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    Bücherfreundin

    Aktiv seit: 04. September 2021
    "Hilfreich"-Bewertungen: 64
    294 Rezensionen
    Das Jahr ohne Sommer Constanze Neumann
    Das Jahr ohne Sommer (Buch)
    03.06.2024

    Großartige Geschichte mit Tiefgang

    In "Das Jahr ohne Sommer" erzählt Constanze Neumann ihre eigene Geschichte und die ihrer Familie. Die kleine Constanze wächst in den siebziger Jahren in  Leipzig bei ihren Eltern auf. Der Vater ist an einer Musikschule in Dresden tätig, die Mutter ist Geigerin. Als die Kleine drei Jahre alt ist, beschließen die Eltern, mit ihr in den Westen zu fliehen. Der Fluchtversuch scheitert, die Eltern werden verhaftet, und Constanze kommt  zunächst in ein Kinderheim, bevor sie von den Großeltern mütterlicherseits abgeholt wird. Nach 18 Monaten dürfen die Eltern ohne ihre Tochter nach Westdeutschland ausreisen. Die Kleine ist fast 6 Jahre alt, als auch sie endlich ausreisen und ihre Eltern wiedersehen darf. 
     
    Die Jahre vergehen, die Familie ist inwischen nach Aachen umgezogen, wo der Vater eine Beamtenstelle als Direktor einer Musikschule bekommen hat. Die Mutter leidet immer noch unter den Nachwirkungen einer schweren Krankheit aus der Zeit ihrer Inhaftierung und kämpft mit eiserner Disziplin darum, wieder Geige spielen zu können. Der Vater sieht sich mehr und mehr als Westdeutscher, während Constanze sich weder der alten noch der neuen Heimat zugehörig fühlt.
     
    Die Geschichte ist in der Ich-Form aus Constanzes Sicht erzählt. Sie ist in ganz wunderbarer und intelligenter Sprache geschrieben und liest sich sehr flüssig. Ruhig und nahezu sachlich beschreibt die Autorin das Zusammenleben eines Kindes mit einer depressiven Mutter und einem optimistischen Vater, der stets bemüht ist, sich in der neuen Heimat anzupassen und hart daran arbeitet, seinen sächsischen Dialekt abzulegen. Für Constanze ist es nicht einfach, sich in der neuen Umgebung zurechtzufinden, sie vermisst ihre in Leipzig verbliebene Großmutter und wird auch nach dem Mauerfall, den sie während eines Austauschjahrs in Michigan erlebt, das Gefühl der Heimatlosigkeit nicht verlieren.

    Mir hat das Buch, in dem es um Heimatgefühl, Entwurzelung und Sehnsucht geht und das Constanzes innere Zerrissenheit sehr eindrücklich beschreibt, sehr gut gefallen. Die Autorin zeigt auch die Probleme nach der Wiedervereinigung unseres Landes auf, die Enttäuschungen und die unterschiedlichen Lebensauffassungen. Besonders erwähnen möchte ich das Nachwort der Autorin, in dem sie von ihrer schweren Erkrankung erzählt, gegen die sie viele Jahre später kämpft. Dieser Teil des Buches ging mir neben der Schilderung der Fluchtgeschichte sehr unter die Haut.
    Es hat mir sehr gut gefallen, dass die Autorin den Zeitgeist sowie politische und gesellschaftspolitische Ereignisse in ihre Geschichte hat einfließen lassen.

    Ich habe das melancholische Buch sehr gern gelesen, es hat mich gleichermaßen gefesselt und zutiefst berührt.
    Absolute Leseempfehlung!
    Kosakenberg Sabine Rennefanz
    Kosakenberg (Buch)
    31.05.2024

    Zwischen alter und neuer Heimat

    Im Mittelpunkt von "Kosakenberg", dem neuen Roman von Sabine Rennefanz, steht die Ich-Erzählerin Kathleen. Großgeworden in der Enge des kleinen Dorfs Kosakenberg in Brandenburg, in dem jeder jeden kennt, zieht es sie 1997 nach dem Abitur zum Studieren nach Berlin. Ihr Weg führt sie nach München, Hamburg und wieder Berlin, ehe sie sich dazu entschließt, nach London zu ziehen, um dort bei der Zeitschrift "Design Review" als Grafikdesignerin zu arbeiten. Sie lässt außer ihren Eltern, der Großmutter und ihrer Schwester Annett ihre ehemals beste Freundin Nadine aus Kindertagen zurück.
     
    Die Handlung zieht sich über einen Zeitraum von 15 Jahren, während dieser Zeit kommt es zu zehn Besuchen in der Heimat. Kathleen enttäuscht und schmerzt es, dass ihre Eltern sich nicht für ihr neues Leben in England interessieren, und sie schämt sich für ihr bescheidenes Elternhaus, als ihr südamerikanischer Freund Octavio sie bei einem ihrer Besuche begleitet. Auch die Freundschaft zu Nadine verändert sich, die beiden entfremden sich zunehmend.
     
    Das Buch ist in intelligenter Sprache geschrieben und liest sich sehr flüssig. Die unterschiedlichen Charaktere sind klar skizziert und authentisch. Was Kathleen angeht, war ich etwas zwiegespalten, auf der einen Seite gefiel mir ihr Selbstbewusstsein und ihr Ehrgeiz, auf der anderen Seite mochte ich ihr bisweilen überhebliches Auftreten bei den Besuchen in der Heimat, vor allem ihrer Mutter gegenüber, nicht. Es fällt ihr schwer zu akzeptieren, dass es nicht jeden in die Welt hinauszieht und dass viele Dorfbewohner ein zufriedenes Leben führen. Die Kosakenberger leben in ihrer eigenen Welt, was außerhalb geschieht, scheint sie nicht zu interessieren.
     
    Die Autorin schildert in jedem Kapitel, das einen aktuellen Besuch Kathleens beinhaltet, die Veränderungen im Dorfleben. Besonders gut gefallen hat mir das Kapitel mit Tamaras Hochzeit, das auch teilweise sehr humorvoll erzählt ist und die Kluft zwischen Kathleen und den Dorfbewohnern sehr eindrücklich beschreibt. Auch die Schilderung der sich verändernden Beziehung zwischen Kathleen und Nadine und den immer seltener werdenden Begegnungen ist der Autorin großartig gelungen. Das schwierige Mutter-Tochter-Verhältnis wird ebenso thematisiert wie die Ost-West-Probleme nach der Wende. Kathleen erinnert sich während ihrer Besuche an ihre Vergangenheit in Kosakenberg, und wir erhalten Einblicke in ihr Leben in London.
     
    Das Buch hat mir sehr gut gefallen, während der Lektüre habe ich oft an meine eigene "alte Heimat" gedacht. Besonders berührend fand ich die drei letzten Kapitel und das hoffnungsvolle Ende, das Raum lässt für eigene Gedanken.
     
    Absolute Leseempfehlung für diesen ruhig geschriebenen und fesselnden Roman über Heimat und Loslassen, Weggehen und Zurückkommen, der mich bestens unterhalten, aber auch sehr nachdenklich gemacht hat!
    Die Rückenlüge Robin Nürnberg
    Die Rückenlüge (Buch)
    30.05.2024

    Interessanter Ratgeber für Menschen mit Rückenschmerzen

    Das Buch "Die Rückenlüge - Verabschiede dich von alten Mythen - werde schmerzfrei und stark" des Physiotherapeuten und Schmerzcoachs Robin Nürnberg richtet sich an Menschen mit Rückenschmerzen.

    Das Sachbuch ist sehr übersichtlich in 6 Kapitel gegliedert. Im ersten Kapitel geht es um den Aufbau und die Funktion der Wirbelsäule, die Bandscheiben sowie Muskeln, Gelenke und Faszien. Zweites und drittes Kapitel widmen sich dem Thema Schmerz, während der Autor im vierten Kapitel unterschiedliche Mythen unter die Lupe nimmt. Im fünften Kapitel stellt der Autor eine Reihe von Akuthilfen bei Rücken- und Nackenschmerzen vor, und im sechsten Kapitel beschreibt er neue Wege in der Physiotherapie.

    Der lebendige Schreibstil hat mir gut gefallen, das Buch ist auch für Laien gut verständlich und liest sich flüssig. Ich finde die Ansätze des Autors sehr interessant, der die Behandlungen einiger Schmerztherapeuten, die Dehnübungen und Faszienbehandlungen in den Vordergrund stellen, kritisch hinterfragt. Er zeigt einmal mehr auf, wie wichtig Bewegung ist und rät dem Leser, nicht lange in einer Körperhaltung zu verharren, sondern sie ständig zu verändern, um Schmerzen und Verspannungen zu vermeiden. Wie wichtig ein gesundes Darmmilieu für die Bandscheiben ist, ist ebenso Thema wie die Bedeutung der Ernährung.

    Das Kapitel über die Haltungsroutinen am Schreibtisch ist zwar interessant, ich finde es allerdings in der Praxis kaum umsetzbar, alle fünf Minuten eine Haltung einzunehmen, die bequeme Kleidung erfordert und schon dadurch nicht für jeden alltagstauglich ist.

    Wenn mich wieder einmal ein schmerzhafter Hexenschuss erwischt, werde ich gern auf das Akutprogramm zurückgreifen. Es bezieht auch Atemübungen und Selbstmassage mit ein und besteht aus mehreren Übungsstufen. Hierzu gibt es ergänzend viele Fotos.

    Das Buch enthält auch ein wenig Eigenwerbung: Im letzten Kapitel stellt der Autor das B.R.E.-System gegen Schmerzen vor, das er selbst entwickelt hat und als Schmerzcoach vermarktet.

