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    miss.mesmerized Top 100 Rezensent

    Aktiv seit: 25. Oktober 2014
    "Hilfreich"-Bewertungen: 11
    108 Rezensionen
    Der Mann, der Luft zum Frühstück aß Der Mann, der Luft zum Frühstück aß (Buch)
    19.02.2017

    Der Mann, der Luft zum Frühstück aß

    Erst lässt ihn seine Mutter nach der Geburt bei den Großeltern zurück, dann taucht sie plötzlich wieder auf und verpflanzt den Jungen von der polnischen Provinz in die österreichische Hauptstadt. Da er der neuen Sprache nicht mächtig ist, kommt er in eine Klasse mit anderen etwas langsamen Kindern, womit Walerian aber gut umgehen kann, es sind ohnehin nicht die Dinge der Lehrer, die man fürs Leben braucht. Die Schulzeit lässt sich so gut rumbringen. Auch die Handelsschule dient zur Vorbereitung auf das Leben - wenn man während der Unterrichtszeit das echte Leben außerhalb der Schule studiert. Dass die Chancen auf ein erfolgreiches Berufsleben für ihn so erst einmal nicht gut aussehen, liegt auf der Hand, aber ein cleverer Pole lässt sich davon nicht unterkriegen und weiß sich durchzuschlagen.

    Die Beschreibung des Buchs klang verlockend und interessant. Nach dem Lesen frage ich mich jedoch, was Radek Knapp eigentlich mitteilen oder erzählen wollte. Mir fehlt das Ziel des Buchs, die Aussage. Ja, ein zwangsweiser Emigrant, dem es gelingt, sich in der neuen Heimat durchzuschlagen - aber bei Walerian scheint vieles zufällig und nicht planmäßig zu geschehen, als Vorbild taugt das nicht. Auch wird er weder zum Aufsteiger noch kann er wirklich ein eigenes Ziel erreichen, weder beruflich noch privat. Beziehungen zwischen den Figuren tauchen auch nur rudimentär am Rande auf, das komplexe Verhältnis zu Mutter wird über die ersten zusammenfassenden Zeilen der jüngeren Kindheit nicht thematisiert.

    Gelungen fand ich die Passagen über Walerians Schulzeit, die nebenbei typische Versäumnisse der Integration offenlegt. Sein Berufs- und Erwachsenenleben hingegen konnte mich nicht überzeugen, zu belanglos bleiben die Episoden, zu wenig Aussagekraft, um mir als Leser etwas zu sagen. Der lockere Plauderton, der auch durchaus zum Protagonisten passt, verleiht dem Roman durchaus eine unterhaltsame Leichtigkeit beim Lesen, ist mir insgesamt aber zu wenig, um zu überzeugen.
    Betrunkene Bäume Betrunkene Bäume (Buch)
    08.02.2017

    Betrunkene Bäume

    Nicht einmal volljährig läuft Katharina von zu Hause weg, als ihr Vater sich entschließt, einen Auftrag in Sibirien anzunehmen. Ihr Dealer vermittelt ihr eine Bleibe in einem weitgehend unbewohnten Haus. Nur nebenan lebt noch ein älterer Herr, Erich, genaugenommen Professor Erich Warendorf, ein Experte für betrunkene Bäume, wie man sie im Permafrost, im ewig Eis Sibiriens finden kann. Aber nicht nur Bäume hat er dort gefunden, sondern auch seine Frau Dascha, die er unheimlich vermisst, vor allem jetzt, wo er älter wird und ihm seine Tochter Irina zunehmend seine Freiheiten beschneidet. Eine ungewöhnliche Freundschaft entsteht, Katharina hilft dem älteren Mann sich ein wenig Unabhängigkeit zu erhalten und seine Forschung fortzusetzen; er erzählt ihr von Sibirien, wohin er einst zu Forschungszwecken aufbrach und wo jetzt Katharinas Vater ist.

    Ein ungewöhnliches Buch, das einem jedoch sofort als Leser gewinnen kann. Man hat häufiger Bücher über Freundschaften zwischen jüngeren und älteren Figuren gelesen, Betrunkene Bäume würde ich hier nicht unbedingt einordnen, es ist keine wirkliche Freundschaft, die Katharina und Erich verbindet, eher eine Zweckgemeinschaft und der Wille, dem anderen nicht durch aufdringliche Fragen zu nahe zu kommen, sondern ihm bzw. ihr die notwendigen Freiheiten zu gewähren. So stellen sie sich nicht viele Fragen, können aber beide durch scharfe Beobachtung die Lage des anderen erschließen. Freundschaft ist nicht das zentrale Element des Romans, ich würde es eher in der Liebe verorten, der Liebe zur Natur vor allem. Erich liebt seine Bäume, er spricht mit ihnen, hegt und pflegt sie, wie man Kinder aufzieht und behütet. Durch diese Liebe zur Natur kann die Liebe zu einem Menschen, Daria, entstehen, nur so lernt er sie überhaupt kenne, aber auch nur hierdurch verliert er sie. Die Frage bleibt nicht offen, welche der beiden Lieben am Ende des Lebens mehr zählt.

    Auch wenn das Buch oftmals melancholisch ist, die harte Wirklichkeit des Älterwerdens und den damit verbundenen Einschränkungen, der Verlust eines geliebten Menschen, Katharinas Verlorenheit in ihrem eigenen Leben, erdrückt einem diese Stimmung jedoch nicht. Die Wechsel zwischen den Figuren und den Zeiten, viele Jahrzehnte zuvor in Sibirien, dagegen Deutschland heute, lockern den Erzählfluss immer wieder auf. Komische Momente, insbesondere durch Erichs nachlassende Souveränität im Alltag, lassen einem manchmal sogar schmunzeln. So entsteht eine durchaus tiefgründige, wenn auch langsame und gediegen dahinfließende Geschichte.
    Rain Dogs Adrian McKinty
    Rain Dogs (Buch)
    05.02.2017

    Rain Dogs

    Der Diebstahl eines Portemonnaies führt Sean Duffy in ein Hotel, in dem bereits die Delegation finnischer Wirtschaftsbosse auf ihn und sein Team warten. Der Fall scheint schnell gelöst, doch nur einen Tag später wird die Journalistin, die die ausländischen Gäste begleitet, im Hof von Carrickfergus Castle tot aufgefunden. Es scheint Zufall zu sein, denn die Finnen haben ein Alibi und alle Anzeichen weisen auf Selbstmord hin. Sean Duffy hat jedoch Zweifel; irgendetwas, das ihm offenbar entgeht, aber von seinem Unterbewusstsein registriert wurde, hält ihn an dem Fall fest. Er soll Recht behalten und die junge Frau wird nicht das einzige Opfer in diesem Komplott bleiben.

