4 von 5
HL
23. Februar 2016
Gesamteindruck:
4,0 von 5
Künstlerische Qualität:
4,0 von 5
Repertoirewert:
4,0 von 5
Gelungener Griff in die Raritätenkiste
Der dänische Komponist August Enna machte sich vor allem als Opernkomponist einen Namen. Einen Eindruck liefert die bei cpo veröffentlichte Kurzoper "Das kleine Mädchen mit den Schwefelhölzern", deren (gut fünfminütige) Ouvertüre immerhin im Klassikradio zu hören ist. Ich verdanke allerdings dem WDR 3 meine Bekanntschaft mit Enna. Morgens, während einer Autofahrt zum Büro, lief dort der 3. Satz aus der Suite "Märchenbilder". Das lebendige Scherzo sprach mich sofort an, der Mittelteil erinnerte an Antonin Dvorak. Leider verstand ich dann den Namen des Komponisten nicht - nur den Hinweis, dass es sich um einen Dänen handelte. Meine fieberhafte Suche nach dänischen Komponisten, die nach Dvorak klingen könnten, blieb - wen überrascht es - erfolglos. Beim Durchsehen dänischer Komponisten der Spätromantik stieß ich dann auf Peder Gram. Im Glauben, er müsste der Schöpfer jenes lebendigen Scherzos sein, bestellte ich zwei CDs mit Orchesterwerken von Gram (bei DaCapo erschienen). Meine parallel gestartete Anfrage beim WDR führte dann allerdings zu einem überraschenden Ergebnis: Der Komponist hieß August Enna....
So besorgte ich mir also die vorliegende cpo-Einspielung mit drei Orchesterwerken Ennas, die allesamt 1905 entstanden. Um es nach langer Vorrede kurz zu machen: Dieser Kauf hat sich gelohnt. Alle drei Werke bieten beste Unterhaltung. Höhepunkt ist sicherlich die motivreiche und wunderbar spätromantische 2. Sinfonie. Dieses Werk zeichnet sich durch einen großartigen Melodienreichtum und eine glänzende Orchestrierung aus (und wieder fühle ich mich im 1. Satz an Dvorak erinnert). Gelungen ist aber auch die Festouvertüre zu Ehren des Dichters Hans Christian Andersen. Die Ouvertüre enthält in der Exposition (der eine langsame Einleitung vorangestellt ist) eine fröhliche Melodie, die eine fast "elfenartige" Stimmung vermittelt. Das Werk braucht sich hinter Brahms "Akademischer Festouvertüre" nicht zu verstecken. Hörenswert sind auch die "Märchenbilder", die kein Programm enthalten (und daher auch keine sinfonische Dichtung sind). Die vier Sätze sind eine Art Orchestersuite, die Satzfolge entspricht allerdings derjenigen einer Sinfonie .
Die Interpretation ist gelungen, an der ein oder anderen Stelle hätte ich mir allerdings einen mutigeren Zugriff gewünscht. Das Klangbild ist gut und zumeist auch transparent. Das dreisprache Booklet enthält eine detaillierte Beschreibung der Werke, die (wie immer bei cpo) mit viel Sorgfalt erstellt wurde. Leider ist es bei Booklets nicht üblich, die Beschreibungen mit Notenbeispielen zu versehen, was das Verständnis um einiges steigern würde.