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    heinoko Top 50 Rezensent

    Aktiv seit: 16. Februar 2017
    "Hilfreich"-Bewertungen: 47
    355 Rezensionen
    Winterengel Corina Bomann
    Winterengel (Buch)
    13.11.2017

    Glas und Liebe

    … „Beides, Liebe und Glas, muss gefühlvoll behandelt werden, wenn es nicht zerbrechen soll. …“ So beginnt das vorliegende Buch, ein Buch über Armut, Kälte, Krankheit und über Zerbrechliches wie Glück, wie Liebe, aber auch über Stärke und Mut. Ein Buch zum Versinken, zum Abtauchen, zum Mitempfinden. Und keinesfalls nur ein Weihnachtsbuch!
    Winter 1895 in Spiegelberg (übrigens nicht in Baden gelegen, wie im Buch behauptet wird, sondern in Württemberg). Die junge Anna Härtel hatte von ihrem verstorbenen Vater die Glasbläserei erlernt und verdient sich durch den Verkauf ihrer gläsernen Engel ein kleines Zubrot, um mehr schlecht als recht für die kranke Mutter und die kleine Schwester zu sorgen. Da erreicht sie ein Brief der Königin Victoria, die sie nach England einlädt, um ihre Glasengel zu zeigen. In Begleitung von John unternimmt Anna die aufregende, beschwerliche und gefährliche Reise…
    Dieses Buch zu lesen war wie in einem opulenten Kinosessel zu sitzen - der schwere Samtvorhang öffnet sich und eine Geschichte beginnt, die mich hinwegträgt in eine andere Welt, in der ich mitfriere, mitleide, in der ich Gefahren ausgesetzt bin, in der ich aber auch menschlicher Wärme begegne und mich auf meine Stärke besinne. Corina Bomann schafft es in wunderbarer Weise, ein Wintermärchen zu erzählen, das unseren immanenten Wunsch nach Wohlergehen und nach Gerechtigkeit des Schicksals aufgreift, ein modernes Märchen, dessen Geschichte Können und Selbstvertrauen belohnt und nach vielen Zweifeln der Liebe eine Chance gibt. Und wenn sich der Samtvorhang wieder schließt, bleibt zurück ein wohlig-warmes Gefühl, das wir uns nicht nur zu Weihnachten wünschen
    Crimson Lake Crimson Lake (Buch)
    09.11.2017

    Super. Spannend. Unbedingt lesen.

    Ted Conkaffey, ehemaliger Polizist, hat sich nach einem falschen Verdacht und langer Untersuchungshaft weit weg von seinem früheren Leben zurückgezogen nach Crimson Lake, ganz im Norden Australiens. Dort hofft er sicher zu sein vor vorverurteilenden Bürgern und der Presse. Er lernt Amanda kennen, eine angebliche Mörderin, die ihre Haftstrafe bereits verbüßt hat. Die beiden beginnen ihre Zusammenarbeit als Privatdetektive und machen sich auf die Suche nach einem verschwundenen Schriftsteller, wobei die örtliche Polizei die beiden in ihrer Arbeit behindert, wo es nur geht. Und während das Inkognito von Conkaffey platzt und der Mob sich gegen ihn formiert, versucht er den Fall von Amanda wieder aufzurollen, aber auch sein eigener Fall beschäftigt ihn weiter…
    Die Story ist großartig, denn eigentlich werden uns drei verschiedene Geschichten gleichzeitig erzählt. Wir durchwandern vielerlei Wendungen in jedem der drei Handlungsstränge und jagen voller Spannung durch die Seiten. Ich war von Anfang an voller Sympathie für Conkaffey, der unschuldig sein bisheriges Leben auf so perfide Art verliert und seither nachvollziehbar unter Angst- und Panikattacken leidet. Sein innerer und äußerer Rückzug ging mir sehr nahe, deshalb war für mich der Thriller ein besonders intensives Leseerlebnis. Als gesellschaftskritische Frage steht hinter allem Geschehen, wie bereitwillig schnell Menschen reine Verdachtsmomente als Tatsache annehmen und ihr Urteil sprechen, wie leicht Medien und Vorverurteilung ein Menschenleben zerstören können.
    Ein Thriller, in dem einfach alles stimmt: Plot, Protagonisten, Gesellschaftskritik, immense Spannung. Alles perfekt verpackt und in einer fesselnden, intensiven Sprache erzählt.
    Manche mögen's steil Ellen Berg
    Manche mögen's steil (Buch)
    05.11.2017

    Herzerwärmend

    Was kann man im tristen November besseres lesen als ein Buch, bei dessen Lektüre man herzhaft lachen kann und am Ende so ein warmes, wohliges Gefühl zurückbleibt, als habe man soeben eine besonders leckere Tasse heiße Schokolade getrunken.
    Vicky ist die toughe, überragend fähige und hochengangierte Teamleiterin bei einer IT-Firma, die Software für Kliniken entwickelt. Ihr Leben spielt sich fast ausschließlich zwischen Smartphone und Monitoren ab, denn in der digitalen Welt fühlt sie sich sicher, hat alles unter Kontrolle, schickt Küsschen an digitale Freunde. In der realen Welt hat sie Allergien, isst nichts, was Augen hat und findet ihren Teamkollegen Konstantin in seinen Maßanzügen anziehend. Als es um die Bewerbung für einen höheren Posten geht, ruft der Personalchef zu einer gemeinsamen Klettertour auf, um soziale Kompetenz, Führungsqualitäten und die Fähigkeit, kreative Lösungsstrategien zu finden, zu testen. Etwas Schlimmeres kann Vicky gar nicht passieren: Raus aus der digitalen Welt, rein ins echte Leben – ein Drama. Und dann rücken sie näher, der Bergführer mit seinem vermüllten Auto und Konstantin, der attraktive Mitbewerber, mit seiner Designer-Sonnenbrille…
    Eine nette, eine vorhersehbare Handlung, ja. Aber die Stärke des Buches liegt im Humor. Ich kann nur dringend davor warnen, das Buch an öffentlichen Orten, z. B. im Wartezimmer oder im Zug, zu lesen. Denn es könnte auf andere Menschen befremdlich wirken, wenn Sie beim Lesen entweder grinsen oder laut auflachen. Die schlagfertigen Dialoge und Pointen nehmen kein Ende und man liest und freut sich. „Wenn Frauen richtig loslegen, sitzt der Teufel daneben und lernt.“ Und dann geht die Geschichte auch noch gut aus. Und schon sind sie da, diese wunderbaren Gefühle der inneren Heiterkeit und die Wärme der heißen Schokolade.
    Der Wunderling Der Wunderling (CD)
    17.10.2017

