jpc.de – Leidenschaft für Musik Startseite jpc.de – Leidenschaft für Musik Startseite
  • Portofrei ab 20 Euro
  • Portofrei bestellen ab 20 Euro
  • Portofrei innerhalb Deutschlands Vinyl und Bücher und alles ab 20 Euro
0
EUR
00,00*
Warenkorb EUR 00,00 *
Anmelden
Konto anlegen
Filter
    Erweiterte Suche
    Anmelden Konto anlegen
    1. Startseite
    2. Alle Rezensionen von Alto bei jpc.de

    Alto Top 100 Rezensent

    Aktiv seit: 15. Februar 2013
    "Hilfreich"-Bewertungen: 6310
    103 Rezensionen
    Symphonie op.40 Symphonie op.40 (CD)
    28.08.2014
    Booklet:
    4 von 5
    Gesamteindruck:
    5 von 5
    Klang:
    5 von 5
    Künstlerische Qualität:
    5 von 5
    Repertoirewert:
    5 von 5

    Volltreffer

    John Storgards legt hier mit dem Philharmonischen Orchester Helsinki eine starke Darstellung selten gespielter Werke vor. Ich gestehe, von Korngolds einziger Symphonie in der abseitigen Tonart Fis-Dur keine Vergleichsaufnahme zu besitzen, weder jene mit Previn noch die mit Welser-Möst. Irgendwie kann ich mir dennoch nicht vorstellen, dass sie überzeugender sind.
    Das Orchester aus Helsinki klingt rhythmisch präzise, in den Soli wie im Tutti überaus klangschön, die Darstellung hat einen besonderen suggestiven Sog, zumindest auf mich. Timing, Präzision, Klangvolumen, Präsenz, all das stimmt hier. Überdies sorgt eine überragende Klangtechnik mit klar nochvollziehbarer Abbildung der Instrumente, plastischer Staffelung, breiter Bühne und starken Bassreserven bis in tiefste Tiefen für ein besonders erfreuliches Hörerlebnis.
    Alles in allem eine Aufnahme, die mich in ihren Bann gezogen hat.
    Streichquartette Nr.37-42 (op.33 Nr.1-6) Streichquartette Nr.37-42 (op.33 Nr.1-6) (CD)
    11.02.2014
    Gesamteindruck:
    5 von 5
    Klang:
    5 von 5
    Künstlerische Qualität:
    5 von 5
    Repertoirewert:
    4 von 5

    Speziell

    Haydns Op. 33 bietet als Werkgruppe und in den einzelnen sechs Quartetten so viel an musikalischem Inhalt, an Abwechslung, Vielfalt der Stimmungen, Dramatik, Humor und Einfallsreichtum, dass es wahrscheinlich ein Stück weit gleichgültig ist, von welchem Ensemble man sich diese Kostbarkeiten darreichen lässt. Sicher ist man gut beraten, wenigstens eine "solide" Aufnahme gehört zu haben, bevor man das Cuarteto Casals auflegt; etwa das Quatuor Mosaiques, das Angeles Quartet oder besser das Borodin-Quartett, das kernig, energetisch und individuell aufspielt und begeistern kann.
    Das Casals-Quartett bietet darüber hinaus viel eigene Interpretation, was für manchen gewöhnungsbedürftig sein mag, manchmal übers Ziel hinausschießt (etwa die Portamenti im Scherzo von Op. 33/2), was mich aber immer wieder an die Stuhlkante bannt. Von überzogenen Vibrati, die andernorts kritisiert werden, fehlt übrigens jede Spur. Die Casals-Künstler spielen im Gegenteil ziemlich vibratoarm, setzen es als Stilmittel für meine Begriffe bewusst und passend ein. Die Tempi sind in den schnellen Sätzen halsbrecherisch, wirken aber angesichts der technischen Perfektion der Instrumentalisten dennoch nicht gehetzt. Die können das einfach. Am beeindruckendsten gelingen vielleicht sogar die Scherzi, denn hier betonen die Spieler die charakteristischen Kontraste ganz besonders stark. Bei alldem bleiben sie immer flexibel und gestaltend, nie ergibt sich ein steifer, mechanischer Eindruck, und das, obwohl tatsächlich alle Wiederholungen beachtet werden. Die Interpretation ist in Anbetracht ihrer Farbigkeit, Kontraste und Lebendigkeit extrem, aber sie macht unheimlich Spaß, jedenfalls mir.
    Klanglich ist die Aufnahme opulent, sehr dynamisch, ziemlich voluminös. Vielleicht hätte man das technisch intimer gestalten können, jedoch kann man die einzelnen Instrumente sehr gut orten, und ihre individuellen Qualitäten - davon haben diese vier Spitzenmusiker einige - kommen voll zu ihrem Recht.
    Wer hier klagt, der tut es auf sehr hohem Niveau. Meines Erachtens eine starke, individuelle Interpretation, die zu kennen sich lohnt.
    Symphonie Nr.1 Symphonie Nr.1 (SACD)
    18.12.2013
    Booklet:
    4 von 5
    Gesamteindruck:
    4 von 5
    Klang:
    5 von 5
    Künstlerische Qualität:
    4 von 5
    Repertoirewert:
    4 von 5

    Extremist

    Wie von den vorangehenden Produktionen der Serie "Opening Doors" gewohnt, gehen Thomas Dausgaard und sein umwerfend virtuoses Kammerorchester aus Örebro auch in dieser Aufnahme der Ersten von Brahms sehr schnelle Tempi, akzentuieren mit Biss, legen bei ausgedünntem Streicherapparat viele Blicke auf Holzbläserstimmen, aber z. B. auch das Paukenostinato im Finale frei und reizen die Dynamik aus.
    "Alles Schwere, Bedrohliche, das im ersten Satz schon in der langsamen Einleitung lauert, wird der Musik durch ein behändes Spiel ausgetrieben - da findet eine Entmystifizierung mittels rhythmischer Agilität und transparent gemachter Textur statt.", kann man - wie auch oben angeführt - im Fono Forum in der Mai-Ausgabe 2013 lesen. Ich kann mich dieser Einschätzung anschließen. Ich frage mich allerdings, ob Leichtigkeit, Transparenz und Entmystifizierung nun wirklich so erstrebenswerte Ziele bei dieser Musik sind.
    Soll die Pauke zu Beginn des Kopfsatzes so unaufdringlich klingen? Will man den wunderbaren Dialog zwischen Hörnern und Flöte in der Einleitung des Finalsatzes so unprätentiös hören? Muss man das Streicherostinato darunter so genau wie unter einem Brennglas präsentiert bekommen? Die einzige Stelle, an der Dausgaard der postromantischen Dirigiertradition verhaftet bleibt, so weit jedenfalls mein Eindruck, ist der Choral in der Coda des Finales. Hier bremst er sein Orchester ein und kostet tatsächlich diese Zäsur in der Musik einmal aus. Immerhin.
    Am Ende ist man im Wesentlichen von der Konsequenz des Konzepts beeindruckt. Zweifel am Konzept selbst jedoch bleiben. Gerade auch im Vergleich zu der fast identisch schnellen und doch bemerkenswert gesanglicheren und freieren Sicht Chaillys in seiner neuen Leipziger Einspielung.
    Hörenswert ist der Extremist Dausgaard aber auch diesmal, nicht zuletzt wegen der blendenden Aufnahmetechnik, die wieder einmal mit Volumen, Detailschärfe, Dynamik und Natürlichkeit verwöhnt, egal ob stereo oder über fünf Kanäle.
    Symphonien Nr.1 & 5 Symphonien Nr.1 & 5 (CD)
    25.10.2013
    Booklet:
    4 von 5
    Gesamteindruck:
    3 von 5
    Klang:
    4 von 5
    Künstlerische Qualität:
    3 von 5
    Repertoirewert:
    1 von 5