    Einmal mehr kann Adrian McKinty mit seinem unkonventionellen Ermittler überzeugen. Duffy, der hartnäckige Ermittler, der sich auch von höchsten Ämtern nicht einschüchtern lässt und seinem Instinkt folgt, wenn es um Gerechtigkeit geht. Dagegen der Privatmensch, der gute, erstaunlicherweise klassische Musik schätzt und sich einer herrenlosen Katze annimmt – was diese ihm mit einer Rettungsmission dankt. Wie immer bestimmt der Handlungsort, das Flair der rauen Sitten von Belfast im Jahr 1987, maßgeblich die Handlung. Nie steigt Duffy in seinen Wagen, ohne sich vorher versichert zu haben, dass keine Bombe angebracht ist. Ein kluger Schachzug, der ihm das Leben rettet. Die Menschen sind abgebrüht, das harte Klima der Straße, die ewigen Kämpfe haben sie stumpf gemacht und so schrecken sie auch nicht davor zurück, auf ehemals gute Freunde zu schießen.

    Der fünfte Fall der Reihe führt ihn auch nach Finnland, eine bisweilen komische Angelegenheit, die einmal verdeutlicht, wie es McKinty gelingt, das Setting in die Handlung einzubinden und keine beliebigen Krimis zu schreiben. Das Buch bietet darüber hinaus zahlreiche Bezüge zu tatsächlichen Skandalen – Jimmy Savile wohl der prominenteste unter ihnen – die einmal mehr die Authentizität des Romans unterstreichen. Alles in allem, beste Unterhaltung in kalten Umfeld der nordirischen Aufstände.
    Das Buch der Spiegel Das Buch der Spiegel (Buch)
    02.02.2017

    Das Buch der Spiegel

    Beinahe hätte der Literaturagent Peter Katz das ungewollt eingesandte Manuskript übersehen. Schnell fesselt ihn der Text von Richard Flynn, der angeblich auf wahren Begebenheiten basiert und den Tod des berühmten Psychologen Wieder zwanzig Jahre zuvor in ein neues Licht rücken würde. Schnell ist Katz fasziniert von dem Roman, der das Zusammenleben von Flynn und der Studentin Laura Baines beschreibt, die bei Wieder am Seminar tätig war. Sie ist es auch, die die beiden Männer bekannt macht. Trotz der Unterschiede finden sie sich interessant und eine Art Freundschaft entsteht, die jedoch an einem alkoholschweren Abend ein tragisches Ende nimmt. Es fehlt jedoch der Ausgang der Geschichte und Katz beauftragt einen befreundeten Privatdetektiv, der Sache nachzugehen. Doch statt Klarheit wirft der Fall immer weitere Fragen auf.

    Dem Roman „Das Buch der Spiegel“, das fast gleichzeitig von namhaften Verlagen in verschiedenen Ländern veröffentlicht wird, geht eine ordentliche Werbemaschinerie voraus, so dass die Neugierde unweigerlich geweckt wird und die Erwartungen hoch sind. Ein Mord, zwanzig Jahre lang ungeklärt, viele Verdächtige, unzählige Versionen der Geschehnisse des betreffenden Abends – das alles in einer durchaus reizvollen Erzählstruktur. Drei unterschiedliche Figuren nähern sich den Ereignissen aus unterschiedlichem Blickwinkel: der Literat, der nach einem guten Text sucht; der Detektiv, der seinem Bauchgefühl folgt und sein Privatleben hinter die Ermittlungen stellt und der Polizist, der seinen noch offenen Fall klären will. Diese unterhalten sich mit den Verdächtigen und folgen den ihnen vorliegenden Spuren mit dem Ergebnis, dass immer wieder andere Versionen der Geschehnisse in den Fokus rücken. Ein im Ansatz wirklich cleveres Spiel mit dem Leser.

    Die anfängliche Spannung und Begeisterung, die ich – ähnlich wie Katz beim Lesen des Manuskripts Flynns – spürte, verlor sich jedoch leider mehr und mehr im Laufe der Handlung. Ebenso wie John Keller, der private Ermittler, war mein Interesse an dem Fall nach etwa 2/3 der Handlung ziemlich erschöpft und das letzte Drittel mehr ein Abhandeln als ein Lesegenuss. An der Grundstruktur lag es nicht, diese ist einfallsreich gestaltet, aber die Figuren konnten nicht überzeugen. Durch die drei Wechsel der Perspektiven blieben die Protagonisten schwach, undefiniert und unscheinbar. Zudem waren mit die Vorkommnisse des entscheidenden Abends einerseits zu wirr und andererseits letztlich etwas zu konstruiert, um nur ansatzweise glaubhaft zu sein. Zwar gab es ein starkes Motiv, aber mich überzeugen Bücher mehr, deren Lösung von Beginn an angelegt ist und die nicht als zufälliges Beiprodukt plötzlich wie Deus ex Machina auftauchen.

