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    KlpB Top 100 Rezensent

    Aktiv seit: 29. Dezember 2010
    "Hilfreich"-Bewertungen: 646
    106 Rezensionen
    Lady Sannox Sir Arthur Conan Doyle
    Lady Sannox (Buch)
    18.11.2015

    Gruseliges und Amüsantes

    Der Band enthält Erzählungen aus mehreren Sammlungen und vermittelt einen Eindruck von Doyles Vielseitigkeit in verschiedenen Schaffensperioden. Die längste, „J. Habakuk Jephsons Bericht“, zugleich die früheste und, anonym veröffentlicht, Robert Louis Stevenson zugeschrieben, wurde zum ersten literarischen Erfolg des erst 25jährigen. Vier der insgesamt zwölf Texte stammen aus der Sammlung „Round the Red Lamp“ (deren überwiegenden Teil s. Band 30.) Der inzwischen 35jährige schlägt mit Humor und farbenreicher Palette Kapital aus seinem intensiven, wenn auch kurzen Gastspiel als praktizierender Arzt. Sechs zeigen den inzwischen Mittfünfziger auf den Spuren seltsamer Nebenwelten oder, in der konkreten Kriegssituation von 1914/18 zum Greifen aktuell, einer hintergründigen Spionagegeschichte.

    Manche Texte greifen auf oder parodieren Motive aus der romantischen Horrorliteratur, so die zum Leben erweckte Mumie, das Monstertier, das Geisterschiff, der blutig die Untreue seiner Frau rächende Ehemann. Wie ein Delinquent den Elektrischen Stuhl überlebt, ist dagegen lange vor Kafka kafkaesk und zugleich witzig und als drastische Gesellschaftskritik am Barbarismus amerikanischer Hinrichtungspraxis prekär. Und immer wieder benutzt der Autor die Genres, um Stellung zu beziehen.

    Bereits die früheste Erzählung stimmt unter dem Eindruck aktueller Anschläge durch Undercover-Agenten auf unbeteiligte Zivilisten sehr nachdenklich. Man erweitere das Zitat auf S. 126 nur minimal und landet heute: „Ich kämpfte gegen die gesamte weiße Rasse, um ihr etwas von dem zu vergelten, was sie uns Schwarzen seit Jahrhunderten antut.“
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    Der Tauchbootkrieg Sir Arthur Conan Doyle
    Der Tauchbootkrieg (Buch)
    11.11.2015

    Grundlegende Einsichten

    Conan Doyle begnügte sich nie damit, sein Publikum mit Boulevardthemen zu versorgen, sondern sah sich umfassend in einer sozialen und politischen Verantwortung. In mehreren Kampagnen, die große Aufmerksamkeit erregten, engagierte er sich für Recht und Gerechtigkeit, legte Mißstände in Politik und Justiz bloß und unterbreitete der Regierung praktische Vorschläge. So in seinen umfangreichen Referaten zu den Verbrechen der belgischen Kolonialherren im Kongo und zum Burenkrieg, so, sehr konkret, in diesem fiktiven Kriegstagebuch des mutmaßlich belgischen Kapitäns Sirius, der es mit seinen wenigen U-Booten schafft, die Handelsflotte des mächtigen Kriegsgegners England lahmzulegen und die Briten sprichwörtlich auszuhungern.

    Am Vorabend des Ersten Weltkriegs wirkte das wie eine scharfsichtige Prophezeiung oder, wie einige Kommentatoren warnten, auch Aufforderung an das Festland, die Achillesferse der britischen Verteidigungspolitik auszunutzen. Heute, hundert Jahre später, auf dem Hintergrund von Globalisierungseuphorie und Völkerwanderungsströmen, liest sich die schwungvolle Erzählung nicht weniger brisant. Die Auslöser der Not sind andere: nicht mehr eine kleine Flotte moderner U-Boote, sondern Destabilisierung ganzer Weltregionen durch Invasionen aus der Luft, Umweltzerstörung und wirtschaftlichen Druck. Aber die Erstursache ist identisch: die Unfähigkeit einer Population, sich aus eigener Kraft mit den nötigsten Nahrungsmitteln zu versorgen. Doyles Appell galt einem Staat, der sich nur zu 20 Prozent aus Produkten der einheimischen Landwirtschaft und zu 80 Prozent aus den Kolonien versorgte, seine Bauern vernachlässigte und jederzeit durch eine Blockade von der Versorgung abgeschnitten werden konnte. Heute wäre er zu richten an die meisten unserer Politiker, mit den Lebensgrundlagen der Weltbevölkerung endlich verantwortungsvoll umzugehen, die Versorgung im eigenen Land zu sichern und schlecht aufgestellten oder künstlich unter Druck gesetzten Staaten zu helfen, ihre Bevölkerung mit Produkten aus der eigenen Landwirtschaft zu versorgen. Das wäre nicht nur eine unverzichtbare Maßnahme für den Verteidigungsfall, sondern eine Voraussetzung zum Frieden und zur Ruhe generell.
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      Dramen (Buch)
    Der Rand des Unbekannten Sir Arthur Conan Doyle
    Der Rand des Unbekannten (Buch)
    11.11.2015

    Bekennerhaft

    In dieser Zentralschrift aus seinem vorletzten Lebensjahr gibt der bekennende Spiritist Doyle mannigfache Einblicke in seine „Wissenschaft“, seine Begegnungen mit Medien, Betrügern und dem zwiespältig zwischen den Fronten changierenden damals weltberühmten Magier und Entfesselungskünstler Houdini. Der scheinbare Widerspruch zwischen der okkulten Seite des studierten Arztes und der Erfindung der menschlichen Denkmaschine Sherlock Holmes beschäftigt bis heute die Interpreten. Der von Reinhard Hillich vorbildlich übersetzte und kommentierte Band gibt möglicherweise einige Antworten.
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    • Bungert, K: Interview Bungert, K: Interview (Buch)
    Der Parasit Sir Arthur Conan Doyle
    Der Parasit (Buch)
    10.11.2015

    Mehrschichtiges Thema

    Dichte, mit der Konsequenz eines Räderwerks entwickelte, tiefgründige Erzählung von 1894, die sich erst beim wiederholten Lesen erschließt:

    Neben einer Art fortschreitender Persönlichkeitsspaltung im weitgefaßten Anklang an „Dr. Jekyll und Mister Hyde“ (R. L. Stevenson, 1886) und neben Parallelen zu den okkulten Interessen des bei der Veröffentlichung mit seinem Protagonisten,gleichalten Conan Doyle handelt die in ihrem sachlichen Tagebuchstil modern anmutende Novelle von den Nöten einer 40jährigen Frau, die mit ihrem Lebenshunger und Liebesverlangen an den Grenzen ihrer körperlichen Behinderung und der Ablehnung durch ihre Umwelt scheitert. Was wäre, wenn sie über manipulatorische Mittel verfügte, dennoch an das innig ersehnte Objekt ihrer Begierde zu gelangen?

    Doyle entwickelt ein Feuerwerk an Verwicklungen und Zuspitzungen. Das bedauernswerte Schicksal der selbst vom Protagonisten heftig abgewertenden Frau (Parasit!) erweist sich allem Hypnoseszenarium zutrotz als menschlicher Angelpunkt.
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    Der Silberspiegel Sir Arthur Conan Doyle
    Der Silberspiegel (Buch)
    09.11.2015

    In den Fußstapfen römischer Klassiker

    Doyle dachte wohl eine Zeitlang an einen großen poetisch-historischen Überblick über die Entwicklung der abendländischen Kultur in der Art antiker römischer Schriftsteller, Livius, Tacitus etwa. Deren Darstellung zeichnet sich dadurch aus, daß sie anhand einzelner Begebenheiten, mitunter sagenhafter Natur, Haltungen oder auch gewichtige ethische Dilemmata verdeutlicht: Geschichte als Abfolge exemplarischer Ereignisse.

    Von dem angedachten, aber nie zur vollen Ausführung gelangten Projekt sind die hier vereinigten Novellen übriggeblieben, die Nadine Erler für 28 Eichen in ausgezeichneten Erstübersetzungen vorlegt. Und der vielseitige Doyle, immer auf der Suche nach spannenden Aufgaben, liefert den alten Autoren in den der Antike gewidmeten Erzählungen wahrhaft Konkurrenz. Und typisch für ihn, den berühmten römischen Vorläufern noch nicht präsent, ist er immer dort zur Stelle, wo er auf den Wahn der christlichen Religionsparteiungen hinweisen darf. Exemplarisch dafür die fünfte, „Der Tag des Zorn“. Ein friedliebender Eremit gerät vor die Entscheidung, mit einem bracchialen Husarenstreich seine Ideale zu verraten oder Tausende seiner Landsleute dem sicheren Tod auszuliefern.

