Umberto Eco: Die geheimnisvolle Flamme der Königin Loana
Die geheimnisvolle Flamme der Königin Loana
Buch
- Illustrierter Roman
- Originaltitel: La misteriosa fiamma della regina Loana
- Hanser, Carl, 10/2004
- Einband: Gebunden
- Sprache: Deutsch
- ISBN-13: 9783446205277
- Bestellnummer: 2133525
- Umfang: 512 Seiten
- Sonstiges: Mit. farbige Abbildungen
- Nummer der Auflage: 04003
- Auflage: 3. Auflage
- Copyright-Jahr: 2004
- Gewicht: 976 g
- Maße: 221 x 154 mm
- Stärke: 42 mm
- Erscheinungstermin: 4.10.2004
Kurzbeschreibung
Giambaltista Bodoni, Antiquar, erwacht aus dem Koma und hat einen Teil seines Gedächtnisses verloren. Auf der Suche nach seinen persönlichen Erinnerungen fährt er ins Haus seiner Kindheit und findet dort alles wieder: Bücher und Bilder, Comics und Kino, Pastadosen und Zigarettenschachteln. Was für Bodoni eine Reise der Wiederentdeckungen durch sein Leben und seine Lieben wird, gerät Eco zur Zeitreise durch das 20. Jahrhundert: witzig, nostalgisch und überraschend.Auszüge aus dem Buch
1.Der grausamste Monat
"Und wie heißen Sie?"
"Warten Sie, ich hab s auf der Zunge."
So hatte das Ganze angefangen.
Ich war wie aus einem langen Schlaf erwacht, aber um mich herum lag alles noch in einem milchigen Grau. Oder ich war gar nicht wach, ich träumte. Es war ein seltsamer Traum: ohne Bilder, nur Töne. Als
ob ich nichts sah, nur Stimmen hörte, die mir erzählten, was ich se-hen sollte. Und sie erzählten mir, daß ich noch nichts richtig sah, nur ein nebliges Wabern längs der Kanäle, wo die Landschaft verschwamm. Brügge, sagte ich mir, ich war in Brügge. War ich jemals in der toten Stadt Brügge gewesen? Wo der Nebel zwischen den Türmen wabert wie der träumende Weihrauch? Eine graue Stadt, traurig wie ein chrysanthemenbekränztes Grab, wo der Nebel zerschlissen wie ein alter Wandteppich an den Fassaden hängt
Meine Seele putzte die Scheiben der Trambahnfenster blank, um in den mobilen Nebel der Ampeln zu tauchen. Nebel, mein kontaminierter Bruder Ein dichter, undurchdringlicher Nebel, der die Geräusche dämpfte und formlose Gespenster auftauchen ließ Schließlich gelangte ich an einen tiefen Abgrund und sah eine riesenhafte Gestalt, eingehüllt in ein Grabtuch, und die Hautfarbe dieser Gestalt glich dem makellosen Weiß des Schnees. Mein Name ist Arthur Gordon Pym.
Ich kaute den Schnee. Die Gespenster zogen vorüber, streiften mich und lösten sich auf. Die fernen Lampen flackerten wie Irrlichter auf einem Friedhof
Jemand geht neben mir, lautlos, als wäre er barfuß, er geht ohne Absätze, ohne Schuhe, ohne Sandalen, ein Nebelschwaden streift mich an der Wange, eine Handvoll Betrunkener grölt unten, am Ende der Fähre. Fähre? Das sage nicht ich, es sind die Stimmen.
Der Nebel kommt auf kleinen Katzenpfoten Es war ein Nebel, der aussah, als hätte man die Welt weggenommen.
Und doch war mir ab und zu, als öffnete ich die Augen und sähe Lichter. Ich hörte Stimmen: "Das ist nicht mehr richtiges Koma Nein, Signora, denken Sie nicht an das flache EEG, ich bitte Sie Da ist Reaktionsbereitschaft "
Jemand leuchtete mir in die Augen, aber nach dem Licht war es wieder dunkel. Ich spürte den Stich einer Nadel, irgendwo. "Sehen Sie, da ist Bewegungsvermögen "
Maigret taucht in einen so dichten Nebel, daß er nicht einmal sieht, wohin er die Füße setzt Der Nebel wimmelt von menschlichen Gestalten, er brodelt von einem prallen und geheimnisvollen Leben. Maigret? Elementar, lieber Watson, es sind zehn kleine Negerlein, es ist der Nebel, in dem der Hund von Baskerville verschwindet.
Der Vorhang aus grauem Rauch verlor allmählich seine graue Färbung, die Temperatur des Wassers war sehr gestiegen und seine milchige Tönung deutlicher denn je Dann stürzten wir in die Umarmungen des Katarakts, wo sich ein Abgrund öffnete, um uns zu verschlingen.
Ich hörte Leute um mich her reden, ich wollte rufen und ihnen zu verstehen geben, daß ich da war. Ein Sirren war zu hören, als würde ich von einer Foltermaschine mit nadelscharfen Zähnen zerrissen. Ich war in der Strafkolonie. Ich spürte ein Gewicht am Kopf, als hätte man mir die eiserne Maske angelegt. Mir war, als sähe ich hellblaue Lichter.
"Da ist Asymmetrie im Durchmesser der Pupillen."
Bruchstücke von Gedanken schwirrten mir durch den Kopf, sicher wachte ich gerade auf, aber ich konnte mich nicht bewegen. Wenn ich doch nur wach bleiben könnte. Habe ich wieder geschlafen? Stunden, Tage, Jahrhunderte?
Der Nebel kam wieder, die Stimmen im Nebel, die Stimmen, die über den Nebel redeten. Seltsam, im Nebel zu wandern! Mir schien, ich schwamm in einem Meer, ich war nahe am Strand, aber ich konnte
ihn nicht erreichen. Niemand sah mich, und die Flut trug mich wieder hinaus.
Bitte sagt etwas zu mir, bitte berührt mich. Ich spürte eine Hand auf der Stirn. Welche Erleichterung! Eine andere Stimme: "Signora, es gibt Beispiele von Patienten, die plötzlich aufwachen und aus eigener Kraft davonspazieren."
Jemand störte mich mit einem blinken
Biografie
Umberto Eco, geboren 1932 in Alessandria, lebt heute in Mailand. Er studierte Pädagogik und Philosophie und promovierte 1954 an der Universität Turin. Anschließend arbeitete er beim Italienischen Fernsehen und war als freier Dozent für Ästhetik und visuelle Kommunikation in Turin, Mailand und Florenz tätig. Seit 1971 unterrichtet er Semiotik in Bologna. Eco erhielt neben zahlreichen Auszeichnungen den "Premio Strega" (1981) und wurde 1988 zum Ehrendoktor der Pariser Sorbonne ernannt.§Er verfasste zahlreiche Schriften zur Theorie und Praxis der Zeichen, der Literatur, der Kunst und nicht zuletzt der Ästhetik des Mittelalters. Seine Romane "Der Name der Rose" und "Das Foucaultsche Pendel" sind Welterfolge geworden.§2011 wurde Umberto Eco mit dem "Premio Pavese" ausgezeichnet und 2014 erhielt er den "Gutenberg-Preis" der Landeshauptstadt Mainz und der Internationalen Gutenberg-Gesellschaft. Umberto Eco starb am späten Abend des 19. Februar 2016 im Alter von 84 Jahren in seiner Mailänder Wohnung an den Folgen einer Krebserkrankung.Anmerkungen:
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