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    Alto Top 100 Rezensent

    Aktiv seit: 15. Februar 2013
    "Hilfreich"-Bewertungen: 6311
    103 Rezensionen
    Cellokonzerte Nr.1 & 2 Cellokonzerte Nr.1 & 2 (CD)
    19.04.2013
    Booklet:
    3 von 5
    Gesamteindruck:
    5 von 5
    Klang:
    2 von 5
    Künstlerische Qualität:
    5 von 5
    Repertoirewert:
    4 von 5

    Zum Hinhören

    Natalia Gutmans auf dieser CD vereinigte Einspielungen der beiden Violoncellokonzerte von Dmitri Schostakowitsch entstanden am 21. Juni 1976 (Erstes Konzert, Kirill Kondraschin am Pult des Radio- und Fernsehorchesters der UdSSR) und am 11. November 1986 (Zweites Konzert, Moskauer Staatsphliharmonie unter Dmitri Kitaenko) jeweils im Tschaikowsky-Konservatorium in Moskau. Zusätzlich befindet sich auf der CD eine im Gnessin-Institut in Moskau am 2. Januar 1982 aufgezeichnete Aufnahme von Alfred Schnittkes Dialog für Violoncello und sieben Instrumente mit dem Gnessin-Kammerorchester unter Juri Nikolajewski. Frau Gutman hat die beiden Konzerte 1990 noch einmal für die RCA mit Juri Temirkanow und dem Royal Philharmonic Orchestra eingespielt.

    Mittlerweile herrscht kein Mangel mehr an Aufnahmen der Werke. Mit dem Widmungsträger Mstislaw Rostropowitsch wurden beide Konzerte mehrfach aufgenommen, vor allem das Erste, das durch die amerikanische Ersteinspielung aus Philadelphia mit Eugene Ormandy rasch populär wurde. Eine meiner persönlich liebsten neueren Aufnahmen ist jene mit Heinrich Schiff mit dem Symphonie-Orchester des BR unter Maxim Schostakowitsch, eine weitere historische, sehr interessante, eigenwillig phrasierte, energiegeladene Version des Zweiten Konzerts gibt es - derzeit leider nur in einer Box - mit Daniel Schafran und den Moskauer Philharmonikern unter Temirkanow. Großer Beliebtheit erfreuen sich die Münchner Aufnahmen der Werke mit Sol Gabetta - ich meine durchaus zu Recht und nicht nur wegen des Starrummels um die junge Frau.

    Natalia Gutman spielte die beiden Konzerte live in Moskau mit einem wunderbar kernigen, leicht näselnden, präsent-substanzreichem Timbre und viel Emotion. Sie verleiht den unterschiedlichen Satzcharakteren viel Farbe, setzt starke Akzente, lässt ihr Instrument in den kantablen Abschnitten ganz wunderbar singen. Sie geht nicht an expressive Grenzen wie das Daniel Schafran tat, bleibt aber auch nicht ganz so auf Distanz zum emotionalen Gehalt wie Heinrich Schiff. Am ehesten würde ich ihr Spiel vielleicht noch mit dem Rostropowitschs vergleichen, wobei jedoch stets ihr individueller Ton und Zugang hörbar bleiben.
    Bei beiden Konzerten gestalten Kondraschin bzw. Kitaenko den Orchesterpart gleichberechtigt, differenziert und sehr lebendig; die vielen solistischen Passagen im Orchester, nicht nur die prominente Hornstimme im Ersten Konzert, kommen prägnant und überzeugend zur Geltung. Das ist spannend und macht beim Zuhören Spaß.
    Die Tonqualität ist - leider - sowjetisch. Zu viel Hall, eine leichte Neigung zum Übersteuern, damit muss man bei ansonsten ordentlicher Transparenz, Präsenz und Räumlichkeit leben. Auch mit Publikumsgeräuschen. Wermutstropfen, die ich angesichts der interpretatorischen Qualitäten dieser Einspielungen gern schlucke.

    Im Schnittke-Werk erkennt man auf Anhieb den ausgeprägten Personalstil des Komponisten, ich kenne keine Vergleichsaufnahme, diese hier klingt jedoch zwingend und spannend.

    Für mich ist diese Aufnahme eine gleichberechtigte Alternative zu den erwähnten zum Teil großartigen Konkurrenzeinspielungen.
    Symphonie Nr.12 Symphonie Nr.12 (CD)
    19.04.2013
    Booklet:
    2 von 5
    Gesamteindruck:
    5 von 5
    Klang:
    2 von 5
    Künstlerische Qualität:
    5 von 5
    Repertoirewert:
    5 von 5

    Die letzte

    Vom 30.04.1984 stammt diese Aufnahme aus der Leningrader Philharmonie. Es war Jewgeni Mrawinskis letzte Einspielung überhaupt, vier Jahre vor dem Ausscheiden aus dem Amt des Leningrader Chefdirigenten, das er insgesamt ein halbes Jahrhundert bekleidete.
    Aus den letzten Jahren seines Wirkens am Pult gibt es von unterschiedlichen Labels einige künstlerisch herausragende, technisch mäßige Aufnahmen, unter anderem Maßstab setzende Aufführungen von Dmitri Schostakowitschs Symphonien Nr. 5, Nr. 6, Nr. 8, Nr. 10 - und eben diese hier der Nr. 12.

    Eigentümlich, dass ausgerechnet diese im Westen wegen ihrer zumindest oberflächlich parteinahen Programmatik - Satzbezeichnungen wie "Das revolutionäre Petrograd" oder "Morgenrot der Menschlichkeit" machen in der Tat misstrauisch - so unbeliebte Symphonie zum Kernrepertoire von Mrawinski gehörte, der in seinen letzten Jahren nur noch wenige Werke im Programm hatte. So schlecht kann die Symphonie dann ja doch nicht sein, denkt man sich, wenngleich die Doppelbödigkeit, die man in Schostakowitschs anderen Symphonien, selbst in der epischen Nr. 11, allenthalben wahrnimmt, hier kaum zu hören ist.

    Mrawinskis Ansatz ist ernst, bisweilen lyrisch und zart, in den - überwiegenden - extrovertierten bis lärmenden Passagen von beeindruckender, packender Energie. Die Leningrader spielen offensichtlich an der vordersten Stuhlkante, teilweise geradezu entfesselt. Mrawinski treibt sie zu irrwitzigen Tempi an, erzeugt eine beachtliche Dynamik. Zumindest nach mehrfachem Hören wirkt das Ergebnis dann gar nicht mehr so oberflächlich, man meint durchaus, hinter der Fassade auch innere Kämpfe wahrzunehmen - subjektiv und spekulativ natürlich.

    Die Tonqualität dieser mit 38 Minuten nur die knappe Hälfte der Spiel-Kapazität nutzenden CD ist wie gewohnt mäßig, im Tutti bisweilen leicht übersteuert, insgesamt ein wenig blechern und kühl mit im Zeitvergleich wenig überzeugenden Reserven im Tiefbassbereich. Publikumsgeräusche sind teils penetrant plastisch erfasst. Auch glänzen die Leningrader Philharmoniker zwar mit außerordentlichem Engagement für die Sache, aber nicht mit ihrer früheren (Studio-)Präzision.

    Trotzdem lohnt sich allein schon wegen Mrawinskis legendärer Präsenz und vielleicht zur Korrektur eines Vorurteils gegenüber einer vermeintlich schwachen Symphonie die Anschaffung dieser Einspielung, ggf. in der Sammel-Kassette mit den anderen Erato-Aufnahmen.
    Symphonie Nr.7 "Leningrad" Symphonie Nr.7 "Leningrad" (SACD)
    19.04.2013
    Booklet:
    3 von 5
    Gesamteindruck:
    4 von 5
    Klang:
    5 von 5
    Künstlerische Qualität:
    5 von 5
    Repertoirewert:
    4 von 5

    Lyrische Alternative

    Die Leningrader Symphonie, gespielt von einem Mailänder Orchester, dirigiert von einem Italiener. Kann das funktionieren? Es kann.
    Es mag ja auch an Oleg Caetanis Wurzeln liegen. Schließlich ist der 1956 geborene Dirigent der Sohn Igor Markewitschs und hat unter anderem bei Kirill Kondraschin in Moskau seine Kunst gelernt. Jedenfalls bietet Caetani eine Alternative für die gewaltig dimensionierte "Kriegssymphonie" an. Seine Sicht ist viel lyrischer als ich es gewohnt bin.
    Schon das molto legato vorgetragene Hauptthema des Kopfsatzes hebt sich von anderen Interpretationen ab. Das gemeinhin als Karikatur der deutschen Invasoren aufgefasste bis zum Exzess repetierte simple Motiv der gewaltigen berühmten Klimax des Kopfsatzes lässt Caetani so schnodderig spielen, wie ich das bislang nie gehört habe. Details, die aufhorchen lassen. Insgesamt ergibt sich für mich der Eindruck, dass Caetani sich mit großer Liebe Melodiebögen und Entwicklungen widmet und von anderen Aufnahmen gewohnte drastische Zuspitzungen und Schärfen vermeidet. Das Gesamtergebnis wirkt weicher, runder. Diese Ästhetik muss einem nicht zusagen. Wer die extremen Kontraste bevorzugt, die gerade Caetanis Lehrer Kondraschin aus dieser Partitur holte, könnte Probleme mit dieser italienischen Produktion hier haben.
    Mir wurde es beim Hören trotzdem nie langweilig, weil Caetani und sein famos disponiertes Orchester, von dem ich zuvor noch nie gehört hatte, die Spannungslinie halten und ihr eigenständiges Konzept konsequent verfolgen und vermitteln, die Steigerungen etwa weniger drastisch, aber nicht weniger intensiv und auch nicht weniger beeindruckend gestalten.
    Gerade auch im Finale wird zum Ende ein Maß an Dramatik aufgebaut, das es verständlich macht, dass das Publikum im Mailänder Auditorium im Dezember 2000 mit seinem frenetischen Jubel in den Schlussakkord einfiel. Das ist der einzige Wermutstropfen in Bezug auf die äußeren Aufnahmegegebenheiten und dürfte manchen Hörer stören. Ansonsten fallen mir keine Publikumsgeräusche auf. Die Akustik ist ungewöhnlich direkt und präsent, die Aufnahme ist im Zweikanal- wie Mehrkanalmodus von einer sehr guten Transparenz, ohne trocken zu sein.
    Das Mailänder Symphonie-Orchester Giuseppe Verdi ist das erste italienische Orchester, das eine Gesamtaufnahme der Schostakowitsch-Symphonien vorlegt. Die Italiener haben aber auch über diesen Exotenstatus hinaus viel zu bieten. Bravi!
    Symphonien Nr.1 & 15 Symphonien Nr.1 & 15 (SACD)
    19.04.2013
    Booklet:
    3 von 5
    Gesamteindruck:
    3 von 5
    Klang:
    5 von 5
    Künstlerische Qualität:
    3 von 5
    Repertoirewert:
    2 von 5

