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    2. Alle Rezensionen von Alto bei jpc.de

    Alto Top 100 Reviewer

    Active since: February 15, 2013
    "Helpful" ratings: 6310
    103 reviews
    Quatuor Ebene - Felix und Fanny Quatuor Ebene - Felix und Fanny (CD)
    Jul 23, 2013
    Booklet:
    4 of 5
    Overall impression:
    3 of 5
    Sound:
    4 of 5
    Artistic quality:
    3 of 5
    Repertoire value:
    3 of 5

    Empfindsame Yuppies

    Das Cover hat mich lange abgeschreckt, obwohl Op. 80 von Felix Mendelssohn Bartholdy eines meiner liebsten Kammermusikwerke überhaupt ist. Welche Assoziationen soll das Foto auf dem Cover mit den vier gut angezogenen, ein wenig gelangweilt-borniert dreinblickenden jungen Männern wecken? Wie oft in letzter Zeit muss man das Bild ausblenden.
    Denn sie spielen ganz anders, die Vier vom Quatuor Ebene. Erstaunlich empfindsam sind sie. Ich hatte mir nach den Anspielproben eine ganz andere Lesart vorgestellt. Bei Op. 80 etwa. Der Beginn fährt einem durch Mark und Bein, Raphael Merlin, der Cellist, spielt das wunderbar. Im Verlauf kosten die Franzosen dann sehr gern Melodien aus, machen kräftig Rubato, manchmal an der Grenze zum Kitsch. Für mein Empfinden ist dieses Werk auch ohne – so empfinde ich es bei Ebene – aufgesetztes Pathos emotional genug. Dann wieder war ich angesichts ja möglicher Weise angestrebter Ausdrucksextreme erstaunt, wie gebremst die Stretta des Kopfsatzes ausfällt. Denke ich da etwa an das Melos-Quartett, das in seiner alten Aufnahme auch nicht mit Espressivo geizte, bleibt Ebene vergleichsweise blass.
    Um Missverständnissen vorzubeugen. Ich klage auf sehr hohem Niveau. Die vier Instrumentalisten spielen technisch ausgezeichnet, haben einen schönen Ensembleklang, setzen Vibrato ziemlich gezielt ein und können an so mancher Stelle – ich denke an Passagen in den Ecksätzen von Op. 13 – sehr suggestiv sein. Das Gesamtergebnis jedoch ist mir persönlich zu süß und zu schwer. Ein Zugang wie der des Talich-Quartetts liegt mir da erheblich näher.
    Hoch anzurechnen ist dem In-Quartett, dass es sich eines Werkes von Fanny Mendelssohn-Hensel annimmt, das kompositorisch die Verwandtschaft zum Bruder nicht verleugnet, aber mit einer ungewöhnlichen Satzanlage und vielen ausdrucksstarken Passagen für sich einnimmt.
    Klanglich finde ich die Aufnahme einen Hauch zu scharf, aber von hervorragender Transparenz, Balance und angenehmer Räumlichkeit.
    Alles in allem für mich auch in Anbetracht der überschwänglichen Kritiken eine kleine Enttäuschung. Die Fans mögen es verzeihen.
    My product recommendations
    • Sämtliche Streichquartette Sämtliche Streichquartette (CD)
    One comment
    Anonymous
    Feb 2, 2021
    Es gibt passagen, wo man erschreckt und die luft anhalten muss. Das meine ich im negativen sinne.⁶ wenn einem musikalisch nicht viel einfällt, greift man zur brechstange. Mein vorschlag: Wenn man mit dem komponisten nicht zufrieden ist, sollte man einen komponisten wählen, der einem mehr entgegen kommt oder ganz was anderes machen. Auch des cover gefällt mir nicht: ist aber passend, weil die musiker deutĺich mehr im vordergrund stehen, als der komponist.
    Streichquartette Nr.13 & 14 Streichquartette Nr.13 & 14 (CD)
    Jul 12, 2013
    Booklet:
    3 of 5
    Overall impression:
    3 of 5
    Sound:
    4 of 5
    Artistic quality:
    3 of 5
    Repertoire value:
    2 of 5

    Neuauflage

    Über diese Aufnahme wurde in der Fachpresse geschwärmt, Tenor "unvergleichlich". Auch ich ging nach zuletzt sehr positiven Erfahrungen mit dem Takács-Quartett in älteren Aufnahmen für die DECCA von D. 887 und der beiden Quartette D. 804 und D. 810 mit hohen Erwartungen an die Einspielung heran.

    Die Formation spielt in mittlerweile der dritten oder vierten geänderten Besetzung, nachdem zunächst der ursprüngliche Gründer und Primarius Gábor Takács-Nagy und im Verlauf nacheinander zwei Bratschisten abgelöst wurden. Sicher ist der Klang des Quartetts weiterhin bestechend in seiner kompakten, sonoren Klarheit. Wie ehedem wird ein eher drängend-extrovertierter Zugang zu den Schubert-Quartetten gewählt mit forschen Tempi, starken dynamischen Kontrasten, forcierten Akzenten und einer häufigen Betonung der klagenden, dunklen Seiten dieser Spätwerke. Gerade dem oft leutselig-biedermeierlich interpretierten D. 804 tut das gut, bei D. 810 ergibt sich die Dramaturgie ohnehin von selbst.

    Hervorragend die Balance des Ensembles, beispielhaft nachvollziehbar im Variationssatz von D. 810 mit seinen teils exponierten Cellopassagen etwa, die trotz ihrer Diskantlage in anderen Aufnahmen oft nicht ausreichend zur Geltung kommen; beeindruckend die Virtuosität, z. B. im Finalsatz von D. 804 mit seinen nicht nur in der ersten Violine technisch prekären Triolengirlanden. Die akustische Qualität der Aufnahme ist dabei mit ihrem breiten Panorama und ihrer guten Staffelung und Transparenz über jeden Zweifel erhaben.

    Dennoch, für meine Ohren bietet bereits die quasi historische eigene Konkurrenz der Erstformation für die DECCA die gleichen musikalischen Qualitäten bei noch einem Schuss mehr Feuer und mit dem für den einen oder anderen auch gewichtigen Vorzug, dass man damals die Expositionen der Kopfsätze wiederholte und damit die Balance der Werke besser umsetzte. Leider ist die DECCA-Aufnahme kaum mehr verfügbar.

    Ob es denn angesichts der überwältigenden übrigen Konkurrenz aus sechs, sieben Jahrzehnten Tonträgerrezeption der Schubert-Quartette vom Busch- bis zum Leipziger Streichquartett ausgerechnet diese hier sein muss, daran sind aus meiner Sicht dann doch Zweifel angebracht.
    Symphonie Nr.4 Symphonie Nr.4 (CD)
    Jul 12, 2013
    Booklet:
    3 of 5
    Overall impression:
    5 of 5
    Sound:
    4 of 5
    Artistic quality:
    5 of 5
    Repertoire value:
    4 of 5

    Überzeugungstäter

    Das Label Everest hatte keine lange Geschichte. Wie dem Begleitfaltblatt, das auch Basisinformationen zum Werk enthält, zu entnehmen ist, scheiterte die Firma an ihren eigenen Ansprüchen. Die notwendigen hohen Investitionen für die damals wegweisende Technik zur Produktion hervorragend klingender Stereoaufnahmen führten nach wenigen Jahren zum Ruin.

    Die Everest-Aufnahmen werden seit ein paar Jahren wieder aufgelegt, so auch diese der Vierten Symphonie von Johannes Brahms mit dem Pittsburgh Symphony Orchestra von 1959 unter dessen langjährigem Chef William Steinberg, dessen spätere Aufnahme mit dem Boston Symphony Orchestra von "Also sprach Zarathustra" für die Deutsche Grammophon hohen Bekanntheits- und Beliebtheitsgrad hat, der aber auch für Capitol viele beachtliche Aufnahmen machte.

    Steinberg geht an die Vierte geradlinig, unprätentiös, straff und markant heran, vom Stil vielleicht in erster Linie mit Bruno Walter oder auch Charles Mackerras zu vergleichen. Klare Strukturen, wenig Rubati, flüssige Tempi, eine geradezu drängende Final-Passacaglia. Das Orchester aus Pittsburgh war damals fabelhaft disponiert und ging problemlos Steinbergs Ansatz mit. Das Konzept überzeugt, wenigstens mich.

    Der Klang der Aufnahme belegt das Herzblut und das technische Können, das die Ingenieure damals in die Produktion gesteckt haben. Präsenter, voluminöser, hervorragend aufgelöster, über alle Frequenzspektren dynamischer Stereo-Raumklang, vergleichbar Living-Stereo- oder DECCA-Aufnahmen aus der frühen Stereo-Ära. Es gibt für dieses Werk eine Überfülle an Alternativ-Interpretationen. Für mich wird diese hier sicher eine der häufig gehörten werden. Einziger Wermutstropfen ist die Spielzeit von gut 40 Minuten.
    Streichquartette Nr.11-16 Streichquartette Nr.11-16 (CD)
    Jul 10, 2013
    Booklet:
    3 of 5
    Overall impression:
    4 of 5
    Sound:
    4 of 5
    Artistic quality:
    4 of 5
    Repertoire value:
    2 of 5

    Routiniert

    Das Takács-Quartett gehört bei weitem nicht nur nach meiner Auffassung zu den absoluten Spitzenformationen. Trotz relativ häufig wechselnder Besetzung v. a. des Violaparts zeichnet sich der Klang dieses Streichquartetts durch ein charaktervolles, dunkles, sattes Ensemble-Timbre und durch eine besonders gute Balance aus.

