Die Sprache des Romans ist wunderschön poetisch, was seine Lesbarkeit aber keinesfalls einschränkt. Mit kunstvoller Leichtigkeit wird mit Worten gespielt und vor vielen Kapiteln begonnene sprachliche Fäden werden später unverhofft erneut aufgenommen. Ein ganz feiner, leiser Humor schimmert immer wieder durch. Ein Buch zum intensiven Mitfühlen und dabei ohne jeden Kitsch. Ich bin noch ganz verzaubert von diesem Leseerlebnis.
    Dem Kroisleitner sein Vater

    Dem Kroisleitner sein Vater (Buch)

    4 von 5 Sterne Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern Inaktiver Stern
    13.06.2017

    Gute Mischung aus Lokalkolorit, Klamauk und einem Hauch von Tiefgang

    Dem Kroisleitner sein Vater wird tot aufgefunden – so beginnt der erste Frassek-Krimi, dem wohl weitere folgen sollen. Frassek ist ein Ermittler, der mich stellenweise an Klüpfels und Kobrs Kluftinger erinnert hat – etwas verpeilt, chaotisch und stellenweise auch ziemlich weltfremd. Allerdings hat er auch den ein oder anderen Geistesblitz und schafft es nach gehörigem Anlauf, sich seinen inneren Dämonen zu stellen. Stellenweise hat mich Frassek etwas genervt (wie kann man nur sein Handy einfach nicht mehr aufladen?), im Laufe des Buches wurde er mir aber dennoch sympathisch. Er und sein Kollege Sprotz bilden ein gutes Team – eigentlich in Berlin, wo beide leben und arbeiten.

    Hier aber verschlägt es Frassek, den vornamenlosen Ermittler, aus persönlichen Gründen in die Steiermark, genauer gesagt nach St. Margarethen. Als Leser lernt man das Dörfchen schnell gut kennen, erfährt man doch nicht nur Frasseks Perspektive, sondern auch die Gedanken und Sichtweisen einiger Dorfbewohner. Sie sind alle etwas kauzig, haben ihre Geheimnisse und scheinen zugleich eine verschworene Gemeinschaft zu sein, die allerdings durch den Tod des alten Kroisleitners erschüttert wurde – und dann sucht auch noch eine unerklärliche Fliegenplage den Urlaubsort heim. Schnell ahnt man erste Zusammenhänge, aber die Entwicklungen nehmen einen zum Teil doch unvorhersehbaren Verlauf. „Dem Kroisleitner sein Vater“ hat mich nachts bestens schlafen lassen, aber die Dorfgemeinschaft mit ihren Marotten kennenzulernen war trotzdem fesselnd. Die mal rustikal-biedere, mal verwunschene Atmosphäre in St. Margarethen schien während der Lektüre mit Händen greifbar und Pensionswirtin Lissi sah ich richtiggehend vor mir. Ein gelungener Lokalkrimi – mal schauen, wohin es Frassek in seinem nächsten Fall verschlägt!
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      Milchgeld (Buch)
    Kleine Lügen erhalten die Familie

    Kleine Lügen erhalten die Familie (Buch)

    4 von 5 Sterne Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern Inaktiver Stern
    27.05.2017