    Über das Thema Rückenschmerzen gibt es sehr viel Literatur, vieles in Robin Nürnbergs Buch war mir bereits bekannt. Dennoch habe ich das sehr schön und übersichtlich gestaltete Buch gern gelesen und dabei neben guten Tipps auch Denkanstöße erhalten.
    Die Auszeit Emily Rudolf
    Die Auszeit (Buch)
    26.05.2024

    Enttäuschend

    Der Scherz Verlag hat "Die Auszeit", das Thriller-Debüt von Emily Rudolf, veröffentlicht. Das Buch wird als "Die aufregende deutsche Thriller-Entdeckung" beworben, der blaue Farbschnitt ist ein Eyecatcher. Der Klappentext versprach eine spannende Geschichte vor interessanter Kulisse, auf die ich mich freute - doch ich wurde enttäuscht.

    Viktoria Kaplan, eine bekannte Influencerin, hat bald eine Million Follower. Auf diesen Moment fiebert sie hin und hat daher ihren Freund, ihren Bruder und drei Freunde eingeladen, mit ihr in einem einsam gelegenen Retreat in den Alpen zu feiern. Es soll ein schönes Wochenende werden, der Besitzer des luxuriösen Hotels und sein Personal werden der Gruppe alle Wünsche erfüllen. Bei Wellnessbehandlungen, gutem Essen und sehr viel Alkohol genießt die Gruppe ihre Auszeit, die selbstverständlich auf Social Media begleitet wird. Schon bald kommt es zu Spannungen, und eine Leiche wird aufgefunden ....

    Die Geschichte wird auf zwei Ebenen erzählt: auf der ersten begleiten wir die Gruppe ab dem Tag ihrer Reise in die Alpen, auf der zweiten Erzählebene erleben wir die Zeit nach dem Mord aus Sicht nur einer Person. Die Perspektiven wechseln mit jedem Kapitel, alle Personen fungieren als Ich-Erzähler. Wir lernen neben Viktoria ihren Freund Julian, ihren Bruder Max und dessen Freundin Josefine sowie Viktorias Freundin Karla und Sebastian, den besten Freund Julians, kennen. Nach und nach wird eine Geschichte aufgeblättert, in der es nicht nur um Liebe und Freundschaft, sondern auch um Hass und Eifersucht geht. Geheimnisse werden gelüftet, und bald ist jeder des Mordes verdächtig.

    Es mangelte mir an Spannung und Raffinesse, die Handlung war durch die ausführliche Schilderung unwichtiger Details unnötig in die Länge gezogen. Schon früh hatte ich die richtige Person in Verdacht , so dass die Auflösung für mich keine Überraschung war. Die Sprache ist stellenweise recht derb und obszön. Öfter verwendet die Autorin unterschiedliche F-Wörter, die für mich nicht in ein gutes Buch gehören.

    Der Sprachstil gefiel mir überhaupt nicht, Sätze wie diese:
    "Die Wassertropfen bohren sich in mich hinein.
    Den Schmerz, der diesmal mein Herz durchfährt, könnte keine
    Schmerztablette dieser Welt lindern.
    Mich im Wald zu verirren, wäre das letzte, was ich jetzt noch gebrauchen
    könnte.
    Ich höre einen Schrei durch meinen Schädel hallen.
    Ich lachte, doch es klang gezwungen.
    Er strich mir die lose Strähne aus dem Gesicht, die sich schon wieder dorthin
    verirrt hatte, und unsere Blicke trafen sich.
    Tränen flossen aus mir heraus wie Blut aus einer Wunde."
    kommen im Buch zuhauf vor und haben mir sehr schnell das Lesen verleidet. 

    Die Grundidee der Handlung, die einmal mehr einen Einblick in die schillernde Scheinwelt der Influencer vermittelt, hat mir gefallen, ich hätte mir allerdings eine sprachlich schöne Umsetzung gewünscht.

    Ich kann das Buch leider nicht empfehlen.
    Mord stand nicht im Drehbuch Anthony Horowitz
    Mord stand nicht im Drehbuch (Buch)
    21.05.2024

    Sehr unterhaltsam und humorvoll

    Der Insel Verlag hat "Mord stand nicht im Drehbuch" des britischen Autors Anthony Horowitz veröffentlicht. Es handelt sich hierbei um den vierten Band einer Reihe um den ehemaligen Polizisten Daniel Hawthorne und den Schriftsteller Anthony Horowitz. Die Bände können sehr gut unabhängig voneinander gelesen werden, da jedes Buch einen in sich abgeschlossenen Kriminalfall beinhaltet.

    Der Schriftsteller Anthony Horowitz hat Daniel Hawthorne, der aus dem Polizeidienst ausgeschieden und nun als Privatdetektiv tätig ist, die Zusammenarbeit gekündigt. Daniel braucht Geld, und er möchte, dass Anthony ein viertes Buch über ihre gemeinsamen Ermittlungen schreibt. Doch Anthony fühlt sich von Daniel nicht freundlich behandelt, außerdem braucht er Zeit für sein neues Theaterstück "Mindgame", das in Kürze uraufgeführt wird. Das Stück wird ein Erfolg, und schon bald soll es 3 Monate lang in London zu sehen sein. Zwei Stunden nach der Premierenfeier erscheint die vernichtende Kritik von Harriett Throsby im Internet, und am nächsten Morgen wird die einflussreiche Kritikerin der Sunday Times in ihrem Haus tot aufgefunden. Sie wurde erstochen, und auf der Tatwaffe befinden sich Anthonys Fingerabdrücke. Nach seiner Verhaftung setzt sich der völlig Verzweifelte mit Daniel in Verbindung ... 

    Ich habe bereits mehrere Krimis des Autors gelesen, die mich alle begeistert haben. Seinen intelligenten und humorvollen Stil mag ich sehr, langsam und stetig baut sich die Spannung auf und bleibt bis zum Ende auf hohem Niveau. Die beiden Protagonisten erinnern mich an Sherlock Holmes und seinen Gehilfen Watson. Auch hier tappt der Gehilfe noch im Dunkeln, während sein Partner ihm bei der Aufklärung immer mindestens einen Schritt voraus ist. Ich fand den gut durchdachten Krimi bis zur für mich überraschenden Auflösung sehr spannend. Es gab viele Verdächtige und Wendungen, es wurden Geheimnisse und Verbindungen aufgedeckt, und ich habe mich auf falsche Fährten locken lassen. 

    Wie schon die Vorgängerromane ist auch dieses Buch aus Anthonys Sicht in der Ich-Form erzählt. Diese Erzählweise fand ich sehr gelungen, da sie mir seine Gedanken- und Gefühlswelt intensiv vermittelte. Der Autor gibt nicht nur den Gesprächen mit den Verdächtigen viel Raum, er widmet sich auch der schwierigen Beziehung zwischen Daniel und Anthony. Ganz großartig fand ich das packende Finale, bei dem alle Verdächtigen auf der Theaterbühne zusammentreffen und die Polizei nur als Zuschauer agiert. 

    Ich mag das ungleiche Gespann und habe Daniel und Anthony gern während ihrer nur vier Tage dauernden spannenden Ermittlungsarbeit begleitet. Schon jetzt freue ich mich auf den fünften Band der Reihe, der im September 2024 im englischsprachigen Raum erscheinen und dann hoffentlich bald auch in deutscher Übersetzung vorliegen wird. 

    Absolute Leseempfehlung für alle, die ruhig und intelligent geschriebene Krimis lieben.

    Windstärke 17 Caroline Wahl
    Windstärke 17 (Buch)
    15.05.2024

    Bewegende und fesselnde Fortsetzung

    Der Dumont Verlag hat nach Caroline Wahls erfolgreichem Debütroman "22 Bahnen", der 2023 zum Lieblingsbuch der Unabhängigen gekürt wurde, nun die Fortsetzung  "Windstärke 17" veröffentlicht.

    Während im ersten Buch Tilda im Mittelpunkt steht, begleiten wir nun ihre jüngere Schwester Ida. Am Ende des Vorgängerbuches ist Ida 11 Jahre alt, nun ist sie erwachsen, und ihre alkoholkranke Mutter ist vor zwei Monaten verstorben. Die junge Frau trauert, ist wütend und quält sich mit Schuldgefühlen. Nachdem sie die Wohnung gekündigt hat, macht sie sich mit einem alten Koffer mit etwas Kleidung und ihrem MacBook im Rucksack auf den Weg nach Hamburg, wo Tilda mit ihrer Familie lebt. Unterwegs ändert sie ihren Plan und fährt weiter nach Rügen. Dort findet sie nicht nur eine Anstellung in einer Gaststätte, sondern nach einem Schwächeanfall auch ein Zuhause bei den Inselbewohnern Marianne und Knut. Sie hat nun einen geregelten Tagesablauf, fühlt sich geborgen und genießt das Zusammenleben mit den beiden. Schon bald lernt sie Leif kennen, einen jungen Discjockey aus Hamburg ...

    Auch dieses Buch ist in der Sprache der Jugend in der Ich-Form geschrieben, diesmal aus Idas Perspektive. Die Dialoge sind wie in einem Drehbuch dargestellt. Mit viel Empathie beschreibt die Autorin die junge Protagonistin und lässt uns dabei tief in ihre Gefühls- und Gedankenwelt blicken. Neben der Handlung im Hier und Jetzt erleben wir in Rückblenden die schwierige Vergangenheit Idas und erhalten einen Einblick in ihre Beziehung zur Mutter und ihrer Schwester Tilda.  

    Der intensive Kampf, den Ida gegen ihre inneren Dämonen führt, findet sein Ventil in ihrem engem Bezug zum Wasser. Sie wirft sich in die Fluten, führt mit der Ostsee einen Kampf bis zur völligen Erschöpfung. Idas psychische Verfassung und ihre Probleme, ihre Trauer und ihre Wut sind sehr authentisch dargestellt. Ihre Seelenqualen, Schuldgefühle und Alpträume zu erleben, hat mich sehr berührt und betroffen gemacht. Ich habe oft mit ihr mitgelitten, obwohl ich ihre Handlungsweisen nicht immer habe nachvollziehen können. Neben Ida mochte ich ganz besonders Marianne und Knut, während mir Leif hingegen relativ fremd geblieben ist. 

    Mir hat der fesselnde Roman mit dem hoffnungsvollen Ende, in dem es neben Idas Problemen auch um Alkoholismus, Demenz und eine Krebserkrankung geht, sehr gut gefallen. Ich fand ihn sogar tiefgründiger und bewegender als "22 Bahnen".