    Die Gesamtaufnahme der Beethoven-Streichquartette entstand Anfang des neuen Jahrtausends und wurde teilweise euphorisch besprochen. Die vorliegende CD-Kassette enthält die als späte Streichquartette bezeichnete Gruppe der Opp. 127, 130 - 133 und 135 und das eigentlich der mittleren Gruppe zugeordnete f-Moll-Quartett Op. 95 "Serioso".

    Technisch ist die Einspielung wie erwartet tadellos. Das Quartett spielt traumwandlerisch sicher. Souverän werden alle spieltechnischen Hürden genommen, und es gibt deren viele in den späten Beethoven-Quartetten. Das zum Teil irrwitzig verwobene Stimmengeflecht wird souverän offen gelegt, ohne dass sich das Ensemble je in Details verlöre. Besonders beeindruckend finde ich in dieser Hinsicht die Darstellung der "Großen Fuge". Die Tempi sind stimmig, eher flott, aber keineswegs gehetzt, die Agogik ist angenehm; weder geht das Quartett mit einem übertriebenen Vibrato hausieren noch wird historisierend oder gar blutleer gespielt. Allenthalben also wunderbare Ausgewogenheit. Die Klangtechnik verwöhnt mit guter Transparenz, schöner Räumlichkeit und einem mächtigen Volumen.

    Schwer zu sagen, warum mich diese extremen Werke, die sich eigentlich einer Epochen-Kategorisierung entziehen, diese kompositorisch unglaublich fortschrittlichen, aber auch emotional ungeheuer gehaltvollen Exponenten der Kammermusikliteratur in der Interpretation des Takács-Quartetts nicht wirklich berühren wollen. Da es nicht an den äußeren technischen Gegebenheiten liegt, werden es das Quäntchen Individualität, der Mut zum expressiven Risiko sein, die ich vermisse.

    Höre ich den "Heiligen Dankgesang" aus dem a-Moll-Quartett, nehme ich ihn beispielsweise in der ebenfalls technisch perfekten Aufnahme der Guarneris, auch bei den Talichs erfüllter wahr. Selbst das Artemis-Quartett, das ich auch eher als kalkuliert denn als spontan einordne, gibt dem Satz mehr Ausdruck, jedenfalls für mein Empfinden. Der Finalsatz aus dem gleichen Werk klingt für mich bei den Guarneris, beim Talich-Quartett oder beim Belcea-Quartett wirklich wie gefordert appassionato, bei Takács distinguiert. Dieser Eindruck zieht sich letztlich durch alle Quartette.

    Eine weitere äußerlich perfekte Aufnahme also, auch in Bezug auf die gute Aufnahmetechnik, die mit Volumen, Tiefe, Transparenz und Natürlichkeit verwöhnt. Eine Aufnahme, mit der man sicher nichts falsch macht, die einen aber wahrscheinlich doch mit dem Wunsch nach mehr zurücklassen wird.
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    Streichquartette Nr.1-16 Streichquartette Nr.1-16 (CD)
    Jul 10, 2013
    Booklet:
    3 of 5
    Overall impression:
    5 of 5
    Sound:
    4 of 5
    Artistic quality:
    5 of 5
    Repertoire value:
    4 of 5

    Unterschätzte Instanz

    Souverän, aber nicht gelangweilt-routiniert, klangschön ohne übertriebene Süße, ausdrucksstark, jedoch nicht sentimental. So spielte das Talich-Quartett Ende der 1970er, Anfang der 1980er die Beethoven-Quartette. Da klingt nichts extrem und doch nichts langweilig, ein Kunststück. Und was das Ensemble noch dazu und besonders auszeichnet, ist sein leicht patinierter, ganz eigener Klang, der mindestens mich sehr für diese Aufnahmen einnimmt. Da fällt es leicht, über winzige Unreinheiten - wenigstens im Vergleich zu Artisten wie dem Belcea Quartet -, hinwegzuhören.
    Die Talichs haben Charakter und beleben diese viel gespielten Werke mit ihrer ganz eigenen, unprätentiösen und doch berührenden Sicht. Unabhängig von der Schaffensperiode ergeben sich beglückend klare und doch emotional befriedigende Deutungen, denen man immer wieder gern zuhört, die zeitlos sind.
    Den Vergleich mit weit berühmteren Aufnahmen - mir fallen die des Alban-Berg-Quartetts, des Artemis-Quartetts, der Emersons ein - bestehen die Talichs für meinen Geschmack mühelos.
    Aufgenommen wurde das ganze recht direkt, ein bisschen trocken, in den tiefsten Tiefen nicht ganz so präsent wie man das heute gewohnt ist. Alles in allem aber ist das ein schöner, warmer, transparenter Raumklang, der nie anstrengt.
    Die Aufmachung ist in ihrer Vielfarbigkeit sehr hübsch und insgesamt wertig, die Höhe der Box für CD-Regale unpraktisch. Für mich ist diese schöne Wiederauflage ein Geheimtipp mit Aufnahmen einer unterschätzten Beethoven-Quartett-Instanz.
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    Jul 10, 2013
    Booklet:
    4 of 5
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    5 of 5
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    5 of 5
    Artistic quality:
    5 of 5
    Repertoire value:
    4 of 5

    Blaue Blume

    Wie wohl bei jedem, der Musikkonserven sammelt, ist es auch bei mir die Suche nach der idealen Synthese aus Interpretation und Klang, die Hoffnung auf die blaue Blume, die mich dazu bringt, mir Aufnahmen von Werken zuzulegen, die ich schon in vielen anderen Deutungen besitze. Nun also das Belcea Quartet mit der zweiten Hälfte ihrer Gesamtaufnahme der Beethoven-Quartette.

    Und es hat sich gelohnt. Die vier Musiker spielen geradezu überirdisch schön. Allein schon die Primgeigerin hat eine solche Vielzahl von Schattierungen, Klangfarben und agogischen Finessen im Repertoire, dass es einem geradezu den Atem verschlagen kann. Und diese Intonationssicherheit, dieser strahlende Reichtum an Obertönen. Umwerfend. Dann die dynamischen Reserven des Ensembles, die Flexibilität im Ausdruck. Man höre nur das für meinen Geschmack extrem schwer greifbare, sperrige Op. 130, in dem die Musiker nicht nur den irrwitzigen technischen Anforderungen geradezu traumwandlerisch gerecht werden, sondern überall Reserven für die ganz unterschiedlichen Stimmungen, durchaus auch den teils schrägen Humor der Sätze haben.
    Den ursprünglichen Finalsatz des Werkes – die Große Fuge – habe ich wirklich nie überzeugender gehört, nie dramatischer, nie klarer strukturiert, nie energetischer, nie klangschöner. Der kontrollierte, aber eben auch differenzierte Einsatz von Vibrato ohne Verzicht auf Klangsinnlichkeit leistet gerade bei diesem Werk einen wichtigen Beitrag.

    Auch in den anderen Quartetten – wie bei neueren Veröffentlichungen üblich, werden Werke der drei Schaffensperioden gemischt – spielen die Briten diese Qualitäten aus, machen jedes Werk, jeden Satz zu einer spannenden Neuentdeckung, jedenfalls für mich. Und das will bei diesen viel und prominent eingespielten Stücken wirklich etwas heißen.

    Und was die Synthese angeht: klanglich sind diese Einspielungen auch auf der ganzen Linie überzeugend. Ein warmes und dennoch detailliertes und differenziertes, bis in die Tiefen voluminöses Klangbild verwöhnt von der ersten bis zur letzten Minute.

    Ist das alles vielleicht sogar zu schön? Mag sein, dass manchem Hörer hier und da ein wenig an Sforzato-Wucht fehlt; aber das ist Jammern auf allerhöchstem Niveau und auch sehr vom Geschmack abhängig. Nie jedenfalls kommt der Eindruck von Routiniertheit oder Sterilität auf, und das bei Studioaufnahmen. Uneingeschränkte Empfehlung!
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    Jul 2, 2013
    Booklet:
    3 of 5
    Overall impression:
    4 of 5
    Sound:
    4 of 5
    Artistic quality:
    4 of 5
    Repertoire value:
    2 of 5

    Kompetente Sonnyboys

    Man soll sich nicht an Bildern aufhängen, auch wenn es schon angesichts des Covers, erst recht in Anbetracht des übrigen Marketings um die Capucons schwer fällt, den musikindustriell vermittelten Eindruck der durchgestylten attraktiven Aufsteigerjungs mit den gewichtigen Brahms-Klavierquartetten in Einklang zu bringen.