    Daher leider das Fazit: gute Idee, starker Anfang und dann leider zu sehr nachgelassen.
    Ab morgen wird alles anders Ab morgen wird alles anders (Buch)
    28.01.2017

    Ab morgen wird alles anders

    Ab morgen wird alles anders – in fünf Geschichten erzählt Anna Gavalda, wie sich für ihre Figuren das Leben verändert, den entscheidenden Moment, der den Morgen in einem anderen Licht und das Leben wieder lebenswert erscheinen lässt. Ein Mann muss seinen Hund in seinen letzten Stunden begleiten, doch der Verlust des geliebten Begleiters wird durch eine andere Beziehung abgelöst. Mathilde, die durch ihre Unachtsamkeit viel Geld verliert, das ihr nicht einmal gehört. Ein Vater, der in einer fast aussichtslosen Situation plötzlich den Kern erkennt. Yann, dem ein langer alkohollastiger Abend den nötigen Antrieb gibt und eine lange Partynacht, die zufrieden im ersten Zug des Morgens endet.

    Anna Gavalda, die in Deutschland mehr durch ihre Romane bekannt geworden ist, liefert hier kurze Einblicke, die natürlich hinter der Langform zurückbleiben müssen, was Entwicklung und Tiefe der Figuren angeht, dies liegt in der Natur der Sache. Auch wenn einzelne Kurzgeschichte schon eine beachtliche Länge haben, bleiben es doch Momentaufnahmen, die – wie der Titel bereits suggeriert – auf diesen einen Moment konzentriert sind. Wie auch in ihren Roman erkennt man die Autorin hier wieder: Die typischen, ganz normalen Menschen, die sich dadurch auszeichnen, dass sie kaum anders sind als der Leser selbst und dieser sich in ihnen wiederfinden kann. Dazu eine Sprache ohne Ecken und Kanten, die gemächlich dahinfließt und immer eine etwas süßlich, kuschelige Note hat.

    Für mich interessant zu beobachten war die Tatsache, dass mich die drei Geschichten mit männlichen Protagonisten mehr ansprechen konnten als die weiblichen Figuren. Die Szene in der Schule, in der der Vater eine wirklich überzeugende Rede hält und eine bemerkenswerte Wendung herbeiführt, in dem er die Situation aus Kindersicht deutet und eben nicht den Blickwinkel der Erwachsenen annimmt, war dabei der insgesamt stärkste Moment des Buchs. Der abendliche Plausch bei den Nachbarn gefiel mir besonders wegen des ansprechenden Ambiente, in dem die Autorin die Szene verortete.

    Alles in allem, ein in sich stimmiges Büchlein für zwischendurch, das keinen besonderen Tiefgang hat, aber als ein geselliger Begleiter für eine nette Lesezeit sorgt.
    Die Geschichte eines neuen Namens Elena Ferrante
    Die Geschichte eines neuen Namens (Buch)
    08.01.2017

    Die Geschichte eines neuen Namens

    Die Geschichte um Elena und ihre Freundin Lila geht weiter, nachdem die beiden Mädchen die Kindheit hinter sich gelassen haben, inzwischen 16 sind, kommen die schweren Jugendjahre und der Weg des Erwachsenwerdens. Elena besucht weiterhin die Schule, die ihr mal mehr mal weniger Freude macht, langsam ihren Weltblick verändert und sie zunehmend vom Rione entfernt. Für das Studium geht sie sogar nach Pisa, was den endgültigen Bruch mit ihrer Heimat bedeutet. Aus der Ferne beobachtet sie die Entwicklung Lilas, die früh heiratete und dann in einer unglücklichen Ehe feststeckt. Das Leben ist ein täglicher Kampf mit ihrem Mann aber auch ihrem eigenen Jähzorn. Die Aufgaben einer Ehefrau erfüllt sie nicht, insbesondere wird sie nicht schwanger. In die Geschäfte ihres Mannes mischt sie sich immer wieder ein, wie es ihr gerade in den Sinn kommt. Die Wankelmütigkeit der Kindheit setzt sich fort und letztlich riskiert Lila alles, wovon sie eigentlich geträumt hatte.

    Nach dem begeisternden ersten Band waren die Erwartungen hoch an den Fortlauf der Geschichte. Immer noch gefällt mir Elena Ferrantes Erzählstil unheimlich gut. Man taucht ein in das Leben des neapolitanischen Vorortes der 50er/60er Jahre und erlebt die Geschehnisse durch Elenas Augen. Die Handlung bleibt in diesem Teil überschaubar. Rund um Elena wird vieles gerafft und zusammengefasst, was ich etwas schade finde, auch ihre Erlebnisse als Studentin hätten mich interessiert, gerade die Anpassungsschwierigkeiten als Mädchen aus einfachen Verhältnissen, die plötzlich von der Intelligenzija umgeben ist, wäre durchaus lesenswert gewesen. Dies wird aber nur in wenigen Sätzen angerissen. Auch das Buch, das sie schreibt, hätte für meinen Geschmack mehr Raum einnehmen dürfen.

    Es bleibt daher die Geschichte von Lila. Die pompöse Hochzeit und der folgende Absturz. Die Prügeleien des Gatten – die erschreckenderweise niemanden wirklich stören, denn das scheint der Alltag aller Frauen zu sein. Immer wieder rafft sie sich auf, nimmt ihr Leben in die Hand, wird erfolgreiche Geschäftsfrau, aber es bleibt ihr schwierigster Charakterzug: wenn sie sich für etwas begeistert, gibt sie all ihr Herzblut und Energie, aber sobald sie bekommen hat, wovon sie träumte, ist der Reiz weg und sie wirft ohne zu zögern alles hin. Dies ist eine gewisse Konstanz in ihren sonst eher unstetigen Leben. Großen Raum in der Erzählung nimmt ein Sommer auf Ischia ein, in dem sich Lila verliebt und sieht, was aus ihr auch hätte werden können. Sie empfindet es zunächst als Liebe, aber letztlich war auch Nino nur etwas, das jemand anderes – Elena in diesem Fall – hätte haben können und das sie ihr nicht gönnt.

