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soundsurfer
01. Dezember 2016
Christmas in Hollywood
Mit „Music for Christmas nights“ legen Quadro Nuevo nach „Weihnacht“ und „Bethlehem“ ihr mittlerweile drittes Weihnachtsalbum seit 2008 vor.
Und an diesen drei Aufnahmen lässt sich auch nahezu exemplarisch nachvollziehen, wie sich diese Gruppe und ihre Musik in dieser Zeitspanne verändert haben.
Konzentrierte sich bei „Weihnacht“ noch alles auf den Kern der Kompositionen und vermittelte die unverstellte, innere Schönheit der Musik (so, wie dies auch auf früheren Werken wie „Canzone della strada“ oder „Tango bitter sweet“ in unnachahmlicher Weise der Fall war), so verschoben sich bei „Bethlehem“ die Akzente schon deutlicher hin zu den Arrangements und den (natürlich in hohem Maße vorhandenen) instrumentellen Fähigkeiten der vier Musiker. Die Form begann den Inhalt zu dominieren.
Man mag spekulieren, in wie weit dies mit dem Umstand zu tun hatte, dass der unvergessene, großartige Gitarrist Robert Wolf nach dem Album „Weihnacht“ aufgrund eines tragischen Autounfalls der Band nicht mehr angehören konnte (dauerhaft vom Hals ab querschnittgelähmt starb dieser wunderbare Musiker tragischer weise im Frühjahr 2015). Im Nachhinein betrachtet habe ich das Gefühl, dass Quadro Nuevo mit Robert Wolf ihre ursprüngliche musikalische Seele etwas verloren haben (und das möge man bitte nicht als Vorwurf an die fantastische Harfenistin Evelyn Huber verstehen, die Wolf´s Platz in der Gruppe im Dezember 2008 übernahm).
„Bethlehem“ war somit für viele, die „Weihnacht“ in ihr Herz geschlossen hatten (und das waren nicht wenige) zumindest eine gelinde Enttäuschung.
Auf „Music for Christmas nights“ gehen Quadro Nuevo nun noch einen Schritt weiter und setzen das Experiment, den ursprünglichen Gruppensound in ein symphonisches Konzept einzubetten (wie auf dem Album „End of the rainbow“ schon praktiziert) fort. Durch die Begleitung in Form der "Münchner Symphoniker“ wird allerdings das Problem der Dominanz des Arrangements über den Song noch weiter verstärkt.
Schon „End of the rainbow“ hatte nicht restlos überzeugen können, vor allem weil das Quartett (insbesondere die Harfe von Evelyn Huber und der Kontrabass von D. D. Lowka) in der Opulenz des Orchestersounds manchmal klanglich fast untergingen.
Dieses Problem stellt sich auch auf der aktuellen Produktion wiederholt ein. Noch schwerwiegender ist aber, dass die Orchesterarrangements bei weitem nicht die Qualität derjenigen auf „End of the rainbow“ haben. Wann immer das Orchester einsetzt, kippt es Zuckerguß im Übermaß in den musikalischen Fluß. Selbst Reminiszenzen an die „Weihnacht“-Aufnahme von 2008, die man gerne unverfälscht gehört hätte, werden mit einer dicken Streicherschicht zugekleistert, die keine Gefühle evoziert, sondern meist einfach nur kitschig wirkt.
Zu nicht unerheblichen Teilen klingt das dann leider eher wie der Soundtrack zu einer mittelmäßigen Hollywood-Schmonzette, aber keinesfalls weihnachtlich. Auf ähnliche Weise hat schon einmal die formidable Mary Chapin Carpenter vor ein paar Jahren ihre wunderbaren Songs ruiniert.
Damit ist „Music for Christmas nights“ aus meiner Sicht das mit Abstand am wenigsten überzeugende Weihnachtsalbum von Quadro Nuevo (und vielleicht sogar das am wenigsten zufrieden stellende Werk ihres gesamt bisherigen Kataloges).
Quadro Nuevo haben sich von ihren ursprünglichen Wurzeln sukzessive entfernt. Sich weiter zu entwickeln und zu verändern ist ein Recht, das man Musikern unzweifelhaft zugestehen muss.
Ob man diese Entwicklung als langjähriger Freund der Musik dieser Gruppe dann aber goutiert und den Weg weiter mitgehen möchte, ist eine andere Sache.
Man wird sehen…