    Spielen können sie aber auch. Beide Capucons haben einen einnehmenden, warmen, charaktervollen, modulationsfähigen Ton. Nicholas Angelich kann gleichfalls mit einem weichen Anschlag und wo nötig genügend Attacke überzeugen, nimmt sich auch angenehm zu Gunsten seiner Streichermitstreiter zurück, wo es der zum Teil außerordentlich vollgriffige Klaviersatz erforderlich macht.

    Die Streicher tragen mit ihrem Vibrato nicht allzu dick auf, spielen ausdrucksvoll, gesanglich, emotional befriedigend, die Tempi sind für meinen Geschmack völlig adäquat. Einzig der renommierte Kammermusiker und Solist Gerard Caussé behauptet sich, so mein Eindruck, etwas zu wenig, obwohl die Violastimme in allen Quartetten prominente Passagen bietet.

    Das ist auch alles, was ich an der Balance dieser Einspielungen zu bemängeln habe, und sicher, es ist Klagen auf hohem Niveau. Trotzdem, die Formation Ax/Stern/Laredo/Ma in einer älteren Konkurrenz-Gesamtaufnahme spielt bei mindestens gleicher Intensität für mich noch ein Quäntchen balancierter, und beim g-moll-Quartett gibt es z. B. mit der Extremversion von Argerich/Kremer/Bashmet/Maisky eine sehr starke Alternative.

    Die Aufnahmequalität ist sehr gut, man hört alle Instrumente gut durch, die Räumlichkeit ist natürlich, der Klang voll, aber nicht verhallt. Das Beiheft bietet keine Überraschungen, ist aber inhaltlich völlig in Ordnung. Eine durchaus schöne, empfehlenswerte Aufnahme, auch für Brahms-Einsteiger.
    Violinkonzert (1915) Violinkonzert (1915) (CD)
    Jun 28, 2013
    Booklet:
    4 of 5
    Overall impression:
    4 of 5
    Sound:
    5 of 5
    Artistic quality:
    4 of 5
    Repertoire value:
    4 of 5

    Nebengleise

    Von beiden hier eingespielten Violinkonzerten gibt es zusammen genommen vielleicht eine Handvoll Konkurrenzaufnahmen. Um beide Komponisten bemühte sich vor Jahren das Label CPO, beiden haftet der Ruch an, nationalsozialistischem Gedankengut gegenüber aufgeschlossen gewesen zu sein, was die Rezeption ihrer Werke verständlicherweise erheblich erschwert.
    Das Violinkonzert von Pfitzner ist dabei ein typisches Beispiel des ausgeprägten Personalstils dieses Komponisten, sehr expressive, teils kühne Musik, der Komponist mutet der Solovioline wilde Sprünge, diffizile Doppelgriffpassagen und andere technische Schwierigkeiten zu, der Orchestersatz ist sehr differenziert, teils kammermusikalisch, teils extrem unübersichtlich, was abhängig von der Qualität des Orchesters und der Tontechnik schnell in ein akustisches Tohuwabohu münden kann. Die Spitzenaufnahme in interpretatorischer Hinsicht stammt aus den 1950er Jahren, als der geniale Gerhard Taschner unter Rudolf Kempe das schwere Stück extrem virtuos und ausdrucksstark einspielte, die Aufnahme ist jedoch zumal in den Orchesterballungen wegen der schlechten technischen Qualität nur mäßig erfreulich.
    Dieses Manko hat die vorliegende Einspielung nun gar nicht. Man hört alles ganz exzellent, die Aufnahme ist von einer starken Dynamik geprägt, und das WDR-Rundfunkorchester (nicht zu verwechseln mit dem WDR-Sinfonieorchester), das sich im Aufnahmesektor nicht im Vorderfeld bewegt, spielt erstaunlich präzise und mitreißend, was nicht zuletzt am Dirigenten Marcus Bosch liegen dürfte, der jüngst mit seinem Aachener Orchester mit sinfonischen Großwerken z. B. von Bruckner auf sich aufmerksam machte. Der Solist Juraj Cizmarovic stammt aus der Slowakei und ist u. a. der Konzertmeister des WDR-RO. Sein Ton hat Kraft und Ausstrahlung, ja einen eigenen Schmelz. Die lyrischen Passagen liegen ihm ein wenig mehr als die expansiven, aber insgesamt hört sich das Ergebnis sehr erfreulich an. Einzig im letzten Satz des Pfitzner-Konzerts hätte ich mir mehr Risikofreude hinsichtlich Tempo und Dynamik erhofft. An die Taschner-Aufnahme reicht diese Produktion dann alles in allem leider nicht ganz heran.
    Das Violinkonzert von Siegfried Wagner kannte ich vorher nicht. Es wirkt harmonisch und konzeptionell deutlich konservativer als das Werk Pfitzners, sehr lyrisch und gefällig, und wird von den Ausführenden sehr schön gespielt.
    In Hinblick auf das Pfitzner-Konzert bleibt meine Hoffnung auf eine "perfekte" Einspielung mit dieser Aufnahme zwar unerfüllt, um eine erfreuliche Bereicherung des Repertoires handelt es sich bei dieser Produktion aber allemal.
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    • Violinkonzert Violinkonzert (CD)
    One comment
    Anonymous
    Dec 12, 2018

    cpo-Aufnahme nicht doch „besser“?

    Danke für die ausführliche und kompetente Kommentierung. Hinsichtlich des Pfitzner-Konzertes bevorzuge ich dennoch die cpo-Aufnahme, da die Melodieführung sowohl vom Orchster, als auch vom Solisten besser herausgearbeitet erscheint. Man denke nur an die tiefen Passagen im 1. Satz. Nichts desto trotz bleibt die Partitur eine Herausforderung für Solist und Orchester und könnte sicherlich eine Neueinspieling vertragen. Wie wäre es bei Hyperion, „Das romantische Violinkonzert“
    Violinkonzert Violinkonzert (CD)
    Jun 28, 2013
    Booklet:
    4 of 5
    Overall impression:
    5 of 5
    Sound:
    2 of 5
    Artistic quality:
    5 of 5
    Repertoire value:
    5 of 5

    Ziemlich konkurrenzlos

    Wenn man sich auf die Suche nach Aufnahmen der Violinkonzerte von Hans Pfitzner oder Wolfgang Fortner begibt, stößt man recht bald unweigerlich auf diese CD. Vom Fortner-Konzert scheint es gar keine andere Aufnahme zu geben, das Pfitzner-Konzert liegt noch in einer neuen Einspielung aus Köln vor, in einer Aufnahme mit Susanne Lautenbacher und in der aus meiner Sicht wenig mitreißenden Deutung durch Saschko Gawriloff in der CPO-Gesamtaufnahme der Pfitzner-Orchesterwerke.

    Zumindest in Bezug auf das Pfitzner-Werk tun sich gerade bei dem Vergleich mit der CPO-Produktion Welten auf. Gerhard Taschner spielte dieses Konzert Mitte der 1950er Jahre mitreißend, hoch-expressiv, präzise, mit vollem, warmem Ton, suggestiv, so voll und ganz überzeugend, dass man sich geigerisch kaum eine bessere Darstellung vorstellen kann, und das Konzert verlangt dem Solisten Einiges an technischem Können ab. Kempes Begleitung überzeugt - soweit beurteilbar - mit Energie und Differenziertheit.

    Es ist sehr schade, dass Taschner - laut Wikipedia wegen eines Rückenleidens - seine konzertante Karriere Anfang der 1960er Jahre beendete. Wie schön wäre es, wenn man mit diesem Geiger, der auch Standardrepertoire - auf dieser CD zeugt davon die Aufnahme des Ersten Konzerts von Bruch - absolut überlegen aufführte, Aufnahmen in besserer Tonqualität gemacht hätte! Denn ohne Zweifel haben die MDG-Techniker hier alles aus dem vorhandenen Rundfunk-Mono-Material herausgeholt. So kann man sich bei präsenter Abbildung des Solisten zumindest von den Qualitäten Taschners einen Eindruck verschaffen. Die z. B. im Pfitzner-Werk zahlreichen komplexen Orchester-Tuttipassagen kann man jedoch nur schlecht durchhören.