    Märchenhaft klug


    Mir fiel sofort das Cover auf, und ich war überrascht zu lesen, dass die Autorin die Illustrationen selbst gestaltet hat. So liebevoll, märchenhaft, altmodisch filigran – einfach wunderbar. Ich habe jetzt das Hörbuch in Händen, aber das gebundene Buch werde ich mir auf jeden Fall anschaffen in der Hoffnung, im Buch selbst von weiteren Zeichnungen verzaubert zu werden.
    Die vielfältige, mehrschichtige Erzählung lässt sich nicht wirklich in einer kurzen Inhaltsangabe zusammenfassen. Denn die detailreich ausgeschmückte Geschichte bietet so viel mehr als nur das: Erdling Nr. 13 wächst in einem Waisenhaus für missratene und abscheuliche Wesen auf und erlebt dort schwer zu ertragende Quälereien und Schikane. Er überlebt letztlich nur durch seine innere Kraft zu träumen. Zusammen mit Trixie, einem Vogel mit verstümmelten Flügeln, gelingt ihm schließlich die Flucht, in eine wärmere Welt.
    Eine geniale Mischung bietet die Geschichte – sie ist Märchen ebenso wie Fantasy, sie ist Kinderbuch ebenso wie Erwachsenenbuch. Und es ist eine Geschichte, die Kindern ebenso wie Erwachsenen Mut macht – ein kluges Märchen mit vielen Facetten.
    Vom ersten Wort an war ich fasziniert von Mechthild Großmann, die auf wunderbarste Weise die Geschichte zum Leben erweckt. Ihre tiefe Stimme, ihre langsames Lesetempo und ihre differenzierte Modulation lässt den inneren Bildern viel Raum zu entstehen und zu wirken. Von tiefster Düsternis bis zu hoffnungsfroher Wärme kann Mechthild Großmann alle Facetten dieses Märchens zu Gehör bringen und man lauscht und träumt …

    Pasta Mista 1: Fünf Zutaten für die Liebe Pasta Mista 1: Fünf Zutaten für die Liebe (Buch)
    10.10.2017

    Herzerfrischend witzig


    Mit ü60 ist es kein Schaden, ab und zu auch einmal etwas über Jugendliche zu lesen und sich dabei zu erinnern, dass man all dies Auf und Abs, diese vielen Unsicherheiten und das daraus resultierende befremdliche Benehmen auch einmal hatte. Das vorliegende Buch habe ich mit ganz, ganz großer Begeisterung gelesen, nicht nur wegen der Pasta mit meinem Vornamen!
    Liv und ihre Mutter, die ein Buchcafé betreibt, leben schon seit gefühlten Ewigkeiten allein in einer kleinen Wohnung in München. Liv’s Hobby ist das Kochen und ansonsten beschäftigt sie sich zusammen mit ihren besten Freundinnen hauptsächlich mit dem Thema „erster Kuss“. Ihr Schwarm Justus hat sein Augenmerk auf Nastja Elena geworfen und steht deshalb als erster Freund nicht zur Verfügung. Da taucht überraschend Roberto auf, der neue Lover der Mutter. Und er ist nicht allein, sondern er bringt die 16-jährigen Zwillinge Angelo und Sonia mit. Liv bekommt weiche Knie – zum einen, weil ihre Mutter ihr die neue Beziehung verschwiegen hatte, aber auch, weil Angelo ein Traumtyp ist. Der Überraschungsbesuch aus Italien nistet sich für 3 Wochen in der winzigen Wohnung ein und bringt nicht nur an der Flurgarderobe ziemliches Chaos mit sich, sondern auch in Liv’s Leben. Erst in letzter Minute schafft die Pasta à la Norma die Wende…
    Das Buch ist wunderbar leicht und locker geschrieben. Besonders die vielen inneren und äußeren Dialoge sind herzerfrischend, alltagsnah und heiter formuliert. Hinreißend gelingt es der Autorin, dass wir all die Gefühlsschwankungen von Liv hautnah und verständnisvoll miterleben. Die Geschichte trifft genau ins Schwarze, indem es auf humorige Weise erzählt von all den scheinbar wichtigen Alltagsdingen, von den Unsicherheiten, von all den Themen, die Pubertiere vordringlich beschäftigen. Was nach dem Lesen des Buches übrig bleibt: Ein Schmunzeln und unbandiger Appetit auf italienisches Essen.
    Durst Durst (Buch)
    09.10.2017

    Atemloses Lesevergnügen


    Bereits der 11. Fall für Harry Hole? Unglaublich, denn ich hatte bisher noch nicht die Bekanntschaft mit ihm gemacht. Leider – muss ich jetzt nach der Lektüre dieses Bandes sagen!
    Harry Hole hat es nicht leicht. Seine geliebte Frau Rakel ist ernsthaft erkrankt. Und der Alkohol ist Harry‘s besonderer Feind-Freund. Harry trägt schwer an seiner Vergangenheit, auch wenn er nicht mehr im aktiven Polizeidienst tätig ist. Und aufgrund dieser Vergangenheit wird er ein Erpressungsopfer seines früheren Chefs Bellmann, der ihn zu einer erneuten Mitarbeit zwingt. Ein Killer sucht und findet seine Opfer über die Dating-Plattform Tinder, beißt und trinkt ihr Blut wie ein Vampir. Eine junge Frau aus dem Bekanntenkreis von Harry verschwindet – und es geht gar nicht anders: Harry muss aktiv werden!
    Meine Erwartungen an das Buch waren sehr hoch aufgrund der vollmundigen Werbung vorab. Und meine Erwartungen wurden in der Tat voll erfüllt! Denn das Buch ist spannend, spannend, spannend. Es gibt so viele falsche Fährten, immer neue Wendungen, in kurzen Kapiteln steigert sich die Spannung mehr und mehr bis zum grandiosen Ende. Und das Buch ist grausig, blutig, hart, nichts für zarte Gemüter. Dichte Interaktion zwischen den detailreich geschilderten Personen, ein eindringlicher, unverschnörkelter Sprachstil und ein grausiger Plot, all dies zusammen ergibt atemloses Lesevergnügen.
    Burseg, K: In einem anderen Licht Burseg, K: In einem anderen Licht (Buch)
    24.09.2017

