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    heinoko Top 50 Rezensent

    Aktiv seit: 16. Februar 2017
    "Hilfreich"-Bewertungen: 47
    355 Rezensionen
    Je tiefer das Wasser Je tiefer das Wasser (Buch)
    10.02.2020

    Bin vom Psycho-Puzzle genervt


    Es hilft nichts: Ich mag dieses Buch nicht. Ich mag es gar nicht. Ich finde nichts daran, was ich mögen könnte.

    Edie und Mae sind Schwestern und haben eine schwere Kindheit und Jugend, da ihre Mutter psychisch krank ist. Nach einem Selbstmordversuch wird sie in einer Klinik für längere Zeit behandelt, und die Geschwister müssen von Lousiana nach New York umziehen zu ihrem Vater Dennis, einem berühmten Schriftsteller. Der hatte schon vor 10 Jahren die Familie verlassen, was ihm Edie nicht verzeihen kann. Auch den Umzug als solchen empfindet Edie wie einen Verrat. Mae dagegen versucht, mit der neuen Situation so gut wie möglich zurecht zu kommen. Im Grunde erlebt sie das neue Leben beim Vater befreiend. Der Bruch scheint unvermeidlich.

    Irgendwie wurde ich das Gefühl nicht los, dass die Autorin in diesem Erstlingsroman die Leser missbraucht, indem sie ihre Geschichte auf die Leser loslässt, all die darin enthaltenen Obsessionen und psychischen Irrungen und Wirrungen vor den Lesern ausbreitet, sie dann jedoch damit allein lässt. Die Leser dienen wie in einer Selbsthilfegruppe der Autorin als hilflose und stumme Zuhörerschaft. Das Buch ist ein Puzzle aus vielen, vielen Einzelteilen, denn in teilweise kürzesten Kapiteln berichten viele Menschen aus ihrer Sicht über einzelne Szenen, allen voran natürlich Edie und Mae. Zwar weiten sich die individuellen Bilder des Geschehens, wenn aus verschiedenen Perspektiven erzählt wird, aber obwohl es eine so große Fülle an Kapitel-Schnipseln sind, passen sie letztlich nicht zusammen, ergeben zumindest für mich kein vollständiges Bild, dem man etwas Konkretes, Fassbares, Schlüssiges entnehmen könnte. Unendlich mühsam bis langweilig zu lesen war für mich diese endlose Aneinanderreihung von düsteren Szenen über Ängste, Unsicherheiten, Verwirrnis, Verkennung der Wirklichkeiten und Schuldzuweisungen. Und dies letztlich ohne jegliche nachzuvollziehende Botschaft außer vielleicht der, wie krank Beziehungen in einer Familie sein können.



    Helsin Apelsin und der Spinner Stefanie Höfler
    Helsin Apelsin und der Spinner (Buch)
    06.02.2020

    Herzerfrischend und liebenswert


    Helsin ist ein fröhliches Mädchen, das allerdings zugegebenermaßen gerne die erste Geige spielt. Und genau daraus entsteht auch ihr Hauptproblem: Denn wenn sie etwas ärgert, zum Beispiel wenn etwas nicht nach ihrem Kopf geht, dann bekommt sie einen „Spinnerten“, also einen Wutausbruch, der es in sich hat. So passiert es, dass sie dem neuen Mitschüler Louis die Nase blutig haut, als er sich über ihren komischen Namen lustig macht. Dass sie ihm schließlich auch noch seinen Leguan klaut, führt zu einer Fülle neuer Probleme, aus der Helsin beinahe keinen Ausweg mehr findet.

    Leider enthält das Buch etliche schlimme Trennungsfehler. Hier wurde offensichtlich nicht korrekturgelesen, das ist schade. Denn das Buch begeistert Kinder und Erwachsene gleichermaßen. Es ist fröhlich und schildert bewundernswert einfühlsam die wechselnden Gefühle von Helsin. Eine Zwergenklasse voller Individualisten lernen wir kennen. Jeder der Mitschüler ist besonders, kann etwas besonders gut. Natürlich machen Kinder Fehler. Aber wie schön, Fehler können vergeben werden und nichts ist so schlimm, dass es nicht möglich wäre, dem Ganzen durch Einsicht und Mut zur Entschuldigung letztlich doch noch eine gute Wendung zu geben.

    Ganz besonders begeistert mich die Sprache der Autorin. So bildhaft, so malerisch, so intensiv, dass man manche Schilderungen gar nicht mehr vergisst. Wenn sich zum Beispiel das Glück warm wie ein frischer Pudding im Magen ausbreitet oder Opa ein Gesicht wie zerknülltes Papier hat oder Helsin Lieder mag, die am traurigschönsten klingen. Feine und feinste Beobachtungen und Gefühlswechsel werden locker-heiter beschrieben, und so manches Kind findet sich darin wieder und dadurch verstanden. Von Eifersucht und Freundschaft, von Rache und Ehrlichkeit und von vielen weiteren Themen, die im Alltag der 8- bis 10-Jährigen eine wichtige Rolle spielen, erzählt Stefanie Höfler auf liebevoll-kluge Weise. Die Zeichnungen von Anke Kuhl ergänzen das Buch auf perfekte Weise, denn sie geben ausdrucksstark die ganze Bandbreite der Emotionen wieder. Ein wunderbar herzerfrischendes Kinderbuch
    Doggerland. Tiefer Fall Doggerland. Tiefer Fall (Buch)
    03.02.2020

    Hat mich nicht überzeugt


    Zwar muss es für mich nicht unbedingt blutrünstig zugehen, aber wenn ein Kriminalroman allzu ruhige Passagen enthält, bin ich enttäuscht.

    Für mich war der vorliegende Band meine erste Begegnung mit der Ermittlerin Karen Eiken Hornby. Aus den Andeutungen im Buch konnte ich entnehmen, dass Karen in der Vergangenheit schon so einiges mitgemacht hatte und immer noch krankgeschrieben ist. Es ist Weihnachten, und ihr Chef steht unmittelbar vor Antritt seiner Urlaubsreise. Da wird ein Toter auf Noorö, der nördlichsten Insel von Doggerland, gefunden. Karen ist froh, für ihren Chef die Ermittlungen führen zu dürfen und damit ihrem Haus voller uneingeladener Gäste entkommen zu können. Ein weiterer Mord geschieht, und es finden sich allerlei Verwicklungen und Verbindungen, nicht nur zur örtlichen Whiskydestillerie, sondern auch zu Karens Herkunftsfamilie. Mit jedem Ermittlungsschritt wächst die Gefahr für Karen selbst.

    Doggerland, diese fiktive Insel vor Dänemark, ist ein geschickt gewählter Ort, um alle möglichen der Fantasie entspringenden Szenarien entstehen lassen zu können. Bis hin u ortstypischen Bräuchen hat die Autorin eine durchaus glaubhaft wirkende Welt in meinem Kopf entstehen lassen dank ihres sehr farbigen, atmosphärisch dichten Schreibstils. Auch dass im Präsens geschrieben wurde, rückt alles Geschehen dem Leser nahe, so als erlebe er es unmittelbar mit. Sehr angenehm empfunden habe ich auch die chronologisch folgerichtige Erzählweise, ohne nerviges hektisches Hin- und Herspringen zwischen Ort und Zeit. Leider war ich dennoch vom Buch enttäuscht. Eine Fülle von Personen mit und ohne Bedeutung für den Fortgang der Geschichte bevölkern das Buch, und jede zweite Frau hat ihr Haar zum Pferdeschwanz gebunden. All die breitgetretenen privaten Geschichten der verschiedenen Protagonisten wurden mir irgendwann schlichtweg zuviel, denn sie wirkten auf mich wie ein unnützer Ballast, wie Blockaden, die die Handlung stocken lassen. Der Fluss der Geschichte tritt auf der Stelle, und die zunächst aufgebaute Spannung gleitet ab in gelangweiltes Durchlesen. Zum überraschenden Ende hin allerdings zeigt die Autorin wiederum, dass sie durchaus spannend und packend schreiben kann.