    Gut gefallen haben mir Ferrantes Wechsel in der Erzählgeschwindigkeit. Mal vergehen die Jahre wie im Flug, wenn Elena augenscheinlich vor Arbeit und Lernerei gar nicht merkt, wie die Zeit verfliegt, und dann wieder fast minutiös zu berichten, wir der Sommer am Meer vergeht, der auch in der Wahrnehmung der Figuren viel langsamer verläuft. Der Kontrast der Mädchen, ihr heimlicher Kampf darum, mehr zu erreichen und besser zu sein als die andere und eigentlich nicht zu wissen, was sie im Leben wollen, was ihnen wichtig ist und welcher Sieg am Ende wirklich etwas wert ist, dies ist der für mich interessanteste Aspekt der Lektüre. Auch die schwierigen Beziehungen der Figuren untereinander, Elena zu ihrer Familie, aber besonders auch die mafiösen Strukturen im Ort, haben ihren erzählerischen Reiz. Leider kommt es im zweiten band etwas zu Längen und bisweilen hatte ich den Eindruck, dass sich vieles im Kreis dreht und nicht recht voran geht, daher ein kleiner Abzug für die durchaus gelungene Fortsetzung der Saga.
    Glücksmädchen Glücksmädchen (Buch)
    03.01.2017

    Glücksmädchen

    Die 8-jährige Lycke wird vermisst. Ihre Stiefmutter hatte sie beim Tennistraining abgesetzt, doch dieses fiel aus und nun fehlt von dem Mädchen jede Spur. Die Polizei scheint nur halbherzig zu suchen, doch die Reporterin Ellen Tamm ist sofort alarmiert: ihre Zwillingsschwester Elsa verschwand ebenfalls als Kind. Schnell wird der Fall eine Meldung für ihren Sender und dank ihrer Kontakte zur Polizei, kann sie an vorderster Front berichten. Aber das reicht ihr nicht. Besessen vom Tod Elsas ermittelt Ellen auf eigene Faust und bringt sich damit selbst in Gefahr.
    Der Krimi konnte mich leider weder packen noch kam beim Lesen zu irgendeinem Zeitpunkt Spannung auf. Die Handlung war mir alles in allem zu konstruiert und zu wenig motiviert. Leider fehlen dem Roman auch die Sympathieträger, alle Figuren sind auf unterschiedliche Art abstoßend und nervend, so dass man bald schon keine Lust mehr hat, sich mit ihnen auseinanderzusetzen. Insbesondere die Protagonistin wirkt unangenehm penetrant und ohne jeden Sinn für das menschliche Miteinander; hinzukommt, dass ihr Handeln leider völlig unrealistisch ist. Ziemlich unbehelligt tappt sie an Tatorten rum, kann wichtige Zeugen befragen und lässt die Stockholmer Polizei unfähig und eher wie Landpolizisten wirken, was leider sehr weit hergeholt scheint. Der Roman arbeitet vorwiegend mit Versatzstücken, die sich in den letzten Jahren gut verkauft haben: Handlungsort Skandinavien, zerrüttete Familien, korrupte Polizei, unerschrockene Ermittlerin mit Depression – diese werden wenig kreativ und unter Verzicht auf innovative Ansätze und Spuren aneinander geklatscht. Dazu eine parataktische Sprache, die nie einen Erzählfluss findet und immer wieder holprig wirkt, insbesondere die Dialoge sind hölzern und wenig realistisch. Alles in allem, eine ziemliche Enttäuschung.
    Das Nest Das Nest (Buch)
    11.12.2016

    Das Nest

    Jahrelang haben sie darauf gewartet, jetzt endlich wird es so weit sein. Der Vater hat es zu einem kleinen Vermögen gebracht und seine vier Kinder sollen auch eine kleine Rücklage erhalten. Aber erst, wenn die jüngste ihren vierzigsten Geburtstag feiert, denn der Vater glaubte an harte Arbeit und die Mühe, sich selbst etwas zu erschaffen. Melody, Jack, Bea und Leo haben sich immer auf diese Rücklage verlassen, wissend, dass es sich um etwa eine halbe Million Dollar für jeden handeln dürfte. Im Wissen, dass irgendwann das Erbe, von allen nur „das Nest“ genannt, kommen würde, haben sie ganz unterschiedlich über ihren Verhältnissen gelebt. Doch ein unglaubliches Ereignis, ausgelöst durch den ältesten der vier, Leo, der in seinem Leben schon häufig sehr leichtsinnig agierte, macht schlagartig alle Hoffnung zunichte. Doch so einfach wollen sich die drei anderen nicht abspeisen lassen.

    Cynthia D’Aprix Sweeneys Roman lässt sich schwer fassen. Zum einen liegt über der Handlung immer eine gewisse Spannung, wie das Geldproblem letztlich gelöst werden kann und wie sich Leo aus dieser misslichen Lage wird winden können. Im Zentrum stehen aber tatsächlich die anderen Figuren mit all ihren Schwächen und Sorgen. Nicht nur, dass keines der drei Geschwisterkinder den Eindruck erweckt eine stabile Persönlichkeit herausgebildet zu haben, die ihnen eine gewisse Resilienz verliehen und somit Handlungsfähigkeit und klares Denken auch in Krisensituationen erlaubt hätte, nein, sie werden alle vor eine Zerreißprobe gestellt, die ihre Beziehungen untereinander, aber auch zu ihren Partnern und ihren Lebensentwurf in Frage stellen. Dies macht ganz klar die Stärke des Buchs aus. Wo zunächst der Eindruck entsteht, es mit etwas oberflächlichen Oberschichten-Figuren zu tun zu haben, entwickeln sie langsam Tiefgang und Sensibilität. Für jede einzelne Figur hat die Autorin eine eigene Biographie mit ganz eigentümlichen Charakterzügen geschaffen, die in sich stimmig wirken und ein buntes Bild an authentischen Figuren abgeben.