    Zwiespältig

    Knapp ein halbes Jahrhundert liegt zwischen der Komposition der ersten und der letzten Symphonie Dmitri Schostakowitschs, der Kontrast ist entsprechend stark, eine Koppelung interessant.
    Igor Markewitschs Sohn Oleg Caetani stellt Schostakowitschs symphonischen Erstling, das akademische Abschlusswerk des zwanzigjährigen Komponisten, für meinen Geschmack überaus lebendig, facettenreich, spritzig, witzig und farbenfroh dar. Sein Mailänder Orchester trifft den Ton, ist hörbar mit Herz und Seele bei der Sache, alle spielen solistisch wie im Ensemble präzise, hellwach und mit höchstem Engagement. Insbesondere die tempo-agogische Flexibilität gefällt mir sehr gut. Unterstützt wird das durch einen fabelhaften, sehr präsenten und direkten Klang, der alles sehr gut durchhörbar macht und bei mir keine Wünsche offen lässt, unabhängig vom Wiedergabe-Modus im Zwei- oder Mehrkanalformat.
    Für mein Empfinden fällt die Wiedergabe der 15. Symphonie leider deutlich ab. Auch sie ist im Mailänder Auditorium 2005 live aufgenommen, die hervorragenden tontechnischen Gegebenheiten sind die gleichen wie bei der Nr. 1, auch hier ist der Applaus nicht geschnitten, was manche Hörer stören könnte.
    Zumindest für mich ergibt sich beim Hören jedoch kein geschlossenes Bild. Insbesondere in den langsamen Sätzen habe ich den Eindruck, dass die Musik in ihre Details zerfällt. Diese werden perfekt ausgeleuchtet, die Steigerungen geraten dynamisch beeindruckend, aber es entsteht wenigstens bei mir kein Überblick über das große Ganze. Mir fallen für dieses großartige, geheimnisvolle, in seinen Stimmungen so abwechslungsreiche Werk spontan eine Menge anderer Interpretationen ein (ich denke an Mrawinski, Kondraschin, Ormandy, Jansons, Sanderling), die bei ganz unterschiedlicher Herangehensweise auf mich viel schlüssiger und stringenter wirken.
    Es bleibt also bei dieser Koppelung ein zwiespältiger Eindruck (einzeln würde ich die Erste mit 4 bis 5, die 15. mit 2 Sternen bewerten). Wirklich empfehlen kann ich diese Ausgabe des ehrgeizigen Mailänder Projektes im Gegensatz etwa zu den Aufnahmen der siebten oder achten Symphonie nicht.
    Violinkonzert Violinkonzert (CD)
    10.04.2013
    Booklet:
    5 von 5
    Gesamteindruck:
    5 von 5
    Klang:
    3 von 5
    Künstlerische Qualität:
    5 von 5
    Repertoirewert:
    5 von 5

    Gipfeltreffen

    Es ist schwer zu fassen und zu beschreiben, welch einen Sog insbesondere die Interpretation des Ersten Violinkonzerts von David Oistrach und Dimitri Mitropoulos ausübt. Es war 1955 die erste amerikanische Aufnahme des Werkes. Wie dem ansprechend bebilderten Booklet mit einer kleinen Fotodokumentation der Aufnahmen - unglaublich, wie gelassen Oistrach in seiner gewohnt perfekten Musizierhaltung dieses brockenschwere Werk gespielt haben muss! - ferner zu entnehmen ist, waren Oistrachs Auftritte in den Staaten damals im Handumdrehen ausverkauft. Kein Wunder, die Intensität, mit der er das ihm gewidmete Konzert damals spielte, sein warmer, voller, dabei edler, nicht süßlicher Ton, die unglaubliche Spannung, sein Gespür für Bögen, Linien, gerade auch in der ausgedehnten Solopassage im unglaublichen dritten Passacaglia-Satz des Konzerts, das alles verschlägt einem auch heute noch die Sprache.
    Oistrachs Leistung kann man Dank einer guten Mono-Aufnahmetechnik mit breitem Frequenzspektrum und einer ordentlichen Räumlichkeit sehr gut einschätzen, Mitropoulos' Beitrag am Pult ein Quäntchen weniger, auch wenn die Orchesterstimmen noch einigermaßen gut aufgelöst sind. Das was man hört, reißt einen jedenfalls mit, Energie, Klarheit, auch hier das Bewusstsein um Entwicklungen und Steigerungen und die Vermeidung einer Glättung, Einebnung der Schärfen und Brüche dieses Werks.

    Ein wenig mehr die Tendenz zum feinen Schliff hatte Eugene Ormandy mit seinem Orchester aus Philadelphia vier Jahre später bei der amerikanischen Uraufführung des Ersten Violoncellokonzerts mit Mstislaw Rostropowitsch, dem Widmungsträger, die vor der amerikanischen Musikprominenz stattfand, besser: sich ereignete. Ein wenig jünger war Rostropowitschs Ton damals vielleicht schon noch, aber auch er überwältigt den Hörer geradezu mit seinem Volumen, seiner Wärme und seiner Energie. Man spürt die Hingabe, mit der er dieses Konzert interpretierte, einfach phantastisch.
    Die Tonqualität ist in dieser Stereo-Aufnahme kaum besser als in der kompilierten Mono-Einspielung des Violinkonzerts, es rauscht sogar etwas mehr, aber Fundament, Spektrum, Durchhörbarkeit und räumliche Auflösung reichen allemal aus, um dieses wahrhaftige Gipfeltreffen zu genießen.

    Es gibt hervorragende Aufnahmen dieser Werke in erheblich besserer Tonqualität, ich denke beim Violinkonzert an Daniel Hope, beim Violoncellokonzert an Heinrich Schiff, beide von Schostakowitschs Sohn Maxim am Pult begleitet, und man könnte viele weitere nennen. Wer jedoch nicht nur eine ausgezeichnete Aufnahme, sondern ein Ereignis sucht, wird an dieser Einspielung hier wohl nicht vorbeikommen.
    Meine Produktempfehlungen
    • Violinkonzerte Nr.1 & 2 (opp.99 & 129) Violinkonzerte Nr.1 & 2 (opp.99 & 129) (CD)
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    Symphonie Nr.8 Symphonie Nr.8 (SACD)
    09.04.2013
    Booklet:
    3 von 5
    Gesamteindruck:
    5 von 5
    Klang:
    5 von 5
    Künstlerische Qualität:
    5 von 5
    Repertoirewert:
    4 von 5

    Wahrlich keine Underdogs

    Auch wenn Oleg Caetani der Sohn Igor Markewitschs ist und u. a. bei Kirill Kondraschin in die Lehre ging, mutet ein symphonisches Schostakowitsch-Projekt mit ihm am Pult eines italienischen Orchesters, das ansonsten vorwiegend italienische Arien-Recitals eingespielt hat, gewagt an. Spätestens nach dem Hören dieser Achten hier dürften jedoch alle Zweifel ausgeräumt sein.

    Die Klangqualität dieser Aufnahme ist sagenhaft. Die Instrumente sind überaus lebendig, natürlich und vor allem präsent eingefangen, die Musik springt einen geradezu an, so direkt ist das aufgenommen. Die Dynamik ist auch für eine neue Aufnahme bemerkenswert, und die fulminanten Bassqualitäten bringen so manche Passage im Blech oder bei den tiefen Streichern erst richtig zur Geltung. Äußerlichkeiten, die dennoch einen wichtigen Beitrag zum Hörerlebnis gerade eines so groß besetzten symphonischen Werkes leisten.
    Die Aufnahme tritt klanglich in Wettstreit mit anderen neueren Schostakowitsch-Produktionen, etwa dem Kitajenko-Zyklus mit dem Gürzenich-Orchester oder den Aufnahmen von Mark Wigglesworth für das Label BIS. In Bezug auf Präsenz und Unmittelbarkeit finde ich die Caetani-Aufnahme im Vergleich zu diesen gleichfalls hervorragenden technischen Leistungen sogar noch eine Spur überzeugender.

    Natürlich kann die beste Klangqualität keine langweilige Interpretation retten. Muss sie hier auch nicht. Caetanis Zugang zu dem Werk ist äußerst lebendig. Seine Tempi gehören zu den schnellsten, die ich bei der Achten je gehört habe, Järvis und Kondraschins Aufnahmen eingeschlossen. Insbesondere die beiden scherzoartigen Sätze mit den euphemistischen Bezeichnungen Allegretto und Allegro non troppo geraten zu Parforce-Ritten. Caetani spitzt zudem Kontraste unerbittlich zu, treibt die Dynamik an extreme Grenzen, kostet Dissonanzen schmerzhaft aus.
    Das Ergebnis klingt dennoch weniger plakativ als etwa bei Järvi, dessen Deutung trotz aller schneidigen Perfektion auf mich zuweilen etwas zu oberflächlich wirkt. Caetanis Ansatz ist sicher weniger verinnerlicht als jener Kitajenkos oder Sanderlings, aber auch "seine" Achte ist ernsthaft, dramatisch und gewalttätig.

    Das Orchester aus Mailand spielt dieses große russische Werk unglaublich idiomatisch. Die Beteiligung der Instrumentalisten ist handgreiflich wahrnehmbar. Da wird jeder Einsatz ernst genommen, Spiel an der vordersten Stuhlkante. Die instrumentalen Anforderungen der Symphonie sind gewaltig. Die Mailänder werden ihnen auch angesichts der hohen Tempi traumwandlerisch gerecht.

    Alles in allem ist das für mich eine Aufnahme, die sich in mein persönliches Spitzenfeld bei Schostakowitschs Nr. 8 einreiht, das ich mit Mrawinski, Kondraschin, Kitajenko, Sanderling, Roschdestwenski und Fedossejew schon bislang ausreichend üppig besetzt wähnte. Gut, dass auch neue Produktionen einen dermaßen überraschen können!
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    David Oistrach spielt Violinkonzerte David Oistrach spielt Violinkonzerte (CD)
    09.04.2013
    Booklet:
    4 von 5
    Gesamteindruck:
    5 von 5
    Klang:
    3 von 5
    Künstlerische Qualität:
    5 von 5
    Repertoirewert:
    5 von 5

    Unerreicht

    Dmitri Schostakowitsch widmete seine beiden Violinkonzerte David Oistrach, der auch jeweils die Uraufführung übernahm. Wir haben heute die Qual der Wahl zwischen mehreren künstlerisch wie technisch gelungenen Tondokumenten, die die Affinität dieser Geigerlegende zu den Werken seines Komponistenfreundes belegen.

    Die vorliegenden Live-Mitschnitte der Schostakowitsch-Konzerte wurden stereophon in Großbritannien realisiert. Das Erste Konzert wurde am 7. September 1962 in der Usher Hall in Edinburgh aufgezeichnet, das Zweite Konzert am 22. August 1968 in der Royal Albert Hall in London.

    Vom Ersten Konzert gibt es allein mit David Oistrach als Solist eine ganze Reihe an Alternativaufnahmen. Die frühesten Einspielungen mit Jewgeni Mrawinski und den Leningrader Philharmonikern bzw. Dimitri Mitropoulos am Pult der New Yorker Philharmoniker sind Legende. Weniger bekannt ist die späte Aufnahme mit dem New Philharmonia Orchestra unter der Leitung von Maxim Schostakowitsch, die derzeit nur noch in der Oistrach-Edition der EMI angeboten wird.

    Man könnte Oistrach den Vorwurf machen, dass er das Werk über die zwanzig Jahre, die diese Aufnahmen umspannen, immer mit dem gleichen Ansatz interpretierte. Andererseits ist man dann aber doch von jeder dieser Einspielungen solistisch überzeugt, nein überwältigt. Oistrachs großer Ton, seine Geschmeidigkeit, seine unaufgeregte Intensität, seine hörbare Identifikation mit dem Werk reißen einen immer aufs Neue mit. Für meinen Geschmack reicht an ihn bei diesem Werk kein anderer Geiger heran. Allein schon die bei aller geigerischen Noblesse doch unglaublich emotionale, suggestive, berührende Interpretation der Passacaglia mit ihrer ausgedehnten Solo-Kadenz macht Oistrachs Darstellung dieses Konzerts unverzichtbar.

    In der vorliegenden Aufnahme begleitet ihn Gennadi Roschdestwenski am Pult des Staatlichen Symphonie-Orchesters der UdSSR, ein weiterer Schostakowitsch-Experte. Er überzeugt mit einem überaus wachen, lebendigen, differenzierten und spannenden Dirigat, das durch kraftvolle, teils fast barsche Akzente, straffe Tempi, klare Stimmendisposition und eine gute Transparenz gekennzeichnet ist. Manche Passage wie etwa die Blechbläsergrimassen im Scherzo hört man kaum je so zugespitzt. Solche Aufnahmen springen einen an und lassen einen nicht mehr los.