    Gebremst

    Ich schätze die Aufnahmen von Norrington und dem RSO Stuttgart grundsätzlich, etwa Norringtons Auslegungen der Tschaikowsky-Sinfonien, aber auch die Stuttgarter Brahms-Gesamteinspielung. Auch die Aufnahme mit den Mendelssohn-Sinfonien Nr. 3 und 4 hat mich überzeugt. Der vorliegende Konzertmitschnitt von 2004 tut dies nicht.
    Sicher spielen Norrington und sein Stuttgarter Orchester wieder grandios durchsichtig, schlank und flexibel, aber irgendwie will die Begeisterung nicht überspringen. Das betrifft vor allem die erste Sinfonie. Ich finde, dass gerade das jugendliche "Stürmen und Drängen" des 15-Jährigen hier zu kurz kommt; ein Allegro di molto (Kopfsatz der Ersten) des jugendlichen Mendelssohn, das muss deutlich mehr Drive haben, ebenso das Menuett. Auch ist mir die Artikulation hier insgesamt fast schon zu feingliedrig, um nicht zu sagen steril. Sicher wird die Nähe zu Mozart und Haydn oder auch zu Mendelssohns Streichersinfonien hier deutlicher als in anderen Auslegungen, mich überzeugt das aber nicht.
    Die Fünfte finde ich bedeutend besser gelungen, das fesselt deutlich mehr. Trotzdem würde ich hier z. B. die meines Erachtens deutlich lebendigere und spontaner wirkende Einspielung mit Krivine bevorzugen, wenn eine "historisch informierte" Sicht gewünscht ist.
    Der Einführungstext ist von Norrington, unterhaltsam und informativ, die Tonqualität ist von großer Klarheit, guter Staffelung und angenehmer Wärme geprägt, Publikumsgeräusche sind kaum wahrnehmbar.
    Für mich ist diese Aufnahme angesichts der doch großen Konkurrenz keine dringende Empfehlung.
    Meine Produktempfehlungen
    • Symphonien Nr.4 & 5 Symphonien Nr.4 & 5 (CD)
    Symphonie Nr.4 Symphonie Nr.4 (CD)
    25.10.2013
    Booklet:
    3 von 5
    Gesamteindruck:
    5 von 5
    Klang:
    5 von 5
    Künstlerische Qualität:
    5 von 5
    Repertoirewert:
    4 von 5

    Tschechische Qualitäten

    Thomas Hengelbrocks Aufnahme der vierten Symphonie von Anton Dvorak zeichnet sich durch entschlossenen Zugriff, starke Innenspannung, strukturelle Klarheit und Eleganz aus. Das sind Qualitäten, die eine gute Dvorak-Einspielung ausmachen und die gerade auch die Aufnahmen tschechischer Dirigenten wie Ancerl, Neumann oder Kubelik prägten. Das NDR Sinfonieorchester klingt noch dazu ausgezeichnet. Was zudem rhythmische Präzision und überhaupt Timing angeht, habe ich bei der mir bekannten Konkurrenz bei diesem Werk (Suitner, Neumann, Kubelik, Kertesz, Rowicki) nie besseres gehört. Ganz außerordentlich gelungen finde ich das Scherzo, das endlich einmal "feroce" klingt, und das Finale, dem durch das straffe Tempo und die prägnante Phrasierung ein Höchstmaß an Spannung gegeben und jeder Anschein langweiliger Repetition genommen wird. Aber auch innige Passagen wie im Seitenthema des Kopfsatzes oder im Andante klingen wunderbar gesanglich und idiomatisch.
    Es mag sein, dass die tschechischen Orchester noch einen Hauch mehr eigenen Klangcharakters haben, den man dann u. U. auch in der Tschechischen Suite vermisst, aber abgesehen von diesen sehr geschmacksabhängigen Nuancen ist diese Aufnahme hier ein Volltreffer, die zudem aufnahmetechnisch mit großem Volumen, starker Dynamik und präzisem Bass die Konkurrenz weitgehend deklassiert.
    Klaviertrios Nr.3 & 5 Klaviertrios Nr.3 & 5 (CD)
    21.10.2013
    Booklet:
    4 von 5
    Gesamteindruck:
    5 von 5
    Klang:
    5 von 5
    Künstlerische Qualität:
    5 von 5
    Repertoirewert:
    4 von 5

    Dynamisch, dramatisch, differenziert

    Dass mich diese Zusammenstellung sehr anspricht, ist ein Stück weit sicher dem "historisch informierten" Ansatz geschuldet, dem die drei Musiker hier verpflichtet sind. Sie legen besonderen Wert auf Transparenz, Phrasierung, Agogik und Dynamik, Kontraste, Akzente, die für mich zumal bei Beethoven die Würze ausmachen.
    Bereits das frühe c-Moll-Trio aus Op. 1/3 bekommt auf diese Art und Weise ein erhebliches Gewicht. Aber die drei "holzen" natürlich nicht nur, hört man allein die langsamen Sätze der beiden Beethoven-, aber auch des Hummel-Trios Op. 65; da kosten diese hervorragenden Solisten und Kammermusiker voller Genuss lyrisch-gesangliche Momente und leise Töne aus.
    Das von Staier gespielte Pianoforte von 1825 finde ich vom Timbre sehr angenehm, auch in seinen in den unterschiedlichen "Registern" sehr differenzierten Farbschattierungen, die so mancher Passage eine ganz eigene Stimmung verleihen. Überhaupt finde ich Staiers Spiel ganz außerordentlich beeindruckend in seiner beglückenden Synthese aus Temperament, Flexibilität und Exaktheit.
    Aber auch die beiden Streicher überzeugen zumindest mich sowohl tonlich als auch technisch vollkommen. Ganz entscheidend für mich ist bei alldem, dass ich hier finde, was ich bei mancher Kammermusikaufnahme auf historischen Instrumenten in letzter Zeit vermisst habe: Mut zum Risiko.
    Der Klang dieser Einspielung ist für Kammermusik fast schon ein wenig zu groß, aber dennoch kann man alles fein durchhören, die Instrumente klingen natürlich, sehr präsent, die Dynamik ist stark - für mich ein Ohrenschmaus. Die Produktion wird durch einen informativen Begleittext abgerundet.
    Sehr empfehlenswert, nicht nur wegen des selten aufgeführten Werkes von J. N. Hummel.
    Sonaten für Violine & Klavier Nr.1 & 2 Sonaten für Violine & Klavier Nr.1 & 2 (CD)
    21.10.2013
    Booklet:
    5 von 5
    Gesamteindruck:
    4 von 5
    Klang:
    5 von 5
    Künstlerische Qualität:
    4 von 5
    Repertoirewert:
    4 von 5

    Analytisch

    Andreas Staier ist ein großartiger Pianist, zumal auf alten Instrumenten (hier einem Erard-Flügel von 1837), der mir u. a. als Liedbegleiter von Christoph Pregardien schon seit vielen Jahren Freude bereitet hat und in jüngster Zeit erfreulich viel Kammermusik einspielt, oft mit Daniel Sepec, Konzertmeister der Kammerphilharmonie Bremen und des Balthasar-Neumann-Ensembles und Mitglied des phantastischen Arcanto-Quartetts. Sepec spielt hier auf einer Cremoneser Storioni-Geige Baujahr 1780.
    Staier und Sepec sind einem "historisch informierten", objektivistischen Ansatz verpflichtet. Sie spielen trotz der außerordentlichen Klangfülle ihrer Instrumente, die von einer hervorragenden Tontechnik (in einer Studio-Produktion) extrem plastisch, fast schon ein bisschen zu mächtig abgebildet werden, erwarteter maßen transparent, äußerst kultiviert, fein phrasiert, ohne den großen Bogen aus den Augen zu verlieren. Für mein Empfinden ist auch ihre Balance perfekt. Außerordentlich gute Voraussetzungen für ein musikalisches Erlebnis.
    Am überzeugendsten gelingt dem Duo für meinen Geschmack die Darstellung der d-Moll-Sonate, in der Staier und Sepec in idealer Weise den rhythmisch teils sehr vertrackten Spannungen der Schumannschen Komposition mit ihren Wechselbädern zwischen schroffen Violinakkorden und Semplice-Idylle bis hin zur symphonisch anmutenden Eruption des Finales nachspüren. Hier springt der Funke auf mich über, hier berührt mich Schumanns Musik, ebenso wie in den sehr ausdrucksvoll von Staier vorgetragenen Gesängen der Frühe.
    In der a-Moll-Violinsonate sehne ich mich dann aber doch nach Gidon Kremer und Martha Argerich. Natürlich spielen Staier/Sepec auch hier wunderbar durchsichtig und wohlüberlegt artikuliert, wahrscheinlich dem Notentext sogar angemessener, weil maßvoller als Argerich/Kremer, aber zumindest für mein Empfinden eben nicht "Mit leidenschaftlichem Ausdruck", wie es in der Satzbezeichnung des Kopfsatzes der Sonate vorgeschrieben ist. Wahrscheinlich wird Argerich und Kremer nicht zu Unrecht vorgeworfen, dass sie in ihrer Interpretation übers Ziel hinausschießen, aber gerade die a-Moll-Sonate würde ich mir schon zerrissener, getriebener und - wenn ich wieder an Argerich denke - im Klavier binnendynamisch ausgefeilter wünschen, mit mehr Mut zum Risiko eben, wie ich das zum Beispiel in Staiers und Sepecs Klaviertrio-Aufnahme mit Jean-Guihen Queyras erlebe.
    Ähnlich empfinde ich es auch in Schumanns Bearbeitung der berühmten Bach-Chiaconne für Violine und Klavier. Alles perfekt gespielt, ohne Frage, aber intensiv genug?
    Aus meiner Sicht trotzdem eine - übrigens auch in Bezug auf Cover-Gestaltung und vorbildlichen Gehalt des Begleittextes - sehr gelungene Produktion, sicher eher für Puristen als für Schwärmer, aber allemal sehr hörenswert!
    Arturo Benedetti Michelangeli spielt Klavierkonzerte Arturo Benedetti Michelangeli spielt Klavierkonzerte (CD)
    21.10.2013
    Booklet:
    1 von 5
    Gesamteindruck:
    5 von 5
    Klang:
    1 von 5
    Künstlerische Qualität:
    5 von 5
    Repertoirewert:
    5 von 5