    Rabentrauer und Drachenpech


    Ein Roman, der mich verzaubert und berührt hat.
    Miriam funktioniert in ihrem Beruf als Journalistin für eine Hamburger Frauenzeitschrift und sie funktioniert als Mutter ihres kleinen Sohnes Max, aber in ihr sitzt unverarbeitete tiefe, tiefe Trauer um ihren Mann Gregor, der vor 2 Jahren in Ausübung seiner Tätigkeit als Fotograf in einem Krisengebiet erschossen worden war. Wir begleiten Miriam bei ihren Vorbereitungen zur Verleihung eines Preises, bei dem es um Zivilcourage geht. Stifterin ist Dorothea Sartorius, zurückgezogen lebende reiche Reeders-Witwe, die sich vielseitig sozial engagiert. Aber es gibt auch einen verschwiegenen Teil politischer Vergangenheit im Leben dieser Frau, und Miriam wird durch allerlei Zufälle auf deren terroristische Vergangenheit gestoßen.
    Der klare, schnörkellose Schreibstil gefällt mir gut. Genauso klar wie die Sprache ist die Protagonistin selbst, in ihrem Schmerz ebenso wie in ihrer Profession. Überhaupt sind alle im Buch vorkommenden Menschen sehr farbig, lebendig und plastisch beschrieben. Ein besonders intensives Lesegefühl entstand bei mir immer dann, wenn Miriam ihrer Trauer begegnet. Gerade die leisen, gefühlvollen Stellen sind meiner Meinung nach die Stärken des Buches. Die Geschichte selbst ist an einigen Stellen leider unglaubwürdig, da zu viele Zufälle die Geschichte voranbringen sollen. Auch lässt mich der oberflächlich behandelte politische Hintergrund aus jüngster deutscher Vergangenheit in der hier im Buch dargestellten Art und Weise völlig kalt. Da aber die berührende Seite des Buches überwiegt, spreche ich eine uneingeschränkte Leseempfehlung aus.
    Underground Railroad Underground Railroad (Buch)
    24.09.2017

    Rassismus immer und überall


    Hochgelobt, Pulitzer-Preis, National Award – das beeindruckt. Und es verpflichtet geradezu, das Buch großartig zu finden, seine Tiefe, seine Zeitbezüge, seine Eindringlichkeit zu loben. Wer das nicht tut, gibt sich eine literarische Blöße, hat das Buch nicht verstanden, ist ein Literatur-Banause. Nun denn….
    Erzählt wird die Geschichte von Cora, einer Sklavin auf den Baumwollfeldern Georgias, der mit Hilfe der Underground Railroad (im Buch fiktiv als unterirdische Eisenbahn bezeichnet) die Flucht gelingt. Quer durch Amerika begegnen ihr auf der Flucht weiterhin schlimmste Grausamkeiten. Die ersehnte Freiheit ist eine Utopie. „Als gäbe es auf der Welt keine Orte, wohin man sich flüchten konnte, sondern nur solche, die man fliehen musste.“
    Die im Buch dargestellte schier endlose Aneinanderreihung an unsagbaren Grausamkeiten, die Menschen anderen Menschen angetan haben (auch Sklaven untereinander!), ist verstörend. Die einem Sachbuch ähnliche Darstellung, die Lakonie der Sprache, das Verdichten der gezeichneten Bilder lässt mich erschrecken, aber doch immer nur auf der Verstandesebene. Dass das Fantasy-Element des unterirdischen Zuges vorkommt, lässt leider - sicher zu Unrecht - zweifeln an der historischen Glaubwürdigkeit des gesamten Romans.
    Dieses Buch zu lesen, war für mich mühevoll, teils abstoßend, teils unglaubwürdig. Der lakonische Sprachstil, die nüchterne, reduzierte Erzählweise erreichten mich nicht. Was bleibt, ist die Gewissheit, dass nicht nur Amerikas Sklaven der Brutalität in den Köpfen der Menschen ausgesetzt waren, sondern dass bis heute auf der ganzen Welt Feindbilder als Projektionsfläche für das Ausleben niederster und boshaftester Triebe dienen und der Mensch der größte Feind des Menschen ist. Daran wird auch dieses Buch nichts ändern, Pulitzer-Preis hin oder her!
    Sonntags fehlst du am meisten Sonntags fehlst du am meisten (Buch)
    13.09.2017

    Zur Prinzessin verdammt

    Als Drehbuchautorin hat Christine Drews große Routine im Schreiben lebendiger Dialoge und detailgenauer Situationsschilderungen. Das spürt man deutlich auch in dem vorliegenden Buch, mit dem sich die Autorin auf ein völlig neues Gebiet begibt, nämlich auf die Aufarbeitung einer schwierigen Vater-Tochter-Beziehung.
    Die goldene Hochzeit der Eltern steht bevor, und Caro, 44, muss sich entscheiden, ob sie diesen Festtag nutzen oder meiden will. Denn seit einem Jahr besteht zwischen Vater und Tochter völlige Funkstille. Caro ist trockene Alkoholikerin, ohne Beruf, geschieden, Mutter eines 9-jährigen Jungen. Sie gibt ihrem Vater die Schuld an ihrem verkorksten Leben, da er sie aus ihrer Sicht nie ernstgenommen hatte. In Gesprächen mit der alten Frau Schneiders gewinnt sie jedoch zunehmend eine neue Sicht auf die früheren Geschehnisse. Schließlich fühlt sie sich stark genug für eine neue Begegnung mit ihrem Vater…
    Vater-Töchter-Beziehungs-Bücher gibt es mehr als genug. Was mir an dem vorliegenden Buch sehr gut gefällt, sind die Perspektivenwechsel. Nicht nur die ich-bezogene Wahrnehmung der Protagonistin Caro wird dargestellt, sondern auch das So-Geworden-Sein des Vaters aus seiner Sichtweise. Diese völlig unterschiedlichen Wege implizieren tiefgreifende Probleme im Miteinander. Die erzählte Geschichte ist nachdenkenswert und schafft durchaus Verständnis. Leider wirkt das Buch sehr zerrissen, weil neben dem Erzählerwechsel auch sehr viele Zeitsprünge eingearbeitet wurden. Das ist zwar ein probates Mittel, um bei Krimis die Spannung zu erhöhen, aber diesem ernsthaften Thema hätte eine ruhigere, konstantere Erzählweise besser getan.
    Wildeule Wildeule (Buch)
    04.09.2017

    Behäbig


    „Wildeule“ ist Band 3 der Gesine-Cordes-Krimis, einer Reihe rund um die ehemalige Kommissarin, die nach einem erlittenen Trauma ihren Beruf aufgab und nunmehr seit längerem als Friedhofsgärtnerin arbeitet. Ich habe diesen Band 3 gelesen ohne Kenntnis der vorherigen Bücher, was ich nicht als nachteilig empfand. Es gab im Buch eingestreut genug Hinweise zur Vorgeschichte der Protagonistin.
    Gesine liebt die Idylle, die Ruhe und ihre Arbeit in der Natur, lebt zurückgezogen in einem Wohnwagen. Bis sie aufgeschreckt wird, weil während einer Beerdigung ein nicht verschlossener Sarg offenbart, dass nicht die erwartete weibliche Leiche darin liegt, sondern der Bestattungsunternehmer selbst. Und da kommt wieder die Kommissarin Gesine zum Vorschein. Sie beginnt undercover zu ermitteln, insbesondere da ihr Freund Hannes, ebenfalls Bestattungsunternehmer, unter Verdacht gerät.
    Der Krimi kommt sehr behäbig daher und genau das macht seinen Charme aus. Man kann ganz gemütlich in die Handlung eintauchen und muss nicht von Spannung getrieben durch die Seiten hetzen. Der klare, gut lesbare Schreibstil trägt ebenfalls zu einem entspannten Lesen bei. Das Buch hat mich an keiner Stelle gelangweilt, denn die Handlung ist lange Zeit nicht durchschaubar und man möchte der Aufklärung näher kommen. Nachteilig empfand ich, dass die Personen in ihren Aktionen und Gesprächen nicht immer nachvollziehbar sind, manchmal etwas hölzern konstruiert wirken. Aber alles in allem eine durchaus sympathische, wenn auch wenig anspruchsvolle Unterhaltung.
    Palast der Finsternis Palast der Finsternis (Buch)
    29.08.2017

