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    Bücherfreundin

    Aktiv seit: 04. September 2021
    "Hilfreich"-Bewertungen: 64
    294 Rezensionen
    In einem Zug Daniel Glattauer
    In einem Zug (Buch)
    14.01.2025

    Humorvoller und intelligenter Roman mit Tiefgang

    Im Mittelpunkt des neuen Romans von Daniel Glattauer steht der Schriftsteller Eduard Brünhofer, der mit Liebesromanen bekannt geworden und dessen letztes Buch vor 13 Jahren erschienen ist. Er befindet sich auf einer Zugfahrt von Wien nach München, wo er einen Gesprächstermin mit seinem Verlag hat. Ihm schräg gegenüber sitzt eine Frau frühen mittleren Alters. Sie heißt Catrin Meyr, ist Physio- und Psychotherapeutin und verwickelt Eduard schon bald in ein Gespräch. Zunächst fragt sie ihn intensiv über seinen Beruf aus, worüber er wenig begeistert ist und sich wünscht, dass sie bald aussteigen möge. Doch sie hat das gleiche Ziel wie er und wird nicht müde, ihm weiter indiskrete Fragen zu stellen, inzwischen geht es um sein Privatleben.

    Mit dem für ihn typischen und unnachahmlichen Humor beschreibt der Autor die Gespräche der beiden Protagonisten während der vierstündigen Zugfahrt und lässt uns dabei tief in Eduards Gefühls- und Gedankenwelt blicken. Dieser lässt sich nur ungern ausfragen, doch nach dem Genuss der kleinen Rotweinflaschen im Zugbistro ist er geradezu euphorisch und erliegt Catrins Charme. Seine Zunge lockert sich, und er gibt immer mehr Details seines Privatlebens preis.

    Das Buch ist ganz wunderbar geschrieben, die Dialoge zwischen den gänzlich verschiedenen Protagonisten sind so klug und tiefgründig, dass mir das Lesen eine große Freude war. Es geht in den Unterhaltungen nicht nur um Eduards Beruf, das Leben, die Liebe und Familie, auch das Thema Alkohol bleibt ihm nicht erspart, während Catrin, die von Langzeitbeziehungen nichts hält, eher zögerlich von sich erzählt. Ich mochte den ein wenig schrulligen Ich-Erzähler Eduard, während mir Catrin mit ihrer indiskreten und dreisten Art immer unsympathischer wurde. 

    Daniel Glattauer beweist wieder einmal, wie wunderbar er Humor und Tiefgang miteinander verknüpfen kann. Es ist ihm meisterhaft gelungen, über Gespräche und persönliche Gedanken während einer langen Zugfahrt einen großartigen und unterhaltsamen Roman mit einem überraschenden Ende zu schreiben - absolute Leseempfehlung!
    Wackelkontakt Wolf Haas
    Wackelkontakt (Buch)
    10.01.2025

    Einfach grandios!

    Selten habe ich ein Cover gesehen, das so gut zum Titel gepasst hat wie das von "Wackelkontakt", dem neuen Roman des österreichischen Autors Wolf Haas.

    Im Mittelpunkt der Geschichte steht der Trauerredner Franz Escher, der auf seinen Elektriker wartet. Die Steckdose in seiner Küche hat einen Wackelkontakt, und Escher vertreibt sich die Wartezeit mit dem Zusammenbau eines Puzzles. Schon bald hat er es fertiggestellt und greift nach einem Buch seines bevorzugten Genres: Mafia-Romane. In seiner aktuellen Lektüre geht es um den jungen italienischen Mafia-Kronzeugen Elio Russo, der viele Menschen verraten hat und nun um sein Leben fürchten muss. Er befindet sich in einem Zeugenschutzprogramm und wartet auf seine Entlassung aus dem Gefängnis. Der Untersuchungsrichter sorgt dafür, dass Sven, ein Drogendealer aus Deutschland, mit ihm die Zelle teilt und ihm die deutsche Sprache beibringt. Elio misstraut seinem Zellengenossen und hält sich nachts mit Hilfe eines Buches so lange wach, bis er sicher ist, dass Sven eingeschlafen ist. Das Buch hat Sven ihm geschenkt, es ist in deutscher Sprache verfasst und handelt von Franz Escher, dessen Steckdose einen Wackelkontakt hat und der schon den halben Tag auf seinen Elektriker wartet ...

    In zwei Erzählsträngen, die der Autor gegen Ende des Buches zu einer einzigen Handlung verwebt, lernen wir Escher und Elio kennen. Während wir Escher nur während einer sehr kurzen Zeitspanne von wenigen Tagen folgen, begleiten wir Elio über etwa zwei Jahrzehnte. Im Rahmen des Zeugenschutzprogramms wird aus Elio Russo nach 3-jährigem Gefängnisaufenthalt Marko Steiner, der sich zunächst in Deutschland und später in Österreich ein neues Leben aufbaut.

    Ich finde die Idee des Autors, zwei unterschiedliche Handlungen in einer fortlaufenden Geschichte ohne einzelne Kapitel zu einer einzigen zu verschmelzen, die auf ein spannendes Finale zusteuert, grandios. Er bedient sich dabei eines Buches im Buch mit ständig hin und her wechselnden Perspektiven. Das ist ihm hervorragend gelungen, die Geschichte  ist von Beginn an spannend und hat mich sofort in ihren Bann gezogen. Die beiden Figuren sind großartig gezeichnet: hier der etwas schrullige und eigenbrötlerische Escher, dessen Lieblingsbeschäftigung es ist, umfangreiche Puzzles zusammenzusetzen, und dort der patente Marko, dem es schnell gelingt, in seiner neuen Heimat Fuß zu fassen.

    Die ungewöhnliche und teilweise mit sehr viel Humor und Sprachwitz erzählte Geschichte hat mir viel Lesefreude bereitet, Sprache und Erzählstil haben mich sehr beeindruckt.
    Absolute Leseempfehlung für diesen kurzweiligen Roman!
    Wavewalker Suzanne Heywood
    Wavewalker (Buch)
    27.12.2024

    Erschütternde Coming-of-Age-Geschichte

    Die englische Autorin Suzanne Heywood erzählt in ihrem Buch "Wavewalker" die dramatische Geschichte ihrer Kindheit, die sie ab ihrem siebten Lebensjahr auf See verbrachte.

    Für die 6-jährige Sue verläuft Mitte der siebziger Jahre das Leben in England in geregelten Bahnen, als ihr Vater Gordon Cook ihr, ihrer Mutter Mary und dem ein Jahr jüngeren Bruder Jon erklärt, dass sie bald auf den Spuren Captain Cooks wandeln und die Welt umsegeln werden. Gemeinsam mit ihnen werden weitere Personen an Bord sein, die sich an den Kosten beteiligen. Das Abenteuer soll drei Jahre dauern, und genau 200 Jahre nach Captain Cook wird es losgehen. Der Vater muss für die Reise all seine Besitztümer verkaufen, dazu gehört auch das Hotel, das die Eltern neben der Verwaltertätigkeit des Vaters führen. Im nächsten Sommer wird es mit dem Segelschiff Wavewalker losgehen, die Eltern, beide Lehrer, werden ihre Kinder an Bord unterrichten.

    Sues anfängliche Begeisterung verliert sich schnell, als die Wavewalker in gefährliche Gewässer gerät und sie Todesängste erleidet. Sie leistet von klein auf harte Arbeit an Bord, muss bei Orkanen oft tagelang in Dunkelheit unter Deck bleiben. Die so wichtige schulische Ausbildung bleibt ihr versagt, nur halbherzig und sporadisch wird sie von den Eltern unterrichtet. Gravierende Sturmschäden am Schiff zwingen die Familie immer wieder zu wochen- und monatelangen Aufenthalten an Land. Das Geld geht ihnen aus, nur wenn der Vater einer längeren Berufstätigkeit nachgeht, dürfen die Kinder eine öffentliche Schule besuchen. Aus den geplanten 3 Jahren werden 10 lange Jahre ...

    Ich habe die fesselnde und erschütternde Coming-of-Age-Geschichte, die in sachlicher und einfacher Sprache geschrieben ist, sehr gern gelesen. Das Mädchen, das den Traum der Eltern leben musste und sein altes Leben schmerzlich vermisste, hat mir sehr leid getan. Ich konnte nicht verstehen, dass die Eltern nur ihre eigenen Bedürfnisse sahen und dabei die ihrer Kinder weitgehend ignorierten. Sues Entschlossenheit und ihr Wunsch, trotz mangelnder Schulbildung ein Studium zu absolvieren, haben mich sehr beeindruckt.

    Sehr gut gefallen haben mir die zweiseitige Zeichnung im vorderen Innencover, die das Innere der Wavewalker zeigt, sowie die Farb- und schwarz weiß Fotos, die sich in der Buchmitte auf sieben Seiten befinden. Die Karten zu Beginn jeden Kapitels mit Angabe der Orte und Zeitabschnitte fand ich sehr hilfreich, um der Route gedanklich folgen zu können.

    Leseempfehlung für diese wahre und berührende Geschichte!
    Paddy Clarke Ha Ha Ha Roddy Doyle
    Paddy Clarke Ha Ha Ha (Buch)
    12.12.2024

    Bewegender Roman über eine Kindheit in Irland

    Der GOYA Verlag hat den Roman "Paddy Clarke Ha Ha Ha" des irischen Schriftstellers Roddy Doyle in neuer Übersetzung veröffentlicht. Der Autor wurde für sein Buch, das bereits 1993 im Original erschienen ist, mit dem renommierten Booker Prize ausgezeichnet.

    Im Mittelpunkt der Geschichte steht der 10-jährige Paddy Clarke, der gemeinsam mit seinem Bruder Francis, den er Sinbad nennt, und den beiden Schwestern im Irland der 60iger Jahre aufwächst. Die Eltern leben mit ihren Kindern in einem kleinen Einfamilienhaus in Barrytown, einem Vorort von Dublin. Paddy und sein bester Freund Kevin gehören einer Clique an, die Fußball spielt, durch die Stadt zieht und nicht nur viele Streiche spielt, sondern auch vor Ladendiebstählen und Brandstiftung nicht zurückschreckt.

