5 von 5
Varadyfan
05. März 2022
Gesamteindruck:
5,0 von 5
Künstlerische Qualität:
5,0 von 5
Repertoirewert:
5,0 von 5
Faust als Spektakel
Man sollte vorher wissen, dass es sich hier um "Faust", nicht um Goethes "Faust" handelt. Wer Goethe will, sei an Gustav Mahler und Robert Schumann verwiesen.
Die "Dramatische Legende" ist in vier Teile gegliedert, die grob die Faust-Geschichte erzählen. Im ersten Teil schickt Berlioz seinen Helden nach Ungarn, weil der "Rakoczy-Marsch" so gut herein passt. Die Osternacht mit der Selbstmord-Absicht, Auerbachs Keller, das Lied vom Floh, auch den "König in Thule" gibt es. Was der Opernfreund bei Gounod kennengelernt hat, fehlt. Mephisto zaubert keine Vision von Margarethe, kein "Faust-Walzer", auch kein Margarethe in der Kirche. Dafür tritt Mephisto mit Höllenspektakel und Feuerzauber auf, wie es nur Berlioz konnte. Es sind aber eher phantastische Szenen, Nächte mit Sylphen und Ähnlichem, die von der Tonsprache her die "Symphonie fantastique" in Erinnerung bringen. Der Meilenstein, der Berlioz damit gelungen war, klingt hier durchaus nach. Billig kopiert wird natürlich nicht, dazu war Berlioz viel zu gut. Marguerite tritt erst im dritten Teil auf, "der König von Thule", umrahmt von zwei Duetten mit Faust. Der vierte Teil beginnt mit ihrer großen Arie, Edith Mathis wird vom BSO traumhaft schön begleitet. "Fausts Verdamnis" selbst ist interessanterweise der Vor-Schluß. Das Finale selbst ist eine sehr zarte Verklärung und Glorifizierung Marguerites. Träger der Musik ist zuerst das Orchester, dazu die Chöre. Die drei großen Solisten werden durchaus länger eingesetzt, es sind aber keine selbständigen Auftritte.
Die Solisten sind in ihren eher unopernhaften kurzen Szenen sehr gut. Stars sind der Tanglewood Festival Chorus, das Boston Symphony Orchestra und der Super-Ozawa, die ihr Allerallerbestes geben.
Wie schon die Vorredner ausgeführt haben, ist der Klang absolut topp.
Vielen Dank an jpc für den überaus freundlichen Aktionspreis. Ich habe sehr gern gekauft!
Wer Seiji Ozawa mega-topp audiophil hören möchte, dem darf ich den Meilenstein mit den Violinkonzerten von Tschaikowsky und Sibelius mit Viktoria Mullova allerwärmstens empfehlen. Analogphonic hat die älteren Aufnahmen in beispielloser Qualität auf LP neu belebt. der Link zu meiner Würdigung unten.