    Der Streit, in einem Zitat bei Conrad Ferdinand Meyer, „zwischen zwei höchsten Werten“ prägt auch die später angeordneten und überwiegend später spielenden Erzählungen. So zwischen Sportlerehre und der Gelegenheit, sich auf eine höchst unsportliche Art ein ansehnliches Zubrot zu erwerben. So der Entscheidungsprozeß zwischen zwei Ehebewerbern, der eine ungewöhnliche und für Doyle ungewöhnlich rührselige Erweiterung erfährt.

    So zwischen prosaischem Realitätsglauben und dem Glauben an die Realität paranormaler Erscheinungen wie in der Titelgeschichte. Hier hätte eine ironische Perspektive gutgetanDoyle dachte wohl eine Zeitlang an einen großen poetisch-historischen Überblick über die Entwicklung der abendländischen Kultur in der Art antiker römischer Schriftsteller, Livius, Tacitus etwa. Deren Darstellung zeichnet sich dadurch aus, daß sie anhand einzelner Begebenheiten, mitunter sagenhafter Natur, Haltungen oder auch gewichtige ethische Dilemmata verdeutlicht: Geschichte als Abfolge exemplarischer Ereignisse.

    Von dem angedachten, aber nie zur vollen Ausführung gelangten Projekt sind die hier vereinigten Novellen übriggeblieben, die Nadine Erler für 28 Eichen in ausgezeichneten Erstübersetzungen vorlegt. Und der vielseitige Doyle, immer auf der Suche nach spannenden Aufgaben, liefert den alten Autoren in den der Antike gewidmeten Erzählungen wahrhaft Konkurrenz. Und typisch für ihn, den berühmten römischen Vorläufern noch nicht präsent, ist er immer dort zur Stelle, wo er auf den Wahn der christlichen Religionsparteiungen hinweisen darf. Exemplarisch dafür die fünfte, „Der Tag des Zorn“. Ein friedliebender Eremit gerät vor die Entscheidung, mit einem bracchialen Husarenstreich seine Ideale zu verraten oder Tausende seiner Landsleute dem sicheren Tod auszuliefern.

    Der Streit, in einem Zitat bei Conrad Ferdinand Meyer, „zwischen zwei höchsten Werten“ prägt auch die später angeordneten und überwiegend später spielenden Erzählungen. So zwischen Sportlerehre und der Gelegenheit, sich auf eine höchst unsportliche Art ein ansehnliches Zubrot zu erwerben. So der Entscheidungsprozeß zwischen zwei Ehebewerbern, der eine ungewöhnliche und für Doyle ungewöhnlich rührselige Erweiterung erfährt.

    So zwischen prosaischem Realitätsglauben und dem Glauben an die Realität paranormaler Erscheinungen wie in der Titelgeschichte. Hier hätte eine ironische Perspektive gutgetan, aber die flog dem immer öfter dem Okkultismus zugeneigten Autor nicht mehr so zu.
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    • Tartüff für Anfänger Sigrid Ertl
      Tartüff für Anfänger (Buch)
    Symphonien Nr.1-4 Symphonien Nr.1-4 (CD)
    05.10.2015
    Booklet:
    4 von 5
    Gesamteindruck:
    4 von 5
    Klang:
    4 von 5
    Künstlerische Qualität:
    4 von 5
    Repertoirewert:
    4 von 5

    Gemischte Eindrücke, 2te und 3te in Spitzeninterpretation

    Gemischte Eindrücke mit ziemlich deutlich verteilten Schwachpunkten: die Tempi in der ersten und vierten Sinfonie sind einfach zu weit auseinandergerissen, die langsamen Teile zu breit, die schnellen, besonders in den Ecksätzen der ersten und Finale der vierten, überzogen. Das stört die Harmonie und fraglos komponierte Einheitlichkeit empfindlich (und soll schon Anlaß zu einer harschen Kritik Roberts an Klara Schumanns Klavierspiel gewesen sein). Große Klasse dagegen die zweite und dritte Sinfonie. Das Adagio der zweiten in der Tat extrem schwelgend, aber es paßt in die Aura der Größe, die Bernstein anschlägt und über die gesamte hier 42minütige Sinfonie zu halten vermag. Das Finale der dritten für sich betrachtet erneut zu zügig, aber auch hier ergibt der Zusammenhang mit dem Vorangegangenen einen stimmigen Kontext.
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    Tartüff für Anfänger Sigrid Ertl
    Tartüff für Anfänger (Buch)
    27.08.2015

    Entzückende Kriminalkomödie

    Das zierliche Buchdebüt von Sigrid Ertl wäre eine ideale Vorlage für einen vergnüglichen ca. anderthalbstündigen Theaterabend von und für Junge und Junggebliebene. Die im Hauptberuf als Heilpraktikerin mit aufklärerischem Schwerpunkt arbeitende Autorin zaubert darin eine erkleckliche Liste frischer, witziger, aufdringlicher oder verrückter Charaktere auf die Bretter, Verzeihung: die Buchseiten. Besonders liegt ihr ein musikalischer Hochstapler quer.
    Doch noch weniger akzeptiert sie den religiösen Wahn, der ganze Familien überschattet. Der bodenständige Hans Tudor, Mann seiner liebenswert überkandidelten Lisa und sie immer wieder beschützender Provinz-Sherlock-Holmes, muß es am Ende richten.
    Ertl schreibt knapp gefügte, vortrefflich angeordnete Szenen in einen quirlig lebendigen, lockeren Stil. Das befähigt sie auch zur authentischen Zeichnung der Innenwelt heutiger Jugendlicher. Sehr erfrischend!
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    Der Krieg in Südafrika Sir Arthur Conan Doyle
    Der Krieg in Südafrika (Buch)
    22.08.2015