    Wir lesen keine fortlaufende und zusammenhängende Handlung, sondern recht kurze Abschnitte über Paddys Alltag in der Familie, der Schule und in seiner Freizeit. Es hat mir gut gefallen, dass das Buch in der Ich-Form erzählt ist. Dadurch erleben wir Paddys Leben hautnah aus Sicht und in der Sprache eines Kindes. Wir folgen seinen Gedanken und lernen ihn, seine Familie und Freunde nach und nach immer besser kennen. Paddy ist ein intelligenter Junge, der beobachtet, wie sich die Welt um ihn herum verändert. Seinen kleinen Bruder ärgert und quält er gnadenlos ohne jegliches Schuldgefühl. Im Umgang mit seinen Freunden ist es ihm wichtig, mutig und hart zu sein.

    Ich hatte meine Probleme mit Paddy wegen seiner Gewaltbereitschaft, seinem mangelnden Unrechtsbewusstsein und der Art, wie er Francis behandelt. Doch er beweist, dass er auch eine sensible Seite hat. Die Eheprobleme seiner Eltern entgehen ihm nicht, sie machen ihm Angst. Er leidet unter der Unberechenbarkeit des Vaters, der ihn und seinen Bruder regelmäßig verprügelt, und es schmerzt und belastet ihn, dass seine Mutter nicht glücklich ist. Sehr berührend fand ich die Szene, in der er eine ganze Nacht wach bleibt, um aufzupassen, dass nichts passiert.

    Die Geschichte, in der es auch um Mobbing und Ausgrenzung geht, hat mir sehr gut gefallen. Obwohl sie teilweise recht humorvoll geschrieben ist, ist sie keine leichte Kost. Dem Autor ist es hervorragend gelungen, dem Leser mit seinem Buch die Welt eines Kindes durch dessen Augen nahezubringen. Paddy machte es mir besonders in den ersten beiden Dritteln des Buches schwer, ihn zu mögen. Den kleinen Francis dagegen hatte ich sofort in mein Herz geschlossen. Ich hatte großes Mitleid mit dem kleinen Jungen, der von Paddy so oft schikaniert wurde.

    Leseempfehlung für diesen bewegenden Roman!
    Über allen Bergen Valentine Goby
    Über allen Bergen (Buch)
    04.12.2024

    Wunderbar erzählte Geschichte

    Im Mittelpunkt von Valentine Gobys neuem Roman "Über allen Bergen" steht der 12-jährige Vadim aus Paris, der seit seiner Geburt an schwerem Asthma leidet. Klebstoffe und Lösungsmittel, die sein Vater in seinem Beruf als Schuhmacher verwendet, haben seine Krankheit so verschlimmert, dass seine Mutter entscheidet, ihren Sohn im Januar 1943 in die französischen Alpen zu schicken. Dort wird er endlich frei atmen können und vor den Schikanen, denen die jüdische Bevölkerung im besetzten Paris zunehmend ausgesetzt ist, in Sicherheit sein. Nach einer langen Zugfahrt, auf der Vadim von einer Ordensschwester begleitet wird, gelangt er nach einer anstrengenden Wanderung an sein Ziel. Von nun an wird er fern von seiner jüdisch-russischen Familie unter dem Namen Vincent Dorselles bei einer Bergbauernfamilie leben. 

    In poetischer und wunderschöner Sprache schildert die Autorin Vincents Aufenthalt bei der Bauernfamilie, die aus Blanche und ihrem Ehemann Albert, dessen Zwillingsbruder Eloi und dem Großvater Louis besteht. Anfangs noch zurückhaltend und schüchtern, lebt der Junge sich bald in seiner neuen Umgebung ein. Er ist von der Bergwelt, dem Schnee und der wilden, rauen Natur verzaubert, ist fasziniert vom Wechsel der Jahreszeiten. In der 10-jährigen Moinette findet er eine Freundin, die ihm das Leben in den Bergen erklärt. 

    Ich habe die ruhig erzählte Geschichte mit viel Freude gelesen und Vincent gern auf seinen Wegen begleitet. Ich mochte den wissbegierigen Jungen, und ich mochte auch seine kleine Gefährtin Moinette sowie die Bauernfamilie, die ihn mit großer Herzlichkeit aufgenommen hat. Die bildhaften Landschaftsbeschreibungen haben mich fasziniert, ebenso die Beschreibung des harten Lebens der Bergbewohner, für die Entbehrungen und Kinderarbeit zum normalen Leben gehören und die in den wenigen Sommermonaten fast rund um die Uhr arbeiten, um für die langen und eisigen Wintermonate genügend Vorräte für Mensch und Tier anzulegen.  

    Das Buch, in dem es nicht nur um die Schönheit der Natur, sondern auch um Menschlichkeit und Nächstenliebe geht, hat mir sehr gut gefallen. Es hat mich von Anfang an bis zum stimmigen Ende gefesselt und tief berührt.

    Absolute Leseempfehlung für alle, die ruhig erzählte Geschichten mit atmosphärischen Naturbeschreibungen lieben!
    Zwei in einem Leben David Nicholls
    Zwei in einem Leben (Buch)
    26.11.2024

    Warmherzige und humorvolle Geschichte

    In seinem aktuellen Roman "Zwei in einem Leben" erzählt der britische Autor David Nicholls die Geschichte von Marnie und Michael, die sich durch Vermittlung einer gemeinsamen Freundin auf einer Wanderung kennenlernen.

    Marnie ist 38, seit längerem geschieden und arbeitet als freiberufliche Lektorin und Korrektorin im Homeoffice. Sie liebt ihren Beruf, obwohl ihre Arbeit schlecht bezahlt wird. Marnie fühlt sich einsam, nachdem ihre Freunde nach und nach weniger wurden. Sie heirateten, wurden Eltern oder zogen fort, während Marnie in London blieb. Sie hat keine Langeweile, weiß sich zu beschäftigen, aber die sozialen Kontakte fehlen ihr.
    Der 42-jährige Michael ist leidenschaftlicher und engagierter Erdkundelehrer. Nachdem seine Ehefrau Natasha ihn verlassen hat, wohnt er allein im Reihenhaus und macht während seiner Freizeit lange Wandertouren, um sich von seinen Problemen abzulenken und zur Ruhe zu kommen.

    Cleo, eine gemeinsame Freundin von Marnie und Michael, lädt die beiden zu einer mehrtägigen Wanderung ein. Widerstrebend nehmen beide die Einladung an. Neben Cleo, Marnie und Michael werden Cleos 13-jähriger Sohn Anthony sowie Conrad, ein befreundeter Apotheker, dabei sein. Die Wanderung kann beginnen, die Hotels für die Übernachtungen sind gebucht, doch starker Regen sorgt dafür, dass Conrad, Cleo und ihr Sohn die Tour bereits am zweiten Tag abbrechen und abreisen. Nur Michael und Marnie, die anfangs dem Wandern sehr skeptisch gegenüberstand, trotzen dem schlechten Wetter und bewältigen ihre Etappen, die Marnie viel abverlangen und sie immer wieder an ihre Grenzen stoßen lassen.

    Das Buch ist in schöner Sprache mit viel britischem Humor geschrieben und liest sich sehr flüssig. Es hat mir viel Freude bereitet, Marnie und Michael auf ihrer langen Wanderung zu begleiten. Die beiden erzählen einander von ihrem Leben, ihren Ehen, ihrer Kindheit und ihren Eltern. Michael, der eigentlich lieber allein wandert, findet zunehmend Gefallen an den Unterhaltungen mit Marnie und vertraut ihr sogar ein traumatisches Ereignis an, das ihn immer noch belastet. 

    Mir hat die ruhig erzählte Geschichte von Beginn an bis zu ihrem stimmigen Ende sehr gut gefallen. Sie ist klug, warmherzig und melancholisch, dabei vollkommen kitschfrei und ohne Rührseligkeiten. Die authentischen Charaktere sind sehr liebevoll gezeichnet, und wir erhalten einen intensiven Einblick in die Gefühls- und Gedankenwelt der Protagonisten. Ich mochte Marnie und Michael, die von ihren Träumen und Enttäuschungen erzählen und sich durch tiefgründige Gespräche ganz behutsam einander annähern. 
    Die einzelnen Etappen der Wanderung werden durch Karten anschaulich dargestellt, die schönen und poetischen Landschaftsbeschreibungen sind faszinierend und mitreißend. Ich kann mir vorstellen, dass die Beschreibung der Wanderroute von der West- bis zur Ostküste Englands mit ihren zahlreichen Herausforderungen manchen Leser zum Wandern animieren wird. 

    Absolute Leseempfehlung für diesen schönen und bewegenden Roman mit Tiefgang!
    Blue Sisters Coco Mellors
    Blue Sisters (Buch)
    21.11.2024

    Berührende und fesselnde Geschichte

    Im Mittelpunkt von "Blue Sisters", dem neuen Roman von Coco Mellors, stehen drei sehr unterschiedliche Schwestern, die sich ein Jahr nach dem Tod der vierten Schwester im Elternhaus in New York treffen, um dessen Verkauf zu verhindern.

    Die Älteste der Schwestern ist Avery. Die 33-Jährige hat ein photographisches Gedächtnis und war lange heroinsüchtig. Inzwischen arbeitet sie als Rechtsanwältin, ihre Frau Chiti ist 7 Jahre älter und Psychotherapeutin.
    Bonnie ist 2 Jahre jünger als Avery. Bereits mit 15 Jahren fing sie mit dem Boxen an und wurde Profiboxerin. Nach einer sportlichen Niederlage arbeitet sie in einer Bar als Türsteherin.
    Die Jüngste ist Lucky. Sie ist 26, lebt in Paris, ist äußerst attraktiv und arbeitet als international erfolgreiches Model, seit sie 14 Jahre alt ist. Alkohol und Drogen sind ihre ständigen Begleiter.
    Jede Schwester trauert auf ihre eigene Weise um die sensible Nicky, die an Endometriose litt und mit 27 Jahren tot aufgefunden wurde.