    Käme es darauf an, es fiele mir schwer, mich zwischen dieser und den Einspielungen mit Mitropoulos und Mrawinski zu entscheiden. Die Klangqualität spricht vielleicht sogar ein wenig für diese Aufnahme hier, denn das frühe britische Stereo hat zwar noch nicht sehr viel Volumen und Bassfundament, kann aber diesbezüglich allemal mit der amerikanischen und sowjetischen Mono-Konkurrenz mithalten und erfreut mit guter Transparenz und Räumlichkeit. Ein mäßiges Rauschen ist kein Problem, die stellenweise vernehmlichen Publikumssolisten und der Schlussapplaus dürften manchen Hörer abschrecken.

    Das Zweite Konzert gibt es in einer maßstäblichen Einspielung mit den Protagonisten der Uraufführung David Oistrach und Kirill Kondraschin, die auch eine akzeptable Klangqualität hat. Auf der vorliegenden CD dirigiert Jewgeni Swetlanow das Staatliche Symphonie-Orchester der UdSSR. Und auch dieser Mitschnitt nimmt mit, zieht in seinen Bann. Abermals durch Oistrach und seine spezifischen Qualitäten, die er auch bei diesem viel spröderen, sparsamer gesetzten Werk ausspielt. Abermals durch den russischen Dirigenten, einen im Westen weitgehend in Vergessenheit geratenen Allrounder, der durchaus Kondraschin-Qualitäten an den Tag legt, was Drive und Intensität betrifft, und der seinem Orchester nicht nur Geschwindigkeit und Druck, sondern auch Präzision, Klangfarben und eine Vielfalt von Stimmungen abverlangt. Ein kleiner Patzer im Horn zu Beginn des Finales lässt sich angesichts des Gesamteindrucks und der Live-Situation leicht verschmerzen. Die Aufnahme klingt noch ein Stück besser als die ältere des Ersten Konzerts, sie rauscht weniger, hat eine breitere Bühne und mehr Bassqualitäten.

    Die "Zugabe" in diesem Programm ist eine Mono-Aufnahme vom 26. Februar 1961 aus der Royal Albert Hall mit Malcolm Sargent am Pult des London Philharmonic Orchestra. Eugene Ysayes melancholisch-melodienseliges Poem "Amitie" für zwei Violinen und Orchester, solistisch herzlich und freundschaftlich gespielt von David Oistrach und seinem Sohn Igor. Leider stören einige Publikumsgeräusche dieses zumindest geigerisch hochkarätige Familienfest.

    Unbedingte Empfehlung für alle Oistrach- und Schostakowitsch-Enthusiasten, zumal es nicht sehr viele Zusammenstellungen gibt, die Aufnahmen beider Violinkonzerte Schostakowitschs mit Oistrach als Solist auf einer CD vereinen.
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    Streichquartett op.56 "Voces intimae" Streichquartett op.56 "Voces intimae" (CD)
    05.04.2013
    Booklet:
    3 von 5
    Gesamteindruck:
    5 von 5
    Klang:
    5 von 5
    Künstlerische Qualität:
    5 von 5
    Repertoirewert:
    5 von 5

    Selten gespielt und selten so gut

    Smart, schlank, gepflegt, einheitlich, sympathisch, so präsentieren sich Christian Tetzlaff und seine drei Streichquartett-Partnerinnen auf dem Cover dieser CD. Das trifft gewissermaßen auch auf ihr Spiel zu.

    Es sind schwere Brocken, die sie uns hier präsentieren, zwei d-moll-Quartette der Spätromantik. Das Sibelius-Quartett "Voces intimae" mit seinen fünf Sätzen, ganz im melodisch und harmonisch unverkennbaren Personalstil des Finnen komponiert, mit vielen Ostinati, sparsamer, teils geradezu lakonischer Thematik, aber auch mit Eruptionen fast orchestralen Ausmaßes; und das d-moll-Quartett von Arnold Schönberg, hoch expressiv, mit weit ausholenden Themen, großem Ambitus, stets in Spannung zwischen Konstruktion und höchst romantischem Ausdruck. Keine leichte Kost, zumal der Schönberg.

    Gerade im Schönberg-Werk, aber auch bei den "Voces intimae" macht es sich bezahlt, dass die jeder für sich auch hochkarätig solistisch fähigen Mitglieder des Tetzlaff-Quartetts ein besonderes Augenmerk auf Transparenz legen. Sie spielen in Anbetracht der spätromantischen Literatur mit erstaunlich wenig Vibrato, sehr klar, eben bestens durchhörbar, ohne dabei im geringsten blutleer oder emotionslos zu wirken, bspw. gleich am Anfang im wunderschön ausformulierten Thema des Sibelius-Quartetts. Idealtypisch werden Spannungsbögen gezogen, grandios z. B. die Steigerung im zweiten Satz des Sibelius-Quartetts oder auch im Kopfsatz des Schönberg-Werkes. Insgesamt ermöglichen die Interpreten dem Hörer damit aus meiner Sicht genau die richtige Mischung aus emotionalem und intellektuellem Zugang zu den Werken.

    Einen gewichtigen Beitrag zu diesem Ergebnis liefert eine Aufnahmetechnik, die das Quartett hervorragend plastisch und perfekt balanciert im Raum abbildet bei insgesamt warmem, vollen Klangbild. Das Begleitheft enthält die üblichen Werkinformationen. Insgesamt eine tolle Produktion mit nicht häufig gespielten Werken in hervorragender Qualität.
    Streichtrios Nr.3-5 (op.9 Nr.1-3 Streichtrios Nr.3-5 (op.9 Nr.1-3 (SACD)
    03.04.2013
    Booklet:
    3 von 5
    Gesamteindruck:
    5 von 5
    Klang:
    5 von 5
    Künstlerische Qualität:
    5 von 5
    Repertoirewert:
    5 von 5

    Drei Könner

    Es ist eine Binsenweisheit, dass Kammermusik umso diffiziler zu spielen ist, je kleiner die Besetzung ist. Beim Streichtrio wird zumal die Viola in höhere Register geschickt wird und bekommt noch einmal deutlich mehr zu tun als im Streichquartett, ist alles noch ein gutes Stück durchsichtiger und fragiler, kleine Fehler werden noch viel schneller hörbar.

    Es braucht wirkliche Könner für solche Stücke, Virtuosen einerseits, Musiker, die ihren Partnern zuhören und diesen den Vortritt lassen können, andererseits; Musiker vom Kaliber eines Frank Peter Zimmermann, eines Antoine Tamestit und eines Christian Poltera zum Beispiel.

    Bereits in der langsamen Einleitung zum Kopfsatz vom Op. 9/1 wird klar, was einen hier erwartet: makellose Intonation, delikates Dialogisieren, im weiteren Verlauf dann durchaus auch Beethovenscher Furor, starke Akzente, wo nötig Sforzati wie Peitschenhiebe, dabei eine überaus angenehme Artikulation und Phrasierung, die in einem Stück historisch informierter Aufführungspraxis und einem weitaus größeren Anteil großer musikalischer Erfahrung und einem ungeheuren Gespür für Klangsinn ihre Wurzeln hat.

    Wie schon in ihrer hervorragenden, überaus hörenswerten Mozart-Einspielung gehen die Musiker sparsam, aber nicht asketisch mit Vibrato um, auch in den langsamen Sätzen "dicke Soße" vermeidend. Die Tempowahl wirkt durchgehend absolut angemessen, in den schnellen Sätzen durchaus flott bis sehr flott, aber nie überzogen (wann kämen diese Musiker allerdings an die hörbare Grenze des spielbaren Tempos?), in den langsamen Sätzen flüssig, aber mit genügend Raum fürs Kantable.

    Klanglich können diese BIS-Aufnahmen, zumal die Mehrkanal-Spur, Sogwirkung auslösen. Diese Aufnahme hier strotzt vor Klangfülle bei klarster Durchsichtigkeit, die Instrumente sind anspringend direkt eingefangen, man fühlt sich wie am Aufnahmeort. Besondere Multichannel-Effekte gibt es nicht. Das Beiheft hält die üblichen Werkbesprechungen vor.

    Auf die Fortsetzung mit den übrigen Beethoven-Trios darf man gespannt sein.
    Georg Solti and the Russian Soul Georg Solti and the Russian Soul (CD)
    03.04.2013
    Booklet:
    3 von 5
    Gesamteindruck:
    3 von 5
    Klang:
    2 von 5
    Künstlerische Qualität:
    3 von 5
    Repertoirewert:
    2 von 5

    Uneinheitlich

    Ursprünglich hatte ich gehofft, die CD-Box enthalte die außerordentlich mitreißenden, umwerfend präzise gespielten und vortrefflich aufgenommenen Stücke, die unter dem Titel "Romantic Russia" von der DECCA herausgebracht worden waren, in den 1960er Jahren aufgenommen und mit dem London Symphony Orchestra eingespielt.

    Tatsächlich finden sich hier teilweise die gleichen Werke, also Glinkas "Ruslan-und-Ludmilla"-Ouvertüre, Mussorgskis "Nacht auf dem kahlen Berge" und "Chowanschtschina"-Vorspiel sowie Borodins Vorspiel zu "Fürst Igor", jedoch in diesem Fall in Einspielungen mit den Berliner Philharmonikern von 1958. Die Werke sind zwar im gleichen Geiste musiziert, also stürmisch, mitreißend, von geradezu ansteckender Spiellaune, aber zum einen klanglich wenngleich Stereo bei weitem nicht so gut wie die späteren Londoner Versionen und auch im Orchester nicht ganz so präzise und brillant.

    Auch die beiden 1956 in Mono aufgenommenen Tschaikowsky-Symphonien Nr. 2 und 5 mit dem Orchester der Konzertgesellschaft des Pariser Konservatoriums überzeugen mich weder klanglich (recht stumpf) noch von der Orchester-Leistung.

    Die DECCA-Aufnahme des b-moll-Klavierkonzerts von Tschaikowsky von 1958 mit den Wiener Philhamonikern und Clifford Curzon, der sich ja später eher der Wiener Klassik als hochromantischen "Schlachtrössern" widmete, ist da schon deutlich interessanter. Curzon spielt sehr differenziert, nicht immer ganz präzise, von der Geste sicher nicht ganz so groß wie beispielsweise Argerich, aber wo nötig doch mit "großer Pranke", klug gesetztem Rubato und überhaupt nicht trocken; Solti lässt die Wiener mit teils gewichtigen Akzenten sehr lebendig begleiten.
    Noch besser gefällt mir die Aufnahme des c-moll-Klavierkonzerts von Rachmaninoff mit dem London Symphony Orchestra und Julius Katchen am Klavier. Stürmisch, pianistisch über alle Zweifel und Schwierigkeiten erhaben, zupackend, mitreißend, extrem vital, so muss das klingen. Unglaublich präzise z. B. das Fugato im letzten Satz, einfach Spitze, auch aufnahmetechnisch mit der DECCA-typischen symphonischen Breite und fulminanter dynamischer Qualität. Beide Klavierkonzert-Aufnahmen gibt es auch in anderen Editionen.

    Die mit dem damals noch recht jungen Israel Philharmonic Orchestra ebenfalls um 1960 aufgenommene Streicherserenade von Peter Tschaikowskij lässt Solti gleichfalls rhythmisch präzise und in recht schnellen Tempi durchaus idiomatisch spielen. Auch hier gibt es jedoch - zumal klanglich - überzeugendere Alternativen.

    Die vier CDs befinden sich in Einzel-Pappkartons, die Angaben zu den Aufnahmedaten sind einigermaßen ausreichend, ein Begleitheft beschäftigt sich mit Solti und ist recht informativ.