    Ein Autor wird politisch

    Wer sich für die reichen Facetten des Schriftstellers und Menschen Arthur Conan Doyle interessiert, sollte die als Bände 26 und 27 der deutschen Doyle-Ausgabe des 28 Eichen-Verlags erschienenen Neuauflagen zweier Streitschriften von 1902 bzw. 1909 nicht übergehen. Sie zeigen den Autor als brillanten Analysten und Anwalt von Fairness und Menschlichkeit.
    Die ältere Schrift – Der Krieg in Südafrika – erklärt die Hintergründe des zweiten Burenkriegs (1899 – 1902) aus britischer Sicht. Um unparteiischen Standpunkt bemüht und einräumend, daß spätere Quellenfunde sein aktuelles Urteil relativieren könnten, legt er dar, daß der Krieg von Großbritannien nicht gewünscht, aber durch fortwährende Verletzung der Bürgerrechte britischer Bürger in einer London weiterhin formell unterstellten Kolonie durch die Minderheit der regierenden Buren unvermeidbar geworden sei. Doyles Darstellung setzte angesichts einer proburisch eingeschworenen europäischen Presse einen bewußten Gegenakzent.
    Besonders um das Verhältnis zum Deutschen Reich zu entspannen, das er durch diverse Pressekampagnen belastet sah, ließ er die Schrift parallel auf deutsch erscheinen. Die zweite Hälfte fokussiert das Verhalten der verfeindeten Kriegsparteien und zitiert auch von burischer Seite zahlreiche Augenzeugenberichte, die die Fairness und Diszipliniertheit der britischen Armee bestätigen.
    Es lohnt sich, Doyles Argumenten zu folgen. Sicher schrieb er als Patriot, aber er tat dies ohne Pomp und Pathos und aus dem Gefühl heraus, einer Nation anzugehören, die auch in ihren Kolonien, bisher jedenfalls, die Verhältnismäßigkeit wahrte.
    Für seine Berichterstattung, die er über Monate vor Ort betrieb, und seinen Einsatz für die Rehabilitierung des britischen Namens in der Welt wurde Conan Doyle von Königin Victoria geadelt.
    In seiner zweiten Streitschrift – Das Congoverbrechen - rollt er einen der schrecklichsten Skandale der afrikanischen Geschichte auf und appelliert an die europäischen Hauptmächte, zu intervenieren. Immerhin hatten diese, noch unter Führung Otto von Bismarcks, im guten Glauben an die „christlichen und zivilisatorischen“ Absichten des belgischen Königs Leopold II., der Gründung des Congo-Freistaates im Jahre 1885 zugestimmt. Bereits ein Jahr später erwies sich, was Doyle in seinem an die deutschen Leser gerichteten Vorwort so zusammenfaßt: „man hat eine Religion gegen die andere listig ausgespielt, ein Land gegen das andere, Katholiken gegen Protestanten, Deutsche gegen Engländer – hat alle gegeneinander gehetzt, damit ein kleiner Kreis reicher, gewissenloser Gummihändler den Vorteil ziehe. Leicht erklärliche Eifersucht, angeschürt durch ein schlau geleitetes Preßbureau, hat die Mächte veranlaßt, sich voller Mißtrauen zu beobachten, während sie ihre Augen auf den Übeltäter hätten richten sollen, um seinen Opfern Rettung zu bringen.“
    Zweieinhalb Jahrzehnte spielte sich am Kongo eine der zynischsten Enteignungsfeldzüge und brutalsten Völkermorde ab. Bis zu 10 Millionen Menschen fanden im unbezahlten Frondienst für eine Kautschukmafia den Tod, deren Kopf und Hauptprofiteur der belgische König war. Dieser Tartuffe und Jack the Ripper in einer Person (O-Ton Doyle) schaffte es, ein System abhängiger Agenten, Unteragenten und kannibalischer Milizionäre zum Gegenteil dessen zu zwingen, was er in der Öffentlichkeit lauthals verkündete.
    Über die schauderhaften Details hinausgehend, die Doyle aus dieser Hölle am Kongo zusammenträgt, vermittelt die Schrift einen Eindruck davon, warum die Urbevölkerung Schwarzafrikas den Tricks der „zivilisierten“ weißen Rasse nie Paroli bieten konnte. Wenn man die üblen Methoden sieht, wie Konzerne und die EU schon wieder die Afrikaner um ihre Grundlagen betrügen, kann man nur aufschreien, wenn auch den Menschen nicht mehr die Hände abgehackt, die Angehörigen entführt, totgepeitscht, mit Stangen durchbohrt und ausgeweidet werden. Was am anderen Ende von hohen Dividenden – zu Leopolds Zeiten bis zu 700%! - und Dumpingpreisen herausschaut, wird dem aufmerksamen Leser überdies gezeigt.
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    Die ältere Schrift – Der Krieg in Südafrika – erklärt die Hintergründe des zweiten Burenkriegs (1899 – 1902) aus britischer Sicht. Um unparteiischen Standpunkt bemüht und einräumend, daß spätere Quellenfunde sein aktuelles Urteil relativieren könnten, legt er dar, daß der Krieg von Großbritannien nicht gewünscht, aber durch fortwährende Verletzung der Bürgerrechte britischer Bürger in einer London weiterhin formell unterstellten Kolonie durch die Minderheit der regierenden Buren unvermeidbar geworden sei. Doyles Darstellung setzte angesichts einer proburisch eingeschworenen europäischen Presse einen bewußten Gegenakzent.
    Besonders um das Verhältnis zum Deutschen Reich zu entspannen, das er durch diverse Pressekampagnen belastet sah, ließ er die Schrift parallel auf deutsch erscheinen. Die zweite Hälfte fokussiert das Verhalten der verfeindeten Kriegsparteien und zitiert auch von burischer Seite zahlreiche Augenzeugenberichte, die die Fairness und Diszipliniertheit der britischen Armee bestätigen.
    Es lohnt sich, Doyles Argumenten zu folgen. Sicher schrieb er als Patriot, aber er tat dies ohne Pomp und Pathos und aus dem Gefühl heraus, einer Nation anzugehören, die auch in ihren Kolonien, bisher jedenfalls, die Verhältnismäßigkeit wahrte.
    Für seine Berichterstattung, die er über Monate vor Ort betrieb, und seinen Einsatz für die Rehabilitierung des britischen Namens in der Welt wurde Conan Doyle von Königin Victoria geadelt.
    In seiner zweiten Streitschrift – Das Congoverbrechen - rollt er einen der schrecklichsten Skandale der afrikanischen Geschichte auf und appelliert an die europäischen Hauptmächte, zu intervenieren. Immerhin hatten diese, noch unter Führung Otto von Bismarcks, im guten Glauben an die „christlichen und zivilisatorischen“ Absichten des belgischen Königs Leopold II., der Gründung des Congo-Freistaates im Jahre 1885 zugestimmt. Bereits ein Jahr später erwies sich, was Doyle in seinem an die deutschen Leser gerichteten Vorwort so zusammenfaßt: „man hat eine Religion gegen die andere listig ausgespielt, ein Land gegen das andere, Katholiken gegen Protestanten, Deutsche gegen Engländer – hat alle gegeneinander gehetzt, damit ein kleiner Kreis reicher, gewissenloser Gummihändler den Vorteil ziehe. Leicht erklärliche Eifersucht, angeschürt durch ein schlau geleitetes Preßbureau, hat die Mächte veranlaßt, sich voller Mißtrauen zu beobachten, während sie ihre Augen auf den Übeltäter hätten richten sollen, um seinen Opfern Rettung zu bringen.“
    Zweieinhalb Jahrzehnte spielte sich am Kongo eine der zynischsten Enteignungsfeldzüge und brutalsten Völkermorde ab. Bis zu 10 Millionen Menschen fanden im unbezahlten Frondienst für eine Kautschukmafia den Tod, deren Kopf und Hauptprofiteur der belgische König war. Dieser Tartuffe und Jack the Ripper in einer Person (O-Ton Doyle) schaffte es, ein System abhängiger Agenten, Unteragenten und kannibalischer Milizionäre zum Gegenteil dessen zu zwingen, was er in der Öffentlichkeit lauthals verkündete.
    Über die schauderhaften Details hinausgehend, die Doyle aus dieser Hölle am Kongo zusammenträgt, vermittelt die Schrift einen Eindruck davon, warum die Urbevölkerung Schwarzafrikas den Tricks der „zivilisierten“ weißen Rasse nie Paroli bieten konnte. Wenn man die üblen Methoden sieht, wie Konzerne und die EU schon wieder die Afrikaner um ihre Grundlagen betrügen, kann man nur aufschreien, wenn auch den Menschen nicht mehr die Hände abgehackt, die Angehörigen entführt, totgepeitscht, mit Stangen durchbohrt und ausgeweidet werden. Was am anderen Ende von hohen Dividenden – zu Leopolds Zeiten bis zu 700%! - und Dumpingpreisen herausschaut, wird dem aufmerksamen Leser überdies gezeigt.
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    13.08.2015

    Anregende Arbeit

    ... die, selbst da, wo sie auf eingefahrene Kriterien zurückgreift, angenehme Distanz zum eigenen Standpunkt erkennen läßt. Pfiffig aufgezogen, regt sie den Leser zum eigenen Urteilen an und vermag die Neugier auf die besprochenen Komponisten, speziell die herausragenden Sinfonien Joachim Raffs, zu wecken.
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    10.08.2015

    Aus dem Vollen geschöpft

    Doyle hatte seinen Stil mit Ende 20 nicht nur gefunden, sondern verfügte über die Mittel bereits mit der Selbstverständlichkeit eines Meisters. Davon zeugen diese 1887 und 1888 erstveröffentlichten und nun als Band 35 seiner Werkausgabe beim Verlag 28 Eichen auf deutsch neu herausgekommenen Erzählungen. Ohne daß Doyle auch nur an einer einzigen Stelle mit der väterlichen Autorität des Arztberufs kokettierte, dem er damals eben erst und eben noch nachging, scheint eine bestimmte philanthropisch-wache Sicht auf unser aller Dasein etwas auszudrücken, das man mit der Haltung nicht nur, aber doch bevorzugt eines Arztes nur zu gerne verbindet.
    Einmal allerdings kommt der Arzt aus dem Nähkästchen plaudernd zum Zuge. In der Kurzgeschichte „Crabbes Praxis“ erfährt der geneigte Leser, daß nicht erst heute Vertreter des medizinischen Standes Leiden erfinden, um als deren Beheber Aufmerksamkeit, Kunden und Vermögen zu ergattern. Heute sind es vielleicht eher medial hochgepeitschte Virusepidemien, in Doyles Erzählung erfüllt ein fingierter Unfall denselben Zweck.
    Für sein gesamtes Schaffen typisch, verweist er auch schon in diesem frühen Buch auf die Attraktivität äußerlich unscheinbarer oder fehlerbehafteter Personen und läßt den Leser sich, wie in der Erzählung „Gentleman Joe“, an deren endlich gefundenem Lebensglück herzlich mitfreuen.
    Ist so etwas literarisch relevant? mag mancher einwenden. Aber für wen schreibt jemand: zur linguistischen Selbstbefriedigung? um linguistische Tugendwächter mit Material für ihre stilhistorischen Profilierungen zu versorgen? Ist gegen Schreiben mit einer mitlaufenden therapeutischen oder utopischen Absicht etwas zu einzuwenden?
    Der Arzt-Schriftsteller aus Edingburgh hätte gegenüber Einwänden dieser Art vermutlich geschmunzelt. Allerdings ist auch bekannt, daß ihn die geringe Wertschätzung seitens des literarischen Lehrbetriebs mitunter verdroß. An die 40 Bände erzählerischer Prosa ohne Flopp mache dem Herrn aber einer erstmal nach!
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    Bebuquin oder das Wunder der Dilettanten, 2 Audio-CDs Bebuquin oder das Wunder der Dilettanten, 2 Audio-CDs (CD)
    10.08.2015