    Zuviel


    Ein junger Autor, der über eine schier unerschöpfliche innere Bilderwelt verfügt und mit einer großartigen Wörterkraft diese Bilderwelt nachvollziehbar schildert: Segen und Fluch gleichermaßen in meinen Augen…
    Fünf ganz unterschiedlich talentierte Jugendliche aus den Staaten wurden ausgewählt, in Paris an einer sehr besonderen Expedition teilzunehmen, nämlich an der Erforschung eines unlängst entdeckten unterirdischen Palastes, der im 18. Jahrhundert von einem Adligen zur Zeit der Französischen Revolution zum Schutz für seine Familie erbaut worden war. Was als interessante Herausforderung beginnt, entpuppt sich sehr schnell als ein Labyrinth in den Abgrund, ein sich immer schneller drehendes Karussell der Gefahren und Bedrohungen. Der zweite Handlungsstrang schildert das Leben der adligen Familie Bessancourt in Paris um 1790. Während Mutter und Töchter im überirdischen Palast ausharren, vor der näherrückenden Gefahr der Aufrührer die Augen verschließend, wird unter dem Palast hektisch an einem „zweiten Versailles“ gebaut.
    Das Buch wirkte auf mich wie ein langwährender Alptraum, surreal, mit immer wieder neu auftauchenden Wendungen, schier überbordend an überraschenden schönen wie grausamen Bildern. Durchaus spannend erzählt, aber im Gesamten hat mich das Buch dann doch ermüdet, weil die Flut der intensiven Bilder mich irgendwann überrollte und mich nicht mehr erreichte. Dieses Zuviel lässt leider die eigentliche Botschaft des Buches, nämlich dass wir gemeinsam so viel mehr schaffen können als allein, untergehen.
    Schweighausers Korrekturen Ralph Schröder
    Schweighausers Korrekturen (Buch)
    27.08.2017

    "Man staunt über die Zusammenhänge"

    Selten, sehr selten stößt man in der Gegenwartsliteratur auf Bücher, die man als „groß“ bezeichnen möchte. Schweighausers Korrekturen ist für mich ein wahrlich großes Buch.
    Der Autor schlüpft in die Person Armin Schweighauser und zeigt uns die Geschehnisse ausschließlich aus Sicht dieses Protagonisten. Das ist meines Erachtens eine ausnehmend große Autorenleistung, die kleine, enge Welt des Armin Schweighausers so zu schildern, als sei es seine eigene, ohne auch nur einmal der Verführung, allwissender Autor zu sein, zu erliegen.
    Schweighauser arbeitet in Abend- und Nachtschicht für eine Zeitungsredaktion als Korrektor. Fehlersuche und –ausbesserung des nachts im Licht der Schreibtischlampe, ein Caféhaus-Besuch bei Tage, freundlich-distanzierter Kontakt zu Kollegen, ab und an eine Zigarette – sehr viel mehr geschieht nicht in seinem Leben, das er selbst als ereignislos und leer erlebt, aber passiv hinnimmt. Die gelegentlich auftretenden Sehstörungen, ein Auflösen der Schriftbilder, die zeitweise Unfähigkeit des Klarsehens bei der Arbeit sind ihm vertraut, beunruhigen ihn nicht, zwingen ihn jedoch für eine Weile zum Blickwechsel, die Augen vom Kleinen ins Weite zu richten… Aus der Teilnahmslosigkeit erwacht er, als ihn der Gedanke anweht „einzugreifen“. Er, der Korrektor, der Garant für Fehlerlosigkeit, entscheidet sich bewusst für Fehler, für eine Kurs-Korrektur, für eine ganz und gar eigenmächtige Wahrheits-Korrektur. Erst sind es nur einzelne Wörter, dann Sätze. Während Schweighauser in zunehmende innere Spannung gerät, passiert in der äußeren Welt nichts, gar nichts. Die Leser bleiben gleichgültig gegenüber der Wahrheit, der manipulierten oder der wahren (falls es die überhaupt gibt). Erst eine Korrektur von großer Tragweite bringt den Ball ins Rollen und Schweighausers Leben in einen Bereich der völligen Machtlosigkeit, die Wahrheit bleibt ohne jegliche Chance. Schweighauser, der mit der Wahrheit gespielt hatte, wird zum Spielball der Wahrheit.
    Die langsame, differenzierte, feinziselierte Sprache des Autors korrespondiert mit dem Inhalt des Buches. Nicht alles am Inhalt ist offenkundig, schon gar nicht vordergründig. Ich hatte das Gefühl, ich müsste mich als Leser neu justieren, um die Feinheiten überhaupt wahrnehmen zu können. Manchmal bin ich über Wortbilder gestolpert, die sich mir in den Lese-Weg stellten und sich nicht mehr beiseite räumen ließen, wie z. B. „sich der eigenen Anwesenheit überlassen“.
    Ein Buch zum Wieder- und Wiederlesen, unauslotbar, kostbar, in einer sorgsam-feinen Sprache geschrieben – für mich ein großes Buch.
    Ragde, A: Sonntags in Trondheim Ragde, A: Sonntags in Trondheim (Buch)
    25.08.2017