    Insgesamt lohnt die Anschaffung aus meiner Sicht natürlich für Solti-Fans. Manche der Aufnahmen bekommt man meines Wissens nur in dieser Ausgabe. Unbedingt hörenswert sind meines Erachtens die beiden Klavierkonzerte, die es allerdings auch in Alternativ-Ausgaben gibt.
    Streichquartette Nr.2 & 3 Streichquartette Nr.2 & 3 (SACD)
    03.04.2013
    Booklet:
    4 von 5
    Gesamteindruck:
    5 von 5
    Klang:
    5 von 5
    Künstlerische Qualität:
    5 von 5
    Repertoirewert:
    5 von 5

    Jenseits des Gewohnten

    Helmut Lachenmann ist inzwischen über 75 Jahre alt und gehört zu den auch allgemein bekannteren Neutönern. Die ausgesprochen wertig gestaltete Verpackung der SACD zeigt einen Ausschnitt aus der Partitur seines Gran Torso, schon vom Aspekt ein grafisches Kunstwerk.

    Hört man diese Musik, die - wie es treffend im Begleittext von Anselm Kiefer beschrieben ist - durch "Schaben, Pressen, Kratzen und Rauschen das Versprechen einer >neuen Schönheit< als >Verweigerung von Gewohnheit< einzulösen" versucht, imponiert einem auf Seiten des Komponisten allein schon die Kunstfertigkeit, seine Absichten in eine grafische Information umsetzen zu können, auf Seiten der Ausführenden, dass sie wiederum diesen "Notentext" verstehen und in Klänge, Geräusche umzuwandeln vermögen.

    Denjenigen, die Lachenmanns Musik kennen und nach einer optimalen Umsetzung suchen, dürfte mit dieser Aufnahme eine gute Version zur Verfügung stehen, der Komponist selbst zumindest ist vom Stadler Quartett, einer Salzburger Formation mit besonderer Expertise für Neue Musik, begeistert (Widmung im Beiheft!). Es gibt eine Vergleichsaufnahme mit dem Arditti Quartet (Grido/Reigen Seliger Geister/Gran Torso), die mir allerdings nicht bekannt ist.

    Diejenigen, die wie ich bislang keinen Kontakt mit Lachenmanns Werk hatten, müssen bereit sein, Abschied zu nehmen von gewöhnlichen Streichquartettklängen. Im Gran Torso kommen kaum normal erzeugte, gestrichene oder gezupfte Töne vor, es sind überwiegend Geräusche. Man nimmt Entwicklungen, Steigerungen, Abschnitte wahr, hie und da eine kurze Klangfläche, nie jedoch eine "Melodie". Die beiden anderen Quartette sind in dieser Hinsicht vielleicht nicht ganz so kompromisslos, hier gibt es mehr Klänge, aber nie im gewohnten tonalen Bereich.

    Wie gesagt, ich kannte diese Musik nicht, und der Großteil meiner Tonträgersammlung befindet sich in einem sozusagen gesetzt-konservativen Bereich, aber diese Aufnahme reißt mich mit. Sie kann einen, wenn man sich auf sie einlässt, sich dann aber auch auf sie konzentriert, komplett in ihren Bann ziehen.

    Die Aufnahmetechnik finde ich in ihrer Plastizität und Natürlichkeit spektakulär gut. Für Surround-Freunde haben die Tontechniker in der Mehrkanal-Abmischung den Hörer mitten ins Quartett positioniert, so dass einem dann quasi die Tonfetzen um die Ohren fliegen - sehr effektvoll!

    Für mich eine echte Entdeckung!
    Symphonie Nr.5 Symphonie Nr.5 (CD)
    28.03.2013
    Booklet:
    2 von 5
    Gesamteindruck:
    5 von 5
    Klang:
    2 von 5
    Künstlerische Qualität:
    5 von 5
    Repertoirewert:
    5 von 5

    Richtungswechsel

    Es gibt Kompositionen, die ganz unmittelbar Assoziationen mit einem bestimmten Interpreten wecken. Eine dieser Verknüpfungen besteht zwischen der Fünften Symphonie von Dmitri Schostakowitsch und dem Dirigenten Jewgeni Mrawinski. Von der Uraufführung 1937, die er noch vor Antritt seiner fünfzig Jahre währenden Chefdirigentenposition in Leningrad leitete, bis ins hohe Alter von 81 Jahren begleitete ihn das Werk, einige Aufnahmen belegen diese tiefe Verbundenheit.

    In den Studioaufnahmen von 1938 und 1954 hören wir die Symphonie in vielen Passagen gerade im Kopfsatz und im Largo noch zerbrechlich und zart. In dieser Live-Aufnahme aus der Leningrader Philharmonie, die nach den fundierten Recherchen des Japaners Kenzo Amoh 1966, nicht wie auf dem Cover angegeben 1983, entstand, erleben wir Mrawinski mit einem anderen, ebenso schlüssigen Ansatz.

    Er spitzt hier die Kontraste zu, treibt sein Orchester in manchen Steigerungen in geradezu panische Raserei, etwa im Kopfsatz, betont den burlesken, fratzenhaften Charakter des Scherzos noch stärker, kostet die tragische Zerrissenheit des Largo-Satzes bis an die Schmerzgrenze aus und beginnt das Finale deutlich schneller als in früheren Jahren, wobei er das Tempo im Verlauf dennoch weiter anzieht. Den hohlen Schlussjubel nimmt er hingegen im Tempo zurück, was den grell-übertriebenen Charakter des schrillen Ostinatos handgreiflich deutlich macht.

    Auch einige zum Teil schmerzlich präsente Publikumsgeräusche, auch die etwas höhenlastige, leicht zu enge Klangqualität - "audiophil" ist das trotz entsprechenden Vermerks auf dem Cover nicht - ändern nichts daran, dass dies eine zwingende Deutung dieses Werkes ist, gleichbedeutend mit Mrawinskis älteren, introvertierteren Interpretationen.

    Von den späteren Aufzeichnungen scheidet der klangtechnisch katastrophale Wiener Live-Mitschnitt von 1978 als Konkurrenz aus, bei der letzten Aufnahme der Fünften unter Mrawinski von 1984 (Erato) waren die Leningrader Philharmoniker etwas weniger konzentriert bei der Sache. Insofern kann ich nur empfehlen, bei dieser Aufnahme hier zuzugreifen und sich mit ihr an einem diskographischen Meilenstein zu erfreuen.

    Die kompilierte Aufnahme der 15. Symphonie von Nikolai Miaskowski wurde 1964 mit dem Großen Fernseh- und Rundfunk-Symphonie-Orchester der UdSSR unter Kirill Kondraschin aufgenommen. Die Symphonie klingt für ein Werk der 1930er Jahre erstaunlich konservativ und romantisch. Vergleichsaufnahmen kenne ich nicht, Kondraschins Dirigat führt einen mit Energie und Klangsinn gut in das Werk ein.
    Symphonien Nr.6 & 12 Symphonien Nr.6 & 12 (CD)
    27.03.2013
    Booklet:
    3 von 5
    Gesamteindruck:
    3 von 5
    Klang:
    4 von 5
    Künstlerische Qualität:
    3 von 5
    Repertoirewert:
    3 von 5

    Grenzfern

    Es lohnt sich, Wassili Petrenko und sein Liverpooler Orchester zu berücksichtigen, gerade wenn man auf der Suche nach gut interpretierten Einspielungen der Schostakowitsch-Symphonien ist, die auch noch gut klingen sollen. Auch diese Ausgabe hier ist fabelhaft aufgenommen, erfreut mit natürlicher räumlicher Aufteilung, ziemlich breiter Dynamik und hervorragender Detailliertheit, auch wenn ich die Tiefbassqualitäten und auch die Präsenz bei zum Beispiel den Sanderling-Aufnahmen besser finde.

    Interpretatorisch haben es die beiden hier vereinigten sehr unterschiedlichen Werke bei mir schwer. Bei der Zwölften fällt es mir schwer, insbesondere das Finale in seiner für mich nicht erkennbar doppeldeutig gemeinten Siegestaumelstimmung bis zum Ende durchzuhören. Die Sechste hingegen mit ihrem tiefgründigen einleitenden Klagegesang, einem großartigen zwanzigminütigen Largo, und den beiden folgenden doppelbödigen, nur oberflächlich humorigen schnellen Sätzen, ist mir besonders ans Herz gewachsen, und trotz Barschai, trotz Boult, trotz Haitink, trotz Bernstein, die mir das Werk alle auf ihre Weise zu "schön" interpretieren, trotz hervorragender Aufnahme Sanderlings und Temirkanows, ja sogar trotz Kondraschin, dessen schnelle Auffassung des Largos mich nicht voll überzeugt, ist die einzige Aufnahme, die mich interpretatorisch voll befriedigt, eine Live-Aufzeichung Jewgeni Mrawinskis aus Moskau von 1972. Der Klang dieser Einspielung ist aber nicht optimal.

    Leider füllt auch Petrenko mit seinen fabelhaft disponierten und engagierten, ja, ich würde sagen, mit einem "russischen" Timbre gesegneten Liverpoolern diese meine Lücke bei der Sechsten Symphonie nicht.
    Sicher kommen die großartigen, schmerzhaften Steigerungen im Largo zu einer gewissen Geltung, sicher werden die schnellen Sätze in wirklich forcierten Tempi virtuos, ja beeindruckend präzise und auch ironisch gespielt. Aber es fehlen mir dennoch im Largo die letzte Konsequenz der Bitterkeit, die ersehnte atmosphärische Dichte in dem lakonischen Holzbläserdialog über den Bassliegenoten in der Mitte des Satzes, wie sie eben bei Mrawinski so eindrücklich zur Darstellung kommen.
    Vor allem aber vermisse ich den von Kondraschin aus meiner Sicht kaum überbietbar umgesetzten, überspitzten Sarkasmus und die teils bedrohlichen Elemente in den raschen Sätzen. Die Grenzen, an die Kondraschin hier sein Orchester herantreibt, sehe ich bei Petrenkos Deutung nur von der Ferne. Es bleibt bei einer sehr guten, differenzierten, stimmungsvollen und gut klingenden Wiedergabe der Partitur.

    Zur Interpretation der Symphonie Nr. 12 habe ich keine so klare Meinung. Mich spricht bei viel weniger Vergleichsmöglichkeiten die späte, getriebene Live-Einspielung von Jewgeni Mrawinski vom Duktus etwas mehr an, die aber an Publkumsgeräuschen und einer unterlegenen Aufnahmetechnik krankt. Die Nr. 12 Petrenkos beeindruckt in Hinblick auf Stringenz, Orchesterleistung und Klangtechnik in jedem Fall.

    Für mich insgesamt also keine schlechte Wahl, aber auch nicht auf dem Siegertreppchen.
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    Cellosonaten Nr.1 & 2 Cellosonaten Nr.1 & 2 (CD)
    26.03.2013
    Booklet:
    2 von 5
    Gesamteindruck:
    5 von 5
    Klang:
    3 von 5
    Künstlerische Qualität:
    5 von 5
    Repertoirewert:
    4 von 5

    Charakterdarsteller

    Die Kunst des Cellisten Daniil Schafran stand immer im Schatten seines ungleich berühmteren Zeitgenossen und Landsmannes Mstislaw Rostropowitsch. Zu Unrecht, wie auch diese Aufnahme überzeugend belegt. Von der ersten Phrase des Kopfsatz-Hauptthemas der ersten Violoncellosonate von Johannes Brahms an zieht Schafran mit seinem unverwechselbaren Timbre, dem über alle Register markanten, süffigen Ton seines Instruments und seiner Gestaltungskraft in seinen Bann.

    Es ist, als beginne jemand voller Weisheit, Empfindung und Wärme eine Geschichte zu erzählen, melancholisch, eindringlich, aber nie rührselig. Es macht Staunen, wie sinnfällig Schafran mit seiner flexiblen Artikulation, seiner gesanglich-deklamatorischen Gestaltung von Melodiebögen und seiner Tempo-Agogik den Kern der Musik offenbar macht, zumindest für mein Empfinden. Nie klingt das Ergebnis bei aller gestalterischen Freiheit forciert, gewollt oder überexpressiv. Das zieht sich durch alle Sätze beider Brahms-Sonaten und macht das Hören zum Erlebnis.