    Der Roman kommt so tatsächlich mit nur wenig Handlung aus. Dass das Erbe weg ist, ist schnell klar und die Suche nach Leo findet auch nicht wirklich statt. So liegt der Fokus zweifellos auf den Figuren und ihrem Umgang mit dieser Krise. Sicherlich für einige Leser etwas zu wenig, ich fand es insgesamt unterhaltsam und überzeugend zu sehen, wie sie sich der Realität stellen und einen neuen Weg für ihr Leben finden müssen.
    Vegan for Fit Gipfelstürmer Vegan for Fit Gipfelstürmer (Buch)
    09.12.2016

    Gipfelstürmer

    Attila Hildmanns 7. Buch aus seiner „Vegan for…“ Reihe fokussiert dieses Mal auf dem populären Schlagwort „detoxen“. Nach wenigen einleitenden Worten befasst er sich mit dem Phänomen „detox“ und der (angeblichen) Notwendigkeit, seinen Körper bei der Befreiung von allerlei Giftstoffen zu unterstützen. Nach ein paar kurzen Erfolgsgeschichten und der Erläuterung, weshalb aus dem vormals einmonatigen Programm nun ein 7-Tage-Programm wurde, kommt auch schon der Rezepteteil. Abschließend werden noch einige mentale Tipps gegeben und ein die Ernährung ergänzendes Sportprogramm vorgestellt.

    Für jeden Tag werden jeweils zwei Alternativen für Frühstück, Mittagessen und Abendbrot präsentiert, aus denen man sich jeweils eins aussuchen kann im Rahmen der Challenge. Die Rezepte sind aufeinander abgestimmt, so dass man zwar innerhalb des Tages wählen kann, aber nicht zwischen den tagen tauschen sollte. Was aufeinander abgestimmt ist, wird allerdings nicht verraten; zumindest die Kalorien sind es nicht, denn diese variieren erheblich zwischen den Gerichten. Ergänzt werden die Rezepte durch Getränke und Smoothie Vorschläge. Nicht fehlen dürfen, genau wie auch in den vorhergehenden Büchern der Reihe, wirklich ansehnliche Fotographien der Gerichte, die tatsächlich sehr viel Lust aufs Kochen machen.

    Wenn man die Bücher von Attila Hildmann kennt, wird man wenig überrascht sein von den hier vorgestellten Gerichten. Ich habe nicht im Detail geprüft, ob sie exakt schon einmal in einem der anderen Bücher vorgekommen sind, aber vieles kommt einem doch bekannt vor. Dies ist nicht so negativ zu verstehen, wie es zunächst klingen mag. Das Frühstück setzt oft auf Beeren bzw. Obst generell und Haferflocken. Die Gerichte für mittags und abends beinhalten auch vielfach die alten Bekannten der veganen Küche: Süßkartoffel, Kürbis und verschiedene Hülsenfrüchte, für die Getreidenote vorrangig Quinoa, daneben diverse Gemüse wie Rotkohl, rote Bete oder Spinat und natürlich Tofu. Das Angebot ist insgesamt sehr variabel, was sicherlich in einer Woche genügend Abwechslung bieten kann.

    Einmal Lob und zwei Kritikpunkte zum Abschluss: Mir gefallen Hildmanns Rezepte insgesamt sehr gut. Ich lebe zwar nicht vegan, aber diese Art der Ernährung hat weitaus mehr kreative Ideen und Abwechslung als die meisten vegetarischen Kochbücher, die einfach nur die Menge an Nudeln und Gemüse erhöhen und mir ansonsten meist ziemlich langweilige Kost offerieren. Ganz wesentlich negativ stößt mir jedoch immer wieder der Einsatz von einfach sehr teuren Lebensmitteln auf: Matcha, Acai oder Goji Beeren, Mandelmus und Reismilch sind schlichtweg für den Alltag für die meisten Menschen nicht in diesen Mengen erschwinglich. Sie tauchen zwar nicht in allen Rezepten auf, aber doch in einer sehr großen Anzahl, was für mich die Nützlichkeit deutlich einschränkt. Der zweite Punkt ist sicher nicht für alle Leser interessant, aber ich frage mich schon: was ist neu an diesem Buch? Den detox-Hype grundsätzlich in Frage zu stellen, ist die eine Problematik, andererseits drängt sich mir der Verdacht auf, dass wieder ein Jahr rum ist und kurz vor Weihnachten so ein Kochbuch marketingtechnisch einfach sinnvoll ist. Dieser Punkt nimmt ihm nichts an seiner Qualität, besitzt man jedoch schon das eine oder andere Kochbuch von Hildmann, kann man sich dieses hier m.E. getrost sparen.
    Raabe, M: WAHRHEIT Raabe, M: WAHRHEIT (Buch)
    06.11.2016

    Die Wahrheit

    Sieben Jahre lang musste Sarah Petersen mit der Ungewissheit leben, was mit ihrem Mann geschehen ist. Sieben Jahre zwischen der Sorge, dass er tot sein könnte, und der Hoffnung, dass er wieder zurückkehrt zu ihr und ihrem gemeinsamen Sohn Leo, der keine Erinnerung an den Vater hat. Dann kommt der Anruf vom Auswärtigen Amt: man konnte ihren Mann in Kolumbien befreien und er ist auf dem Weg nach Deutschland. Voller Spannung fiebert Sarah dem Moment am Flughafen entgegen. Wie wird das Wiedersehen sein? Wie hat sich Philipp verändert? Doch dann der Schock: ein Fremder steht vor ihr und gibt sich als ihr Mann aus. Nimmt den Sohn auf den Arm, um den Journalisten zuzuwinken, die auf sensationelle Fotos bei die diesem spektakulären Fall hoffen; geht mit ihr nach Hause. Dort beginnt das perfide Spiel. Sarah droht die Behörden über den Betrug zu informieren, doch der Mann warnt sie: er wird auch sie auffliegen lassen, denn er kennt ihr dunkel Geheimnis. Was führt er im Schilde? Wer ist er? Und warum glauben selbst ihre Freunde dem charismatischen Fremden mehr als ihr? Seine Taktik ist offensichtlich: sobald Sarah von allen als verrückt wahrgenommen wird, kann er sie einweisen lassen und ganz über das Vermögen der Familie Petersen verfügen.

