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    SusanK Top 100 Rezensent

    Aktiv seit: 22. Februar 2017
    "Hilfreich"-Bewertungen: 12
    164 Rezensionen
    Leichenstarr an der Bar Joost Jensen
    Leichenstarr an der Bar (Buch)
    04.08.2024

    Offenbar nicht meins...

    In der Nähe des friesischen Dorfes Sünnum soll eine klimaneutrale Ferienanlage entstehen und die Repräsentantin der "Friesenklima" Unternehmung wirbt bei den Dorfbewohnern für Investitionen in das Projekt. Doch dann stirbt der Umweltaktivist Enno in den Armen der Friesenbrauerin und sie macht sich darin, seinen Tod und vor allem seine rätselhaften letzten Worte zu entschlüsseln, die im Zusammenhang mit der Friesenklima zu stehen scheinen...

    "Leichenstarr an der Bar" ist bereits der dritte Band aus der Reihe um die Friesenbrauerin Gesine Felber von dem norddeutschen Autor Joost Jensen, der sich problemlos ohne Vorkenntnisse der vorhergehenden Bände lesen lässt.

    An erster Stelle steht hierbei das Setting - Jensen will - nicht nur mit ostfriesischem Schnack und derbem Humor - Fans der Küstenkrimis ansprechen, was fraglos gelingt. Leichte Schreibweise und unkomplizierte Unterhaltung gehen Hand in Hand. Den im Klappentext versprochenen "nordisch-derben Humor" habe ich nicht entdeckt, dann schon eher "haarsträubender Klamauk".

    Mit der Krimihandlung selbst konnte ich nicht wirklich warm werden. Gesines Herumschnüffeln ohne Struktur und sehr zum Leidwesen der Polizei , die - in Gestalt ihrer Tochter - doch im Hintergrund steht, war ohne große Spannung und sorgte nicht nur bei den betroffenen Figuren für Ärger; mir fehlte hier doch einiges an Logik und Tiefgang. Das Ende konnte mich nicht überraschen.

    DIe Figuren waren recht klischeehaft und sehr eindimensional gezeichnet. Möglicherweise sind sie den Leser*Innen der ersten beiden Bände bekannter, ich hätte mir das ein oder andere Mal doch mehr Informationen gewünscht. So ist mir leider keine ans Herz gewachsen.

    Mich hat "Leichenstarr an der Bar" leider enttäuscht, aber ich bin sicher, dass die Friesenbrauerin ihre Fans findet, die in ihr die perfekte Urlaubslektüre sehen.
    Signum John Ajvide Lindqvist
    Signum (Buch)
    28.07.2024

    Außergwöhnlicher Schweden-Thriller, 2. Teil

    Kim Ribbing hat seinen früheren Peiniger, den Psychiater Martin Rudberg, entführt um zu verstehen, warum dieser, angeblich aus Forschungsgründen, Kinder und Jugendliche foltert. Seine Freundin Julia Malmros recherchiert unterdessen im rechten Milieu und legt sich dadurch mit mächtigen Gegnern an. Doch die Dinge laufen aus dem Ruder und die Situation erscheint ausweglos…

    Der schwedische Schriftsteller John Ajvide Lindqvist legt nach „Refugium“ nun mit „Signum“ den zweiten Band seiner großen „Stormland“-Reihe vor, auch als „Mittsommer-Trilogie“ bekannt. In diesem Fall kann ich nur dazu raten, die Bücher in der erschienenen Reihenfolge zu lesen, da sich Handlung und Charakter immer weiter aufbauen und es eine Menge an Bezügen untereinander gibt.

    Lindqvist wurde weltwelt bekannt durch seine Bücher aus dem Bereich der Horror-Literatur, und so verwundert es auch nicht, dass seine Figuren unheimlich sind und die Handlung einiges an Brutalitäten aufweist, die nichts für zartbeseitete Leser sind.

    Das Setting von „Signum“ liegt in Stockholm, wo der Autor zeitlebens zuhause war, und es finden sich zahlreiche Ortsnamen wider. Grundsätzlich störten diese Details nicht; für Ortskundige sind dagegen Orte wie „Gamla Stan“ ein Begriff.

    John Ajvide Lindqvist schreibt flüssig, sehr anschaulich und detailreich, mit fein dosiertem Humor und zieht seine Leser*Innen fest in seinen Bann. Darüber hinaus gelingt ihm das Kunststück, trotz mehrerer „Fälle“ in einem Buch und einiger kleiner Nebenschauplätze (genannt werden soll hier die vorsichtig beginnende Beziehung zwischen Julias Ex-Mann Jonny Munther und seiner Kollegin Moa Malmberg) niemals den Blick auf den roten Faden zu verlieren und die Spannung durchgehend zu halten. Dies ist umso bemerkenswerter, als ich oftmals bei einem „zu viel“ an Privatleben das Interesse verliere, was hier absolut nicht der Fall ist; im Gegenteil ist hier die Spannung auch außerhalb der dramatischen Entwicklung stets hoch.

    Lindqvist thematisiert aktuelle Problematiken wie rechte Gesinnungen, Veganismus und (militante) Tierschützer ohne erhobenen Zeigefinger, aber dafür auch ihre Gegenpole.

    Besonders hervorzuheben ist Lindqvists Ausarbeitung der Figuren. Diese sind bis hin zu den Nebenfiguren echt, lebendig und auf ihre besondere Art authentisch. Die mehrdimensionalen Charaktere entwickeln sich auch weiter und ich hatte viel Vergnügen, ihre Beschreibungen zu verfolgen. Dabei mag nicht jede einzelne Figur Sympathien erwecken, hat doch jede mehr oder weniger große Schwächen – dennoch faszinierten sie mich auf besondere Weise und ich habe ihre Handlungen gleichwohl mit größtem Interesse verfolgt, sei es der autistisch agierende Kim, die unsicher wirkende Julia, der in Liebesdingen unerfahrene Jonny und viele weitere.

    Zuletzt bleibt noch zu erwähnen, dass selbst die die Computer-Angelegenheiten so beschrieben werden, dass sie auch für Laien problemlos nachvollziehbar sind.

    Zusammengefasst haben mich die ersten beiden Bände der als „Bestseller aus Schweden“ bezeichneten Reihe rundum begeistert durch den klug konstruierten Plot, die besonderen Figuren und die mit scharfen Blick geschilderten Kleinigkeiten.

    Eine Triggerwarnung ist aber angebracht, denn die Themen Gewalt und Folter, Kindesmissbrauch, insbesondere von Missbrauch Schutzbefohlener sowie Sex können problematisch sein. (Wobei diese nur sehr kurz erwähnt werden und wichtig für den Fortgang der Handlung sind.)

    „Elysium“, der dritte Fall für Julia Malmros und Kim Ribbing aus der Spannungstrilogie „Stormland“ ist erst für den 10. Juli 2025 angekündigt – und ich warte sehnlichst darauf!
    Die Löwin von Jerusalem Ruben Laurin
    Die Löwin von Jerusalem (Buch)
    28.07.2024

    Eine einzigartige (Liebes-) Geschichte

    Bathseba ist 16 Jahre alt, als sie den HIrten David vor einer Löwin rettet und sich beide ineinander verlieben. Seinen Heiratsantrag lehnt ihr Vater aber ab, weil er Bathseba bereits dem brutalen Offizier des Königs Sauls, dem Hethiter Uriah, versprochen hat. David steigt zum Krieger (und besiegt den Riesen Goliath) und König Jerusalems auf, doch die in ihrem Ehe-Martyrium gefangene Bathseba kämpft für eine gemeinsame Zukunft mit David ....

    Der für seine historischen Romane preisgekrönte deutsche Autor, der unter dem Pseudonym Ruben Laurin schreibt, hat das elfte Kapitel des zweiten Samuelbuches des Alten Testaments bzw. den weltbekannten Song "Halleluja" von Leonard Cohen, der eben jenes Thema aufgreift, als Grundlage für einen außergewöhnlichen Roman genommen, in dem er die gefährliche LIebschaft von Bathseba und David spannend erzählt.
    Die biblische Geschichte und die realen Personen der Weltgeschichte und vor allem ihre Kämpfe hat Laurin mit fiktiven Figuren und Ereignissen stimmig ergänzt zu einem Sittengemälde des Palästinas um 1000 v. Chr.

    Der auktoriale Erzählstil weist durchaus ungewöhnliche Elemente auf, in denen der Leser direkt angesprochen wird ("Schau nur ....", "siehst du...") und so eine besondere Athmosphäre schafft. In den drei Büchern "Der HIrte", "Der Krieger" und "Der König" berichtet der Autor vordergründig vom Leben des Davids, doch im Mittelpunkt steht Bathseba, eine außergewöhnlich starke Frau, die mit Mut, Geschick und Power ihren Weg geht und die trotz der Sitten ihrer Zeit, erschreckender Misogynie und ihrem brutalen Ehemann niemals die Hoffnung aufgibt. Ruben Laurin hat einmal mehr hervorragend recherchiert, um seinen Leser*Innen ein genaues geschichtliches Bild zu vermitteln. Der Schreibstil ist flüssig und unterhaltsam und die brutalen und erotischen Szenen sind auf das Notwendige begrenzt - und dabei dennoch nichts für Zartbesaitete. Obwohl die biblische Geschichte meist bekannt ist, schafft Laurin eine wunderbare Spannungskurve und ich mochte das Buch nicht mehr aus der Hand legen. Einzig die anachronistische Erzählweise mit ihren vielen vor- und rückwärtsgerichteten Sprüngen fand ich einigermaßen mühsam nachzuverfolgen.

    Ein besonderes Augenmerk liegt auf den Figuren, die authentisch und vor allem mehrdimensional gezeichnet sind. Bathseba ist eine leidenschaftliche Frau, die sehr unter den Sitten und Gebräuchen ihrer Zeit leidet und trotzdem voller Stärke ihr Schicksal annimmt. David hingegen ist nicht der strahlende Held, der uns durch seinen Sieg im Kampf gegen Goliath im Kopf ist, sondern er scheint egoistisch, sprunghaft und sehr auf seinen Vorteil bedacht, wenngleich auch sehr gottgläubig. Und natürlich darf bei einer solchen Geschichte auch ein Engel nicht fehlen.

    Ergänzt wird die Erzählung von einer Landkarte, den Lyrics des Cohen-Songs (der mich beim Lesen ununterbrochen begleitet hat), einem Personenregister (mit Unterscheidung der fiktiven Personen), einer Zeittafel und einem Glossar sowie einem informativen Nachwort des Autors, welche alle wertvolle Unterstützung geben.