    Natürlich steht und fällt der Vortrag dieser Werke maßgeblich mit dem Pianisten. Ich hatte von Felix Gottlieb bislang nie gehört. Dabei ist er Schafran mit seinem differenziertem Anschlag, seinen gestalterischen Fähigkeiten und seinem ausgeprägten Gespür für Balance ein kongenialer Partner.

    Die Studioaufnahmen entstanden 1980 und zeichnen sich für eine sowjetische Produktion der damaligen Zeit fast unerwartet durch eine sehr gute Transparenz bei warmem, vollen Klang aus.

    Die fünf Charakterstücke des Georgiers Sulkhan Tsitsadze, die Schafran zehn Jahre früher mit Nina Musinian unter klangtechnisch etwas schlechteren Bedingungen aufnahm, wirken in Kompilation mit den beiden gewichtigen Brahmswerken trotz eines auch hier ausdrucksstarken Spiels ein wenig wie Füllsel.

    Ich kann jedem Kammermusikfreund diese wunderbare Platte nur wärmstens ans Herz legen!
    Symphonien Nr.5 & 6 Symphonien Nr.5 & 6 (CD)
    26.03.2013
    Booklet:
    2 von 5
    Gesamteindruck:
    5 von 5
    Klang:
    4 von 5
    Künstlerische Qualität:
    5 von 5
    Repertoirewert:
    4 von 5

    Große Klasse

    Ursprünglich wurde ich auf Juri Temirkanow als Schostakowitsch-Dirigent durch die individualistische, hoch expressive Aufnahme des zweiten Violoncellokonzerts mit Daniil Schafran aufmerksam. Die positiven Eindrücke bestätigten sich durch die starken Aufnahmen der Symphonien Nr. 1, 5 und 13 aus den 1980ern, die in ihrer Spontaneität, Risikofreude und Ausdrucksstärke für meine Begriffe eine Klasse haben, die sich mit den besten auch historischen Deutungen dieser Werke messen kann.

    Ein Vierteljahrhundert später entstanden vor wenigen Jahren diese Aufnahmen hier. Temirkanow dirigierte die St. Petersburger Philharmoniker, deren Leitung er in Nachfolge von Jewgeni Mrawinski Mitte der 1980er Jahre übernommen hatte. Aus meiner Sicht sind auch diese Interpretationen ganz exzellent.

    Temirkanow hat ein ungeheures Gespür für Entwicklungen und Klangfarben, entsprechend intensiv gelingen die Steigerungen gerade in den langsamen Sätzen. Grandioses Beispiel ist allein schon der Kopfsatz der Fünften. Temirkanow führt sein in diesen Aufnahmen hervorragend disponiertes Orchester überaus flexibel, tempo-agogisch frei, quasi gesanglich, erzeugt in den kammermusikalisch-geheimnisvollen Momenten etwa des insgesamt recht straff genommenen Largos der Sechsten eine bezwingende atmosphärische Dichte. Der Flötendialog im Largo der Sechsten, das Fagottsolo, selten hört man das so intensiv. Ebenso beklemmend geraten die sparsam gesetzten Passagen beispielsweise im Largo der Fünften. Auch die Doppeldeutigkeit der schnellen Sätze wird klar erfasst und zum Hörer transportiert. Zum Teil stellt sich in den Tutti und im Blech sogar der alte Leningrader Sound ein, wie man ihn von Mrawinski kannte.

    Der (nicht geschnittene) rasch einsetzende frenetische Applaus nach den Live-Aufzeichnungen ist da sehr gut nachvollziehbar, auch wenn man sich ein Innehalten und gebannte Stille nach dem Verklingen der letzten Noten fast besser hätte vorstellen können. Die übrigen Publikumsgeräusche fallen kaum auf. Überhaupt kann die Klangqualität glücklicher Weise mit der Qualität der Interpretation mithalten. Transparenz, Fülle, Dynamik, Volumen bis in die tiefen Register, alles überaus befriedigend.

    Alles in allem sind das Aufnahmen, die sich aus meiner Sicht mit den besten neuen Einspielungen messen können. Im Vergleich zu Temirkanows eigenen früheren Beiträgen und zu Giganten wie Mrawinski oder Kondraschin fehlt mir persönlich der Eindruck des Existentiellen, der sich beim Hören dieser alten Aufnahmen immer wieder bei mir einstellt. Abgesehen davon: Spitzenaufnahmen, eine echte Bereicherung der Schostakowitsch-Diskographie dieses Jahrzehnts!
    Symphonien Nr.5 & 9 Symphonien Nr.5 & 9 (CD)
    25.03.2013
    Booklet:
    3 von 5
    Gesamteindruck:
    3 von 5
    Klang:
    4 von 5
    Künstlerische Qualität:
    3 von 5
    Repertoirewert:
    3 von 5

    Eine von vielen

    Der unvollendete Schostakowitsch-Zyklus aus Liverpool mit dem inzwischen 36-jährigen Wassili Petrenko am Pult hat schon reichlich Lob geerntet. Kein Wunder. Petrenko, seit 2006 Chef in Liverpool, animiert das traditionsreiche, aber diskografisch bis dato wenig präsente Ensemble stets zu außerordentlichen Leistungen. Auch bei den Symphonien Nr. 5 und 9 präsentieren sich die Liverpooler bestens disponiert, die Klangqualität der Aufnahme überzeugt mit viel Dynamik, Tiefe und Wärme, könnte aber mehr Präsenz haben.

    Interpretatorisch werden die fulminanten Steigerungen etwa im Kopfsatz der Symphonie Nr. 5 wunderbar ausgekostet, das Largo überzeugt mit einer gehörigen Portion Klage und Schmerz in den mehrfachen großen Ausbrüchen, das Finale wird mit seiner Stretta zu Beginn und dem doppeldeutigen Jubel am Ende sinnfällig erfasst. Die Tempi bewegen sich alle auf einem mittleren Niveau. Die Neunte wird mit der gebotenen flinken Virtuosität und reichlich Sinn für Sarkasmus umgesetzt.

    Eigentlich alles bestens. Dennoch fehlt mir etwas. Vergleiche ich die Nr. 5 mit der New Yorker Aufnahme von Dimitri Mitropoulos (in der günstigen Membran-Box enthalten), höre ich dort einfach noch intensivere Steigerungen, zumal im Finale, vergleiche ich sie gar mit Kirill Kondraschin oder Ewgeni Mrawinski, tun sich geradezu Abgründe auf. Dort klingt alles klarer, schärfer (leider auch klangtechnisch), zugespitzter, da gingen Dirigenten an die Grenzen und blieben trotzdem werktreu.
    Werktreue höre ich bei Petrenko auch, Grenzgänge nicht, seine Lesart kann für mich mit sehr guter modernerer Konkurrenz, im Falle der Fünften etwa mit Rudolf Barschai, mithalten; an den bei Schostakowitsch immer hörenswerten Kurt Sanderling beispielsweise reicht sie meines Erachtens nicht heran. Zudem bieten etwa die neue Einspielung Temirkanows oder Kitajenkos Aufnahme aus dessen Kölner Schostakowitsch-Zyklus hervorragende Klangeigenschaften und sehr intensive Interpretationen.

    Bei der Neunten wird der Abstand etwa zu Kondraschin fast noch größer, besonders in Bezug auf die Doppelbödigkeit, sei es nun in der Durchführung des Kopfsatzes oder der bei Kondraschin fast schon mit einer Note des Irrsinns versehenen Stretta des Finales.

    Wer also nach einer sehr gut klingenden, befriedigend interpretierten und günstigen Aufnahme sucht, um diese Werke kennen zu lernen, macht nichts verkehrt mit dieser CD. Ich hätte mit ihr meine persönliche Referenz nicht gefunden.
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    Symphonie Nr.8 Symphonie Nr.8 (CD)
    25.03.2013
    Booklet:
    3 von 5
    Gesamteindruck:
    4 von 5
    Klang:
    4 von 5
    Künstlerische Qualität:
    4 von 5
    Repertoirewert:
    3 von 5

    Starke Leistung

    Ob Petrenkos Schostakowitsch-Zyklus bei Naxos noch vollendet wird? Die bislang entstandenen Aufnahmen kamen jedenfalls gut an. Von den mir bekannten bisherigen Aufnahmen haben mich die Symphonien Nr. 5 und 9 sowie die Nr. 6 beeindruckt, aber nicht letztendlich überzeugt. Die Nr. 10 fand ich stark, ohne dass Petrenko nach meines Erachtens aber alte Meister wie Kondraschin oder Mrawinski, bei der Zehnten auch Karajan ernsthaft in Frage hätte stellen können.
    Die Achte nun ist gleichfalls eine überaus gelungene Aufnahme geworden. Petrenko ringt dem britischen Orchester aus der vermeintlich zweiten Reihe ein Maß an Intensität und Dramatik ab, das seinesgleichen sucht. Atmosphärische Dichte im einleitenden Adagio mit einer bezwingenden Klimax; wuchtig, präsent und schnell, ja tatsächlich auch expressive Grenzen auslotend wiedergegeben die Sätze zwei und drei; überzeugend dunkel und suggestiv das Largo, beachtlich in der bedrückend-bedrohlichen Steigerung das Allegretto.
    Und das alles in wirklich guter Tonqualität mit natürlicher Räumlichkeit, weitem Panorama und allenfalls geringfügig eingeengter dynamischer Breite, hier den historischen sowjetischen Vorbildern haushoch überlegen.
    Mit dieser Achten macht man nichts falsch, auch wenn Kondraschin und Mrawinski auf lange Sicht unverzichtbar bleiben und mit Sanderling, Kitajenko und insbesondere Fedossejew starke Konkurrenten locken, deren Aufnahmen auch klanglich überzeugen.
    Symphonien Nr.1-7 Symphonien Nr.1-7 (CD)
    12.03.2013
    Booklet:
    3 von 5
    Gesamteindruck:
    4 von 5
    Klang:
    4 von 5
    Künstlerische Qualität:
    4 von 5
    Repertoirewert:
    3 von 5

    Solide Basis

    Beginnt man bei Äußerlichkeiten, ist der Umfang dieses Angebots schon einmal ein gewichtiges Argument. Man erhält hier von Jean Sibelius alle sieben Symphonien, Finlandia, die Karelia-Suite, Tapiola, En Saga, Valse triste, dazu das Violinkonzert, zwei Serenaden und zwei Ernste Melodien für Violine und Orchester, die Romanze für Streichorchester sowie die Tondichtung Luonnotar für Sopran und Orchester. Bis auf die Werke für Violine und Orchester sind das alles Digitalaufnahmen aus den 1980er Jahren, die 5 CDs haben alle über 70 Minuten Spieldauer, stecken in einer ordentlichen Verpackung und werden von einem Booklet mit den nötigsten Werkinformationen begleitet, das sogar den Text zu Luonnotar enthält.
    Klanglich gefallen mir die Aufnahmen sehr gut, sie sind warm, haben einen vollen, räumlichen Klang, Tiefe, Substanz, sind nur ganz selten in den Höhen etwas schrill (5. und 7. Symphonie).

    Interpretatorisch beschritt Ashkenazy mit dem Philharmonia Orchestra in den 1980er Jahren einen für meinen Geschmack sehr gelungenen Mittelweg zwischen der hemmungslos subjektivistischen (und für mich ebenfalls sehr überzeugenden) Sicht Bernsteins und dem (späteren) analytischeren Ansatz eines Paavo Berglund. Das bis auf ein paar winzige Ungenauigkeiten (etwa die Bässe im Finale der Ersten Symphonie) bestens aufgelegte Philharmonia Orchestra bietet prächtige Klangflächen, ein erdiges, sattes Streicherfundament, sehr warme und charaktervolle Darbietungen in den Holzbläsern und die angemessenen Attacken im Blech. Gespür für Struktur und Linie überzeugen mich bei Bernstein, Segerstam oder auch Sanderling mehr als hier, aber trotzdem, alles in allem wird einem hier bei den Sibelius-Symphonien ein sehr stimmiges und befriedigendes Ergebnis geboten. Das betrifft auch die Tondichtungen. Finlandia und Karelia-Suite werden hier übrigens, wenn ich sie etwa mit Karajan vergleiche, mit sehr viel Drive, weniger breit-dramatisch gespielt, eine durchaus lohnende Alternativsicht.

