Heinz Holliger: Choral Utopia auf CD

Holligers Choral Utopia mit Marcus Creed und dem SWR Vokalensemble
»Ich brauche einen musikalischen Diskurs«, sagte Heinz Holliger einmal. Diese Aussage beschreibt seine Art zu komponieren am besten. Anders als Boulez basieren seine Werke nicht auf Tabellen und Graphiken, aber er nutzt andererseits auch keine Klangteppiche wie Ligeti oder Spektralisten. Besonders bei seinen Vokalwerken erlaubt es sich Holliger, den Assoziationen durch bestimmte Wörter zu folgen, und diese Assoziationen generieren wiederum weitere Verbindungen.
»Shir Shavur« (Das zerbrochene Lied) ist der Titel eines Zyklus’ für Chor, den Holliger basierend auf 12 Gedichten von David Rokeah komponierte. Die Idee eines Diskurses taucht hier in dem Sinne wieder auf, als dass Holiger sowohl den Hebräischen als auch den deutschen Text vertont. Aber das Prinzip ist auch Grundlage für die verschiedenen Arten Holligers, den Chor zu behandeln – es gibt antiphonale und doppelte Chor-Besetzungen, aber auch wechselseitiges Musizieren von Solostimmen und Chor.
In »Utopie Chorklang« teilt der Komponist den Chor in drei Gruppen mit jeweils 12 Stimmen. Diese Gruppen sind auf verschiedene Weise »gestimmt«, wie Register einer Orgel. Die zweite Gruppe singt in Tonhöhen, aber die erste Gruppe singt einen Drittelton höher als notiert und die dritte Gruppe einen Drittelton tiefer.
Mit dem SWR Vokalensemble und Markus Creed könnten keine fähigeren Interpreten zeitgenössischer Musik zu hören sein.