    Abgefackelt Abgefackelt (Buch)
    31.01.2020

    Spannendes Lesefutter


    Es handelt sich um den zweiten Band über den Rechtsmediziner Paul Herzfeld, der noch sehr angeschlagen ist von seinem letzten Fall. Deshalb versetzt ihn sein Chef von Kiel auf eine ruhigere Stelle in die Pathologie nach Itzehoe. Doch genau dort blickt Herzfeld auf eine Brandruine, in der das Klinikumarchiv mit zahllosen Akten und Gewebeproben dem Feuer zum Opfer gefallen waren, zusammen mit dem Pathologen Doktor Petersen. Ein schrecklicher Suizid, wird Herzfeld erklärt. Aber je mehr Ungereimtheiten Herzfeld entdeckt, umso tiefer gerät er einem Skandal ungeheueren Ausmaßes auf die Spur und er selbst in größte Lebensgefahr.

    Man muss den ersten Band nicht gelesen haben, es gibt im Verlauf des Buches genügend Hinweise auf die Vorgeschichte Paul Herzfelds. Der Thriller zwingt den Leser von der ersten Seite an in seinen Bann und treibt ihn durch die Seiten. Die kurzen Kapitel verstärken seine Sogwirkung, der man sich, hat man zu lesen begonnen, nicht mehr entziehen kann. Sehr wohltuend habe ich empfunden, dass sich die Szenenwechsel in Grenzen halten, sodass sich das Buch von Anfang bis Ende leicht und flüssig lesen lässt. Der Autor Michael Tsokos ist Professor für Rechtsmedizin. Diese Fachkenntnis spricht aus nahezu jeder Seite des Buches. Die vielen Details bei Obduktionen und Leichenschauen verraten den Mann vom Fach, was dem Leser so manchen Schauer über den Rücken jagt. Gleichzeitig sind gerade diese Szenen besonders interessant, weil man hier von Erfahrungen, nicht von Autorenfantasien ausgehen kann. Gut und Böse mögen ein wenig klischeehaft eingesetzt sein, was aber der Spannung keinen Abbruch tut. Etwas irritiert hat mich die Uneinheitlichkeit des Schreibstils: Da gibt es auf der einen Seite einen spröde, altväterlich wirkenden Satzbau und unnatürlich und konstruiert wirkende wörtliche Reden, dann wieder findet man gekonnt flüssig-spannend geschriebene Sequenzen. So als ob zwei Seelen, ein Wissenschaftler und ein Schriftsteller, gemeinsam abwechselnd geschrieben hätten.

    Fazit: Absolut spannendes Lesefutter. Die mit großer Fachkenntnis geschriebenen harten und sehr beeindruckenden Szenen bzw. Schilderungen sind allerdings nichts für empfindliche Gemüter.
    Hardy, V: Wolkenschiff Hardy, V: Wolkenschiff (Buch)
    29.01.2020

    "Es gibt immer einen Weg"


    Was für ein überraschend guter Erstlingsroman. Er enthält alles, womit man Kinder ans Buch fesseln kann: Spannung, Abenteuer, Fantasy und Humor. Großartig.

    Marie und Arthur sind Zwillinge, aber sehr, sehr unterschiedlich. Als ihr Vater Ernest Brightstorm, ein Forscher, von einer Expedition nicht mehr zurückkommt und alle Welt vermutet, dass er gegen den Ehrenkodex der Geographischen Gesellschaft verstoßen hat, zerbricht die Welt der Zwillinge. Sie verlieren ihr Zuhause und werden verkauft an ein Ehepaar, für das sie schuften müssen. Unverbrüchlich halten die beiden jedoch zusammen und heuern schließlich bei der Forscherin Harriet Culpfeffer an, als diese zu einer Expedition nach Südpolaris aufbrechen will. Die Zwillinge hoffen, auf dieser Fahrt etwas über den Verbleib ihres Vaters aufdecken zu können.

    Es sind ungewöhnliche Helden, die wir in diesem Buch kennenlernen, so wie die liebenswerten Hauptpersonen, die Zwillinge. Marie ist ein Technikgenie und eine Tüftlerin und hat für ihren Bruder Arthur, der nur einen Arm hat, einen sehr hilfreichen Metallarm konstruiert. Arthur dagegen verfügt über große Kraft, über sich hinauszuwachsen, kann kochen und ist sicher, dass es immer einen Weg gibt. Aber auch die wagemutige Harriet Culpfeffer mit ihrer unglaublichen Konstruktion des Luftschiffes Aurora ist eine Protagonistin, der die Sympathie des Lesers gehört, denn sie gibt Kindern eine Chance, sich zu beweisen. Wie schön, dass die Autorin das Wolkenschiff Aurora mit einer Bibliothek ausgestattet hat. „Bücher sind das schönste Geschenk überhaupt“. Wie wahr. Jede handelnde Person hat besondere Fähigkeiten und Stärken und trägt damit zum Gelingen der Reise bei. Meine persönlichen Lieblinge jedoch sind die Weisewesen, überaus kluge Tiere. Welch zauberhafte Idee! Aber da gibt es auch die Bösen, die Lügner, die Hinterhältigen, all diese Verkörperungen des Negativen, die mit ihren Machenschaften die Crew rund um Harriet Culpfeffer boykottieren wollen und dadurch für atemlose Spannung sorgen.

    Fazit: Wichtige Themen wie Vertrauen, Mut, Zuversicht, Einfallsreichtum, Vorurteile, Geschwisterliebe, Freundschaft und Zusammenhalt sind in eine überaus fantasievolle, ideenreiche Geschichte verwoben. Der Autorin ist mit „Das Wolkenschiff“ ein großartiges Kinderbuch gelungen, klug, spannend und zauberhaft fantasievoll.


    Die ganze Welt ist eine große Geschichte, und wir spielen darin mit Charlotte Roth
    Die ganze Welt ist eine große Geschichte, und wir spielen darin mit (Buch)
    26.01.2020

    Berauschend gut geschrieben


    Charlotte Roth, Literaturwissenschaftlerin und Autorin, ist mit dem vorliegenden Buch etwas ganz Besonderes und absolut Bewundernswertes gelungen. Und zwar eine romanhafte, poetisch erzählte Biographie, die so viel mehr als eine Biographie ist. Eher ein Erspüren, ein Nachspüren dessen, was Michael Ende ausmachte. Eine Roman-Biographie also als etwas Er-Dichtetes, als etwas Ver-Dichtetes im direkten Wortsinn. Nein, Charlotte Roth ist keine Biographin, sondern eine künstlerische Gestalterin eines Lebens, in das sie tief, tief eingedrungen ist und das sie mit ihrer persönlichen wunderbar poetischen Sprache wiedergibt. Und womöglich kommt Charlotte Roth und mit ihr somit auch der Leser dem Menschen Michael Ende dadurch sehr viel näher als jegliche theoretische, chronologische Auflistung an Lebens- und Werkfakten es je leisten könnte.
    Der Titel (ein Zitat aus „Momo“) könnte gar nicht treffender sein, aber verkaufsfördernd ist er vermutlich nicht, denn für den oberflächlich schweifenden Blick eines Menschen in einer Buchhandlung ist er zu lang. Oder wirkt er vielleicht gerade deshalb anziehend? Wie auch immer, hinter dem Titel verbirgt sich ein Buch, das zu lesen mich begeistert hat wie schon lange keines mehr und dem ich viele vorurteilsfreie Leser wünsche.

    Über den Inhalt muss man nicht viel erzählen. Der Roman beginnt mit dem Elternhaus von Michael Ende. Sowohl der Vater, Edgar Ende, eine schwierige Künstlerpersönlichkeit, als auch die Mutter Luise, erfüllt von geradezu besitzergreifender Liebe zu Michael, lernen wir sehr ausführlich kennen, was dem Leser ein gewisses Grundverständnis für die Persönlichkeit Michael Endes schenkt. Wir verfolgen seinen Lebensweg, sein verzweifeltes Ringen, sein permanentes Suchen, unterbrochen von nur kurzen Zeiten des entspannten Zurücklehnens, des wachsenden Erfolges. Wir erleben mit Michael Ende Lüge und Betrug, Neid und Profitgier und am schlimmsten schmerzend viel Unverständnis.