    Dieser absolut ungewöhnliche historische Roman sticht aus der Masse heraus; ich vergebe fünf Sterne und ich wünsche mir noch weitere Romane dieser Art von Ruben Laurin; gerade, wenn der Fokus auf den starken Frauen der GEschichte liegt. Auch, wenn eine biblische Geschichte den Autor inspiriert hat, kann ich "Die Löwin von Jerusalem" allen historisch interessierten Lesern uneingeschränkt empfehlen.
    Mord auf dem Königssee Felix Leibrock
    Mord auf dem Königssee (Buch)
    23.07.2024

    Krimi mit Schwerpunkt auf der Historie

    Sechs gekreuzigte Ordensbrüder treiben in sieben Ruderbooten auf dem bei Touristen beliebten Königssee - und eine abgetrennte Hand mit einem wertvollen Ring, der zudem verschwindet, geben den Polizeibergführeren Simon Perlinger und Luisa Sedlbauer Rätsel auf. Ihre Ermittlungen fördern viel Grausames zu Tage: HExenprozesse, Exorzismus, ungeklärte Vaterschaften usw. ....

    Mit "Mord auf dem Königssee" legt der erfolgreiche Krimiautor und Seelsorger (!) Felix Leibrock bereits seinen dritten Krimi um den jungen Polizeibergführer Simon Perlinger vor. Dies war für mich die erste Begegnung mit den Berchtesgarden-Krimis und ich konnte dem Fall problemlos folgen.

    Allerdings blieben die Figuren für mich teilweise recht blass, was durchaus an meinen fehlenden Vorkenntnissen des Teams liegen könnte; der Schwerpunkt des Autors liegt auf jeden Fall auf anderen Themen. Für Freunde des Gegend sicher ein absoluter Mehrwert, aber auch sonst kann man sich gut auf die Region einlassen und ein genaues Bild erhalten.

    Felix Leibrock hat viel recherchiert und bringt einen ordentlichen Teil Geschichtswissen in seinen Krimi ein. Manchmal hatte ich das Gefühl, dass die Geschichte Berchtesgardens, die Erzählungen von Klosterleben (und -leiden), Hexenverbrennungen, Exorxismus usw. fast hinter die Krimihandlung zurücktritt. Es wird jedenfalls sehr deutlich, dass der Seelsorger LEibrock hier die ihm wichtigen Themen anspricht und zum Nachdenken anregen will.

    Flüssig und bildhaft (und in manchen Aspekten auch sehr grausam, doch immer dem Thema angemessen) schreibt der Autor in zwei verschiedenen Zeitebenen, die geschickt miteinander verwoben sind. Ort und Zeit sind unter jeder Kapitelüberschrift angegeben, sodass es leicht fällt, sich zurechtzufinden. Nachdem mich anfangs die Fülle an Themen fast überfordert hat, fügen sich letztlich doch alle ineinander und es kommt zu einem logischen Ende, bis zu dem sich die Spannung immer weiter steigert.

    Ein umfangreiches Personenverzeichnis zu Beginn, das mir gute Dienste geleistet hat, und eine grobe Übersichtskarte der Gegend sowie ein Nachwort des Autors mit Literaturangabe runden das Buch ab.

    "Mord auf dem Königssee" ist auf jeden Fall ein eher ungewöhnlicher Krimi, den ich (nicht allzu zart besaiteten Leser*Innen) gerne empfehle.
    Agatha Christie Susanne Lieder
    Agatha Christie (Buch)
    20.07.2024

    Die Queen of Crime als eigene Romanfigur

    Nachdem ihr Ehemann Frederick Alvah Miller bereits früh verstarb und das Geld im Hause Miller knapp war, erzog seine Ehefrau Clarissa ihre Kinder zu selbstbewussten, freiheitsliebenden Menschen. Insbesondere Agatha träumte von einer Karriere als Pianistin und wollte nur einen Mann heiraten, in den sie ernsthaft verliebt war und der ihr ein aufregendes Leben versprach. Doch ihr MusikerTraum zerplatzte und der jungen Frau war kein Mann recht, bis sie - trotz eigener Bedenken - den mittellosen Archibald Christie heiratet. Ermutigt von ihrer Mutter widmete sie sich mehr und mehr dem Schreiben von Kurzgeschichten und wurde von ihrer Arbeit im Lazarett und einer Apotheke animiert, sich auf Krimis zu spezialisieren. Während ihre Schriftstellerkarriere Fahrt aufnahm, erlitt sie zwei schlimme private Rückschläge ....

    Die norddeutsche Autorin Susanne Lieder, spezialisiert auf historische Romane und Romanbiografien, hat hervorragend recherchiert und - eng an Christies Autobiografie angelehnt - eine höchst unterhaltsame Romanbiografie über die herausragende englische Krimi-Autorin Agatha Christie verfasst, die als 21. Band in der Reihe "Mutige Frauen zwischen Kunst und Liebe" erschienen ist.

    Als personale Erzählerin schlüpft Lieder in die Rolle der Queen of Crime und bringt ihren Leser*Innen die Gefühlswelt und Gedanken der Schriftstellerin nahe und zeigt sie als lebendige, aufgeschlossene Frau mit großen Träumen und viel LIebe. Und während eine Menge über das Privatleben zu lesen ist, wird auch die Entwicklung von einem schreibenden Mädchen zu einer begnadeten Krimi-Autorin deutlich; insbesondere, wie ihre berühmten Figuren "Hercule Poirot" und "Jane Marple" entstanden sind. (Gerade den französischen Detektiv und seine Ermittlungen aus "Tod auf dem Nil"" und "Mord im Orient-Express" hatte ich bildreich vor Augen bei Agathas entsprechenden Reisen.) Gleichzeitig wird die Person des Archiebald Christie, seine häufige Abwesenheit, sein sprunghaftes Verhalten und ihre gemeinsame Ehe höchst kritisch beleuchtet.
    Quasi nebenbei erstellt die Autorin auch ein Sittenbild der englischen Gesellschaft zu Beginn des 20. Jahrhunderts.

    Naben Agatha ist mir insbesondere ihre Mutter Clarissa ans Herz gewachsen. Ihre fortschrittliche und zugewandte Erziehung und Unterstützung ihrer Kinder empfand ich als absolut begeisternd und vorbildlich.

    Der flüssige und anschauliche Schreibstil machte die Lektüre zu einem unterhaltsamen Vergnügen und obwohl die Randdaten bekannt sind, konnte die Autorin durchaus Spannung schaffen.

    Leider bin ich kein allzu großer Fan des hier angewandten a-chronologischen Erzählmusters. Die Rahmenhandlung beginnt nach dem Tod von Agathas Mutter und den fortfolgenden Ereignissen, springt dann jedoch zur Jugend und früheren Jahren zurück und kommt zwischendurch wieder auf die Rahmenhandlung zurück. In meinen Augen wird hier dadurch keine Dramatik, sondern Verwirrung geschaffen.

    Zu erwähnen ist auch, dass Susanne Lieder sich in ihrer Romanbiografie auf die 20 Lebensjahre der Heldin (die bekanntlich 85 Jahre alt geworden ist) zwischen 1908 und 1928 beschränkt. Auch ihr elftägiges Verschwinden, über das jede Menge Gerüchte im Umlauf waren und sind, wird komplett ausgespart, da Susanne Lieder hierüber keine Fakten bekannt sind und sie sich von Spekulationen fernhalten möchte.
    Ich hätte gerne weiter gelesen und noch viel mehr erfahren, doch das hätte sicher den Umfang dieses Buches gesprengt.

    Ein Nachwort mit weiteren Fakten und wichtigen Informationen der Autorin rundet das Buch ergänzend ab.

    Susanne Lieder ist es perfekt gelungen, mir den Menschen hinter dem Mythos "Agatha Christie" näher zu bringen und ihr hochspannendes Leben unterhaltsam zu schildern. Was für eine humorvolle und überaus interessante Frau Agatha doch gewesen ist, die ihrer Zeit durchaus voraus war und selbst als Romanfigur fungieren könnte! (Insbesondere ihre Reise als alleinstehende Frau nach Bagdad hat mich überrascht.) Ich gebe eine klare Leseempfehlung (nicht nur für Fans der englischen Schriftstellerin) und vergebe 4,5 Sterne.
    Toskanisches Verhängnis Camilla Trinchieri
    Toskanisches Verhängnis (Buch)
    03.07.2024

    Tod einer Witwe - der vierte Fall des Nico Doyle

    Die wohlhabende und unbeliebte Witwe Nora Salviati wird nachts in ihrer Villa tot aufgefunden und ihr wertvoller Schmuck, der im Gartenschuppen in einem Sack Erde versteckt war, ist verschwunden. Mit Nora im Haus war einzig ihre englische Freundin Laetitia Barron, die jedoch der italienischen Sprache nicht mächtig ist - und so bittet der ermittelnde Maresciallo Perillo seinen Freund Nico Doyle, ehemaliger New Yorker Mordermittler, um Hilfe ....

    Die amerikanisch-italienische Autorin Camilla Trinchieri legt mit "Toskanisches Verhängnis" bereits den vierten Kriminalroman um den amerikanischen Ex-Cop Nico Doyle vor, der nach dem Tod seiner Frau ein neues Zuhause in der Toskana gefunden hat, köstliche Gerichte im Restaurant seiner Verwandten kocht und in der Künstlerin Nelli eine neue Liebe gefunden hat. Der Kriminalfall lässt sich sicher auch ohne Vorkenntnisse der Reihe lesen und genießen, jedoch war ich froh, bereits Wissen über die vielen Figuren, ihre Beziehungen zueinander und ihre Entwicklungen zu haben, da sonst sicher die ein oder andere Frage aufgekommen wäre. (So ist mir besonders Nicos erster Freund in der Toskana, Gogol, ans Herz gewachsen, mit dem er meist in der Bar zusammen frühstückt, und der fast ausschließlich mit Dante-Zitaten kommuniziert.)

    Camilla Trinchieri pflegt einen angenehmen Schreibstil passend zum Genre; zahlreiche italienische Ausdrücke (die im Übrigen NICHT übersetzt sind) unterstreichen das Setting. Auf diesem liegt auch der absolute Schwerpunkt der Reihe: Mit bildhaften Landschafts-Beschreibungen, viel italienischer Lebensart und vor allem ausgiebigen Schilderungen köstlicher Spezialitäten und Gerichte schafft die Autorin ein toskanisches Flair.