    Ziemlich schräge Typen

    Wirklich schade, dass ich die Vorgänger-Bücher nicht kenne bzw. dass ich vor Lektüre dieses Buches gar nicht wusste, dass es das vierte in einer Reihe rund um die Familie Neshov ist. Vermutlich hätte ich dann manche Zusammenhänge besser verstanden. Ohne die Vorkenntnisse kam mir die Handlung fast ein wenig wahllos zusammengesetzt vor, nicht wirklich rund.
    Es wird über die weit verstreut lebenden Mitglieder der Familie Neshov und über ihr jeweiliges Lebensumfeld erzählt. Allesamt sind sie in ihrer Art schräge, extrem unterschiedliche Typen. Da ist z. B. der ernsthafte Bestatter Margido, der es mit allem sehr genau nimmt und für den es bereits ein Abenteuer darstellt, seine immer exakt gleich geschmierten Vesperbrote im Wald auf einem Baumstumpf sitzend zu essen statt an seinem Schreibtisch im Büro. Oder das wunderbar intensiv geschilderte schwule Paar Erlend und Krumme mit ihren drei Kindern und deren lesbischen Müttern. Und nicht zuletzt Torunn, die Nichte, die nach einer gescheiterten Beziehung den Mut aufbringt, in ihr einstiges Zuhause und Erbe, ein großes, leerstehendes bäuerliches Anwesen in Trondheim, einzuziehen und sich den Schatten der Vergangenheit zu stellen.
    Mitunter war der Schreibstil etwas kompliziert, manche Sätze musste man zweimal lesen, um sie zu verstehen, was jedoch an der Übersetzung liegen mag. Ein gravierender Fehler wurde vom Lektorat übersehen: S. 196 oben heißt es „an seinem Champagner nicken“ (statt nippen).
    Insgesamt gesehen habe ich dieses Buch durchaus gemocht. Es wird humorvoll und sehr liebevoll erzählt, und es gibt neben den vergnüglichen Stellen viele nachdenkenswerte Passagen. Nur leider, leider ist dieser Band alleine ohne die Vorgänger-Bücher (und ohne den vermutlich folgenden 5. Band) ein etwas willkürlich zusammengesetztes Konglomerat von Einzelschicksalen, deren Verknüpfung dem Leser dieses einen 4. Bandes allein verborgen bleibt.

    Sieh nichts Böses Inge Löhnig
    Sieh nichts Böses (Buch)
    11.08.2017

    Neuentdeckung, die mich begeistert


    Wie konnte es nur geschehen, dass mir die Autorin bislang unbekannt war und ich erst durch diese Neuerscheinung auf sie aufmerksam wurde? Jetzt MUSS ich alle anderen Bücher von ihr lesen: Freude pur!
    Kommissar Dühnfort kehrt von seiner Hochzeitsreise zurück und schon wird er durch das Auffinden einer weitgehend verwesten Frauenleiche wieder in die grausame Wirklichkeit seines Berufes gestoßen. Bei den mühsamen Ermittlungsarbeiten öffnen sich viele mögliche Spuren. Lebensgeschichten treten zutage, in denen Grausamkeiten und Misshandlungen zum Alltag gehörten. Eine weitere Frau wird vermisst und alles wird immer verworrener.
    Parallel dazu erfährt man, dass Gina, die Frau von Kommissar Dühnfort, schwanger ist. Das Kind wird nicht gesund auf die Welt kommen.
    Vergnüglich fand ich, dass Kommissar Dühnfort ziemlich anspruchsvoll ist, was seine Essenswünsche betrifft oder seinen Kaffeegenuss. Stellenweise hatte ich den Eindruck eines München-Food-Führers. Auch hat die Autorin eine Neigung, Werbung für bestimmte Luxusmarken einzubauen, egal ob Farbstifte oder Espresso-Maschine oder Zigarettenanzünder. Teilweise musste ich mich von Mr. Google aufklären lassen…
    Inge Löhnig schreibt wunderbar menschennah, zeichnet die Prototypen sympathisch, selbst im Bösen noch mit einem Hauch von Verständnis. Sie schildert Konflikte nachvollziehbar. Und, ganz großartig, sie schreibt bildhaft, lebendig und sehr, sehr spannend – bis zur letzten Seite.
    Fazit: Ich bin rundum begeistert!

    Runaway Runaway (Buch)
    08.08.2017

    Zum Schwindelig-Lesen

    Manchmal braucht man sie im Leben: Bücher, die man nicht mehr weglegen kann, die einen Seite um Seite verschleppen in ihre eigene Welt, in eine Welt ungebrochener Kraft und Spannung, egal ob glaubwürdig oder nicht. Runaway ist solch ein machtvolles Buch, das uns in einen Spannungsstrudel reißt, bis wir uns schwindelig lesen und dabei nicht mehr zu Atem kommen.
    Frederick Hagel entdeckt, dass seine Frau unsaubere Finanzgeschäfte tätigt und möchte sie um ihretwillen darin stoppen. Sie bringt ihn, um ihn mundtot zu machen, in die geschlossene forensische Psychiatrie. Nach 18 langen Jahren gelingt Frederick der Ausbruch und sein Rachefeldzug beginnt…
    Der intensive Schreibstil, die eindringlichen Schilderungen und die relativ kurzen Kapitel haben Suchtpotential und machen das Lesen zu einem wahren Vergnügen. Allein schon die Darstellung der unendlich langen Jahre in der Psychiatrie wirken so bedrückend echt und intensiv, als habe der Autor dieses Elend am eigenen Leib erfahren. Die rasante Flucht mit dem einzigen Ziel, Rache zu üben, ließ mich beim Lesen kaum mehr zu Atem kommen. Denn durch die immer wieder neuen überraschenden Wendungen hatte ich das Gefühl, einem hakenschlagenden Hasen nachzujagen. Jedes Mal, wenn ich dachte, ich wüsste, in welche Richtung sich die Geschichte entwickelt, geschah wieder etwas völlig Unvorhergesehenes, und das bis zum furiosen Ende!
    Fazit: Atemlose Spannung von der ersten bis zur letzten Seite, grandios geschrieben!
    In tiefen Schluchten Anne Chaplet
    In tiefen Schluchten (Buch)
    08.08.2017

