Teodoro Anzellotti, Akkordeon - Chanson discrete auf CD
Teodoro Anzellotti, Akkordeon - Chanson discrete
Herkömmliche CD, die mit allen CD-Playern und Computerlaufwerken, aber auch mit den meisten SACD- oder Multiplayern abspielbar ist.
(soweit verfügbar beim Lieferanten)
Froberger: Canzon VI; Tombeau sur la mort de Monsieur Blancheroche; Lamentation sur ce, que j'ay ete vole; Meditation, faite sur ma mort future Memento Morj Froberger
+Berio: Sequenza XIII
+Hosokawa: Slow Motion 2002
+Sciarrino: Vagabonde blue
- Künstler:
- Teodoro Anzellotti, Akkordeon
- Label:
- Winter & Winter
- Aufnahmejahr ca.:
- 2006
- Artikelnummer:
- 3687217
- UPC/EAN:
- 0025091012428
- Erscheinungstermin:
- 18.4.2007
Diskretion, eine fast vergessene Kunst, hatte im 17. Jahrhundert eine besondere Bedeutung und wurde hoch geschätzt. Baltasar Gracián, dessen Lehrbücher über Hof- und Lebenskunst seinerzeit maßgeblich waren, bietet dazu zahlreiche Einblicke. Der »discreto« ist dort der Inbegriff des weltklugen Mannes: bedachtsam, unaufdringlich, und jemand, der seine Geheimnisse bewahrt. Für Johann Jakob Froberger, einen Zeitgenossen Graciáns, war Diskretion nicht nur eine Lebenshaltung, sondern sogar eine Anweisung für das musikalische Spiel. In seinen einzigartigen Lamentos und meditativen Werken findet sich mehrmals der Vermerk »avec discrétion«. So etwa im Titel seines »Tombeau«, mit dem Hinweis, dass es »fort lentement avec discrétion« gespielt werden solle – langsam und zurückhaltend also.
Auch Frobergers Umgang mit der Verbreitung seiner Kompositionen war von dieser zurückgenommenen Haltung geprägt. Er bat Herzogin Sibylla von Württemberg, seine Gönnerin, darum, seine Noten niemandem weiterzugeben, da viele nicht damit umgehen könnten und sie nur verderben würden. Sibylla erinnerte sich später daran und betonte, dass nur diejenigen, die Froberger selbst unterwiesen hatte, in der Lage seien, seine Werke mit »rechter Discretion« zu spielen.
Trotz seiner Zurückhaltung konnte Froberger beträchtlichen Nachruhm als Komponist verzeichnen. Er galt als ein »musician's musician« mit großem Einfluss auf Bach, Buxtehude und sogar Mozart. Seine Musik wurde von Zeitgenossen wie Johann Mattheson für ihre Fähigkeit gelobt, durch bloßes Clavierspiel ganze Geschichten zu erzählen – nicht nur erfundene, sondern auch reale Erlebnisse und persönliche Schicksale. Besonders bewegend ist sein »Tombeau fait a Paris sur la mort de Monsieur Blancheroche«, in dem er 1652 den tragischen Tod seines besten Freundes musikalisch verarbeitet. Am Ende des Stücks bildet eine schnell abgleitende Tonfolge dessen tödlichen Treppensturz eindringlich ab.
Frobergers Titel lassen dennoch gelegentlich private Einblicke zu, trotz ihrer diskreten Gestaltung. Beispielsweise seine »Lamentation sur ce que j'ai été volé et se joue à la discrétion« – eine Klage über einen erlittenen Raub – oder die Meditation über seinen eigenen Tod: »Méditation faite sur ma mort future«. Solche introspektiven Betrachtungen des Lebensendes mögen uns heute ungewöhnlich erscheinen, hatten aber für den barocken Menschen eine ganz andere Nähe und Selbstverständlichkeit.
Die Nuancen der Diskretion lassen sich auch bei einem so populären Instrument wie dem Akkordeon entdecken. Ein prominentes Beispiel ist Teodoro Anzellotti, der Frobergers Werke auf eindrucksvolle Weise interpretiert. Gleichzeitig widmen sich zeitgenössische Kompositionen diesem Thema. Luciano Berio schuf beispielsweise 1995 seine »Sequenza XIII« im engen Austausch mit Anzellotti – ein Werk für Akkordeon, das die klangliche Vielseitigkeit des Instruments auslotet und dabei bewusst populäre Elemente einbindet. Berio greift sogar auf vorgefertigte Akkordkombinationen für die linke Hand zurück, die sonst häufig in Unterhaltungsmusik Verwendung finden, nutzt diese jedoch in ungewöhnlichen Klangmischungen.
Ein völlig anderer Zugang zeigt sich in Toshio Hosokawas »Slow Motion« aus dem Jahr 2002. Hier wird das Akkordeon in den Kontext der traditionellen japanischen Hofmusik des Gagaku eingebettet. Hosokawa beschreibt alte japanische Tanzformen, bei denen die Bewegungen der Tänzer mit der Erde verschmelzen und in Einklang mit deren Rotation um ihre Achse sowie dem Universum stehen. In »Slow Motion« spielt das Akkordeon einen nächtlichen Tanz im Mondlicht und erscheint dabei als Sho, eine Mundorgel aus japanischer Zeremonialmusik.
Mit Salvatore Sciarrinos »Vagabonde blu« (1998) schließlich bleibt der Blick auf den nächtlichen Sternenhimmel gerichtet. Der Titel stammt aus der Astronomie und verweist auf etwas Flüchtiges und Vagierendes. In Sciarrinos Werk werden feinste Klangnuancen hörbar – von Tastaturgeräuschen bis zum »Atmen« des Instruments. Hier erreicht die diskrete Ausdruckskraft des Akkordeons einen Höhepunkt und vermittelt etwas zutiefst Menschliches: Eine Sensibilität, die über mechanisches Spiel hinausgeht und das Instrument gleichsam belebt.
Rezensionen
FonoForum 09/07: "Das Zwiegespräch zwischen Froberger und den Tonsetzern der Gegenwart ist auch ein Dialog zwischen Gewissheit und Frage, zwischen Zuversicht und vorsichtig-bangem Tasten - aber auch einer zwischen Melancholie und beklemmender Zerrissenheit. Dass Anzellotti bei seinem feingeistigen Ausflug sein Instrument wie eine Orgel klingen lässt, kommt nicht von ungefähr. Beide Instrumente werden schließlich vom Luftzug in Gang gesetzt."Disk 1 von 1 (CD)
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1 Johann Jacob Froberger: Canzon Nr. 6 (bearb. für Akkordeon)
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2 Luciano Berio: Sequenza Xiii (Für Klavier) (1995/96) (Bearb. Für Akkordeon)
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3 Johann Jacob Froberger: Tombeau sur le mort de M. de Blacheroche c-moll FbWV 632 (bearb. für Akkordeon)
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4 Toshio Hosokawa: Slow motion (bearb. für Akkordeon)
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5 Johann Jacob Froberger: Lamentation sur ce, que j'ay été volé (bearb. für Akkordeon)
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6 Salvatore Sciarrino: Vagabonde blu (1998) (bearb. für Akkordeon)
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7 Johann Jacob Froberger: Méditation, faite sur ma mort future Memento Morj Froberger (1953) (bearb. für Akkordeon)
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