    Mit der Entdeckung des Mordes zieht Trinchieri ihre Leser*Innen gleich in den Fall hinein; doch trotz einiger Wendungen und Finten bleibt die Spannungskurve eher niedrig bis zur - gut konstruierten - Auflösung am Ende. Sehr viel Privates zahlreicher Figuren, Nebengeschichten und Nico Doyles neuer Beruf in Italien und seine Kochleidenschaft degradieren die Ermittlungen zu einem roten Faden, der im Hintergrund die Episoden zusammenhält, während die Autorin von der Sache abkommt oder sich in Details verliert.

    Während Nico Doyle eine sympathische, mehrdimensionale Hauptfigur abgibt, die sich im Laufe der Zeit weiterentwickelt, bleiben die meisten anderen Figuren eher oberflächlich. Sehr viele geben eher - zugegebenermaßen oftmals liebenswerte - Statistenrollen ab und verwirren durch die bloße Zahl der unterschiedlichen Namen - immerhin findet sich am Ende des Buches ein "Verzeichnis der handelnden Personen", das sehr hilfreich ist.

    Daneben findet sich zu guter Letzt auch das Rezept für "Taglierini alla Nico", so dass wenigstens eine von der Hauptfigur kreierte Speise nachgekocht und gerochen und geschmeckt werden kann.

    Obwohl vieles für einen unterhaltsamen Urlaubs-Krimi spricht, konnte mich dieser vierte Band nicht vollends überzeugen und die Abschweifungen von Camilla Trinchieri verleiteten auch mich immer wieder dazu, nicht bei der Sache zu bleiben.
    Verräterisches Lavandou Remy Eyssen
    Verräterisches Lavandou (Buch)
    23.06.2024

    Nicht lektoriert?

    Die sommerliche Idylle im provenzalischen Lavandou wird jäh unterbrochen, als eine grausam zu Tode gefolterte Frauenleiche aufgefunden wird, deren Kopf an anderer Stelle abgelegt wurde. Der deutsche Rechtsmediziner Leon Ritter unterstützt seine französische Lebensgefährtin Capitaine Isabelle Morell bei den Ermittlungen...

    Der deutsche Autor Remy Eyssen legt mit "Verräterisches Lavandou" bereits den zehnten Fall rund um den sympathischen Rechtsmediziner Leon Ritter vor, der sich auch ohne Vorkenntnis der vorher veröffentlichten Bände lesen lässt.

    Eyssen erzählt in leichtem Stil und kurzen Kapiteln. Die vorherrschende Erzählperspektive wird teilweise unterbrochen von Blicken auf die Entführungen einiger Mädchen, wobei der Autor eine allzu deutliche Schilderung der Folter und des Tötens vermeidet.

    Der Schwerpunkt der Handlung liegt - neben einem durchaus nicht unspannenden Krimi - in einer Schilderung der Landschaft und der sommerlichen Idylle und so entführt der Autor seine Leser*Innen zu einem Kurzurlaub in die Provence, was durchaus gelungen ist. Das Privatleben von Leon, Isabell und deren Tochter Lilou nimmt ebenfalls einen guten Teil ein. Einige Nebenstränge der Handlung wie der Besuch des Französischen Präsidenten im Ferienort, seine heimliche Geliebte oder das Rätsel um Lilous Stalker hängen ein wenig in der Luft und führen auch zu keinem richtigen Ende.

    Die aus den Vorgänger-Bänden bekannten Figuren zeigen zwar keine Entwicklung und sind - wie gerade der Polizeichef - recht klischeehaft, sind aber sympathisch und passen harmonisch in die Handlung.

    So hätte das Buch eine nette Urlaubslektüre (also für den tatsächlichen Urlaub oder einen Fantasie-Ausflug) werden können, wenn es nicht absolut lieblos heruntergeschrieben und sehr schlecht (oder gar nicht?) lektoriert worden wäre! Neben häufigen Wiederholungen verschiedenster Art nerven die zahlreichen Rechtschreib- und vor allem Logikfehler! Während ich normalerweise durchaus wenige kleine Fehler überlese, brachten mich die unzähligen Missgriffe ständig aus der Geschichte heraus und auf die Palme. Ob der Autor sich nicht entscheiden kann, welche Jahreszeit gerade herrscht (zwischen Mai, der Ginsterblüte und Herbststimmung findet sich alles), ausführlich beschreibt, wie in der Bäckerei die Pain au Chocolate auf den Boden fallen, sich Leon dann zwangsläufig für Croissants entscheidet und später seiner Kollegin die für sie gekauften Pain Choc anbietet, der Polizist sowohl Leon in die eine Richtung und gleichzeitig Isabelle in die andere Richtung begleitet, der Mörder ein Pferd auf der Wiese an der Trense ergreift (nicht nur passionierten Reitern fällt auf, wie unsinnig dies ist) und hier nicht weiter aufzuführende häufige Fehler lassen keine gute Bewertung des Krimis zu. Mir ist schleierhaft, wie ein Haus wie der Ullstein-Verlag ein solches Werk auf den Markt bringen kann.
    Das Baumhaus Vera Buck
    Das Baumhaus (Buch)
    16.06.2024

    Zwischen Hype und Hate

    Nachdem Henrik das Ferienhaus seines Großvaters, mit dem ihm viele schöne Erinnerungen verbinden, geerbt hat, beschließen er und seine Frau Nora mit ihrem fünfjährigen Sohn Fynn dort Urlaub zu machen. Doch baut sich von Anfang an eine unheimliche Atmosphäre auf und Henrik kommen bedrohliche Erinnerungen an seine Kindheit, als er ein Baumhaus im Wald entdeckt. Alles eskaliert, als Fynn verschwindet und Nora eine Affäre und einen Stalker gesteht ...

    "Das Baumhaus" ist der aktuelle Thriller der deutschen Autorin Vera Buck, die bisher Bücher in unterschiedlichen Genres veröffentlicht hat.

    Erzählt wird die Geschichte aus den unterschiedlichen Perspektiven von Nora, Henrik, Marla (einem vor langer Zeit entführten Mädchen) und Rosa, einer jungen Frau, die sich der forensischen Biologie verschrieben hat und von der Polizei um Mithilfe gebeten wird. Grundsätzlich mag ich diese Erzählart, da es beim Lesen so ein umfassendes Bild von der Situation aus verschiedenen Perspektiven gibt und auch die Figuren noch einmal genauer beleuchtet werden. Während Henrik, Nora und Rosa aus der Gegenwart berichten, erzählt Marla von Geschehnissen vor langer Zeit.

    Der Schreibstil von Vera Buck ist flüssig; dennoch bin ich nur schwer in die Erzählung hineingekommen, da das erste Drittel aus den unzusammenhängenden Perspektiven bestand, die ich nicht bis wenig verbinden konnte und die auch inhaltlich eher ohne weitere Spannung waren. Lediglich die Passagen von Rosa, einer etwas kauzigen Einzelgängerin mit einer ungewöhnlichen Passion, zog mich in ihren Bann.

    Zum Glück kam mit der Entführung von Fynn und einer weiteren Leiche dann doch Spannung auf. Immer neue Entdeckungen und Wendungen und das Rätsel um Henriks Lügen schafften nun einen dramatischen Thriller - bis gegen Ende die Auflösung und Motive sich nicht schlüssig ergaben, sondern explizit erklärt werden mussten. Das Element des Stalkers von Nora erschien für mich zu gewollt und blieb etwas haltlos im Raum stehen. Einige Fehler in der Logik und dem Zeitstrahl und vor allem noch offene Fragen nach Abschluss lassen mich einigermaßen ratlos zurück - und so schwanke ich immer noch zwischen Top oder Flop.

    Die Figuren sind unterschiedlich gut dargestellt. Insbesondere Henrik ist mehrdimensional, was seiner Rolle entspricht; seine Frau Nora dagegen empfinde ich als eindimensional - Karrierefrau und unsympathisch, ebenso geht es mir mit Rosas Familie und der Ermittlerin Sara (die eigentlich auch gar nicht ermittelt...). An der meiner Meinung nach interessantesten Figur Rosa, über die ich am liebsten gelesen habe und deren Arbeit im Bereich der forensischen Biologie ich wahnsinnig interessant fand, störte mich allerdings, dass mit ihr die Ansicht kolportiert wird, man müsse schon psychische Probleme haben, um sich mit den Themen rund um den Tod zu befassen.

    Nicht zuletzt finde ich die ständigen Anspielungen auf Bullerbü, Ronja Räubertochter und andere schwedische Stereotype ("hier schließt man seine Türen nicht ab") von an den Haaren herbeigezogen bis überflüssig.

    Selten hat mich ein Buch so zwiegespalten zurückgelassen und ich habe die ganze Bandbreite zwischen Hype und Hate durchlaufen.
    Eine an sich tolle Idee wurde meiner Meinung nach nicht befriedigend umgesetzt - und so bleibe ich bei der Bewertung auch in der MItte mit drei Sternen.
    Blutroter Main Christina Wermescher
    Blutroter Main (Buch)
    16.06.2024

    Spannendes Verwirrspiel mit tougher Ermittlerin

    Der Bayreuther Politiker Märker will Bürgermeister werden, doch gerät er ständig mit den Umweltschützern aneinander, deren Aktionen ihn sogar zum Opfer werden lassen. Als eine Leiche gefunden wird, steht Märker natürlich schnell unter Verdacht ....

    "Blutroter Main" ist der zweite Fall um die Bayreuther Hauptkommissarin Mira Streitberg; er lässt sich problemlos genießen auch ohne Vorkenntnis des Auftaktbandes "Die Toten von Bayreuth", was den Genuss jedoch noch steigern könnte.

    Das Setting dieser Reihe liegt in der oberfränkischen Stadt (um Umgebung) Bayreuth wohltuend abseits der bekannten Wagner Anspielungen.

    Die Autorin Christina Wermescher pflegt einen locker leichten Schreibstil, der sehr unterhaltsam ist und schnell zu lesen. In diesem ZUsammenhang sind auch die knackig kurzen Kapitel und die eher wenigen 256 Seiten zu nennen. Trotzdem - und der Einteilung des Buches in das Genre "Regionalkrimi" - ist das Buch keinesfalls flach und die Handlung sehr gut ausgearbeitet. Wermescher überzeugt durch immer neue Wendungen und dramatische Ermittlungen und so blieb es spannend bis zum Schluss. Die durchaus überraschende Aufklärung ließ keine Fragen offen.

    Sehr gefallen hat mir, dass die Autorin sich nicht scheut, aktuelle Themen wie die Aktionen der Umweltschützer sowie das Taktieren der Politiker anzugehen ohne jedoch eine Wertung abzugeben. Im Gegenteil ist vieles mit einem Augenzwinkern und einer guten Prise Humor dargestellt.