    Absolute Leseempfehlung! 

    Verborgen Eva Björg Ægisdóttir
    Verborgen (Buch)
    07.05.2024

    Spannender dritter Band der isländischen Krimireihe um die Ermittlerin Elma

    Der Verlag Kiepenheuer & Witsch hat "Verborgen", den neuen Kriminalroman der isländischen Autorin Eva Björg Ægisdóttir, veröffentlicht. Es handelt sich hierbei um den dritten Band der preisgekrönten Krimireihe um die Polizistin Elma. Ich habe die ersten beiden Bände "Verschwiegen" und "Verlogen" mit großer Begeisterung gelesen, sie können sehr gut unabhängig voneinander gelesen werden, da sie unterschiedliche und in sich abgeschlossene Fälle beinhalten.

    In der isländischen Kleinstadt Akranes ist ein junger Mann, Marinó, bei einem Hausbrand ums Leben gekommen. Schon bald findet der Gerichtsmediziner heraus, dass der Tote nicht erst durch den Brand getötet wurde. Kommissarin Elma und ihrem Kollegen Sævar, die mit den Ermittlungen beauftragt sind, wird sehr schnell klar, dass es sich bei dem Brand nicht um einen Unglücksfall, sondern um Brandstiftung handelt. 
    Auf einer zweiten Erzählebene begegnen wir dem niederländischen Au-pair-Mädchen Lise, das nach einem Schicksalsschlag in Akranes eine Stelle angenommen hat. Dieser Erzählstrang hebt sich durch seine Kursivschrift und Zeitangaben sehr gut von der Handlung im Hier und Jetzt ab. 

    Die fesselnde Geschichte ist in schönem und klarem Sprachstil geschrieben und liest sich sehr flüssig. Es hat mir viel Lesefreude bereitet, das sympathische Ermittler-Duo auf seiner Suche nach der Wahrheit zu begleiten. Die Spannung steigert sich langsam und bleibt bis zum überraschenden Ende auf hohem Niveau. Es gibt unerwartete Wendungen, und die Autorin führt den Leser gekonnt auf falsche Fährten. Die Figuren sind authentisch und bildhaft beschrieben. Sehr gut gefallen hat mir, dass Elmas Privatleben und das ihrer engsten Kollegen wie in den vorherigen Bänden einen gewissen Raum einnimmt, ohne zu sehr zu dominieren.

    Mit Beginn des Krimis lernen wir neben den Hauptfiguren zahlreiche Personen kennen, was in Verbindung mit den isländischen Namen erwas verwirrend ist. Das Personenregister am Ende des Buches finde ich daher äußerst hilfreich.
    Ich mag die ruhige und atmosphärische Krimiserie um die sympathische Kommissarin Elma sehr, da sie gänzlich ohne blutiges Gemetzel auskommt und freue mich bereits schon jetzt auf "Verlassen", den nächsten und möglicherweise letzten Band der Reihe.

    Absolute Leseempfehlung!
    Die Bewegungs-Docs - Unser Programm für mehr Gesundheit und Leichtigkeit Melanie Hümmelgen
    Die Bewegungs-Docs - Unser Programm für mehr Gesundheit und Leichtigkeit (Buch)
    02.05.2024

    Motivierendes Buch von den Bewegungs-Docs

    Bei den Bewegungs-Docs handelt es sich um Dr. Melanie Hümmelgen, Dr. Helge Riepenhof und Dr. Christian Sturm. Die drei Ärzte sind vielen Fernsehzuschauern bekannt aus der gleichnamigen Fernsehsendung des Norddeutschen Rundfunks. Nach "Bewegung als Medizin: Schritt für Schritt gesund und fit werden" haben sie nun ihr zweites Buch, "Unser Programm für Gesundheit und Leichtigkeit" veröffentlicht.
     
    Das sehr hochwertig gestaltete Buch aus dem GU-Verlag ist in zwei Teile gegliedert, einen theoretischen und einen Praxisteil. Der theoretische Teil umfasst 81 Seiten und beinhaltet die Themen "Wie Sie Ihre Muskeln lieben lernen", "Wie Sie Ihren Stress besser managen" , "Wie Sie sich fit für die Langstrecke machen", "Wie Sie besser atmen", "Wie Sie sich gut ernähren", "Wie Sie sich ganzheitlich unterstützen" und "Wie Sie besser schlafen können".
     
    Im Praxisteil geht es dann auf 125 Seiten richtig zur Sache. Es erwartet den Leser ein dreiwöchiges Bewegungsprogramm. In der ersten Woche liegt der Schwerpunkt auf Basic Fitness, in der zweiten Woche auf Good Feeling, die dritte Woche wartet mit dem Fitness Turbo auf. Für jeden Tag werden spezielle Übungen vorgestellt, vorab gibt es ein Warm-Up, anschließend ein Cool- Down. 
    Im Anschluss an das 3-Wochen-Programm werden sieben 7-Minuten-Programme vorgestellt, die bei besonderen Beschwerden, wie z.B. Bluthochdruck, Knieschmerzen, Rückenschmerzen oder Tinnitus angewendet werden können.
    Im Schlusskapitel finden wir Rezeptvorschläge für Frühstück, Salate, Suppen und Hauptgerichte.
     
    Das Buch, das von viel Fachwissen und Kompetenz zeugt, hat mir sehr gut gefallen. Es liest sich sehr flüssig und ist äußerst kurzweilig. Viele Fotos und anschauliche Illustrationen ergänzen die informativen und motivierenden Texte. Besonders angesprochen hat mich neben dem Fitnessteil und den 7-Minuten-Selbsthilfeprogrammen bei Rücken- und Knieschmerzen der Rezeptteil an Ende des Buchs. Alle 20 Gerichte lassen sich leicht und schnell zubereiten, und die Zutatenliste ist nicht zu lang.
     
    Absolute Leseempfehlung für dieses motivierende Buch!
     
    Die Insel des Zorns Alex Michaelides
    Die Insel des Zorns (Buch)
    01.05.2024

    Drama in fünf Akten

    Der neue Thriller "Die Insel des Zorns" von Alex Michaelidis sprach mich sofort an, da er auf einer griechischen Insel spielt und der Klappentext auf eine ungewöhnliche Geschichte schließen ließ.

    Die schöne Schauspielerin Lana war einst ein gefeierter Star, ehe sie sich mit 40 Jahren zur Ruhe setzte. Sie besitzt eine kleine griechische Insel und lädt ihre Freunde Kate, Agathi und Elliott ein, mit ihr die Ostertage dort zu verbringen. Mit dabei sind auch ihr Mann Jason, Sohn Leo aus einer früheren Ehe sowie der Hausverwalter Nikos, der ständig auf der Insel lebt. Auf der Insel angekommen, stellt sich bald heraus, dass die anfängliche Idylle trügt. Es kommt zu Spannungen und Auseinandersetzungen. Nach einem heftigen Sturm wird eine Leiche aufgefunden ...

    Die Besonderheit des Buches ist, dass der Leser durch den zu Beginn noch unbekannten Ich-Erzähler immer wieder direkt angesprochen wird. Die Geschichte, die wie ein Drama in fünf Akten geschrieben ist, startet gemächlich. Es befinden sich sieben Personen auf der wunderschönen Insel, deren Geheimnisse nach und nach enthüllt werden, es gibt mehrere überraschende Wendungen, und auch der Erzähler sorgt für Kehrtwendungen. In dem Thriller geht es um Liebe und Hass, Verschwörungen, Rache und erlittene Traumata. Durch Rückblenden erhalten wir aufschlussreiche Einblicke in die Vergangenheit der Protagonisten. 

    Das Buch ist in angenehmer Sprache geschrieben und liest sich sehr flüssig. Der Autor beschreibt die Charaktere sehr bildhaft und konzentriert sich dabei ganz besonders auf Lana und Elliot. Mir hat es sehr gut gefallen, wie er auf das "innere Kind" in einem der Protagonisten eingegangen ist, das ist mit viel Empathie erzählt und hat mich sehr berührt.

    Trotz mehrerer Wendungen fand ich die Geschichte nicht so spannend, wie ich es mir gewünscht hätte, sie hatte doch einige Längen. Ich mag raffinierte Thriller, die mich mit ihrer Auflösung überraschen. Hier war das leider nicht der Fall, da ich relativ schnell auf der richtigen Fährte war.


    Mühlensommer Martina Bogdahn
    Mühlensommer (Buch)
    28.04.2024

    Mit viel Herz und Humor erzählte Geschichte

    In ihrem Debütroman "Mühlensommer" erzählt Martina Bogdahn eine Geschichte über das Leben auf einem Bauernhof und die Menschen dort. Die Autorin ist selbst auf einem Hof aufgewachsen und hat teilweise ihre persönlichen Erinnerungen in die Handlung einfließen lassen. 

    Die Ich-Ezählerin Maria besitzt eine Werbeagentur in der Stadt, was mit viel Stress verbunden ist. Daher freut sie sich schon sehr darauf, gemeinsam mit ihren Töchtern Mira und Charlotte ein Wochenende bei ihren Freunden in den Bergen zu verbringen. Bea und Oli besitzen dort eine Berghütte. Doch kaum angekommen, ruft Marias Mutter an und bittet um Hilfe. Der Vater liegt nach einem Unfall im Wald im Krankenhaus. Da Marias älterer Bruder Thomas mit seiner Familie verreist ist, bittet die Mutter ihre Tochter, sofort zu kommen, da sie sich allein mit der Versorgunng der Tiere und der dementen Großmutter überfordert fühlt. Maria macht sich sofort auf den Weg, und auch Thomas kehrt bald zurück. Gemeinsame Überlegungen, wie die Zukunft des Hofes aussehen soll, führen zu einem erbitterten Streitgespräch ...