    Das Violinkonzert spielte Boris Belkin vom Ansatz her für mich am ehesten vergleichbar mit Itzhak Perlman, breit, voluminös, den Moment auskostend, ohne jedoch ganz Perlmans geschmeidigen Ton zu erreichen. Mich sprechen da Deutungen wie die Zehetmairs oder jene Tetzlaffs in ihrem an Heifetz erinnernden Vorwärtsdrang mehr an - Geschmackssache. Zu Luonnotar kann ich nicht viel sagen, das wohl auch wegen seiner undankbaren Schwierigkeiten selten gespielte Stück war mir bislang unbekannt.

    Für meinen Geschmack bietet diese Box eine wunderbare Möglichkeit, zu einem günstigen Preis in die Symphonik von Sibelius einzusteigen, ohne dabei qualitative Abstriche in Bezug auf Interpretation oder Klang hinnehmen zu müssen. Empfehlenswert!
    Kuijken Two Generations Kuijken Two Generations (SACD)
    12.03.2013
    Booklet:
    3 von 5
    Gesamteindruck:
    2 von 5
    Klang:
    3 von 5
    Künstlerische Qualität:
    2 von 5
    Repertoirewert:
    3 von 5

    Eine musikalische Familie

    Es muss schon unheimlich Spaß machen, wenn man sich mit drei, vier Familienmitgliedern zum Musizieren trifft und mal eben auf Spitzenniveau ziemlich virtuose Kammermusik aufnimmt. Hier kann man das Ergebnis im Falle der belgischen Familie Kuijken hören. Sigiswald und Wieland kennt man von vielen "Alte-Musik"-Aufnahmen, sie sind Veteranen der historisch informierten Aufführungspraxis. Die Ehefrau Sigiswald Kuijkens Marleen Thiers sowie ihre Töchter Sara und Veronica sind auf dem Tonträgermarkt wenig präsent, aber alle auch Spezialistinnen und Dozentinnen für ihre Instrumente.

    Eingespielt sind hier das dritte Rasumowsky-Quartett, bei dem die diskografische Konkurrenz unüberschaubar ist, und das ziemlich selten aufgenommene Streichquintett C-Dur Op. 29 mit zweiter Viola. Technisch finde ich die Aufnahme zu trocken, aber gut gestaffelt und präzise durchhörbar. Das Beiheft ist in Ordnung.

    Die Quartett-Einspielung finde ich insbesondere in Anbetracht der konkurrierenden Aufnahmen wenig überzeugend. Manche Schlussnote, mancher Akzent klingen mir zu plump, vieles zu gerade (z. B. die Themengestaltung im Andante), zu wenig geheimnisvoll (langsame Einleitung erster Satz), am meisten stört mich aber, dass die Kuijkens im halsbrecherischen Finale von Op. 59/3 so überhaupt kein Risiko eingehen. Natürlich spielen sie alles richtig, auch durchsichtig, schön harmonierend, aber wenn ich mir anhöre, welches Feuer hier Ensembles wie das Talich-Quartett, das Guarneri-Quartett, jüngst (und ein wenig kalkuliert) das Artemis-Quartett oder auch die (mir hier insgesamt zu oberflächlichen) Emersons entfachen, bin ich von dieser Aufnahme hier schlicht enttäuscht.

    Von Op. 29 kenne ich keine Vergleichsaufnahme. Durch die Koppelung erhöht sich natürlich der Repertoirewert. Auch im Quintett spielen die Kuijkens klar, sauber und durchsichtig, aber für meinen Geschmack ebenfalls nicht wirklich mitreißend, fast brav. Für mein Empfinden erreichen die bezogen auf ihr Einzelkönnen sicher hervorragenden Musiker im Ensemble dann doch nicht ganz die Spielkultur aufeinander eingeschworener Dauerformationen der Spitzenklasse.
    Klavierkonzert e-moll (Nr.3) - Mendelssohn Discoveries Klavierkonzert e-moll (Nr.3) - Mendelssohn Discoveries (CD)
    12.03.2013
    Booklet:
    4 von 5
    Gesamteindruck:
    4 von 5
    Klang:
    5 von 5
    Künstlerische Qualität:
    4 von 5
    Repertoirewert:
    4 von 5

    Verworfen oder unvollendet

    Diese Aufnahme des Gewandhausorchesters unter seinem derzeitigen Kapellmeister Riccardo Chailly gibt ein wenig Einblick in die kompositorische Arbeit eines seiner großen Vorgänger, Felix Mendelssohn-Bartholdy. Eingespielt ist eine frühere Fassung (die Produzenten der Aufnahmen nennen sie "Londoner Version") der Schottischen Symphonie, die so 1842 auch in London aufgeführt wurde, eine Skizze der Einleitung der Schottischen, eine "römische" Fassung der Hebriden-Ouvertüre von 1830 und eine von dem italienischen Dirigenten und Komponisten Marcello Bufalini besorgte Rekonstruktion des von Mendelssohn nur in Skizzen und nur sehr bruckstückhaft hinterlassenen Klavierkonzerts e-moll, das kürzlich in einer anderen Bearbeitung von Larry Todd von Matthias Kirschnereit eingespielt wurde.

    Lauter Entdeckungen also, "Discoveries". Natürlich ist das erst einmal eine Repertoire-Bereicherung; von den bekannten Fassungen der Schottischen und der Hebriden-Ouvertüre gibt es ja eine erkleckliche Anzahl an Einspielungen, das Totschlagargument der eigentlich unnötigen erneuten Aufnahme wird so etwas entkräftet.

    In der Symphonie unterscheiden sich dabei der erste und der letzte Satz erkennbar von der geläufigen Fassung. Ich bin an diese bekannte Fassung sehr gewöhnt, daher fällt es mir schwer, mich auf die "Londoner Version" so richtig einzulassen. Ich finde das Ergebnis der bekannten Überarbeitung eigentlich insgesamt gelungener, weil in der Verarbeitung der Motive abwechslungsreicher, habe aber leider nicht das musikwissenschaftliche Know-how, um meine reine Hör-Einschätzung auch argumentativ zu untermauern.

    Bei der Rekonstruktion des Klavierkonzerts ging Bufalini einen etwas anderen Weg als Todd, indem er auch das Finale selbst komplettierte und nicht wie Todd das Finale des Violinkonzerts umarbeitete, insgesamt ein sehr gelungenes, dem Klang nach Mendelssohn sehr nahe kommendes Ergebnis, finde ich.

    Bei der Hebriden-Ouvertüre geht es mir genau so wie bei der Schottischen. Die bekannte spätere Fassung klingt für mich runder, eleganter, ausgefeilter, ich würde sie bevorzugen.

    An der Interpretation liegt das nicht. Chailly lässt sein Gewandhausorchester genau so spielen, wie ich mir das wünsche: frisch, flexibel, in Phrasierung, Agogik, Verzicht auf Vibrato und Dynamik an "historisch informierter Aufführungspraxis" orientiert, aber nie akademisch. Die Tempi dürften manchen Hörern eher ein wenig zu schnell sein, mir liegt dieser Ansatz. Den etwas dunkel getönten, extrem substanzreichen Klang des traditionsreichen Leipziger Elite-Ensembles schätze ich ohnehin sehr. Auch der mir bislang unbekannte Pianist Roberto Prosseda gliedert sich mit perlendem Spiel und jugendlich-frischem Zugriff sehr gut ein.

    Die Aufnahme ist technisch sehr angenehm umgesetzt, bietet eine hervorragende Auflösung und Durchhörbarkeit ohne Verzicht auf symphonische Breite und ein sattes Fundament. Das Beiheft ist gerade auch in Hinblick auf die Entstehungsgeschichte der eingespielten Werke sehr informativ.

    Wenn man also Interesse an einer hervorragenden Einspielung bislang unbekannter Versionen von Mendelssohn-"Schlagern" hat, kann man hier sicher bedenkenlos zugreifen. Irgendwie würde ich mir aber doch noch einen (redundanten?) Mendelssohn-Zyklus aus Leipzig mit den überarbeiteten Fassungen wünschen ...
    Symphonien Nr.1-9 Symphonien Nr.1-9 (CD)
    12.03.2013
    Booklet:
    4 von 5
    Gesamteindruck:
    5 von 5
    Klang:
    3 von 5
    Künstlerische Qualität:
    5 von 5
    Repertoirewert:
    2 von 5

    Trendsetter

    Damals vor mehr als zehn Jahren, als diese Aufnahme erschien und ich sie mir zulegte, war sie eine kleine Sensation. Es war die erste Gesamtaufnahme der Beethoven-Symphonien, die mit einem traditionellen Orchester auf der Grundlage der damals neuen Urtext-Ausgabe eingespielt wurde, die zweite überhaupt nach der Einspielung mit Gardiner und seinem Orchestre révolutionnaire et romantique, und die erste Gesamt-Aufnahme mit einem modernen Orchester, die sich nach langer Zeit (Leibowitz mit seiner Gesamtaufnahme, Scherchen, Kleiber in Einzelaufnahmen) wieder an den Metronomangaben Beethovens orientierte. Noch dazu gab es die CDs damals zu einem ungeheuer günstigen Preis, konkurrenzlos im Vergleich zu den Angeboten der Renommier-Labels.

    Ich habe die Aufnahmen mit Zinman lange hoch geschätzt, sie haben ungeheuer viel Energie, Zinman hielt sich buchstabengetreu an alle Wiederholungen, auch in den Da capi der Scherzi (darüber kann man sich natürlich streiten), ließ auch so manche kleine Verzierung insbesondere von den Holzbläsern improvisieren und - eine nette Abwechslung - das berühmte Rondo-Thema im Finale der Eroica vom Solistenquartett der Streicher spielen. Man merkte der Aufnahme schlicht an, dass sich die Beteiligten hier für ein Projekt engagierten und etwas Neues auf die Beine stellen wollten. Das Tonhalle-Orchester erwies sich angesichts der teils mörderischen Tempi (ich glaube, die Aufnahme ist auch unter den schnellen die schnellste, und zwar durchgehend) als virtuos-flexibles Ensemble, beeindruckend für ein Orchester dieser Größe, und begründete mit ihr seine inzwischen deutlich gewachsene Präsenz in der Tonträger-Szene mit folgenden sinfonischen Zyklen von Richard Strauss, Robert Schumann, Gustav Mahler und Johannes Brahms.

    Leider stellt sich gerade heute in der Rückschau und mit Vergleichsmöglichkeiten vieler ähnlich ausgelegter Neuaufnahmen doch oft der Eindruck der Gehetztheit und Atemlosigkeit bei den Zinmaneinspielungen ein, zumal im Finale der Neunten; die später ergänzte Einspielung der Missa solemnis verstärkte diesen Eindruck fast noch ins Getriebene.

    Heute ist man an eine solche Herangehensweise wie die Zinmans bei den Beethoven-Symphonien gewöhnt, es gibt eine Vielzahl von Einspielungen auch mit modernen Orchestern, die einen ähnlichen Ansatz verfolgen, zuletzt mit Norrington aus Stuttgart, mit Vänskä aus Minneapolis, Paavo Järvi aus Bremen und jüngst auch mit Chailly aus Leipzig. Geht es um Aufnahmequalität, würde ich diese genannten neuen Einspielungen derjenigen aus Zürich inzwischen vorziehen, im direkten Vergleich finde ich sie doch weniger transparent und weniger voll. Geht es um Durchhörbarkeit, kommt aus meiner Sicht ohnehin keine Aufnahme an die der Kammerphilharmonie Bremen unter Paavo Järvi (allerdings mit einem Kammerorchester) heran. Vom Orchesterklang gefällt mir mittlerweile die Neueinspielung aus dem Gewandhaus unter Riccardo Chailly am besten - Geschmackssache.

