5 von 5
Anonym
05. Oktober 2020
Gesamteindruck:
5,0 von 5
Künstlerische Qualität:
5,0 von 5
Repertoirewert:
5,0 von 5
Reiches Erbe
Als Kirill Petrenko zu Beginn seiner Ära mit den Berlinern in einem der ersten Philharmoniker Konzerte erstmals die 4te Sinfonie präsentierte, rümpfte die mainstream-bornierte Lokalkritik die Nase, wer-was, Franz Schmidt, naja?
Dabei klingen bei dem aus kulturellem österreich-ungarischen Umfeld stammenden Böhmen, dem musikalisch fundierten akademischen Instrumentalisten, Komponisten und späteren Rektor der Wiener Hochschule viele der Motive und Klänge seiner hochverehrten und respektierten Kollegen Brahms und Dvorak auf. Schmidt war kein Neuerer, aber ein bewusster Sachverwalter seines grossen musikalischen Erbes.
Wie auch immer im spätromantischen Kontext (Mahler - Neue Wiener Schule), hört man harmonisch ausgereifte, eher cantabel klingende Musik, jedoch ohne besondere thematische Prägnanz, aber meisterhaft instrumentiert, immerhin.
Sein von sog. 'Musikstücke'-Samplern vermutlich einzig bekanntes, recht häufig eingespieltes, etwas seichtes "Intermezzo" aus seiner Oper 'Notre Dame' (1914), hören wir auch hier von Paavo Järvi und dem Frankfurter Radio-Orchester, allerdings im Kontext des sinfonischen Gesamtwerks (1896-1933).
Und Paavo Järvi, einer der versiertesten, kompetentesten und musikalisch souveränen der noch jüngeren Dirigenten, bietet hier erstmals den Sinfoniker Franz Schmidt live, klangorientiert und transparent, unroutiniert zügig und höchst engagiert dirigiert.
Der dynamische Bogen wird überzeugend im klangvollen akustischen Gesamtbild auch präzise artikuliert dargestellt.
So haben wir diese Musik insgesamt zuvor nie gehört - von BR-Klassik eben zur Aufnahme der Woche erkoren. gmr.