    Die Geschichte ist in schöner Sprache erzählt und liest sich sehr flüssig. Die interessanten Charaktere sind sehr bildhaft gezeichnet, die Kapitel werden abwechselnd aus der Perspektive von Avery, Bonnie und Lucky erzählt. Das ermöglicht dem Leser einen intensiven Einblick in die Gefühls- und Gedankenwelt der Frauen. Die Lebensgeschichten der Schwestern sind sehr berührend, ich habe mit ihnen gefühlt und gelitten. Ich konnte nicht verstehen, dass die Mutter der Mädchen sich so intensiv um ihren alkoholkranken Mann kümmert, dass sie ihre Töchter darüber vernachlässigt. Avery wird dadurch bereits als Kind in die Mutterrolle gedrängt und fühlt sich für ihre Schwestern verantwortlich, während sie selbst mütterliche Liebe schmerzlich vermisst. Meine Lieblingsfigur war die mutige Bonnie, die ihre Erfüllung im Sport findet und für Lucky da ist, als diese sich in einer Notlage befindet.

    Ich habe das Buch über Familie, Schwesternschaft und Liebe, Verlust und Trauer sehr gern gelesen, es hat mich gefesselt, erschüttert und tief berührt. Die Themen Drogen- und Alkoholmissbrauch nehmen meiner Meinung nach etwas zu viel Raum ein, während das Verhältnis der Schwestern zu den Eltern durchaus etwas ausführlicher hätte beschrieben werden können. Auch über Nicky hätte ich gern mehr gelesen. Das Ende des Buches hat mich enttäuscht, es driftete leider ins Kitschige und Unrealistische ab.

    Trotz meiner Kritikpunkte vergebe ich gern 4 Sterne.
    Retter der Drachen - Sei schnell wie der Wind! (Retter der Drachen 1) Annett Stütze
    Retter der Drachen - Sei schnell wie der Wind! (Retter der Drachen 1) (Buch)
    19.11.2024

    Spannendes Drachenabenteuer

    In "Retter der Drachen - Sei schnell wie der Wind!" erzählt das Autorinnen-Duo Annett Stütze und Britta Vorbach die Geschichte des kleinen Drachen Avindur. Das Buch bildet den Auftakt zu einer neuen Kinderbuchreihe des Verlages arsEdition.

    Lea ist gerade mit ihren Eltern nach Drachenfels gezogen und radelt zum Bäcker, um Brötchen zu kaufen. Als sie den Heimweg antreten will, tritt ihr aus einem Licht eine Frau entgegen, die so schön wie eine Elfe ist. Sie heißt Francesca Nebula und bittet Lea, ein leuchtendes Drachenei zu hüten. Wenn der Drache geschlüpft ist, soll sie ihm dabei helfen, sich in der Welt zurechtzufinden. Der Kleine kann nicht bei seinen Dracheneltern bleiben, weil ihm im Drachenreich große Gefahr droht. Der böse 13. Drache will die Macht über alle Drachen haben und würde den Kleinen sofort töten. Lea schwört, dem Drachen eine gute Freundin zu sein und nimmt das Drachenei mit nach Hause. Schon am Abend ist es soweit - der kleine Drache Avindur schlüpft aus dem Ei, und Lea muss nun herausfinden, was er frisst und ob er es gern warm hat. Nicht nur für Lea beginnt nun eine abenteuerliche Zeit.

    Das Buch mit dem auffallend schönen und liebevoll gestalteten Cover richtet sich an Kinder ab etwa 7 Jahren und ist in altersgerechter Sprache erzählt. Die Schrift ist groß, die Sätze sind kurz, was kleine Leseanfänger dazu animieren wird, die Geschichte selbst zu lesen. Sie eignet sich aber auch hervorragend zum Vorlesen für Vorschulkinder. Die Texte sind ergänzt durch zauberhafte bunte Illustrationen von Stefanie Klaßen.

    Es ist sehr spannend, Lea, ihre Freunde Julie und Nick und den munteren Drachen Avindur zu begleiten, der nur von seinen Freunden gesehen werden kann. Das Buch, in dem es nicht nur um lustige und spannende Abenteuer geht, sondern auch um Freundschaft und Hilfsbereitschaft, Mut, Magie und Selbstvertrauen, wird alle kleinen Drachenfans begeistern.

    Im Februar 2025 erscheint mit "Retter der Drachen - Erwecke das Feuer!" der zweite Band der abenteuerlichen Reihe um den Drachen Avindur.
    Absolute Lese- und Vorleseempfehlung! 
    Die vorletzte Frau Katja Oskamp
    Die vorletzte Frau (Buch)
    15.11.2024

    Eine außergewöhnliche Liebe

    In ihrem neuen autobiographischen Roman "Die vorletzte Frau" erzählt Katja Oskamp die Geschichte ihrer Liebe zu einem berühmten Schweizer Schriftsteller.

    Die Ich-Erzählerin Katja ist 30 Jahre alt und nicht mehr glücklich mit ihrem Ehemann, einem holländischen Generalmusikdirektor, mit dem sie eine kleine Tochter, Paula, hat. An einem Leipziger Institut, an dem sie Theaterwissenschaften studiert, begegnet sie in einem Dramatik-Seminar dem 49-jährigen Schweizer Schriftsteller Tosch. Die beiden sind fasziniert voneinander und beginnen eine stürmische Liebesbeziehung voller Leidenschaft. Da sie einen unterschiedlichen Lebensrhythmus haben, treffen sie sich meistens nur an den Wochenenden. Die Beziehung verändert sich und wird zum Ausnahmezustand, als Tosch schwer erkrankt und Katja immer mehr zu seiner Pflegerin wird ....

    Mit sehr viel Offenheit und stellenweise auch viel Humor beschreibt die Autorin ihre außergewöhnliche Beziehung zu Tosch, der bereits bei ihrem Kennenlernen ein gefeierter Star in der Literaturszene ist. Er hilft ihr beim Schreiben, korrigiert ihre Entwürfe und überarbeitet ihre Texte. Katja Oskamp gewährt dem Leser Einblicke in ihren Alltag mit Tosch und verschweigt auch nicht die persönlichen Eigenarten ihres stark ich-bezogenen Partners. Die beiden verbringen viele intensive Jahre, am Ende entfernen sie sich - bedingt durch Toschs Krankheit - langsam voneinander. 
     
    Die Autorin erzählt viel Persönliches und Intimes aus der gemeisamen Zeit und geht dabei auch sehr detailliert auf Toschs zahlreiche gesundheitliche Probleme ein. Damit überschreitet sie meiner Meinung nach bisweilen die Grenzen des guten Geschmacks. Laut Wikipedia erklärte sich der Schriftsteller, der im Buch "Tosch" heißt, "mit der Publikation dieses Schlüsselromans über ein Paar mit einem Altersunterschied von 19 Jahren ungefragt explizit einverstanden".

    Das fesselnde Buch ist in beeindruckender Sprache geschrieben und liest sich sehr flüssig. Die Protagonisten sind hervorragend gezeichnet. Ich habe die Geschichte über eine große und schmerzliche Liebe, Leidenschaft, Alter, Krankheit und Literatur sehr gern gelesen und mit der Autorin mitgefühlt und mitgelitten, als sie immer mehr zur Pflegerin ihres Lebensmenschen wurde und sich dadurch ihre Beziehung zunehmend veränderte und letztlich scheiterte.

    Leseempfehlung für diesen großartigen und berührenden Roman! 
    Aufbruch ins Freie Francie Vogel
    Aufbruch ins Freie (Buch)
    13.11.2024

    Packende Abenteuer einer mutigen Grenzgängerin

    Der österreichische Tyrolia Verlag hat "Aufbruch ins Freie - Meine wilden Bergabenteuer zu Fuß, mit Rad, Ski - und Hund" der Autorin Francie Vogel veröffentlicht. Das Taschenbuch ist sehr liebevoll und hochwertig gestaltet und enthält zahlreiche Farbfotos, die Francies Reisen anschaulich dokumentieren.

    Als Francie mit ihrem Kommilitonen Markus ins Tierheim geht, um einen Hund auszuführen, ahnt sie noch nicht, dass dieser Besuch ihr Leben verändern wird. Diesmal führt sie den drei Jahre alten Belgischen Schäferhund-Mischling Mexx aus, einen Hund mit Maulkorb, der von seinem Vorbesitzer geschlagen wurde. Nach Wochen des intensiven Kennenlernens nimmt Francie ihren neuen Freund, in dem sie einen Seelenverwandten sieht, mit auf die ersten Trekkingtour. Maxx büxt am Nachmittag aus, um später freiwillig zu ihr ins Zelt zurückzukehren.

    Die Kindheit der Autorin ist schwierig, ihre Eltern trennen sich früh. Sie fängt mit dem Boxen an, als sie 13 Jahre alt ist, das gibt ihr Bestätigung. Mit 15 macht sie auf Skiern ihre erste Tour im Erzgebirge. Sie ist schlecht ausgestattet, Ziel ist ein 15 km entfernter Bauwagen. Doch dieser ist verschlossen, und sie muss bei minus 25 Grad die Nacht frierend auf einem Hochstand verbringen. Diesem ersten Abenteuer sollen noch viele weitere folgen, von nun an flüchtet sie häufig in die Natur.

    Nach dem Abitur, mit 18 Jahren, erfüllt Francie sich ihren Traum, mit dem Rad nach Marokko zu fahren. Damals ist sie noch hundelos, ihr Begleiter wird Eric, ein junger Student. Auch für ihn ist es die erste große Fahrradreise. Eigentlich will er nur nach Venedig, und sie einigen sich darauf, dass sie über Venedig nach Marokko reisen. Ein dreimonatiges Abenteuer beginnt ....

    Es hat mir sehr viel Freude gemacht, Francie und ihren treuen Begleiter Mexx auf zahlreichen Touren zu begleiten. Sie erleben viele Abenteuer, teilweise bei extremen Wetterlagen, und sie geraten häufig in gefährliche Situationen. Francie stößt dabei immer wieder an ihre physischen und psychischen Grenzen. Mexx ist ihr auf ihren Extremtouren nicht nur Gesellschaft, er gibt ihr auch Sicherheit und oftmals Trost. Auf ihren Reisen begegnet sie neben Einheimischen immer wieder interessanten Menschen, die wie sie das Abenteuer und neue Herausforderungen suchen.