    Heitere Familiengeschichte, die sich schnell wegliest

    Teilweise hat mich Katia Webers „Kleine Lügen erhalten die Familie“ an Eric Malpass‘ „Morgen um sieben ist die Welt noch in Ordnung“ erinnert, was vermutlich vor allem an den Kapiteln liegt, die aus Sicht der achtjährigen Jana geschrieben sind. Aber auch die Perspektiven ihres Bruders, ihrer Mutter, ihrer Tante, ihrer Oma und noch einiger anderer Leute kommen immer wieder vor. Der Roman ist eine warmherzige, größtenteils heitere Familiengeschichte. Alle haben sich lieb, alle haben aber auch ihre kleineren und größeren Geheimnisse voreinander. Die Zufälle, durch die diese ans Licht kommen, häufen sich teilweise enorm, aber wenn man darüber hinwegsehen kann, bereitet das dem Lesevergnügen keinen Abbruch. Mehr irritiert hat mich tatsächlich, dass die Kapitelüberschrift jeweils aus dem ersten Satz des Kapitels besteht: „Franzis Nacken versteifte sich, das rechte Bein zuckte.“ Oder: „Der Reitstall gehörte Bene seit etwa zehn Jahren.“ Für mich las sich das sehr seltsam, da hätte ich ja noch „Kapitel 7“ als Überschrift besser gefunden …
    Etwas schade fand ich, dass das Buch eher abrupt geendet hat. Die Geschichte um ein geheimnisvolles Gemälde wird zwar abgeschlossen, aber einige zwischenmenschliche Beziehungen nicht weiter geklärt – als hätte die Autorin keine Lust mehr gehabt, die einzelnen Stränge zuende zu führen.
    Insgesamt ist „Kleine lügen erhalten die Familie“ ein Familienroman, der sich schnell durchliest. Einen tieferen Eindruck hinterlässt er nicht unbedingt, aber das muss gute Unterhaltung ja auch nicht immer.
    Meine Produktempfehlungen
    • Morgens um sieben ist die Welt noch in Ordnung Eric Malpass
      Morgens um sieben ist die Welt noch in Ordnung (Buch)
    Doust, K: Aimées geheimer Wunsch

    Doust, K: Aimées geheimer Wunsch (Buch)

    3 von 5 Sterne Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern Inaktiver Stern Inaktiver Stern
    12.04.2017

    Ein Perlenkragen als Hauptfigur

    Dieses Buch hat mich überrascht – aber nicht unbedingt im positiven Sinne. Es heißt „Aimées geheimer Wunsch“ und beginnt auch mit der Geschichte der Französin Aimée, die im Jahr 1891 kurz vor ihrer Hochzeit mit einem fast unbekannten Mann steht. Ihr geerbtes Hochzeitskleid verschönert sie mit einem aufwändigen, selbstbestickten Perlenkragen. Ich nahm an, dass sich das Buch zu großen Teilen um Aimée drehen würde (schließlich kommt ihr Name sogar im Titel vor) – aber in Wirklichkeit handelt es von dem Perlenkragen! Er taucht in der Gegenwart bei Auktionatorin Maggie auf, die mit allen Mitteln versucht, Beziehung, Familie und Karriere unter einen Hut zu bringen. Gleichzeitig hat sie aber auch ein Herz für Antiquitäten und für ihre Mitmenschen. Als eine Frau den von ihr in einer TV-Show präsentierten Perlenkragen wiederzuerkennen glaubt, macht sich Maggie daran, seine Herkunft zu erforschen. Der Leser ist Maggie dabei weit voraus, gibt es doch immer wieder Rückblicke, die von den verschiedenen Besitzern des Perlenkragens im Laufe der Zeit handeln. Mir waren diese allerdings zu unvermittelt eingestreut und immer, wenn ich mich in die Lebensgeschichte einer neuen Figur reingefunden hatte, mit ihr fühlte und mehr über ihr Schicksal wissen wollte, war die Autorin Kelly Doust schon wieder fertig mit ihr. Die Zusammenhänge zwischen den einzelnen Personen werden nur vage angedeutet, so dass sich für mich kein schlüssiges Gesamtbild ergab. Kelly Dousts Schilderungen sind dabei sehr atmosphärisch, gerade Maggies Liebe zu alten Dingen und zum Teil auch Stoffe, Handarbeiten etc. werden toll beschrieben. Der Roman liest sich so ganz gut durch – aber für die einzelnen Figuren bleibt nicht genug Raum. Zwar handeln die meisten Kapitel von Maggie, aber auch ihre relativ komplexe Familiengeschichte wurde mir zu schnell abgehandelt, wichtige Figuren traten kaum in Aktion, kamen nicht zu Wort. Die Autorin baut Beziehungsgeflechte auf, mit denen mehr möglich wäre, aber sie macht meiner Meinung nach nicht genug daraus und das habe ich beim Lesen immer wieder bedauert. Und so bleibe ich doch etwas unzufrieden zurück.
    Glücksmädchen

    Glücksmädchen (Buch)

    5 von 5 Sterne Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern
    10.04.2017

    Unerwartet, schlüssig, fesselnd - einfach rundum gelungen!

