4 von 5
babelogue
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Alter:
45 bis 54
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Geschlecht:
Männlich:
04. April 2012
Gesamteindruck:
4,0 von 5
Künstlerische Qualität:
4,0 von 5
Repertoirewert:
4,0 von 5
Extrem schnell und unglaublich scharf
Dass er ein virtuoser und durchaus barockaffiner Cellist ist, hat Queyras mit seiner Aufnahme der Cellosuiten von Bach ((Best.-Nr. 8528201) eindrucksvoll unter Beweis gestellt. Seine Einspielung der Cellokonzerte RV 409 (für Cello & Fagott), 412, 416, 419, 424 und 565 (für zwei Violinen & Cello) hat das Pech, auf den beinahe gleichzeitig erschienenen Teil 2 des Vivaldi-Projekts von Gabetta zu treffen und mit diesem bei RV 416 in unmittelbare Konkurrenz zu treten. Im Vergleich erweist sich die Interpretation Gabettas als stärker der Melodie und dem Wohlklang verpflichtet, während Queyras unter tatkräftiger Mithilfe der Akademie für Alte Musik Berlin, wiewohl stets cantabile, Kante zeigt und auch schon mal fetzt, was das Zeug hält.
Die durchweg extrem hohen Tempi, so interessant die Effekte auch sind, die sich daraus in den schnellen Sätzen ergeben, treiben den Puls der Musik - auch in den beiden Sinfonien (Ouvertüren) Antonio Caldaras zu in der Karwoche aufgeführten Oratorien - für meinen Geschmack auf die Dauer ein bisschen zu sehr Richtung Raserei. Noch schneller geht es hoffentlich nimmer! Mag es auch sein, dass Vivaldi „im Ospedale della Pietà offensichtlich [= aufgrund des Notentextes] hervorragende Solistinnen zur Verfügung standen“ (Begleitheft), so wirft diese Einspielung für mich doch die Frage auf, ob sowohl die Instrumental- als auch die Solistinnen bei dieser Gangart tatsächlich 60 Minuten und länger hätten mithalten können.
Trotzdem ist diese CD eine interessante und lohnenswerte Ergänzung zu Gabettas Vivaldi-Projekt (und werden die hoffentlich zu erwartenden Folgeeinspielungen - immerhin hat Vivaldi nicht weniger als 27 Konzerte für Cello geschrieben - dies ebenso sein).
PS. Ohne "Jahreszeiten"-Anlehnung kommt auch diese Einspielung nicht aus. Während Gabetta Teil 1 ihres Projekts (Best.-Nr. 6065249) mit einer Adaption von RV 297 ("Winter") beschließt (als gäbe es nicht genug Vivaldi-Originalkompositionen für Violoncello), zitiert hier gleich eingangs der 3. Satz der Sinfonia zur Oper "Dorilla in tempe" (RV 709), einem Pasticcio, den Beginn von RV 269 ("Frühling").