    Das Buch hat mich gefesselt und fasziniert, es ist in schöner Sprache geschrieben und liest sich sehr flüssig. Francie schildert ihre Erlebnisse so spannend und lebendig, dass ich oft das Gefühl hatte, dabei zu sein. Ich habe beim Lesen aber auch häufig die Luft angehalten und mich gefragt, ob alles gut ausgehen wird. Es hat mir gut gefallen, dass Francie uns in ihrem Buch auch Einblicke in ihr Privatleben und ihre Gedanken- und Gefühlswelt gewährt.

    Leseempfehlung für alle, die gern Bücher über mutige Grenzgänger lesen oder sogar selbst planen, auf Abenteuerreisen zu gehen!
    Gefährliche Betrachtungen Tilo Eckardt
    Gefährliche Betrachtungen (Buch)
    12.11.2024

    Der Dichter und der Übersetzer

    Anlässlich des 150. Geburtstages von Thomas Mann hat der deutsch-schweizerische Autor Tilo Eckardt diesem ein besonderes Denkmal gesetzt. In seinem historischen Kriminalroman "Gefährliche Betrachtungen" lässt er den Literatur-Nobelpreisträger auf eine ganz neue Art lebendig werden. 

    Wir schreiben das Jahr 1930: Im ostpreußischen Fischerdorf Nidden, einem Kurort auf der Kurischen Nehrung, hat sich der Ich-Erzähler Žydrūnas Miuleris in einer kleinen Pension eingemietet. Der 20-jährige Student und Übersetzer aus Litauen hofft, in Nidden Thomas Mann kennenzulernen, da es  sein großer Wunsch ist, dessen Welterfolg "Buddenbrooks" ins Litauische übersetzen zu dürfen. Der Zufall will es, dass der junge Mann sich gerade in der Nähe des Strandkorbs von Thomas Mann befindet, als diesem durch einen Windstoß mehrere Blätter einer politischen Rede, an der er gerade schreibt, davonwehen. Žydrūnas gelingt es, drei Seiten des Manuskripts zu retten und sie dem Eigentümer zurückzubringen. Da er über ein photographisches Gedächtnis verfügt, kann er sich binnen Sekunden den Inhalt der Seiten einprägen. Später fertigt er davon eine Abschrift an.

    Der Schriftsteller und der junge Übersetzer, den Thomas Mann nach dem Vorstellen nur noch Müller nennt, weil das die deutsche Version seines litauischen Nachnamens ist, treffen sich am nächsten Tag zu einem Spaziergang wieder, und Žydrūnas muss beichten, dass ihm die Seiten mit dem brisanten Inhalt am Vorabend im Wirtshaus abhanden gekommen sind. Thomas Mann ist verärgert und sorgt sich, dass die Seiten in falsche Hände geraten könnten. Der Dichter und Müller begeben sich auf die Suche ....

    Die Geschichte ist in der Sprache der damaligen Zeit und mit viel feinem Humor geschrieben, sie liest sich sehr flüssig. Es hat mir Freude bereitet, die beiden "Ermittler" zu begleiten, deren Suche sich nicht gerade einfach gestaltet. Sie folgen falschen Fährten, und schon bald ergeben sich neue Fragen und Probleme, als eine Person verschwindet und ein Unbefugter sich anscheinend Zutritt zu Thomas Manns Arbeitszimmer verschafft hat. 

    Die Region ist ganz wunderbar und atmosphärisch beschrieben, ich konnte mir Nidden und seine Umgebung sehr gut vorstellen. Seine Protagonisten hat der Autor sehr treffend skizziert: Thomas Mann mit seinen vielen Eigenarten, den jungen und naiven Žydrūnas, der sich als eher ungeschickter Ermittler entpuppt, aber auch die Pensionswirtin mit ihrer etwas aufdringlichen, dabei aber mütterlichen Art. Ich fand es spannend, einen Einblick in den Ferienalltag der Familie Mann zu erhalten, und mir gefielen die Passagen, in denen der Autor den inzwischen 100-jährigen Žydrūnas zu Wort kommen lässt.

    Auch wenn ich die eigentliche Krimihandlung nur mäßig spannend fand, so hat mir das Buch doch sehr gut gefallen. Ich konnte eintauchen in die damalige Zeit, habe die schönen Naturbeschreibungen genossen und mich bestens unterhalten gefühlt!
    Endlich das ganze Leben Roberta Recchia
    Endlich das ganze Leben (Buch)
    09.11.2024

    Der Roman konnte mich leider nicht überzeugen

    Der Debütroman "Endlich das ganze Leben" der italienischen Autorin Roberta Recchia wird als "Der große Familienroman und Bestseller aus Italien" beworben. Diese Aussage und der Klappentext machten mich neugierig auf das Buch. Ich freute mich auf die Lektüre, doch ich bin mit dem Roman leider nicht glücklich geworden.

    Rom, fünfziger Jahre: Marisa Balestrieri arbeitet im Feinkostgeschäft ihres Vaters, als sie dort den jungen Stelvio Ansaldo kennenlernt, der sehr schnell tiefe, aber heimliche Gefühle für die junge Frau entwickelt. Denn Marisa ist mit Francesco verlobt, der seit zwei Jahren in der Schweiz als Kellner arbeitet. Als Marisa schwanger wird, verlässt Francesco sie. Nun bemüht sich Stelvio um die junge Frau, die beiden heiraten und führen eine glückliche Ehe. Sie bekommen zwei Kinder, Ettore und Elisabetta, die von allen Betta genannt wird. Als Betta 6 Jahre alt ist, erkrankt sie an Asthma, und die Familie kauft ein Haus am Meer, in dem sie von nun an die Ferien verbringt.

    1980, als Betta 16 Jahre alt ist, geschieht am Strand ein furchtbares Verbrechen, von dem außer Betta auch ihre gleichaltrige Cousine Miriam, die Tochter von Marisas Schwester Emma, betroffen ist. Von einem Tag auf den anderen ist für die Familie nichts mehr, wie es einmal war ...

    Die Geschichte ist in eher nüchterner Sprache erzählt und liest sich sehr flüssig. Wir begleiten die Familie über einen Zeitraum von etwa 30 Jahren und erleben ein "Davor" und "Danach". Neben Marisas und Stelvios Unfähigkeit, gemeinsam zu trauern, erleben wir auch Miriams Schmerz und die Auswirkungen, die die schreckliche Tragödie auf die junge Frau hat.

    Mir hat die erste Hälfte des Buches sehr gut gefallen, sie hat mich gefesselt und berührt. Mit Miriams Begegnung mit dem Drogendealer Leo und dessen Schwester, der Transfrau Carollina, wurde die Geschichte bis zum vorhersehbaren Ende leider zunehmend kitschig und unrealistisch. Sie wurde immer mehr überladen mit schweren Themen. Es ging nicht mehr nur um Trauer und Verlust, sondern auch um Vergewaltigung und Mord, Suizid, Drogensucht, Alkoholismus, Krebs und Demenz. Das alles wurde mir schnell zu viel, aufgrund des Klappentextes hatte ich einen Roman mit Tiefgang erwartet - und hier leider nicht gefunden.

    Da mir die erste Hälfte des Romans sehr gut gefallen hat, runde ich meine 2,5 Sterne auf 3 Sterne auf.
    Wenn nachts die Kampfhunde spazieren gehen Anna Brüggemann
    Wenn nachts die Kampfhunde spazieren gehen (Buch)
    31.10.2024

    Regina und ihre Töchter

    Im Mittelpunkt von "Wenn nachts die Kampfhunde spazieren gehen", dem neuen Roman von Anna Brüggemann, stehen die 51-jährige Regina und ihre beiden Töchter Antonia und Wanda. Wir schreiben das Jahr 1998, Regina ist Psychologin, ihr Mann Edgar arbeitet in einer Baubehörde. Antonia ist 19, sie hat gerade ihr Abitur gemacht und plant, Pharmazie zu studieren. Ihre anderthalb Jahre jüngere Schwester Wanda ist nicht nur sportlich sehr aktiv, sondern auch eine begabte und zielstrebige Schülerin. Antonia ist nicht so ehrgeizig wie ihre Schwester, sie hat kein rechtes Glück in der Liebe und beneidet ihre Schwester, die einen festen Freund hat. Die Mutter hat keine innige Beziehung zu ihren Töchtern, und auch das Verhältnis der beiden zueinander ist eher schwierig.

    Regina ist kurz nach Kriegsende geboren und hat gegen den Wunsch der Eltern ihr Elternhaus früh verlassen, um Psychologie zu studieren. Noch heute nimmt sie es den Eltern übel, dass sie nicht genügend gefördert wurde. Das will sie bei ihren Töchtern anders machen. Während Wanda stets bereit ist, die Ratschläge ihrer Mutter umzusetzen, zieht Antonia sich immer mehr zurück und geht ihren eigenen Weg. Ohne Wissen der Eltern ändert sie ihre Zukunftspläne und schlägt eine ganz andere Laufbahn ein, als Regina es sich vorgestellt hat. 

    Die Handlung spielt über einen Zeitraum von 21 Jahren, wir erleben die Höhen und Tiefen der Familienmitglieder, ihre Sehnsüchte, Sorgen und Tragödien. Der Erzählstil und die schöne Sprache der Autorin gefallen mir sehr gut, das Buch liest sich flüssig. Anna Brüggemann beschreibt die Charaktere authentisch und bildhaft, die Entwicklung der Protagonistinnen über die Jahre ist überzeugend dargestellt. Die Unzufriedenheit der Mutter und ihre Lieblosigkeit gegenüber Edgar und ihren Töchtern kommen sehr gut zum Ausdruck, ebenso die Sehnsucht der beiden nach Anerkennung. Bei Wanda ist diese Sehnsucht so ausgeprägt, dass sie eine Essstörung entwickelt. Regina ist extrem ichbezogen, wenig empathisch, neigt zur Selbstüberschätzung, ist aufbrausend und autoritär. Ihrem Mann Edgar fühlt sie sich überlegen und findet ihn langweilig. Antonia empfindet sie als unsichtbar und kritisiert sie übertrieben streng, Wanda wird von ihr bevorzugt und akzeptiert, weil sie sich nach Reginas Wünschen entwickelt.