    Trotzdem: Das Pfitzner-Konzert gibt es aus meiner Sicht nicht schlüssiger, das Fortner-Konzert sonst gar nicht, und das Genie Taschners blitzt ausreichend aus den Lautsprechern, so dass ich die Aufnahme zumindest Hörern, die sich auf den technischen Kompromiss einlassen können, die Aufnahme nur dringend ans Herz legen kann.
    Elektra Elektra (CD)
    Jun 28, 2013
    Booklet:
    1 of 5
    Overall impression:
    5 of 5
    Sound:
    3 of 5
    Artistic quality:
    5 of 5
    Repertoire value:
    5 of 5

    Nicht nur in Salzburg

    Die Aufnahmen des Labels Living Stage verschwinden durchaus auch schnell mal wieder aus dem Katalog. Insofern sollte man wahrscheinlich nicht zu lange warten, wenn man sich für diese Einspielung interessiert.
    Was spricht gegen sie?
    Die Dokumentation. Das Beiheft verdient diese Bezeichnung nicht, ein Libretto hätte man ja heute ohnehin nicht mehr erwartet, aber mehr als die Besetzungsliste darf man bei einer Vollpreis-CD schon verlangen.
    Der Klang. Im Jahr 1958 war mehr möglich. Andere Labels - Everest, DECCA, RCA - arbeiteten da schon mit ziemlich überzeugender Stereo-Technik. Dennoch, im Vergleich etwa zu Mitropoulos' legendärer Salzburger Live-Aufnahme der Elektra von 1957 hört man in der New Yorker Version mehr vom Orchester, die Sänger sind - sicher wegen der konzertanten Situation - viel präsenter, und die akustische Aufbereitung spricht mit einer recht guten Räumlichkeit und Dynamik an. Publikumsgeräusche halten sich in erfreulich engen Grenzen.
    Die Striche. Geschuldet der Radioübertragung wurden ausgedehnte Passagen weggelassen. Ich kann damit leben, für Vollständigkeitsfanatiker werden die Striche wohl über die Schmerzgrenze gehen.

    Die eigentlichen musikalischen Qualitäten aber entschädigen einen hinreichend. Inge Borkh ist meine persönliche Lieblings-Elektra. Sie vereint eine große dramatische Stimme mit einer unangreifbaren technischen Souveränität, einer fabelhaften Gestaltungskraft und einer ungeheuren Rollen-Glaubwürdigkeit. Blanche Thebom kann es mit jeder anderen Klytämnestra aufnehmen, ihre wahnsinnsnahe Darstellung erzeugt Gänsehaut. Frances Yeend hat es im Vergleich mit Lisa della Casa als Chrysothemis schwer. Wer aber nicht!? Insbesondere ihre Partie wird durch die Striche stark gekürzt. In den kurzen Passagen kann sie durchaus überzeugen. Bei Giorgio Tozzis Darstellung des Orest können einen Akzent-Eigenheiten ("ick muss hier warten") stören, auch ansonsten würde man sicher nicht seinetwegen zu dieser Aufnahme greifen, aber der starke Gesamteindruck wird durch ihn nicht beeinträchtigt.
    Die New Yorker Kritik warf Mitropoulos damals interpretatorische Eigenheiten, insbesondere in Bezug auf die Tempi, vor. Das mag zutreffen, tut für meinen Geschmack aber der Tatsache keinen Abbruch, dass auch hier seine Energie, sein Sinn für Dramatik, für Orchesterfarben die Sogwirkung der Aufführung maßgeblich mitbestimmen.
    Wenn man die Salzburger Aufnahme mit Mitropoulos besitzt, muss man diese hier vielleicht nicht unbedingt haben. Ich höre die New Yorker Einspielung wegen der vergleichbaren Intensität und der besseren Klangqualität jedenfalls sehr gern.
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    • Elektra Elektra (CD)
    Sämtliche Streichquartette Vol.1 Sämtliche Streichquartette Vol.1 (SACD)
    Jun 28, 2013
    Booklet:
    4 of 5
    Overall impression:
    5 of 5
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    5 of 5
    Artistic quality:
    5 of 5
    Repertoire value:
    4 of 5

    Donnerwetter

    "Am Rande des Wahnsinns" betitelt Marcus Stäbler seine euphorische Rezension dieser Aufnahme im Fono Forum 7/13, die mich zum Kauf der SACD verleitete; trotz der vielen Einspielungen von Beethoven-Quartetten, die ich schon im Regal habe. Und tatsächlich entpuppt sich der erste Teil der geplanten Gesamtaufnahme der Cremoneser als Volltreffer.
    Das wird schon beim ersten Einsatz in Op. 18/6 deutlich. So unmittelbar, so kraftvoll, wuchtig und selbstbewusst habe ich das noch nie gehört. In den schnellen Sätzen fegen die Cremoneser ohne Seil und doppelten Boden, dafür mit trotz der enormen Tempi noch viel Raum für Spielwitz und flexible Gestaltung durch die Partituren. Sie treffen aber nicht nur in den geradezu artistisch anmutenden Abschnitten, etwa im irrwitzig schnell genommenen Trio des Scherzos von Op. 18/6, den Beethovenschen Ton (wie ich ihn mir vorstelle), sondern geben auch den langsamen Sätzen ausreichend Zeit und Ausdruck. Das Lento assai aus Op. 135, die langsame Einleitung zum Finale von Op. 18/6, keine Spur von Gehetztheit oder Oberflächlichkeit. Diese Qualitäten kommen natürlich auch im "Serioso"-Quartett zum Tragen.
    Angenehm sind für mich der nicht asketische, aber doch sehr gezielte Einsatz von Vibrato, die agogische Flexibilität, die traumwandlerische technische Sicherheit, der harmonische und doch markante Ensembleklang. Was aber die Aufnahme wirklich von anderen Studioproduktionen abhebt, sind die anspringende Risikofreudigkeit, die ansteckende Spielfreude, die sich über die gesamte Spieldauer vermitteln.
    Dass das auch noch fabelhaft aufgenommen ist - hervorragende Dynamik, starke Präsenz, beste Balance, klare Transparenz, insbesondere im Mehrkanalmodus fantastische Räumlichkeit -, dürfte auch Audiophile überzeugen. Ich hoffe sehr, dass das Quartetto di Cremona bei seinen weiteren Beethoven-Aufnahmen dieses Niveau hält. Das könnte ein großartiger Zyklus werden!
    Symphonie Nr.10 Symphonie Nr.10 (CD)
    May 28, 2013
    Booklet:
    3 of 5
    Overall impression:
    5 of 5
    Sound:
    4 of 5
    Artistic quality:
    5 of 5
    Repertoire value:
    5 of 5

    Singulär

    Herbert von Karajan war sicher kein Schostakowitsch-Spezialist. Angesichts seines umfangreichen diskographischen Vermächtnisses ist die einzige Symphonie, die er von Schostakowitsch eingespielt hat, eine Randerscheinung. Immerhin scheint er zur Zehnten eine gewisse Affinität gehabt zu haben, denn sie liegt auch in einer Altersaufnahme von Anfang der 1980er vor.
    Ich bin kein ausgewiesener Anhänger des Interpretationsstils dieses so polarisierenden Dirigenten, aber seine Sicht der Zehnten Symphonie Schostakowitschs überzeugt mich voll und ganz. Das beginnt bei einem sehr subjektiven Eindruck. Die Berliner Philharmoniker haben in dieser Aufnahme mit ihrem dunklen, gesättigten, gewissermaßen melancholischen Gesamtklang wirklich etwas "Russisches". Besonders deutlich wird das in den langsamen klagenden Passagen, etwa zu Beginn des Kopfsatzes oder des Finales, vor allem auch in den exzellent disponierten Holzbläsern.
    Hinzu kommt eine - so finde ich - für Karajan nicht unbedingt typische Bereitschaft zur Härte und Drastik. Es gibt Momente in diesem großen Werk, etwa die fulminante Steigerung im Kopfsatz oder die Klimax im dritten Satz, die wenigstens mir nur dann wirklich unter die Haut gehen, wenn sie dynamisch und in Bezug auf ihre Ausdrucksmöglichkeiten bis an die Grenze ausgereizt werden. Das ist bei dieser Aufnahme hier der Fall. Karajan geht bis an die Grenze, schrill, Dissonanzen auskostend, gewalttätig, aber dem Kontext angemessen. Das Scherzo, das berühmte - mögliche - Stalin-Portrait, gelingt gleichfalls hervorragend, wahnwitzig schnell, getrieben, und das - vermeintlich? - jubelnd-gelöste Finale hört man selten virtuoser. Sicher, Kondraschin stellt das alles noch ein gutes Stück zugespitzter dar, gibt beispielsweise dem Finaljubel eine quasi wahnsinnige Note, Mrawinski, der Uraufführungsdirigent, ist im Scherzo noch ein wenig schneller und bissiger, aber die frühe Karajan-Aufnahme ist außerordentlich hörenswert und auch zum Einstieg in die symphonische Welt Schostakowitschs geeignet.
    Klangtechnisch bleibt diese Einspielung aus den späten 1960ern etwas hinter der späteren Aufnahme zurück, die mehr Volumen und Basssubstanz hat und noch weniger rauscht, aber Dynamik, Räumlichkeit, Transparenz und Bühne reichen allemal aus und übertreffen gerade die genannten sowjetischen Aufnahmen - leider - deutlich. Das Begleitheft enthält einen Einführungstext zum Werk, leider keine Informationen zu Karajans Auffassung von dieser Symphonie. Insgesamt eine klare Empfehlung!
    Symphonie Nr.6 Symphonie Nr.6 (CD)
    May 28, 2013
    Booklet:
    3 of 5
    Overall impression:
    4 of 5
    Sound:
    5 of 5
    Artistic quality:
    4 of 5
    Repertoire value:
    5 of 5