    Der Schreibstil der Autorin ist sensibel, inhaltsreich, psychologisch klug, mit großer emotionaler Kraft, deshalb nichts für oberflächliche Schnellleser. Zuviel steckt in den Sätzen. Ihre intensiven Beschreibungen, ihre Wortbilder wirken an manchen Stellen fast so surreal wie die Bilder von Edgar Ende, dem Vater. Allein schon wie es Charlotte Roth gelingt, sich in das Kind Michael einzufühlen, das zwischen Verzärtelung, bitterer Armut, Elternstreit und politischer Zeit-Verzweiflung aufwächst, mit einer Mutter, „die nach innen weint“, das ist unfassbar gut und psychologisch tief. Sie schreibt poetisch, bilderreich, intelligent, einfühlsam, mit Kopf und Herz gleichermaßen, ohne je zu werten, in den ihr eigenen intensiven Sprachbildern. Eine Roman-Biographie von großer sprachlicher Kraft über einen lebenslang verzweifelt Suchenden, berauschend gut geschrieben.
    Eine fast perfekte Welt Eine fast perfekte Welt (Buch)
    20.01.2020

    Melancholisch und poetisch


    Die Autorin wünscht sich den idealen Leser als einen, der sich in einer Rettungsaktion engagiert, bei der alles, was verloren zu gehen droht, vor dem Vergessen bewahrt wird. Dieser Gedanke hat mich eine ganz andere Seite des Lesens erkennen lassen: Der Autor beschreibt etwas, und der Leser bewahrt es. Ein Leben vielleicht, Erfahrungen, Erlebnisse, Entdeckungen. Im vorliegenden Buch geht es um Sardinien, so wie es vor drei Generationen war, steinig, ursprünglich, arm. Und um Menschen auf der Sinnsuche.

    Nur 200 Seiten, aber diese Seiten sind so prall voller Warten, Sehnsucht, Traurigkeit, Liebe, Hoffnung, Zorn, Gelassenheit – voller Leben.
    Ester wartet Jahre auf ihren Geliebten, und als sie ihn endlich heiraten kann und nach Genua zieht, ist sie unglücklich, sehnt sich nach ihrem Dorf zurück. Aber auch dort bleibt in ihr diese ewige Sehnsucht. Ihre Tochter Felicita lebt sich leichter, denn sie ist ein in sich ruhender, gelassener Mensch. Deren Sohn Gregorio jedoch ist unstet, es zieht ihn fort, egal wo er ist, er läuft weg.

    Melancholisch und humorvoll, träumerisch und in zarten Farben, zuweilen in eindringlich dichten Szenen erzählt Milena Agus von Menschen, die auf sehr unterschiedliche Weise ihr Leben teils passiv hinnehmen, teils aktiv gestalten, teils nur davon träumen, was sein könnte. In einer sehr berührenden poetischen Sprache, unaufdringlich und leise beschreibt die Autorin Außergewöhnliches und Alltägliches. Und genau diese leise Erzählweise ist es, die dem Leser im Herz haften bleibt.
    Slupetzky, S: Im Netz des Lemming Slupetzky, S: Im Netz des Lemming (Buch)
    17.01.2020

    Geistreicher, bissig-witziger Lesegenuss

    Der Autor war mir bislang nicht bekannt, was bedeutet, dass mir offensichtlich Einiges entgangen ist. Wer einen ausrollbaren Zebrastreifen erfunden hat, muss mit besonderen Maßstäben gemessen werden, schon klar. Und wer sich mit der Verwertung von Gedankenüberschüssen befasst, sowieso. Wenn auf dem Buch eines solchen Autors „Kriminalroman“ steht, kann so allerlei Überraschendes im Inhalt stecken, ganz bestimmt nicht das, was üblicherweise unter einem Kriminalroman zu verstehen ist.

    Der Lemming, ehemaliger Kriminaler, jetzt als Nachtwächter tätig, ist irgendwie nicht zeitgemäß. Er hat keine Ahnung von den Tiefen des Internets und dessen spezieller Sprache. So versteht er auch oftmals nicht, worüber sein kleiner Sohn Ben mit seinem Freund Mario spricht. LOL. Als der Lemming per Zufall mit Mario gemeinsam in der Straßenbahn fährt, erhält dieser plötzlich per Handy eine schockierende Nachricht, rennt aus der Bahn und springt von einer Brücke in den Tod. Der Lemming ist schockiert, umso mehr, als kurz darauf ein Shitstorm losgetreten wird, da man ihn als Pädophilen abstempelt, und dies nur, weil er in der Straßenbahn wenige Minuten vor dem Suizid noch mit Mario gesprochen hatte. Das Drama weitet sich aus und zieht weitere Menschen ins Unglück. Lemming und Chefinspektor Polivka wollen herausfinden, was in Wirklichkeit hinter Marios Tod steckt und stochern immer tiefer im Sumpf von Korruption, Fremdenfeindlichkeit, rechter Szene und Vorverurteilung durch Presse und Internet.

    Stefan Slupetzky schreibt so böse-witzig, wie es wohl nur ein Österreicher kann, ganz in der Tradition eines Helmut Qualtinger. Er übt scharfe Gesellschaftskritik, nicht ohne seine Sätze mit netten Schleifchen zu verzieren. Sein geistreiches Politisieren, seine bösen Hiebe auf die Politiker, die sich mediengerecht selbst inszenieren, überreicht er dem Leser quasi in einer Pralinenschachtel verpackt, vordergründig süß und harmlos. Denn Stefan Slupetzky kann mit Sprache spielen, dass es eine wahre Freude ist. Und so wird der Krimi zu einer bitterbösen Persiflage, zu einer Polit-Satire mit Wiener Schmäh, verziert mit unvergleichlich malerischen Schilderungen, wie zum Beispiel des Würstelmanns in seiner Bude mit seiner besonderen Weisheit. Die Niedertracht, die primitive Gehässigkeit im Netz, Entwürdigung und mangelnder Respekt, all die Risse und Fronten in der Gesellschaft liegen beim Lesen schwer im Magen, auch wenn man sie vordergründig weglachen kann dank der intelligenten Wortspiele und des hinterkünftigen Humors des Autors. Ich habe jede Seite dieses geistreichen Buches genossen!

    Sweet Sorrow Sweet Sorrow (Buch)
    13.01.2020

    Weniger wäre mehr gewesen


    Da ich von David Nicholls noch nichts gelesen hatte, sehr wohl aber einiges über ihn bzw. über frühere Bücher von ihm, begann ich den vorliegenden Roman mit relativ hohen Erwartungen. Die leider enttäuscht wurden.

    Worum geht es? Charlie Lewis erinnert sich an seine erste große Liebe vor zwanzig Jahren. Er erinnert sich an dieses aufregende Gefühl der Jugend, wenn die Zukunft wie eine Wundertüte an Überraschungen vor einem liegt. Und er erinnert sich, als er, der Durchschnittsschüler mit „Mangel an Eigenschaften“, mit Fran Fisher einen unvergesslichen Sommer erlebte.

    So weit so gut. David Nicholls kann schreiben, keine Frage. Was er jedoch offensichtlich nicht kann, ist, sich im Schreiben zu beschränken, sich zu reduzieren auf Essentielles. Zunächst hatte ich große Mühe mit dem Schreibstil, der mich nicht „mitnahm“. Ich ertappte mich des öfteren beim rein mechanischen Lesen ohne jegliche innere Beteiligung. Das wurde im Laufe des Buches zwar besser, dafür jedoch wuchs das Gefühl in mir, von der Fülle an Details erstickt zu werden und mich durch das permanente Drehen im Kreis der gleichen Themen schwindlig zu lesen. Auch die oftmals sehr kurzen Zeitsprünge empfand ich als anstrengend. Gut dagegen gefiel mir der immer wieder aufblitzende Humor, der möglichem Abgleiten in den Kitsch keine Chance ließ. Gut gefielen mir auch die schönen Schilderungen der leisen Szenen der Wehmut, der aufblitzenden Erinnerungen an die kleinen Dinge, an Freuden und Niederlagen. Und gut gefiel mir, dass Shakespeare immer wieder durch die Zeilen blinzelte.
    Fazit: Gut geschrieben, aber weniger wäre mehr gewesen.



    Kunrath, B: Geteilt durch zwei Kunrath, B: Geteilt durch zwei (Buch)
    10.01.2020

    Zweigeteilte Meinung


    Zweigeteilt hat mich die Lektüre dieses Buches zurückgelassen. Zweigeteilt zwischen Faszination und Genervt-Sein, zwischen Einfühlung und Langeweile.

    Nadja hat seit jeher das Gefühl, dass ihr etwas Entscheidendes fehlt, ohne dass sie es konkret benennen kann. Sie ist verheiratet, hat eine erwachsene Tochter und lebt ein zufriedenes Leben. Dass sie als Kind adoptiert worden war, hatte sie früh erfahren, ohne dass es ihr je Probleme bereitet hätte. Alles verändert sich jedoch schlagartig, als sie zufällig erfährt, dass sie eine Zwillingsschwester hat. Plötzlich weiß Nadja, was ihr über all die Jahre hinweg gefehlt hatte. Aber es tun sich auch viele, viele neue Fragen auf.