    Ich habe das Buch sehr gern gelesen, es hat mich gefesselt und berührt. Ich hatte wenig Sympathie für Regina, die die Bedürfnisse ihrer Töchter nicht erkennt, sich dennoch für eine gute Mutter hält. Meine Lieblingsfigur war Antonia, die den Mut hat, entgegen Reginas Vorstellungen ihren eigenen Weg zu gehen.

    Absolute Leseempfehlung für dieses mitreißende Buch über schwierige Mutter-Töchter-Beziehungen!
    Die Nacht der Bärin Kira Mohn
    Die Nacht der Bärin (Buch)
    27.10.2024

    Aufwühlender Familienroman über ein wichtiges Thema

    Der Roman von Kira Mohn spielt auf zwei Erzählebenen. Im Hier und Jetzt flüchtet die 26-jährige Ich-Erzählerin Jule zu ihren Eltern. Es gab einen Streit mit ihrem Freund Jasper, in dessen Verlauf dieser gewalttätig geworden ist. Jule erhofft sich, bei den Eltern zur Ruhe zu kommen und Klarheit über ihre Situation zu gewinnen. Gleich zu Beginn ihres Aufenthaltes erfährt die Familie, dass die Großmutter verstorben ist. Die Mutter hatte keinen Kontakt zu ihr, und Jule hat sie nie kennengelernt. Jules Mutter will das Haus der Großmutter entrümpeln lassen, bevor es verkauft wird, doch Jule möchte sich vorher gern das Haus und den Nachlass ansehen. Ihre Mutter beschließt, sie zu begleiten.

    Auf einer zweiten Erzählebene, die in der Vergangenheit liegt, lernen wir die 8-jährige Maja und ihre 12-jährige Schwester Anna kennen. Die beiden leben mit ihren Eltern in einem Haus, dessen großes Waldgrundstück an einen See grenzt. Der Vater ist gewalttätig, regelmäßig werden die Mutter und Anna terrorisiert und schwer misshandelt. Die Mädchen, die in ständiger Angst leben, flüchten vor den häuslichen Missständen oft in den Wald, in eine Fantasiewelt mit Waldfeen und Bären.

    Die Autorin erzählt die Geschichte, in der es um das zentrale Thema Häusliche Gewalt geht, sehr realistisch und mitreißend. Sie deutet das Grauen nur an und verzichtet dabei auf schockierende und reißerische Detailbeschreibungen. Die Charaktere beschreibt sie sehr authentisch und lässt uns tief in Jules, Annas und Majas Gedanken- und Gefühlswelt blicken. Wir sind Zeugen eines Familienlebens, das für die Mutter und ihre Töchter die Hölle ist, und wir müssen erkennen, dass der Mutter Kraft und Entschlossenheit fehlen, diesen schrecklichen Zustand zu beenden. In der Gegenwart erleben wir den inneren Kampf, den Jule führt. Soll sie nach drei glücklichen Jahren Jasper wirklich verlassen? Es gab doch nur den einen Vorfall, der sicher eine einmalige Entgleisung war.

    Nach und nach blättert sich die Vergangenheit auf, ein gut gehütetes Familiengeheimnis wird offenbart, Gegenwart und Vergangenheit werden miteinander verwoben, alle Puzzlesteine fügen sich zu einem Ganzen. Auch die Bedeutung des Buchtitels wird klar. Das Ende ist hoffnungsvoll und lässt Raum für eigene Gedanken

    Ich habe schon lange kein Buch mehr gelesen, das mir so unter die Haut gegangen ist wie "Die Nacht der Bärin". Die Geschichte hat mich zutiefst berührt, schockiert und aufgewühlt. Sie hat mich auch wütend gemacht auf all die kriminellen Täter, die ihre Opfer hinter verschlossenen Türen erniedrigen und misshandeln. Erwähnenswert ist das Nachwort der Autorin, in dem sie den schleichenden Verlauf häuslicher Gewalt beschreibt.

    Absolute Leseempfehlung für dieses tiefgründige Buch über ein wichtiges Thema, das nachdenklich macht und über das leider viel zu oft geschwiegen wird!
    Lena Oberdorf Anna Dreher
    Lena Oberdorf (Buch)
    26.10.2024

    Packendes Fanbuch über eine Ikone des Frauenfußballs

    Jedem, der den deutschen Frauenfußball verfolgt, wird der Name Lena Oberdorf ein Begriff sein. Die ehrgeizige 22-Jährige, die für den FC Bayern München und die deutsche Nationalmannschaft spielt, gilt als eine der besten Fußballerinnen in Deutschland und Europa. Anna Dreher, Sportredakteurin für die Süddeutsche Zeitung, hat ein Buch geschrieben, das uns nicht nur die Ausnahmesportlerin, sondern auch den Menschen Lena Oberdorf nahebringt. Das hochwertige und sehr liebevoll gestaltete gebundene Buch ist im Verlag Die Werkstatt, der zum Delius Klasing Verlag gehört, erschienen. Es umfasst 64 Seiten und ist in 20 Kapitel gegliedert, zahlreiche Farbfotos ergänzen die Texte.

    Die Autorin beschreibt den Werdegang von Lena Oberdorf, die bereits als kleines Mädchen mit Leidenschaft Fußball spielt. Früh ist klar, dass sie in einen Fußballverein gehört. Ab ihrem vierten Lebensjahr ist sie bei den Minikickern aktiv, mit elf Jahren wechselt sie in die D-Jugend des TSG Sprockhövel. Dort ist sie das einzige Mädchen unter vielen Jungen. Ihr außergewöhnliches Talent bleibt dem Deutschen Fußballbund nicht lange verborgen, und so spielt sie ab ihrem 12. Lebensjahr erfolgreich in den Jugendnationalmannschaften.

    Den ersten Profivertrag unterschreibt die sympathische Sportlerin bereits mit 17 Jahren und spielt fortan beim SGS Essen. 2019 debütiert sie in der Nationalmannschaft. Ein kometenhafter Aufstieg beginnt ....

    Das Buch ist in schöner Sprache geschrieben, und ich fand es sehr spannend, nicht nur alles über die Stationen der Karriere von Lena Oberdorf, die Siege und Niederlagen sowie ihre fußballerischen Qualitäten zu erfahren, sondern auch die private Lena Oberdorf kennenzulernen, deren Hobby die Musik ist. Ihre Familie ist ihr Rückzugsort, dort fühlt sie sich geliebt und verstanden, dort kann sie auftanken. Es gibt in ihrer Fußballkarriere nicht nur Höhen, sondern auch Tiefen, mit denen die junge Frau umgehen muss, wie z.B. die schwere Knieverletzung im Sommer 2024, die sie die Teilnahme am olympischen Fußballturnier kostet und nach der sie sich mühsam zurückkämpfen muss.

    Einen schönen Abschluss des Buches bildet das Interview, das die Autorin mit der Ausnahmesportlerin, die immer alles richtig machen will, geführt hat, und in dem diese über die Herausforderungen des Profifußballs spricht. Sie verrät außerdem, wie sie mit Erwartungen, Kritik und Rückschlägen umgeht.

    Absolute Leseempfehlung nicht nur für Fans von Lena Oberdorf, sondern für alle, die sich für Fußball interessieren!
    Die Gräfin Irma Nelles
    Die Gräfin (Buch)
    23.10.2024

    Roman über eine couragierte Frau

    Nachdem ich unlängst mit großer Begeisterung "Südfall" gelesen habe, den Roman von Florian Knöppler über einen englischen Piloten, der Ende August 1944 mit seinem Fallschirm vor der Hallig Südfall landet und dort Menschen begegnet, die ihm hilfreich zur Seite stehen, war ich sehr neugierig auf "Die Gräfin". Im Mittelpunkt des Debüts von Irma Nelles steht nicht der Pilot, sondern die Gräfin von Reventlow-Criminil, die ihn in ihr Haus aufnimmt. Ich war sehr neugierig auf die nun aus anderer Perspektive erzählte Geschichte und hatte hohe Erwartungen - doch glücklich bin ich mit dem Buch leider nicht geworden.

    Diana Henriette Adelaide Charlotte Gräfin von Reventlow-Criminil lebt seit 30 Jahren an der nordfriesischen Küste. Die Sommer verbringt sie regelmäßig auf der kleinen Hallig Südfall. Sie ist bereits über 80 Jahre alt und führt seit langem ein Leben in Abgeschiedenheit und fern des glanzvollen Hochadels. Die Hallig-Gräfin, wie sie von den Bewohnern der Nachbarinseln genannt wird, beschäftigt auf ihrem Anwesen seit 8 Jahren Haustochter Meta und Knut Maschmann, der seit über 20 Jahren für sie als Kutscher und Faktotum tätig ist. Als sie im Spätsommer 1944 auf einer Sandbank ein kleines Flugzeug entdeckt, das dem Anschein nach abgestürzt ist, rettet sie den Piloten aus dem Cockpit und versteckt ihn. Es handelt sich um einen Engländer, der in ihrem Haus seine Verletzungen auskurieren wird. Niemand außer ihr und den wenigen eingeweihten Personen darf wissen, dass die Gräfin den Feind versteckt. 

    Die Geschichte, die einen Zeitraum von nur 6 Tagen umfasst, ist in klarer Sprache - teils in plattdeutsch - erzählt, sie basiert auf wahren Begebenheiten. Die Autorin wuchs in der Nähe der Hallig Südfall auf, sie kannte viele Personen selbst und wusste um die Mythen, die sich um die Gräfin ranken. Das karge Leben auf der Hallig in Kriegszeiten und die Naturgewalten hat Irma Nelles sehr atmosphärisch und faszinierend beschrieben. Man spürt ihre Liebe zu der ihr vertrauten Region.

