Allan Pettersson: Symphonie Nr.13 auf CD
Symphonie Nr.13
Herkömmliche CD, die mit allen CD-Playern und Computerlaufwerken, aber auch mit den meisten SACD- oder Multiplayern abspielbar ist.
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- Künstler:
- BBC Scottish Symphony Orchestra, Alun Francis
- Label:
- CPO
- Aufnahmejahr ca.:
- 1993
- UPC/EAN:
- 0761203922420
- Erscheinungstermin:
- 27.10.2004
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drei Streichorchesterkonzerte zwei
Liederzyklen, Kammermusik - das Ergebnis
von 46 Jahren schöpferischer Arbeit. Gustav
AIlan Pettersson: Orchesterbratscher,
Komponist, Querdenker. Ein Mann, dessen
Musik sich jeder Kategorisierung entzieht,
obwohl er in seiner Arbeit stets die Verbindung
zur Tradition aufrechterhielt - und
vielleicht auch, weil er nie zu experimentieren
versuchte. Als der Großteil seiner westeuropäischen Komponistenkollegen sich
dem Serialismus zuwandte (und auch später,
in der postseriellen Phase), rang
Pettersson noch mit den überkommenen
Formen: Symphonie, Solokonzert, Kantate,
Lieder; keine seiner Partituren sieht die Verwendung
elektronischer Instrumente vor,
selbst die 16. Symphonie, die letzte, die er
noch vollenden konnte, schließt mit einem
A-Dur-Akkord der Streicher. Und doch:
Wegen ihrer radikalen Emotionalität erscheint
uns Allan Petterssons Musik als neu,
als im Wortsinne unerhört.
Bis auf wenige Ausnahmen sind
Petterssons Symphonien einsätzige Kolossalgemälde
von durchschnittlich dreiviertelstündiger
Dauer, großorchestrale gewaltige
Gesänge des Zorns und der Anklage,
schwere Wetter, die ohne die spätromantische
Tradition nicht denkbar wären, die
aber dennoch geprägt sind vom harscheren
Ausdrucksgestus der Musik des
20. Jahrhunderts.
Ein Satz des Komponisten geistert
durch fast sämtliche Pettersson-Würdigungen,
sein künstlerisches Selbstverständnis
zu illustrieren; es ist ein Satz, entnommen
einem Brief an seinen Biographen und fast
einzigen Freund, den Stockholmer Musikjournalisten
Leif Aare, erstmals veröffentlicht
in der schwedischen Zeitschrift Nutido
musik:
"Das Werk, an dem ich arbeite, ist
mein eigenes Leben das gesegnete das
verfluchte: um den Gesang wiederzufinden,
den die Seele einst gesungen hat."
Das verfluchte, aber eben auch
das gesegnete eigene Leben - eine Kindheit
in den von Elendsalkoholismus, Gewalttätigkeit
und Kinderreichtum geprägten Slums
im Stockholmer Stadtteil Södermalm, eine
Jugend unter dem Eindruck und dem Einfluß
eines alkoholsüchtigen, gewalttätigen
Vaters und einer demgegenüber hilflosen,
frömmelnden Mutter, ein Leben mit dem ungeliebten
Beruf eines Orchesterbratschers,
der der Sehnsucht noch dem Komponieren
im Wege zu stehen scheint, schließlich der
rapide zunehmende gesundheitliche Verfall,
der Eindruck mangelnder Anerkennung.
Der Fluch, der über diesem Leben zu
liegen scheint, mag evident erscheinen,
schwieriger fallt da wohl schon die Suche
nach dem Segen.
Das Milieu seiner Jugend hat
Pettersson zum Kämpfer werden lassen. Sowohl
in seinem Werk als auch in seinen ungewöhnlich
zahlreichen schriftlichen oder
mündlichen Stellungnahmen zur Position
des Künstlers in der Gesellschaft hat Pettersson,
ohne je zum parteipolitischen Instrument
zu werden, sich in oftmals radikal anmutenden
Worten geäußert. Dem häufig -
gelegentlich unterschwellig - zu vernehmenden
Vorwurf, die wesentliche Triebfeder
seines Schaffens sei Selbstmitleid gewesen,
begegnete er, getroffen vom Unverständnis
gegenüber seiner auf globale Gerechtigkeit
zielenden Arbeit mit entsprechender Härte:
"Jemand sagte mal, dass ich aus Selbstmitleid
komponiere. Ich habe mich nie selber
bemitleidet, ich habe nie weinen können.
Mitleid mit anderen kenne ich, aber
nicht Selbstmitleid. Mir fällt es schwer,
Menschen zu hopsen, aber die sich selber
bemitleiden, die hasse ich. Selbstmitleid ist
so verdammt unproduktiv. Glaubst Du, daß
ich das, was ich geschaffen habe, hätte
schaffen können, glaubst Du, dass man
eine einzige Note schreiben kann die lebt,
wenn man dasitzt und sich selbst bemitleidet? Was ich vermittle, ist nicht Selbstmitleid, sondern bare Information."