    Insofern hat die Aufnahme mit Zinman in meiner Sammlung ein wenig an Präsenz eingebüßt, ich halte sie dennoch für sehr hörenswert und inzwischen für fast schon ein wenig historisch als Zündfunke für eine Bewegung, die damals wie heute sehr kontrovers diskutiert wird und dazu beiträgt, dass man sich mit Beethoven beschäftigt, daher fünf Sterne.

    Preislich gibt es übrigens mittlerweile Aufnahmen aller Ausrichtungen als Dumping-Angebote, Karajan, Gardiner, Wand, Hogwood, Davis, alle auf einem Niveau mit der Zinman-Aufnahme, die übrigens die CDs der Einzelveröffentlichungen in einem Pappschuber vereinigt einschließlich der jeweiligen, recht instruktiven Einführungstexte. Für Neueinsteiger keine leichte Entscheidung.
    Streichquartette Nr.1-6 Streichquartette Nr.1-6 (SACD)
    21.02.2013
    Booklet:
    5 von 5
    Gesamteindruck:
    5 von 5
    Klang:
    5 von 5
    Künstlerische Qualität:
    5 von 5
    Repertoirewert:
    4 von 5

    Idiomatisch

    Das Label Hungaroton schickt sich an, das Gesamtwerk von Bartók in neuen hochwertigen Einspielungen aufzunehmen. Die Streichquartett-Edition der "Neuen Bartók Reihe" (Bartók Új Sorozat) erfreut einen schon vor dem Hören. Hinter den CDs ein Bildausschnitt aus einem Streichquartett-Autographen des Komponisten; im Pappschuber beigelegt, nicht in den Deckel gestopft, ein Booklet mit einem viersprachigen, eng gedruckten informativen Einführungstext und einigen interessanten Abbildungen. Das sind vielleicht Nebensächlichkeiten, erfreuen aber nicht nur im Vergleich mit Low-Budget-Wiederauflagen, sondern auch mit so manchem Hochpreis-Konkurrenzprodukt.
    Aber zur Musik. Die Einspielung des Mikrokosmos-Streichquartetts wurde teils enthusiastisch aufgenommen, von authentischer Bartók-Wiedergabe war die Rede, im Begleittext wird ausgeführt, die Mitglieder seien weniger auf eine möglichst virtuose Realisierung der Werke aus, wollten vielmehr Wert legen auf Werktreue, mündlich tradierte, nicht notierte Informationen zur Interpretation einfließen lassen. Es handelt sich um äußerst versierte ungarische Musiker fern des (Jung-)Starrummels, unter ihnen der Gründer der ersten Takács-Quartett-Formation Gábor Takács-Nagy und der großartige Cellist Miklós Perényi, der u. a. mit sehr guten Aufnahmen der Beethoven-Sonatenm der Bach-Suiten und des Dvorak-Violoncellokonzerts auf sich aufmerksam machte.
    Schwer zu sagen, ob es sich bei den Aufnahmen der Bartók-Quartette hier nun wirklich um DIE authentische Neueinspielung handelt. Die prominente Konkurrenz vom Alban-Berg-Quartett bis zum Ungarischen Streichquartett wird sicher nicht deklassiert. Aber jedenfalls sind hier hoch musikalische, teils ergreifende, atmosphärisch dichte, extrem dynamische, insgesamt sehr fesselnde Auslegungen der Werke zu hören, die zumindest den Vergleich auch mit der erstklassigen Konkurrenz nicht scheuen müssen.
    Der Klang der CD-Spur und erst recht der SACD im Mehrkanalformat ist exzellent; präsent, natürlich, voll, räumlich, hervorragend gestaffelt, transparent und sehr gut balanciert; das kann man aus meiner Sicht schwer überbieten.
    Auch wenn man noch gar keine Aufnahme dieser grandiosen Quartette besitzt, wäre die Einspielung mit dem Mikrokosmos-Quartett eine Überlegung wert, als Ergänzung einer Sammlung ohnehin.
    Symphonien Nr.1,5,6,8,10,15 Symphonien Nr.1,5,6,8,10,15 (CD)
    21.02.2013
    Booklet:
    5 von 5
    Gesamteindruck:
    5 von 5
    Klang:
    4 von 5
    Künstlerische Qualität:
    5 von 5
    Repertoirewert:
    5 von 5

    Von höchstem Rang

    Kurt Sanderling war langjähriger Co-Chef von Jewgeni Mrawinski im damaligen Leningrad und mit Dmitri Schostakowitsch bekannt. Mitte der 1970er bis Anfang der 1980er Jahre nahm er mit dem Berliner Sinfonie-Orchester, das er maßgeblich zu einem homogenen Spitzenorchester geformt hatte, sechs der Symphonien Schostakowitschs unter Studiobedingungen in der Christuskirche in Berlin auf.
    Bei allen Aufnahmen kann man über großartige Solo-Leistungen, einen satten Streicherklang, zumal in den tiefen Registern, ja, über ein eigenes Timbre geradezu ins Schwärmen geraten. Das Berliner Sinfonie-Orchester, heute das Konzerthaus-Orchester, spielt in allen Gruppen hörbar an der vorderen Stuhlkante, äußerst beteiligt.
    Alle Aufnahmen erfreuen klangtechnisch mit einem breiten Panorama, starker Dynamik, voluminösem Bassfundament und sehr guter Transparenz.
    Erfreulich instruktiv sind die abgedruckten Interviews mit Sanderling zu den einzelnen Werken; sie finden sich in den Beiheften der in dieser Box versammelten Einzel-CDs.

    CD 1: Symphonien 1 und 6. Bei der ersten Symphonie hat mich Sanderling mit seiner Ernsthaftigkeit überrascht, die er diesem Werk verleiht, das oft eher als jugendlich frische Virtuosenschau präsentiert wird. Manche Passagen etwa im vergleichsweise langsam genommenen Kopfsatz oder im Largo habe ich kaum je in dieser Tiefe vorgetragen gehört, hier lässt Sanderling bereits den späteren, reifen Schostakowitsch durchklingen. Eine ungewöhnliche, lohnende Auffassung.
    Im großen einleitenden Largo der Symphonie Nr. 6 überzeugt insbesondere die Tempowahl, die den klagend-fatalistischen Tenor dieses Satzes eindrucksvoll zur Geltung bringt. Sanderling lässt den gewaltigen, schmerzhaften Steigerungen genügend Raum, bringt sie klar, direkt, ungeschönt an den Hörer. Hervorragend die Holzbläser, die in den fahlen, kargen Passagen eine ungeheure atmosphärische Dichte schaffen. Das alles gelingt dabei, ohne den Fluss der Musik verebben zu lassen.
    Einen in dieser Hinsicht extremen Ansatz verfolgte ja Kirill Kondraschin, der diesen Satz, für den der Durchschnitt der Dirigenten knapp zwanzig Minuten benötigt, in dreizehn Minuten durcheilt, extrem intensiv, aber vielleicht in diesem speziellen Fall übers Ziel hinaus.
    In den schnellen Sätzen der Nr. 6 gelingt es Sanderling, Schärfe und Bedrohlichkeit innerhalb des vermeintlichen Frohsinns zu demonstrieren, die Doppelbödigkeit zur Geltung bringen, wo andere, ich denke an Bernstein mit den Wiener Philharmonikern, es bei einer rein äußerlichen Steigerung belassen.
    Bei diesen beiden Sätzen finde ich persönlich Kondraschin in seiner Extremsicht noch überzeugender, aber Sanderling kommt dessen Interpretation nahe, auch im Tempo, und das heißt einiges.
    Eine überragende, existenzialistische Deutung bietet alternativ (in schlechterer Aufnahmequalität) Jewgeni Mrawinski in einer Live-Aufzeichung von 1972.
    Im Gesamtergebnis ist das eine wirklich großartige Umsetzung, die voll befriedigt, für meine Begriffe mehr als Petrenko, mehr als Barschai, letztlich auch mehr als die ganz hervorragend aufgenommene Einspielung mit Boult.

    CD 2: Symphonie Nr. 5. Sanderlings Zugang ist auch bei Symphonie Nr. 5 umsichtig, gelassen und unaufdringlich, dennoch von einer ungeheuren inneren Spannung gekennzeichnet. Er liegt im Falle der Fünften für mein Empfinden nahe an der Sicht Jewgeni Mrawinskis, der das Werk über die Jahre seines Wirkens auch mehrfach einspielte und in den Deutungen, die mir bekannt sind, die Entwicklungen des Werks weniger forciert darstellte als der quasi unter Dauerstrom stehende und darin sehr suggestive Kirill Kondraschin. Trotzdem kommen auch bei Sanderling Trauer, Verstörtheit und Verzweiflung im großen Kopfsatz expressiv zur Geltung, dessen Klimax fulminant umgesetzt wird.
    Die vermeintlich burlesken Grimassen des Allegretto erhalten unter Sanderling ein gerüttelt Maß an Doppelbödigkeit und Boshaftigkeit, die Abgründe der Trauer im Largo empfinde ich zumal in gut klingenden neueren Aufnahmen kaum je so schmerzhaft wie bei Sanderling, die beiden großen Steigerungen dieses Satzes sind unter Sanderlings Dirigat wie ich sie mir wünsche: kaum erträglich.
    Das Finale beginnt Sanderling ungewöhnlich stürmisch, hierdurch kommt die Stretta zu Beginn vielleicht ein wenig zu kurz. Den langsamen, eindringlichen Mittelteil und den falschen Finaljubel stellt er zwingend dar.
    Alles in allem ist das auch dank einer großartigen Leistung des Berliner Sinfonie-Orchesters ein großer Wurf, eine äußerst gelungene Deutung einer großen Symphonie, die neben den singulären Interpretationen Mrawinskis, Kondraschins und Mitropoulos' (in der Membran-Box) für meine Begriffe bestehen kann und moderne Konkurrenz nicht fürchten muss.

    CD 3: Symphonie Nr. 8. Die Stärken Sanderlings liegen auch bei Schostakowitschs Nr. 8 für mein Empfinden in der glaubwürdigen Erfassung der Satzcharaktere, ob das nun die ausgedehnte Klage des Adagios ist, die Fanfaren-Groteske des Allegrettos, die Gewalttätigkeit des dritten Satzes, die dunkle Bedrohlichkeit des Largos oder die nur vermeintliche Gelöstheit des finalen Allegrettos. Die gewaltigen Steigerungen zumal in Kopfsatz und Finale werden mit präzisem Timing aufgebaut, Wucht, Dramatik, Klangmassen kommen ebenso zur Geltung wie die introvertierten Passagen mit teils wunderbar ausgehörten Holzbläsersoli. Das klingt bei aller Präzision auch im Detail im Ergebnis ungeheuer organisch, "richtig".
    Die Intensität dieser Aufnahme überzeugt mich auf ihre Weise nicht weniger als der Starkstrom Kondraschins oder die authentische Vehemenz der Schostakowitsch-Autorität Jewgeni Mrawinkis, Dirigenten jener zwei Aufnahmen, die ich bei der Achten jedem Schostakowitsch-Enthusiasten dringend ans Herz legen möchte. Sanderlings Einspielung klingt allerdings deutlich besser.
    Gleichfalls beachtliche moderne und gut klingende Alternativen bieten noch Wassili Petrenko und insbesondere Dmitri Kitajenko.