    Engagierte Edition

    Ob der Text des jungen Carl Einstein mehr Aufmerksamkeit verdient und mehr Publikum erreichen kann, als dies von einem aufsehenerregenden Dokument einer abgewickelten Epoche zu erwarten ist, möchte ich nicht beurteilen. Zwischen nonsensnahen Beschreibungen, die den etwas später entwickelten Kubismus in der Malerei heraufbeschwören, und predigerhaften Exkursen im Spannungsfeld von Geist-Materie, Sinnlichkeit-Askese, Handeln-Passivität, Sinnsuche-Sinnlosigkeit ergibt sich ein recht verspieltes Patchwork, dem man anmerkt, daß sein Verfasser das humanistische Gymnasium eben hinter sich hatte und noch gern im jugendlichen Philosophastern, Übermut, Melancholischsein und Begehren verharrte. Hier arbeitete ein Mittzwanziger heftig ab, was er an neuplatonischen Ideen mitbekommen hatte, und schlug dazu, im Selbstbewußtsein ironisierenden Avantgardismus, Purzelbäume. Hätte er seine absichtsvoll weithergeholten Wortvergleiche stärker auf Publikumseffekt und Zeitaktualität abgestimmt, der Text würde als zweistündige Kabarettveranstaltung durchgehen. Mit einigen nachdenkenswerten Aphorismen übrigens, die umso mehr überraschen, als der Text keine Kontinuität anstrebt.
    Umso kohärenter bemüht sich der vielseitige, philologisch brillierende Albert Bolliger im üppigen Begleitbuch um eine Erläuterung und Durchleuchtung des wenig Greifbaren, und umso verblüffender läßt Stefan Kaminski das Heterogene wie bei einem herkömmlichen Roman wie aus einem Guß erscheinen. Stimmlich variabel, hebt er nicht nur Personen der fragmentierten Handlung virtuos voneinander ab, sondern auch Grundatmosphären einzelner Kapitel. Das ergibt einen lebendig gegliederten Vortrag, der intensive Vertrautheit mit dem merkwürdigen Text beweist.
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    29.06.2015

    Kafka getoppt

    Band 33 der auf 44 Bände berechneten und demnächst die 40er-Marke erreichenden Ausgabe von Doyles Prosaschaffen auf deutsch vereinigt sechs Erzählungen, die formal die Genres Science fiction und Fantasy berühren, deren Gehalt damit aber nicht im entfernten abgedeckt erscheint. Die erste, "Prof. Maracot und die Schrecken der Tiefsee", erreicht mit 165 Seiten Romanlänge und entführt in den legendären Unterwasserstaat Atlantis. Ein weiser Fürst hat vor vielen tausend Jahren in einer dekadenten Epoche Vorkehrungen getroffen, die ihm und seinen Nachfahren in der versinkenden Stadt das Überleben ermöglichen. Futuristische Sauerstoffgeräte und ein hochentwickeltes Wissen auf den Gebieten (Elektro-)Technik, Physik und Chemie verblüffen die in einer Taucherglocke auf dem Meeresgrund strandenden Besucher. Der Roman, in zwei zeitlich getrennten Folgen erstveröffentlicht, gehört zu den letzten Werken Doyles, schließt tendentiell bei den Texten um Professor Challenger an, muß im letzten Fünftel aber etwas über das episch zuträgliche Maß hinaus als Vehikel für Doyles "Erkenntnisse" über Reinkarnation und Telepathie herhalten. Seine Hauptstärke entfaltet er, wenn er die Entwurzelung spürbar werden läßt, die Menschen erfaßt, wenn sie außerhalb ihrer irdischen Umwelt überleben (müssen). Eine eindrückliche Warnung vor potentiellen Marsausflügen.
    Umwerfend packend die fünf Erzählungen der zweiten Hälfte des Bandes, zwei davon Ergänzungen zu den Challenger-Romanen und ebenfalls aus Doyles Spätzeit, aber in erfrischend (selbst-)ironischer Distanz abgefaßt zu den Grenzgebietserfahrungen, die die gemeinsame Klammer der im Buch vereinigten Texte bilden. "Die Maschine, die die Welt beherrscht" zeigt den bärbeißigen Professor nicht nur auf dem Gipfel bauernschlauen Humors, sondern auch auf der Höhe gesellschaftlicher Verantwortung in einer elementaren Grenzsituation. Eine hervorragend übertragbare Parabel von kafkaesker Absurdität, nur witziger, vitaler, spannender und einfach besser.
    Kafkaesk ("Die Verwandlung") mutet auch das wesentlich früher entstandene "denkwürdige Experiment in Keinplatz" an, darin Doyle die Idee einer Seelenwanderung bei Hypnose und Rückkehr in den falschen Körper verhohnepiepelt. Hollywood produzierte über Analoges Dutzende pseudotragischer Schnulzen, Doyle löst den Knoten mit einem schäkernden Augenzwinkern.
    Die einem Sicherheitstechniker gewidmete Abschlußerzählung "Der Aufzug" zeichnet das Täterprofil eines Attentäters aus religiösen Gründen als eindrückliche Warnung vor religiös anfälligen Persönlichkeiten spätestens in sensiblen Berufen.
    Erzählkunst vom feinsten ist das, plastisch neuübersetzt von Detlev Fischer, leider allerdings mit etlichen typographischen Verdrehern und Versehen. Angesichts des bereits 15 Jahre beanspruchenden Doyle-Mammutprojekts bei 28 Eichen und der dünnen Personaldecke des Verlags ist es vielleicht nicht möglich, derartiges bei jedem Band zu vermeiden. Dem herausragenden Niveau der Doyleschen Erfindung und der inhaltlichen Qualität und offenkundigen Stichhaltigkeit der Übersetzungen zuliebe wird - bis zur Bereinigung in einem künftigen Leben - darüber hinwegzusehen sein.
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    Der Skandal im Regiment Sir Arthur Conan Doyle
    Der Skandal im Regiment (Buch)
    05.03.2015

    Noch ein Prachtband

    Farbig von Herausgeber Olaf R. Spittel übersetzt und benutzerfreundlich kommentiert, beglücken diese 15 zwischen neun und 41 Seiten differierenden Erzählungen mit einer ganzen Reihe von Facetten des großen Fabulierers und Erzählers. Doyle entwirft eine Vision, wie der Erste Weltkrieg anders geendet hätte, hätte der deutsche Kaiser sich noch einmal einer Seeschlacht gestellt. Oder von einer Bürgerwehr, die in einer korrupten Stadt zur Selbstjustiz greift. Er berichtet von einem neuen Aufschlag beim Cricket und schlägt auch aus diesem Thema Funken, die einen sonst wenig Sportbegeisterten mitreißen können. Mehrfach wird von Vorkommnissen beim Militär gehandelt, so in der rührenden und überraschenden Titelgeschichte, von Ehrenhändeln unter Offizieren oder, wie in "Sir John Hawker hat ausgespielt" unter Gentlemen der Lord Byron-Zeit, erzählt mit der Leichtigkeit und Präzision einer Puschkin-Novelle, freilich ein Jahrhundert später und aus dem Blickwinkel von Literaturkritikern mag sein "zu" spät. Drei der Erzählungen erschienen kurz nach dem Tod Conan Doyles, darunter die erstmals auf Deutsch übersetzte "Das Kirchenblatt". Als ich sie las, habe ich schallend lachen müssen. Junge Leute erlauben sich einen Scherz und bringen einen ahnungslosen Drucker dazu, für ein Kirchenblatt ein Supplement zu drucken, das die entlarvendsten Klatschgeschichten über Gemeindemitglieder verbreitet - aus dem Leben gegriffen und doch am Ende ins Irreale und Utopische gewendet.
    Die im Einmannbetrieb betreute mittlerweile 40teilige Doyle-Ausgabe von 28 Eichen enthält auch in diesem 35. Band einige Druckfehler. Man sollte sich nicht daran aufhalten. Sie schmälern den Wert und Genuß an dieser medienpreiswürdigen verlegerischen Privatinitiative nicht. Doyle ist und bleibt auch auf Deutsch und weit über die Sherlock Holmes-Geschichten hinaus eine Entdeckung.
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    Sir Nigel Sir Arthur Conan Doyle
    Sir Nigel (Buch)
    22.02.2015

