5 von 5
Alto
Top 100 Rezensent
16. Mai 2013
Gesamteindruck:
5,0 von 5
Künstlerische Qualität:
5,0 von 5
Repertoirewert:
4,0 von 5
Geigerische Noblesse
Kann der Ton einer Geigerin "nobel" sein? Isabelle Fausts Ton jedenfalls würde ich so nennen. Er erinnert mich ein wenig an den Nathan Milsteins, dessen derzeit nur in der EMI-Icon-Box erhältliche Deutung des Dvorák-Konzerts mit William Steinberg ich sehr schätze. Mit durchwegs glasklarer, sicherer Intonation, schlankem, dabei aber substanzreichem Klang, wo nötig auch durchaus zupackend und mit frischen, aber nicht ganz so schnellen Tempi wie etwa in der ebenfalls mitreißenden Aufnahme von Zehetmair und Inbal ruft Frau Faust uns die Vorzüge dieses Konzerts in Erinnerung, seine Kantabilität, seinen motivischen Reichtum, die Eingängigkeit seiner Melodien, lässt uns staunen, dass dieses Stück nicht viel häufiger hochklassig eingespielt wird und so sehr im Schatten seines großen Pendants von Brahms steht.
Manch einer mag bei Isabelle Faust, fast unerwartet aber auch bei der hellwach "begleitenden" Prager Philharmonie unter Jirí Bélohlávek - wunderbar ausgehört etwa das Zusammenspiel zwischen Solovioline und Holzbläsern im langsamen Satz! - ein wenig den "böhmischen" Schmelz vermissen. Für meinen Geschmack aber tut gerade der Musik Dvoráks, die ja für sich schon mehr als genug an Fülle und sattem Klang zu bieten hat, außerordentlich gut, wenn die Ausführenden nicht alles in einem dicken Klangbrei bis zur Unkenntlichkeit verschwimmen lassen.
Wie häufig bei Isabelle Fausts Solo-Konzert-Aufnahmen ist auch diesmal ein kammermusikalisches Werk kompiliert, das gewichtige, man möchte fast sagen symphonische Klaviertrio Op. 65. Alexander Melnikow und Jean-Guihen Queyras sind ebenbürtige Partner, wenn es darum geht, auch hier in Trio-Besetzung durchsichtig, nachvollziehbar, aber dennoch mitreißend, fesselnd, trotz dosierten Vibratos und Pedals emotional völlig befriedigend ein tolles Stück Dvorákscher Kammermusik aufzuführen.
Ein beim Klaviertrio runder, voller, aber gut durchhörbarer Klang trägt von tontechnischer Seite zu dem vorzüglichen Ergebnis bei. Im Konzert hätten die Präsenz der Solistin etwas besser und der Hall etwas weniger stark ausfallen dürfen. Dennoch eine rundum gelungene Aufnahme, sehr empfehlenswert!