Aus der Sicht des großen, wenngleich etwas
verqueren Humanisten, der Pettersson
zweifelsohne war, ist diese Einschätzung
durchaus nachvollziehbar. Der Gegenstand
seiner Musik ist der Mensch, gleichgültig
ob er nun verbal thematisiert auftritt wie in
der 12. Symphonie oder in der Kantate
Vox humano oder als gewissermaßen ethische
Folie wie in den reinen
Instrumentalwerken. Und als gesegnet
konnte Pettersson sein Leben bezeichnen,
weil es ihm wie wohl keinem anderen
Komponisten dieses Jahrhunderts gelang,
dieses Engagement für den Menschen und
das Menschliche hörbar zu machen. Die
künstlerische Identifikation mit den Unterdrückten
war in seinen Augen eine (notwendige) Selbstaufopferung: Die Identifikation
mit dem Kleinen, Unansehnlichen,
Anonymen, mit dem ewig Unveränderlichen,
aber ständig Neuen, Frischen. Darin
wird dem Menschen das Leben bewahrt.
Anders als die Symphonien der
mittleren Schaffensphase, denen bei aller
krass herausgeschleuderten Emotionalität
doch eine gewisse Ausdruckskonzilianz
nicht abgesprochen werden kann, sind -
vielleicht mit Ausnahme des Konzerts für
Violine und Orchester (2.Violinkonzert) und
eventuell noch der 15.Symphonie - die
nach Petterssons neunmonatigem Krankenhausaufenthalt
von 1970 / 71 entstandenen
Werke geprägt von einer nachgerade unbarmherzig
scheinenden Kompromisslosigkeit,
gleichsam langanhaltende Wutausbrüche,
wie unaufhörliche Ströme zornig
herausgeschrieener Klage und Anklage. (Gleichviel finden sich ober auch hier
jene lyrischen Inseln, die vielleicht wirklich
erst in ihrer so stark kontrollierenden Wirkung
die pessimistische Grundhaltung des
Komponisten untermauern).
Dieses Charakteristikum finden wir
auch in der 1976 vollendeten 13. Symphonie,
Petterssons nach der Symphonie Nr. 9
umfangreichsten Partitur.
Die Arbeit an der Symphonie fällt
in eine Phase größerer wirtschaftlicher Sicherheit:
lm Dezember 1975 erhielt
Pettersson das mit 10000 Schwedischen
Kronen dotierte Kurt Atterberg-Stipendium
der STIM (der schwedischen Urheberrechtsgesellschaft), im März 1976 den gleichen
Betrag aus dem Carl Albert
Andersson-Gedächtnisfonds, schließlich im
Mai 25000 Kronen vom Bergen-Festival für
die kurz zuvor begonnene 13. Symphonie.
Und 1976 ist auch das Jahr, in dem ihm
eine Staatswohnung zugesprochen wird.
(Das Haus in der Stockholmer Bastugatan
30 wurde übrigens zuvor lange Jahre von
Ture Rangström (1884 - 1947), einem der
gewichtigsten expressiven Komponisten
Schwedens vor Pettersson, bewohnt).- Die
absolut unbefriedigende Wohnraumsituation
ist es auch, die gerade in der
Entstehungszeit der Symphonie die ohnehin
räumlich begrenzten Entfaltungsmöglichkeiten des Komponisten zunehmend einschränkt: Vor dem Umzug in die Staatswohnung
hatte er 1974 zuletzt das alte
Haus, in dessen viertem Stockwerk er lebte,
verlassen können; der Lärm von Bauarbeiten
tagsüber und die Popmusikbeschallung
durch die Nachbarn in der übrigen
Zeit erschwerten ihm das Komponieren.
Opernaufträge, obwohl sie an ihn
herangetragen wurden, musste er ablehnen,
weil er sich außerstande sah, unter diesen
Umständen an einer ihm neuen Gattung
zu arbeiten.
Den Auftrag des Bergen-Festivals
jedoch, für die Saison 1977 eine
Symphonie zu schreiben, nahm er an; ausführen
musste er ihn allerdings noch unter
den beschriebenen, ihm zutiefst verhassten
Umständen. Es mag sein, dass sein eigenes
gespanntes Verhältnis zu dieser 13. Symphonie
in erster Linie zurückzuführen ist auf
deren unmittelbare Entstehungssituation.
Und gewissermaßen als eine Bestätigung
seiner Weltsicht könnte Pettersson es auch
empfunden haben, dass die für das
25jährige Jubiläum des Festivals 1977 vorgesehene
Uraufführung wegen zu kurzer
Probenzeiten um ein Jahr verschoben werden
musste: sie fand statt am 7. Juni 1978
im Bergener Abschlusskonzert, es spielte
die Musikselskobel Harmonien Bergen (der
das Werk, zusammen mit ihrem künstlerischen
Leiter Karsten Andersen, auch gewidmet
ist) unter der Leitung von Francis Travis.