    Ein spannender Thriller, der einem an unzähligen Stellen das Herz aussetzen lässt. Zunächst Sarah zwiegespaltene Stimmung ob der guten Nachrichten: nach so vielen Jahren wieder gemeinsam leben? War nicht eigentlich die Ehe zwischen ihr und Philipp am Ende, als er damals verschwand? Hatte sie nicht sogar damit gerechnet, dass er alles geplant hatte? Sehr nah und glaubwürdig folgt man ihren Sorgen. Dann der Schock über diesen Fremden und ihre blanke Angst allein mit ihm im Haus zu sein. Bedrohung folgt auf Bedrohung, was wird er tun? Man kann Sarahs Furcht regelrecht greifen und wird als Leser in dasselbe Gefühl geschickt. Gänsehaut ist angesagt als er klar ist, dass der Kampf nicht physisch, sondern psychisch ausgetragen wird. Die schlimmsten Momente sind jedoch die, wenn Sarah Hilfe sucht und diese verwehrt wird. Ihre Hilflosigkeit und Verzweiflung sind dermaßen greifbar, dass man sie selbst als Leser spüren kann.

    Zunehmend kann man auch die Perspektive des Antagonisten nachvollziehen, mehr und mehr Informationen erhält man von ihm, ohne jedoch seine Motive durchschauen zu können. Ab einem gewissen Punkt wendet sich langsam das Blatt und man fragt sich, ob nicht auch Sarah eine andere Rolle hat als nur die des Opfers. Man bekommt Zweifel und im Raum steht immer noch die Frage, womit sie erpressbar ist. Was hat sie getan? Ist sie womöglich selbst eine Mörderin?

    Was kann sich mehr von einem Thriller wünschen als starke Charaktere und nervenzerreißende Spannung? Melanie Raabe gelingt genau das. Dass sich die klare Verteilung in Gut und Böse plötzlich auflöst und man beginnt zu zweifeln und die Dinge neu zu bewerten: schlichtweg hervorragend von der Autorin konstruiert. Der Roman reißt einem mit sich und aufzuhören zu lesen, ist schlichtweg unmöglich. Gespannt war ich besonders auf die Auflösung. Wie kommt man aus dieser Situation heraus, die irgendwann für den Leser emotional auch schwer zu beurteilen ist? Und die Antwort: nicht so gelungen. Nein, mich konnte ihr Ausweg nicht überzeugen. Zum einen kam er zu unvermittelt und unvorbereitet. Das soll’s gewesen sein? Zum anderen ist es für mich nicht ganz glaubwürdig, dass dies psychologisch möglich sein soll, was sich abgespielt hat. Zwar kann alles erklärt werden und offene Fragen bleiben letztlich nicht, aber enttäuscht war ich schon. Hochspannung über mehr so eine lange Strecke und dann ein doch recht banales Ende. Schade, der Roman hätte eine angemessene Auflösung verdient.
    Im Wald Im Wald (Buch)
    23.10.2016

    Im Wald

    Im Wald beim beschaulichen Taunusdorf Ruppertshain kommt es Mitten in der Nacht zu einer Explosion und einem Großbrand. Offenbar kam dabei ein Mann ums Leben, der in einem Campingwagen eingeschlossen war. Die einzige Zeugin ist leider nicht sehr brauchbar, voller Restalkohol ist sie sich nicht sicher, ob sie noch jemanden am Tatort gesehen hat. Ein zweiter Mord, die Mutter des ersten Opfers, erschüttert tags drauf das Dorf erneut – wer kann Interesse daran gehabt haben, eine sterbenskranke Frau, der nur noch wenige Tage blieben, vorzeitig ins Jenseits zu befördern? Die Angst geht um in Ruppertshain, denn schnell zeigt sich, dass viel mehr dahintersteckt und weite Teile der Bevölkerung sich nicht ohne Grund zurückziehen. Pia Sander und Oliver von Bodenstein machen sich an die Arbeit, aber Bodenstein merkt schnell, dass er viel tiefer in die Taten verwickelt ist, als er zunächst glauben konnte und dass die Menschen, die er seit seiner Kindheit kennt, möglicherweise nicht die sind, für die er sie gehalten hat.

    Band acht der Serie um das Ermittlerduo im Taunus. Ich hatte bereits mehrere der Vorgänger gelesen und war somit mit den Protagonisten und ihren Vorgeschichten vertraut, was den Einstieg eigentlich erleichtern sollte. Hier jedoch war ich recht schnell verloren. Auch wenn dem Buch ein Personenregister vorangestellt wurde, habe ich einige Zeit gebraucht, halbwegs das sehr zahlreiche Personal auseinanderzuhalten. Zudem war mir oftmals nicht klar, wer ist in Olivers Alter, wer nur wenige Jahre älter, aber noch dieselbe Generation, wer gehört zu der Elterngeneration, bisweilen haben diese sich scheinbar auch überschnitten. Ob die Verwirrung durch die Masse an Figuren beabsichtigt war oder durch das Durcheinander unterschiedlichster Fälle entstanden ist, lässt sich für mich auch nach Ende des Buchs kaum sagen. Über weite Strecken fand ich es jedoch eher frustrierend als hilfreich.

    Der Fall ist – vom Ende her betrachtet – nicht ganz überzeugend für mich. Ich kann zwar nachvollziehen, dass ein Dorf gewisse Geheimnisse unter den Teppich kehrt, aber dass ein einiger Mensch alle im Griff haben soll und mit ihren Taten erpressen konnte, ist mir jetzt doch ein wenig zu weit hergeholt. Auch dass traumatisierte Kinder einfach den Mund halten und keiner je etwas erzählt, sondern alle ganz unauffällig und normal ihr Leben leben – das erscheint mir unglaubwürdig.

