5 von 5
Anonym
22. September 2018
Gesamteindruck:
5,0 von 5
Künstlerische Qualität:
5,0 von 5
Repertoirewert:
5,0 von 5
Spannender Bruckner zum Träumen
Wer das Streichquintett von Bruckner bisher noch nicht kennt und wie ich eher den Orchesterklang bevorzugt, dem empfehle ich, es in der Bearbeitung von Schaller zuerst zu hören. Schaller ist es gelungen, eine kammermusikalische und sehr farbenreiche Orchestration zu schaffen, die den kammermusikalischen Charakter des Werkes sehr hervorhebt und die sich an der typischen Bruckner-Orchestration anlehnt. Er hat es vermieden, dem Quintett die Wuchtigkeit einer Bruckner-Symphonie zu geben, für das das Werk nicht geschaffen wurde. Im allgemeinen stehe ich Bearbeitungen eher skeptisch gegenüber, gerade wenn sie versuchen, über die Orchestrierungen der Zeit hinauszugehen (z.B. Schönberg-Bach) und kann hingegen Reduktionen für Klavier, Bläser und dergleichen besser hinnehmen. Bei dieser Bearbeitung treffen meine Bedenken nicht zu. Im Gegenteil: Ich könnte mir das Quintett gar nicht mehr anders vorstellen, aber das ist sicherlich reine Geschmackssache meinerseits, kann ich mich doch im Moment der Suchtwirkung dieser Musik Bruckners nicht entziehen.
Das Prager Symphonieorchester spielt sehr transparent, fein abgestimmt und gut ausbalanciert. Es gelingt ihm auch die teilweise sehr filigranen Stellen gut geführt mit Spannungsbögen zu durchlaufen, was einen besonderen Reiz hinterläßt und einen schön träumen läßt. Die Aufnahme ist deutlich trockener mit weniger Nachhall als es bei den Schaller-Aufnahmen der Symphonien Bruckners aus der Abteikirche der Fall ist. Für den kammermusikalischen Charakter des Werktes halte ich es aber vom Tomeister für eine gute Wahl, die Aufnahme nicht mit Hall zuzudecken, da so doch die vielen schönen Deteils durchsichtig bleiben. Sicherlich ist das auch nur möglich durch die sehr gute Leistung des Orchesters, wo nichts mit Hall kaschiert werden muß.
Weiterhin ist die g-Moll Overtüre eine weitere Rarität, die kaum heute gespielt wird. Es gibt eigentlich wenig gute Aufnahmen davon. Diese hier würde ich in die Top-Liste setzen. Schaller zeigt auch hier sein großes interpretatorisches Talent, wie man es aus seinem Bruckner-Zyklus bereits kennt. Faszinierend ist die g-Moll Overtüre als Frühwerk Bruckners, wo seine Fähigkeiten klar durchscheinen.
Insgesamt ist dies eine spannende CD mit zwei Raritäten von Bruckner, die nicht nur für Brucknerianer interessant sein dürften!