    Die Figuren sind gut ausgearbeitet und auch eine Entwicklung ist zu erkennen. Insbesondere die toughe Ermittlerin Mira, die durchaus auch Selbstzweifel hat, aber trotzdem ihren Weg geht, ist mehrdimensional dargestellt und gibt ein starkes Frauenbild ab. Ihre Liebesgeschichte mit ihrem Chef Nils bleibt angenehm im Hintergrund und lenkt nicht von der Krimihandlung ab, passt aber zu einem modernen Frauenbild. Interessant fand ich, dass der Hauptkommissarin einmal nicht ein ausgebildeter Partner zur Seite steht, sondern sie unterstützt wird von dem sympathischen Praktikanten Philipp, der nach Abschluss seiner Ausbildung gerne in die Abteilung kommen möchte.

    Mich hat "Blutroter Main" ausgezeichnet unterhalten und ich freue mich auf die Fortsetzung der Reihe, die (hoffentlich) 2025 erfolgt.
    Weißglut Tobias Quast
    Weißglut (Buch)
    24.05.2024

    Reise nach Finnland

    Sarah Fuchs, Mitglied der Münchner High Society, flüchtet nach einem medienwirksamen Seitensprung ihres Mannes nach Finnland, wo sie ein luxuriöses Ferienhaus gemietet hat. Bei ihrer Ankunft irrt sie jedoch im Haus und zieht irrtümlich ins Haus ihres Nachbarn Matti ein, den sie am nächsten Morgen ermordet auffindet und setzt damit die Gerüchteküche in Gang: sie sei nicht nur die Mörderin, sondern auch die Geliebte Mattis gewesen. Mit wenig Vertrauen in die Polizei beginnt Sarah selbst mit der Mördersuche, an ihrer Seite ihre Zufallsbekanntschaft Ilvi,,,

    "Weissglut" ist der neueste Roman des mit einer Finnin verheirateten deutschen Schriftstellers Tobias Quast, dessen zweite Heimat Helsinki geworden ist und der viele finnische Eigentümlichkeiten hier eingearbeitet hat wie die Liebe für Lakritz, Kaffee und saunaolut – Saunabier, so dass das Setting in "Weissglut" sehr authentisch wirkt.

    Quast erzählt in lockerem Schreibstil seine Geschichte, die sich leicht weglesen lässt und zeigt dabei auf, wie leicht Menschen mit Verleumdungen und Gerüchten dabei sind.

    Dabei wechseln sich die Sichtweisen aus drei Perspektiven ab: das Geschehen wird aus dem Blickwinkel von Sarah, dem (unbekannten) Mörder und dem autistischen Studenten Onni präsentiert, die alle - wirklich oder nachgesagt - nach einer wertvollen Statue suchen, was zu recht verrückten Situationen führt. Und so musste ich manchmal laut auflachen oder zumindest schmunzeln.

    Ich brauchte ein wenig, um mich in das Buch einzulesen und die Spannungskurve ist durchgehend niedrig. Trotzdem lässt sich miträtseln und der Autor führt seine Leser*Innen auf immer neue Fährten und überrascht durch unerwartete Wendungen.

    Die Figuren wirken sehr authentisch und man meint direkt, viele persönlich zu kennen. Nicht nachvollziehen konnte ich jedoch, dass Sarah ausschließlich in hohen Designerschuhen durchs Leben (und den Wald) stöckelt; und von den Ermittlungen der Polizei liest sich eigentlich gar nichts, außer des besonderen Interesses des finnischen Ermittlers für die deutsche Sarah. Interessanterweise fand ich die weiblichen Figuren sympathischer als die männlichen.

    Insgesamt hat mich "Weissglut" gut unterhalten und mir hat die Reise nach Finnland gefallen.
    (3-4 Sterne)
    Südlich von Porto wartet die Schuld Mariana da Silva
    Südlich von Porto wartet die Schuld (Buch)
    13.05.2024

    Tod eines Richters

    Die Deutsch-Portugiesin Ria Almeida wagt den Umzug nach Torreira im portugiesischen Distrikt Aveiro. Während sie noch bei ihrer Cousine Mariposa und deren Mann, dem Dorfpolizisten João Pinto, wohnt und als Schreibkraft in der Polizeidienststelle angestellt ist, wird in den Dünen ein Richter tot aufgefunden. Als Comisario Baptista zu dem Fall hinzugerufen wird, stellt sich heraus, dass dieser Richter gerade in einem Prozess gegen das Organisierte Verbrechen verhandeln sollte. Ria und Baptista ermitteln gemeinsam - und auch privat gibt es einiges zu klären ....

    "Südlich von Porto wartet die Schuld" ist der zweite Roman der freischaffenden Autorin und Redakteurin Mariana da Silva, die portugiesische Wurzeln hat, der sich problemlos ohne Kenntnis des ersten Bandes "Südlich von Porto lauert der Tod" lesen lässt; wenngleich er auch ein paar Anspielungen auf den Vorgänger beinhaltet. Die Romane gehören zu der Ullstein-Verlags-Reihe "Mord im Paradies", bei der die Leser*Innen Ermittler*Innen nicht nur bei spannenden Ermittlungen begleiten, sondern in denen es auch gleich Urlaubsgefühle mit dazu gibt.

    Bereits das Cover zeigt - neben einem Meeres-Stilleben - die für Portugal so typischen Azulejos, quadratische, bunt bemalte Keramikfliesen. Diese zieren auch die einzelnen Kapitelüberschriften, die aus einem Portugiesischen Wort und einer ergänzenden (!) deutschen Beschreibung bestehen und so schon gleich für das entsprechende Portugal-Feeling sorgen.

    Natürlich spielt Lokalkolorit eine wichtige Rolle in diesem Buch; man merkt beim Lesen sofort, dass die Autorin sich in der Region auskennt und mit viel Liebe sowohl die wunderschönen Landschaften und Orte sowie die kulinarischen Genüsse beschreibt. So lässt es sich leicht in die Urlaubskulisse träumen. Der mahnende Finger in Bezug auf Umweltschutz ist durchaus gegeben, fügt sich aber nahtlos in die Handlung ein.

    Mariana da Silva schreibt mit leichter Hand und in einem gemächlichen Erzähltempo mit viel Sinn für Details. Die Spannungskurve ist einem Urlaubskrimi angemessen und findet nach einigen Wendungen am Ende eine befriedigende Auflösung, in der alle offenen Fragen beantwortet werden.

    Die Figuren wirken authentisch und glaubwürdig; sie sind mehrdimensional und haben trotz aller Sympathie auch ihre Ecken und Kanten. Großen Wert legt die Autorin eben auch auf das Zwischenmenschliche und das Privatleben der Ermittler, die sich nahe stehen oder nahe kommen und wo die Familie einen besonderen Stellenwert einnimmt. Für mich war das Verhältnis zwischen Krimi und portugiesischem Flair absolut ausgewogen, wie man es bei einem Urlaubskrimi erwarten kann.

    Mich hat "Südlich von Porto wartet die Schuld" gut unterhalten und an unvergessliche Tage in Aveiro erinnert. Ich freue mich schon auf den nächsten Fall mit Ria Almeida und Baptista und bin gespannt, wie sich ihr Verhältnis weiter entwickeln wird.
    Evas Rache Thomas Ziebula
    Evas Rache (Buch)
    13.05.2024

    Herausragend

    Im Jahr 1922 herrscht in Leipzig Ausnahmezustand, denn die Technische Messe zieht Besucher aus aller Welt an. Der erfolgreiche Münchner Professor Armin Dorn will seine bahnbrechende Erfindung zur Lebensmittelkonservierung vorstellen. Doch genau jetzt geht in der Stadt der als "Bestie von Leipzig" titulierte Frauenmörder um und Kommissar Paul Steiner und seine Kollegen tappen im Dunklen; erst als die junge Frau Dorn verschwindet, scheint sich eine Spur aufzutun. Doch welches Motiv hat der vermeintliche Lustmörder wirklich? Und ist Eva-Maria Dorn wirklich nur unschuldiges Opfer? ....

    In seiner Reihe um den durch den Ersten Weltkrieg schwer traumatisierten Kommissar Paul Stainer legt der freischaffende Autor Thomas Ziebula nun mit "Evas Rache" den vierten Band vor, der leider auch der letzte sein soll, was ich sehr bedauere. Man kann diesen vierten Band problemlos alleine lesen - wodurch dem Leser oder der Leserin nur der Genuss der tollen Charakterentwicklungen entgeht und weitere spannende Geschichte.

    Im Mittelpunkt dieses außergewöhnlichen Kriminalromans, der auf ansprechende Weise in auktorialem Erzählstil verfasst ist, steht die junge Eva-Maria Dorn und nach ihrer Entwicklung sind auch die drei Teile des Buches benannt: Dornröschens Ende, Marias Höllenfahrt und Evas Auferstehung. Und wenn Ziebula auch regelmäßig den Blick wechselt zwischen Eva, Stainer und dem soeben aus der Kriegsgefangenschaft entlassenen Nakaski, gelang ständig eine sichere und kristallklare Zuordnung des Geschehens, das immer neue Wendungen aufnahm. Die Spannung blieb auf hohem Niveau und überzeugte mich durch einen raffiniert angelegten Plot, der alles andere als gewöhnlich ist.

    Die Figuren sind mehrdimensional und entwickeln sich im Laufe der Handlung auf beeindruckende Art; dabei ist ihr Handeln absolut authentisch und immer nachvollziehbar und durch ihr Agieren wird die historische Zeit sehr deutlich und nahbar zum Ausdruck gebracht. Selbst die aus den vorhergehenden Büchern bereits bekannten Nebenfiguren sowie die hier neu auftretenden sind mit vielen Details ausgestattet.