    CD 4: Symphonie Nr. 10. Von dem Dutzend Einspielungen, das ich mittlerweile kenne, gefällt mir aufnahmetechnisch Sanderlings Version mit ihrer Präsenz, ihrer Klarheit, ihrer Wärme und ihrer beeindruckenden Tiefensubstanz am besten, besser natürlich als die historische, insbesondere - interpretatorisch höchstrangige - sowjetische Konkurrenz, besser aber auch als der späte Karajan, als Petrenko, Shipway, Rattle, Barschai oder Jansons.
    Zudem besticht Sanderling wieder mit seiner ungewöhnlichen Mischung aus einem gleichzeitig unprätentiösen und intensiven Ansatz. Er treibt sein Berliner Orchester im Scherzo und im Finale nicht zu Temporekorden wie einst Mitropoulos, zeichnet bestimmte Passagen, etwa die Klimax im dritten Satz, nicht so drastisch wie Mrawinski, geht interpretatorisch nicht so oft an die Grenzen wie der extrem dramatische Kondraschin, aber dennoch wirkt das alles authentisch und ehrlich. Markante Akzente, wunderbar dunkel abgetönte Holzbläser-Soli im Kopfsatz, trotz eines moderaten Tempos im Scherzo eine überaus bedrohliche, eindringliche Dichte, eine fulminante, ja bezwingende Steigerung im Kopfsatz. Man merkt letztlich in jedem Takt die Vertrautheit des Schostakowitsch-Freundes Sanderling mit dessen Idiom.

    CD 5: Symphonie Nr. 15. Vielleicht ist diese Fünfzehnte sogar die stärkste Aufnahme in Sanderlings leider unvollständigem Schostakowitsch-Zyklus. Er bringt die Stimmungen dieses rätselhaften Werkes neben aller Klarheit im Detail mitreißend plastisch an den Hörer, zieht ihn hinein in die aufgesetzte "Spielzeugladen"-Fröhlichkeit des ersten Satzes, in die beklemmende, bedrohliche Dunkelheit des Adagios, fordert auf zu einem grotesken Tanz im Allegretto und gestaltet den langen, über weite Strecken sparsam gesetzten Abschied des Finalsatzes in einer phänomenalen atmosphärischen Dichte. Die Klimax in der Mitte des Satzes ist schlicht erschütternd.
    All dies ist abermals von einer gewissermaßen unforcierten, unprätentiösen, aber doch unglaublich intensiven und spannenden Eindringlichkeit, die einen nicht mehr loslässt.
    Auch Rudolf Barschais Version in seiner Kölner Gesamtaufnahme und Kondraschins wieder etwas drastischere Deutung sind hörenswert.

    Diese Aufnahmen helfen aus meiner Sicht nicht nur Einsteigern, einen Zugang zu dieser wunderbaren Musik zu finden, sondern bieten auch Kennern und Liebhabern eine ergiebige Fundgrube an bemerkenswerten, eindringlichen, authentischen und klanglich hervorragenden Interpretationen.
    Es ist unverständlich und höchst bedauerlich, dass Kurt Sanderling nicht mehr Symphonien Schostakowitschs eingespielt hat.
    Symphonien Nr.3 & 4 Symphonien Nr.3 & 4 (SACD)
    21.02.2013
    Booklet:
    4 von 5
    Gesamteindruck:
    4 von 5
    Klang:
    5 von 5
    Künstlerische Qualität:
    4 von 5
    Repertoirewert:
    3 von 5

    Puristisch

    Thomas Dausgaard verfolgt mit seinem 1995 gegründeten Schwedischen Kammerorchester in der Serie "Opening Doors" das ehrgeizige, in den letzten Jahrzehnten aber auch nicht außergewöhnliche Ziel, früher als groß-symphonisch aufgefasste Werke in vergleichsweise kleiner Besetzung zu neuem Leben zu erwecken. Da Robert Schumann zu Lebzeiten mit symphonischen Ensembles arbeitete, die einem heutigen größeren Kammerorchester entsprechen, erscheint bei seiner Musik dieser Ansatz durchaus gerechtfertigt. Ob er auch bei Dvorak und Tschaikowsky seine Berechtigung hat, darüber kann man sicher streiten. Phrasierung und Agogik sind einer "historisierenden" Auffassung verpflichtet, das Orchester spielt jedoch auf modernen Instrumenten.
    Technisch locken die Aufnahmen der Serie mit einem warmen, aber überaus präsenten, transparenten und lebendigen Klang, der die Vorzüge der Interpretationen voll zur Geltung bringt. Im Mehrkanalmodus ergibt sich nochmal ein Extra an natürlicher Räumlichkeit.

    Es sind in allen Einspielungen Dausgaards mit seinen wackeren Mitstreitern aus Örebro die gleichen Parameter, die mich ansprechen und zugleich skeptisch machen.
    Die Tempi. Dausgaard geht diesbezüglich immer an die Grenzen. Ein besonders beeindruckendes Beispiel ist für mich auf dieser CD das Scherzo der vierten Symphonie. Auch bei den häufig in Schumanns Kompositionen verwendeten Sechzehntel-Doppelungen in Achtel-Läufen wird deutlich, dass bei Dausgaards Vorgaben die Grenzen von Spiel- und Hörbarkeit nahe sind. Es zeugt von der geradezu spektakulären Virtuosität der Orchestermitglieder, dass sie das umsetzen können. Gerade in den schnellen Sätzen der Symphonien, in denen es die Schweden am Ende tatsächlich stets schaffen, noch einmal im Tempo zuzulegen, oder auch in der selten so drängend, ja getrieben wie hier zu hörenden Manfred-Ouvertüre überträgt sich ein Maß an Energie, das seinesgleichen sucht.
    Die Transparenz. Ich kenne einschließlich der im Ansatz vergleichbaren Aufnahmen Norringtons mit den London Classical Players und Gardiners mit seinem Orchestre Révolutionnaire et Romantique keine Einspielung dieser Werke, in der die Instrumentation derart klar aufgeschlüsselt, fast schon seziert wird. Gerade solistische Holzbläserpassagen, die in traditionellen Aufnahmen ohnehin von den Streichern zugedeckt werden, erklingen bei Dausgaard präsent, ohne dass dadurch ein unnatürlicher Gesamtklang entstünde.
    Die Dynamik. Immer wieder bewundernswert ist, wie breit das dynamische Spektrum ist, das in den Aufnahmen dieser Reihe ausgelotet wird. Pianopassagen sind hier wirklich leise, ohne an Substanz oder Intensität einzubüßen, Steigerungen wirken entsprechend überzeugend, zum Beispiel im choralartigen vierten Satz der dritten Symphonie.
    Das Konzept hat jedoch auch Grenzen. Nehme ich gerade eine der besonders beeindruckenden Steigerungen, den Übergang vom Scherzo ins Finale der vierten Symphonie, vermisse ich nach einem tatsächlich mitreißenden Accelerando und Crescendo bei den Forteschlägen zu Beginn des Finales die Wucht, die ich von Aufnahmen mit großen Orchestern kenne; beispielhaft sei Bernstein mit den Wiener Philharmonikern erwähnt. Auch das Hornmotiv, das die Reprise des Kopfsatzes der Rheinischen ankündigt, verliert in der geradlinig-asketischen Darstellung Dausgaards beträchtlich an Wirkung und weckt zwangsläufig sehnsüchtige Erinnerungen z. B. an die diametral gegensätzliche Interpretation Giulinis mit dem Los Angeles Philharmonic.
    Die beeindruckenden Tempi wirken ihrerseits auf mich zum Teil nicht nachvollziehbar. Die triolischen Figuren im Trio-Teil des Scherzos der Vierten etwa werden unter Dausgaards Regie zu Verzierungen; andere Dirigenten nehmen hier gewöhnlich das Tempo ein wenig zurück, um die Noten ausspielen lassen zu können.
    Man muss bei diesen Aufnahmen bereit sein, eine manchmal allzu direkte, puristische Sichtweise in Kauf zu nehmen. Dann aber kommt man in den Genuss von Darstellungen, die einen in ihrer Energie und Dynamik anregen und mitreißen können.
    Symphonien Nr.8 & 9 Symphonien Nr.8 & 9 (SACD)
    21.02.2013
    Booklet:
    4 von 5
    Gesamteindruck:
    3 von 5
    Klang:
    5 von 5
    Künstlerische Qualität:
    3 von 5
    Repertoirewert:
    2 von 5

    Atemnot

    "Opening Doors" ist aus meiner Sicht nach Hörerfahrungen mit den Schumann-Symphonien und der Dvorak-Ausgabe dieser Reihe ein enorm interessantes und verdienstvolles Projekt. Man merkt den Mitgliedern des Schwedischen Kammerorchesters an, dass sie ihrem Chef Thomas Dausgaard bedingungslos folgen, sich mit dem Konzept identifizieren, "alles geben", wie man so schön sagt. Mich persönlich spricht die Herangehensweise des Ensembles, orientiert an den Erkenntnissen der historischen Aufführungspraxis mit straffen Tempi, klaren Akzenten, lebendiger Artikulation und gesanglicher Phrasierung, in der Regel an. Hinzu kommen eine durch die Bank herausragende technische Aufnahmequalität, plastisch, von höchster Transparenz, räumlich, von exzellenter Substanz, und eine informative Textbegleitung in den Beiheften.
    All dies trifft auch auf diese Einspielung zu. Die Schweden spielen angesichts der von Dausgaard vorgegebenen Tempi in allen Gruppen hoch virtuos, man hört förmlich ihre Spielfreude aus den Lautsprechern herausbrechen, die Aufnahme ist abermals faszinierend gut durchhörbar, die dynamischen Steigerungen über längere Abschnitte sind gewaltig, die binnendynamische Gestaltung in Anbetracht der Geschwindigkeit beachtlich.
    Warum überzeugt mich persönlich das Ergebnis dennoch nicht? Vielleicht liegt es sogar mit an der unglaublichen Transparenz, die einem alle Stimmen klar mitteilt. Die kleinen repetierten Begleitfiguren, die so typisch für Schuberts Spätstil sind, in der C-Dur-Sinfonie oft punktiert, wirken zumindest auf mich in dieser Aufnahme auf Dauer anstrengend, so spitz und wenig moduliert sie wiedergegeben werden. Dieses über-pointierte, allzu scharf akzentuierte, kleingliedrige Spiel zieht sich durch die gesamte Interpretation. Auf mich ergibt sich dabei der unangenehme Eindruck des Gehetzten, negativ Atemlosen, nicht im Sinne einer dramatischen Gespanntheit, sondern einer verbissenen Getriebenheit.
    Das liegt im Falle der C-Dur-Symphonie nicht einmal am Tempo allein, denn die Einspielungen unter Brüggen oder auch Mackerras sind zum Teil nicht langsamer und wirken dennoch organischer. Es ist dabei übrigens sicher partiturgetreu, das Tempo gerade bei der Musik des frühen 19. Jahrhunderts nicht willkürlich zu modulieren, aber z. B. in der Coda der C-Dur-Sinfonie wie hier alles gerade durchzuspielen, ist zumindest für mich auch keine ansprechende Lösung. Insgesamt verliert die C-Dur-Sinfonie in dieser Lesart gerade das, was ihren zugegeben romantisch verklärten Beinamen ausmacht, nämlich Größe, was bei den erwähnten Vergleichseinspielungen nicht der Fall ist.
    Die h-moll-Sinfonie schließlich finde ich im Kopfsatz tatsächlich überzogen schnell vorgetragen. Ich weiß nicht, aus welchen Quellen Dausgaard diese Tempowahl rechtfertigt, aber ein Allegro moderato ist das zumindest für mein Empfinden nicht, eher ein Allegro molto. Auch hier ergibt sich für mich der Eindruck des Überpräzisen, zwanghaft am einmal gewählten Tempo Haftenden, Überambitionierten.
    Die Aufnahme ist damit für mich persönlich kein Aushängeschild der Serie, aber Geschmäcker sind verschieden, und wer diese Musik forciert und dabei perfekt wiedergegeben hören möchte, ist mit dieser Einspielung sehr gut beraten.
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