    Die Geschichte ist auf zwei Zeitebenen erzählt. Über eine kurze Zeitspanne von nur wenigen Tagen erleben wir die aktuellen Geschehnisse auf dem Hof, im zweiten Erzählstrang begleiten wir Maria als Kind und Erwachsene. Diese Erinnerungen an die Vergangenheit nehmen den größten Teil des Buches ein und sind sehr warmherzig und humorvoll geschildert. Wir erhalten Einblicke in das Leben auf dem Bauernhof, das arbeitsreich und auch mit vielen Entbehrungen verbunden ist. Urlaubsreisen gibt es nicht, denn im Sommer ist Erntezeit, auch für die Kinder.

    Das Buch ist in schöner und klarer Sprache geschrieben und liest sich sehr flüssig. Es hat mir sehr gut gefallen und mich von Beginn an gefesselt. Die Charaktere sind authentisch und liebevoll skizziert. Ich konnte mir nicht nur ein gutes Bild über das Leben auf einem Bauernhof machen, sondern habe auch einiges gelernt, z.B. dass eine Zuchtsau nicht wirft, sondern schüttet, und dass es bei jeder Geburt einen Kümmerer gibt, das kleinste Ferkel des Wurfs, das nicht lange leben wird. Auch die Beschreibungen der anstrengenden Hopfenernte und der anfallenden Arbeiten bei einer Schlachtung fand ich sehr interessant.

    Absolute Leseempfehlung für diesen kurzweiligen und humorvollen Roman!
    Treibgut Adrienne Brodeur
    Treibgut (Buch)
    27.04.2024

    Mitreißende Familiengeschichte

    In ihrem neuen Roman "Treibgut" erzählt die amerikanische Autorin Adrienne Brodeur die Geschichte einer dysfunktionalen Familie.

    Ken und Abby Garner verloren sehr früh ihre Mutter Emily. Ihr Vater Adam zog seine Kinder größtenteils allein in seinem Haus auf Cape Cod auf. Inzwischen ist Ken 41 Jahre alt und hofft auf eine politische Karriere. Durch seine Heirat mit Jenny ist er zu Wohlstand gekommen, das Paar hat zwei Zwillingstöchter. Die 38-jährige Abby ist Künstlerin. Sie ist mit Skulpturen bekannt geworden und widmet sich nun der Malerei. Im Hauptberuf ist sie Lehrerin und träumt davon, von ihrer Kunst leben zu können. Ihre Schwägerin Jenny ist ihre beste Freundin.
    Adam Gardner feiert in Kürze seinen 70. Geburtstag. Hinter dem erfolgreichen Meeresbiologen und Vietnamveteran liegt ein bewegtes Leben. Seit er unter einer bipolaren Störung leidet, nimmt er Medikamente gegen seine Stimmungsschwankungen. Er hofft nun auf einen wissenschaftlichen Durchbruch in der Erforschung der Buckelwale und setzt heimlich seine Medikamente ab. 

    Neben der Familie Garner lernen wir auch die Bostoner Polizistin Steph kennen. Sie ist mit Toni verheiratet und hat gerade ihren gemeinsam Sohn Jonah zur Welt gebracht. Nachdem ihre Mutter ihr ein Geheimnis offenbart hat, beschließt Steph, Kontakt zur Familie Gardner aufzunehmen.

    Die Geschichte wird in sehr schöner und intelligenter Sprache erzählt, sie liest sich sehr flüssig. Die interessanten Figuren sind authentisch und bildhaft beschrieben, wir lernen sie näher kennen und erfahren ihre Geheimnisse und Konflikte. Mit viel Empathie beschreibt die Autorin nicht nur die die schwierige Geschwisterbeziehung von Ken und Abby, sondern auch Adams Gefühls- und Gedankenwelt vor dem Hintergrund seiner bipolaren Störung. Ken ist geprägt durch den frühen Tod seiner Mutter und macht seine Schwester dafür verantwortlich, während sich diese immer mehr von ihm zurückzieht. Die weiblichen Figuren waren mir trotz ihrer Schwächen sehr sympathisch, Ken und Adam hingegen mochte ich nicht besonders, beide stehen gern im Mittelpunkt und stellen berufliche Ziele und Erfolge weit über ihr Familienleben. 

    Der Roman ist fesselnd, nach und nach eskaliert die Situation, bis sich auf Adams Geburtstagsfeier die Spannung entlädt. Das Buch behandelt neben der Familiendynamik Themen wie Rivalität unter Geschwistern sowie Alkoholabhängigkeit, Trauer und erlittene Traumata. Gut gefallen haben mir auch die politischen Aspekte. Die Handlung spielt im Jahr 2016 und nimmt den Leser mit in den Wahlkampf zwischen Hillary Clinton und Donald Trump.

    Absolute Leseempfehlung für dieses großartige und berührende Familiendrama!
    Das Fenster zur Welt Sarah Winman
    Das Fenster zur Welt (Buch)
    26.04.2024

    Roman über Freundschaft und Liebe

    Im Mittelpunkt von "Das Fenster zur Welt" von Sarah Winman stehen die zu Beginn des Buches 64-jährige Kunsthistorikerin Evelyn Skinner und der 24-jährige Soldat Ulysses Temper. Die eigenwillige Evelyn ist in die Toskana gekommen, um bei der Rettung von Kunstschätzen vor Diebstahl und Zerstörung behilflich zu sein. Es ist Zufall, dass Evelyn und Ulysses sich während des Zweiten Weltkriegs, im August 1944, auf einer Straße in der Toskana kennenlernen. Der junge Soldat ist fasziniert von der Frau, die ihm von ihrer Liebe zu Florenz und zur Kunst erzählt. Ihre Wege trennen sich schon bald, und Ulysses kehrt 1946 zurück nach London, wo seine Ehefrau Peg, die in einem Pub arbeitet, sich während seiner Abwesenheit in einen Amerikaner verliebt und ihre Tochter Alys zur Welt gebracht hat.
     
    Jahre später will es das Schicksal, dass Ulysses sich mit Alys, seinem Freund Cress sowie dem Papagei Claude auf den Weg nach Florenz macht, um sich dort ein neues Leben aufzubauen.
     
    Das Buch ist in wunderschönem Sprachstil geschrieben und liest sich flüssig. Neben Evelyn und Ulysses lernen wir zahlreiche weitere Personen kennen, u.a. Ulysses Ehefrau Peg und ihre Tochter Alys, den treuen Freund Cress, der mit Bäumen spricht, den Pubbesitzer Col und seine behinderte Tochter Ginny sowie Pete, den Pianisten. Wir begleiten die Protagonisten über vier Jahrzehnte, nehmen Anteil an ihrem Leben mit all seinen Höhen und Tiefen, und wir erleben Alys als Kind, als verliebte Jugendliche und Erwachsene. Im Schlusskapitel erzählt uns die Autorin Evelyns Geschichte.
    Sarah Winman beschreibt ihre Protagonisten sehr liebevoll und warmherzig. Meine Lieblingsfigur war Ulysses, onwohl ich seine Handlungsweisen bisweilen ebenso wenig nachvollziehen konnte wie die bedingungslose Liebe, die er Peg entgegenbringt.

    Es hat mir sehr gut gefallen, wie die Autorin den Zeitgeist der fünfziger, sechziger und siebziger Jahre eingefangen und historische Ereignisse in die Handlung eingeflochten hat, so z.B. die Fußballweltmeisterschaft und die verheerende Flutkatastrophe im Jahr 1966, als der Arno über die Ufer trat. Auch die Beschreibungen über Kunst, die lukullischen Köstlichkeiten der Toskana und die aufwendige Herstellung von Globen habe ich sehr gern gelesen. 
    Nicht gefallen hat mir, dass die Autorin die 7-jährige Alys reden lässt wie eine Erwachsene, was ich sehr unglaubwürdig fand. Die Beziehung der Hauptfiguren zueinander habe ich als übertrieben harmonisch und daher wenig glaubhaft empfunden, der Papagei nahm in meinen Augen mit seinen Sprüchen und Kommentaren zu viel Raum ein und nervte mich irgendwann nur noch.
     
    Obwohl die Geschichte einige Längen hat und besonders im letzten Teil nicht frei von Kitsch ist, habe ich das Buch, in dem es neben Liebe und Freundschaft auch um Homosexualität, Krieg, Tod und Trauer geht, gern gelesen.

    Der Wind kennt meinen Namen Isabel Allende
    Der Wind kennt meinen Namen (Buch)
    15.04.2024

    Bewegender Roman

    Der Suhrkamp Verlag hat "Der Wind kennt meinen Namen", den neuen Roman der erfolgreichen chilenisch-US-amerikanischen Schriftstellerin Isabel Allende, veröffentlicht.
     
    Die Geschichte beginnt im November 1938 in Wien nach der Progromnacht, als der Vater des 6-jährigen Samuel Adler verschwindet und seine verzweifelte Mutter Rachel beschließt, ihr Kind in Sicherheit zu bringen. Samuel ist eines von insgesamt 10.000 jüdischen Kindern, die Großbritannien aufnehmen will. Rachels Plan ist es, Ausreisepapiere für sich und ihre Familie zu bekommen, um nach Chile auszuwandern. Mit kleinem Gepäck und seiner geliebten Geige tritt Samuel gemeinsam mit vielen weiteren Kindern die lange Reise nach London an. 
     
    2019, acht Jahrzehnte später, flüchtet Marisol Diaz mit ihrer 7-jährigen Tochter Anita aus El Salvador. Bei ihrem Versuch, in die USA einzureisen, werden beide festgenommen und inhaftiert. Das verzweifelte Kind, das seit einem Unfall nahezu blind ist, wird aufgrund einer unmenschlichen Einwanderungspolitik von seiner Mutter getrennt und in wechselnden Pflegeheimen untergebracht. Selena Duran, eine junge engagierte Sozialarbeiterin eines Projektes für Flüchtlinge, kämpft gemeinsam mit dem Rechtsanwalt Frank Angileri nicht nur dafür, dass Anita Asyl erhält, sie begeben sich auch auf die Suche nach der Mutter des Mädchens.
     