    Kongenial

    Man darf sich nicht allzu viel von der technischen Umsetzung dieser Aufnahmen erhoffen. Insbesondere die Klangqualität der beiden Aufnahmen von 1953 aus Florenz verleidet einem das Hören. Insgesamt dumpf, das Spektrum eng, die Präsenz schlecht, Rauschen. Da können die interpretatorischen Leistungen noch so herausragend sein.
    Aber das Schumann-Konzert! Auch hier ist die Aufnahmequalität mäßig, aber doch zumindest auf dem Niveau einer erträglichen Mono-Rundfunkaufnahme. Das Klavier ist recht präsent eingefangen, und auch die Klangfarben des Orchesters lassen sich einigermaßen einordnen. Die Aufnahme ist von 1948 und dennoch deutlich besser als die beiden fünf Jahre später entstandenen.
    Das reicht dann zumindest mir aus, angesichts der Qualität der Darbietung in Euphorie zu geraten. Es ist schier unglaublich, wie sich da zwei Ausdrucksmusiker gegenseitig die Bälle zuspielen, aufeinander eingehen, einen gemeinsamen Zugang finden. Und was für einen! Voller Energie, voller Leidenschaft. Irrwitzige Tempi, aber auch eine ungeheure Flexibilität. Neben Benedetti-Michelangelis Ehrfurcht gebietenden manuellen Fähigkeiten und Ausdruckswillen kurz nach seinem Debüt ringt mir insbesondere die Leistung der New Yorker Philharmoniker höchsten Respekt ab, die hier offenbar - und unter der Leitung des später verächtlich gemachten Mitropoulos nicht immer selbstverständlich - an der vordersten Stuhlkante spielen und hellwach auf Solisten und Dirigenten reagieren.
    Es ist kein Wunder, dass das New Yorker Publikum damals mit seinem frenetischen Jubel in die Schlussakkorde einfiel, aber sehr schade, dass die Verantwortlichen für das Remastering sich dafür entschieden, das Konzert dennoch mit dem Schlussakkord abzubrechen. Das klingt merkwürdig, ja dilettantisch.
    Wegen des Schumann-Konzerts ist diese Koppelung trotz der technischen Unzulänglichkeiten als Dokument einer hier wirklich kongenialen Leistung unbedingt hörens- und empfehlenswert.
    Violinkonzert op.77 Violinkonzert op.77 (CD)
    21.10.2013
    Booklet:
    3 von 5
    Gesamteindruck:
    3 von 5
    Klang:
    5 von 5
    Künstlerische Qualität:
    3 von 5
    Repertoirewert:
    1 von 5

    Klangschöne Enttäuschung

    Selbst schuld? Sicher. Es gibt keinen vernünftigen Grund zur Annahme, beim Violinkonzert von Brahms könne eine neue Aufnahme sich auch nur annähernd von der unüberschaubaren Konkurrenz absetzen. Und doch hegte ich die Hoffnung auf eine wenn nicht neue so doch wenigstens spannende Sicht auf dieses Werk, nicht zuletzt wegen der unerwartet guten Erfahrungen mit den Brahms-Symphonien unter der Leitung Chaillys in der kürzlich erschienenen Neuauflage aus Leipzig.
    Es gab vor gar nicht langer Zeit bereits eine Aufnahme des Brahms-Violinkonzerts mit Chailly am Pult des Gewandhausorchesters, damals mit Vadim Repin als Solist - klangschön, ohne Extreme und in dieser Haltung sehr überzeugend, zumal Solist und Dirigent in ihren Intentionen eine hohe Übereinstimmung ausstrahlten.
    In dieser Aufnahme nun überträgt sich auf mich eine bemerkenswerte Uneinigkeit, die sich vor allem bei den Tempi bemerkbar macht. Kavakos neigt insbesondere im Kopfsatz dieses ohnehin sehr "kopflastigen" Werkes dazu, zu Gunsten klanglicher Finesse und Klarheit der Formulierung das Tempo in den solistischen Passagen teils extrem zu drosseln. Teilweise scheint die Musik still zu stehen. Das kann man als besonders innig, "einfühlsam" und "poetisch" empfinden, wie es im Werbetext formuliert wird. Mich macht das im Ergebnis nervös, denn zum Teil geht das Gefühl für das Grundmetrum verloren. Eine Vielzahl diesbezüglich weniger ausladender, stringenterer Deutungen von Morini, Kagan, Heifetz, Oistrach und Milstein bis zu Faust, Tetzlaff, Shaham oder Repin klingt für mich bei allen interpretatorischen Unterschieden in den Ansätzen bedeutend überzeugender.
    Dass die Gesamtspielzeit des Kopfsatzes dennoch im Rahmen bleibt, liegt wesentlich am erheblich schnelleren Tempo, das Chailly mit seinem Orchester im Tutti anschlägt. Überhaupt zeigen die Leipziger die gleichen Qualitäten in Bezug auf Klangschönheit, Transparenz, Präzision und solistische Leistungen wie man sie insbesondere auch unter Chailly gewohnt ist. Die Aufnahmetechnik ist mit ihrem Mehr an Volumen in der Tiefe sogar eine Spur besser als in der Aufnahme mit Repin.
    Kavakos nimmt sich in den beiden anderen Sätzen weniger Freiheiten heraus. Man kann ihm angesichts seines obertonreichen, insbesondere auch in Doppelgriffpassagen phänomenal sicheren Spiels ohnehin gut zuhören, auch wenn ich den einen oder anderen hörbaren Lagewechsel ein wenig aufdringlich finde.
    In dem Mix an Zugaben mit Zingharese- und im Falle der Bartok-Rhapsodien genuin ungarischen Klängen zusammen mit dem Pianisten Peter Nagy bleibt Kavakos für mein Empfinden etwas blass und spielt ein wenig zu sehr auf Sicherheit, jedenfalls nicht außerordentlich genug, um den eher durchschnittlichen Eindruck wett zu machen, den das Hauptwerk dieser Zusammenstellung hinterlässt.
    Aus meiner Sicht bei aller Klangschönheit eine verzichtbare Aufnahme.
    Symphonien Nr.1-4 Symphonien Nr.1-4 (CD)
    18.10.2013
    Booklet:
    4 von 5
    Gesamteindruck:
    5 von 5
    Klang:
    5 von 5
    Künstlerische Qualität:
    5 von 5
    Repertoirewert:
    2 von 5