    Helle Strahlen in finstere Zeit

    Niemand muß Conan Doyles Selbsteinschätzung teilen, wonach er, folgt man der Biografie Daniel Stashowers, diesen Roman und den eng mit ihm verflochtenen "The White Company" für seine literarisch besten Leistungen hielt. Anderseits kann man den Stolz eines Autors verstehen, der sich erfolgreich in eine nun allerdings fremde Zeit hineindenkt mit einem ritterlichen Moralkodex, der Verrat und List auch zwischen Gegnern unterbindet, im Gegenzug dann wieder unerbittlichen Grausamkeiten und himmelschreienden Absurditäten Tür und Tor öffnet.
    Das Buch ist innerhalb der Gattung, die es bedient, meisterhaft gebaut. Die bis zum bitteren Ende durchgehaltenen ritterlichen Grausamkeiten einiger Kapitel könnten diesbezüglich empfindsamere Leser abschrecken, es gelingt Doyle dessen ungeachtet jedoch, ein Feuerwerk leuchtender und sogar heiterer Farben in die Landschaft und das gesellschaftliche Leben des 14. Jahrhunderts zu schicken. Die Geschichte endet für die Hauptpersonen glücklich.
    Man kann selbstredend kaum beurteilen, inwieweit das vermittelte Bild der Historie entspricht, das Buch unterscheidet sich aber entschieden von historischen Romanen, die offenkundig heutige Menschen mit den Stoffen früherer Jahrhunderte drapieren.
    Für Doyle äußerst typisch sind komplexe Ablaufsschilderungen - im vorliegenden Fall (blutig ausgetragene Freundschafts-)Turniere (um der Tatenlosigkeit eines Waffenstillstands zu entgehen), Erstürmung einer Burg, Aufeinanderprallen gegnerischer Heere - die gegliedert und aufgebaut sind wie ein Krimi und soghafte Lesespannung erzeugen. Ebenso typisch ist aber auch die Ambivalenz, die Doyle entwickelt und die vermutlich seine eigene war: große Faszination vom Mut, der Geschicklichkeit und Disziplin ritterlicher Menschen und dem Planungsvermögen herausragender Strategen, Erfassen der Absurdität und mörderischen Stumpfsinnigkeit kriegerischer Schlächtereien auf der anderen Seite.
    Die schwer auf dem Körper lastende, schwerbewegliche Ritterrüstung wird an mehr als einer Stelle zum Symbol für eine absurde Zeitepoche. Aber glauben die meisten Zeitgenossen im Westen heute nicht auch, mithilfe von Technik die Natur zu überlisten, ja, noch absurder: sie weit darüber hinausgehend zu "verbessern"? Und machen sie unter der Last der Apparaturen nicht ebenso schlapp wie die Ritter, die nach einigen Stunden Kampftätigkeit den bewaffneten Arm nicht mehr heben konnten oder erschöpft vom Pferd stürzten, wenn sie denn nicht vorher schon einem grausamen Anschlag erlegen waren?
    Es hieße vielleicht den Bogen überspannen, dem Roman solche Symbolik zu unterstellen. Die symbolische Lesart greift vielleicht besser bei Doyles Challenger-Romanen, dem Geiseldrama "Ein gefährlicher Ausflug" oder der Parabel "Mr. Ruffles Haw". Dennoch lohnt auch "Sir Nigel" in der soliden Neuübersetzung von Nadine Erler einen zweiten Blick.
    Mr. Raffles Haw Sir Arthur Conan Doyle
    Mr. Raffles Haw (Buch)
    23.01.2015

    Bedeutende Gleichniserzählung

    Zwischen zweien seiner umfangreichsten historischen Romane, möglicherweise angeregt durch ein Kapitel in Die Abenteuer des Micha Clarke, verfaßte Doyle einen in Stil und Intention gänzlich anders ausgerichteten Kurzroman. Mr. Raffles Haw ist denn auch mehr eine Parabel als ein episches Großformat. Es erinnert mich mehr an amerikanische Short-Storys jüngeren Datums als an Edgar Allan Poe, der von Daniel Stashower in seiner hier mehr als oberflächlichen Biografie in abwertender Tendenz als Ideengeber zitiert wird. Poes magere Erzählung Die Entdeckung des Herrn van Kempelen, ein fiktiver Zeitungsbericht, der zur Hälfte aus Präliminarien besteht und von der Überführung eines alchimistischen Goldherstellers berichtet, mag in den wissenschaftsfiktionalen Teil des Kurzromans eingeflossen sein, aber Poe und Doyle verhalten sich hier wie Stichwortlieferant und Antwortgeber, Doyle erkennt erst die enormen Potentiale, die im Thema stecken, und schöpft sie aus. Mehr als von Poe und dem Alchemistenkapitel im Clarke-Roman hat der Roman etwas vom Dritten Buch von Swifts Gullivers Reisen, dem El Dorado-Kapitel in Voltaires Candide und, last but not least, den Gleichniserzählungen des Neuen Testamentes - Parallelen, in deren Reihe sich das schnell hingeworfene Opus stellt und unschwer behauptet.
    Der erzählerische Trick besteht wie prinzipiell bei Gleichniserzählungen darin, daß von einem Punkt, den es so nicht gibt, die Welt neu gesehen, hinterfragt und gedanklich umgestaltet wird. Raffles Haw (raffle bedeutet auf deutsch übrigens Verlosung, Tombola) erweist sich als reichster Mann der Welt, der das Geheimnis der Alchemisten gelöst hat, Blei in Gold zu verwandeln, und nun in einem Dorf bei Birmingham einen Palast errichtet, um sein unerschöpfliches Geld gemeinnützig anzubringen und in seinem angegliederten Laboratorium den kostbaren Rohstoff weiterzuproduzieren. Ähnlich wie Swifts Unsterbliche auf der fliegenden Insel in Gullivers Reisen die Schrecken nimmerendenden Daseins, durchlebt Raffles Haw neben den Höhen und der Machtfülle die Niederungen einer aufgrund seines Reichtums ausgegrenzten Existenz bis zur bitteren Neige.
    Doyles (beinahe Thesen-)Roman (wären da nicht seine menschlich anrührenden Zuspitzungen und kontrastreichen Personenporträts) bietet reichlich Diskussionsstoff zu folgenden Themen: Eigentum verpflichtet - Kapitalismus kontra Grundeinkommen - Caritas kontra Sozialismus - wenn Grundeinkommen, wo kämen die Mittel her? - wie wirkte sich ein Grundeinkommen auf das Verhalten des einzelnen aus? - wie wirkt sich die Tatsache eklatanten Mehrbesitzes auf soziale Bindungen aus?
    Übergeordnete politische und psychologische Themen springen den Leser auf nahezu jeder zweiten Seite an. Doyle hat in seiner Novelle Der Parasit ein stilistisches Gegenstück zu Raffles Haw geschaffen. Beide führen modellhaft mentale Prozesse vor, und je nach thematischer Vorliebe wird man das ältere oder das jüngere Werk bevorzugen.
    Ich moderiere von Zeit zu Zeit Literaturseminare über das Werk Conrad Ferdinand Meyers. Sollte eine geeignete Runde zusammenfinden, werde ich auch einmal einen Doyle empfehlen und mit diesem unbekannten, doch für viele Züge des Denkers und Schriftstellers charakteristischen Kurzroman beginnen. Auch als Schullektüre für höhere Jahrgänge wäre das Buch hervorragend geeignet.
    Die Abenteuer des Micha Clarke Sir Arthur Conan Doyle
    Die Abenteuer des Micha Clarke (Buch)
    16.01.2015