    Felsen, Höhlen, Hugenotten


    Tori Godon, frisch verwitwete ehemalige Patentanwältin aus Deutschland, lebt am Fuße der Ceyennen im Süden Frankreichs in einem uralten Haus, dessen Geschichte sich mehrere Jahrhunderte zurückverfolgen lässt. Sie lebt zurückgezogen und traurig mit ihren Erinnerungen, unternimmt viele Wanderungen, Marktbesuche, ist freundlich zu Mensch und Tier. Ein holländischer Tourist verschwindet. Ein alter Mann aus dem Dorf wird tot aufgefunden. Tori befasst sich mit dem Verschwinden des Holländers, gerät dabei selbst in große Gefahr…
    Einerseits haben Regionalkrimis einen besonderen Reiz, insbesondere wenn man die entsprechende Gegend mag. Andererseits - was macht man mit einem Krimi, wenn man die Gegend so gar nicht leiden kann? Ich mag keine steilen Straßen, ich mag keine Höhlen, keinen kalten Regen, keine undichten Steinhäuser, auch wenn sie sich noch so malerisch an den Felsen schmiegen. Google zeigt viele wunderschöne Bilder zum Stichwort Ceyennen, und das Buch schildert entsprechend ausführlich und durchaus gekonnt und farbig die Besonderheiten der Gegend. Auch geschichtliches Wissen fließt reichlich in das Buch ein: so z. B. der Widerstandskampf der Hugenotten oder der Widerstand gegen die deutsche Besatzung im 2. Weltkrieg, die Frage nach Schuld und Gerechtigkeit. Viel Wissen wird also hineingepresst in das Buch ebenso wie viele Landschaftsschilderungen, zwar jeweils geschickt verpackt und in die Handlung integriert, aber dennoch das Lesen streckenweise mühsam machend. Etwas mehr Spannung kommt erst im letzten Drittel des Buches auf.
    Fazit: Das Buch ist kein Krimi im herkömmlichen Sinne. Es benötigt geduldige Leser mit der Liebe zur Bergwelt im Süden Frankreichs, Leser, für die die Kriminalgeschichte an zweiter Stelle stehen darf zugunsten der ausschweifenden Schilderungen einer pittoresken Landschaft und einer Bevölkerung, deren geschichtlicher Hintergrund das Schweigen und Vertuschen verständlich macht.
    Die Räuberbraut Die Räuberbraut (Buch)
    04.08.2017

    Lebendig-spannend erzählt

    Historische Romane lese ich relativ selten, insofern ging ich neugierig-neutral auf das neue Buch von Astrid Fritz zu. Und ich wurde rundum positiv überrascht!
    Es geht in der Geschichte um Juliana, eine Musikantin, die Anfang des 19. Jahrhunderts auf Hans Bückler, den sog. „Schinderhannes“ trifft, einen attraktiven, fast charismatisch zu nennenden jungen Mann, der sich im Hunsrück mit etlichen Kumpanen durch Überfälle und Räubereien einen Namen gemacht hat. Er ist unbekümmert und fest davon überzeugt, niemals erwischt zu werden, denn die räuberischen Freunde halten zusammen. Juliana und Hannes verlieben sich, sie heiraten und Juliana zieht fortan mit dem Schinderhannes durch die Gegend, immer unterwegs, immer in Unruhe.
    So sorgfältig wie die rein äußere Gestaltung des Buches, so ist auch der Inhalt perfekt recherchiert, detailgetreu, historisch korrekt. Sehr hilfreich ist das umfangreiche Glossar, das alle unbekannteren Begriffe, insbesondere aus dem Rotwelschen, erläutert.
    Insgesamt liest sich das Buch absolut spannend. Es ist lebendig und farbig erzählt, sozusagen mit allen Sinnen werden die Situationen und Gegebenheiten wiedergegeben, sodass man als Leser stets mitten im Geschehen ist und in die Erzählung ganz und gar eintaucht. Manchmal wurden mir allerdings die vielen einzelnen Stationen des Umherziehens, die zahllosen Ortsnamen und die dort dann jeweils ansässigen Menschen und deren Namen zuviel, wenngleich natürlich sehr viel mühsame Recherche der Autorin dahintersteckt. Abgesehen von diesen etwas anstrengend zu lesenden Passagen hat mich das Buch jedoch insgesamt gepackt und mir die spannende Zeitgeschichte zwischen 1800 und 1850, die ich bislang nur aus der Sicht privilegierterer Schichten kannte, nunmehr sozusagen aus „Räubersicht“ näher gebracht. Im Fokus steht die überaus sympathische, mutige, starke Frau des Schinderhannes, deren Leben geprägt war von ständiger Flucht, von Verzicht und Sorge, von harten Schicksalsschlägen, aber auch von einer alles ertragenden, alles verzeihenden, ganz großen Liebe.
    Und Marx stand still in Darwins Garten Und Marx stand still in Darwins Garten (Buch)
    03.08.2017

    Fiktiv und faszinierend gut

    Zwei geniale Geister, Charles Darwin und Karl Marx, exzentrisch, krank, enttäuscht, sind sich im wirklichen Leben nie begegnet, wenngleich sie voneinander wussten. Die Autorin erzählt in ihrem Buch, wie sich in einem fiktiven Geschehen zwei Weltveränderer gegen Ende ihres Lebens einander annähern, durch den gemeinsamen Hausarzt Dr. Beckett assistiert.
    In diesen zwei Sätzen lässt sich der Buchinhalt wiedergeben, und dennoch findet sich in Wirklichkeit eine ganze Welt zwischen zwei Buchdeckeln. In einer überaus geglückten Mischung aus Roman und Sachbuch erlebe ich unglaublich intensiv und nah zwei Geistesgrößen in ihrer jeweils doch sehr besonderen, geradezu verschrobenen Art und Weise. Das Buch hätte auch ganz anders werden können. Dröge. Langatmig, in Wörter zwangsgepresstes Wissen. Aber ganz im Gegenteil: es fasziniert vom ersten Satz an. Bereits nach ca. 20 Seiten hatte ich so viel über Regenwürmer erfahren, wie ich es mir nie hätte vorstellen können. Und, was am Wichtigsten ist: Ich habe mich keine Sekunde gelangweilt. Ich sehe nicht nur die Welt der Regenwürmer lebendig vor mir, sondern auch den Menschen Darwin, den gleichermaßen gequälten und genialen Geist. Weniger lebendig wurde mir die Person Karl Marx. Vielleicht spürt man als Leser, dass die Autorin, wie sie selbst angibt, eher ein intellektuelles Vergnügen beim Schreiben über Marx erlebte, bei Darwin jedoch eine große menschliche Nähe verspürte.
    Es gelingt der Autorin, die ganz großen Fragen der Menschheit in ganz kleine Details, farbig erzählt, zu verpacken und sie so zu Herzen gehen zu lassen. Ein Meisterwerk!
    Ich schenk dir die Hölle auf Erden Ellen Berg
    Ich schenk dir die Hölle auf Erden (Buch)
    03.06.2017