    Konkurrenzfähig

    Wieder einmal die Symphonien von Brahms. Auch wenn die Box mit zwei Weltpremieren aufwartet, den von Paul Klengel orchestrierten Klavier-Intermezzi Op. 116/4 und Op. 117/1, und mit zwei weiteren Neuigkeiten, der Uraufführungsversion des Andante der Ersten Symphonie und der überarbeiteten Fassung der Eröffnung der Vierten, wird man sie sich wohl kaum wegen dieser Dreingaben zulegen.
    Hauptwerke bleiben die vier Symphonien. Warum Chailly? Seine erste Aufnahme dieser Werke mit dem Concertgebouw Orkest, die sehr günstig weiterhin zu haben ist, zeichnete sich durch den wunderbaren Klang des Amsterdamer Orchesters und durch eine hervorragende Aufnahmetechnik aus. Der Ansatz war jedoch durch und durch konservativ.
    In seiner Neuaufnahme nun ist Abkehr angesagt von der traditionellen romantisch-pathetischen Sicht auf die hanseatisch-wienerischen Dauerbrenner. Die Interpretationslinie Weingartner-Toscanini-Walter solle wiederbelebt werden, liest man im durchaus fundierten Begleittext der schönen und wertigen, aber unpraktischen Box.
    Chaillys Version hat sicher nicht die Unerbittlichkeit eines Toscanini oder die unprätentiöse Klarheit eines Walter. Aber ich höre ihn in seiner neuen Interpretation dennoch gern. Hörbar beeinflusst von der "historischen Informiertheit" wählt er rasche Grundmetren, setzt auf Transparenz, die insbesondere den Holzbläsern zugute kommt, animiert das Orchester zu einem agogisch überaus lebendigen und flexiblen Spiel. Manche Temposchwankung, insbesondere manches Accelerando ist gewöhnungsbedürftig, wirkt aber dennoch nicht aufgesetzt. Gerade die Mischung aus Drive und Mömenten des Innehaltens (beispielhaft hierfür sei das Finale der Vierten genannt) ist unheimlich spannend.
    Einen ähnlichen Ansatz verfolgten natürlich bereits Gardiner, Norrington und Mackerras, zuletzt bei der Ersten Dausgaard. Der große Vorteil, den Chailly gegenüber diesen durchaus hörenswerten Aufnahmen geltend machen kann, ist sein Orchester. Das Gewandhausorchester klingt auch in dieser Aufnahme schlichtweg großartig. Dieses dunkle, satte Timbre, dieses Volumen, diese Präsenz auch im Piano, diese außerordentlichen solistischen Leistungen zumal der Hörner - die Leipziger spielen da für meinen Geschmack tatsächlich in einer eigenen Liga.
    Hinzu kommt eine sehr gute Aufnahmetechnik, die mit Fülle, Dynamik, Natürlichkeit und sattem Fundament all die Vorzüge des Orchesters ins rechte Licht rückt.
    Auch wenn Chailly die Brahms-Sicht mit diesen Einspielungen sicher nicht revolutioniert, ist dies für mein Empfinden eine empfehlenswerte Box für jene, die eine schlanke, vitale, dennoch nicht asketische Interpretation dieser Werke in einer zeitgemäßen akustischen Aufbereitung suchen.
    Meine Produktempfehlungen
    • Symphonien Nr.1-4 Symphonien Nr.1-4 (CD)
    • Symphonien Nr.1-4 Symphonien Nr.1-4 (CD)
    • Symphonien Nr.3 & 4 Symphonien Nr.3 & 4 (CD)
    • Symphonien Nr.1-4 Symphonien Nr.1-4 (CD)
    Symphonie Nr.9  C-Dur "Die Große" Symphonie Nr.9 C-Dur "Die Große" (CD)
    15.10.2013
    Booklet:
    3 von 5
    Gesamteindruck:
    5 von 5
    Klang:
    5 von 5
    Künstlerische Qualität:
    5 von 5
    Repertoirewert:
    2 von 5

    Alte neue Freiheit

    Es käme einem Wunder gleich, wenn die neue Aufnahme eines hundertfach eingespielten Werkes die Sicht verändern, ja überhaupt neue Facetten beleuchten könnte. Und doch - obwohl alles gesagt scheint bei der "Großen" C-Dur-Symphonie, obwohl alle Geschmäcker von Toscanini, Furtwängler, Krips, Karajan, Solti, Bernstein, Wand, Harnoncourt, Brüggen, Mackerras, Norrington, Dausgaard und so vielen anderen bereits bedient sind, hört man bei Hengelbrock tatsächlich manches neu.
    Nicht den vibratoarmen Streicherklang, nicht den fein ausgeleuchteten Bläsersatz, nicht die recht zügigen Grundtempi. All dies kennt man schon, ist es bei dieser Musik schon gewohnt. Auch die rundum gelungene Aufnahmetechnik, die mit breitem Panorama, Natürlichkeit und Wärme verwöhnt, macht Freude, sollte aber bei Neuaufnahmen Standard sein.
    Es sind die Temporelationen, die erstaunlichen agogischen Freiheiten, die aufmerken lassen. So stark kontrastierende Metren innerhalb eines Satzes wie bereits zwischen den Themen des Kopfsatzes, so eine willkürliche Beschleunigung wie jene auf dem Höhepunkt des Andante, solche Eigenwilligkeiten ist man heute nicht mehr gewohnt, ja, man betrachtet sie mit Argwohn. Auf mich wirkt diese alte neue Freiheit wohltuend, zumal die Klangkonzeption ganz eindeutig auf Durchhörbarkeit und strukturelle Klarheit ausgerichtet bleibt.
    Hengelbrock gelingt keine - unmögliche - Revolution, er erfindet Schubert nicht neu, aber er lässt aufhorchen, und das ist mehr als zu erwarten war.
    Symphonien Nr.3 & 4 Symphonien Nr.3 & 4 (CD)
    15.10.2013
    Booklet:
    3 von 5
    Gesamteindruck:
    5 von 5
    Klang:
    5 von 5
    Künstlerische Qualität:
    5 von 5
    Repertoirewert:
    3 von 5

    Luftsprünge

    Auf dem Cover sehen wir den jungen (Jahrgang 1977) Pablo Heras-Casado einen Luftsprung machen. Jugendlich wirkt das und nicht einmal besonders unglaubwürdig, wenn man hört, mit welcher Frische er Musik macht..
    Rasche Tempi, markante Akzente, beeindruckende Transparenz, zumal bezogen auf die Bläser. Das alles kennt man natürlich auch bei diesen Werken schon von einer wachsenden Zahl an Aufnahmen aus der "historisch informierten" Ecke. Und dennoch wirken diese Aufnahmen durch den charakteristischen Klang des fabelhaften Freiburger Barockorchesters, durch die - nie manierierten - Eigenwilligkeiten Heras-Casados und nicht zuletzt durch die außerordentlich gelungene Aufzeichnungstechnik besonders, eigenständig.
    Liebevoll wird jeder Satz in den Händen dieser Interpreten zum Individuum geformt. Dass am Ende alles gestalterisch überlegt und dennoch kaum etwas "gewollt" klingt, verdient höchste Anerkennung.
    Das gilt auch für die Toningenineure. Natürlicher Instrumentenklang, hohe dynamische Reserven, klare Staffelung, angenehmer, unaufdringlicher Hall und eine anspringende Direktheit zeichnen die Aufnahme aus.
    Alles in allem eine starke Leistung, die Lust auf mehr Musik in dieser Besetzung macht!
    Klavierquintett op.87 Klavierquintett op.87 (CD)
    04.10.2013
    Booklet:
    4 von 5
    Gesamteindruck:
    4 von 5
    Klang:
    4 von 5
    Künstlerische Qualität:
    4 von 5
    Repertoirewert:
    4 von 5

    Dezenter Bass

    Auf der CD finden sich das berühmte, vielfach hochrangig eingespielte Forellen-Quintett von Franz Schubert und ein bereits 1802 von dem damals ungleich bekannteren Johann Nepomuk Hummel für die gleiche Besetzung (Klavierquartett und Kontrabass) komponiertes Quintett. Wie dem interessanten Begleittext zu entnehmen ist, gab der Musikmäzen Sylvester Paumgartner das Forellen-Quintett bei Schubert in Auftrag und wollte es in der gleichen Besetzung komponiert haben wie ein anderes Quintett von Hummel (jedoch nicht jenes, das hier eingespielt ist).
    Soweit zu den Gründen für die Zusammenstellung der Werke. Das Hummel-Quintett kannte ich vorher nicht, es wird vom Autor des Begleittexts als kompositorisch sehr gelungen bewertet, mich reißt es nicht so mit, Geschmackssache eben. An der homogenen, hörbar durchdachten Wiedergabe durch die Interpreten liegt mein Mangel an Begeisterung jedenfalls nicht.
    Letztlich habe ich mir die Aufnahme doch wegen des Schubert-Werks angeschafft. Wie auch das Hummel-Quintett spielen die Musiker dieser Aufnahme, das Trio Wanderer und zwei "Gäste" an Viola und Kontrabass, das bekannte Stück flüssig, dynamisch, interpretatorisch sicher an der "historisch informierten" Aufführungspraxis orientiert, also schlank, in den Streichern mit relativ wenig Vibrato, gesanglicher Agogik, aber nie aufgesetzt "historisierend" oder blutleer.
    Für mein Empfinden meistern gerade Klavier und Violine die teils halsbrecherischen Schwierigkeiten ihrer Stimmen souverän. Der einzige Wermutstropfen, der für mich auch nach mehrfachem Hören bleibt, ist ein für mein Empfinden unterbelichteter Kontrabass, obwohl ja gerade die Einbeziehung dieser Stimme eine der wesentlichen Besonderheiten dieser Stücke ist. Ich glaube nicht, dass das an der Aufnahmetechnik liegt, denn man kann alles sehr gut durchhören und hat die Musiker plastisch vor sich. Warum sich der Bassist Stéphane Logerot so zurücknahm, ist mir ein Rätsel.
    Ansonsten eine tolle Aufnahme, die mich neugierig auf weitere Einspielungen mit dem Trio Wanderer macht, und die durch die Kompilation des Hummel-Stücks auch eine Repertoire-Erweiterung darstellt.
    Klaviertrios Nr.1 & 2 Klaviertrios Nr.1 & 2 (SACD)
    04.10.2013
    Booklet:
    3 von 5
    Gesamteindruck:
    4 von 5
    Klang:
    5 von 5
    Künstlerische Qualität:
    4 von 5
    Repertoirewert:
    3 von 5