    Und gerade dies schätze ich bei Thomas Ziebula im besonderen: Er hat - nicht nur über die Polizeiarbeit in der Weimarer Republik - akribisch recherchiert und setzt seine Begeisterung für die Deutsche Zeitgeschichte großartig um. So lebensnah und anschaulich werden auch die zweifelhaften Seiten der Zwanziger Jahre des letzten Jahrhunderts, die uns meist nur als "die goldenen Zwanziger" präsentiert wird, selten geschildert. Die Nachwehen des Ersten Weltkrieges in ihrer Brutalität, der Wirtschaftsaufschwung, aber auch der immer stärker um sich greifende Nationalsozialismus mit seinen Fanatikern ist Geschichte pur und passt perfekt zu dem brisanten Kriminalfall. Dass Ziebula die Erfindung des Gefrieren von Lebensmitteln zur Haltbarmachung - eigentlich von einem kanadischen Wissenschaftler entdeckt - dem fiktiven Unternehmer und Forscher Armin Dorn andichtet, verzeihe ich gerne. Ergänzen möchte ich an dieser Stelle auch die vielen zeitgeschichtlichen Details, die in die Handlung einfließen wie natürlich die Technische Messe Leipzigs, eine der ältesten Messen der Welt, das Turn- und Sportfest 1922, die "Leipziger Lerchen", eine Zubereitung von Singvögeln, die schon im 19. Jahrhundert verboten wurde und aus denen das heute bekannte Gebäck hervorgegangen ist und vieles mehr. Und auch das aufgezeigte Frauenbild von vor über 100 Jahren ist erwähnenswert.

    Deutsche Geschichte, ein spannender, gut konstruierter Krimi mit überraschenden Wendungen und nicht zuletzt Begeisterung für die sächsische Stadt Leipzig mit ihrer Vergangenheit sowie toll herausgearbeiteten Figuren - davon möchte ich noch viel mehr! Mit einem lachenden Auge (wegen des herausragenden Krimis) und einem weinenden (weil Paul Stainers Reise nun zu Ende geht) kann ich diesen Kriminalroman nur wärmstens empfehlen! Und ich hoffe, bald wieder Neues von Thomas Ziebula lesen zu dürfen.
    Azzurro mortale Andrea Bonetto
    Azzurro mortale (Buch)
    28.04.2024

    Spannender Krimi mit Verbindung zur Morandi Brücke

    Kaum erhält Commissario Vito Grassi Besuch von seiner Frau und seinem Sohn in seinem geerbten Rustico in Levanto, wird in Corniglia - dem kleinsten Dorf der Cinque Terre - eine Leiche angeschwemmt. Grassi, der zunächst als einziger von Mord ausgeht, beginnt zu ermitteln und stößt bald auf Verbindungen zum Einsturz der Morandi-Brücke in Genua vor sechs Jahren ....

    Wohingegen inzwischen viele Deutsche Autoren Urlaubskrimis schreiben und ihre Leser*Innen an viele wunderschöne Orte, an denen grausame Verbrechen geschehen, entführen, überzeugt nun der italienische Autor Andrea Bonetto mit einer Krimi-Reihe, die an der bilderbuchhaften Kulisse des Cinque Terre angesiedelt ist. Der zweite Band "Azzurro Mortale" lässt sich auch ohne Kenntnis des ersten FAlles problemlos lesen - allerdings habe ich große Lust bekommen, dieses Manko zu schließen.

    Bonetto überzeugt zunächst einmal mit dem gewählten Setting und fängt den Charme der malerischen Landschaft, des Essens und der Kultur des Cinque Terre ein.

    Der gut zu lesende Schreibstil ist geistreich und humorvoll, die Geschichte hat einen guten Spannungsbogen, der mit vielen Wendungen und immer neuen Details über eine wilde Verfolgungsjagd zu einer überraschenden Lösung kommt.

    Besonders gut gefällt es mir, wenn Bücher aufsehenerregende Ereignisse aus der Vergangenheit aufgreifen und diese wieder ins Bewusstsein rufen sowie Skandale aufdecken. Hier hat der Autor gut recherchiert über den Einsturz der maroden Autobahnbrücke 2018, der Morando-Brücke in Genua, mit der nicht zuletzt auch der Benetton-Konzern in Verbindung gebracht wird. In einem Nachwort gibt der Autor hierzu auch weitergehende Informationen.

    Die Hauptfigur des Commissario Vito Grassi ist mehrdimensional; authentisch und mit Ecken und Kanten; und wenngleich ich auch nicht immer mit seinen Handlungen einverstanden bin, möchte ich den liebenswerten Commissario sehr. Seine privaten Probleme sind erfrischend anders als die immer wieder in Krimis auftauchenden Alkoholprobleme und das Einzelgängertum der Ermittler und lenken keinesfalls von der eigentlichen Handlung ab.

    Bemerkenswert ist, dass Bonetto viele selbstbewusste, starke Frauen Grassi zur Seite stehen, wie Toni, seine Mitbewohnerin im Rustico, seine junge Partnerin Marta Ricci oder die strenge Questorin Dies hatte ich so nicht erwartet und gibt weitere Pluspunkte!

    Ich freue mich, diese tolle Reihe entdeckt zu haben und bereits jetzt auf die Fortsetzung und den nächsten Fall des Commissario Grassi!

    PS: Ein besonderes Schmankerl ist das Rezept für "Testaroli", die älteste Pasta Italiens, die ich sofort nachmachen musste!
    Die kleine Gärtnerei in den Highlands Rachael Lucas
    Die kleine Gärtnerei in den Highlands (Buch)
    28.04.2024

    Einfach gut unterhalten mit tollem Setting

    Jack MacDonald, selbst mit einer düsteren Vergangenheit belastet, soll im Dörfchen Applemore in den schottischen Highlands ein Outdoor-Camp für benachteiligte Jugendliche errichten, wovon die Einheimischen nicht gerade begeistert sind, allen voran Beth Fraser. Ihr ist es gelungen, nach ihrer Scheidung als alleinerziehende Mutter von Zwillingen erfolgreich eine Gärtnerei zu etablieren und fürchtet nun neue Probleme auf sich zuzukommen. Dennoch kommen die Beiden sich näher ...

    Die britische Autorin Rachael Lucas legt mit "Die kleine Gärtnerei in den Highlands" den zweiten Band ihrer Familiensaga über die Erben des Herrenhauses "Appleton" vor. Dieser zweite Teil lässt sich auch ohne Kenntnis des ersten Bandes gut lesen, da alle Familienmitglieder und Wichtiges aus der Vorgeschichte harmonisch in die Story eingeflochten sind.

    Die Autorin ist selbst in den schottischen Highlands aufgewachsen und ihre Liebe zu diesem Land und seinen charismatischen Bewohnern spricht aus jeder Zeile. Ein besonderer Genuss für alle "Alba"-Fans und solche, die es werden wollen!

    In locker-leichtem Schreibstil schafft Lucas eine absolute Wohlfühlatmosphäre und nimmt ihre Leser*Innen mit zu einer gemütlichen Romanze. Wirklich Spannung kommt nicht auf und das Ende ist vorhersehbar, dennoch wurde mir die Lektüre nie langweilig, sondern ich fühlte mich angenehm unterhalten.

    Positiv empfand ich den Familienzusammenhalt der Erben von Appleton und dass mit Beth Fraser eine starke Frau im Mittelpunkt der Erzählung steht, die trotz aller Rückschläge mutig ihren Weg geht und dabei auch anderen weiblichen Figuren Mentorin und Vorbild ist. Rachael Lucas scheut auch nicht davor, brisante Themen anzusprechen wie zum Beispiel das der Jugendkriminalität und Wege dorthin.

    Die Figuren sind authentisch geschildert und sehr sympathisch, was mich mit ihnen mitfiebern und mitleiden ließ.
    Die einzelnen Kapitel sind aus einer personalen Erzählperspektive abwechselnd aus der Sicht von Beth und Jack geschrieben, so dass sich ihre Wahrnehmungen und Annäherungen gut nachvollziehen lassen.

    Insgesamt ist "Die kleine Gärtnerei in den Highlands" eine charmante Geschichte, die ohne großen Anspruch das tut, was sie soll: einfach gut unterhalten und mit einem schönen Setting überzeugen.
    Nachspielzeiten Lucas Vogelsang
    Nachspielzeiten (Buch)
    28.04.2024

    Geschichten hinter den Geschichten

    Wer kennt Ioannis Topalidis, die Stimme von Otto Rehhagel bei den Griechen?
    Wer erinnert sich noch an den witzigen Mehmet Scholl als Kommentator in den Öffentlich Rechtlichen Medien und seinen wenig glanzvollen Untergang? Welcher Fußballfans möchte seine Stars im Dschungelcamp sehen? War Tim Wiese immer schon mehr Maschine als Fußballtorwart? Wer kennt Christians Fährmann Karriere als DJ nach seiner aktiven Zeit? Wem ist Gasgoignes Alkoholproblem bekannt? Und was wissen Fußballfans über Pélé und Beckenbauer in den USA?

    Der Autor und Journalist Lucas Vogelsang, Fußballfans nicht nur aus dem Magazin für Fußballkultur "11 Freunde" bekannt, widmet sich in seinem neuesten Buch "Nachspielzeiten" wieder einmal besonderen Legenden des Lieblingssport. Dabei beleuchtet er die Geschichte hinter den Geschichten, hat gut recherchiert und erzählt seinen Leser*Innen von den Storys abseits des Fußballplatzes und nach den Karrieren der großen Spieler. Für mich als Fan wurden so nicht nur viele Erinnerungen wach, sondern diese wurden ergänzt durch in Vergessenheit geratene und viele neue Informationen.

    Die kleinen und großen Dramen sorgen dabei von selbst für Spannung und meine Neugier konnte durchaus befriedigt werden.

    Enttäuscht hat mich allerdings der Schreibstil, der an die Boulevardpresse erinnert und bei jedem Deutschlehrer den Rotstift zum Glühen gebracht hätte. Da habe ich tatsächlich mehr erwartet, denn die "11 Freunde" lese ich gerne.

    Dennoch sind die "Nachspielzeiten" ein Muss für jeden Fußballfan - und zeigen eben auch die Krisen neben den schillernden Stars des König Fußballs.

    Das Mädchen mit dem Porzellangesicht Simone Keil
    Das Mädchen mit dem Porzellangesicht (Buch)
    22.04.2024

    Viele Ideen - viele Fragen

    1888. Der Puppenmacher Kazuki Kobayashi hat einst einen Vertrag mit einem dubiosen Advokaten geschlossen, der ihm Ruhm und Ansehen bringen sollte - doch nun muss er seine Tochter Miyo verstecken und fertig für sie eine Porzellanmaske an. Obwohl Miyo dadruch zu einer Außenseiterin wird, geht sie mutig und entschlossen ihren Weg auf der Flucht vor dem Bösen.

    Die deutsche Autorin Simone Keil hat mit ihrem Fantasy-Roman "Das Mädchen mit dem Porzellangesicht" eine Geschichte erschaffen, die sich sicherlich in die Untergruppe des "Steam Punk" einordnen lässt durch die Robotermenschen mit Künstlicher Intelligenz, die sich im England des 19. Jahrhunderts herumtreiben.