    Klangwunder

    Machen Sie sich auf ein Klangwunder gefasst, wenn Sie sich diese Aufnahme zulegen. gute fünfzig Jahre alt, aber von grandioser Plastizität, Präsenz, Detailschärfe und mit einem Panorama, das seinen Namen verdient. Die Leute von Everest haben mit ihrem für sie letztendlich ruinösen Premiumequipment und hoher Toningenieurskunst Großes geleistet. Hut ab!
    Auch vor der Interpretation Adrian Boults. Das Largo nimmt er bei getragenem Tempo expressiv, kostet die Reibungen aus, die dunklen Höhepunkte dieser zwanzigminütigen Klage. Atmosphärisch dicht auch der transzendentale und bedrohlich verfremdete Holzbläserdialog über Bass-Liegeton und Streichertremolo im letzten Drittel des Satzes.
    Schade, dass die Doppelbödigkeiten der beiden ja nur vermeintlich frohgemuten schnellen Sätze weniger deutlich erfasst werden, zumindest für meinen Geschmack. Das Allegro nimmt Boult sehr schnell, das fasziniert, aber wenn gegen Mitte des Satzes die Stimmung kippt, ist mir das bei ihm einfach zu wenig bedrohlich, zu wenig scharf, gerade wenn ich diese Passage mit den klaren Worten Mrawinskis, Kondraschins oder auch Sanderlings vergleiche. Das gilt auch fürs finale Presto. Wenn ich höre, wie die Bässe bei Kondraschin rumpeln, wie Blech und Holz schreien, wie dieser Satz zum Veitstanz werden kann, dann klingt mir das bei Boult schlicht zu zurückhaltend.
    Ich würde diese CD trotzdem empfehlen, denn Kondraschin ist sicher ein extremer Vergleich, der gar nicht jedem Hörer zusagen muss. Zudem klingt die Boult-Aufnahme phantastisch, hält problemlos mit moderner Konkurrenz mit und ist angesichts der Tatsache, dass dieser Dirigent kaum Schostakowitsch aufgenommen hat, auch eine Rarität.
    Rostropovich spielt Schostakowitsch & Haydn Rostropovich spielt Schostakowitsch & Haydn (CD)
    May 28, 2013
    Booklet:
    4 of 5
    Overall impression:
    5 of 5
    Sound:
    3 of 5
    Artistic quality:
    5 of 5
    Repertoire value:
    5 of 5

    Spannende Rarität

    Mstislaw Rostropowitsch hat das ihm gewidmete Erste Violoncellokonzert von Dmitri Schostakowitsch häufig gespielt und aufgenommen. Die Aufnahme auf dieser CD stammt vom 9. September 1961 und wurde live bei einem Konzert des Edinburgh Festivals in der Usher Hall aufgezeichnet, Dokument einer der ersten Aufführungen des Werkes in Großbritannien.
    Rostropowitschs Interpretation wirkt fast noch ein bisschen spontaner als bei der legendären US-amerikanischen Uraufführung mit dem Philadelphia Orchestra unter Eugene Ormandy.
    Das mag auch am Dirigat Gennadi Roschdestwenskis am Pult der damaligen Leningrader Philharmoniker liegen. Die Aufführung zieht durch stark gezeichnete Farben, intensiven Ausdruck zumal im Moderato und in der Kadenz, und durch ein vorwärtsdrängendes, risikofreudiges Spiel im finalen Allegro in ihren Bann. Roschdestwenskis Orchesterführung hat aus meiner Sicht mehr Profil, stärkere Kontraste und Biss als die Ormandys.
    Mit einem leichten Rauschen der präsenten, dynamisch breiten und befriedigend räumlichen Mono-Aufnahme kann ich gut leben, auch war das Publikum ziemlich diszipliniert.

    In einem Studio in London wurden am 28. Februar 1959 die beiden Klaviertrios aufgenommen, gleichfalls monaural. Auch der Klang der Trio-Aufnahmen ist erfreulich präsent und durchaus räumlich.
    Das Trio Emil Gilels, Leonid Kogan und Mstislaw Rostropowitsch bestand nur knappe zehn Jahre - bald nach dieser Aufnahme war nach Angaben aus dem kurzen, aber instruktiven Begleittext Schluss -, hinterließ jedoch legendäre Aufzeichnungen. Ich habe ein paar Hördurchgänge gebraucht, inzwischen ist die Aufnahme des phantastischen Trios Op. 67 von Schostakowitsch jedoch mein Favorit bei diesem Werk.
    Man hört angesichts einiger kleiner Unreinheiten in allen Stimmen, dass die drei Ausnahmemusiker alle an ihre Grenze gehen, etwa im euphemistisch "Allegro non troppo" bezeichneten zweiten Satz, einer wahren Hetzjagd. Die meisten Klaviertrio-Formationen, auch die durchaus expressive Konkurrenz Argerich/Kremer/Maisky, spielen diesen Satz nicht im verlangten Tempo, ähnlich schnell kenne ich ihn nur mit dem Komponisten selbst am Klavier und mit der alten Formation des Beaux Arts Trios. Letztere spielen hier noch perfekter und sind in wohlklingendem Stereo und bei starker Gesamtleistung sicher eine gewichtige Konkurrenz.
    Gilels, Kogan und Rostropowitsch, der auch die verstörende einleitende Passage im künstlichen Flageolett zugunsten des Ausdrucks geheimnisvoller und viel weniger schön und perfekt vorträgt als die meisten seiner Kollegen, bringen auch in der für Schostakowitsch so typischen Largo-Passacaglia eine ungeheure atmosphärische Dichte an den Hörer, und im abschließenden Allegretto haben sie den Mut zum Perkussiven, insbesondere Emil Gilels in seinen wilden Akkordhieben. Insgesamt ergibt sich der erfreuliche Eindruck einer Live-Aufnahme.

    Das kompilierte Trio Hoboken XV:16 von Joseph Haydn muss man sicher unabhängig von den Schostakowitsch-Stücken genießen und kann sich dann über das hier delikate, klar artikulierte und punktgenaue Spiel der drei russischen Virtuosen freuen.

    Vor allem Liebhaber von Schostakowitschs Op. 67 sollten sich dieses rare Juwel nicht entgehen lassen.
    Klavierquartette Nr.1 & 3 Klavierquartette Nr.1 & 3 (CD)
    May 28, 2013
    Booklet:
    5 of 5
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    4 of 5
    Artistic quality:
    5 of 5
    Repertoire value:
    4 of 5

    Generationentreffen

    Arthur Rubinstein war um die achtzig Jahre alt, als diese Aufnahmen Ende der 1960er Jahre entstanden, das Guarneri Quartet war damals erst ein paar Jahre gegründet, die Mitglieder alle noch um die dreißig, vierzig.
    Man hört das diesen Aufnahmen an: Altersweisheit und jugendliche Glut ergänzen sich bestens. Rubinstein spielt die eruptiven Passagen - ich denke an die Kadenz im Zingharese-Finale von Op. 25 oder auch nur die einleitenden leeren Oktavschläge zu Beginn von Op. 60 - viel gelassener, unaufgeregter als das andere Pianisten bei diesen Großwerken der Klavierquartett-Literatur tun, heißen sie nun Ax, Angelich, Valli oder gar Argerich. Er betont vielmehr die lyrischen, kantablen Aspekte der beiden Moll-Quartette, freilich ohne dabei jemals langatmig, langweilig oder unbeteiligt zu wirken. Bescheiden und liebevoll sind angebrachtere Attribute für sein Spiel. Die Tempi sind dabei überwiegend zügig.
    Mag Rubinstein in dieser Zeit manuell gewichtigen Klavierkonzerten nicht mehr komplett gewachsen gewesen sein, kammermusikalisch höre ich bei ihm technisch keine Unzulänglichkeiten. Zudem ist das Zusammenspiel mit den Mitgliedern der Guarneris, dessen Geiger sich bei den Quartetten abwechselten, fein ausgehört und von einer bei diesen Werken mit ihrem vollen Klaviersatz gar nicht selbstverständlichen ausgezeichneten Balance geprägt.
    Die Guarneris spielten auch kurz nach ihrer Gründung schon erstklassig mit ihrem typischen erdig-dunklen, sonoren Ensembleklang, der Ausgewogenheit der Einzelstimmen und der eigentümlichen, mich sehr ansprechenden Mischung aus klassizistisch-klarem Ansatz und kontrolliert romantisierender Agogik, intensiv, aber mit Maß.
    Trotz der oben angeführten - nicht vollständigen - großen Konkurrenz eine wirklich feine Aufnahme, die noch dazu mit ihrer natürlichen, vollen Räumlichkeit und ihrer guten Durchhörbarkeit klanglich überzeugt. Die Einspielung ist auch in der sehr lohnenden Rubinstein-Brahms-Box der Sony zu haben, die allerdings nicht so liebevoll gestaltet ist wie diese CD hier mit ihren ansprechenden Texten und Fotos.
    Violinkonzert op.53 Violinkonzert op.53 (CD)
    May 16, 2013
    Booklet:
    3 of 5
    Overall impression:
    5 of 5
    Sound:
    3 of 5
    Artistic quality:
    5 of 5
    Repertoire value:
    4 of 5