    Gekonnt

    Diese Mendelssohn-Trios sind extrem wirkungsvolle Stücke voller Dramatik, motivisch einfallsreich, gesanglich mit langsamen Sätzen wie Lieder ohne Worte und mit dahinhuschenden Scherzi, wie sie eben typisch sind für Mendelssohn. Es sind teils sehr schnelle Tempi nötig, um den Fluss der Melodien zumal in den Ecksätzen zu gewährleisten.
    Die jungen Musiker, die uns hier diese Werke präsentieren, sind über technische Schwierigkeiten wie erwartet erhaben. Für mein Empfinden gestalten sie die Werke aber auch agogisch und dynamisch sehr gut, sie werden den genannten Anforderungen mehr als gerecht, zumal in den Scherzo-Sätzen finde ich ihre Darstellung auch wirklich mitreißend. Frau Fischer und Herr Müller-Schott haben dabei auch einen sehr schönen Ton mit angenehmem, nicht übertriebenen Vibrato. Überhaupt merkt man auch diesen Musikern an, dass man sich heute in der Instrumentalausbildung wahrscheinlich schon obligatorisch auch mit "historisch-informierter Aufführungspraxis" auseinandersetzt, was eben auch Mendelssohn-Werken sehr gut tut.
    Die einzige kleine Einschränkung (Jammern auf hohem Niveau) möchte ich beim Pianisten machen. Höre ich die Interpretation des Trio Jean Paul, finde ich diese noch ein Quäntchen dramatischer und in der Binnendynamik einen Hauch differenzierter, was ich in erster Linie dem Klavierpart zuschreibe. Ohnehin hat ja das Klavier bei diesen Stücken am meisten zu tun.
    Dennoch, das junge All-Star-Trio spielt auch aus meiner Sicht in der ersten Liga, und es ist ohnehin eine tolle Sache, dass die drei sich nicht auf konzertante Werke beschränken, sondern auch Kammermusik auf so hohem Niveau aufführen und einspielen.
    Die Aufnahmetechnik ist stereo wie im Surround-Klang glänzend, gut gestaffelt, gut durchhörbar, von angenehmer Fülle und Räumlichkeit. Das Booklet enthält einen Einführungstext zu den Werken und Kurzbiografien der Musiker.
    Insgesamt sicher nicht die einzige gute Aufnahme dieser Stücke, aber empfehlenswert.
    Meine Produktempfehlungen
    • Klaviertrios Nr.1 & 2 Klaviertrios Nr.1 & 2 (CD)
    Oktett op.20 Oktett op.20 (CD)
    04.10.2013
    Booklet:
    3 von 5
    Gesamteindruck:
    5 von 5
    Klang:
    5 von 5
    Künstlerische Qualität:
    5 von 5
    Repertoirewert:
    5 von 5

    BeAchtlich

    Ich hatte vor einiger Zeit das Vergnügen, die Geschwister Tetzlaff mit dem Doppelkonzert von Brahms live zu erleben und auch eine phantastisch musikantische Duo-Zugabe von Kodály von ihnen zu hören. Die beiden spielen ja auch im Tetzlaff-Quartett glänzend miteinander und mit ihren Partnern. Sie beweisen hier mit ihren prominenten Mitstreiterinnen und Mitstreitern - Isabelle Faust und Lisa Batiashvili als dritte und vierte Violine bei Mendelssohn, das nennt man Luxusbesetzung! - erneut ihre kammermusikalische Qualität, beide Werke werden mitreißend gut gespielt.
    Besonders angenehm für mich ist ihr sehr auf Agogik, Phrasierung und Dynamik zentrierter Ansatz, während sie mit Vibrato eher zurückhaltend sind. Das tut dem Mendelssohn-Oktett gut, das man allerdings aus All-Star-Einspielungen aus der Alte-Musik-Szene schon ähnlich inspiriert, differenziert und flink kennt (Hausmusik, L'Archibudelli).
    V. a. profitiert aus meiner Sicht hiervon jedoch das Enescu-Stück, das bei einem weniger schlanken Zugang sicher deutlich an Konturen verlieren würde. Trotz dieser Qualität und Durchhörbarkeit behalten die Werke ihren vollen, fast orchestralen Klang, nehmen Sie z. B. den Beginn des Enescu-Oktetts.
    Die Aufnahme ist trotz der Live-Situation ohne nennenswerte Nebengeräusche, sie klingt natürlich, hat Fülle, Tiefe und Präsenz - optimal.
    Aus meiner Sicht eine sehr empfehlenswerte Einspielung.
    Symphonien Nr.1 & 3 Symphonien Nr.1 & 3 (SACD)
    04.10.2013
    Booklet:
    2 von 5
    Gesamteindruck:
    4 von 5
    Klang:
    5 von 5
    Künstlerische Qualität:
    4 von 5
    Repertoirewert:
    2 von 5

    Zweite Auflage

    Vladimir Ashkenazy ist einer dieser unermüdlichen Arbeiter, am Konzertflügel ebenso wie am Dirigentenpult. Was hat diese Doppelbegabung nicht alles aufgenommen solistisch, konzertant wie symphonisch. So eben auch die Sibelius-Symphonien, damals in den 1980ern mit dem Philharmonia-Orchestra, dem er vorstand, für die DECCA; aus meiner Sicht durchaus charismatische, idiomatische und sehr gut klingende Aufnahmen.
    Jetzt diese neue Gesamtaufnahme mit dem Königlichen Stockholmer Orchester, hier die Symphonien 1 und 3 und Rakastava, eine Kammerorchester-Suite. Für mich klingt das Ergebnis abermals überzeugend. Ashkenazy nimmt die Tempi eher straff, straffer als in der ersten Einspielung mit dem Philharmonia Orchestra, lässt aber der Musik stets genug Zeit und Raum, setzt prägnant Höhepunkte, kostet kammermusikalische Momente aus. Es entsteht ein relativ trockener, manchem vielleicht zu wenig gewichtiger Sibelius, präzise, streng, viel kontrollierter als etwa bei Bernstein, aber mitreißend, zudem wirklich superb gespielt von dem schwedischen Orchester. Enorm gut die Klangqualität, diesmal des japanischen Labels Exton, in ihrer Transparenz, räumlichen Auflösung und relativ trockenen, nicht verhallten Klarheit. Im Surround-Modus klingt das alles noch etwas fülliger, differenzierter und bleibt dabei sehr natürlich.
    Die Konkurrenz bei diesem Repertoire ist mittlerweile sehr groß. Wenn man schon gute Aufnahmen dieser Werke besitzt, Barbirollis Einspielungen etwa, gerade in klanglicher Hinsicht auch die Segerstam-Aufnahmen bei Ondine, dann wird man auf Ashkenazy wahrscheinlich verzichten können. Insbesondere für Surround-Freunde ist diese Aufnahme aber sicher eine Überlegung wert.
    Meine Produktempfehlungen
    • Symphonien Nr.1-7 Symphonien Nr.1-7 (CD)
    • Symphonien Nr.1-7 Symphonien Nr.1-7 (CD)
    Symphonie Nr.10 Symphonie Nr.10 (CD)
    02.09.2013
    Booklet:
    3 von 5
    Gesamteindruck:
    4 von 5
    Klang:
    5 von 5
    Künstlerische Qualität:
    4 von 5
    Repertoirewert:
    3 von 5

    Entschärft

    Herbert von Karajan scheint der Zehnten von Schostakowitsch durchaus Sympathie entgegen gebracht zu haben, ist es doch die einzige Symphonie des russischen Komponisten, die er eingespielt hat, dies dafür mehrfach.