    Angezogen von dem wirklich wunderschönen Cover habe ich mich an ein für mich nicht gerade im Zentrum stehendes Genre herangewagt - und muss zugeben, dass ich von dem Buch hin- und hergerissen bin und ich mich schwer tue mit einer Bewertung.

    Simone Keil hat einen sehr düsteren und melancholischen Roman erschaffen. Sie spricht unglaublich viele Themen und Gedanken an, die es wert sind, darüber nachzudenken. Insbesondere die Außenseiterrolle von Miyo, die durch ihren Vater in ein (zu) schweres Leben entlassen wird, rührte mich. Allerdings musste ich feststellen, dass im Laufe der Zeit viele und immer neue Fragen für mich aufgeworfen wurden, für die ich keine Antworten fand. Viele Ansätze blieben in ihren Anfängen und so fehlte mir insgesamt die Tiefe.

    Die Figuren sind mehrdimensional angelegt und bleiben oft geheimnisvoll und wie hinter einer Maske schwer durchschaubar.
    Der Spannungsbogen, ob bzw. wie Miyo dem Vertrag mit dem Advokaten entgehen kann, tritt zurück hinter viele Details und Metaphern; findet jedoch einen sehr schönen Schluss.

    Während die Schwerpunktthemen eine starke Frau, eine Außenseiterrolle, Freunde, Schicksal und das Böse sind, spielen auch Liebe und Sex eine Rolle.

    Für mich blieb beim Lesen der Eindruck an meine Schulzeit zurück, in der Kurzgeschichten (und als solche ist ein Fantasyroman mit nur 224 Seiten ja schon fast zu werten) interpretiert werden mussten, denn viele der von der Autorin erschaffenen Figuren und ihre Verhalten verlangen nach Deutung und Auslegungen und weichen darum vom puren Lesevergnügen ab.
    Ich wurde so mit dem "Mädchen mit dem Porzellangesicht" nicht wirklich warm, aber sicher finden sich andere Fans für dieses Buch.
    Der Sommer, in dem alles begann Claire Léost
    Der Sommer, in dem alles begann (Buch)
    13.04.2024

    Viele Themen angedeutet

    Im kleinen Örtchen Le Bois d'en Haut im Landesinneren der Bretagne treffen drei Frauen aufeinander: Die 16jährige Hélène, die die Weichen für ihr späteres Leben stellt, Marguerite, die elegante Französischlehrerin aus Paris, die heimlich nach ihrer Mutter sucht und die Witwe und Ladenbesitzerin Odette, die in den 40er Jahren als Hausmädchen nach Paris geschickt wurde und von ihrem Dienstherrn vergewaltigt. Zahlreiche Vorurteile und Vermutungen führen schließlich zu einem Todesfall ....

    Die französische Autorin Claire Léost, die bretonische Wurzeln hat, hat für ihren zweiten Roman "Der Sommer, in dem alles begann" 2021 den Literaturpreis der Bretagne erhalten und nun ist dieses Werk auch in der Deutschen Übersetzung erhältlich.

    Mit dem gewählten Setting zeigt die Autorin ihre Verbundenheit zur Bretagne und bringt ihren Leser*Innen mit dem für das Inland des Finistère typischen Ortes Le Bois d'en Haut die Landschaft und die dort lebenden Menschen näher, sowie einen kleinen Teil der Geschichte u. a. mit der Deutschen Besatzung 1940. Die Bezüge zu den Bretonisch-Französischen Spannungen, die alte Sprache usw. waren gut eingebettet.

    Claire Léost schreibt in wunderschöner Sprache und prägnanten Formulierungen, doch seltsam rational, die ständigen Sprünge in der Zeit und zwischen den Figuren erfordern größte Aufmerksamkeit. Nachdem ich anfangs große Schwierigkeiten hatte, mich in die Erzählung einzufinden, war ich jedoch immer mehr gefesselt vom Geschehen.

    Titel und die zu Beginn stattfindenden Beerdigungen bauen eine Erwartungshaltung auf; die Spannungskurve bleibt jedoch relativ flach.

    Die Figuren sind interessant gewählt, leider fehlt ihrer Charakterisierung die Tiefe und ihre Entwicklungen sind nicht nachvollziehbar; die Stimmung ist durchgehend melancholisch bis düster. Teilweise war ich geneigt, Verbindungen zum Expressionismus und Film Noir zu ziehen.

    Alles in allem war das Buch in Ordnung, ich hätte mir jedoch "mehr" gewünscht, als dass zahlreiche Themen nur angedeutet waren.
    Bzgl. der Themen "Vergewaltigung", "Hirntumor", "Ermordungen" möchte ich eine Triggerwarnung aussprechen.
    Loreley - Die Frau am Fluss Susanne Popp
    Loreley - Die Frau am Fluss (Buch)
    07.04.2024

    Die Romantik am Mittelrhein

    In Bacharach am Rhein wachsen zu Beginn des 19. Jahrhunderts die ungleichen Zwillinge Ruth und Juliane (genannt Julie) König auf. Als ihre Mutter, Kräuterfrau und Hebamme, verstirbt, bleibt die blinde Ruth alleine in der verfallenden Burg, Julie muss als Magd in der Wirtschaft ihres Vormunds schuften, wo sie sich mit der durchreisenden Elisabeth Merkens anfreundet. Aufgrund ihrer sagenhaften Schönheit schlägt Julie viel Neid und Missgunst entgegen, auch der örtliche Pfarrer hegt große Abneigung, und so wird sie mit einem älteren Mann verheiratet und muss Bacharach verlassen. Auch der junge Rheinschiffer Johann hat seine Familie verloren, als er Julie kennen- und lieben lernt ....

    Nach ihrer erfolgreichen Ronnefeldt-Saga um die deutsche Tee-Dynastie entführt die Autorin Susanne Popp ihre Leser*Innen an die Ufer des Rheins, den sagenumwobenen Felsen und in die Zeit der Romantik mit ihrer Dilogie der "Loreley", hier "DIe Frau am Fluss".

    Susanne Popp hat sorgfältig recherchiert und so findet sich viel Spannendes und Wissenswertes in einer mitreißenden, fiktiven Handlung. Die historisch bedeutsame Begradigung des Rheins, die mühsame Rhein- und Fähr-Schifffahrt, das Treideln, die Anfänge der Dampfschifffahrt, der beginnende Rhein-Tourismus sowie spannende historische Persönlichkeiten wie Clemens Brentano und Bettine von Arnim sind harmonisch in die Story eingearbeitet und echte Geschichte lässt sich hautnah nacherleben. Die Landschaft des Mittelrheins und das Leben der Menschen vor 200 Jahren sind anschaulich erzählt und bringen den Leser*Innen die Epoche der Romantik näher; passend dazu entwickelt sich eine romantische Liebesgeschichte zwischen Julie und Johann, die ihren dramatischen Höhepunkt ausgerechnet am Felsen der Loreley erlebt.

    Bereits mit dem ersten Kapitel schafft die Autorin ein Rätsel, und viele weitere Geheimnisse sorgen geschickt für Spannung. Leider wird keines in diesem ersten Band gelöst und zusammen mit einem Cliffhänger lässt uns Susanne Popp recht unbefriedigt zurück und in dringender Erwartung des zweitens Teils, der für den Herbst diesen Jahres unter dem Titel "Strom der Zeit" angekündigt ist.

    Susanne Popp erzählt gewohnt flüssig und anschaulich und schafft verschiedene Erzählstränge, die zwischen den Figuren, Ort und Zeit wechseln und gut unterhalten.

    Popp konzentriert sich auf die (emanzipierten) Frauenschicksale im Konflikt mit der vergangenen Zeit und wählt entsprechend ihre Hauptfiguren in den geheimnisvollen Schwestern Ruth und Julie sowie der dieser in Freundschaft verbundenen Elisabeth. (Nicht nur) diese Figuren sind mehrdimensional angelegt und entwickeln sich nachvollziehbar; dabei fühlte ich mich jedoch der stillen Schwester Ruth und dem fleißigen Schiffer Johann stets näher als der schillernden "Frau am Fluss" Julie. Vielen Leserinnen wird die Liebesgeschichte zwischen den Hauptfiguren gefallen.

    Eine Karte des Rheins und ein ausführliches Nachwort der Autorin, in der sie auf wichtige Fragen eingeht, runden das Buch ab.

    Um keine falsche Erwartungshaltung aufkommen zu lassen, möchte ich ausdrücklich darauf hinweisen, dass dieses Buch keinesfalls vom Mythos der Loreley handelt und auf seine Entstehung nicht eingegangen wird.

    Einmal mehr hat die Autorin Susanne Popp mich in eine vergangene Zeit abtauchen lassen; ich habe die wunderschöne Landschaft des Mittelrheins vor meinem inneren Auge abgebildet (da ich lange am Hochrhein zuhause war, wo der Rhein noch ganz anders aussieht) und fühlte mich den Menschen der Zeit nahe. So geht Unterhaltung.
    Caffè sospeso Amanda Sthers
    Caffè sospeso (Buch)
    07.04.2024

    Reise nach Neapel

    Der Franzose Jacques ist seiner großen Liebe nach Italien nachgereist; von ihr enttäuscht, bleibt er in Neapel hängen, bezieht Quartier über dem Café Nube, wo er fortan täglich an einem Tisch sitzend schreibt und zeichnet und das Leben um ihn herum verfolgt. Verbunden sind die unterschiedlichsten Episoden durch eine lokale Besonderheit der neapolitanischen Kultur, dem "caffé sospeso", dem Brauch, außer dem eigenen Kaffee auch einen weiteren Kaffee zu bezahlen. Dieser Kaffee wird vom Barista notiert und auf Nachfrage an einen Bedürftigen ausgeschenkt. Und so sind es Geschichten über Gebende und Nehmende, Aufbrechende und Ankommende, Glücklich und Enttäuschte - und immer Liebende.

    Die französische Roman-, Theater- und Drehbuchautorin Amanda Sthers erzählt in ihrem warmherzigen Roman aus der Sicht eines Mannes von dessen Beobachtungen, wobei man ihr die "männliche Sichtweise" in jeder Beziehung abnimmt. Wie auf einer Theaterbühne erscheinen vor dem Zuschauer Jacques all die Schauspieler im neapolitanischen Café Nube und führen ihre Episoden vor. Es versteht sich von selbst, dass dem Leser dabei einige Erzählungen näher sind als andere, doch jede ergibt ein Teil des Ganzen und keine ist zu viel. Durch Jacques Augen lernen wir Neapel und seine Bewohner immer besser kennen und im Verlauf wächst auch der Erzähler immer mehr ans Herz. Über allem liegt ein Hauch von Nostalgie und Wärme und die verschiedensten Figuren werden voller Liebe beschrieben, oft auch mit einem gewissen Augenzwinkern.