    Die zentrale Figur des Romans ist die charakterstarke und mutige Gräfin, die von der Autorin sehr authentisch dargestellt wird. Die Gräfin war für die damalige Zeit eine äußerst beherzte Frau, die sich schon früh gegen die Ehe entschied und ein selbstbestimmtes Leben führte. Ich hatte Hochachtung vor der eigenwilligen Adeligen, die früh von den nationalsozialistischen Plänen wusste und immer wieder ihr Leben riskierte, um Verfolgten zur Flucht zu verhelfen. Die interessanten Nebenfiguren, der Pilot John, Meta und Knut sowie das Ärzteehepaar Braak sind gut gezeichnet. Ich fand die Geschichte, die mir im Großen und Ganzen gefallen hat, nicht gerade spannend. Die ausführlichen Schilderungen aus der Vergangenheit der Gräfin empfand ich häufig als etwas zäh und eher langweilig. Im Gegensatz hierzu hätte ich mir gewünscht, mehr aus Johns Leben zu erfahren. Der Roman endet leider ziemlich abrupt, viele Fragen bleiben offen.

    Meine Erwartungen an das Buch sind leider nicht erfüllt worden. Am besten haben mir die schönen und faszinierenden Natur- und Landschaftsbeschreibungen gefallen, die Handlung hingegen hat mich - auch wegen der recht sachlichen Erzählweise und des Fehlens jeglicher Emotionen - nicht überzeugen können.
    Pokémon Handbuch: Pokémon: Timelines Pokémon Handbuch: Pokémon: Timelines (Buch)
    23.10.2024

    Schönes Pokémon-Buch für Groß und Klein

    Wer kennt sie nicht, die Pokémon-Sammelkarten, die 1996 in Japan entwickelt wurden und rasch ihren Siegeszug auf der ganzen Welt antraten? 1997 erschien die Zeichentrickserie, von der in bisher 25 Staffeln mehr als 1200 Folgen im Fernsehen ausgestrahlt wurden. 

    "Pokémon Timelines" von Katharine Andreou und Glenn Dakin zeigt auf 208 Seiten in 8 Kapiteln die abenteuerlichen Reisen des Pokemon-Helden Ash Ketchum von Kanto bis Galar und seinen Aufstieg vom Trainer zum Weltmeister auf. Hierbei wird Ash von seinem treuen Partner Pikachu begleitet. In der spannenden Pokémon-Welt gibt es viel zu entdecken, statt Seitenzahlen gibt es Zeitleisten, die gespickt sind mit unzähligen Informationen, Details und vielen Bildern. Kleine und große Fans können tief eintauchen in das Pokémon-Universum, lernen dabei all seine Bewohner kennen und erlangen umfangreiches Hintergrundwissen. Auf den letzten Seiten enthält das Handbuch ein praktisches Stichwortregister sowie ein Glossar.

    Das gebundene Buch, das in schönen Farben reich illustriert ist, richtet sich an Kinder zwischen 6 und 11 Jahren, es ist äußerst hochwertig und liebevoll gestaltet und eignet sich hervorragend als Geschenk. Ich bin davon überzeugt, dass es nicht nur kleine, sondern auch alle großen Pokémon-Fans begeistern wird! 
    Ava liebt noch Vera Zischke
    Ava liebt noch (Buch)
    19.10.2024

    Gelungenes Debüt mit Tiefgang

    In ihrem Debütroman "Ava liebt noch" erzählt Vera Zischke die Geschichte der 43-jährigen Ava, die als Lektorin tätig war, ehe sie und ihr Ehemann Ralf sich dazu entschlossen, dass Ava ihren Beruf aufgibt und sich um die Erziehung der Kinder und den Haushalt kümmert, damit Ralf sich ganz seiner Tätigkeit in der eigenen Anwaltskanzlei widmen kann. Die Töchter Mia und Lana sind 12 und 10, Sohn Nico fünf Jahre alt. Die Familie bewohnt ein schönes Haus und lebt in gesicherten Verhältnissen, doch nach all den Jahren ist Ava nicht mehr glücklich mit ihrem Hausfrauendasein. Eines Tages sieht sie beim Großeinkauf im Supermarkt einen jungen Mann, der dort arbeitet. Sie ist fasziniert von seiner Attraktivität und fährt nun häufiger zum Einkaufen, nur um ihn zu sehen. Als sie erfährt, dass er Kieran heißt und Schwimmlehrer ist, meldet sie ihre älteste Tochter kurzerhand zu einem Schwimmkurs an. Aus ihrer anfänglichen Schwärmerei für den 19 Jahre Jüngeren entwickelt sich langsam eine leidenschaftliche Liebesbeziehung. Doch schon bald muss Ava eine schwierige Entscheidung treffen ...

    Die Autorin erzählt die berührende Geschichte, die sich über einen Zeitraum von fast 20 Jahren erstreckt, aus den Perspektiven beider Protagonisten in der Ich-Form. Wir begleiten Ava in ihrem Alltag, die Bedürfnisse der Kinder und der wiederkehrende Kreislauf der Tätigkeiten im Haushalt bestimmen ihren Tagesablauf. Ihre eigenen Bedürfnisse kommen meistens zu kurz, oft fühlt sie sich erschöpft und überfordert, von Ralf mit der Verantwortung für die Kinder allein gelassen. Durch die Begegnung mit Kieran blüht sie förmlich auf, nimmt sich selbst wieder als Frau wahr und fiebert den heimlichen Treffen entgegen.

    Der Roman mit dem wunderbaren Cover ist in schöner Sprache geschrieben und liest sich sehr flüssig, die sympathischen Charaktere sind authentisch beschrieben. Avas innere Zerrissenheit und ihr Kampf zwischen Pflichterfüllung und Liebe sind sehr eindrucksvoll und mit viel Empathie dargestellt. Die wechselnden Perspektiven in der Ich-Form fand ich großartig, sie ermöglichen dem Leser einen tiefen Einblick in die Gedanken- und Gefühlswelt der Protagonisten. Ich mochte Ava und Kieran, ihre Entwicklung über die Jahre hat mir sehr gefallen, und ich mochte die unerwarteten Wendungen sowie die gesellschaftskritischen Aspekte des Buches vor dem Hintergrund der Mutterschaft und der Rolle der Frau.

    Ich habe das fesselnde Buch, in dem es neben Liebe und Sehnsucht auch um Krankheit und Alter geht, sehr gern gelesen und mich bestens unterhalten gefühlt. Leseempfehlung!
    Wohnverwandtschaften Isabel Bogdan
    Wohnverwandtschaften (Buch)
    15.10.2024

    Warmherzig und humorvoll

    Auf "Wohnverwandtschaften", den neuen Roman der Hamburger Autorin Isabel Bogdan, habe ich mich sehr gefreut. Ich kenne bereits ihr Buch "Laufen" über Trauer und Neubeginn, das mich sehr berührt hat, und mag ihre großartigen Übersetzungen der Werke von Jane Gardam.

    Die Zahnärztin Constanze zieht nach der Trennung von ihrem Freund Flo samt weißem Klavier in eine Wohngemeinschaft in Hamburg. Es soll nur für den Übergang sein, denn sie will sich bald eine eigene Wohnung suchen. Die Wohnung gehört Jörg, der nun sein Arbeitszimmer an Constanze vermietet hat, weitere Mitbewohner sind Anke und Murat. 

    Die Geschichte wird aus unterschiedlichen Perspektiven in der Ich-Form erzählt, dazwischen gibt es drehbuchartig dargestellte Dialoge. Nach und nach lernen wir neben Constanze, die sich sehr schnell in ihrer neuen Umgebung einlebt und bald gar nicht mehr an einen Auszug denkt, auch die anderen Protagonisten kennen. Anke ist in Finanznöten, als Schauspielerin hat sie mit ihren 53 Jahren große Probleme, eine akzeptable Rolle zu bekommen. Der Hobbyfußballer Murat, der aus Köln kommt, hat fast immer gute Laune und liebt es, neben seinem Beruf in Jörgs Garten Obst und Gemüse anzubauen. Er kocht leidenschaftlich gern und verwöhnt seine Mitbewohner mit kulinarischen Köstlichkeiten. Jörg ist mit seinen 68 Jahren der Älteste. Er vermisst seine verstorbene Ehefrau Brigitte und plant, mit seinem Bulli bald nach Georgien zu fahren.

    Im Sommer muss sich Jörg einer Blinddarmoperation unterziehen, nach der er geistig verwirrt ist. Sein Zustand bessert sich auch nach Monaten nicht, und bald ist für die Bewohner traurige Gewissheit, dass Jörg demenzkrank ist. Diese Diagnose stellt alle vor große Herausforderungen.

    Der Roman ist in schönem Erzählstil und wunderbarer Sprache geschrieben und liest sich sehr flüssig. Mit viel Herz und Humor beschreibt Isabel Bogdan den Alltag der WG-Bewohner über einen Zeitraum von knapp zwei Jahren, während dessen sich zwischen den Protagonisten ein herzliches und vertrauensvolles Verhältnis entwickelt und sie immer mehr zu einer Familie zusammenwachsen, die sich um Jörg kümmert. Die sympathischen Charaktere skizziert die Autorin äußerst liebevoll und mit viel Empathie. Auch die Beschreibung von Jörgs fortschreitender Demenz ist sehr gut gelungen, ganz besonders in den Kapiteln, die aus seiner Sicht erzählt sind und in denen Leerstellen seine Gedächtnislücken aufzeigen. 

    Wie schon "Laufen", so hat mich auch "Wohnverwandtschaften" begeistert, ein Buch, das vollkommen kitschfrei ist, heiter und traurig. Es hat mich gefesselt und tief bewegt, ließ mich lachen und weinen. Sehr gut hat mir gefallen, dass die Kapitel aus sich abwechselnden Perspektiven in der Ich-Form erzählt werden, da mir das einen intensiven Einblick in die Gedanken- und Gefühlswelt der WG-Bewohner ermöglichte. Ich habe die Freunde in mein Herz geschlossen, habe über ihre kleinen Eifersüchteleien geschmunzelt, mich über ihren Zusammenhalt und ihre Fürsorge gefreut und hätte sie gern noch länger begleitet. Und nun muss ich nur noch herausfinden, ob auch mich Rotkohl mit Kirschen begeistern kann.