    Die Studioaufnahme von 1967, damals war das 1953 entstandene Werk ja tatsächlich "Neue Musik", nimmt sehr für sich ein mit ihrer Virtuosität, aber auch ihrer Energie, ihrer starken Zeichnung. Die Version von 1982 klingt besser, kein Zweifel. Voller, noch wärmer, was das - Klischee, ich gebe es zu - russische Timbre der Berliner auch in dieser Aufnahme noch mehr zur Geltung bringt. Hinsichtlich der Einzelstimmen ist die Neuauflage noch transparenter, ohne jedoch eine künstliche Durchhörbarkeit wie etwa in Karajans Aufnahme der Alpensinfonie zu schaffen, im Bassbereich noch viel substanzreicher.

    Der Ansatz Karajans aus den späten 1960ern ist auch durchaus noch erkennbar, aber alles wird ein wenig weicher, verbindlicher dargestellt. Die Steigerung im Kopfsatz etwa beeindruckt, schmerzt aber nicht wie in der alten Aufnahme, das Scherzo ist weiterhin schnell und wuchtig, schüchtert aber nicht mehr so ein, das Finale wird noch virtuoser vorgetragen, hat aber weniger Schärfe. Es sind geringe Unterschiede, aber sie fallen angesichts der eigenen historischen Konkurrenz und erst recht in Anbetracht der Darstellungen etwa Kondraschins, Mrawinskis oder Sanderlings ins Gewicht.

    Den Vergleich freilich mit so mancher neueren Aufnahme, ich denke dan an Jansons, Barschai (WDR), Shipway oder Rattle, besteht diese Aufnahme aus meiner Sicht problemlos.
    Meine Produktempfehlungen
    • Symphonie Nr.10 Symphonie Nr.10 (CD)
    • Symphonie Nr.10 Symphonie Nr.10 (CD)
    Klavierkonzert Nr.1 für Klavier & Trompete Klavierkonzert Nr.1 für Klavier & Trompete (CD)
    27.08.2013
    Booklet:
    3 von 5
    Gesamteindruck:
    5 von 5
    Klang:
    4 von 5
    Künstlerische Qualität:
    5 von 5
    Repertoirewert:
    5 von 5

    Grenzgänge

    Es handelt sich um Live-Mitschnitte vom Festival in Lugano, bei dem schon einige bemerkenswerte Aufnahmen entstanden. Die Tonqualität überzeugt mit offenem, gut durchhörbaren Klang, zumal im Klavierquintett sind alle Stimmen hervorragend zu hören, Publikumsgeräusche hört man bis auf den tosenden Applaus am Ende der Stücke kaum.

    Ich hatte diese Werke gar nicht so extrem in Erinnerung. Natürlich hat das Klavierkonzert viele grelle, ironische Passagen, sicher deckt das Klavierquintett eine ganze Palette von Stimmungen von karger Lakonie bis hin zu wilden Ausbrüchen ab, aber so expressiv habe ich das alles selten gehört. Das wird schon wesentlich an der Aura Martha Argerichs gelegen haben und an der Spannung der Live-Situation.

    Im Klavierquintett meint man förmlich zu spüren, wie die erstklassigen Solisten sich von Argerichs Spielfreude mitreißen lassen, die mal näher, mal weiter entfernt vom Notentext alle Register zieht, vom fahlen Pianissmo bis hin zu perkussiven Eruptionen. Von Mischa Maisky ist man einen extrem expressiven Stil ohnehin gewohnt, von Renaud Capucon schon weniger; aber auch er zieht mit, und die beiden Mitstreiter Alissa Margulis mit der zweiten Violinstimme und die Bratschistin Lida Chen spielen erstklassig und außerordentlich ausdrucksstark. Diese Auffassung ist ziemlich weit entfernt von klassischen Einspielungen, etwa eines Swjatoslaw Richter mit dem Borodin-Quartett, aber sie ist unheimlich spannend und eine lohnende Ergänzung.

    Gleiches gilt für das Klavierkonzert, bei dem Sergej Nakariakow im Trompeten-Solo glänzend den teils sarkastisch-süßlichen Charakter seiner Stimme erfasst und auch die virtuosen Anforderungen faszinierend lässig meistert. Martha Argerich ist auch hier wieder eine rastlos-umtriebige, bis in die kleinsten Notenwerte gestaltende Solistin; das Orchester der italienischen Schweiz unter Alexander Wedernikow tut alles, um mitzuhalten, was angesichts der solistischen Vorgaben aus Klavier und Trompete hörbar nicht immer leicht ist. Von Lilya Zilberstein, der Duopartnerin der Argerich im Concertino, hat man lange nichts gehört. Schade, auch sie liefert eine ausgezeichnete Leistung ab.

    Aus meiner Sicht also nicht unbedingt mustergültige, aber mitreißende, hochexpressive und lohnende Aufnahmen. Nicht verpassen!
    Streichquartette Nr.1-3 Streichquartette Nr.1-3 (CD)
    27.08.2013
    Booklet:
    3 von 5
    Gesamteindruck:
    4 von 5
    Klang:
    4 von 5
    Künstlerische Qualität:
    4 von 5
    Repertoirewert:
    3 von 5

    Saft und Kraft

    Das Takács-Quartett hat inzwischen die gleichen Werke für Hyperion eingespielt, mittlerweile aber in anderer Besetzung. Als diese Aufnahmen hier entstanden, war der Gründer des Quartetts, Gábor Takács-Nagy, noch Primarius.

    Der Takács-Zugang zu den Brahms-Quartetten bietet keine besonderen Überraschungen. Die romantischen Werke werden romantisch musiziert, mit kräftiger Tongebung, für meinen Geschmack etwas zu wenig moduliertem Vibrato, in zügigen, jedoch nie gehetzten Tempi. Einzelleistungen - ich hebe einmal die wunderbar gesanglich und klar vorgetragenen Violapassagen in Op. 67 hervor - wie Ensembleklang überzeugen, die vier spielten kompakt und homogen, dazu ausgesprochen gut balanciert.

    András Schiff ist dem Quartett ein unaufgeregter Begleiter, der seinen anspruchsvollen Part im Klavierquintett nicht selbstverliebt-solistisch versteht, was die Noten durchaus hergeben würden. Er gliedert sich in den Streicherklang ein. Gerade vom Klavierquintett gibt es unzählige hervorragende Vergleichsaufnahmen. Dennoch ist diese hier sehr hörenswert.

    Am DECCA-Sound mit seiner warmen, vollen Substanz bei trotzdem guter Durchhörbarkeit gibt es wieder einmal nichts auszusetzen. Im Netz wird die neue Aufnahme der Quartette für Hyperion als direkter und energiegeladener bewertet. Gut möglich, trotzdem ist diese hier eine klare Empfehlung wert.
    Sämtliche Streichquartette Vol.1 Sämtliche Streichquartette Vol.1 (CD)
    26.08.2013
    Booklet:
    4 von 5
    Gesamteindruck:
    5 von 5
    Klang:
    5 von 5
    Künstlerische Qualität:
    5 von 5
    Repertoirewert:
    4 von 5

    Kunstprodukt

    Haben die das damals so gespielt, so spielen können? Das ist die Frage, die sich mir immer wieder aufdrängt, wenn ich Präzisions-Ensembles wie dieses Belcea Quartet höre. Haben die ersten professionellen Quartette zur Zeit Beethovens eine derart hohe Legatokultur gehabt, derart mühelos absurd gesetzte Spitzentöne aus dem Stegreif treffen können wie Corina Belcea, eine derartige Vielfalt an agogischen Ausdrucksmöglichkeiten gehabt? Ich bezweifle es und habe so auch meist den Eindruck, dass trotz aller Vibrato- und Agogikdiskussionen "Musikanten"-Gruppierungen wie die Suskes, die Talichs oder die Guarneris näher an der "Wahrheit" liegen als die jungen, ambitionierten, perfekten Quartette unserer Tage.

    Dennoch macht mir das Hören dieser ganz speziellen Ästhetik Freude, gefällt es mir, wenn die vier durch technische Schwierigkeiten völlig unbeeindruckt durch furiose Finalsätze stieben (Opp. 18/1, 2, 4 und 6, Op. 59/3), wenn sie ihr schier unendlich weiches Legato gegen wilde Sforzato-Ausbrüche setzen (Menuett und Trio von Op. 59/3), wenn sie die Ausdruckstiefen von Op. 131 ausloten. Und ich genieße diesen ungeheuer schönen Klang der Aufnahme, den natürlichen, unaufdringlichen Hall, das Raumgefühl, die Natürlichkeit der Instrumentenabbildung, die Dynamik.

