4 von 5
Heimacker
Top 100 Rezensent
25. September 2022
Gesamteindruck:
4,0 von 5
Künstlerische Qualität:
5,0 von 5
Repertoirewert:
2,0 von 5
Zimmermann-Querschnitt
Um es vorweg zu nehmen: Die Musik Bernd Alois Zimmermanns ist nichts für romantische Ohren. Seine Werke sind äußerst dynamisch ohne musiktheoretische Regeln. Irgendein Experte hat dafür mal den Begriff atonal erfunden. Das Violinkonzert, das Leila Josefowicz grandios gibt, ist ein abwechslungsreiches Wechselspiel von Geige und Orchester. Die Solovioline ist ständig am Limit und wird immer wieder vom Orchester ausgebremst. Die Geigerin ist eine der wenigen Künstler im modernen Repertoire, die bei aller Emotionalität auch noch die Töne trifft. Der sinfonische Auszug aus der Oper "Die Soldaten" entstand einige Jahre später. Die Instrumentalteile sind sehr rhythmus-betont und vorwärtstreibend. Die Orgasmus-Szene im zweiten Akt sucht wohl in der Musikliteratur ihres Gleichen. Die Collage Photoptosis, das Auftreffen des Lichts, ist eine sich ständig verändernde und steigernde Klangkomposition. Zwei Jahre vor Zimmermanns Tod entstanden, hat er hier seinen Personalstil gefunden. Er legt Musikzitate aller möglichen Epochen übereinander und verbindet sie in einem Klangteppich. Man bekommt wunderbar die Ohren freigeblasen und den eigenen Tinnitus übertönt. Dieses Stück wird gelegentlich als Konzertouvertüre auf den Bühnen gespielt. Der Rest nicht. Was beim Violinkonzert schade ist.
Das Finnische RSO unter Hannu Lintu spielt die Stücke exzellent. Die Sänger haben mich nicht ganz so überzeugt. Das Booklet hat einen englischen und finnischen Text. Das Libretto gibt es dafür in deutsch und englisch, inklusive Regieanweisungen zum Nachstellen der Szenen.
Musik für Freunde moderner Klassik!