    Historischer Romane der Extraklasse

    Kaum zu glauben, daß dieses umfängliche, spannende, ausgereifte, schlüssige Werk von einem erst dreißigjährigen Autor stammt, dazu in der unglaublich kurzen Zeit von angeblich nur wenigen Monaten verfaßt. Wer so schreibt und die Dinge durchdenkt, gehört zu den hervorragendsten Talenten seines Fachs. Ein packendes Stück Geschichte, mit Leichtigkeit doch konzentriert erzählt - wo außer bei Puschkin findet sich das bei einem jungen Erzähler vergleichbar?
    Micha Clarke ist ein Bildungsroman, der sich, würde er nicht so kritisch Religion und Geschichte hinterfragen, nebenher zum Abenteuer- und Jugendroman eignete, eine Aufarbeitung einer religiös begründeten Bürgerkriegssituation, der Monmouth-Rebellion von 1685, die zum Anlaß grandioser Erzählkunst aus der Sicht eines Beteiligten gereicht. Als 70jähriger berichtet er das Erlebte an langen Winterabenden seinen Enkeln. Es ist ein pazifistischer Roman, der eine Faszination für das Kriegshandwerk vermittelt. Wenn ich die Kampf- und Fechtszenen anderer Romane oder auch Dramen sehe, bei Shakespeare, Schiller, Kleist, Grillparzer, und die an verblüffenden Einzelbeobachtungen überreiche, ausgetüftelte Schilderung der Entscheidungsschlacht im längsten Kapitel des Micha Clarke vergleiche, dann wächst meine Hochachtung vor Conan Doyle noch mehr. Selten wurde die Tapferkeit von Soldaten in einer von vornherein als aussichtsschwach eingestuften Situation unter einem verräterischen Führer in einem hoffnungslos sinnentleerten Krieg ähnlich eindrucksvoll vermittelt, selten das Unrecht, die Korruption, die Brutalität, der Menschenhandel im Schlepptau einer entschiedenen Schlacht.
    Zugegeben, Conan Doyle befriedigt auch hier wie in den meisten seiner Bücher das Verlangen seiner Leser nach einer harmonischen Welt, indem er, intelligent vorbereitet, sympathische Akteure aus verzwickten Situationen entkommen läßt. In schöner formaler Abrundung erscheinen Helfergestalten wieder, um den dringenden Gegendienst für erwiesene Freundlichkeiten zu erbringen oder gegenteils erforderliche Dienste zu erpressen. Wunderbare Gestalten prägen das Geschehen: ein wunderlicher alter Seebär, der alles in Bildern aus der Seefahrt ausdrückt, ein Dorfphilosoph, der auf seine einfache Art den Unfug religiöser Streitereien beweist, ein zweifelhafter Glücksritter, der sich als militärischer Führer erster Güte, Opportunist und trotzdem treuer Freund erweist, ein eitler Baron, der unglaublich tapfer sein Leben dreingibt, verrückte Prediger, Bilderstürmer, vernagelte Fanatiker, als Fanatiker getarnte Spione, abgeklärte Humanisten und als eine der vielen liebenswürdigen Dreingaben die tapfere Fünfjährige, die in Schlachtfeldnähe das verwaiste Haus der Großmutter mutig verteidigt und vor Stolz dahinschmilzt, als der gutmütige Titelheld ihr die Milch redlich bezahlt und die Kleine in Sicherheit trägt. Ähnlich anrührend ist nur noch der Abschied des alten Seebärs, der seine letzte Stunde gekommen sieht und in seiner Seemannssprache seine Sicht von Schuld und Sühne und sein von Verfehlungen doch nicht wirklich sehr belastetes Leben beschreibt. Auch hier wieder ein Hinweis auf den Unsinn des Krieges, in dem Menschen, die einander nicht hassen, töten, weil es die Pflicht so will.

    Tausend Einzelheiten, grandios zusammengefügt zu einem geschlossenen Panorama einer vergangenen Zeit, zeitlos übertragbar in dHistorischer Romane der ExtraklasseHistorischer Romane der Extraklasseer Thematik und sogar - von der Entstehungszeit aus betrachtet - fast seherisch. Bringt doch auch in der heute aktuellen Situation die Hydra religiösen Fanatismus immer neue häßliche Köpfe hervor. Und Doyles Charakterisierung des königlichen Oberrichters George Jeffreys (1645 bis 89), der beauftragt wurde, die gefangenen Aufständischen abzuurteilen, ist in mehr als einer Hinsicht Vorwegnahme des berüchtigten Nazi-Volksgerichtspräsidenten Roland Freisler.

    Selbst wenn Conan Doyle manche Einzelidee den historischen Quellen verdanken mag, die er intensiv vor der Niederschrift studierte, bleibt eine immense literarische Leistung, die wundern macht, warum die Literaturgeschichtsschreibung ihn bis heute stiefmütterlich behandelt. In der Reihe der für den Literaturnobelpreis ausgezeichneten Romane finden sich nur wenige von vergleichbarer Güte.
    Orgelwerke (Ges.-Aufn.) Orgelwerke (Ges.-Aufn.) (CD)
    14.01.2015
    Booklet:
    4 von 5
    Gesamteindruck:
    2 von 5
    Klang:
    5 von 5
    Künstlerische Qualität:
    3 von 5
    Repertoirewert:
    4 von 5

    Durchwachsen

    Schöne Stellen, wenn der Komponist ruhige Satzangaben macht, doch leider das unsinnige Gehetze, wenn er etwas in Richtung "Allegro" verzeichnet. Besonders verhängnisvoll bei den einfach ungenießbar gespielten Passagen Eingangsallegro und Finalfugato des Op. 17, Schlußabschnitt des Op. 18, Mittelteil des Op. 19, "Durchführung" des Op. 21, Sechzehntelwerte in der Fantasie A-Dur, dem zweiten Choral und der Pièce héroique. Aufgrund einiger Hörproben im Netz hatte ich mir erhofft, endlich einmal auf eine Alternative zu den nüchternen und durchweg unzusammenhängenden Gesamteinspielungen zu stoßen, leider vergeblich. Die Organisten - Ausnahme: der eigenwillige, buchstäblich nicht immer, dem Geiste nach aber oft nachvollziehende Jean Guillou - stellen sich offenbar nichts unter diesen vielleicht mit bibliischen Geschichten unterfütterten Tonerzählungen vor, sondern füttern halt eine Klangmaschine mit wesenlosem Klangmaterial. Entsprechend hört sich's an. Anspruchslos möchte man sein, um daran Gefallen zu finden.
    Mehr als bei den offiziellen Konzertstücken lebt die Interpretation des Italieners bei zwei (von Franck allerdings zurecht nicht weiterverfolgten) Frühwerken und einigen liturgischen Gebrauchskompositionen, die den größten Teil der dritten CD bilden. Bei der zu einer Orgelweihe relativ schnell entworfenen Fantasie von 1854 bietet Antonello sogar die attraktivere Einspielung als eine ältere Vergleichsaufnahme. Er spielt die enthaltenen aparten und für ihre Zeit neuartigen Harmoniewendungen schön aus und spannt einen Bogen, ohne Francks Entscheidung, das Manuskript unveröffentlicht zu lassen, ernsthaft zu widerlegen.
    Symphonien Nr.90 & 92 Symphonien Nr.90 & 92 (CD)
    14.01.2015
    Booklet:
    5 von 5
    Gesamteindruck:
    2 von 5
    Klang:
    4 von 5
    Künstlerische Qualität:
    2 von 5
    Repertoirewert:
    3 von 5

    Bizarres Hauruck

    Der Pegel wechselt im unaufhörlichen Ziickzack zwischen voller Aussteuerung und tiefeingeschnittenen Tälern, also Fortissimo und Piano ohne das viele dazwischen, was den Werken Wärme und Rundung gäbe. Als habe das kein selbstbewußter Endfünfziger geschrieben, sondern ein unreifer Zwanziger mit Neigung zu Hast und bizarrer Kraftmeierei. Besser man hätte ein dreimal so großes Orchester genommen, dann hätte man nicht bei jedem Forte druffhauen müssen wie Oskar Mazerath in der "Blechtrommel" und wäre bei besser dosierten Höhepunkten noch um einiges eindringlicher lautgeworden.

    Ich wünsche mir diese historistische Kleinorchesterei zum Mond.
    Das Nebelland Sir Arthur Conan Doyle
    Das Nebelland (Buch)
    30.08.2014