    Fitness-Training für die Lachmuskeln

    Lieben Dank an den Verlag, durch den ich das Buch bereits vor Erscheinen lesen durfte! Für mich war es eine Entdeckung, da ich die Autorin bislang noch nicht kannte. Und es war ein Fitness-Training für meine Lachmuskeln – auch dafür sagt der Sportmuffel danke!
    Carina und Jonas: Seit 10 Jahren verheiratet, er erfolgreicher Wirtschaftsanwalt, sie überzeugte Hausfrau und zweifache Mutter. Er arbeitet viel, sehr viel und kommt im Familienleben kaum vor. Sie kümmert sich um alles und jeden, allerdings nicht um sich selbst. So weit so gut. Als Carina jedoch dahinter kommt, dass Jonas sie mit Chantal, einer Größe 34 in lila Overknees, betrügt, und dies schon seit längerem, gerät der gesamte Kosmos von Carina ins Wanken. Gut, dass es einen Kreis von Freundinnen gibt, der Carina auffängt. Freundinnen, die unterschiedlicher gar nicht sein könnten und die großartige Ideen zusammentragen, um Jonas künftig das Leben schwer zu machen. Der urkomische Rachefeldzug beginnt…
    Warnung: Lesen Sie das Buch nicht im Beisein fremder Menschen (im Wartezimmer z. B.). Denn Sie werden beim Lesen permanent grinsen und zwischendrin laut auflachen. Das kann auf andere Menschen befremdlich wirken. Mir jedenfalls ging es so, d. h. ich kam aus dem Grinsen und Lachen gar nicht mehr heraus und musste allein schon der guten Laune wegen das Buch ohne Unterbrechung durchlesen. Die Autorin zündet in ihrer Geschichte ein Feuerwerk an schlagfertigen Dialogen und Pointen, die man sich alle abschreiben möchte, um sie in Zukunft allzeit parat zu haben. Man reibt sich beim Lesen innerlich ständig die Hände, wenn wieder so ein verbaler Rachezug gelungen war. Selbst alte Kalauer, so verpackt, machen Spaß. Aber hinter all dem Humor steckt natürlich auch eine Botschaft: „Wer versucht, sich alle Türen offen zu halten, wird seine Zukunft auf dem Flur verbringen.“
    Fazit: Richtig gut geschriebene, vergnügliche und auf den zweiten Blick gar nicht so seichte Unterhaltung.
    Der Brief Der Brief (Buch)
    25.05.2017

    Spiel der Möglichkeiten

    "Die Realität ist eine Frage der Wahrnehmung, nicht der Wahrheit."
    Dies sagt Martin, ein ehemaliger Schulfreund, zu Marie. Und sagt damit auch alles über dieses Buch aus.

    Marie ist Journalistin, lebt in Hamburg zusammen mit ihrer großen Liebe Johanna. Ein von Liebe und gegenseitigem Verständnis geprägtes Leben. Fast zu schön, denkt man beim Lesen. Doch dann: Zwischen all die geschilderte Lebens-Normalität nisten sich Briefe ein, die eine zunehmend verstörende Wirkung haben. Weil sie unerklärlich sind, weil sie von einem anderen Leben erzählen, einem Leben, das Marie in Paris führt, zusammen mit Victor. Marie macht sich auf die Suche, auf die Suche nach einer Erklärung, die ihr Lebensgleichgewicht wieder herstellen könnte...

    "Der Brief" ist ein kleines, feines Buch. Ein Buch, das man nach der letzten Seite nicht weglegen kann mit einem erleichterten: "Ach, so war das." Ein Buch, das sich frech im Kopf einnistet und Fragen stellt. Was wäre wenn? Warum so und nicht anders? Wer hat wann die Weichen gestellt? Existentielle Fragen, ganz unscheinbar, aber fesselnd verpackt in diesem kleinen, großen Buch.
    Rehn, H: Haus der schönen Dinge Rehn, H: Haus der schönen Dinge (Buch)
    24.05.2017

    Filmreifes Sujet

    Auf üppigen 650 Seiten wird hier intensiv und detailreich ein Zeitgemälde ausgebreitet, das 3 Generationen umfasst. Jacob Hirschvogl, jüdischer Kaufmann, und seine Frau Thea lassen um die Jahrhundertwende zum 20. Jh. das Kaufhaus Hirschvogl am Rindermarkt in München entstehen, einen Kauftempel der Superlative, in dem es alles gibt, was das Herz der feinen Gesellschaft begehrt. Das Kaufhaus wächst und wächst, alles dreht sich bei Familie Hirschvogl nur um Ideen und Erweiterungen rund um das Kaufhaus. Auch Tochter Lily ist von dieser lebenserfüllenden Begeisterung für das Kaufhaus erfasst, insbesondere in den Zwanziger Jahren blüht und gedeiht alles, was die Familie auf die Beine stellt. In den 30er Jahren fallen die ersten zeitgeschichtlichen Schatten auf die Familie Hirschvogl...

    Dank der großen Kunst der Autorin, sehr bildreich und malerisch Details zu schildern, läuft das Geschehen wie ein Film vor dem inneren Auge des Lesers ab. Man fühlt den Stoff, das Rascheln, die Farben, die Üppigkeit der Dekorationen. Und man fürchtet schon zu Beginn das schreckliche Ende... Ich war von diesem Buch fasziniert, nein, geradezu hingerissen, konnte, da ich vor meiner Pensionierung selbstständige Geschäftsfrau war, restlos mitempfinden, wie es sich anfühlt, wenn das eigene Geschäft der Mittelpunkt des Lebens ist. Die Autorin beschreibt am intensivsten die Zeit der Geschäftsblüte. Hier gelingt es der Autorin meisterhaft, den Idealismus, die Träume, die Hoffnungen und die Freude über Gelungenes in zündende Worte zu packen. In der Darstellung der 30er Jahre und später bekommt das Buch meiner Meinung nach leider Längen, wird zunehmend flacher, grauer, trockener, teils mühsam zu lesen. Für mich war anhand des Erzählten das Grauen des Endes nicht spürbar. Das Entsetzliche spürte ich nicht. Es wurde erzählt, aber ohne Leben erzählt. Ich empfand das Buch leider zum Ende hin geradezu als leer.
    Dennoch insgesamt ein absolut lesenswertes Buch, das ich mir wunderbar als Film vorstellen könnte.
    Wünsche, die uns tragen Wünsche, die uns tragen (Buch)
    05.05.2017

    Warmherzig und ergreifend

    Geschichten, die das Leben schrieb (oder die zumindest so ähnlich klingen), sind immer noch die besten. Man schlüpft in ein fremdes Leben und leidet mit, als sei es das eigene.

    Da ist das Kind Jake, das wegen Nierenversagen dringend eine Spenderniere benötigt. Die Eltern, die ihren Sohn abgöttisch lieben, eignen sich nicht als Spender und andere Verwandte scheint es nicht zu geben.
    Im Rückblick wird von einem schrecklichen Autounfall erzählt, bei dem drei Menschen sterben. Die Überlebenden gehen ihren eigenen Weg.
    Erst viel, viel später kann das verwirrende Beziehungsgeflecht entwirrt werden und die Frage nach Schuld und Verantwortung auf einer neuen Ebene zum Guten geführt werden.