    Dieser Psychothriller ist ungewöhnlich. Im Mittelpunkt steht nicht das Opfer, stehen nicht die Angehörigen und nicht die Ermittler, sondern die Journalistin Ellen Tamm. Sie hat sich beruflich dem Thema Mord und Totschlag verschrieben, doch auch ihr Privatleben wird durch ein nie verarbeitetes Trauma davon beherrscht. Trotzdem hat sie sich einigermaßen im Griff - bis ihr neuer Chef sie auf die Geschichte von Lycke ansetzt, einer Achtjährigen, die verschwunden ist. Nie wirklich verheilte Wunden brechen wieder auf und Ellen verschreibt sich Lycke voll und ganz: Sie sucht auf eigene Faust, recherchiert und ermittelt - und stößt langsam aber sicher an ihre psychischen und physischen Grenzen ...

    So nah der Leser Ellen auch ist: Er lernt ebenfalls andere Perspektiven kennen. Vereinzelte Kapitel sind aus der Sicht von anderen Figuren verfasst und lassen so auch Einblicke in die Gedankenwelt von z.B. Lyckes Eltern zu. Eine geschickte Konstruktion der Autorin, da man Ellen Tamms Wissenstand so doch noch ein Stückchen voraus ist. Und so setzt sich das Puzzle um Lyckes Verschwinden anscheinend Stück für Stück zusammen ... oder war doch alles ganz anders?

    Ich fand den Thriller erfreulich unaufgeregt, obwohl er mich gleichzeitig so gefesselt hat, dass ich ihn innerhalb von 24 Stunden ausgelesen habe. Wer blutige Details, wilde Verfolgungsjagden und Gänsehaut sucht, ist hier fehl am Platz. Spannung wird auf andere Art erzeugt: Durch langsames Zusammentragen von Fakten und Vermutungen, bei dem der Leser Ellen Tamm hautnah begleitet. Dabei kommt er gleich noch ihrer privaten Geschichte näher und näher. Das Ganze entwickelt sich sowohl schlüssig als auch unerwartet - eine perfekte Kombination!
    Freitag, F: Man lernt nie aus, Frau Freitag!

    Freitag, F: Man lernt nie aus, Frau Freitag! (Buch)

    4 von 5 Sterne Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern Inaktiver Stern
    10.04.2017

    Von Freud‘ und Leid des Führerschein-Machens

    Frau Freitag hat ja schon viele Bücher geschrieben, aber ich habe noch keines davon gelesen. Das hier sprach mich allerdings direkt an – vermutlich, weil ich erst vor ein paar Monaten wieder mit dem Autofahren angefangen habe und mich daher an die größeren und kleineren Aufregungen des Fahren-Lernens noch bestens erinnern kann. Und vielleicht auch, weil ich beim Lesen froh war, dass ich immerhin den Führerschein nicht nochmal machen musste …
    Als Leser begleitet man Frau Freitag ab der Fahrschulanmeldung. Man erlebt sie hochmotiviert im Erste-Hilfe-Kurs, eigenwilligen Fahrlehrern während der Fahrstunden ausgesetzt und über das Schüler-Lehrer-Verhältnis reflektierend. Das Ganze ist recht unterhaltsam, denn Frau Freitag legt ihre Gefühle und Gedanken schonungslos offen und hat einen witzigen, mitreißenden Stil. Ich habe das Buch im Laufe eines Vormittags ausgelesen. Am Ende war ich dann allerdings auch erleichtert, dass Frau Freitag und ich als Leserin ihre Fahrschulzeit hinter uns gebracht hatten, es zog sich irgendwann ein winziges bisschen, aber Fahrstunden sind eben auch kein einziger Quell von Spaß und Abwechslung … Ein humorvolles, leicht wegzulesendes Buch – sowohl für Leute, die den Führerschein noch vor sich haben als auch für die, die die Erleichterung spüren wollen, dass sie sich damit nicht mehr beschäftigen müssen.
    Die Zeit der Ruhelosen