    Diese Box - den Anspruch erhebt auch die äußere Gestaltung - ist ein Kunstprodukt, aber eines, das Spaß macht und für mein Empfinden tatsächlich eine weitere, neue Sicht auf diese Großwerke der Quartett-Literatur bietet.
    Hagen Quartett - 30 (SACD) Hagen Quartett - 30 (SACD) (SACD)
    26.08.2013
    Booklet:
    3 von 5
    Gesamteindruck:
    4 von 5
    Klang:
    5 von 5
    Künstlerische Qualität:
    4 von 5
    Repertoirewert:
    4 von 5

    Abgehoben

    Hagen und Myrios. Endlich hat dieses Ausnahme-Quartett auch ein Label gefunden, das eine adäquate Aufnahme-Qualität bietet. Lebendiger Instrumentenklang, starke Dynamik, natürliche räumliche Abbildung und ein ordentliches Spektrum bis in die Tiefe. So kann man, so sollte man Kammermusik genießen dürfen. Erst recht in der Mehrkanalspur mit ihrem Plus an Raum und Volumen.
    In Bezug auf spieltechnische Präzision, Intonation und Ensemblekultur sind die Hagens mittlerweile in einer eigenen Welt angelangt. Interpretatorisch darf man sich auf dieser Basis hier in der Tat auf Extreme einlassen.
    Die Hagens spüren jedem noch so kleinen Detail nach, formen die Themen und Motive zu Gesten, sprechen miteinander und mit dem Hörer. In Dynamik - dies vor allem in den Destillaten Weberns - und Tempi (irrwitzig schnelles Finale von Op. 59/2!) gehen die vier an Grenzen. Bei den beiden alten Wiener Klassikern verfolgen sie mit ihrem ausgesucht eingesetzten Vibrato und ihrer Agogik sicher eher einen "historisch informierten" Pfad, ohne dass das Ergebnis aber wirklich nach historisierendem Ensemble klänge. Warum springt bei mir in diesem Fall - anders als bei ihrer Grieg-Brahms-Kompilation - dennoch nicht der Funke über? Mir fehlt vor allem bei ihrer Sicht auf Mozart und Beethoven bei aller klanglichen Finesse und technischen Souveränität das gewisse Quäntchen Musikantentum. Selbst da, wo sich die Hagens Freiheiten herausnehmen, so etwa bei ihrer auf mich etwas penetrant wirkenden Fermate auf der ersten Viertelpause des Hauptthemas im Finalsatz von K. 428, klingt das abgezirkelt, nicht spontan.
    Es handelt sich dennoch ohne Zweifel um eine sehr gute Einspielung in einer interessanten Zusammenstellung und in einer blendenden Aufnahmequalität. Für mich ohne Suchtfaktor, aber das mag vielen anders gehen.
    Violinkonzerte Nr.1 & 2 (opp.99 & 129) Violinkonzerte Nr.1 & 2 (opp.99 & 129) (CD)
    25.07.2013
    Booklet:
    4 von 5
    Gesamteindruck:
    5 von 5
    Klang:
    5 von 5
    Künstlerische Qualität:
    5 von 5
    Repertoirewert:
    4 von 5

    Neben Oistrach

    Die Violinkonzerte von Schostakowitsch sind beide David Oistrach gewidmet und auch für mich ganz eng mit diesem Interpreten verknüpft. Alle mir bekannten Aufnahmen dieser Werke mit ihm als Solist (Nr. 1 mit Mrawinski, Mitropoulos), Roschdestwenski oder mit Maxim Schostakowitsch in der Oistrach-EMI-Box, Nr. 2 mit Kondraschin oder Swetlanow am Pult) sind hörenswert und ein Maßstab, der vor allem auch deshalb schwer zu erreichen ist, weil Oistrach einen so spezifischen Ton hatte, eine überwältigende Präsenz. Alle diese Dokumente haben leider mehr oder minder ausgeprägte tontechnische Defizite.

    Möchte man nun eine gut klingende Aufnahme haben und trotzdem keinen interpretatorischen Kompromiss eingehen, wird die Luft dünn. Hilary Hahns Beitrag spaltet die Gemüter, mir erscheint sie in ihrer frühen Einspielung des Ersten Konzerts zu leicht und oberflächlich, bei aller technischen Brillanz. Baiba Skride bringt mehr Persönlichkeit ein, kann aber für mein Empfinden nicht aus dem Schatten Oistrachs hervortreten. Viktoria Mullowa ist mir in der Passacaglia des Konzerts Nr. 1 zu distanziert. Oistrachs Schülerin Lydia Mordkowitsch tritt ihr Erbe ziemlich überzeugend an, bleibt aber doch ein Stück individueller Farbgebung schuldig. Die Liste ließe sich erweitern.

    Die vorliegende Aufnahme besticht nun tatsächlich durch mehrere Vorzüge.
    Sie erfüllt die heutigen Ansprüche an eine hervorragende tontechnische Umsetzung mit plastischer, natürlicher Abbildung des Solisten und der Orchestergruppen, mit viel Räumlichkeit und Transparenz, mit einer großen dynamischen Breite und ausreichend Volumen in den tiefen Registern.
    Die Leitung des bestens disponierten, homogen, virtuos und farbenfroh aufspielenden BBC Symphony Orchestra durch Schostakowitschs Sohn Maxim ist wie schon in seiner Münchner Aufnahme der Violoncellokonzerte mit Heinrich Schiff von außerordentlicher Differenziertheit. Die Detailfreude wird bei ihm dabei hier nie zur Detailverliebtheit, die den Blick auf die Zusammenhänge verstellte. Der Orchesterpart ist stets präsent, lässt dem Solisten dennoch genügend Raum zur Gestaltung und zwingt ihn nie zum forcierten Spiel.
    Schließlich Daniel Hopes Leistung. Sein Ton erreicht zumindest für mein Empfinden nie die raumgreifende Wärme David Oistrachs, als Gestalter hingegen überzeugt Hope voll und ganz. Er deckt ein breites Spektrum an Klangfarben und Stimmungen ab, mal grob akzentuiert, mal fast feminin zart, mal eindringlich deklamierend, immer lebendig, nie starr. Dankenswerter Weise spielt er sich auch nie selbstverliebt in den Vordergrund, stellt sich nicht über den Notentext, sprengt keine Grenzen. Er schafft tatsächlich das Kunststück, den Werken ohne aufgesetzte Effekte seinen persönlichen Stempel aufzudrücken.

    Daniel Hopes Einspielungen werden - wenigstens bei mir - nie den Aufnahmen des Widmungsträgers den Rang ablaufen, aber sie sind eine hervorragend klingende wirkliche Alternative. Das soll dem britischen Geiger erst einmal jemand nachmachen.
    Symphonie Nr.7 "Leningrad" Symphonie Nr.7 "Leningrad" (CD)
    25.07.2013
    Booklet:
    3 von 5
    Gesamteindruck:
    5 von 5
    Klang:
    5 von 5
    Künstlerische Qualität:
    5 von 5
    Repertoirewert:
    4 von 5

    Sturm über Dundee

    Wer kommt auf den geteilten Zyklus mit dem Scottish National Orchestra und den Götheborger Symphonikern unter Neeme Järvi, wenn es um gewichtige Beiträge zur Schostakowitsch-Diskographie geht? Ich bislang jedenfalls nicht. Ein Fehler, den ich gern korrigieren lasse.

    Aufnahmetechnisch ist diese digitale Studio-Einspielung der Symphonie Nr. 7 von Dmitri Schostakowitsch mit dem Schottischen Orchester vom Februar 1988 ein Leckerbissen mit einem warmen, fülligen, sehr gut durchhörbaren, extrem dynamischen und über alle Frequenzen souveränen Klang, was auch an der im Booklet zurecht gelobten großartigen Akustik der Caird Hall in Dundee/Schottland gelegen haben mag.

