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cvs
22. November 2017
Filmmusikkonzerte mit dem Komponisten sind eine Rarität...
Viel öfter wünschte man sich Mitschnitte von Größen wie Williams, Horner, Goldsmith oder anderen. Deshalb ist diese Veröffentlichung ein besonderes Ereignis. Hans Zimmer ist nicht unbedingt meine erste Wahl, wenn es um Filmmusik geht. Trotzdem habe ich das Livekonzert in München besucht, war sehr angetan und freue mich nun über diese gelungene Blu-ray des Auftritts letztes Jahr in Prag mit dem tschechischen Filmorchester plus Chor und seiner ganz persönlich zusammengestellten "Band". Neben seiner Fähigkeit, zügig schmissige und moderne Filmmusik zu schreiben, versteht sich Herr Zimmer durchaus auch als unterhaltsamer Conferencier. Und er stellt alle Solokünstler mit ein paar netten Worten vor, was auch nicht mehr selbstverständlich ist.
Die Musikauswahl kann durchaus als gelungen bezeichnet werden. Vielleicht ist nur die Reihenfolge nicht ganz glücklich gewählt, besteht doch der zweite Teil des Konzerts fast ausnahmslos aus Percussion-, Keyboard- und Streicherflächen, bei denen eine wirkliche Melodie kaum auszumachen ist. Das funktioniert als Untermalung im Blockbusterkino á la BATMAN oder INTERSTELLAR ganz gut, ist aber als reine Musikdarbietung auf Dauer etwas ermüdend. Der melodischere erste Teil mit unter anderem DRIVING MISS DAISY, THE LION KING, GLADIATOR oder Melodien aus FLUCH DER KARIBIK ist da schon wesentlich zugänglicher. Als insgesamt sehr gelungen möchte ich die auch live über weite Strecken funktionierende Verschmelzung von Orchester und elektronischer Musik bezeichnen, wenngleich in lärmigeren Passagen die Streicher hin und wieder untergehen.
Die Kameraführung und der Schnitt sind gut, ganz klassisch, keine Stakkatoschnitte oder wilden Pirouetten. Die Tonspur weiß durch eine extrem hohe Dynamik zu gefallen und ist über alle fünf Kanäle plus Subwoofer sauber, ja nahezu perfekt abgemischt. Nur nahezu perfekt deshalb, weil der Film mit einer DOLBY-ATMOS-Spur beworben wird. Diese Technik, die auch Höhenlautsprecher mit einbezieht, wurde hier nicht wirklich kreativ ausgenützt. Von den oberen Speakern kommen lediglich Raumhallanteile und ein paar Publikumsreaktionen. Da hätte man mehr draus machen können. Aber das ist Jammern auf hohem Niveau.
Eine Art "Making Of" oder eine Tourtagebuch, wie sie bei David Gilmour oder Genesis, immer so schön zu finden sind, hätte die Sache als Extra noch abgerundet. Oder wenigstens ein kleines Interview mit dem Komponisten.