    Geigerische Noblesse

    Kann der Ton einer Geigerin "nobel" sein? Isabelle Fausts Ton jedenfalls würde ich so nennen. Er erinnert mich ein wenig an den Nathan Milsteins, dessen derzeit nur in der EMI-Icon-Box erhältliche Deutung des Dvorák-Konzerts mit William Steinberg ich sehr schätze. Mit durchwegs glasklarer, sicherer Intonation, schlankem, dabei aber substanzreichem Klang, wo nötig auch durchaus zupackend und mit frischen, aber nicht ganz so schnellen Tempi wie etwa in der ebenfalls mitreißenden Aufnahme von Zehetmair und Inbal ruft Frau Faust uns die Vorzüge dieses Konzerts in Erinnerung, seine Kantabilität, seinen motivischen Reichtum, die Eingängigkeit seiner Melodien, lässt uns staunen, dass dieses Stück nicht viel häufiger hochklassig eingespielt wird und so sehr im Schatten seines großen Pendants von Brahms steht.
    Manch einer mag bei Isabelle Faust, fast unerwartet aber auch bei der hellwach "begleitenden" Prager Philharmonie unter Jirí Bélohlávek - wunderbar ausgehört etwa das Zusammenspiel zwischen Solovioline und Holzbläsern im langsamen Satz! - ein wenig den "böhmischen" Schmelz vermissen. Für meinen Geschmack aber tut gerade der Musik Dvoráks, die ja für sich schon mehr als genug an Fülle und sattem Klang zu bieten hat, außerordentlich gut, wenn die Ausführenden nicht alles in einem dicken Klangbrei bis zur Unkenntlichkeit verschwimmen lassen.
    Wie häufig bei Isabelle Fausts Solo-Konzert-Aufnahmen ist auch diesmal ein kammermusikalisches Werk kompiliert, das gewichtige, man möchte fast sagen symphonische Klaviertrio Op. 65. Alexander Melnikow und Jean-Guihen Queyras sind ebenbürtige Partner, wenn es darum geht, auch hier in Trio-Besetzung durchsichtig, nachvollziehbar, aber dennoch mitreißend, fesselnd, trotz dosierten Vibratos und Pedals emotional völlig befriedigend ein tolles Stück Dvorákscher Kammermusik aufzuführen.
    Ein beim Klaviertrio runder, voller, aber gut durchhörbarer Klang trägt von tontechnischer Seite zu dem vorzüglichen Ergebnis bei. Im Konzert hätten die Präsenz der Solistin etwas besser und der Hall etwas weniger stark ausfallen dürfen. Dennoch eine rundum gelungene Aufnahme, sehr empfehlenswert!
    Cellokonzert op.104 Cellokonzert op.104 (CD)
    May 16, 2013
    Booklet:
    3 of 5
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    5 of 5
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    4 of 5
    Artistic quality:
    5 of 5
    Repertoire value:
    4 of 5

    Der große Unbekannte

    Mit dem großen Unbekannten ist natürlich nicht auf Antonín Dvorák gemeint, schon gar nicht sein viel (ein-)gespieltes Cellokonzert. Kennen Sie aber den Solisten der Aufnahme, Miklós Perényi? Der ungarische Cellist wurde nach biografischen Informationen aus dem Netz 1948 geboren, gewann 1963 den Casals-Wettbewerb in Budapest und nahm später an Meisterkursen bei Pablo Casals teil. Er hat seit 1980 eine Professur an der Franz-Liszt-Akademie in Budapest.
    Ich muss zugeben, ich kannte Perényi bis vor kurzer Zeit nicht und kam nur durch die enthusiastische Besprechung dieser Aufnahme in einem Interpretationsvergleich der Zeitschrift Fono Forum darauf, mir diese CD zuzulegen. Im erwähnten Fono Forum wurde die vorliegende Einspielung von 1988 als eine der Spitzenaufnahmen des Dvorák-Konzerts gepriesen.
    Tatsächlich erinnert sie mich etwas an die Aufnahme mit Pierre Fournier und George Szell. Wie einst Fournier stellte sich zwanzig Jahre später Perényi ganz in den Dienst der Musik, wie es so schön heißt. Er spielt das Dvorák-Konzert blitzsauber, innig, dabei völlig ohne Mätzchen, ohne übertriebene Rubati, stellt stets die Musik, nicht sich selbst in den Vordergrund. Ich schätze durchaus auch expansivere Versionen des Dvorák-Konzerts, etwa Maisky/Bernstein oder Harrell/Ashkenazy, aber dennoch muss ich gestehen, dass diese unprätentiöse Wiedergabe von Miklós Perényi mir sehr zusagt, zumal Iván Fischer mit dem Budapest Festival Orchester sehr idiomatisch und umsichtig assistiert, auch Nebenstimmen sehr schön herausarbeitet.
    Die Rokoko-Variationen sind im gleichen Geiste eingespielt, Perényi erweist sich auch hier als Virtuose ohne Selbstdarsteller-Allüren.
    Die Klangqualität ist übrigens wie häufig bei Hungaroton sehr gut, kein übermäßiger Hall, gute räumliche Auflösung, Solist und Orchester exzellent balanciert, sehr gute Dynamik.
    Ich empfehle die Aufnahme also ganz ohne Bedenken.
    Symponien Nr.39 & 40 Symponien Nr.39 & 40 (CD)
    May 16, 2013
    Booklet:
    3 of 5
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    3 of 5
    Sound:
    4 of 5
    Artistic quality:
    3 of 5
    Repertoire value:
    1 of 5

    Guter Durchschnitt

    Das "Orchestra Mozart" unter Claudio Abbado lernte ich durch die Aufnahme der Violinkonzerte mit Giuliano Carmignola kennen. Diese Aufnahme schätze ich sehr, nicht zuletzt wegen der rauen, erfrischenden Begleitung, die ich so nicht erwartet hatte.
    Die beiden hier aufgenommenen Symphonien, von denen es eine Unzahl anderer Einspielungen in wahrscheinlich allen Facetten gibt, geben Abbado und sein neues "Originalklang"-Ensemble im Vergleich zu den Violinkonzerten viel konventioneller wieder, ohne Frage perfekt intoniert, transparent, in ausgewogenen Tempi, schön artikuliert. Extreme wie bei den neuen Mozart-Einspielungen unter René Jacobs, die man durchaus auch für manieriert halten kann, finde ich hier nicht. Auch die Aufnahmen mit Nicolaus Harnoncourt und dem Concertgebouw Orkest sind kantiger. Diese liegen mir mehr, werden aber durchaus kontrovers diskutiert.
    Ich hätte mir nach der Hörerfahrung mit den Violinkonzerten von Abbado und dem Orchestra Mozart in jedem Fall mehr Subjektivität, mehr Individualität erwartet.
    Der Klang ist transparent, warm und voll, wirkt auf mich aber dynamisch nicht ausgereizt.
    Alles in allem bekommt man mit dieser neuen Abbado-Einspielung eine gut klingende, perfekt gespielte, technisch somit einwandfreie, aber aus meiner Sicht nicht wirklich profilierte Aufnahme. Bei diesem Repertoire ist sie damit eigentlich verzichtbar.
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    Kammersymphonien op.73a,83a,110a,118a Kammersymphonien op.73a,83a,110a,118a (CD)
    May 16, 2013
    Booklet:
    3 of 5
    Overall impression:
    5 of 5
    Sound:
    4 of 5
    Artistic quality:
    5 of 5
    Repertoire value:
    5 of 5

    Bearbeitet und doch authentisch

    Diese Zusammenstellung besticht. Neben den vergleichsweise bekannten Bearbeitungen Rudolf Barschais von Schostakowitschs Streichquartetten Op. 110 und Op. 118 für Streichorchester finden sich die Kammerorchester-Versionen der Streichquartette Op. 83 und Op. 73, in denen auch Bläser eingesetzt werden.
    Diese Bearbeitungen sind von Schostakowitsch autorisiert worden. Sie sind in meinen Ohren bestechend, auch die weniger bekannten Opp. 73a und 83a, in denen die Bläser sehr geschickt eingesetzt werden. Es ergibt sich hier für mich eine interessante und erhellende neue Hörerfahrung der Werke ohne Preisgabe des kammerkusikalischen Charakters.
    Auch die "Reduktion" der 15. Symphonie auf ein Kammerensemble durch Viktor Derevianko erweist sich für mich als erfreuliche Repertoire-Erweiterung, sie klingt verblüffend "echt", wobei man sich in manchen Tutti-Passagen dann doch nach dem vollen Orchester sehnt.
    Ein weiterer erfreulicher Aspekt ist die Interpretation. Die Kammersymphonien nach den Quartetten erfahren durch ihren Bearbeiter Rudolf Barschai und das Chamber Orchestra of Europe, ein Spitzenensemble, eine intensive, gut durchhörbare, emotional dabei völlig befriedigende Umsetzung, die gar nicht mal durch extreme Tempi, sondern durch Konzentration und Energie überzeugt. Die Kammerversion der 15. Symphonie wird von der Kremerata Musica unter und mit Gidon Kremer gleichfalls mitreißend und überzeugend gespielt.
    Die Aufnahmen stammen aus den 1990er Jahren und lassen klangtechnisch bei bester Transparenz, hervorragender räumlicher Auflösung und auch ordentlichem Fundament trotz einer gewissen "Kühle" fast keine Wünsche offen. Dringende Empfehlung!
    Violinkonzert op.77 Violinkonzert op.77 (CD)
    Apr 29, 2013
    Booklet:
    3 of 5
    Overall impression:
    4 of 5
    Sound:
    4 of 5
    Artistic quality:
    4 of 5
    Repertoire value:
    5 of 5

