5 von 5
opera
Top 25 Rezensent
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Alter:
55 bis 65
-
Geschlecht:
Männlich:
24. Mai 2012
Gesamteindruck:
5,0 von 5
Künstlerische Qualität:
5,0 von 5
Repertoirewert:
5,0 von 5
Begeisternde Herheim-Inszenierung /sängerisch top
Herheims Inszenierungsansatz entspringt Puschkins Roman, der nicht fortlaufende, sondern locker verknüpfte Szenen enthält. Onegin steht mit Beginn auf der Bühne und läßt sein Leben Revue passieren. Auf der Bühne werden drei Zeitebenen optisch miteinander verschachtelt. Es gibt kostümprächtige Bühnenlandschaften und hautnah, packendes Spiel. Die Inszenierung ist vom Ansatz, der Struktur und der Ausführung meisterhaft.
Auch rein intuitiv kann sich der Ablauf erschließen, obwohl ein Blick ins Beiheft sinnvoll wäre. Aber mit dem viel geschmähten Regietheater würde ich dieses Konzept nicht vergleichen, weil es nicht neu interpretiert und verortet, sondern aus dem Stoff an sich interpretiert.
Insofern auch für eher traditionelle Seher geeignet, wobei insbesondere die teils opulente Optik hier Überzeungungsarbeit leisten wird.
Von der sängerischen Seite wird insgesamt hervorragend umgesetzt.
Bo Skovhus zeigt Onegin in allen Facetten, beindruckend sein Spiel. Die Timbrestruktur dieses Sängers ist vielleicht nicht so farbintensiv wie slawische Timbre, aber das ist reine Geschmacksache.
Hervorragend Andrej Dunaev als Lensky, den ich live aus Düsseldorf kenne, ein schlank involvierend singender Tenor, der so etwas wie die erste Hausnummer als Lensky ist.
Michael Petrenko ist Fürst Gremlin, ein markantes Bass-Timbre.
Die Olga von Elena Maximova ist rollendeckend.
Großartig die Tatjana von Krassimira Stoyanova, die sich stetig steigert.
In der kleinen Rolle des Triquet begeistert Guy de Mey mit seinem Gesamtambiente.
Begeisternd das Dirigat von Mariss Jansons, tief auslotend, grundiert, emotional berührend, eine Meisterleistung.
Insgesamt eine der großen Inszenierungen des Musiktheaters, die jeder sehen sollte. Auch dem rein traditionellen Geschmack würde ich diese Aufführung empfehlen, obwohl ich bei diesem Opernverständnis nie so ganz sicher bin, wo die Grenze der Akzeptanz ist.