    Absolute Leseempfehlung für diesen wunderbaren Roman über Menschlichkeit und Freundschaft!
    Wie wir waren Heike Duken
    Wie wir waren (Buch)
    13.10.2024

    Fesselnder Roman über eine Frauenfreundschaft

    In ihrem neuen Roman "Wie wir waren" erzählt Heike Duken die Geschichte zweier Frauen, die seit Kindertagen enge Freundinnen sind.

    Paula und Zett sind 19 Jahre alt, als sie 1986 zum ersten Mal Urlaub auf einer griechischen Insel machen. Die beiden sind sehr verschieden, die ruhige Paula ist eher ängstlich und zurückhaltend, während die impulsive Zett mutig und beherzt durchs Leben geht. Die Zeit auf der Insel ist nicht nur unbeschwert, und die beiden entzweien sich, als Paula sich gegen Zetts Rat dazu entschließt, zu ihrem handgreiflich gewordenen Freund zurückzukehren. Zwei Jahre der Funkstille vergehen, bis Paula ihre Freundin anruft, um sie mit schönen Neuigkeiten zu überraschen ....

    Die Geschichte ist in schöner Sprache geschrieben und liest sich sehr flüssig. Es hat mir sehr gut gefallen, dass sie aus den wechselnden Perspektiven von Paula und Zett in der Ich-Form erzählt wird. Das ermöglicht dem Leser einen tiefen Einblick in die Gefühls- und Gedankenwelt der Protagonistinnen. Die Freundinnen sind authentisch und bildhaft skizziert, wir lernen sie während eines Zeitraums von 18 Jahren immer besser kennen, begleiten sie im Alltag und erleben ihre Höhen und Tiefen. Die Freundschaft der beiden hält nicht allen Krisen stand, es kommt zu Zerwürfnissen und Versöhnungen. Die Entwicklung der Freundinnen über die Jahre ist sehr gut dargestellt. Während Paula, die in ihrer schwierigen Ehe gefangen ist und es immer allen recht machen will, im Laufe der Handlung immer selbstbewusster wird und endlich Entschlossenheit zeigt, blicken wir auf Zetts zunehmende Probleme, deren erschütternde Gründe sie Paula erst spät offenbart.

    Mir hat das Buch über zwei Frauen, die mehr als eine reine Bilderbuchfreundschaft verbindet, sehr gut gefallen. Es ist keine leichte Lektüre, es geht nicht nur um Freundschaft und Liebe, sondern auch um Alkoholsucht, Untreue und Gewalt in der Ehe. Ich habe oft mit Paula und Zett mitgelitten, und ihre Handlungsweisen konnte ich nicht immer nachvollziehen. Sehr berührend fand ich Zetts liebevollen Umgang mit Lou, Paulas Tochter.

    Ich habe den beeindruckenden Roman sehr gern gelesen, er hat mich gefesselt und nachdenklich gemacht. Leseempfehlung!
    Intermezzo Sally Rooney
    Intermezzo (Buch)
    29.09.2024

    Faszinierende Geschichte - intelligent und ganz wunderbar erzählt

    Ich habe ein Faible für irische Autoren und mich sehr darüber gefreut, dass ein neuer Roman von Sally Rooney erschienen ist. Vor Jahren hat mich "Schöne Welt, wo bist du" begeistert, und nun war ich neugierig, ob ihr neues Buch mich auch würde begeistern können. "Intermezzo" hat "Schöne Welt, wo bist du" in meinen Augen sogar noch übertroffen und ist für mich bereits jetzt eines meiner diesjährigen Lesehighlights!

    Im Mittelpunkt der Geschichte stehen die beiden Brüder Peter und Ivan Koubek. Der 32-jährige Peter, der zu viel Alkohol und Medikamente konsumiert, arbeitet als Anwalt, während sein 10 Jahre jüngerer Bruder Ivan ein Schachgenie ist und seinen Lebensunterhalt mit Datenanalysen für Techkonzerne verdient. Die Brüder trauern um ihren Vater, der kürzlich nach 5-jährigem Kampf gegen den Krebs verstorben ist. Peter befindet sich in einer Konfliktsituation, er ist in die junge Studentin Naomi verliebt, sein Herz gehört jedoch immer noch seiner ersten großen Liebe Sylvia, die sich nach einem schweren Unfall von ihm trennte, um ihm das Leben an der Seite einer Frau, die unter ständigen Schmerzen leidet, nicht zuzumuten. Ivan lernt bei einem Schachevent Margaret kennen, die in einem Kulturzentrum Veranstaltungen organisiert und von ihrem alkoholkranken Mann getrennt lebt. Die beiden verlieben sich ineinander, doch für Margaret stellt es ein großes Problem dar, dass sie 14 Jahre älter als Ivan ist. 

    Auch diesmal hat mich die intelligente Sprache und der schöne Schreibstil der Autorin begeistert. Sie erzählt die einzelnen Kapitel abwechselnd aus Sicht der Brüder, wobei die Erzählweisen sich unterscheiden. Peters Gedankengänge sind hektisch und abgehackt, während aus Ivans Perspektive eher ruhig erzählt wird. Wie in "Schöne Welt, wo bist du" verzichtet Sally Rooney auch in diesem Buch auf Anführungszeichen bei der wörtlichen Rede. 

    Sally Rooney beschreibt nicht nur Peter und Ivan, sondern auch die Nebenfiguren liebevoll und lebensecht und lässt uns tief in ihre Gefühls- und Gedankenwelt blicken. Die komplizierten Beziehungen sind perfekt dargestellt, das Verhältnis der Brüder zueinander sehr eindrücklich beschrieben, ebenso ihr schwieriges Verhältnis zur Mutter, die ihren Mann verließ, als Ivan fünf Jahre alt war. Peter und Ivan sind sehr verschieden, hier der erfolgreiche Peter, auf der anderen Seite der jüngere Bruder, der immer voller Bewunderung auf den Älteren blickte. Der selbstbewusste Peter geht früh eigene Wege, während der verschlossene und etwas unbeholfene Einzelgänger Ivan zurückbleibt. Im Laufe der Jahre werden sie sich fremd und suchen erst nach dem Tod des Vaters wieder Kontakt zueinander.

    Das Buch hat mich von der ersten Seite an bis zu seinem stimmigen und hoffnungsvollen Ende in seinen Bann gezogen. Es ist eine Geschichte über Trauerbewältigung und Verzweiflung, über Liebe, Begehren und Freundschaft. Ich konnte mich sehr gut in die Protagonisten hineinversetzen und habe mit ihnen gefühlt, mit ihnen gelitten. Meine Lieblingsfiguren waren der introvertierte Ivan und die zaudernde Margaret, die sich behutsam einander annähern. 

    Absolute Leseempfehlung für dieses Meisterwerk, das mich gleichermaßen gefesselt, aufgewühlt und berührt hat!
    Wallis Simpson Michaela Lindinger
    Wallis Simpson (Buch)
    26.09.2024

    Wallis Simpson und der Ex-König

    In der Reihe "Reihenweise kluge Frauen" hat der Molden Verlag bereits 8 Biografien veröffentlicht, drei davon stammen aus der Feder der österreichischen Autorin Michaela Lindinger. Im 9. Band geht es nun um die Amerikanerin Wallis Simpson, die in den dreißiger Jahren des letzten Jahrhunderts durch ihre skandalöse Verbindung mit dem englischen König Edward VIII. berühmt wurde. 
    Das gebundene Buch ist sehr liebevoll und hochwertig gestaltet. Es umfasst 256 Seiten und ist in vier Kapitel gegliedert, zahlreiche größtenteils großformatige Schwarz-Weiß-Fotos ergänzen die Texte.

    Im ersten Kapitel lernen wir den ehemaligen König Edward kennen, der auf Druck des Königshauses unmittelbar nach seiner Abdankung nach Österreich reist und als Gast im Schloss der Baronin Rothschild wohnt. Er wartet dort auf Wallis Simpson, deren Scheidung in Frankreich vollzogen wird. Im zweiten Kapitel geht es um Wallis' Herkunft und ihr Leben in Baltimore. Das dritte Kapitel befasst sich mit dem Zusammentreffen der in zweiter Ehe verheirateten Wallis mit Edward sowie dem späteren Eheleben der beiden. Die letzten Lebensjahre von Wallis werden im vierten Kapitel beschrieben.

    Das unterhaltsame Buch ist in sachlicher und klarer Sprache geschrieben und gibt uns Einblicke in Wallis' Leben und ihre Persönlichkeit. Ihr Vater stirbt, als Wallis 5 Monate alt ist. Die Mutter ist nun mittellos und auf die Unterstützung ihres Schwagers angewiesen. Wallis weiß schon früh, dass sie einen reichen Mann heiraten wird, sie wird immer auf der Suche nach finanzieller Sicherheit sein. Mit viel Ehrgeiz geht sie ihren Weg, schreckt dabei auch nicht davor zurück, Freundinnen den Mann zu nehmen, und mit viel Hartnäckigkeit gelingt es ihr, dem Prinzen von Wales vorgestellt zu werden. Über diesen verrät uns das Buch viel bisher Unbekanntes. Beispielsweise liest Edward keine Bücher, und weil er schon als Kind Konzentrationsprobleme hatte, strickt er. Thematisiert wird auch seine Sympathie für die Nationalsozialisten, für die er von vielen Seiten kritisiert wird. 