    Die Zeit der Ruhelosen (Buch)

    5 von 5 Sterne Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern Aktiver Stern
    10.04.2017

    Eindringlicher Gesellschaftsroman über Aufstiege, Niedergänge und die Unmöglichkeit, die eigene Herkunft abzuschütteln

    „Die Zeit der Ruhelosen“ liest sich sehr intensiv. Schon der Einstieg – die Schilderung eines Afghanistan-Einsatzes aus der Sicht eines französischen Soldaten – ist hart und gleichzeitig die Vorbereitung des Lesers auf das, was noch folgt: Zwar sind Krieg und Terror nicht die Hauptthemen des Buches, tauchen aber immer wieder auf. Die Protagonisten in Karine Tuils Roman kommen, wie der Titel schon sagt, nicht zur Ruhe: Ein Afghanistan-Heimkehrer, ein erfolgreicher Geschäftsmann und ein politischer Aufsteiger. Zwar kreuzen sich ihre Wege im Verlauf des Buches, doch sie haben kaum etwas miteinander gemeinsam. Jeder von ihnen ist ein Einzelkämpfer und strebt nach dem, was ihm wichtig ist: Karriere, Anerkennung, Liebe. Immer wieder geht es dabei um Macht. Die Macht, etwas zu bewirken, zu beeinflussen oder zu kontrollieren. In ihrem Streben kommen die Hauptfiguren ins Straucheln und müssen mehr oder weniger schmerzhaft feststellen, dass sie nicht frei agieren können, dass insbesondere ihre Herkunft sie nicht loslässt. Sie können ihre Vergangenheit nicht abschütteln, sie holt sie ein, egal, wie sehr sie sich innerlich und äußerlich von ihr distanzieren. Der Soldat wurde durch seinen letzten Einsatz traumatisiert, der Geschäftsmann muss sich durch die Presse daran erinnern lassen, dass er als Jude geboren wurde und sieht sich bald einer bösartigen antisemitischen Kampagne ausgesetzt. Der politische Aufsteiger entfernt sich gerne und schnell von seinen Banlieue-Wurzeln, doch sowohl seine neuen Kollegen als auch ein alter Freund, der sich religiös radikalisiert hat, lassen nicht zu, dass er diese vergessen kann.

    Doch in „Zeit der Ruhelosen“ wird auch geliebt und geweint. Es ist ein vielschichtiges Buch, dass mich sehr gefesselt hat. Ich konnte mit den Protagonisten mitfühlen, denn auch wenn sich meine Sympathien bisweilen in Grenzen hielten: Karine Tuil zeigt nachvollziehnbar, was jeden einzelnen antreibt. Parallel ist man bei Aufstiegen und Untergängen der einzelnen Figuren dabei. Mich hat beeindruckt, wie gut die Autorin die Erlebniswelt der drei so unterschiedlichen Protagonisten erfasst hat: Man zieht mit ihnen in den Krieg, die PR-Schlacht, den Élysée-Palast. Karine Tuil beschreibt Atmosphären, Orte und Gefühle so eindringlich, dass man als Leser kaum näher dran sein könnte. Und so ist auch das Leseerlebnis ruhelos, und genauso lässt einen das Buch nach seinem dramatischen Finale zurück. Ein großer Roman, den es sich unbedingt zu lesen lohnt.
    151 bis 166 von 166 Rezensionen
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