    Und genau hier beginnt für mich dieser Zwiespalt beim Lesen des Buches. Eigentlich wird die Geschichte sehr detailliert und feinfühlig erzählt. Es gelingt relativ gut, sich in Nadjas Befindlichkeiten einzufühlen. Nadja stürzt sich auf eine Suche nach ihren Wurzeln anhand der Begegnungen mit Pia, ihrer Zwillingsschwester, und dies mit einer Vehemenz bzw. Besessenheit, die für mich nur schwer nachvollziehbar ist. Sie versucht Verbindendes, Vertrautes zu finden und begegnet doch eher Trennendem. Sie begegnet mit dem Blick auf ihre Zwillingsschwester sich selbst wie neu. Und diese Begegnungen wiederholen sich
    im Buch wie in Dauerschleife, mit neuen Details, auch mit neuen Einblicken in die Kindheitsvergangenheit, aber eben dennoch geht es letztlich immer und immer und immer nur um Nadja und ihre Gefühle, um ihr Aufspüren von Gemeinsamem und Fremdem, um Entdecken von Trennendem und Verbindendem. Der Hintergrund einer durchaus tragisch zu nennenden Familiengeschichte wird zunehmend aufgedeckt, aber irgendwie auch nicht wirklich verarbeitet. So gekonnt dieser Roman einerseits geschrieben ist, so ging er mir doch je länger ich las zunehmend auf die Nerven. Die Protagonisten waren mir allesamt unsympathisch, ich fand sie anstrengend, einerseits überreflektierend, andererseits aber auch wieder völlig unreflektiert. Was soll der Leser an Erkenntnissen aus diesem Roman ziehen? Ich weiß es wirklich nicht.
    Käthe, Band 1: Der Gorilla-Garten Käthe, Band 1: Der Gorilla-Garten (Buch)
    29.12.2019

    Von Oma-Weisheiten, Dackelpupsen und Regenbogenstiefeln


    Welch ein zauberhaftes Kinderbuch. Ich bin restlos begeistert.
    Käthe muss mit ihren Eltern umziehen. Weg von Omas Apfelhof in Pommeranzen, weg von Natur, weg von Omas klugen Sprüchen, mitten hinein ins Großstadtgetriebe, hin zu viel Fremdem, zu ganz neuen Erfahrungen. „Stadtmenschen sind schnell und geübt im Ausweichen“, erfährt Käthe.
    Ganz schön beängstigend eigentlich, solch ein Umzug. Doch Käthe schafft mit ihrer offenen und neugierigen Art, mit der sie unbefangen auf alles und jeden zugeht, sich diese neue Welt zu erobern. Man muss Käthe einfach gernhaben, denn sie ist freundlich, arglos, hat ein großes Herz und geht aufgeschlossen-offen mit allem um, was ihr begegnet. Man spürt, wie wertvoll es war, dass sie in der Natur aufgewachsen war, denn die Liebe zu den Pflanzen ist ihr Lebenskapital – und ja, sie versteht sogar, was Tiere plagt, wenn beispielsweise Dackel Ferdi sehr unter seiner Pupserei leidet, weil sein Frauchen ihm immer wieder Buttermilch zu trinken gibt. Käthe besitzt die wunderbare Gabe, alles Neue völlig wertfrei wahrzunehmen. „Anders-Sein ist eigentlich total normal.“ Zusammen mit Theo, ihrem neuen Freund in der Schule, entdeckt sie schließlich sogar ein Stückchen „Niemandsland“ mitten in der Stadt, einen Guerilla-Garten, und kann Bernadette helfen, die Läuseplage in den Griff zu bekommen – dank Oma-Wissen. Ein Schulgarten mit Schneckenbeet wird geplant, und wie man alte Gummistiefel bepflanzen kann, wird auch erzählt. Spaß bringt Kindern beim Vorlesen oder Selber-Lesen nicht nur die Oma-Weisheiten wie „Gut ist Gähnen erst mit allen Zähnen“, sondern auch die herrlichen ideenreichen Wortschöpfungen wie „Ziegelsteinhinterhofhäuschen“ oder „Spätstück“ für ein spätes Frühstück.
    Die großartigen Illustrationen von Màriam Ben-Arab transportieren ausdrucksstark und direkt die Gefühle und Reaktionen der gezeichneten Personen. Schön, dass die Bilder im Buch allesamt bunt sind. Fröhlich und lebendig unterstreichen sie intensiv wirksam auf non-verbale Weise die erzählte Geschichte.
    Ein wunderbar positives Kinderbuch, das gänzlich ohne pädagogischen Zeigefinger auskommt, mit einer Hauptperson, wie sie liebenswerter nicht sein könnte.
    Schokoladentage Gabriele Diechler
    Schokoladentage (Buch)
    21.12.2019

    Eine perfekte Komposition in Dur und Moll


    „Nur Gefühle beeindrucken die Menschen“. Mit diesem Satz verrät die Autorin eines ihrer Erfolgsgeheimnisse. Denn ihre Bücher transportieren Gefühle, und zwar ohne Pathos und ohne Kitsch. Warum ist Gabriele Diechler eine meiner Lieblingsautorinnen, vielleicht sogar DIE Lieblingsautorin? Natürlich in erster Linie wegen ihrer gekonnt geschriebenen Bücher, keine Frage. Aber mehr noch, weil ihre herzerwärmend positive Persönlichkeit so direkt, so unmittelbar spürbar wird auf jeder einzelnen Buchseite und sie damit dem Leser auf seltsam individuelle Weise nahekommt, so als sei das Buch ganz allein nur für ihn selbst geschrieben worden.

    Alwy, eine junge Patissière, kommt aus Tokio zurück. Sie hat sich von ihrem langjährigen Partner getrennt und steigt nun bei ihrer Freundin Tina in Salzburg in deren Patisserie ein. Finanziell befindet sich Tina mit ihrem Laden in einer schwierigen Lage. Gemeinsam mit vielen kreativen Ideen und vollem Arbeitseinsatz schaffen die beiden Freundinnen erste Erfolge. Doch da wird das „Cake Couture“ erneut bedroht durch die Machenschaften eines Bauinvestors. Der Kampf um den Laden, um die berufliche Existenz wird zum Kampf um das eigene Lebensglück, um Beziehungen, um Freundschaft, um die Erkenntnis, was wirklich wichtig ist im Leben.

    Der Roman erscheint mir in seiner Gesamtheit inszeniert wie eine Mozart-Oper. Und das nicht nur, weil er in Salzburg spielt, in dieser wunderschönen Stadt, deren Lebensimpuls Musik zu sein scheint. Die Ouvertüre ist dramatisch und enthält bereits eine Ahnung des späteren Geschehens. Der Leser weiß vom Paukenschlag des Anfangs an, dass er nicht einen der üblichen Frauenromane in der Hand hält. Mozart hat mit leichter Hand Schweres komponiert. Und so schreibt Gabriele Diechler. Mit leichter Hand erzählt sie Wesentliches. Es gibt viele Tempi-Wechsel, Rezitative, die die Handlung weitertragen und betörend schöne Solo-Arien, deren reine Melodien unmittelbar zu Herzen gehen. Genauso spielt die Autorin mit den Geschehnissen, indem sie das Grundmotiv in vielen Variationen ausarbeitet in der ganzen Bandbreite dessen, was Menschen empfinden können. Eine Fülle schöner Bilder, schöner Gedanken bereichert den Leser. Selbst in schwierigen Situationen wird keiner der Protagonisten abwertend-negativ gezeichnet. Immer bleibt ein Funken Respekt, ein Funken Verständnis. Mozart besaß das Geheimwissen der Freimaurer. Gabriele Diechler hat tiefes Herzenswissen. Das macht das Lesen ihrer Bücher besonders.

    Wolfspferd Sabine Giebken
    Wolfspferd (Buch)
    06.01.2020

    Mystisch-spannender Pferde-Abenteuer-Roman

    Von Kindheitstagen an stehe ich Tierbüchern zwiespältig gegenüber. Denn meist geschieht in den Büchern den Tieren erst etwas Schlimmes, bevor sich letztlich alles zum Guten wendet. Und genau dieses Leid hat mir als Kind Albträume verursacht und immer musste ich beim Lesen weinen – auch wenn ich letztlich wusste, dass das Gute siegen wird. Schließlich weigerte ich mich, noch jemals ein Tierbuch zu lesen… Jetzt viele, viele Jahre später im ü60-Alter begann ich tapfer das vorliegende Buch zu lesen. Und was soll ich sagen, es packte mich so intensiv wie zu Kinderzeiten.