    Auf einer weiteren Erzählebene lernen wir die 7-jährige Leticia Cordero kennen, die sich 1981 mit ihrem Vater Edgar nach dem schrecklichen Massaker in El Mozote, bei dem fast die ganze Familie umgekommen ist, auf die beschwerliche Reise in die USA begibt. In Berkeley bauen sich die beiden ein neues Leben auf.
     
    Isabel Allende ist eine begnadete Erzählerin, deren großartiger Roman mich von Beginn an bis zu seinem hoffnungsvollen Ende gefesselt hat. Das Buch beschäftigt sich mit den wichtigen Themen Flucht, Flüchtlingspolitik und erlittene Traumata. Es ist aber nicht nur eine Geschichte über Flüchtlinge und ihr neues Leben in einem anderen, einem fremden Land, es ist auch eine Geschichte über Liebe, Nächstenliebe und Hoffnung. Wir begleiten die Protagonisten auf den verschiedenen Erzählebenen, die die Autorin gegen Ende des Buches gekonnt zusammenfügt.
     
    Die Charaktere sind authentisch und bildhaft skizziert. Ich mochte sie sehr, ganz besonders den musikalischen Samuel und die kleine Anita, die sich in eine Fantasiewelt flüchtet und Gespräche mit ihrer imaginären Freundin Claudia führt. Auch die kämpferische Selena und Leticia habe ich sofort ins Herz geschlossen. 
     
    Das Buch hat mir sehr gut gefallen, es ist herzzerreißend, fesselte und berührte mich zutiefst.
    Absolute Leseempfehlung für diesen bewegenden Roman, der unter die Haut geht!
     
    Leute von früher Kristin Höller
    Leute von früher (Buch)
    15.04.2024

    Ruhig erzählte Inselgeschichte

    Im Mittelpunkt von "Leute von früher", dem neuen Buch von Kristin Höller, steht Marlene. Sie ist Ende Dreißig, hat fast 9 Jahre lang Medienpraxis studiert und bisher keinen passenden Job gefunden. Daher nimmt sie für 6 Monate eine Tätigkeit auf der kleinen nordfriesischen Insel Strand an. Gekleidet wie vor 100 Jahren arbeitet sie nun vor historischer Kulisse als Verkäuferin in einem Erlebnisdorf für Touristen. Bald schon begegnet sie der Fischverkäuferin Janne, in die sie sich sofort verliebt. Janne, die auf Strand aufgewachsen ist, umgibt ein Geheimnis, und auch die Insel scheint eine mysteriöse Vergangenheit zu haben, um die nur ihre Bewohner wissen. 
     
    Das Buch mit dem wunderschönen Cover ist in klarer Sprache geschrieben und liest sich sehr flüssig. Es ist eine ruhig erzählte Geschichte, langsam und behutsam entwickelt sich die Liebesbeziehung zwischen Marlene und Janne. Nach und nach wird Jannes Geheimnis, das mit der versunkenen Stadt Rungholt zusammenhängt, enthüllt. Die Autorin beschreibt neben Marlenes Alltag im Erlebnisdorf auch den weiterer Saisonkräfte, die in sehr einfachen Unterkünften untergebracht sind. Sie zeigt ihre Probleme auf und ihre streng geregelten Arbeitsbedingungen, wozu auch der Kostümzwang zählt. 
     
    Der atmosphärische Roman hat mir gut gefallen, ich mochte die schönen Naturbeschreibungen und die Mystery-Elemente. Sehr interessant fand ich den Teil der Geschichte, in dem es um die versunkene Stadt Rungholt geht. Die unterschiedlichen Charaktere sind gut beschrieben, und das emotionale Ende war für mich stimmig, dennoch vollkommen überraschend.   
    Wir sitzen im Dickicht und weinen Felicitas Prokopetz
    Wir sitzen im Dickicht und weinen (Buch)
    10.04.2024

    Schwierige Mutter-Tochter-Beziehungen

    Der Eichborn Verlag hat "Wir sitzen im Dickicht und weinen", den Debütroman der österreichischen Autorin Felicitas Prokopetz, veröffentlicht.
     
    Im Mittelpunkt der Geschichte steht die Ich-Erzählerin Valerie Steinberg. Sie ist geschieden und alleinerziehende Mutter ihres mittlerweile 16-jährigen Sohns Tobi. Das Verhältnis zu ihrer Mutter Christina ist schwierig, die beiden Frauen sehen sich nur selten. Dass ihre Mutter an Krebs erkrankt ist, stellt eine große Herausforderung für Valerie dar, denn von nun an muss sie sich um ihre Mutter kümmern und für sie da sein.
    Die Entscheidung ihres Sohnes, für ein Jahr eine Schule in England zu besuchen, bereitet Valerie zusätzliche Probleme. Sie möchte nicht, dass er weggeht, er ist doch noch viel zu jung. Sie macht sich Sorgen und hat große Angst, dass ihm etwas passiert.

    Das Buch widmet sich nicht nur Valeries Geschichte, sondern auch dem Leben ihrer Großmütter Martha und Charlotte sowie dem ihrer Mutter Christina. Wir erfahren, wie die Kindheit der Frauen verlief und wie sich ihre Stellung als Frau innerhalb der Familie und Gesellschaft im Laufe der Jahre veränderte. Später stehen die Mutter-Tochter-Beziehungen im Fokus. Sie sind alle kompliziert, jede Mutter möchte es besser machen als ihre eigene Mutter, und doch sind alle gefangen in ihren familiären Strukturen. Der Roman blättert nach und nach die Familiengeschichten auf, und wir erfahren, weshalb Christina und Valerie zu den Frauen geworden sind, die sie sind. 
     
    Der Roman ist in eher nüchternem Sprachstil geschrieben, er liest sich sehr flüssig und ist fesselnd. Die Autorin skizziert ihre interessanten Chraktere authentisch und bildhaft. Die Frauen sind geprägt durch schmerzliche Erfahrungen, sie sind eigenwillig und haben ihre Ecken und Kanten. Ihre Handlungsweisen konnte ich nicht immer nachvollziehen. Für Valeries liebloses Verhalten gegenüber ihrer kranken Mutter hatte ich wenig Verständnis, auch wenn die Rückblicke in die Vergangenheit ihre Beweggründe erklären.
     
    Es fiel mir anfangs schwer, die zahlreichen Personen zuzuordnen, da Kapitelüberschriften und Zeitangaben fehlen. Ein Familienstammbaum wäre hilfreich gewesen, um die Familienstruktur jederzeit nachvollziehen zu können. 
    Ich habe das Buch gern gelesen, in dem es neben Familie und Mutterschaft auch um Generationskonflikte und Vernachlässigung geht. Die Schilderungen über Christina als Kind sowie die beiden Großmütter in unterschiedlichen Lebensphasen nehmen recht viel Raum ein, sehr gern hätte ich mehr über Valeries Beziehung zur Mutter erfahren.
     
    Leseempfehlung von mir und 4 Sterne!
    Sommerhaus am See David James Poissant
    Sommerhaus am See (Buch)
    11.04.2024

    Fesselndes und tiefgründiges Familiendrama

    Der btb Verlag hat den mitreißenden Roman "Sommerhaus am See" des amerikanischen Autors David James Poissant veröffentlicht. Es handelt sich um sein Debüt, das bereits 2020 in den USA unter dem Titel "Lake Life" erschienen ist.
     
    Im Mittelpunkt der Handlung, die sich über die Dauer eines Wochenendes erstreckt, steht die Familie Starling, die aus den Eltern Lisa und Richard sowie den erwachsenen Söhnen Michael und Thad besteht. Wie in vielen Sommern zuvor, treffen sich alle auch in diesem Jahr im Sommerhaus der Familie in North Carolina, das aus einem umgebauten Trailer besteht. Auch Michaels Frau Diane und Thads Partner Jake sind dabei. Das Treffen im Sommerhaus wird das letzte sein, da die Eltern das mit den Jahren sichtlich heruntergekommene Haus in einer Woche verkaufen werden. Sie beabsichtigen, ihren Lebensabend in Florida zu verbringen. Diese Eröffnung kommt für ihre Söhne überraschend, besonders Michael reagiert verärgert. Am nächsten Tag kommt es am See zu einer schrecklichen Tragödie, die das Familiengefüge zutiefst erschüttert ...
     
    Die Geschichte ist in kraftvoller und intelligenter Sprache erzählt und liest sich sehr flüssig. Die interessanten Figuren sind sehr bildhaft und authentisch gezeichnet. Sie alle haben ihre Probleme und müssen sich mit ihrer Vergangenheit auseinandersetzen, nach und nach werden lang gehütete Geheimnisse und alte Wunden offenbart. Beziehungen werden auf den Prüfstand gestellt, berufliche und private Konflikte treten zutage. Der Roman ist keine leichte Kost, es geht auch um Themen wie Drogen, Suizidversuche und Depressionen sowie Affären und Alkoholsucht.

    Sehr gut gefallen hat mir, dass mit jedem neuen Kapitel die Perspektive wechselt. So erleben wir abwechselnd die Geschehnisse aus der Sicht nicht nur der einzelnen Familienmitglieder, sondern auch aus der Sicht von Diane und Jake. Auf diese Weise lernen wir die Personen nicht nur intensiv kennen, wir können auch ihre Handlungen besser nachvollziehen und dabei tief in ihre Gedanken- und Gefühlswelt blicken. 

    "Sommerhaus am See" spiegelt auch die wirtschaftlichen Verhältnisse der Familie wider. Die Eltern sind angesehene Akademiker und leben in gesicherten Verhältnissen. Michael arbeitet als Schuhverkäufer, Thad hat sein Studium abgebrochen, beide sind pleite oder hoch verschuldet, es geht ihnen finanziell deutlich schlechter als ihren Eltern.   

