Robert Walser hat mit seinem bildreichen, hintergründigen und seelenvollen Schreiben viele Künstler und Schriftsteller beeinflusst. Für den Maler und Grafiker Peter Dreher, Lehrer berühmter Schüler wie Anselm Kiefer und Professor an der Außenstelle Freiburg der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Karlsruhe, ist Robert Walser ein Wahrheitsdenker, dessen Gedanken ihm "ins Herz drücken" und dessen unvoreingenommenes und direktes Sehen ihn seit jeher frappiert hat. Walser schreibt wie er denkt, sagt Dreher, und bemerkt nebenbei, dass Walser auch schreibt wie er, Dreher, malt - die Wirklichkeit nicht nachahmend, sondern sie sich - als Malerei, als Text - anverwandelnd. Dies kann zum Teil auch fragmentarisch - unvollständig, skizzenhaft und assoziativ geschehen.
Hannelore Hoger liest elf Lieblingsgeschichten Peter Drehers aus dem Werk Robert Walsers, in denen es mal skurril, mal traurig, mal verschmitzt, mal rätselhaft, mal deliziös, mal morbide um freiheitsliebende Maler und ihre Musen, um Musiker, Talente und Talentlose, um Maulhelden und Prinzessinnen, ja selbst um die Wurst geht.
Oliver Hermann liest ausgewählte Passagen aus Peter Drehers Autobiographie "Ich. Mich", in denen es um Maler, um skurrile Träume, einen fiependen Mops, weinende Frauen und ein Haifischsteak und um zärtliche, beinahe erotische Beziehungen zu den Dingen des alltäglichen Gebrauchs wie die Brille des Malers, oder dessen Pinsel geht. Wird der Dichter Robert Walser in seinem Text "Ein Maler" zum Maler, so wird der Maler Peter Dreher in seinem Text "Ich. Mich" zum Dichter. Nichts läge beiden ferner, als die eine Tätigkeit über die andere zu setzen. Beiden sind der Kunst- und der literarische "Cliquenbetrieb" (Zitat Walser) vollkommen schnuppe. Walser legte auf Ruhm keinen Wert, Dreher würde seine Werke eher verbrennen als dass er sie in die Hände raffgieriger Spekulanten geben würde. Beiden geht es um das gestalterische und kreative Arbeiten mit ihren jeweiligen Mitteln und dem entsprechenden Handwerkszeug. Malen bleibt Malen. Schreiben bleibt Schreiben. So einfach und doch so diffizil ist das bei diesen beiden Wortmalern.
Im Auftrag des Kurators Hans-Ulrich Obrist schuf Peter Dreher Zeichnungen und Gouachen von Robert Walser, die ihn in allen Lebensaltern zeigen. In der Wiederholung des scheinbar immer gleichen Motivs treten die Unterschiede in vielfachen Variationen zutage. Zwölf der Robert-Walser-Portraits Peter Drehers sind in dieser Ausgabe im Begleitheft enthalten.
Biografie (Robert Walser)
Robert Walser wurde am 15. April 1878 in Biel geboren. Er starb am 25. Dezember 1956 auf einem Spaziergang im Schnee. Nach seiner Schulzeit absolvierte er eine Banklehre und arbeitete als Commis in verschiedenen Banken und Versicherungen in Zürich. Seine ersten Gedichte, die 1898 erschienen, ließen ihn rasch zu einem Geheimtip werden und verschafften ihm den Zugang zu literarischen Kreisen. Nach Erscheinen seines ersten Buches folgte er 1905 seinem Bruder Karl nach Berlin, der dort als Maler und Bühnenbildner den Durchbruch erzielt hatte. In rascher Folge publizierte Walser nun seine drei Romane. Infolge einer psychischen Krise geriet Walser Anfang 1929 gegen seinen Willen in die Psychiatrie, deren Rahmen er nie mehr verlassen konnte. 1933 von der Berner Klinik Waldau nach Herisau verlegt, gab er das Schreiben vollständig auf und lebte dort noch 24 Jahre als vergessener anonymer Patient.
Biografie (Hannelore Hoger)
Hannelore Hoger, geboren 1942 in Hamburg, ist eine der profiliertesten deutschen Schauspielerinnen. Sie arbeitete u.a. mit Alexander Kluge, Volker Schlöndorff und Helmut Dietl. Populär wurde sie vor allem durch ihre Rolle als TV-Kommissarin "Bella Block", für die sie den Grimme-Preis erhielt.