    Seltenheitswert

    Von Johannes Brahms' Violinkonzert gibt es unzählige Aufnahmen, darunter sehr viele herausragende mit Spitzensolisten und exzellenten Orchestern von der Frühzeit der Tonaufnahme bis in die jüngste Zeit. Die hier besprochene Aufnahme legte ich mir dennoch zu, weil mich die Schumann-Interpretationen des Dirigenten Thomas Dausgaard sehr ansprechen und Christian Tetzlaff ein ausgezeichneter Geiger ist, der stilsicher und souverän ein breites (auch kammer-)musikalisches Spektrum abdeckt.
    Tatsächlich bin ich von der Einspielung sehr gefesselt. Die Tempi sind durchaus zügig, jedoch nicht gehetzt, das Finale des Brahms-Konzerts wird vergleichbar mit den Kremer-Aufnahmen für manchen Geschmack vielleicht sogar etwas zu "vivace" genommen, aber in jedem Fall "giocoso" mit einer großartigen Schluss-Stretta, der zweite Satz ist wunderbar lyrisch, Tetzlaff spielt alles außerordentlich flexibel und extrem sicher, die tonliche Wärme etwa eines David Oistrach erreicht er dabei für meinen Geschmack nicht. Das Dänische National-Symphonieorchester ist ein gleichberechtigter Partner, prägnant, in allen Gruppen sehr gut disponiert. Vielleicht wird dem einen oder anderen Hörer das letzte Quäntchen "Sahne" in den Streichern oder in den Hörnern im Vergleich etwa zu den Wiener Philharmonikern fehlen.
    Eine seltene Dreingabe ist das ähnlich wie das Brahms-Konzert proportionierte Zweite Violinkonzert von Joseph Joachim, Violinvirtuose, Komponistenfreund von Johannes Brahms, auch Widmungsträger des ungleich bekannteren Werkes seines Freundes und Komponist der von Tetzlaff gespielten Kadenz im Kopfsatz des Brahms-Konzerts. "In ungarischer Weise" ist Joachims Zweites Konzert betitelt, wartet entsprechend mit allerlei Zingharese-Anklängen auf. Der Autor des Beihefts bezeichnet das Werk als "symphonisches Konzert", für mich klingt es dennoch gerade im Vergleich zum Brahms-Konzert doch sehr nach einem - durchaus schönen und gut anhörbaren - Virtuosen-Konzert. Christian Tetzlaff spielt auch diese Musik enorm überzeugend, mitreißend, packend. Auch wenn man mit Superlativen sicher vorsichtig sein sollte, dürfte es von diesem Konzert wohl kaum eine bessere Aufnahme geben, wobei die Konkurrenz natürlich ungleich überschaubarer ist als bei Brahms.
    Die klangtechnische Umsetzung ist bei alldem mit ordentlichem Volumen, guter räumlicher Wiedergabe und Transparenz sehr befriedigend.
    Da Tetzlaff und Dausgaard im im Brahms-Konzert an vorzügliche Konkurrenzeinspielungen heranreichen und mit dem zweiten Violinkonzert von Joachim so etwas wie ein Alleinstellungsmerkmal bieten, ist diese CD für Freunde des romantischen Violinkonzer-Repertoires eine sehr interessante Option.
    Violinkonzert op.77 Violinkonzert op.77 (CD)
    Apr 29, 2013
    Booklet:
    2 of 5
    Overall impression:
    5 of 5
    Sound:
    5 of 5
    Artistic quality:
    5 of 5
    Repertoire value:
    4 of 5

    Entdeckung

    Von diesen Werken, es wurde hier auch schon gesagt, gibt es unzählige Aufnahmen, teils herausragende. Meine persönlichen Favoriten sind neben Heifetz/Reiner und Oistrach/Klemperer an jüngeren Einspielungen die ungeheuer aufgeladene Version von Kremer und Bernstein und zuletzt die Einspielung von Isabelle Faust und Daniel Harding.

    Allzu schwerblütige Deutungen liegen mir nicht so sehr. Insofern kommt mir die Auffassung von Gil Shaham und Claudio Abbado sehr entgegen. Denn tatsächlich wird das Brahmskonzert von ihnen überaus durchsichtig, ja, kammermusikalisch, delikat wiedergegeben. Shaham hat einen Ton, der mich sehr anspricht; warm, voll, enorme Legatofähigkeiten, angemessenes, modulationsfähiges Vibrato, er kann auf seinem Instrument singen. Und gerade das Gesangliche des Brahms-Konzerts verwirklichen er und seine Begleiter für meinen Geschmack extrem überzeugend, lassen mich da streckenweise sogar die anderen erwähnten Einspielungen vergessen. Und es ist bei weitem nicht nur der fantastische Oboist Albrecht Mayer, mit dem Shaham in Dialog tritt. So manches Motiv, etwa in den Hörnern, glaube ich so klar noch nie gehört zu haben. Darüber hinaus sind auch die Berliner Philharmoniker im Tutti trotz ihrer großen Besetzung überaus flexibel, es gibt vielfach der gesanglichen Auffassung geschuldete Tempomodulationen, die Balance zwischen Solist und Orchester könnte für mich kaum besser sein. Dass dann auch noch so ein Feuer im letzten Satz entfacht, im besten Sinne "giocoso" gespielt wird, ist eine wahre Freude.

    Im Doppelkonzert knüpfen die Protagonisten an diese Leistung nahtlos an. Jian Wang erweist sich als Partner mit einem individuellen, intensiven, sonoren Ton. Er spielt sehr expressiv, gewissermaßen jugendlich, aber auch nicht so extrovertiert wie etwa ein Maisky. Wer abgeklärte, introvertierte Versionen bevorzugt, wird wahrscheinlich dennoch eine andere Aufnahme wählen. Jedenfalls ergänzen sich die Solisten für meine Begriffe hervorragend, und auch hier leitet Abbado die Berliner als gleichberechtigte Partner durch die Partitur, auch hier ist ihr Spiel von großer Modulationsfähigkeit und Liebe für Details geprägt, ohne dass die Noten buchstabiert wirkten.

    Klanglich überzeugt mich die Aufnahme mit einem fast unerwartet soliden, trockenen Bassfundament, sehr guter Durchhörbarkeit und fabelhafter dynamischer Präsenz. Der Begleittext hebt naheliegend auf die Freundschaft Brahms/Joachim ab.

    Für mich ist diese Produktion eine Entdeckung.
    Violinkonzert op.77 Violinkonzert op.77 (CD)
    Apr 29, 2013
    Booklet:
    3 of 5
    Overall impression:
    4 of 5
    Sound:
    4 of 5
    Artistic quality:
    4 of 5
    Repertoire value:
    3 of 5

    Mustergültig

    Vadim Repin hat einen großen Ton und ist ein souveräner Techniker. Sein Spiel hat Charakter, Wiedererkennungswert, fast möchte ich sagen, Größe, und sein Auftreten hebt ihn angenehm von manchem überworbenen Jungstar ab.

    Auch im Violinkonzert von Johannes Brahms spielt er diese seine Qualitäten aus. Beseelt, gesanglich, dabei intonatorisch perfekt und mit angemessener, nie aufdringlich-larmoyanter Agogik oder andersherum zu unterkühlt interpretiert er das Werk eher klassizistisch in Richtung vielleicht mehr eines David Oistrakh als des viel expansiv-extrovertierteren Jascha Heifetz, dessen Kadenz er verwendet.

    Die Zusammenarbeit mit dem Gewandhausorchester mit seinem gleichfalls ganz eigenständigen Timbre ist geprägt von einem angenehmen Miteinander. Chailly gestaltet diesen gleichwertigen Part in der ihm zustehenden Differenziertheit, die auch Nebenstimmen ihren Raum lässt und einem ausreichend Einblicke in die Struktur gibt. Ähnliches kenne ich schon von den Klavierkonzerten, die er mit Nelson Freire einspielte. Die Tempi sind gleichfalls nie überzogen, im finalen Vivace mehr non troppo als giocoso.

