Sollte in Schulen gelesen werden!
Das Buch mit dem Titel "Ich sehe (das) ANDERS" hat mich sehr beeindruckt, weil es wirklich anders ist. Viele Jugendbücher, die das Thema "Autismus-Spektrum-Störung" im Rahmen der Handlung beinhalten, erwähnen schon auf den ersten Buchseiten, dass entweder ein Protagonist / eine Protagonist diese Diagnose hat oder eine Nebenfigur, die der Hauptfigur sehr nahe steht. Im Verlauf der Handlung kommt es dann häufig zu spezifischen Situationen, die eine andere Wahrnehmung der Welt verbunden mit spezifischen (zwischenmenschlichen) Problemen verdeutlicht. Auch diese Bücher sind toll und lesenswert. Aber CARMINA GRUNDMANN erwähnt nicht ein einziges Mal in ihrem Buch den Begriff "Autismus". Sie macht der jungen Lesergemeinschaft eher ein Angebot. Wer dieses Buch im Teenageralter liest, bekommt eine wundervolle Geschichte präsentiert, die Jungen und Mädchen in diesem Alter thematisch abholt. Es geht um getrennte Eltern, eine Protagonistin, die schon sehr selbstständig und stark wirkt, aber trotzdem die Gedanken, Probleme und Ängste hat, die man im Teenageralter eben so hat. Es geht um eine lebensbedrohliche Krankheit des kleinen Bruders, ein Ankommen und Einleben in einer neuen Kleinstadt und die ersten zarten Kontakte zu einem Jungen mit dem Namen ANDERS.
Wer als Leser eine derartig spannende und schöne Geschichte sucht, bekommt sie. Wer aber beim Lesen die kleinen "Infokrümel" wahrnimmt, die die Autorin geschickt an der einen und anderen Stelle auftauchen lässt und diese Infos dann eventuell mit Hilfe des Internets vertiefen möchte, der lässt sich dann ganz langsam und wirklich toll gemacht auf das Thema "Autismus" ein - ohne diesen Begriff im Buch gelesen zu haben. CARMINA GRUNDMANN lässt dadurch jedem Leser und jeder Leserin die Wahl, ob er oder sie sich auf das Thema "Autismus" einlassen möchte oder nicht.
Das Highlight des Buches besteht darüber hinaus darin, dass man ab einer bestimmten Handlungsstelle das Buch physisch drehen muss, um die Handlung / die Geschichte noch einmal aus der Perspektive von ANDERS kennen zu lernen, der eben "anders" ist. Eine ganz tolle Idee der Autorin mit einem Effekt, dem sich kein Lesender entziehen wird.
Sollten Sie vielleicht Lehrkraft in einer SEK I - Klasse einer Regelschule sein, empfehle ich "Ich sehe (das) ANDERS" auf die Liste der Jugendbücher zu setzen, die in diesen Klassen curricular verankert im Unterricht zum Einsatz kommen. Eine ganz klare Kaufempfehlung für den eigenen Bücherschrank, aber vor allem für einen wirklich sinnvollen Einsatz im Unterricht im Rahmen von Inklusion und mehr :-)