    Tala ist ein ungestümes Mädchen, mutig und eigenwillig. Es lebt mit seiner Familie in der Wildnis, auch im tiefsten Winter. Saphira, eine Albinostute, ist Talas beste Freundin. Doch Saphira hat im Herdenverbund keinen Platz. Odin, der riesige Hengst, schließt sie von der Herde aus, weil sie sich, ähnlich wie Tara, nicht unterordnen will. Taras Vater Pollo, der Anführer des Stammes, weigert sich, Tara mit auf die Jagd zu nehmen, obwohl sie sich das so sehr wünscht. Als jedoch eines Tages Räuber das Lager überfallen und alle Vorräte stehlen, erinnert sich Tara der Sage, dass, wer einen frei lebenden weißen Wolf fängt, mit einer großen Belohnung rechnen dürfe. Und so macht sich Tala unerschrocken zusammen mit Saphira auf den Weg…

    „Wolfspferd“ ist eine Geschichte, die zwischen unserer vertrauten Realität und mystischen Ereignissen angesiedelt ist. Im Einklang mit der Natur frei und ungebunden zu leben und sich von Sagen und Mythen, die die Großmutter erzählt, leiten zu lassen, bildet den intensiv-eindrücklichen Hintergrund der erzählten Geschichte. In Zeiten, in denen es hitzige Diskussionen um das Thema Wölfe in unseren europäischen Wäldern gibt, hat dieses Jugendbuch zusätzlich zur gekonnt geschriebenen spannend-unterhaltsamen Geschichte noch eine weitere Dimension, nämlich die Frage, ob es uns gelingen könnte, uns mit unserer Tierliebe auch den Tieren anzunähern, die auf den ersten Blick bedrohlich und gefährlich wirken. Der Autorin gelingt dies meines Erachtens sehr, sehr gut, so wie sie überhaupt sehr feinfühlend auch die Passagen, in denen sie Saphira selbst berichten lässt, ausgestaltet hat. Tierliebe, die aus Tierverständnis gewachsen ist, nicht aus verkitschter Gefühlsduselei, Mut, eigenständiges Denken und Handeln, Respekt vor Anders-Sein – in diesem Jugendbuch steckt eine Menge an Botschaften. Genauso gut lässt sich das Buch aber auch als ein reines mystisch-spannendes Pferde-Abenteuer-Buch, verpackt in reichlich Winterzauber, lesen. Mir jedenfalls hat es ausnehmend gut gefallen.


    Draußen Draußen (Buch)
    12.12.2019

    Schuster bleib bei deinen Leisten


    Ein schweres Erbe haben die beiden Autoren angetreten mit sich selbst und ihren bisherigen überragenden Erfolgen, indem sie nun das Genre gewechselt haben vom humorigen Regional-Krimi hin zum ernsthaften Thriller. Die Erwartungen waren hoch, zu hoch vielleicht. Und eigentlich möchte ich nach Lektüre des Thrillers Klüpfel und Kobr zurufen: Schuster, bleib bei deinen Leisten.

    Eine seltsam verworrene Geschichte wird uns da serviert. Einerseits verborgen draußen im Wald, stets bereit zur Flucht, ein Mann mit zwei Jugendlichen mit knallhartem Drill, zwischen Prepper-Denken und Überlebenstraining. Andererseits in der Großstadt zwischen politischen Machenschaften und Stromwirtshaft. Und rückblickend befinden wir uns dann auch noch in der Fremdenlegion. Wer gegen wen und warum, bleibt lange, zu lange für meine Begriffe im Dunkeln. Ein paar geschickte politische Seitenhiebe konnten die Autoren unterbringen. Dennoch bleibt die Handlung übertrieben, an den Haaren herbeigezogen, und, weil nicht überzeugend, nur von mäßiger Spannung. Lediglich die Kampfszenen sind fesselnd geschildert, auch wenn sie ebenso überzogen und unwirklich sind wie die gesamte erzählte Geschichte. Psychologisch gesehen bleiben die geschilderten Personen dem Leser fern, man mag niemandem einen Sympathie-Bonus gewähren. Die hölzernen Gespräche und die abfälligen Sicht- und Ausdrucksweisen sollten vielleicht die Härte der Protagonisten unterstreichen, erzeugten bei mir jedoch nur distanzierte Abneigung.

    Was in der Summe bleibt, ist eine mäßig spannende, wenn auch unterhaltsame Lektüre. Damit eine Geschichte jedoch zum packenden Thriller wird, braucht es mehr, viel mehr, als eine emotionsarme Erzählung rund um harte Superhelden bei Stromausfall.

    Die Fowl-Zwillinge und der geheimnisvolle Jäger Eoin Colfer
    Die Fowl-Zwillinge und der geheimnisvolle Jäger (Buch)
    11.12.2019

    Verwirrende Ideenvielfalt

    Es passiert ja relativ selten, aber bei diesem Buch muss ich doch erkennen: Es gibt Bücher, für die ich schlichtweg zu alt bin.

    Die Zwillinge Myles und Beckett Fowl leben auf einer irischen Insel und sind so unterschiedlich, wie man es sich kaum vorstellen kann. Myles ist hochintelligent und Beckett isst die IQ-Testblätter lieber auf, als sie auszufüllen. Bewacht werden die beiden auf dem Anwesen der Familie Fowl von Nanni, einem elektronischen Sicherheitssystem. Und dann gibt es noch diesen Bösewicht Lord Teddy Bleedham-Drye, dessen einziges Bestreben darin liegt, das Geheimnis der ewigen Jugend zu lüften. Als er hört, dass eine Quelle auf der irischen Insel, nahe des Anwesens der Familie Fowl, genau dieses ermöglicht, macht er sich sofort auf den Weg dorthin. Ein Troll auf der Flucht, ein ruchloser Adliger, eine seltsame Nonne - die Zwillinge geraten mit größter Begeisterung mitten hinein in eine wirbelnde Geschichte, wie sie fantasievoller nicht sein könnte.

    Der Ideenreichtum des Autors ist offensichtlich unbegrenzt. Anzüge aus dem 3D-Drucker, ein laminierter toter Goldfisch als Krawatte sind nur die harmlosesten Beispiele aus der Gedankenwelt des Autors, der aus seiner überbordenden Fantasie eine rasante Geschichte zwischen Fantasy und Situationskomik, zwischen Spannung und Verwirrung, zwischen Magie und Technik, bastelt. Einerseits faszinierend zu lesen, weil man gar nicht glauben mag, was sich da Seite um Seite an skurrilen Einfällen auftut. Andererseits genau wegen der Überfülle an krusen Ideen mühsam zu lesen, zumindest für mich als älteres Semester. Spaßig aber allemal.

    Das Ritual des Wassers Das Ritual des Wassers (Buch)
    02.12.2019

    Enttäuschend zähe Lektüre


    Hatte ich zu hohe Erwartungen? Hätte ich den ersten Band zuerst lesen müssen? Las ich das Buch zum falschen Zeitpunkt? Wie auch immer: Für mich war die Lektüre des vorliegenden zweiten Falles des Inspector Ayala quälend mühsam.
    Nach einem Kopfschuss leidet Kommissar Ayala, genannt Kraken, an einer Broca-Aphasie und kommuniziert weitgehend schriftlich mit seiner Umwelt. Noch ist er vom Dienst freigestellt, wird jedoch beratend zu Hilfe gezogen, als man eine schwangere Tote findet, kopfüber an einem Ast hängend, mit dem Kopf in einem historischen Wasserkessel steckend. Eine Hinrichtung, die an ein keltisches Ritual denken lässt. Und es bleibt nicht bei diesem einzigen Mord.
    In verschiedenen Zeitebenen wird erzählt. Doch dies ist meiner Meinung nach nicht der Grund, weshalb der Thriller so mühsam zu lesen ist. Sondern es liegt an der ausufernden Detailfreude der Autorin. Der Anfang des Buches bereits ist verwirrend. Die vielen Ortsnamen sind verwirrend. Die aufgeführten Namen sind verwirrend, insbesondere da sie nicht einheitlich eingesetzt werden. So heißt der Ich-Erzähler beispielsweise Inspector Ayala, aber auch Unai und auch Kraken. Die Beziehungen zwischen den Ermittler-Kollegen sind ebenso verwirrend, weil nicht überzeugend nachvollziehbar dargestellt. Leblos wirkt auch der Kontakt der früheren Freundesgruppe des Kraken untereinander. Und Inspector Ayala selbst wirkt auf mich wie eine sehr seltsame Person, emotional fern und fremd bleibend, trotz all der vielen, oftmals unnützen Informationen, der geschilderten Gedankenfülle und des vielerlei Geplänkels, was allesamt nicht dazu dient, den Menschen Kraken lebendig werden zu lassen. Die dargestellte Form der Broca-Aphasie dürfte aus medizinischer Sicht auch angreifbar sein. Das Thema rund um keltische Rituale wird langatmig abgehandelt. Dass die Autorin letztlich weit ausholt bis zur Zeit des Hundertjährigen Krieges und zu Gilles de Rais, der tausende von Kindern gefoltert, vergewaltigt und gemordet hat, macht das Buch nicht spannender. Die Handlung dümpelt mehr oder weniger durch die Seiten dahin und erschlägt sich selbst durch die Detailfreude der Erzählerin. Ach ja, den Begriff „Modus operandi“ alle paar Seiten erneut zu benutzen, soll vielleicht intelligent wirken, nervt aber nur.
    Kurzum: Eine rundum enttäuschend zähe Lektüre.
    Verhängnisvolle Provence Verhängnisvolle Provence (Buch)
    24.11.2019