    Mir hat des Buch sehr gut gefallen, es hat mich von Beginn an bis zum hoffnungsvollen Ende emotional gefesselt und tief berührt. 
    Absolute Leseempfehlung für alle, die gern Familiendramen mit Tiefgang lesen!
    James Percival Everett
    James (Buch)
    09.04.2024

    Packendes Meisterwerk

    In seinem neuen Roman "James", der im Hanser Verlag erschienen ist, erzählt der amerikanische Schriftsteller Percival Everett, der auch als Professor für Englisch an der University of Southern California lehrt, Mark Twains "Die Abenteuer von Huckleberry Finn" aus Sicht des Sklaven Jim neu. 
     
    Im Mittelpunkt der Geschichte steht der Sklave James, der von allen nur "Jim" genannt wird. Als ihm zugetragen wird, dass Miss Watson ihn verkaufen will, lässt er seine Frau Sadie und die gemeinsame Tochter Lizzie zurück und flieht in Richtung Norden in der Hoffnung auf Freiheit. Schon bald kreuzt sich sein Weg mit dem von Huck, der seinen eigenen Tod vorgetäuscht hat, um seinem gewalttätigen und alkoholkranken Vater zu entkommen. Wir begleiten Jim und Huck auf ihrer Reise mit einem Boot und einem Floß auf dem Mississippi. Ständig sind sie neuen Gefahren und Herausforderungen ausgesetzt, Stürme und Überschwemmungen setzen ihnen zu, sie werden getrennt, finden wieder zueinander. Jim wird zur Arbeit in einem Sägewerk und auf einem Schaufelraddampfer gezwungen und an eine Minstrelgruppe verkauft, in der er einen Weißen darstellt, der einen Schwarzen mimt.
     
    Der Autor lässt den Ich-Erzähler Jim in zwei Sprachen reden. Mit anderen Sklaven unterhält Jim sich vollkommen normal, schaltet aber sofort in eine andere Sprache um, sobald Weiße in der Nähe sind. Obwohl er intelligent ist, lesen und schreiben kann, stellt er sich dumm. Die Weißen sollen sich nicht unterlegen fühlen, deshalb spricht Jim dann in einer Art Slang, den er auch die Kinder der Sklaven lehrt. Er bringt ihnen bei, wie sie sich im Beisein Weißer zu verhalten haben, dass sie Blickkontakt vermeiden sollen und nie reden dürfen, ohne gefragt worden zu sein. Nikolaus Stingl, der Übersetzer des Buches, hat diesen ganz speziellen Slang der Sklaven großartig und nachvollziehbar umgesetzt.  

    Percival Everetts Buch ist in intelligenter und mitreißender Sprache geschrieben, es hat mich gefesselt und betroffen gemacht. Der Autor schildert eindrucksvoll den Rassismus des 19. Jahrhunderts in den Südstaaten Amerikas und führt dem Leser die Unmenschlichkeit und unvorstellbare Grausamkeit der Sklaverei vor Augen. Der Roman ist keine leichte Kost, er ist spannend, herzzerreißend und oft nur schwer zu ertragen. Das Ende ist hoffnungsvoll, und es kommt zu einer mich vollkommen überraschenden Enthüllung.

    Absolute Leseempfehlung und 5 Sterne für diesen erschütternden Roman über eines der dunkelsten Kapitel in der amerikanischen Geschichte, der mich noch lange beschäftigen wird.
    White Zero Thilo Falk
    White Zero (Buch)
    22.03.2024

    Leider nicht so spannend wie erwartet

    "White Zero", das neue Buch von Thilo Falk, ist ein Klimathriller. Das auffallend schön gestaltete Cover und der vielversprechende Klappentext weckten mein Interesse, aber so richtig glücklich bin ich mit meinem ersten Klimathriller nicht geworden.
     
    Die Geschichte beginnt spannend. Die Menschen in Deutschland erleben eine neue Eiszeit. Obwohl der März bereits begonnen hat, ist es immer noch eiskalt, es herrschen Temperaturen von -28 Grad. Die Straßen sind vereist, die Bevölkerung kann sich die hohen Energiepreise kaum noch leisten. Menschen erfrieren, die Versorgung mit Lebensmitteln ist gefährdet, Lieferdienste stellen ihren Betrieb ein. Niemand kennt die Ursache für diese nun bereits seit Monaten anhaltenden Tiefsttemperaturen.
     
    Die wichtigsten Figuren des Buches sind die Geophysikerin Dr. Jana Hollmer, ihr Freund Clemens Bach und Titus van Dijk. Jana ist stellvertretende Leiterin des Bundeswehr-Forschungszentrums für Geophysik, Clemens betreibt einen Verlag für Grußkarten, und Titus leitet eine Reederei in den Niederlanden. Um die Ursache für die neue Eiszeit herauszufinden und eine Lösung der Probleme herbeizuführen, wird ein Krisenstab gebildet, dem neben Jana weitere Wissenschaftler, Politiker und Unternehmer angehören. 

    Der Klimathriller ist in angenehmem Stil geschrieben und liest sich flüssig. Die interessanten Charaktere sind sehr gut skizziert, neben den drei wichtigsten Figuren lernen wir in weiteren Erzählsträngen zahlreiche weitere Personen aus Kiel, Freiburg, Peking, Amsterdam und Tschad kennen. Die Personen und die Schauplätze wechseln ständig, die Kapitel sind eher kurz gehalten, daher ist schon eine gewisse Konzentration erforderlich. Es dauert einige Zeit, bis sich alle Puzzleteile zu einem Ganzen fügen und die Zusammenhänge erkennbar sind. 

    Leider fand ich das Buch nicht sehr spannend, es hatte zwar durchaus spannende Momente, vor allem zu Beginn, aber der Spannungsbogen konnte nicht hoch gehalten werden, flachte immer wieder schnell ab. Die Kürze der einzelnen Erzählstränge und der ständige Wechsel störten meinen Lesefluss. Sehr gut gefallen haben mir die Zeitungsartikel und Beiträge aus den Nachrichten, die der Autor immer wieder in seine Geschichte hat einfließen lassen. Was mich zunehmend genervt hat, war neben den Gendersternchen die ständige Anwesenheit von Janas Hündin. Es gibt kaum eine Szene um Jana, in der der Beagle nicht dabei ist.

    Es ist so schade, aber trotz der interessanten Thematik konnte das Buch mich leider nicht so fesseln, wie ich es erwartet hatte.
    Schneesturm Schneesturm (Buch)
    22.03.2024

    Thriller mit Längen

    Ich liebe Thriller, die vor eisiger Kulisse spielen und habe mich daher sehr auf "Schneesturm" der irischen Autorin Tríona Walsh gefreut, die den Leser auf die kleine irische Insel Inishmore entführt. 
     
    Im Mittelpunkt der Geschichte steht die junge Cara. Die 34-Jährige ist als einzige Polizistin auf Inishmore für 900 Bewohner zuständig. Da sie nicht auf der Insel geboren ist und kein Gälisch spricht, begegnen ihr die Inselbewohner mit Vorsicht und Skepsis. Cara lebt mit ihren beiden Kindern bei ihrer Großmutter, einer Einheimischen. Kurz vor Silvester trifft sie sich mit ihren fünf Freunden. Sie alle waren seit Kindertagen eine verschworene Gemeinschaft, die nach einer schrecklichen Tragödie auseinanderbrach. Drei Freunde sind nicht auf der Insel geblieben. Nun sind 10 Jahre vergangen, und die Gruppe, die aus 3 Männern und drei Frauen besteht, will gemeinsam den Jahrestag des tragischen Ereignisses begehen. Bald schon tobt ein heftiger Schneesturm auf der Insel und schneidet sie völlig von der Außenwelt ab, es gibt keinen Strom, kein Telefonnetz, keinen Fährverkehr. Als eine Leiche aufgefunden wird, wachsen Angst und Misstrauen innerhalb der Gruppe. 
     
    Der Thriller ist in angenehmer Sprache erzählt und liest sich sehr flüssig. Nach und nach lernen wir Cara und ihre Freunde näher kennen. Außer Cara leben noch Daithi, der Wirt des Pubs, sowie die Lehrerin Maura auf der Insel. Seamus lebt als Drehbuchautor im Hollywood, während Ferdy und Sorcha, die miteinander verheiratet sind, nach London gezogen sind und sich dort eine Existenz aufgebaut haben. Schnell ist zu erkennen, dass die Gruppe sich fremd geworden ist, die alte Vertrautheit nur noch in Teilen vorhanden ist. Vor dem Hintergrund des Verbrechens müssen die Freunde sich nun fragen, ob sich der Mörder unter ihnen befindet. 
    Wir begleiten die von der Ermittlungsarbeit völlig überforderte Cara, es werden Geheimnisse aufgedeckt, Konflikte brechen auf, Lügen kommen ans Tageslicht. Cara verhält sich mehrmals nicht gerade professionell, ihre Handlungsweisen sind nicht immer logisch und nachvollziehbar. 
     
    Leider war mir der Thriller nicht durchgängig spannend genug, er hatte einige Längen, auf die Anwesenheit des Filmteams und das etwas kitschige Ende hätte ich gut verzichten können. Faszinierend fand ich dagegen die Beschreibung der Insel und ihrer teilweise recht abergläubischen Bewohner, die unter extremen Wetterbedingungen leben und den Naturgewalten ausgesetzt sind. 
    Ein falsches Wort Vigdis Hjorth
    Ein falsches Wort (Buch)
    13.03.2024

    Beklemmende Familiengeschichte

    Nachdem ich im letzten Jahr das Buch "Die Wahrheiten meiner Mutter" von Vigdis Hjorth gelesen hatte, das auf der Longlist für den International Booker Prize stand, freute ich mich sehr auf ihr neues Werk "Ein falsches Wort". Es handelt sich hierbei um eine korrigierte Übersetzung ihres Romans "Arv og miljø", der bereits 2016 in Norwegen erschienen ist. 
     
    Wie in "Die Wahrheiten meiner Mutter" geht es auch in diesem Roman um eine dysfunktionale Familie, diesmal mit umgekehrter Problematik. Während in "Die Wahrheiten meiner Mutter" die Protagonistin verzweifelt versucht, wieder mit ihrer Mutter in Kontakt zu treten, so ist es in diesem Buch genau umgekehrt. Sie versucht krampfhaft, jeglichen Kontakt mit ihren Eltern und den zwei Schwestern zu vermeiden.
     