    Umstrittenes Spätwerk mit großen Qualitäten

    Doyles bereits im Erscheinungsjahr 1926 auf deutsch übersetztes und jetzt in korrigierter Fassung neu aufgelegtes Nebelland (The Land of Mist) bereitete Freunden wie Biografen des Autors Kopfzerbrechen. Der bedeutende und bedeutend erfolgreiche Erzähler und vormalige Arzt bekannte sich mittlerweile offensiv zum Spiritismus und versuchte, seine Leser erstmals auch in einem Roman zu missionieren, zulasten des Niveaus.
    Der gescheite Erfinder des gescheitesten Detektivs der Weltliteratur – geben wir doch endlich die Dimension von Doyles Schriftstellergaben zu! - habe wohl seine Denkkraft eingebüßt, womöglich als Tribut an das Alter (mit 66 galt er als nicht mehr ganz jung). Aus einem scharfsinnigen Denker sei ein gutgläubig verführbarer Greis und intellektuelles Leichtgewicht geworden.
    Mit Vorurteilen dieser Art ging auch ich zunächst an die Lektüre heran – und wurde kraß eines besseren belehrt! Bereits darin, wie Doyle die gegen das Buch und seine spiritistischen Aussagen erhobenen Vorwürfe vorwegnehmend diskutiert, zeigt sich das bekannte Feuer, die Frische und, wenn auch ein wenig zurückgenommener, der Humor. Das Buch entlarvt mitreißend wie ein Lavastrom den Umgang von Journalisten, aber auch der akademischen Elite und der Justiz mit Informationen, die ihr nicht ins Konzept passen, und pointiert eine in der Substanz völlig unverbrauchte Satire auch heutiger Medien und Bildungsanstalten.
    Man unterschätzt das Potential des von Olaf Spittel als inzwischen 36. Band seiner Doyle-Reihe herausgegebenen Werks völlig, wenn man es auf seine Aussagen zum Spiritismus festlegt und verengt. Es hieße, genau den Tricks, der Effekthascherei und der Oberflächlichkeit auf den Leim zu gehen, die es so überzeugend angreift. Denktabus und vorgefertigte Klischees werden unter dem Scheinsiegel wissenschaftlicher Sauberkeit auch heute noch immer wieder benutzt, um Interessen zu stützen, Gleichklang zu erzwingen, Eigeninitiative zu blockieren und Existenzen zu zerstören.
    Mehrfach geht der studierte Mediziner Doyle wiederholt – selbstkritisch? - mit einer Haltung ins Gericht, die, im Sinne einer Redensart und Molières, lieber den Patienten vom Arzt umbringen als von einem Unberufenen kurieren läßt.
    Da wird eine verzweifelte Witwe und Mutter dreier Kinder durch die Ratschläge eines „Geistes“ ins Leben zurückgeführt (Kap. 6), der Überbringer aber wegen Formverstoßes laut britischem Recht (akribisch von Doyle dargelegt) zu Haftstrafe verurteilt (7). Da tun zwei schwer mißhandelte Geschwister, 10- und 8jährig, aufgrund einer „Eingebung“ das rettend Richtige, indem sie die elterliche Wohnung verlassen, ehe es zu spät ist (11). Da erlangt ein medizinisch aufgegebener MS-Patient infolge von „Botschaften“ und deren Umsetzung vollständige Genesung (14 ff.).
    Die Kapitel, in denen Eigenbeobachtung aus spiritistischen Sitzungen, fremde Quellen, aber auch einige Betrugsfälle zitiert werden, leiden stellenweise unter mangelnder epischer Distanz. Varietee lasse ich mir gern gefallen, aber für einige „ektoplasmischen Materialisationen“ hätte ein stärkerer Filter gutgetan. Abweichend vom Gewohnten mischt sich Doyle hier mit bekennerhaften Eigenkommentaren ein. Das ist aber bitte nicht zu verwechseln mit verminderter Zurechnungsfähigkeit. Bis auf diese Passagen im dritten Viertel unmittelbar vor der umso ergreifender erzählten Kindesmißhandlungsepisode in Londons Proletarierviertel ist es ein packendes Buch, von dem eine große Sogwirkung ausgeht.
    Ob der Arzt Doyle wußte, daß Zeitgenossen wie Gerson, Bircher-Benner, Brauchle, Eppinger, aber auch einige Therapeuten ohne akademische Weihen, mit Methoden des „Mediums“ von Kapitel 14 durchschlagende Heilerfolge bei sogenannt unheilbar Kranken dokumentieren konnten? Die Heilung führt der Roman anders als sie hauptsächlich auf „geistige Einflüsse“ zurück, nennt aber die entscheidenden Grundlagen immerhin beiläufig (S. 219): „Was ihr Modernen eine Hungerkur nennt, würde nicht übel sein.“
    Das erinnert an den Onkologen, der eine schulmedizinisch aufgegebene Patientin mit Peritonealkanzerose vor 2 ½ Jahren geradezu anpflaumte, was ihr einfiele, eine „Hungerdiät“ anzufangen. Sie zog unter Anleitung meiner Frau die Ernährungsumstellung nach den obengenannten Forschern durch und erreicht demnächst vital die 80. Neulich beglückwünschte der Arzt die alte Dame zu ihrer Entscheidung damals und stellte infrage, ob die Medizin die Patienten noch länger mit Chemotherapien quälen dürfe. Doyles „Geistheiler“ kennt darüber hinaus die enge Verbindung zwischen Darmtätigkeit, Erkrankung und Hautbeschaffenheit.
    Gibt die rührende Domestizierung des aufbrausenden Challenger (dt. „Herausforderer“) und Wandlung zu einem menschenfreundlichen, ergebnisoffenen Forscher, verbunden mit einem höchst aufschlußreichen persönlichen „Offenbarungsfall“ (im Zusammenhang mit einer in den anderen Challenger-Romanen allerdings verschwiegenen Anfangskarriere als Arzt), nicht eine klassische Parabel ab? Stehen Alternativen zur heutigen Sackgassenmedizin, ungeachtet harter Fakten, nicht ähnlich auf dem Abstellgleis wie, sagen wir, der US-Politik unliebsame Faktenanalysen kriegerischer Konfliktherde, Forderungen nach Eindämmung der Bankenwillkür oder eben, in Doyles Lesart, der Spiritismus?
    Die Bereiche sind austauschbar. Man muß, ja sollte den Roman nicht auf der beschränkten Folie eines schwer zu beurteilenden Phänomens vergangener Epochen lesen.
    Die verlorene Welt Sir Arthur Conan Doyle
    Die verlorene Welt (Buch)
    19.08.2014

    Weit mehr als ein Abenteuerroman

    Doyle hat etwas, das kein ausschließlich der Kurzweil des Lesers verpflichteter „Unterhaltungsschriftsteller“ hat (als der er mehr oder weniger gilt): Er stellt Modelle auf, an denen sich der Leser reiben, messen und selber (besser) erkennen kann. Schon eine rezeptionsgeschichtliche Großtat, daß er mit seinem Sherlock Holmes einen neuen Ermittlertypus etablierte und zu unvergleichlicher Entfaltung brachte – mit nachhaltiger Ausstrahlung in die Ermittlungsmethoden der modernen Polizei bis heute. Eine Großtat ebenso, daß er um einen zweiten, Sherlock Holmes äußerlich entgegengesetzten Forschergeist, Professor Challenger, einen kleinen Zyklus von Romanen schuf, in deren Folge eine Menge Science fiction-Literatur um Giftkatastrophen oder, wie hier im eröffnenden und bekanntesten Werk, urweltliche Tiere entstand, die auf einem verborgenen Plateau überleben.
    Abgesehen vom Zauber der Fauna und Flora in dieser „verlorenen Welt“, der in der Neuübersetzung von Reinhard Hillich zu blühender Entfaltung kommt, dürfte Doyles Werk die meisten Nachfolger auch dadurch aus dem Rennen kicken, daß er zwischen mehreren Ebenen changiert. Geschickt wie nur einer und mit einem ganz besonderen trocken-liebenswürdigen Humor jubelt er seinem Leser Mediensatire, Gelehrtensatire, Wissenschaftssatire und philosophische Grunderörterungen um das alte Problem der Wahrheitsfindung an sich unter. Wer sich etwas in Akademikerkreisen auskennt, findet einiges Unglaubliche dort unmittelbar wieder. Er sieht den Rang von Journalisten wie denjenigen bloßer Informationsvermittler in der akademischen Lehre zutreffend umschrieben (S. 28, 59, 222ff.), manche Verhaltensweise unerwartet aber zutreffend umgedeutet (S. 68) und stößt auf S. 72, Z. 11 f. auf ein Aperçu, um das Goethe Doyle beneidet hätte und das manchem mental steckengebliebenen Erwachsenen Klarheit über seine Depressionen geben und viele Psychotherapiesitzungen ersparen könnte.
    Nebenher gibt Doyle dann auch noch dem immerwährenden Topos von den Prüfungen, die ein Prinz bestehen muß, um seine Prinzessin zu bekommen, eine grimmig drollige Variante. (Vielleicht Schillers Handschuh-Ballade noch einmal umdeutend? – Anfang und Ende.)
    Wissen Sie, wie ein durchschnittlich empfindender Bürger in einen Blutrausch gerät? Dann lesen Sie nach S. 184. Daß Doyle, um S. 97 herum, aber auch ausnahmsweise eine „Länge“ produziert – der sonst immer zielfixiert und steigernd bis zum Schluß schreibt –, sei dem vielleicht nicht so mitdenkend Lesenden erklärt: Wie Forscher Durststrecken durchleben in der Alternative, ergebnislos umzukehren oder in Erwartung späterer Erkenntnis auszuharren, hängen die Teilnehmer von Challengers Expedition unabsehbar in einem monotonen Bambuswald.
    Wer möchte, liest in dieser kurz aber gut kommentierten Vorzugsedition auch eine augenzwinkernde Kritik an Darwins Evolutionstheorie heraus. Für das m. W. bis heute nicht überzeugend gelöste Problem des Verbindungsgliedes zwischen Affe und Mensch bietet der Roman eine Lösung an, die er in einem Kleinkrieg aber gleich wieder ausradiert, der genauso geflunkert ist wie die Welt, in der er stattfindet.
    Unterhaltung auf jeden Fall, ebenso aber auch Denkstoff, und beides vom feinsten!
    Orchesterwerke Orchesterwerke (CD)
    29.07.2014
    Booklet:
    5 von 5
    Gesamteindruck:
    5 von 5
    Klang:
    5 von 5
    Künstlerische Qualität:
    5 von 5
    Repertoirewert:
    5 von 5