    Nett erzählt, aber langweilig


    Da ich die Vorgänger-Bände nicht kenne, waren mir die Protagonisten und deren Vorgeschichten neu, was ich beim Lesen jedoch nicht als Nachteil empfand. Die Autorin räumt dem Privatleben der Kommissarin Hannah Richter sehr breiten Raum ein. So wurde sie mir schnell vertraut, ob ich wollte oder nicht.
    Den Inhalt kann man kurz fassen: Ein in Köln erschossener Franzose, tätig für ein französisches Kosmetikunternehmen, ist Auslöser für die Ermittlungstätigkeit in der Provence durch Hannah und parallel dazu durch ihren Kollegen Michael in Köln. Eine weitere Leiche in der Provence lässt die Gefährlichkeit der geldgierigen Kosmetikkonzerne erahnen.
    Der vorliegende Kriminalroman hat Stärken und Schwächen. Seine Stärken sind eindeutig die schön ausgearbeiteten Schilderungen und stimmungsvollen Beschreibungen von Landschaften, Ambiente, Menschen und Situationen. Außerdem haben mir gut gefallen die sorgfältig recherchierten Hintergründe, was Naturkosmetik und deren mögliche Tricks in der Zusammensetzung betrifft. Weiterführende Informationen zum Thema findet man im Anhang des Buches. Der Kampf zwischen David und Goliath in der Kosmetikbranche wird ausführlich dargelegt und lässt den Leser durchaus kritischer gegenüber vollmundiger Werbung werden. Doch ist das für einen Kriminalroman genug? Der Autorin gelingt es nicht, den Leser ernsthaft zu fesseln. Zwar lässt sich die Geschichte einigermaßen kurzweilig lesen, doch Spannung entwickelt sich zu keiner Zeit. Im Gegenteil: Streckenweise habe ich mich herzhaft gelangweilt, insbesondere beim Breittreten all des privaten und oftmals belanglosen „Gedöns“. Schwer genervt haben mich außerdem die ständigen französischen Einschübe. Wozu sollen die gut sein? Um französisches Flair zu vermitteln? Da würde es genügen, gelegentlich mal ein Wort einfließen zu lassen, aber nicht jede wörtliche Rede mit französischen Ausdrücken zu würzen. Glaubt die Autorin tatsächlich, man würde ständig im Glossar nachschauen wollen? Genauso unangenehm habe ich den Berliner Slang des Vorgesetzten empfunden. Was so aufgesetzt wirkt, verfehlt jegliche Wirkung.
    Kurzum: Ein nett erzählter Roman mit vorhersehbarer Handlung, leider ohne jegliche Spannung.

    Der Lehrmeister Der Lehrmeister (Buch)
    18.11.2019

    800 Seiten Lesegenuss pur

    Der mit dem Friedrich-Glauser-Preis ausgezeichnete Autor legt mit „Der Lehrmeister“ den zweiten Band rund um den berühmten Magier Johann Georg Faustus vor. 800 Seiten prall gefüllt mit lebendig-farbiger Erzählfreude. Da ich den ersten Band nicht kenne und historische Romane nicht mein bevorzugtes Genre sind, fürchtete ich mich etwas vor dem schwergewichtigen Werk. Andererseits war ich neugierig darauf, mehr über Faustus zu erfahren, denn ich wohne in unmittelbarer Nähe einer Faust-Stadt, in der Dr. Faustus durch sein Wirken bis heute allerlei Spuren hinterlassen hat.
    Band 2 beginnt ca. 6 Jahre nach der Flucht aus Nürnberg. Dr. Faustus zieht durch die Lande und verdient sich seinen Unterhalt mit Quacksalberei und Zauberei. Doch er hat viele Feinde, die alles daran setzen, ihn in ihre Gewalt zu bringen. Sowohl Papst Leo als auch König Franz I. von Frankreich glauben wie viele andere, dass Dr. Faustus Gold machen könne, und nichts wollen die Mächtigen mehr, als zu Reichtum zu kommen. Und so befindet sich der Leser mit Dr. Faustus und seinen Lieben unentwegt auf der Flucht von Bamberg über die Pfalz und das Elsass bis nach Rom. Neben einer Fülle von gefährlichen Situationen und schaurig-grausamen Begebenheiten erleben wir auch eindrücklich die Begegnungen mit historisch bekannten Persönlichkeiten des frühen 16. Jahrhunderts, wie zum Beispiel mit dem Genie Leonardo da Vinci.
    Es ist schon eine große Autorenleistung, dass über das gesamte umfangreiche Buch hinweg keine Langeweile aufkommt. Lebendig und fesselnd im Schreibstil lassen die spannenden Schilderungen die Welt rund um Dr. Faustus und seine Erlebnisse sowie das Denken und Handeln der Menschen in der damaligen Zeit zum farbig-lebendigen Kopfkino werden. Man spürt, dass der Autor sehr sorgfältig und umfassend recherchiert hat, zwar sich gelegentlich der Fantasie bedient, um die Erzählung voranzubringen, aber dennoch sehr nah an den tatsächlich überlieferten historischen Begebenheiten bleibt. Fließende Grenzen zwischen Alchemie, Esoterik, Glauben und recherchierten politischen Hintergründen, die drastisch-schaurig geschilderten Grausamkeiten des Ritters Gilles de Rais und ein Buchschluss mit dem Überlebenskünstler Faustus, der auf eine Fortsetzung hoffen lässt – das Buch ist ein Füllhorn an rasant erzählten Geschichten und Lesegenuss pur!
    Lange, H: Wer nix checkt, kann nix ändern! Lange, H: Wer nix checkt, kann nix ändern! (Buch)
    07.11.2019

    Individuelle Entwicklung in sozialer Verbundenheit


    Nicht schon wieder so ein Selbsthilfebuch, dachte ich, wobei mir der flapsige Titel und die nicht gerade schöne, aber Aufmerksamkeit erregende Covergestaltung durchaus gefiel. Was mir jedoch gar nicht gefällt, ist die Tatsache, dass der Titel auf kaum einer buchrelevanten Seite gelistet ist. Hier verpufft die voller Engagement geleistete Arbeit der Rezensenten ins Leere! Insofern fasse ich mich in dieser Rezension kurz. Und übrigens: Ich mag absolut nicht, von einem fremden Autor so pseudovertraulich geduzt zu werden. Manche mag dies nicht stören, mich jedoch sehr!
    Betriebsanleitung für ein „gedeihliches Leben“ - das klingt sprachlich sehr schön. Überhaupt versteht es der Autor sehr gut, seine Gedanken klar, gut gegliedert und verständlich zu formulieren. Der wissenschaftlich fundierte Hintergrund des Autors klingt immer wieder durch, wenn er psychologisch durchaus bekannte Theorien erläutert. Ja, viel Bekanntem begegnet der Leser, der sich vielleicht schon das eine oder andere Mal mit psychologischem Grundwissen beschäftigt hat. Das ist unvermeidbare Grundlage, wenn man den strukturierten Aufbau des Buches betrachtet. Mir gefällt, dass dem Autor spürbar daran gelegen ist, nicht ein weiteres Buch zur egomanischen Selbstoptimierung vorzulegen, sondern vielmehr einen individuellen Weg der persönlichen Entwicklung vorzuschlagen, der den Menschen als soziales Wesen anerkennt. Also ein Buch, das ermutigt zu einer lebenslangen persönlichen Entwicklung, in sozialer Verbundenheit mit den Menschen. Durchaus lesenswert.