    Dieses unglaublich charmante Buch muss man einfach lieben!
    Die Vermesserin der Worte Katharina Seck
    Die Vermesserin der Worte (Buch)
    03.04.2024

    Der Versuch, nicht Greifbares greifbar zu machen

    Die junge Autorin Ida Hermann leidet unter einer Schreibblockade. An sich und ihren Fähigkeiten zweifelnd, nimmt sie auf der Suche "nach ihren Worten" - und weil ihr das Geld ausgeht - eine Stelle als Haushaltshilfe bei der wortkargen und harschen Ottilie Selig an. Die beiden vordergründig so verschiedenen Frauen verbindet allerdings die Liebe zu Worten und zur Literatur, und Ida stellt sich die Frage, ob man Fantasie und Worte messen kann? Beim Putzen des "papiernen Anwesens" stößt sie auf immer mehr persönliche Dinge der alten Dame und erzählt dieser sodann ihre eigene Geschichte, um die Lücken zwischen den Worten zu füllen und gegen das Vergessen anzukämpfen.....

    Die deutsche Autorin Katharina Seck ist ihren Lesern bekannt als Autorin von Fantasy-Romanen, insbesondere durch die ab 2022 erscheinenden "Dunkeldorn-Chroniken". Ihre Leidenschaft nach Büchern und Worten bringt sie nun mit "Der Vermesserin der Worte" zum Ausdruck und es verwundert kaum, dass auch dieser Roman durchaus ein phantastisches Element enthält: die Waage, mit der sich Worte vermessen lassen, "um nicht Greifbares greifbar" zu machen.

    Katharina Seck erzählt sanft und warmherzig die Geschichte zweier starker Frauen, die - entgegen aller Widerstände - mutig ihren Weg gehen und die die Liebe zur Literatur verbindet, ohne dabei auch nur in die Nähe von Kitsch zu geraten. Mit sanftem, poetischem Schreibstil und den philosophischen Fragen hat mich dieses Buch vollumfänglich in seinen Bann gezogen, und zwar trotz oder gerade weil die Entwicklung der Figuren und der Handlung vorhersehbar waren und die Erzählweise dadurch in den Vordergrund rückte.

    Das Thema "Demenz" mit seinen furchtbaren Auswirkungen wird realistisch, aber behutsam dargestellt; und auch andere schwierige Angelegenheiten wie Einsamkeit, enttäuschte Erwartungen, Misstrauen und weitere werden empowernd behandelt.

    Die Hauptfiguren Ida und Ottilie, aber auch die Postboten Theobald und Matthias sind so liebevoll beschrieben, dass man sie einfach ins Herz schließen muss. Sie sind greifbar mit ihren Problemen und Sorgen und entwickeln sich im Laufe der Geschichte immer weiter.

    Die zahlreich verwendeten Metaphern, die aussagekräftigen Kapitelüberschriften ("Die Reise zu einem papiernen Anwesen", "Eine Frau aus Lavendel und Staub" usw.) verbunden mit hübschen Vignetten tragen ebenfalls zum Lese-Genuss bei.

    "Die Vermesserin der Worte" hat mich tief berührt und hallt noch lange nach. Meine Empfehlung (nicht nur für Buchmenschen):
    Unbedingt lesen!
    Wort für Wort zurück ins Leben Beth Miller
    Wort für Wort zurück ins Leben (Buch)
    19.03.2024

    Aufarbeitung der Vergangenheit

    Pearl lebt mit ihrem Ehemann Denny in einem Cottage mit Privatwald in Frankreich, fernab der Familie. Als ihr Vater, der die Familie früh verlassen hat um mit einer anderen Frau zusammenzuleben und den Kontakt komplett abgebrochen hat, verstirbt, reist Pearl zu seiner Beerdigung, wo sie seine Tagebücher erhält. Da diese in Steno geschrieben sind, macht Pearl sich an ihre Übersetzung und wird gezwungen, sich mit ihrer Vergangenheit auseinanderzusetzen ...

    Die britische Autorin Beth Miller ist Doktorin der Psychologie und und legt mit "Wort für Wort zurück ins Leben" einen Familienroman vor, der zwar fiktiv ist, in dem sie aber durchaus auch Vorkommnisse aus dem echten Leben einfließen lässt. Ihre Profession kommt zum AUsdruck, als ihre Figuren psychologische Hilfe erhalten und ihre Botschaft ist deutlich: Man muss miteinander reden!

    Millers Schreibstil ist leicht und flüssig und das Buch lässt sich als Wohlfühlroman beschreiben. Die personale Erzählperspektive aus Pearls Sicht mit intensiv psychischen Prozessen wird unterbrochen von Kapiteln aus Carries Perspektive und Tagebucheinträgen von Pearls Vater, die teilweise etwas kryptisch anmuten. Im Laufe der Zeit fügen sich die einzelnen Puzzlestücke - und auch die Verbindung von Pearl und Carrie - immer mehr zusammen, bis sich dem Leser ein klares Bild der Geschehnisse in der Vergangenheit darstellt.

    Die Geschichte ist bestimmt durch Enttäuschungen und Verletzungen, Verlassen-Werden, Krankheit, Tod, Traumata und könnte für einige Schicksalsschläge durchaus eine Triggerwarnung gebrauchen, aber letztlich versöhnen Freundschaften, Liebe, Mut und Hoffnung.

    Die Figuren sind authentisch und ihre Probleme und Gedanken nachvollziehbar gezeichnet. Gerade die Mehrdimensionalität und ihre Entwicklungen empfand ich als absolut wohltuend. Gerade Pearl durchlebt eine wahre Heldenreise; sie muss Probleme bewältigen, innere und äußere Schlachten schlagen, auf unerwartete Wendungen reagieren. Und auch, wenn sie vieles dazulernt und sich mit ihrer Vergangenheit und ihrem Vater post mortem aussöhnt, ist das Ende nicht uneingeschränkt ein Happy-End - wahrscheinlich kam da dann noch einmal der psychologische Ansatz zu Tage.

    Mich hat der Roman gut unterhalten und die Figuren und ihre Entwicklungen klingen noch lange nach.
    Liebesmühe Christina Wessely
    Liebesmühe (Buch)
    18.03.2024

    Die Veränderte Rolle der Frau in der Mutterschaft

    Sie hat ein Kind geboren, doch anstatt vor Mutterliebe zu zerfließen und voller Glück ihre neue Rolle anzunehmen, fällt sie in eine postpartale Depression und fühlt sie sich verloren, radikal fremdbestimmt und abgeschnitten von der Welt und ihrem alten Leben. Die emanzipierte Frau und Wissenschaftlerin verschwindet zugunsten überholter Vorstellungen von Mutterschaft und sucht den Fehler immer nur bei sich selbst.

    Christina Wessely ist Historikerin, Essayistin und Professorin für Kulturgeschichte des Wissens und widmet sich in "Liebesmühe" den Aporien zeitgenössischer Mutterschaft. Dabei erzählt sie schonungslos und ehrlich von den Problemen, dem Leiden, den zermürbenden Gedanken sowie der Differenz zwischen dem, was sein sollte und der Realität und bringt dem Leser / der Leserin die Erkrankung der postpartalen Depression näher.

    In "Liebesmühe" hat die Autorin auch eigene Erfahrungen verarbeitet, dennoch schreibt sie nicht in der Ich-Form, sondern in der 3. Person. Es gibt überhaupt keine Namen, sondern wird nur von "ihr" gesprochen, dem "Vater des Kindes", "der Freundin". Dieser Erzählstil schafft eine gewisse Distanz zu den Figuren und schafft gleichzeitig eine Verallgemeinerung.
    Insgesamt ist der Stil sehr sachlich, knapp und reflektiert und liest sich - auch durch die wissenschaftlichen Bezüge wie der Geschichte der Mutterschaft im allgemeinen - teilweise wie ein Sachbuch. Trotzdem empfand ich die Lektüre als ungemein fesselnd. hochemotional und zum Nachdenken anregend. Viele Abschnitte wollte ich am liebsten kopieren und weitergeben, um die zahlreichen Widersprüche im modernen Muttersein aufzudecken.

    Das offenbare Zerbrechen an der veränderten Situation bis hin zu Gedanken an (erweiterten) Suizid sind teilweise nur schwer zu ertragen; immerhin bietet die Überwindung der Depression ein versöhnliches Happy-End.

    Die wichtigste Aussage dieses Essays liegt darin, dass die sozialen Erwartungen, auf die eine Mutter überall trifft, eben nicht naturgegeben sind und von Müttern erduldet werden müssen, sondern dass Hilfe und Lösungen möglich sind.

    Wessely hat ein ganz wichtiges Buch geschrieben, dass ich gerne jedem, egal ob Mann oder Frau, ans Herz legen möchte, Mutterschaft geht uns letztlich ALLE an!
    Das Opernhaus: Rot das Feuer Anne Stern
    Das Opernhaus: Rot das Feuer (Buch)
    17.03.2024

    1849. Maiaufstand und Frauenbewegung

    Dresden 1849. Luise hat sich arrangiert in ihrer lieblosen Ehe mit dem angesehenen Komponisten Adam Jakobi; Freude bereitet ihr nur die angenommene Tochter Annette. Eine zufällige Begegnung mit ihrer einst großen Liebe, dem inzwischen als festangestellten Kulissenmaler tätigen Christian, zwingt sie zu Entscheidungen.... Währenddessen bahnt sich die Dresdner Mairevolution an, bei der auch viele Mitglieder der Semper-Oper zum Kampf bereit sind. Und auch die Frauenbewegung nimmt immer mehr Fahrt auf ....

    Die Bestseller-Autorin Anne Stern legt mit "Das Opernhaus: Rot das Feuer" nun den zweiten Band ihres Dresden Epos' rund um die Dresdner Oper vor, der fast nahtlos an den ersten Band anknüpft und in dem nicht nur das Schicksal der berühmten Semper-Oper, sondern auch das Los der schon lieb gewonnenen Figuren rund um das Opernhaus und der Familie Spielmann im Mittelpunkt stehen.