    Engagiert und repräsentativ

    Wer eine vital musizierte Übersicht über das sinfonische Hauptschaffen eines vitalen Komponisten gewinnen möchte, liegt bei dieser Kassette richtig. Sie zu hören, macht Spaß.
    Wobei Hindemiths offensiver Zupack beim Komponieren durchaus seine Kehrseiten zeigt, die auch nicht Ostdeutschlands Gegenstück zu Karajan, Herbert Kegel, kaschieren konnte: nicht alle Sinfonien und Einzelsätze können vom Hocker reißen. Die Farbenvielfalt, Delikatesse, thematische Profilierung und Dichte meiner beiden Favoriten, der Symphonia serena von 1946 und der Pittsburgh Symphony von 1958, vermisse ich denn doch bei den drei verbleibenden Sinfonien teils mehr, teils weniger, finde sie hinwiederum bei der Suite Nobilissima visione und den vom anderen berühmten Dirigenten der DDR, Otmar Suitner, dirigierten Weber-Metamorphosen wieder.
    Schon für diese vier Werke, das Concertino von 1952 und die kurze Trauermusik von 1935 lohnt sich der Erwerb dieser verständig kommentierten und durch zwei Produktionen des seinerzeitigen Leipziger Rundfunk-Kinderchors ergänzten Kassette.
    Mein Freund der Mörder Sir Arthur Conan Doyle
    Mein Freund der Mörder (Buch)
    22.07.2014

    Früher, aber schon ausgereifter Doyle

    Wenn ich das zutreffend überblicke und recht beurteilen kann, ist diese großenteils im australischen Goldgräbermilieu spielende Sammlung kurzer bis höchstens mittellanger Novellen eines der frühesten Bücher, in denen Conan Doyle sein Format als Schriftsteller gefunden hat.
    Erstaunlich früh, denn die älteste Erzählung muß er erstmalig mit höchstens 20 Jahren veröffentlicht haben, die jüngste mit 25, allenfalls 26. Sie wurden später neu arrangiert und in Buchform herausgebracht, ein größerer Teil relativ bald auch auf deutsch, denn da hatte Doyle bereits Berühmtheit erlangt. Einige der Texte wurden von Nadine Erler und Reinhard Hillich für den 12. der mittlerweile über 30 Bände umfassenden Doyle-Ausgabe des Verlags 28 Eichen erstmalig oder neu übersetzt.
    Doyle überrascht mit einer Fülle interessanter Geschichten, die er knapp und bündig erzählt mit einer unverwechselbaren Art, sich in ungewohnte Perspektiven hineinzuversetzen. Er berichtet gleichgut aus dem Blickwinkel eines intellektuell beschränkten Menschen oder - größte und besonders reizvolle Aufgabe für ein so robustes Naturell - eines Mädchens und einer jungen Frau wie aus demjenigen eines Kriminellen mit skurril verschobenen Moralvorstellungen. Oder aus der Perspektive eines Angsthasen, der zum Opfer seiner Obsessionen wird. Konsequent und idiomatisch, treffsicher und mit einem ordentlichen Schuß humoristischer Distanz tut er das. Allenfalls Puschkin entwickelte als noch nicht 30jähriger einen vergleichbaren objektiv-abgeklärten Blick für die Dinge und die verschiedensten Menschentypen, der überspannte Kleist oder Goethe oder Schiller dagegen kaum.
    Eine vorurteilsfreie Sicht auf Doyle wird vielleicht diese Vergleiche aus der anerkannt hohen Literatur bemühen müssen und den zwar in USA, England und wohl auch Deutschland zu Lebzeiten hochgeschätzten, aber nie mit literarischen Ehren ausgezeichneten Autor zu den richtig guten und bedeutenden Prosaschriftstellern zählen.
    Orgelwerke (Ges.-Aufn.) Orgelwerke (Ges.-Aufn.) (CD)
    06.06.2014
    Booklet:
    5 von 5
    Gesamteindruck:
    2 von 5
    Klang:
    3 von 5
    Künstlerische Qualität:
    3 von 5
    Repertoirewert:
    3 von 5

    Geradeaus und distanziert

    Ungeachtet Gegenmeinungen: diese Einspielung ist eine der vielen, die einen den Werken wenig entgegenkommenden Standard wiederkäuen. Geradeaus, fast so streng wie ein Barockmeister, werden die Partituren exekutiert - im Fall des heruntergehechelten "Final" sogar im forensischen Sinne. Ein alter Routinier ist hier zugange, der keine technischen Schwierigkeiten (mit diesem auch schnell gehaspelt nicht oberschwierigen) Orgelsatz hat und jede Orgel knackt, wie man ein fremdes Pferd zureitet. Im besten Glauben, dem Werk zu dienen, spielt er es so distanzierend, daß ich beim Hören recht bald abschweifte. Zum Nebenbeihören eignet sich Francks Musik normalerweise nicht!
    Um auf das Finale B-Dur op. 21 zurückzukommen: seine eigentliche Virtuosität liegt nicht in der hier (wie meist) bis zur Undefinierbarkeit der bewegten Stimmen demonstrierten Geläufigkeit, sondern in der außergewöhnlichen Meisterschaft, mit der Franck aus dem Wellenschlag eines wiederholten Intervalls einen großen Bilderbogen mit Etappen unterschiedlichsten Ausdrucks hervorzaubert, nach pastoralen und scherzosen Episoden die Kopfgedanken zu einer Apotheose verdichtet, aus demselben Duktus dann noch eine überraschende Gegenstimme konstruiert und bis zum letzten Akkordschlag den Abstand der Steigerungen und Überraschungen neu und neu verkürzt.
    Bei dieser Einspielung hört man mit Ausnahme besagter Gegenstimme wenig von der Dramatik, dem Variantenreichtum und der Polyphonie der Komposition. Eintönig jagt sie im gleichen Tempo durch, als Geläufigkeitsdemonstration primitiv und ärgerlich.
    Nicht alle Stücke sind zu schnell oder viel zu schnell gespielt, das Cantabile und die Pièce héroíque gar nicht, das Gebet op. 20 insgesamt kaum, die Fantasie op. 16 nur in ihren Eckteilen, die Grande pièce symphonique erst im späteren Verlauf. Und sogar so etwas wie Wärme kommt bei den Drei Stücken und dem dritten der Drei Choräle auf.
    Großer Pluspunkt bei der Aufnahme ist der Klang der monumentalen Toulouser Basilika-Orgel des berühmten Orgelbaumeisters Aristide Cavaillé-Coll. Für ein ähnliches Instrument hat Franck seine Konzertstücke konzipiert. Die ungeheuren Tiefen, die zugleich obertönig genug schwingen, um klar zu zeichnen, die zarten wie die massiven Zungen decken ein immenses Klang- und Dynamikspektrum ab. Die ans Brutale grenzenden Fortissimohöhepunkte sind ganz und gar in Francks Dramaturgie angelegt, sie müßten freilich auch entsprechend von der Tempogebung, Vorbereitung spannender Momente, dem ganzen rhythmischen Ablauf gestützt und getragen werden. Tun sie dies wie im vorliegenden Fall sehr wenig, wirken sie einfach nur in den Raum hineingeknallt und, mit Verlaub, banal. Das ist nicht Franck, das ist nur die Art, wie er hier und wie er - leider - meistens dargeboten wird. Im Grunde genommen kann man sich den Erwerb aller Spielversionen schenken, bei dem die zwölf Einzeltitel (oder, bei Zusammenschau der beiden Dreiergruppen, acht Werke) auf zwei CDs passen.
    Klaviertrios Nr.1-4 Klaviertrios Nr.1-4 (CD)
    28.05.2014
    Booklet:
    5 von 5
    Gesamteindruck:
    3 von 5
    Klang:
    5 von 5
    Künstlerische Qualität:
    4 von 5
    Repertoirewert:
    5 von 5

    Bravourös, aber ziemlich flach

    Die drei jungen Musiker spielen fantastisch - nur leider im ganzen viel zu schnell. Die aufwühlende Dramatik der Moll-Trios, ihre bereits für den Komponisten auch der späteren Jahre charakteristischen Schichtungen gehen unter in einem Wust - bewältigter - Geschwindigkeit. Vieles wirkt nur angedeutet und nicht besonders transparent. Am ehesten verträgt das älteste und einzige konventionelle der Werke, Op. 1 Nr. 2 in B-Dur, soviel Drive.
    Mag sein, daß der junge Franck die Trios genauso atemlos perlend präsentierte, um damit pianistisch anzugeben, aus jugendlichem Übermut oder weil er die eigene Leistung als Komponist nicht recht abzuschätzen verstand. Dafür sprechen durchaus die veröffentlichten Metronomangaben.
    Aber, bei allem Respekt vor soviel technischer Bravour, Metronom ist nicht alles. Das Resultat plädiert jedenfalls gegen sein Diktat und wirbt bedauerlich wenig für die originellen Kompositionen.
    Auch der späte Klavierzyklus kommt wie meistens zu kurz weg.
    26 bis 50 von 106 Rezensionen
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