    Matt, I: Schonungslos offen Matt, I: Schonungslos offen (Buch)
    04.11.2019

    Uneingeschränkt zu empfehlen


    Es gibt Krimis, die sind spannend. Oder humorvoll. Vielleicht geistreich. Oder psychologisch stimmig. Es gibt Krimis, die uns Rätsel aufgeben oder uns überraschen, die den Leser erschauern lassen, ihm durch wendungsreiche Handlung Nerven kosten. Der vorliegende Kriminalroman vereinigt ungewöhnlich viele dieser Facetten in sich. Welch eine Überraschung! Denn ich hatte die Autorin mit ihrem Titel „Zauberschön“ als eine feinsinnige Märchenerzählerin kennen gelernt. Aber ja, Krimi kann sie auch!
    Alexandra Rau ist eine sympathische Kommissarin mit chronischem Schlafmangel. Ihr Mitarbeiter Isidor Rogg unterstützt sie im Kommissariat, wo er nur kann, notfalls auch mit seinem Hobby, der Etymologie. Als ein Serienmörder mehrfach zuschlägt, ohne auch nur die allergeringste Spur zu hinterlassen, wird nach langer, ermüdend-frustraner Ermittlungsarbeit die Situation für Alexandra und Isidor plötzlich außerordentlich gefährlich…
    Der Kriminalroman liest sich quasi wie von selbst. Man kann sich der Erzählweise, d. h. der Geschichtenführung der Autorin vertrauensvoll überlassen, denn sie quält den Leser nicht mit willkürlich eingesetzten Zeitverschiebungen oder mit wilden Handlungssprüngen, die so oft als Mittel zur Spannungserhöhung eingesetzt werden. Man bleibt lange Zeit ahnungslos, liest sich mit anhaltender innerer Spannung durch mühselige Ermittlungsarbeit und durch die sich letztlich ergebenden überraschenden Wendungen. Die Autorin schreibt fesselnd, mit ab und zu durchblitzendem geistreichem Humor, gelegentlich dezent angereichert mit Wissenswertem. Sie hat spürbar Freude daran, die verschiedenen Ebenen ihres Krimis gleichermaßen intensiv zu gestalten. Wenn sie zum Beispiel psychopathologisch ins Extreme geht, indem sie den Täter selbst erzählen lässt, oder wenn sie mit ihrer Geschichte sehr nah an unseren Alltag rückt und mit unseren ureigensten Ängsten spielt.
    Kurzum: Es handelt sich um einen raffinierten, nahezu durchweg spannenden Kriminalroman mit einem Schuss Humor, mit realistisch-lebensnahen Szenen, die den Leser packen, psychologisch schlüssig, in einer ausdrucksstarken und bildhaft-plastischen Sprache geschrieben. Allen Krimi-Fans uneingeschränkt zu empfehlen!
    Ein Schweinebär im Schlafanzug Andreas Langer
    Ein Schweinebär im Schlafanzug (Buch)
    03.11.2019

    Kleine liebenswerte Geschichte


    Sascha ist eigentlich ein ganz brauchbarer Bruder, wie Jule findet. Nur eines an ihm ist unerträglich, denn wenn Sascha isst, ziehen Flecken über Flecken ihre Spuren über Tisch, Kleidung und Fußboden. Kein Wunder, dass ihn die Eltern nur noch Schweinebär nennen. Eines Vormittags geschieht jedoch etwas, was geradezu unvorstellbar ist. Als die Eltern wieder einmal voller Verzweiflung Sascha einen Schweinebär genannt hatten, hörten sie im Nebenzimmer merkwürdige Geräusche. Und tatsächlich – Sascha hatte sich in einen echten Schweinebär verwandelt, also in eine Mischung aus Bär und Schwein, mit Fell und Ringelschwänzchen. Und diese Verwandlung bringt plötzlich eine ganze Menge gewaltiger Probleme über die Familie…
    Ein schlichtes Büchlein ist diese Schweinebär-Geschichte, schlicht im Äußeren, aber mit viel Charme im Inneren. Die ältere Schwester Jule erzählt aus ihrer Sicht, was solch ein Schweinebär-Bruder alles an Konflikten mit sich bringt. Doch unerschrocken hat sie sein Wohl im Auge, egal ob er pubst, ob er Häufchen macht oder ob der Hausherr verbotene Tierhaltung argwöhnt. Sie hält zu ihrem Bruder. Überhaupt ist es besser, jeden so zu lassen wie er ist, ohne ihn zu beschimpfen. Und so ist Jule ein Vorbild für ihre Eltern und für alle großen und kleinen Leser. Sascha Schweinebär grunz-brummt sich ganz schnell in die Kinderherzen. Broink!
    Die Illustrationen von Katalin Eva Pop passen in ihrem kindlich wirkenden Stil perfekt zur einfachen, aber humorvollen Erzählweise des Büchleins. Sehr schön finde ich die angehängten Mitmachseiten zum Ausmalen und Rätseln. Es empfiehlt sich allerdings, diese Seiten zu kopieren und dabei zu vergrößern, dann haben es die Kinder leichter, sich durch die kleinen Aufgaben durchzuraten. Rundum ein kleines liebenswertes Büchlein, dessen Inhalt genau den kindlichen Humor trifft, wenn es Dinge wörtlich nimmt, die symbolisch gemeint waren.

    Lorentz, I: Wanderschriftsteller Lorentz, I: Wanderschriftsteller (Buch)
    02.11.2019

    Von nix kommt nix...


    Angekündigt ist der Inhalt des vorliegenden Buches als autobiographischer Reisebericht des Autoren-Ehepaares Iny Klocke und Elmar Wohlrath, die hinter dem Pseudonym Iny Lorentz stecken. Da ich nur gelegentlich einen historischen Roman lese und auch nur einige Bücher von Iny Lorentz kenne, waren meine Erwartungen an das vorliegende Buch nur mäßig hoch.
    Als ich mit einiger Skepsis zu lesen begonnen hatte, erlebte ich eine Überraschung. Mich beeindruckte enorm, wie es dem Ehepaar gelingt, durchaus persönlich von sich zu erzählen, ohne sich jedoch wirklich in ihre Seelen hineinblicken zu lassen. Diese wohltuende Distanz der Erzählweise macht das Buch glaubwürdig und sympathisch. Die vielen Reisen des Ehepaares zu verfolgen mit all den kleinen und mittleren Katastrophen, die Camper so erleben können, war durchaus unterhaltsam. Ebenso beeindruckte mich die fast biedere Bescheidenheit, die das Ehepaar ausstrahlt. „Wir sind wie wir sind“, schreiben sie irgendwo im Buch. Ja, in der Tat, sie sind sich treu geblieben, egal wie erfolgreich ihre Bücher sind, ob sie bei Dreharbeiten zuschauen, in einem vornehmen Restaurant eingeladen sind, „in dem man sich vor den Obern verbeugen möchte“ oder ob sie mit desolaten Sanitärräumen auf abgelegenen Campingplätzen zu kämpfen haben – sie sind wie sie sind und sie bleiben so. Sie sind glücklich, wenn sie gemeinsam neue Projekte ersinnen, wenn jeder für sich vor dem Laptop sitzt und schreibt und schreibt. Und noch glücklicher sind sie, wenn sie zwischendurch die Welt bereisen, wissensdurstig, immer auf der Suche nach den idealen Orten, in denen ihre Figuren zum Leben erweckt werden können. Unglaublich, welch eine Akribie das Ehepaar an den Tag legt, um auf den Reisen so viel historisches Wissen wie nur irgend möglich zu sammeln, und wie aus diesem Erleben, Erspüren und Sehen der Orte Geschichten erwachsen, fast wie von selbst, möchte man meinen. Aber wenn man genau liest, spürt man doch, dass hier zwei Besessene am Werk sind, deren größtes Glück das schöpferische Schreiben ist, schier ohne Pause, mit endlosem Fleiß, mit zielgerichtetem, wissendem Blick auf historische Gegebenheiten. Wissen, das sich schreibend zu erlebbarer Geschichte wandelt. Zwar ist die Grundlage ihres Erfolges zweifellos schreiberisches Können, aber mindestens ebenso wichtig und zielführend scheint mir der immense Fleiß der beiden und die akribische Freude am Aufdecken von historischen Spuren in unserer heutigen Welt.
    Das Buch lässt uns ein überaus sympathisches, bescheidenes, uneitles und besessen-fleißiges Autorenpaar kennenlernen, und mir wurde klar, dass genau hier das Geheimnis ihres Erfolges steckt, denn von nix kommt nix…
    Rulantica (Bd. 1) Michaela Hanauer
    Rulantica (Bd. 1) (Buch)
    21.10.2019