    Im Mittelpunkt der Geschichte steht die Theaterkritikerin Berglijot, die als älteste Tochter wohlhabender Eltern gemeinsam mit ihrem Bruder Bård und ihren Schwestern Astrid und Åsa aufgewachsen ist. Mittlerweile ist Berglijot Ende Fünfzig, hat drei erwachsene Kinder und ist geschieden. Die Eltern sind inzwischen 80 und 85 Jahre alt. Berglijot hat ihre Familie seit 23 Jahren nicht mehr gesehen, nachdem sie diese damit konfrontiert hat, dass ihr Vater sie als kleines Mädchen sexuell missbraucht hat. Statt sie um Verzeihung zu bitten, streitet er alles ab. Die Familie glaubt ihm. 
    Es kommt zu einem erbitterten Streit, als die Eltern die beiden Strandhäuser, die von allen Familienmitgliedern über Jahrzehnte gern genutzt wurden, Astrid und Åsa überschreiben. Das ruft den enttäuschten Bård auf den Plan, der eine gerechtere Verteilung des Erbes fordert. Er erhofft sich Unterstützung durch Berglijot, die sich von der Familie distanziert hatte.
     
    Das fesselnde Buch ist in schöner und intelligenter Sprache geschrieben und liest sich sehr flüssig. Längere und kurze Kapitel, die bisweilen nur wenige Sätze umfassen, wechseln sich ab, und nach und nach enthüllt sich Berglijots Vergangenheit: ihre Kindheit, ihre berufliche Entwicklung, die Zeit ihrer Ehe, ihre drei Kinder und die Trennung von ihrem Mann. Sie leidet unter ihrem Kindheitstrauma, das ihr in seinem Ausmaß erst bewusst wird, als sie erwachsen ist. Selbst eine längere Psychotherapie vermag ihren Schmerz nicht zu mildern, die Wunden sitzen zu tief. Astrid sieht sich als Vermittlerin und versucht immer wieder, durch zahlreiche Telefonate und Emails ihre Schwester dazu zu bewegen, sich mit der Familie zu versöhnen.
     
    Die Charaktere sind authentisch und bildhaft gezeichnet. Vigdis Hjorth ermöglicht es dem Leser, intensiv in Berglijots Gefühls- und Gedankenwelt zu blicken und dabei ihren Schmerz und ihre Verzweiflung zu erleben. Die Geschichte ist vollkommen unsentimental erzählt, es geht neben Familienstreitigkeiten und erlittenen Traumata auch um Schuld, Schweigen und häusliche Gewalt.
     
    Ich empfand den Roman zwar als bewegend, aber auch als sehr bedrückend, da es sich immer wieder mit großer Intensität um Berglijots Probleme drehte, ihre Wut und Verzweiflung. Zusammen mit den vielen Wiederholungen, die den Stil der Autorin ausmachen, fand ich die Lektüre etwas ermüdend. 
    Eine Fingerkuppe Freiheit Thomas Zwerina
    Eine Fingerkuppe Freiheit (Buch)
    11.03.2024

    Wunderbare Hommage an Louis Braille, den Erfinder der Blindenschrift

    In seinem Debütroman "Eine Fingerkuppe Freiheit" widmet sich Thomas Zwerina, der 2018 sein Augenlicht vollständig verloren hat, dem Leben von Louis Braille, dem Erfinder der Blindenschrift.

    Louis Braille wird 1809 in dem kleinen französischen Ort Coupray als Sohn eines Sattlers geboren. Als er drei Jahre alt ist, verletzt er sich in der Werkstatt seines Vaters mit einer Ahle am rechten Auge so schwer, dass er erblindet. Infolge von Entzündungen verliert er Monate später auch auf dem gesunden Auge seine Sehkraft. Als Louis sieben Jahre alt ist, nimmt der Priester des Orts die überdurchschnittliche Intelligenz des Jungen zum Anlass, den Dorfschullehrer zu überreden, ihn in seine Schule aufzunehmen. Louis ist ein wissbegieriger Schüler mit hervorragendem Gedächtnis und wird mit 10 Jahren in ein Blindeninternat in Paris aufgenommen. Die "Nachtschrift", eine neuartige Schreibmethode, die der ehemalige Offizier Charles Barbier für Kinder entwickelt hat, dient ihm als Grundlage für seine Blindenschrift, die aus nur 6 erhabenen Punkten besteht.

    Der Autor erzählt Louis' Geschichte in einer sehr besonderen, anspruchsvollen und wunderschönen Sprache, die mich sofort begeistert hat. Es war spannend, die Entwicklung des jungen Louis zu verfolgen, der es durch seine Intelligenz, Ehrgeiz und Hartnäckigkeit schaffte, eine leicht lesbare Schrift für Blinde zu entwickeln. Es hat mich sehr beeindruckt, mit welcher Leidenschaft Louis an seiner Blindenschrift tüftelte und sie mit nur 16 Jahren fertigstellte - was für eine Leistung! 

    Nicht nur Louis als Hauptperson, auch die Nebenfiguren sind sehr bildhaft und authentisch gezeichnet. Ich mochte so viele von ihnen, neben dem liebenswerten und bescheidenen Louis ganz besonders seine Eltern, die immer für ihn kämpften, denen seine Schulbildung wichtig war und die ihn vor einem Leben als Bettler bewahren wollten. Ich mochte auch den Priester und den Lehrer in Coupray sowie die beiden Pariser Freunde Hippolyte und Gabriel. Die Beschreibung des Lebens blinder Kinder im 19. Jahrhundert ist Thomas Zwerina sehr eindrucksvoll gelungen, hochinteressant fand ich auch den Einblick in die damals für Blinde übliche Technik der Reliefdrucke und die Probleme, die die Kinder damit hatten.

    Der warmherzig erzählte Roman, der einen Zeitraum von 43 Jahren umfasst, hat mir sehr gut gefallen. Ich habe mitgelitten, als Louis sein Augenlicht verlor, habe mich gefreut, dass er neben seinen liebevollen Eltern auch engagierte Förderer hatte, und ich habe mitgefiebert, als er unermüdlich an seiner 6-Punkte-Schrift arbeitete, die allen blinden Menschen den Zugang zur Literatur ermöglichen sollte. 

    Absolute Leseempfehlung und wohlverdiente 5 Sterne für dieses großartige Buch, das mich beeindruckt, gefesselt und zutiefst berührt hat!
    Der Ausflug - Nur einer kehrt zurück Ulf Kvensler
    Der Ausflug - Nur einer kehrt zurück (Buch)
    08.03.2024

    Atmosphärischer und spannender Thriller

    Der Thriller "Der Ausflug - nur einer kehrt zurück" des schwedischen Autors Ulf Kvensler ist bereits 2022 unter dem Titel "Sarek"  in Schweden erschienen, wurde dort sofort zum Bestseller und ist mit dem Swedish Crime Writers Award ausgezeichnet worden.
     
    Wie in jedem Jahr planen die Juristin Anna, ihr Verlobter Henrik und Annas Freundin Melina eine Wanderung in Nordschweden, um neue Energie zu tanken. Doch diesmal fragt Milena ihre Freunde, ob ihr neuer Freund Jacob dabei sein darf. Anna und Henrik sind zwar wenig davon begeistert, mit einer ihnen vollkommen fremden Person zu reisen, möchten Milenas Bitte jedoch nicht ablehnen. Am Reisetag findet die erste Begegnung mit Jacob statt, der ein erfahrener Bergwanderer ist und gleich eine Änderung der Wanderroute vorschlägt. Die neue Route birgt viele Gefahren und wird bald zur Herausforderung für die Gruppe. 
     
    Die Geschichte wird auf unterschiedlichen Zeitebenen erzählt. Rückblicke auf die gemeinsame Wanderung werden unterbrochen durch Polizeiprotokolle über Zeugenbefragungen. Darüber hinaus gibt es immer wieder Rückblicke in die weiter zurückliegende Vergangenheit. Obwohl vier Personen unterwegs sind, steht doch Anna als Ich-Erzählerin deutlich im Fokus. Wir erleben die Wanderung daher vorrangig aus Annas Sicht auf die Ereignisse. 

    Das Buch ist in schönem Sprachstil geschrieben und liest sich sehr flüssig. Wir lernen die vier Wanderer kennen, die sehr unterschiedlich sind: die ehrgeizige Anna, den konditionsschwachen Henrik, die sanfte Milena und den bestimmenden Jacob. Ihre Charaktere sind perfekt gezeichnet, nach und nach erfahren wir mehr über sie und ihre Vergangenheit. 

    Bereits die erste Seite ist spannend, die Spannung steigert sich immer weiter und bleibt bis zum Ende auf hohem Niveau. Wir erleben, wie aus der Wanderung ein Horrortrip wird, der alle an ihre Grenzen bringt. Die Paare sind den Naturgewalten ausgesetzt, bei eisiger Kälte entsteht ein Kampf ums Überleben. Mit zunehmender Erschöpfung und Entkräftung werden falsche Entscheidungen getroffen, es kommt innerhalb der Gruppe zu Unstimmigkeiten und heftigen Auseinandersetzungen, und bald fragt sich jeder, wem er überhaupt noch vertrauen kann. Im letzten Teil des Buches kommt es zu einer vollkommen unerwarteten Wendung mit einem überraschenden Ende.

    Der perfekt inszenierte Thriller mit seinen atemberaubenden Szenen hat mich vom Anfang bis zum Ende gefesselt, die Beschreibungen der rauen Bergwelt und der unberührten Natur waren faszinierend und trugen zur Spannung bei. Es gab raffinierte Wendungen, und mehrmals lockte mich der Autor auf falsche Fährten. Das Buch aus der Hand zu legen, fiel mir schwer, ich habe mitgefiebert und fühlte mich bis zum unvorhersehbaren Ende bestens unterhalten. 

