Hätte mir mehr Authentizität und Emotionalität gewünscht!
INHALT:
Berlin, 1992: Ingke, die in Ost-Berlin aufgewachsen ist, erfährt durch einen Zufall, dass sie als Baby während DDR-Zeiten adoptiert wurde. Die junge Frau, die gerade ihr Abitur macht, fällt aus allen Wolken. Warum hat ihr niemand Bescheid gesagt? Und wer sind ihre leiblichen Eltern?
Nach und nach erfährt Ingke, dass ihre leibliche Mutter - Petra Schröder - damals bei einem Fluchtversuch erwischt wurde und ins Gefängnis kam. Sie selbst wurde daraufhin in ein Heim gegeben.
Je weiter Ingke nachforscht, desto mehr bekommt sie das Gefühl, sich zwischen den Menschen, die sie gerne hat, entscheiden zu müssen…
MEINUNG:
Der Gegenwartsstrang spielt 1992, als Ingke von ihrer Adoption erfährt. Daraufhin spricht sie mit den verschiedensten Leuten aus ihrer Umgebung. Als Leser*in lernt man so langsam die Protagonistin besser kennen, erhält durch unterschiedliche Perspektiven und Zeiten aber auch zahlreiche kurze Einblicke in die damalige Situation und wie es Petra und den Familien ergangen ist.
Ich muss zugeben, dass es auf mich leider weniger authentisch wirkte: Eine junge Frau erfährt, dass sie adoptiert wurde. Doch statt, dass die Menschen, die ihr nahe stehen, ihr von ihren leiblichen Eltern erzählen, holt erst einmal jeder weit aus und teilt ihr seine eigene Geschichte von früher mit. An Ingkes Stelle wäre ich vermutlich an die Decke gegangen. Leider hatte ich dieses Gefühl beim Lesen auch. Als würde man mich hinhalten wollen, obwohl Ingke schon recht bald den Namen ihrer leiblichen Mutter weiß. Bei manchen wird dies vielleicht für Spannung sorgen, ich war von diesem Aufbau der Geschichte eher genervt. Einzelne Erzählstränge waren nicht uninteressant. Doch sie waren mir zu kurz und die Perspektivwechsel waren mir zu viele, sodass ich mich nicht richtig auf das Buch einlassen konnte.
Zudem wirkte das Verhalten mancher Figuren auf mich nicht immer authentisch. Manche Entwicklungen gingen mir hier zu schnell vonstatten. Petras Figur dagegen fand ich interessant und schön ausgearbeitet. Ich mochte, dass man anhand ihrer Situation einen guten Einblick bekommt, was es zu DDR-Zeiten hieß, alleinerziehend zu sein.
Die ersten 2/3 des Buches bin ich kaum mit den Figuren warm geworden. Obwohl das Thema so viel Potenzial bietet, um einen emotional abzuholen, wollte dies bei mir leider nicht gelingen.
Erst im letzten Drittel, als weniger Wechsel in Perspektive und Zeit stattfanden, habe ich die restlichen Zeilen mit Interesse verfolgt. Das Ende war mir dann aber zu glatt.
FAZIT: Inhaltlich hätte es eine interessante Geschichte werden können, doch die Umsetzung war nichts für mich. Insgesamt blieben mir die Figuren zu fern, ich hätte mir mehr Authentizität und Emotionalität gewünscht. 2,5-3/5 Sterne.
TRIGGERWARNUNG: Enthält eine Szene mit sexuellem Missbrauch.