    Die Autorin schildert auf lebendige Weise in ihrem Buch sehr liebenswerte Menschen, die bemüht sind, nur das Beste zu wollen und zu tun. Insofern scheint mir die Realität sehr, sehr weit weg. Andererseits tut es einfach gut, sich in dieses Buch fallen zu lassen, Tee zu trinken, Hitze und Regen zu spüren und sich mit den einzelnen Schicksalen zu identifizieren, vor allen Dingen aber das Wohlwollen zu fühlen, mit dem die Autorin ihren Protagonisten begegnet. So wollte man selbst auch gerne gesehen werden.
    Mir hat das Buch sehr, sehr gut gefallen, denn es hat mich gefesselt, es hat mich bewegt und es hat in mir ein sehr warmes Gefühl, ein sehr positives Gefühl ausgelöst. Unterhaltung ja, aber nicht von der seichten Art, sondern mit einer durchaus nachdenklichen Komponente.
    Überleben ist ein guter Anfang Überleben ist ein guter Anfang (Buch)
    17.03.2017

    Mut und Herzenswärme

    Manchmal geschieht es, dass ein Buch wärmt wie eine Tasse Tee oder wie ein anerkennendes Wort oder wie das Lächeln eines Fremden. Das vorliegende Buch ist ein solches Wärme-Buch. Es führt mich ab dem ersten Satz ohne Schwere hinein in die Welt von Anja, einer Frau mittleren Alters, die an Brustkrebs erkrankt ist, mit Knochenmetastasen und entsprechend wenig Hoffnung auf ein langes Leben. Anja nimmt trotz aller Vorbehalte ihren Mut zusammen und schließt sich einer Selbsthilfegruppe an, was zu völlig neuen Erfahrungen führt. Die Gruppe, deren Mitglieder nicht unterschiedlicher sein könnten, wächst durch den Tod eines Mitgliedes zusammen und begibt sich schließlich auf eine Weltreise. Diese Reise bewirkt bei jeder der Frauen einen ganz besonderen Entwicklungsprozess, gegenseitig stützen sie sich in ihrem individuellen So-Sein, sie ermutigen sich, stützen sich, loten ihre Grenzen aus und spüren durch neue Erfahrungen das kostbare Leben.
    Der Schreibstil ist sehr eindrücklich, weil er so einfach ist, so klar, so nüchtern, und dabei genau beobachtend. Da ist nichts Larmoyantes, nichts Weinerliches, nichts Betuliches. Die sehr unterschiedlichen Frauen werden mit liebevoller Achtung und einem ebenso liebevollen Blick aufs Komische geschildert. Es ist nicht wichtig, dass diese spontane Weltreise recht märchenhaft klingt, als nicht wirklich realisierbar. Wichtig ist das innere Lächeln, dieses Gefühl der Wärme, mit dem man das Buch am Ende weglegt, wichtig ist das Fünkchen mehr Mut, das Leben jetzt, hier und heute, auszukosten. Ein starkes Buch!
    Smith, D: Das letzte Bild der Sara de Vos Smith, D: Das letzte Bild der Sara de Vos (Buch)
    16.03.2017

    Fein und elegisch schön

    Ein feines Buch hat man hier in Händen: Lesebändchen, ein Schutzeinband, der sich ähnlich strukturiert wie Leinwand anfühlt, feines Papier und feine Schrift. Und wahrlich ein feiner Inhalt.
    Erzählt wird auf zwei Zeitebenen. So zum einen im 17. Jahrhundert in Amsterdam. Sara de Vos, um deren Bild „Am Saum eines Waldes“ es geht, ist verheiratet mit einem anerkannten Landschaftsmaler. Sie wurde als erste Frau in die Amsterdamer Meistergilde St. Lukas aufgenommen, dennoch musste sie als Frau stets hinter ihrem Mann zurückstecken bzw. ihm zuarbeiten. Als ihre einzige Tochter stirbt, hört sie auf zu malen. Der zweite Handlungsstrang beginnt im Jahr 1957 in den USA und endet im Jahr 2000 in Australien. Der reiche Anwalt Marty de Groot besitzt das Bild „Am Saum eines Waldes“, das einzige noch existierende Bild von Sara de Vos. In Brooklyn beginnt im gleichen Jahr Ellie Shipley, eine begnadete Restauratorin, genau dieses Bild zu kopieren, und zwar so gut, dass Original und Fälschung selbst für geschulte Augen nicht zu unterscheiden ist. Das Bild und seine Fälschung verbinden die Zeiten und geschilderten Menschen auf fast tragische Weise.
    Das Buch beginnt mit einer großartigen Bildbeschreibung. Man sieht winzige Einzelheit vor sich, fein und detailreich wie Breughel. Und dann liest man sich hinein in das Buch und hat das Gefühl, das ganze Buch bleibt weiterhin eine Bildbeschreibung, andere Zeiten, anderer Stil, aber dennoch genauso mit feinen Pinselstrichen und detailreich geschrieben. Meisterhaft beobachtend, dazu etwas elegisch. Was für eine Kunst, damals wie heute…
    Ein leises und ganz, ganz feines Buch
    So, und jetzt kommst du Arno Frank
    So, und jetzt kommst du (Buch)
    15.03.2017

    Sprachtalent mit Feinschliff

    Das Buch beginnt grandios: Ein 4-jähriges Kind findet seine ohnmächtige Mutter, spielt in kindlicher Naivität an ihr herum, hopst auf ihr herum, bis die Mutter aus der Ohnmacht erwacht. Eine unglaublich intensiv geschilderte Szene, die symptomatisch ist für dieses Buch: Naives Spiel und Existentielles in unauflösbarer Verbindung.

    Wir begleiten dieses Kind über ca. 9 Jahre hinweg auf einem geradezu unfassbaren Lebensweg. In den 80er Jahren lebt die Familie in bescheidenen Verhältnissen in der Provinz, die Eltern lieben sich, der Vater hat viele Ideen, um an Geld zu kommen, die Mutter steht stets verlässlich an seiner Seite. Und plötzlich hat der Vater Erfolg, die Familie baut sich sozusagen über Nacht ein neues Leben in Frankreich auf, die Kinder bekommen alles, was sie sich wünschen, bis klar wird, dass es sich um unterschlagenes Geld handelt und die Familie vor dem Zugriff der Behörden weiter durch Europa fliehen muss.

    Diese Geschichte, so authentisch erzählt, als habe der Autor alles selbst erlebt, ist das Eine. Das Andere aber, das was das Buch ausmacht, ist das unglaubliche Sprachtalent, dem ich auf jeder Seite begegne. Die Hauptperson, der Junge, den wir ca. 9 Jahre begleiten, hat eine unfassbare Leidensfähigkeit. Er rettet sich in das seismographische Beobachten, um zu überleben. Der Junge, und damit der Autor, verfügt über eine ganz fein ziselierte Kunst des Wahrnehmens und findet ungekünstelte Sprache dafür. Die Wahrnehmungen hat man alle selbst schon gemacht, unbewusst, ohne je Worte dafür zu finden, und an die man sich beim Lesen erinnert. Ein Buch, das lange, lange nachwirkt...
    326 bis 350 von 355 Rezensionen
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