    Truls Mörk ist im Doppelkonzert unter diesen Voraussetzungen ein idealer Partner Repins, gleichfalls nicht auf den Effekt und die übergroße Geste, das Zurschaustellen des eigenen, beachtlichen Könnens fixiert, sondern auf das gemeinsame Musizieren.

    Fast könnte man diese Aufnahme, die noch dazu mit schöner Transparenz, Staffelung und instrumentaler Abbildung bei vielleicht etwas engerem Panorama als bei der Hausmarke Chaillys klanglich sehr ansprechend dokumentiert wurde, als mustergültig bezeichnen. Wer noch keine Aufnahme dieses Konzerts besitzt und mit einer modernen Einspielung beginnen möchte, kann aus meiner Sicht bedenkenlos zugreifen. Mir persönlich fehlt in Kenntnis einiger anderer Einspielungen aus den letzten 50, 60 Jahren ein wenig das Singuläre, gerade auch, wenn ich an die auch noch recht junge Aufnahme mit Gil Shaham und den Berliner Philharmonikern unter Claudio Abbado, aber auch an die Spitzenaufnahmen mit Gidon Kremer und Bernstein bzw. Harnoncourt denke. Trotzdem, unbedingt empfehlenswert!
    Violinkonzert op.77 Violinkonzert op.77 (CD)
    Apr 29, 2013
    Booklet:
    5 of 5
    Overall impression:
    5 of 5
    Sound:
    4 of 5
    Artistic quality:
    5 of 5
    Repertoire value:
    4 of 5

    Spannend

    Neue Einspielungen bringen nicht immer neue Hörerfahrungen, und neue Hörerfahrungen müssen einen dann auch nicht zwingend überzeugen. Frau Fausts Aufnahme des Brahms-Violinkonzerts trifft auf einen gesättigten Markt, sicher. Auch die ungewöhnliche, aber sehr organisch ins Werk eingearbeitete Busoni-Kadenz im ersten Satz kann man andernorts hören, zuletzt von Frau Bathiashvilli. Trotzdem - mich nimmt diese Interpretation hier für sich ein.
    Frau Faust spielt - nun ja, das kann man natürlich erwarten - extrem sicher und sauber, die Stärken ihrer schlanken, dynamisch sehr flexiblen Tongebung mit einem dezent und gezielt eingesetzten Vibrato kann sie für meine Ohren vor allem in den delikat-innigen Passagen ausspielen. Das Auftrumpfen mag ihr weniger liegen, dennoch packt ihr Ansatz mich z. B. auch im letzten Satz von Op. 77, reißt mich wirklich mit, nicht zuletzt wegen des enormen Tempos, das wir schon aus Aufnahmen etwa mit Heifetz oder Kremer kennen und das Frau Faust in ihrem Beitrag im schön gestalteten und informativen Beiheft mit den Metronomangaben von Joseph Joachim rechtfertigt.
    Das Mahler Chamber Orchestra unter Daniel Harding ist ein Partner, der diesen Ansatz ideal unterstützt. Man kann die Stimmen wunderbar durchhören, das wird nach meinem Höreindruck auch in Tutti-Passagen eben nie zum "Orchesterbrei".
    Für mich ist die Aufnahmetechnik dabei herausragend gut; die Instrumente klingen präsent und natürlich, Dynamik und Frequenzspektrum sind sehr befriedigend. Das Brahms-Konzert mag grundsätzlich auch einen satteren Orchesterklang vertragen, aber der hier verfolgte Ansatz ist für mich mindestens ebenso überzeugend.
    Trotz Heifetz, trotz Oistrach, trotz Kremer ist diese neue Einspielung für mich ein wirklicher Gewinn.
    Die "Dreingabe", das ebenso lange 2. Streichsextett, ist wunderbare Kammermusik, die in ihrer komplexen Rhythmik und Kontrapunktik wirklich nicht einfach zu spielen ist, hier aber extrem differenziert, spannend und dynamisch vorgetragen wird und von der es gar nicht mal so viele hochrangige Einspielungen gibt.
    Alles in allem eine der interessantesten Platten mit Johannes Brahms' Violinkonzert in der letzten Zeit.
    Violinkonzert op.77 Violinkonzert op.77 (CD)
    Apr 29, 2013
    Booklet:
    2 of 5
    Overall impression:
    4 of 5
    Sound:
    3 of 5
    Artistic quality:
    4 of 5
    Repertoire value:
    2 of 5

    Solide Basis

    Bei dieser günstig in der "Red Line" wieder aufgelegten Aufnahme aus dem Jahr 1995 fällt zunächst einmal die Zusammenstellung auf. Mozarts Violinkonzert K. 216 und Brahms' Op. 77. Ob es da wohl eine künstlerische Absicht gab? Sei's drum, Kompilationen mit dem Doppelkonzert gibt es ja genügend.
    Noch dazu werden im Ansatz tatsächlich Unterschiede deutlich. Frank Peter Zimmermann spielt das Mozart-Konzert viel luftiger, schlanker und abphrasierter. Erstaunlich leicht und durchsichtig führt Wolfgang Sawallisch die Berliner Philharmoniker. Das klangliche Ergebnis ist immer noch ein Stück fülliger als bei der "historisch informierten" Fraktion, aber dennoch spannungsvoll und hochmusikalisch.
    Das Brahms-Konzert nehmen Zimmermann und Sawallisch gewichtiger. Sie bieten eine tadellose Auslegung ohne Extreme, bleiben auch hier transparent und erzeugen eine bemerkenswerte Spannung. Der Finalsatz wird ziemlich schnell genommen, ohne je gehetzt zu klingen. Auch mit der Wahl der Kadenz von Joseph Joachim entscheidet sich F. P. Zimmermann für die historisch sanktionierte und stilsichere Variante. Tonlich kommt Zimmermann mit seiner "Dragonetti"-Stradivari beim Hörer präsent, voll und klar an.
    Die Klangqualität spricht mit Volumen und Tiefe an, die Transparenz könnte eine Spur besser sein. Publikumsgeräusche hört man beim live aufgenommenen Brahms-Konzert kaum.
    Es gibt von beiden Konzerten unzählige Konkurrenzeinspielungen. Gerade beim Brahms-Konzert hat man die Wahl zwischen einer ganzen Reihe unterschiedlicher, teils sehr individueller Auslegungen von Menuhin, Heifetz, Oistrach, Stern und Milstein bis zu Kremer, Zehetmair oder in jüngster Zeit Shaham oder Faust. Mit Zimmermanns und Sawallischs Fassung hat man in jedem Fall eine sehr gute, zuverlässige Basis.
    Symphonien Nr.9 & 10 Symphonien Nr.9 & 10 (CD)
    Apr 24, 2013
    Booklet:
    3 of 5
    Overall impression:
    4 of 5
    Sound:
    5 of 5
    Artistic quality:
    4 of 5
    Repertoire value:
    2 of 5

    Guter Kompromiss

    Wieder einmal haben die Techniker von Arts hervorragende Arbeit geleistet. Auch in der Stereo-Version macht diese Live-Aufnahme aus Mailand großes Vergnügen. Handgreifliche Präsenz, hervorragende Bassqualitäten, eine gute räumliche Auflösung und ein natürlicher Klang beeindrucken.
    Die Neunte ist sehr gelungen. Caetani erreicht mit den wieder hellwach und voller Spielfreude agierenden Mailändern ein Höchstmaß an Witz, Ironie, Sarkasmus, Tempo und Präzision. Das hat Biss, auch wenn es nicht ganz so bedrohlich wirkt wie die in dieser Beziehung überraschende Aufnahme Haitinks, nicht so doppelbödig wie Kondraschins Sicht.
    Die Zehnte von Schostakowitsch liegt in wirklich sehr vielen wirklich höchstkarätigen Einspielungen vor. Mrawinski, Kondraschin, Roschdestwenski, Karajan, Mitropoulos, Sanderling, Kitajenko, der Hörer hat die Wahl. Caetanis Zugang hat auch hier eine erfreuliche Direktheit, wirkt aber weit weniger spontan und ungewöhnlich als bei seiner Darstellung der Achten. Natürlich packt dieses großartige Werk auch unter seinem Dirigat, die düstere Stimmung des Kopfsatzes, seine großen Steigerungen, die Gewalt des Allegros, die derben Ausbrüche des Allegrettos, die zweideutige Auflösung des Finales, all das wird glaubhaft transportiert. Aber das Außergewöhnliche fehlt - wenigstens mir. So gut diese Aufnahme der Zehnten auch sein mag, wird sie damit angesichts der Konkurrenz doch mehr oder minder verzichtbar.
    Empfehlenswert gerade für Hörer auf der Suche nach einem guten Kompromiss aus interpretatorischer Qualität und hervorragendem Klang ist diese CD allemal, auch wenn sie den wahrscheinlich übertriebenen Wunsch nach dem Singulären nicht erfüllt und interpretatorisch nicht durchgehend so individuell wirkt wie andere Einspielungen aus Caetanis Zyklus, etwa die der Siebten oder der Achten Symphonie.
    26 to 50 of 103 reviews
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