    Die Charakterzeichnung von Wallis und Edward finde ich gelungen. Edward hat mir leidgetan, weil Wallis ihm keine aufrichtige Liebe entgegenbrachte, und Wallis, für die ich wenig Sympathie hatte, habe ich bedauert, weil sie sich aufgrund ihrer familiären Prägung zu einer harten Frau entwickelt hatte, die zwar eine besondere Ausstrahlung besaß, aber nicht in der Lage war, Gefühle zu zeigen. Ich fand die Beschreibung der Beziehung der beiden sehr interessant, war aber auch erschüttert über die einseitige Liebe des Ex-Königs und die Entwicklung zweier Menschen, die sehr verschieden waren und dennoch 35 Jahre bis zu Edwards Tod zusammen blieben. Die detaillierte Schilderung ihres Liebeslebens und ihrer Neigungen nimmt nach meiner Ansicht etwas zu viel Raum ein.

    Die fesselnde und kurzweilige Biografie über Wallis Simpson, die für die Royals eine Persona non grata blieb, hat mir sehr gut gefallen - Leseempfehlung!
    Tage mit Milena Katrin Burseg
    Tage mit Milena (Buch)
    25.09.2024

    Klimaaktivistin trifft auf Hausbesetzerin

    Der Heyne Verlag hat "Tage mit Milena", den neuen Roman von Katrin Burseg, veröffentlicht. Wie bereits im Vorgängerbuch "Adas Fest", einem Familienroman, den ich mit viel Freude gelesen habe, spielen auch im aktuellen Buch der Autorin Klimawandel und Klimaschutz eine große Rolle.

    Im Mittelpunkt der Geschichte steht die 54-jährige Annika Oelker, die vor über 30 Jahren nach Lübeck gekommen ist. Sie führt den Schreibwarenladen ihres Mannes Hendrik, der sich mit großer Leidenschaft seinem Blumenacker widmet. Als die 17-jährige Luzie den Laden betritt und zwei Tuben Sekundenkleber kauft, ahnt Annika noch nicht, dass es in den nächsten Minuten einen Verkehrsstau in ihrer Straße geben wird. Die Klimaaktivistin hat sich mitten auf der Straße festgeklebt. Annika setzt sich zu ihr und nimmt sie nach der Überprüfung auf der Polizeiwache mit zu sich nach Hause. Luzie erklärt Annika und Hendrik, dass sie auf die Straße geht, damit die Menschen sich Gedanken über die Klimakatastrophe machen. Als sie am nächsten Tag verschwunden ist, geht Annika davon aus, dass sie nach Hamburg unterwegs ist, wo es zu Klimaprotesten kommen wird. Um Luzie zu beschützen und vor Fehlern zu bewahren, sperrt sie kurzentschlossen den Laden ab und begibt sich auf die Reise nach Hamburg.

    Während wir auf der Erzählebene im Hier und Jetzt Annika und Luzie begleiten, führt uns die Autorin in einem zweiten Erzählstrang zurück in die achtziger Jahre, als Annika gemeinsam mit ihren Freunden Milena und Matti in der Hamburger Hafenstraße der Hausbesetzerszene angehörte und für eine gute Sache kämpfte - bis es zu einer Tragödie kam.

    Das Buch ist in schöner und klarer Sprache geschrieben, es liest sich sehr flüssig. Die Geschichte ist spannend erzählt, nach und nach tritt Verdrängtes aus Annikas Vergangenheit zutage, Erinnerungen fügen sich zu einem Ganzen zusammen. Es war fesselnd, Annika in ihrem aktuellen und früheren Leben zu begleiten und mit ihr und Luzie nach Italien zu reisen, um dort die letzten Geheimnisse aufzudecken. Das Buch, in dem es nicht nur um den Klimawandel, sondern auch um Liebe und Freundschaft, Schuldgefühle und traumatische Ereignisse geht, hat mir gut gefallen. Die Hamburger Hausbesetzerszene in den Achtzigern und das Engagement der Klimaaktivisten unserer Zeit sind detailliert und eindrücklich beschrieben.

    Ich mochte die ruhige Annika, die von ihrer eigenen Vergangenheit eingeholt wird, auch wenn ich ihre impulsiven Handlungen nicht immer nachvollziehen konnte. Mit der überambitionierten Luzie und ihren Entscheidungen habe ich mich schwer getan. Annikas Ehemann Hendrik, sehr sympathisch mit seiner besonnenen Art und seinen Lebensanschauungen, kam mir in der zweiten Hälfte des Buches deutlich zu kurz. Das Ende der Geschichte empfand ich als etwas übertrieben dramatisch und nicht sehr glaubhaft. Außerdem fand ich es schade, dass bereits nach 100 Seiten in einem Chatverlauf ein Hinweis gegeben wird, der mich das Ende des Buches erahnen ließ.

    Ich habe das fesselnde Buch über das zentrale Thema Klimawandel gern gelesen und mich gut unterhalten gefühlt.
    Views Marc-Uwe Kling
    Views (Buch)
    18.09.2024

    Wichtige Themen unserer Zeit

    Yasira Saad arbeitet für das Bundeskriminalamt, ist Anfang 40, geschieden und Mutter einer 16-jährigen Tochter. Während eines Dates mit einem Journalisten zeigt dieser ihr ein Video, das die brutale Vergewaltigung eines jungen Mädchens zeigt. Es handelt sich um die 16-jährige Lena Palmer, die seit vier Tagen vermisst wird. Die drei Täter sind schwarz und allem Anschein nach junge Asylsuchende. Auf Anweisung des Innenministeriums wird der Fall Yasira übertragen, die selbst einen Migrationshintergrund hat. Weitere sechs Polizeibeamte werden ihr zur Seite gestellt. Die Suche nach Lena und den Tätern gestaltet sich schwierig, weder die Auswertungen des Videos noch Befragungen von Lenas Familie und Freunden bringen das Ermittlungsteam weiter. Bald geht eine rechtsradikale Gruppe, die sich "Aktiver Heimatschutz" nennt, mit verstörenden Videos viral, es kommt zu gewalttätigen Demonstrationen, und auch Yasira gerät in den Fokus selbsternannter Rächer.

    Das Buch ist in einer teilweise eher flapsigen Sprache geschrieben, was ich sehr gewöhnungsbedürftig fand. Es war spannend, Yasira und ihr Team bei den Ermittlungen zu begleiten, es gibt unerwartete Wendungen, und der Schwerpunkt liegt bald nicht mehr auf der Suche nach dem vermissten Mädchen, sondern auf dem Thema Künstliche Intelligenz. Ich mochte Yasira als engagierte und besorgte Mutter, als Polizistin verhält sie sich in einigen Situationen wenig professionell. Am Ende überschlagen sich die Ereignisse, die Handlung wird brutaler und zunehmend unrealistischer. Das Finale mit seinem abrupten Ende hat mir nicht gefallen, und leider bleiben viele Fragen unbeantwortet.

    "Views" ist politisch und gesellschaftskritisch und beschäftigt sich mit wichtigen Themen unserer Zeit, wie Rassismus, Rechtsextremismus, Diskriminierung, Social Media und Drogen. Obwohl das Buch spannend war und ich die detaillierten Ausführungen rund um das Thema KI äußerst interessant fand, konnte es mich leider nicht überzeugen.
    Der Bademeister ohne Himmel Petra Pellini
    Der Bademeister ohne Himmel (Buch)
    05.09.2024

    Wunderschön und bewegend

    In ihrem Roman "Der Bademeister ohne Himmel" erzählt die österreichische Autorin Petra Pellini die Geschichte der 15-jährigen Linda, die nicht glücklich ist und daran denkt, vor ein Auto zu laufen. Es gibt nur zwei Menschen, die sie davon abhalten: ihr Freund Kevin, den sie seit 6 Jahren kennt und der zunehmend an der Menschheit verzweifelt, und der 86-jährige Hubert, der im gleichen Haus wohnt wie sie. Hubert war 42 Jahre lang Bademeister im Strandbad, nun ist er demenzkrank. Seine Frau Rosalie ist vor 7 Jahren verstorben. Er wird von der Polin Ewa betreut, einer 24-Stunden-Pflegekraft. An drei Nachmittagen pro Woche kümmert sich Linda um den alten Herrn, damit Ewa etwas Zeit für sich hat.

    Wir erleben Linda, Hubert und Ewa über einen relativ kurzen Zeitraum, während dessen Hubert immer mehr in seiner eigenen Welt versinkt. Linda weiß intuitiv, wie sie mit ihm umzugehen hat, ohne ihn noch mehr zu verwirren. Sie geht beruhigend und verständnisvoll auf ihn ein, versucht, seine Erinnerungen, die ihm zunehmend entgleiten, wieder einzufangen. Wenn er fragt, wo seine Frau ist, sagt sie ihm nicht, dass Rosalie bereits seit langem tot ist, sondern erklärt ihre Abwesenheit mit einem Einkauf. Linda fühlt sich sehr wohl bei Hubert und der herzlichen und zupackenden Ewa, viel wohler als bei ihrer Mutter, von der sie sich wegen der Schule ständig gestresst fühlt und die nach der Scheidung von Lindas Vater mal wieder einen neuen Freund hat.  

    Das Buch ist in schöner Sprache aus Sicht der jugendlichen Ich-Erzählerin Linda geschrieben. Es liest sich flüssig, die Figuren sind sehr liebevoll und vollkommen authentisch beschrieben. Die Autorin, die selbst lange in der Pflege demenzkranker Menschen tätig war, schildert Huberts Krankheitsverlauf mit viel Empathie und einer großen Portion Humor, dabei vollkommen realistisch, ohne Übertreibungen und ohne Rührseligkeiten.

    Ich habe die Geschichte sehr gern gelesen, sie hat mich begeistert, zutiefst berührt und sehr nachdenklich gemacht. Es geht in dem Buch zwar in erster Linie um das wichtige Thema Demenz und den Umgang damit, es wird aber auch sehr anschaulich verdeutlicht, in welcher Situation sich die ausländischen Pflegekräfte befinden, die fern der Heimat nahezu rund um die Uhr tätig sind und welchen Problemen und Belastungen sie ausgesetzt sind. Auch die Überforderung der Angehörigen ist sehr eindrücklich am Beispiel von Huberts Tochter beschrieben. 

    Absolute Leseempfehlung für dieses wunderbare Buch, das bereits jetzt zu meinen diesjährigen Lesehighlights gehört und mich noch lange beschäftigen wird!
    26 bis 50 von 294 Rezensionen
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