Angesichts der immensen Anforderungen,
die die Partitur sowohl an Orchester,
Dirigent und Zuhörer stellt, ist die zunächst
zu knapp bemessene Probenzeit des
verschobenen Uraufführungstermins auch
nicht weiter verwunderlich; mit einigem
Recht darf man der 13. Symphonie eine
Sonderstellung zusprechen: an Komplexität
findet sie selbst in Petterssons Schaffen
kaum ihresgleichen, in ihrer Dichte erreicht
sie einen Ausdrucks-, ober auch Schwierigkeitsgrad,
vor dem selbst er zurückgeschreckt
zu sein scheint - die keineswegs
"leichte" 14. Symphonie, die teilweise motivisch
in der 13. vorbereitet wird, wirkt
hier gleichsam konziliant. Pettersson kommt
dem Hörer insofern entgegen, als er zwei
(statt sonst einer) der "lyrischen Inseln" einarbeitet,
die so charakteristisch für seine
Symphonien sind. Aber selbst in ihnen finden
sich Reibungen, die auf die extreme
Bedrohlichkeit der musikalischen Umgebung
hinweisen - so etwa in der zweiten
"lnsel" kurz vor Ende des Werkes, in der
er auf schwerer Taktzeit ein eis der Violen
gegen ein e der Celli erklingen lässt, ungeachtet
des hier unvermeidbar entstehenden
Höreindrucks von schlicht "falschem" Spiel.
Die 13. Symphonie beginnt unvermittelt
mit einem Aufschwung der Streicher,
der in ähnlicher Gestalt häufiger aufgegriffen wird und bis zum Ende seine
signalartige, öffnende Eigenheit bewahrt. Es finden sich auch darüber hinaus
Elemente des Zeichenhaften, deren
Wiederkehr werksymptomatisch erscheint,
so eine zunächst von Posaunen vorgetragene,
dann von den Trompeten aufgegriffene
Tonfolge oder ein Fanfarenansatz
in den Trompeten. AII
diese Zeichen scheinen sich aus dem dichtest
konzentrierten Moteriol nur für Augenblicke
herauszulösen, fallen zurück, geben
anderen Raum.
Es muss mit dieser Zeichencharakteristik
zu tun haben, dass Pettersson
Zitatanklänge einfügt, die an seine Vergangenheit als Orchestermusiker denken lassen, die auch so flüchtig im Höreindruck
sind, dass man sie nicht als Zitate ansprechen mag: So etwa recht früh in den Streichern
eine von Ludwig von Beethoven her
nicht ganz unbekannte Repetitionsfolge, deren
Beliebigkeit Vorsicht geboten sein lässt
in Bezug auf eine Deutung in diesem
Zusammenhange oder versteckt 150 Takte später eine Assonanz an
Rossinis Barbier-Ouvertüre.
Haben wir es, wenn tatsächlich der
Orchestermusiker Pettersson hier bewusst
"Eindrücke aus der Vergangenheit" verarbeitet,
in der kurzen, bizarren Walzerepisode
der zweiten Hälfte der Symphonie
mit einer Referenz vor den skurrilen
Walzern Carl Nielsens zu tun?
Greift die kurz vor der zweiten
"lyrischen Insel" aufscheinende Cellokantilene
Berlioz' Harold in ltalien auf, das
Pettersson als Bratscher sicherlich gespielt
haben dürfte (wie Burkhard Schmilgun, der
Produzent der vorliegenden Einspielung
mutmaßt), handelt es sich um ein weiteres
Lied ohne Worte (wie die schwedische
Pettersson-Forscherin Laila Barkefors sie in
zahlreichen seiner Symphonien entdeckt
hat), oder verbirgt sich hier ein wirkliches
Zitat, dem die Quellenangabe fehlt? - Die
13, Symphonie stellt eine permanente Herausforderung
auch an die Wissenschaft
dar, die Fragen zu beantworten aufgerufen
ist, die hier nahezu Takt für Takt aufgeworfen werden. Als Provokation mag sie in ihrer
Sprödigkeit auch dem in Sachen
Pettersson weniger geübten Hörer erscheinen,
dem sie sich nur dann wirklich erschließen
kann, wenn er ein Höchstmaß an
konzentrierter Mitarbeitsbereitschoft mitbringt. En passant wird sich ihm dieses
symphonische Monument nie erschließen
können.
Rezensionen
H.Salm/Frankf.Rundschau v.30.10.93:"Eines der umfangreichsten und gewichtigsten Werke des ohnehin für den Hörer nicht bequemen Pettersson, die 13.Symphonie,1976 komponiert,einsätzig wie die meisten der 17 Symphonien:ein 67minütiger Riesensatz von berstender emotionaler Spannung. Kaum jemals wagte es ein Komponist,so groß- dimensional Höchstspannung als Dauerzustand durchzuhalten und zuzumuten...Interpreten- Eitelkeit kann bei der Musik Petterssons nicht zum Zuge kommen.Sie bedarf der verständig- sten,aufmerksamsten,zugleich bescheidenen Direktion.Dem Dirigenten Alun Francis gelang eine strenge,kompakte und klare Darstellung, die dem fast unübersehbaren Detailreichtum des Werkes zugute kommt."-
Tracklisting
-
Mitwirkende
-
1 Sinfonie Nr. 13
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