    Zwar werden am Ende die Fäden gelöst und alles ist aufgeklärt, aber richtig zufrieden war ich mit dem Krimi nicht. Ich empfand ihn zudem gerade am Anfang als sehr schleppend, zig Nebenhandlungen haben immer wieder zu Verzögerung geführt, was jedoch in diesem Fall nicht zu mehr Spannung, sondern zu Ablenkung und Langeweile geführt hat. Das Highlight waren somit fast nur noch die örtlichen Beschreibungen, da ich mich in der Gegend auskenne. Das ist zu wenig für einen Krimi.
    Zärtlich Zärtlich (Buch)
    01.10.2016

    Zärtlich

    Gerade die Schule beendet, freut sich Catherine auf das Studentenleben in Dublin, weit entfernt von der konservativen Familie auf dem Land. In ihrer WG ist sie sich schnell angekommen und fühlt gut aufgenommen. Als ihr Vormieter zu Besuch kommt, ist es um sie geschehen: sofort verliebt sie sich in den smarten James, der gerade ein Jahr in Berlin als Assistent eines berühmten Fotografen verbracht hat. Doch die Liebe kann nicht erwidert werden, denn James ist schwul. Auch wenn die Gesetzeslage in Irland Ende der 1990er Homosexualität nicht mehr unter Strafe stellt, ist dies doch immer noch weit davon entfernt, gesellschaftlich akzeptiert zu werden. James geheimes Leben wird durch die öffentliche Zuneigung und enge Beziehung zu Catherine kompensiert. Diese verschließt lange die Augen vor der Realität und will nicht wahrhaben, dass diese Liebe nie existieren wird.

    Das Buch klang nach sehr viel Gefühl und Zuneigung zwischen zwei Menschen. Leider konnte der Roman mich so gar nicht packen. Die beiden Protagonisten bleiben mir fremd und konnten mich zu keinem Zeitpunkt der Handlung wirklich überzeugen, die Beziehung war mir zu wenig glaubwürdig und die Erzählweise mit unzähligen Sprüngen nach vorne und zurück hat auch nicht unbedingt dazu beigetragen, die Entwicklung der beiden zu verdeutlichen. Auch das Ende, viele Jahre später, weitgehend nichtssagend, war irgendwie überflüssig. Die Handlung an sich finde ich thematisch immer noch interessant, auch wenn es schwer nachzuvollziehen ist, wie Homosexualität Ende der 90er in einer europäischen Hauptstadt so verachtet gewesen sein soll.

    Alles in allem, leider eine Enttäuschung, viele gefüllte Seiten ohne Inhalt und Leidenschaft.
    Meine geniale Freundin Elena Ferrante
    Meine geniale Freundin (Buch)
    03.09.2016

    Meine geniale Freundin

    Lila und Elena, beste Freundinnen seit Kindheitstagen in einem weniger wohlsituierten Viertel Neapels. Die eine, Lila, Tochter eines Schusters, ohne große Zukunft vor sich, obwohl sie offenkundig mit hoher Intelligenz gesegnet ist und diese wohldosiert einzusetzen weiß. Die andere, genannt Lenù, ebenfalls recht klug, aber sie muss hart pauken, um die entsprechenden Schulleistungen zu erbringen. Für Lenù steht nach der kurzen obligatorischen Grundschule der Weg zur höheren Bildung offen, immer wieder angestachelt durch Lila führt dieser wider Erwarten in ungeahnte Höhen, bis hin zum Gymnasium, wo sie Latein und Griechisch lernt. Für Lila bleibt alles beim Alten: das bekannte Viertel, die Arbeit in der Schusterei, die bekannten Gesichter. Doch aus dem Mädchen wird eine attraktive junge Frau, die schon bald sehr viel Aufmerksamkeit erregt und zwischen alte Fehden gerät.

    Wenn ein Roman mit einem solchen Marketingaufwand schon lange vor der Veröffentlichung in aller Munde ist, stellt sich unweigerlich Neugierde ein. Für mich hierbei besonders überraschend: dass Romane bejubelt werden, ist keine Seltenheit, aber dass sich das literarische Feuilleton und die eher massenorientierten Kanäle einig sind bzw. überhaupt über dasselbe Buch sprechen, erstaunt da schon eher. Beim Lesen jedoch hat sich dieser scheinbare Widerspruch schnell aufgelöst: ja, das Buch kann sowohl die einen wie auch die anderen bedienen und wer sich gleichermaßen lesend bewegt, kann sich doppelt freuen.

    Band eins der Tetralogie erzählt die Kindheit und Jugend der beiden Frauen. Nuanciert werden Parallelen und Diskrepanzen zwischen den beiden Mädchen vorgestellt, immer wieder führt sie das unsichtbare Band jedoch wieder zusammen. Ohne Frage ist die Erzählerin Lenù sympathisch und lädt schnell ein, sie liebzugewinnen; faszinierender jedoch ist ihr Pendant, das in der Charakterzeichnung vielschichtiger und undurchschaubarer ist. Es braucht keine großen Beschreibungen, die Episoden ihres Lebens, das scheinbar widersprüchliche Handeln charakterisieren diese junge Frau in ausreichendem Maße und lassen Raum für psychologische Spekulationen – insbesondere darüber, was in den kommenden drei Bänden erzählt werden wird. Auch wenn die Erzählerin zurückblickt, wählt sie doch in dieser Passage den Blickwinkel des unwissenden Mädchens, was den Einblick in die neapolitanische Gesellschaft der 50er Jahre insbesondere spannend gestaltet, vieles bleibt vage und nicht begreifbar für die jungen Figuren – die Aussagen lassen jedoch wenig Raum für Interpretation. Die Rolle der Familienclans und mafiöse Strukturen werden mehr als deutlich kritisiert.

    Blickt man weniger tief in den Roman, besticht die Sprachegewaltigkeit der Autorin. Ein Plauderton, fast wie von einer Freundin, der immer die richtige Note trifft, lässt den Text regelrecht dahingleiten, so dass die gut 400 Seiten im Nu vorbeifliegen. Wunderschön leicht erzählt sie von der Freundschaft und auch innigen Zuneigung zwei Mädchen – einem Thema, das insbesondere Leserinnen leicht ansprechen dürfte.