    Absolute Leseempfehlung für diesen atmosphärischen und spannenden Thriller! 
    Austrian Psycho Jack Unterweger Malte Herwig
    Austrian Psycho Jack Unterweger (Buch)
    03.03.2024

    Spannendes Sachbuch über einen Serienmörder

    Im neuen Buch "Austrian Psycho" des Hamburger Journalisten und Autors Malte Herwig geht es um den österreichischen Serienmörder Jack Unterweger, dem es gelang, die Wiener Kulturszene für sich einzunehmen und für seine Zwecke auszunutzen.
     
    Jack Unterweger wird 1976 wegen Mordes an einer jungen Frau zu einer lebenslangen Gefängnisstrafe verurteilt. In der Haft holt er seinen Hauptschulabschluss nach und beginnt mit dem Schreiben. 1983 veröffentlicht er seinen autobiografischen Roman "Fegefeuer oder Die Reise ins Zuchthaus". Er wird als "Häfenpoet" bekannt, die österreichische Literaturszene interessiert sich für ihn und erreicht durch zahlreiche Petitionen namhafter Intellektueller, dass Unterweger 1990 ohne jegliche Auflagen auf Bewährung entlassen wird. Sechs Monate später beginnt eine Mordserie an Prostituierten ...
     
    Auf nur 128 Seiten wird in drei Kapiteln Jack Unterwegers Leben aufgeblättert. In "Fegefeuer", dem ersten und umfangreichsten Kapitel, geht es neben Unterwegers Kindheit und Jugend um die Jahre im Gefängnis, das zweite Kapitel, "Paradies", beschäftigt sich mit der Zeit nach seiner Entlassung, und im dritten Kapitel, "Inferno", geht es um die kurze Zeitspanne nach seiner Verhaftung. 
     
    Das Buch ist packend geschrieben, und die Erzählweise des Autors ist genial: er beauftragt einen nicht näher benannten fiktiven Ich-Erzähler, einen Bericht über Unterweger zu schreiben, und versorgt ihn dafür mit zahlreichen Dokumenten. Das ermöglicht dem Autor, den Serienmörder aus unterschiedlichen Sichtweisen darzustellen. Er zeichnet ein genaues Bild Unterwegers, und wir erfahren, dass dieser nicht nur eine starke Anziehungskraft auf Frauen ausübte, sondern auch ein Lügner und Plagiator war, der durch seine charmante und sanfte Art zahlreiche Menschen für sich einnahm, sie manipulierte und für seine Zwecke ausnutzte.
     
    Malte Herwig deckt dank intensiver Recherchen neue und entlarvende Fakten über Jack Unterweger auf und legt dabei den Schwerpunkt seines spannenden und fesselnden Buches auf dessen Tätigkeit als Schriftsteller.

    Leseempfehlung für dieses interessante Buch!
    Zeit der Schuldigen Markus Thiele
    Zeit der Schuldigen (Buch)
    29.02.2024

    Aufrüttelnder Roman über Recht und Gerechtigkeit

    "Zeit der Schuldigen", der neue Roman von Markus Thiele, basiert auf einem wahren Kriminalfall, der sich 1981 im Landkreis Celle ereignete.

    November 1981: Die 17-jährige Schülerin Nina Markowski ist abends nach der Chorprobe auf dem Weg nach Hause. Sie verpasst den Bus und stellt sich als Anhalterin an die Straße. Zuhause kommt sie nie an, vier Tage später wird ihre Leiche in einem Waldstück aufgefunden. Die Obduktion ergibt, dass Nina einem brutalen Sexualverbrechen zum Opfer gefallen ist. Bald wird die Polizei auf Volker März aufmerksam, Reifenspuren seines Autos am Tatort und Stofffasern an Ninas Kleidung belasten ihn schwer.
    Vor Gericht bestreitet der Angeklagte die Tat, wird aber aufgrund von Indizien zunächst schuldig gesprochen. Einige Monate später hebt der Bundesgerichtshof das Urteil auf, im anschließenden Prozess wird März freigesprochen. Als Jahre später neue Beweise vorliegen, erhebt Hans Larsen, der Vater des Opfers, Zivilklage gegen März und startet danach eine Petition mit dem Ziel einer Gesetzesänderung.

    November 2022: Die knapp 50-jährige Polizistin Anne Paulsen versucht aufgrund persönlicher Motive im Alleingang, Volker März zur Rechenschaft zu ziehen. Dabei überschreitet sie jedoch Grenzen.

    Die spannende Geschichte ist in sehr schöner, klarer Sprache auf unterschiedlichen Zeitebenen erzählt und liest sich sehr flüssig. Im Hier und Jetzt begleiten wir Anne Paulsen, in Rückblenden werden Ninas Vergangenheit und die ihres Vaters aufgeblättert. Neben der Polizistin Anne Paulsen lernen wir auch Kriminalhauptkommissar Klaus Margraf kennen, der in der Mordsache ermittelt und noch nach seiner Pensionierung darunter leidet, dass er den Fall nicht aufklären konnte.

    Die Charaktere sind sehr bildhaft und authentisch beschrieben. Ich mochte das lebensfrohe Mädchen Nina, das dann so brutal aus dem Leben gerissen wurde, und ich hatte großes Mitgefühl für ihren trauernden und verzweifelten Vater, der über Jahrzehnte gegen die Mühlen der Justiz ankämpfte.

    Markus Thiele, der hauptberuflich Rechtsanwalt ist, beschreibt neben den Verfahrensabläufen die damalige und heutige Gesetzeslage präzise und für Laien sehr gut verständlich. Er erklärt, dass Recht und Gerechtigkeit manchmal weit auseinander liegen, und was es bedeutet, den Rechtsfrieden herzustellen. Es ist für mich unfassbar und absolut nicht nachvollziehbar, dass es nicht möglich ist, beim Vorliegen neuer Beweise einen Strafprozess wiederaufleben zu lassen. Ich hoffe sehr, dass es hier doch noch zu einer Gesetzesänderung kommt.

    In seinem Nachwort geht der Autor auf den Fall Frederike von Möhlmann ein, der ihn zu diesem Buch inspiriert hat. Er schildert den damaligen Verfahrensablauf und lässt uns wissen, was in seinem Roman frei erfunden ist.

    Mir hat das aufwühlende Buch, in dem es neben Recht und Gerechtigkeit auch um Selbstjustiz und Loyalität, Freundschaft und erlittene Traumata geht, sehr gut gefallen. Es hat mich nicht nur betroffen, sondern auch wütend gemacht.

    Absolute Leseempfehlung für diesen großartigen Roman, der mich noch lange beschäftigen wird!
    Hallo, du Schöne Ann Napolitano
    Hallo, du Schöne (Buch)
    26.02.2024

    Emotionale Familiengeschichte

    In ihrem neuen Roman "Hallo, du Schöne", der seit seinem Erscheinen im März 2023 auf der Bestsellerliste der New-York-Times steht und von Oprah sowie Barack Obama empfohlen wird, erzählt die amerikanische Autorin Ann Napolitano die Geschichte einer italo- amerikanischen Familie. 

    Kurz nach William Waters Geburt erlebt seine Familie eine schreckliche Tragödie, unter deren Folgen William und seine unglücklichen Eltern für den Rest ihres Lebens leiden werden. Sie versorgen ihn, aber darüber hinaus haben sie kaum Interesse für ihren Sohn und behandeln ihn lieblos. Seine einzige Freude ist das Basketballspielen, anfangs allein, später mit anderen Kindern. Er verbessert ständig sein Spiel, wird ein begehrter Mitspieler und verlässt dank eines Stipendiums bald sein Elternhaus.

    Am College in Chicago lernt William die ehrgeizige Julia Padavano kennen. Sie ist die älteste von vier Schwestern, die eine enge Beziehung zueinander haben. Julias Eltern Rose und Charlie begegnen William herzlich, und wenige Jahre später heiratet das junge Paar. William, der den Kontakt mit seinen Eltern abgebrochen hat, ist nun Teil der lebhaften und liebevollen Familie Padavano. Julia wünscht sich bald ein Kind und träumt davon, dass William eine Professur anstrebt. Doch William ist nicht glücklich, seine Stärken und Interessen liegen auf einem anderen Gebiet. Als er von den Dämonen seiner Vergangenheit eingeholt wird, gerät das Familiengefüge ins Wanken.

    Die emotionale Geschichte, die im Februar 1960 mit Williams Geburt beginnt und im November 2008 endet, hat mich zutiefst berührt und begeistert. Sie ist in wunderschönem und ruhigem Sprachstil erzählt und liest sich sehr flüssig. Der Roman wechselt zwischen den Perspektiven von William, Julia, Sylvia und Alice. Ich konnte eintauchen in das Leben der Familienmitglieder und habe dabei ihre Höhen und Tiefen, ihr Glück, ihre Konflikte und ihre Tragödien erlebt. Neben dem einsamen William und der strebsamen Julia lernen wir die romantische Sylvie kennen, die leidenschaftlich gern liest, sowie die kreative Künstlerin Cecelia und die fürsorgliche Emeline. Die Autorin beschreibt die Charaktere mit all ihren Stärken und Schwächen sehr liebevoll und dabei vollkommen authentisch.
    Meine Lieblingsfigur war neben William und seinem Schwiegervater Charlie Sylvie, die es mutig wagt, ihren Weg zu gehen. Die Familiendynamik und das innige Verhältnis der Schwestern zueinander werden mit viel Empathie beschrieben. Sie alle halten an ihren Überzeugungen fest und leben ihr Leben nach ihren eigenen Regeln. Dabei treffen sie Entscheidungen, die von ihrer dominanten Mutter Rose nicht immer akzeptiert werden.

    Mir hat das Buch, in dem es nicht nur um Familie, Liebe und Sehnsucht geht, sondern auch um Verlust und Trauer, Depressionen und Kameradschaft, sehr gut gefallen. Es ist tiefgründig und eindringlich, dabei vollkommen kitschfrei, und es hat mich gefesselt und zutiefst berührt.

    5 Sterne und absolute Leseempfehlung!
    76 bis 100 von 294 Rezensionen
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