5 von 5
Anonym
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Alter:
45 bis 54
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Geschlecht:
Männlich:
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Kunde seit:
2-5 Jahre
04. Mai 2017
Gesamteindruck:
5,0 von 5
Künstlerische Qualität:
5,0 von 5
Repertoirewert:
5,0 von 5
Eine der originellsten CDs, die ich seit Langem gehört habe
Welcher Musiker kennt das nicht: Man hätte Lust auf ein bestimmtes musikalisches Projekt, es fehlt aber an Geld zur Umsetzung. Dass selbst der große Bach das Problem fehlender Mäzene kannte, zeigt die vorliegende CD. Was man dazu wissen muss: Die Musik wurde auf Basis teils spärlich überlieferter Quellen in kongenialer Weise durch den Dirigenten und Cembalisten Grychtolik selbst rekonstruiert und hier wieder-uraufgeführt. Beim Hören ist man zutiefst beeindruckt von der musikalischen Qualität und Originalität in Komposition und Umsetzung. Dass Grychtolik dies hier wieder gelungen ist, an den großen Über-Meister Bach selbst heranzureichen, wundert nicht mehr so stark, ist er ja schließlich auch der Rekonstrukteur der Bachschen Markuspassion und der Köthener Trauermusik, aus der Bach später die Matthäuspassion umgemodelt hat - aber die Köthener Trauermusik in der Rekonstruktion ist wirkungsvoller!
Zur Musik selbst: Grychtolik hat zwei weltliche Kantaten rekonstruiert und eingespielt, die wirklich unterhaltsam sind. In der Kantate "O angenehme Melodei" geht es um die Rolle der Musik selbst. Nach Bach entsteht die Musik aus einem göttlichen Funken, sie ist die Sprache der Engel. Dass Bach diesen Gedanken im Kantatentext weiterspinnt und stark mit sehr irdischen Zickereien mischt, macht die Kantate zum Hörerlebnis mit großen sphärischen Bögen und doch hohem Unterhaltungswert. Ich bin sicher, dass er mit ihr viele Börsen von Gönnern geöffnet hat. Mehr sei hier nicht verraten.
Auch die Kantate "Erwählte Pleißenstadt", die sich an die Leipziger Patrizier richtete, wird ihren finanziellen Erfolg gehabt haben. In wunderbaren musikalischen Preziosen wird ihnen um den Bart gesungen. Besonders gelungen ist die Rolle des Gottes des Handels (Merkur) angelegt. Besonders inbrünstig singt er das Lied vom Gelde, das die Götter reich auf die Musiker niederregnen lassen (mögen).
Mich hat besonders begeistert, dass man hier nach einem Vierteljahrtausend eine Uraufführung erleben darf von gleich zwei wunderbaren Kantaten, die Bach auch von der weltlichen Seite des Lebemanns, Dramatikers und Frauenverstehers zeigen. Wenn man sonst nur seine geistliche Musik aufführt und hört, dann bleiben diese Seiten sehr zu Unrecht unentdeckt. Ich wünsche der CD zahllose Hörer und habe daher meine Amazon-Kritik hierher kopiert!