    Viel erstaunlicher ist die Interpretation. Gleich von Beginn an reißt Järvi den Hörer in den Strudel der Musik, mit einem ungewohnt schnellen Tempo im Hauptthema des Kopfsatzes; nach wunderbar ausgesungenem Seitenthema gerät die berühmte Ostinato-Steigerung mit dem Piefke-Thema nachgerade zum Inferno. Wie ein Orkan zieht die Musik über einen hinweg. Trotz aller Detailliertheit - selbst inmitten der Klangmassen der Klimax kann man noch gut die Stimmen verfolgen und orten - entsteht nie der Eindruck des Akademischen. Die Wirkung ist - jedenfalls für mich - um ein Vielfaches stärker als in klangadäquaten Vergleichsproduktionen, etwa mit Jansons, Barschai oder Gergiew. Kondraschins Drive ist auch bei der Leningrader Symphonie noch unerbittlicher, klanglich kann die Melodiya-Aufnahme leider mit dieser hier nicht mithalten.

    Järvi erweist sich auch in den folgenden Sätzen als ein Meister der Stimmungen, als suggestiver Klangfarbenartist, spielt mit Tempo, Dynamik und instrumentalen Schattierungen. Tatsächlich erinnert die dramatisch-intensive Herangehensweise ein wenig an Ewgeni Mrawinskis Interpretationen, dem Järvi diese Aufnahme widmete - vielleicht ein Werbegag, aber kein völlig absurder. Auch der scharfe Klang des Blechs klingt sehr nach dem russischer Klangkörper. Trotzdem ist Järvi weit von Epigonentum entfernt, sondern findet seinen eigenen Weg, eine Art Gegenposition zu der gleichfalls spektakulär intensiven, aber extrem breiten Chicagoer Aufnahme von Leonard Bernstein.

    Ich bin verblüfft von dieser Aufnahme, die zumindest für meinen Geschmack eine der interessantesten modernen Einspielungen des Werkes bietet und dennoch weitgehend unbeachtet ist.
    Symphonien Nr.11 & 12 Symphonien Nr.11 & 12 (CD)
    25.07.2013
    Booklet:
    3 von 5
    Gesamteindruck:
    5 von 5
    Klang:
    5 von 5
    Künstlerische Qualität:
    5 von 5
    Repertoirewert:
    4 von 5

    Unterbewertet

    Neeme Järvi legte Ende der 1980er Jahre mit zwei Orchestern und verteilt auf die zwei Labels Chandos und Deutsche Grammophon einen kompletten Zyklus der Symphonien Dmitri Schostakowitschs vor, dessen Bekanntheit sich wahrscheinlich auch wegen des Labelwechsels in Grenzen hält. Ich habe Järvi als Schostakowitsch-Interpreten spät entdeckt und bin froh, dass die meisten Aufnahmen noch erschwinglich neu oder gebraucht zu erwerben sind.

    Neeme Järvi gibt in der Regel ein schnelles Tempo vor. Das trifft auch für die Kernwerke der vorliegenden Doppel-CD, die Symphonien Nr. 11 und 12, zu. Sein Zugang zeichnet sich durch einen ausgeprägten Impuls ebenso aus wie durch eine extrem differenzierte Behandlung der Orchesterstimmen.
    Es gelingt ihm, durch geschickte Betonung so manche Nuance, manche Verfremdung hervorzulocken, die bei anderen Dirigenten auf der Strecke bleibt.
    Spannung erzeugt Järvi darüber hinaus durch eine gewaltige dynamische Bandbreite, die glücklicher Weise sowohl von den Chandos- als auch hier von den DG-Technikern umfassend abgebildet wurde.

    In der epischen Symphonie Nr. 11 überzeugt mich so das Ergebnis von Järvis Dirigat voll und ganz, die atmosphärische Dichte, die Vielfalt der Stimmungen, die packende Intensität der Interpretation entkräftet jeden Vorwurf des Plakativen. Es ist eine andere Sicht als die Mstislaw Rostropowitschs, eine, die eher mit jener Kirill Kondraschins vergleichbar ist, wobei dieser erwartungsgemäß noch drastischer an das Werk heranging.

    Geradezu erstaunt war ich beim Hören der Symphonie Nr. 12, zu der ich nie eine besondere Zuneigung entwickelt habe. Tatsächlich klingt auch hier manches plötzlich doppelbödig und unterschwellig bösartig, was mir bislang immer nur oberflächlich und bombastisch erschien.

    Zu den Dreingaben, der Filmmusik zu Hamlet, der Balletsuite "Das goldene Zeitalter" und der Ouvertüre über russische und kirghisische Themen, kenne ich keine Vergleichsaufnahmen. Alle diesen "kleinen" Werke werden in jedem Fall von Järvi und seinen famos aufgestellten Göteborger Symphonikern ernst genommen und spannend dargeboten.

    Angesichts der zudem klanglich voll befriedigenden Umsetzung mit bemerkenswerten Tiefbass-Qualitäten, starker Dynamik und guter Transparenz handelt es sich auch bei dieser Aufnahme nach meiner Auffassung um einen überaus hörenswerten Geheimtipp für Schostakowitsch-Freunde auf der Suche nach der Synthese aus Spitzeninterpretation und Spitzenklang.
    Symphonie Nr.11 "1905" Symphonie Nr.11 "1905" (CD)
    25.07.2013
    Gesamteindruck:
    5 von 5
    Klang:
    2 von 5
    Künstlerische Qualität:
    5 von 5
    Repertoirewert:
    5 von 5

    Maßstab

    Je mehr Aufnahmen von Dmitri Schostakowitschs Symphonien mit Jewgeni Mrawinski am Pult der Leningrader Philharmoniker ich höre, desto stärker verdichtet sich der Eindruck, dass dieser Dirigent schlicht in einer eigenen Kategorie agierte.
    Ich mag gut klingende Aufnahmen, gerade bei dieser opulent orchestrierten monumentalen Symphonie. Höre ich dann Mrawinskis Deutung, wird die auch für das Aufnahmejahr 1959 mäßige sowjetische monaurale Studioqualität mit eingeschränkten Tiefbassreserven und limitierter Dynamik zur Nebensache.
    Mrawinskis Darstellung packt, rührt an, bestürzt; egal, ob es sich um die unheimliche Ruhe vor dem Sturm im Kopfsatz, um die brutalen Attacken des Allegros, die fast surreale Schönheit des klagenden Gedenkgesangs oder das markerschütternde Sturmgeläut im Finale handelt. Wieder einmal spielen die Leningrader Philharmoniker ungeheuer intensiv und beteiligt, und das unter Studiobedingungen. Kaum zu glauben!
    Angesichts der atmosphärischen Dichte, die Mrawinski auch bei diesem Werk erzeugt, haben es bei mir auch Schostakowitsch-Kapazitäten wie Mariss Jansons, Rudolf Barschai, Dmitri Kitajenko oder Bernard Haitink schwer, deren Aufnahmen mich alle nicht zuletzt wegen einer hervorragenden tontechnischen Umsetzung stark beeindrucken, mir aber nicht dermaßen unter die Haut gehen.
    Für mich sind bei der Elften eigentlich nur die infernalische Wucht Kirill Kondraschins (immerhin in Stereo) und die langsame, aber dafür bohrend-intensive, hochemotionale Londoner Live-Aufnahme Mstislaw Rostropowitschs konkurrenzfähig, wenigstens letztere auch ein akustischer Hochgenuss.
    Meine Produktempfehlungen
    • Symphonie Nr.11 "1905" Symphonie Nr.11 "1905" (SACD)
    1 bis 25 von 103 Rezensionen
    1
    2 3 4 5
    Newsletter abonnieren
    FAQ- und Hilfethemen
    • Über jpc

    • Das Unternehmen
    • Unser Blog
    • Großhandel und Partnerprogramm
    MasterCard VISA Amex PayPal
    DHL
    • AGB
    • Versandkosten
    • Datenschutzhinweise
    • Impressum
    • Kontakt
    • Hinweise zur Batterierücknahme
    * Alle Preise inkl. MwSt., ggf. zzgl. Versandkosten
    ** Alle durchgestrichenen Preise (z. B. EUR 12,99) beziehen sich auf die bislang in diesem Shop angegebenen Preise oder – wenn angegeben – auf einen limitierten Sonderpreis.
    © jpc-Schallplatten-Versandhandelsgesellschaft mbH
    • jpc.de – Leidenschaft für Musik
    • Startseite
    • Feed
    • Pop/Rock
    • Jazz
    • Klassik
    • Vinyl
    • Filme
    • Bücher
    • Noten
    • %SALE%
    • Weitere Weitere Bereiche
      • Themenshops
      • Vom Künstler signiert
      • Zeitschriften
      • Zubehör und Technik
      • Geschenkgutscheine
    • Anmelden
    • Konto anlegen
    • Datenschutzhinweise
    • Impressum
    • Kontakt