    Die Historikerin hat wieder hervorragend recherchiert und führt ihre Leser abermals in das 19. Jahrhundert; es gelingt ihr meisterhaft, ein Bild der damaligen Gesellschaft, der sozialen Verhältnisse und vor allem der Rolle der Frau zu zeichnen. die zu dieser Zeit den Männer absolut untergeordnet war und sich den Wünschen ihres Ehemannes zu fügen hatte. Im Mittelpunkt steht wieder Luise, die zwar inzwischen in Soireen auftreten darf, jedoch nicht komponieren, die gefangen ist in einer lieblosen Ehe und sich sogar von ihrem Ehemann gängeln, schlagen und vergewaltigen lassen muss ohne sich wehren zu dürfen, sowie ihre jüngere Schwester Barbara, die sich mehr und mehr in der Frauenbewegung engagiert und deren Rädelsführerinnen kennenlernt. Und so erlebt der Leser hautnah die Deutsche Geschichte und nimmt Anteil an den Geschicken und dem Geschehen.

    Neben den fiktiven Figuren, die hervorragend gezeichnet sind, finden sich auch reale Personen in der Handlung wieder wie der Kapellmeister der Dresdner Oper, Richard Wagner, und ihr Erbauer, Gottfried Semper, die ebenfalls in der Mairevolution mitmischten, sowie Louise Otto-Peters die den Allgemeinen Deutschen Frauenverein gründete oder auch Friedrich-Wilhelm IV., der durch die Ablehnung der Kaiserkrone die Revolution auslöste. Besser kann Geschichte nicht veranschaulicht werden!

    Gleichwohl Luise und Christian den Mittelpunkt der Handlung bilden, handelt es sich um keine kitschige Liebesgeschichte; verdeutlicht werden an ihnen und ihren Freunden und Verwandten aber die Sitten und Einstellungen sowie die Gedanken, Hoffnungen und Träume der Menschen zu dieser Zeit.

    Anne Stern erzählt ihren Roman bildgewaltig in schöner Schreibweise; auch baute sich eine gewisse Spannung auf.
    Und auch, wenn dieser Teil einen gewissen Abschluss findet mit der Niederschlagung des Aufstandes und einer neuen Wendung im Hause Jakobi, kann ich die Fortführung der Geschichte und das weitere Schicksal der vertrauten Figuren kaum erwarten.

    Ein Plan Dresdens um 1849, zeitgenössische Briefe und ein ausführliches Nachwort der Autorin runden dieses Buch ab.


    Die Liebe der Autorin zur Musik, ihre professionelle Recherche der Deutschen Geschichte und ihre Blickpunkt auf die Frauenrechte machen ihr Werk zu etwas Besonderem, das ich uneingeschränkt weiterempfehlen kann.
    Tatort Hafen - Tod an den Landungsbrücken Kästner & Kästner
    Tatort Hafen - Tod an den Landungsbrücken (Buch)
    17.03.2024

    Zwischen True Crime und Hafenliebe

    Der Barkassenkapitän Dominic Lutteroth wird tot auf seinem an den Landungsbrücken liegenden Ausflugsdampfer aufgefunden. Das mediale Interesse ist groß und die erfahrene Hauptkommissarin Jonna Jacobi wird mit den Ermittlungen betraut; unterstützt wird sie dabei von dem Wasserschutzpolizisten Tom Bendixen, der "seinen" Hafen kennt wie kein zweiter. Mit im Boot ist auch die Psychologin Charlotte Severin vom Opferschutz, die die Witwe unterstützen soll, jedoch auch eigene Probleme mit dem plötzlich wieder aufgetauchten gewalttätigen Vater ihrer Tochter hat ....

    Hinter "Kästner & Kästner" verbergen sich die Eheleute Angélique und Andreas Kästner; Angélique eine promovierte Psychologin und erfahrene Autorin zahlreicher Bücher, Andreas ehemaliger Hauptkommissar der Hamburger Wasserschutzpolizei. Ihre Erfahrungen und Erlebnisse sind in dem fast wie eine True Crime Story anmutenden Kriminalroman "Tod an den Landungsbrücken" eingegangen und die Liebe der Autoren zum Microkosmos des Hamburger Hafens spricht aus jeder Zeile. Gerade die detaillierten Insiderkenntnisse machen dieses Buch zu etwas ganz besonderem und heben es angenehm von der Masse der zahlreichen Regionalkrimis ab.

    Beginnend mit dem Mord am klassischen Barkassenkapitän spannt sich ein gefälliger Spannungsbogen über das gesamte Buch, um schließlich nach einem actionreichen Showdown eine logische und nachvollziehbare Auflösung zu finden. Fleißige Polizeiarbeit, zahlreiche Wendungen, frustrierende Sackgassen und immer neue Erkenntnisse lassen den Leser miträtseln, doch lange Zeit hatte ich überhaupt keine Idee, wie sich die losen Enden sinnvoll verbinden lassen sollten, so dass die Spannung stetig wuchs.

    Der angenehme Schreibstil machte das Lesen zu einem Vergnügen, das obendrein noch sehr lehrreich war, denn es gab viel über die Arbeit der Wasserschutzpolizei zu erfahren und Fachausdrücke (z. B. "ausklarieren" als das Erledigen von Formalitäten beim Auslaufen aus einem Hafen) oder sprachliche Besonderheiten (Polizisten als "Schmiermichel" ) zu entdecken, die selbstverständlich erklärt wurden. Somit fühlte ich mich beim Lesen nicht nur aufgrund der genauen, mit viel Kenntnis und Liebe vorgetragenen Beschreibungen der Geschehnisse, sondern auch der Sprache, voll im Hafen zuhause.

    Die Hauptfiguren Jonna, Tom und Charlotte werden aufs Genaueste geschrieben; sie alle waren mir sympathisch und wirkten in ihrer Arbeit, aber auch ihren privaten und beruflichen Problemen sehr authentisch, so dass ich gerne mit ihnen mitfieberte. Aber auch die Ausarbeitung der Nebenfiguren - allen voran der außergewöhnliche, tolle Kollege Toms, genannt Quetsche, oder die widerwärtige Chefin und Gegenspielerin Jonnas, ist überaus gelungen und ich hatte während des Lesens ein bildreiches Kopfkino.

    Abgerundet wird der Krimi durch zwei Karten vorne und hinten im Buch, so dass sich die Wege der Handelnden gut nachverfolgen lassen.

    Die Entwicklung der Polizisten ist - im Gegensatz zu dem hier geschilderten Fall - nicht abgeschlossen und verspricht noch einiges an Dramen, so dass ich den zweiten Band dieser Dilogie, der für Dezember 2024 angekündigt ist, sehnlichst erwarte.

    "Tod an den Landungsbrücken" sticht aus dem Gros der (regionalen) Kriminalromane heraus - ein Muss für jeden Hamburg-Fan und allen Lesern, die sich über die Schilderung nicht alltäglicher Aufgaben der Polizei wie denen der WSP, freuen, wärmstens zu empfehlen.

    Das verborgene Genie Marie Benedict
    Das verborgene Genie (Buch)
    10.03.2024

    Das herabgewürdigte Genie

    Rosalind Franklin (1920-1958), Engländerin aus wohlhabendem, angesehenem jüdischen Haus, wollte nicht in die Fußstapfen ihrer Familie treten und Charity-Arbeit leisten, sondern ihr Leben der Wissenschaft widmen. Als Spezialistin für Röntgenstrukturanalyse geht die promovierte Wissenschaftlerin gegen den ausdrücklichen Wunsch ihres Vaters zunächst als Forscherin nach Paris, kehrt dann aber zurück nach London ans King's College, wo sie unter unklaren Aufgabenverteilungen Röntgenbeugungsdiagramme zur Erforschung der DNA anfertigt und die Doppelhelixstruktur derselben erkennt. Doch sie muss gegen den permanenten Widerstand der anderen Forscher ankämpfen, gegen Ausgrenzung, Sexismus, mangelnde Anerkennung und schließlich Sabotage und Diebstahl - und so erhalten schließlich lediglich die Forscher James Watson und Francis Crick die wissenschaftliche Anerkennung und den Nobelpreis für das Modell der Doppelhelixstruktur, die Franklin entdeckt hatte.

    Marie Benedict studierte zunächst Geschichte und Kunstgeschichte, bevor sie auch ein Rechtsstudium erfolgreich abschloss. Seit 2016 verfolgt die US-amerikanische Benedict ein Projekt, in welchem sie in historischen Biografien die besonderen Leistungen von Frauen thematisiert und diesen so posthum Gerechtigkeit zukommen lässt. Mit der Romanbiografie "Das verborgene Genie", dem fünften Band aus ihrer Reihe "Starke Frauen im Schatten der Weltgeschichte" widmet sie sich der Forscherin Rosalind Franklin, die durch ihre Forschungen zur Doppelhelixstruktur unserer DNA entscheidend die Weltgeschichte mit geprägt hat, der jedoch nicht die ihr zustehende Anerkennung zuteil wurde, sondern ihr Name in Vergessenheit geriet und stattdessen nur die Männer geehrt wurden.

    Marie Benedict hat auch für diesen Band wieder ausgezeichnet recherchiert und orientiert sich bei der Schilderung von Franklins Geschichte eng an den Aufzeichnungen von Benedicts Freundin Anne Sayre.

    Der Schreibstil ist überaus flüssig und ansprechend, so dass sich die Seiten quasi von selbst umblätterten; und der Wettlauf in der Erforschung der DNA liest sich fast wie ein Krimi. Die Romanbiografie ist in der Ich-Perspektive geschrieben, so dass sich Franklins Gedanken und Einstellungen sehr gut nachempfinden lassen. Da ihr Leben sich um ein hochkomplexes Wissenschafts-Thema rankte, finden sich natürlich auch etliche Fachbegriffe und Erläuterungen in diesem Buch, die meiner Meinung nach aber so gehalten sind, dass auch der Laie zumindest nachvollziehen kann, worum es geht. Und auch die Verwendung französischer Ausdrücke zu Franklins Pariser ZEit hemmen den Lesefluss nicht.
    Leider findet diese Romanbiografie aufgrund der Verhaltensweisen der männlichen Wissenschafts-Welt, aber auch durch Franklins frühen Tod aufgrund ihres sorglosen Umgangs mit der Röntgenstrahlung ein trauriges Ende.

    Da Franklin ihr Leben voll und ganz ihren Forschungen widmete, finden sich auch nur begrenzte Schilderungen ihres Privatlebens. Doch ihre Leidenschaft und ihr Charakter sowie ihr wissenschaftliches Genie kommen voll und ganz zum Ausdruck. Eine bemerkenswerte Frau, die mit diesem Buch endlich die Aufmerksamkeit erhält, die sie verdient!

    Ein Nachwort der Autorin rundet "Das verborgene Genie" ab, das mich begeistert hat und das ich uneingeschränkt weiterempfehlen kann!
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