    Magisch schön


    Auch wenn mir bewusst ist, dass eine mächtige Werbemaschinerie in Verbindung mit dem Freizeitpark Rust hinter Rustica steckt – das Buch zu lesen hat mir großen Spaß bereitet. Und es verfehlt nicht seine Wirkung, Neugier zu wecken auf die gigantische Unterwasserwelt, die im November 2019 ihre Pforten öffnen wird.
    Die Geschichte nimmt ihren Ausgang in der ganz alten Zeit der Götter und Runen und dem ewigen Wunsch nach Unsterblichkeit. In einem Prolog wird berichtet über den göttergewollten Ursprung von Rulantica. Unmittelbar danach bewegen wir uns in der Unterwasserwelt der Meermenschen. Das neugierige Meermädchen Aquina fühlt sich immer schon etwas fremd unter Ihresgleichen, besonders da ihr so Vieles verboten ist. Als sie überraschend 12-jährig erfährt, dass sie einen Zwillingsbruder in der Welt der Menschen hat, gibt es für sie kein Halten mehr. Sie will ihre wahre Familie finden. Doch gemäß den jahrhundertealten Prophezeiungen der nordischen Götter drohen ihr ganz große Gefahren, bis hin zum Untergang von Rulantica…
    Was zunächst positiv auffällt, ist die aufwändige Gestaltung des Buches. Dem Coppenrath Verlag gelingt es immer wieder, seine Bücher äußerst ideenreich auszustatten und damit das reine Lesevergnügen zu erweitern durch visuelles und haptisches Erleben. Allein schon das Cover mit der beeindruckend dynamischen Illustration von Helge Vogt fesselt. Dazu Golddruck, Wechsel von matter und glänzender, teilweise geprägter Oberfläche. Das Innere des Buches suggeriert durch scheinbare Wasserflecken den Druck auf altem Papier. Die vielen, in den Farben einer Wasserwelt angepassten, fast dreidimensional wirkenden wunderschönen Illustrationen bereichern das Buch zusätzlich. Zu lesen ist die Geschichte durchweg spannend, zum Schluss hin geradezu aufregend. Die Autorin schreibt lebendig, frisch und humorvoll. Besonders begeistert hat mich die gelungene Darstellung der Sprache der Wellen und die Lautmalerei von Snorri, dem Tintenfisch, meinem absoluten Liebling im Buch. Wissenswertes ist unaufdringlich versteckt in der Geschichte, aber auch wichtige Themen wie Freundschaft, Vertrauen, Verlässlichkeit und Mut spielen eine Rolle. Dazu liegt über allem ein Hauch von Magie. Rundum empfehlenswert!
    Matt, I: Zauberschön Matt, I: Zauberschön (Buch)
    18.10.2019

    Schön in Inhalt und Ausstattung


    „Ein Märchenroman“ steht als Untertitel auf dem mit einer märchenhaften Illustration schön gestalteten Cover. Das machte mich neugierig. Denn was ist ein Märchenroman? Ein Roman, also eine epische Erzählung mit fiktiven Geschehnissen? oder ein Märchen, also eine Erzählung, in der übernatürliche Kräfte in das Leben der Menschen eingreifen? Nach Lektüre des Buches bleibt mir nur zu bestätigen, dass „Märchenroman“ der bestmögliche Untertitel ist, da der Autorin gelungen ist, von beiden Genres das Beste zusammenzufügen.
    Das blühende Land Florapis, in dem die Menschen in harmonischem Miteinander leben und arbeiten, ist ein Vorbild für die vielen Händler und Touristen, die immer mit Freude diesen Ort besuchen. Der gütige König regiert Florapis weise und mitfühlend. Prinz Florobert, der einzige Sohn des Königs, wird jedoch als kleines Kind von einer Biene gestochen und entwickelt über die Jahre hinweg in zunehmendem Maß Angst vor allem und jedem, bis hin zur Angst vor der Angst. Doch der König wird älter und muss irgendwann seinen zitternd-lebensuntüchtigen Sohn in die Regierungsgeschäfte mit einbeziehen. Dieser bestimmt aus seiner Angst heraus, dass das weltoffene Florapis durch einen hohen Mauerbau „geschützt“ werden müsse. Ab da geht es mit Florapis bergab. Zu allem Unglück siedelt sich auch noch ein Tatzelwurm in Florapis an, der den Menschen jeglichen Antrieb nimmt. Wie Florapis und seine Bewohner gerettet werden, wird dem Genre der Märchen voll und ganz gerecht.
    Gelesen habe ich das Buch sozusagen mit zweierlei Augen, mit denen des Erwachsenen und mit denen eines Kindes. Als Erwachsener fühlte ich mich gut unterhalten. Das Märchenhafte, in dem das Gute letztlich nach vielen Irrungen und Wirrungen siegt, hinterlässt ein wohliges Gefühl. Für Kinder bleibt natürlich auch diese positive Wirkung der Märchen bestehen, allerdings ist die Geschichte für Kinder stellenweise zu lang, hier würde ich als Lesepatin einige Kürzungen vornehmen. Schön sind die Themen zu bearbeiten, die im Buch auftauchen: Bienen, Blumen, Respekt vor der Natur, Kreativität, Hoffnung, Angst, Gutes tun und vieles andere. Das Buch sehe ich als Quell vieler Gesprächsmöglichkeiten mit Kindern. Für Erwachsene hätte ich mir noch eine Metaebene, eine psychologische Ebene gewünscht, denn nicht das passive „Wegschnaufenlassen“ ist der Heilungsweg aus der Angst heraus, sondern aktiv die Angst an die Hand zu nehmen…
    Ein schönes Buch ist Zauberschön aber allemal. Schön im Inhalt, besonders in seiner sorgsamen Sprache, und schön in seiner äußeren Ausstattung.

    Wisting und der Tag der Vermissten Wisting und der Tag der Vermissten (Buch)
    07.10.2019

    Ruhig-gespanntes Katz- und Mausspiel


    Für mich war dieser Autor eine Entdeckung! Ganz sicher werde ich auch den zweiten Band mit Kommissar Wisting lesen, denn Jorn Lier Horst trägt den Leser absolut sicher und verlässlich durch alle spannenden Geschehnisse des Cold Cases und kommt dabei ganz ohne marktschreierische Effekte aus – eine Wohltat.
    Jedes Jahr trifft Kommissar William Wisting den Ehemann der vor 24 Jahren verschwundenen Katharina Haugen. Sie treffen sich freundschaftlich zu einem Angelausflug in einer abgelegenen Hütte. Der Fall der verschwundenen Katharina konnte nie gelöst werden. Über die Jahre hinweg hat Wisting die Ermittlungsakten wieder und wieder studiert, ohne weiterzukommen. Doch dieses Jahr wird aus diesem Ausflugsritual eine mehr als gefährliche Situation.
    Das Lesen dieses perfekt durchkomponierten Kriminalromans habe ich sehr genossen. Der Autor hat es nicht nötig, durch wildes Hin- und Herspringen in den Zeiten und Perspektiven eine Pseudospannung aufzubauen. Er erzählt in ruhigem, folgerichtigem Erzählton auf feine, geradezu feinfühlige Weise und so detailliert, dass man das Gefühl hat, bei jedem einzelnen Ermittlungsschritt, bei jeder sich neu ergebenden Situation dabei zu sein, so intensiv, als würde man selbst jedes Blatt der umfangreichen Ermittlungsakte sichten und neu bewerten. Die relativ kurzen Kapitel machen das Lesen angenehm, die eigene Aufmerksamkeit wird geschickt wechselnd auf die verschiedenen überzeugend dargestellten Protagonisten gelenkt. Man befindet sich als Leser mitten in einem raffinierten Katz- und Mausspiel und wird weiter und weiter in eine seltsam still-gespannte Haltung getrieben, lauernd wie eine Katze vor dem Mauseloch. Genau so soll meiner Meinung nach ein Kriminalroman sein!

    226 bis 250 von 355 Rezensionen
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