    Ja, es gibt literarisch anspruchsvollere Bücher, aber wenige sind dabei so unterhaltsam und leicht. All dem Lob für Elena Ferrante – wer auch immer sie sein mag – kann ich mich sehr leicht anschließen.
    Die unsterbliche Familie Salz Die unsterbliche Familie Salz (Buch)
    26.08.2016

    Die unsterbliche Familie Salz

    Die beste Adresse am Platz: das Hotel Fürstenhof in Leipzig. Herr Salz bringt dafür seine Frau und die beiden Töchter Lola und Gretl von München nach Leipzig. Als die Mutter nach der Geburt des dritten Kindes immer mehr zerfällt, vereinsamen und die Töchter und schließlich kommt es durch mysteriöse Umstände zum Tod der Mutter. Lola muss das Hotel verlassen und wird es erst viel später wiedersehen. Zunächst muss sie als Schauspielerin den Ersten Weltkrieg alleine mit zwei kleinen Kindern überleben und eine Odyssee durch Deutschland mitmachen. Die Erlebnisse prägen sie schwer und auch ihre Tochter Ava wächst so unter bescheidenen Bedingungen auf. Jung schon verliebt sie sich und wird schwanger – doch der Vater des Kindes verlässt sie 1960 und so muss auch sie alleine sich durch die Welt schlagen. Erst die Wendezeit ermöglicht den Nachkommen wieder Zugang zum Hotel und Lola sieht sich bereits als Herrscherin über den Fürstenhof.

    Ein Roman mit Zeitsprüngen, eine Familie mit einem Schicksal – alle sind sie durch Lolas Tat oder Vision in jungen Jahren geprägt und müssen diese Last tragen. Ob der Autor eine Art erbliche psychische Erkrankung nahelegt, ist nicht ganz klar, denn die Symptome sind nicht eindeutig, aber zumindest das Schicksal hat einiges für die Familienmitglieder bereitgehalten. Der Roman kann vor allem in den ersten beiden Episoden über die junge Lola und die Kriegswirren überzeugen. Hier ist er sprachgewaltig und überzeugend werden auch kleine Nuancen eingebaut. Danach lässt er für mich aber mehr und mehr nach und auch das Handeln der Figuren kann mich nicht mehr in dem Maße gewinnen wie die zuvor der Fall war. Vor allem Ava ist hier für mich nicht stimmig in ihrer Sucht, dabei hätte sie eine tolle, starke Frauenfigur werden können. Auch die junge Liebe um die Wendezeit ist mir eher suspekt als glaubwürdig zu wirken, die Figur Margots erscheint mir nicht authentisch, sondern stark konstruiert.

    Das Gesamturteil fällt daher verhalten aus, nach sehr starkem Beginn leider ein ebenso starker Abfall, wenn auch durchaus insgesamt lesenswert.
    Bühlerhöhe Bühlerhöhe (Buch)
    24.08.2016

    Bühlerhöhe

    Israel, nur wenige Jahre nach der Staatsgründung. Eigentlich wollte Rosa Silbermann nie wieder das Land sehen, aus dem sie und ihre Schwester einst fliehen mussten. Aber ein geplantes Attentat auf Kanzler Adenauer erfordert vor Ort eine Israelin mit guter Ortskenntnis. Da sie in ihrer Kindheit regelmäßig auf der Bühlerhöhe war, fällt die Wahl auf sie. Zusammen mit dem Agenten Ari soll sie den Anschlag verhindern, um so die Verhandlungen zwischen der jungen Bundesrepublik und Israel nicht zu gefährden. Widerwillig macht Rosa sich auf, nicht ahnen, was sie im Schwarzwald erwartet. Bald zeigt sich, dass bei dieser Mission vieles schiefläuft und sie auf sich allein gestellt sein wird.

    Eine brisante Phase der Nachkriegszeit, hochpolitisch und für alle Beteiligten gefährlich. Auch wenn die Handlung erfunden ist, kann man sich doch gut vorstellen, dass dieser versuchte Mordanschlag auf Adenauer aufgrund einer politischen Motivation hätte stattfinden können. Der Handlungsort bietet zudem genügend Material, um die Wirren der Kriegsjahre und die nach wie vor herrschenden Vorurteile und Vorbehalte glaubwürdig einzubauen. Dass Misstrauen, dass Rosa fast allen Menschen, die ihr begegnen, gegenüber hat, ist nicht unberechtigt. Insgesamt ist sie ein überzeugender Charakter, einerseits mit einer starken Überzeugung, die ihr glaubwürdig durchgängig zugeschrieben wird, andererseits mit Unsicherheiten in ungeprobten und unerwarteten Situationen – die verleiht ihr Authentizität und macht die junge Frau sympathisch, so dass sie problemlos durch den Roman tragen kann. Auch die Nebenfiguren Agnes und Sophie können auf ganz unterschiedliche Weise überzeugen, beide Figuren mit deutlichem Profil, wenn dieses auch unterschiedlicher kaum sein könnte. Ein interessanter Schachzug: drei Frauenfiguren in einer Männer-dominierten Zeit und in einer fast klassischen Agenten-Krimi-Handlung – dies erlebt man selten, vor allen Dingen mit Frauenfiguren, die durch und durch in ihrer Geschlechterrolle bleiben ohne klischeehaft oder banalisiert zu werden.

    Alles in allem ein gelungener Roman, mit interessanten Nebenhandlungen und ungeahnten Wendungen.
    Nach einer wahren Geschichte Nach einer wahren Geschichte (Buch)
    14.08.2016

    Nach einer wahren Geschichte

    Nach ihrem großen Erfolg mit dem autobiographischen Roman „Rien ne s’oppose à la nuit“, der das Leben ihrer Mutter rekonstruiert, begibt sich Delphine de Vigan auf Lesereise und absolviert zahlreiche Pressetermine. Nahezu ausgelaugt von der öffentlichen Erwartung, der sie – schon als Kind auffällig schüchtern und zurückhaltend – kaum gerecht werden kann, trifft sie zufällig auf eine Frau, L., die sie fasziniert. Ihre Selbstsicherheit und Gelassenheit, Freiheit von jeder Erwartung der Außenwelt. Sie freunden sich an und mehr und mehr rückt L. in das Leben der Autorin. Diese versinkt derweil in einer regelrechten Depression, das Leben geht weiter, aber ihre Arbeit nicht. Ihre einzige Verbindung zu anderen Menschen wird L., ansonsten zieht sie sich mehr und mehr zurück. Die Frauen kommen sich näher, diskutieren über Literatur und die Aufgabe eines Autors. Ab und ab beschleicht die Erzählerin jedoch das Gefühl, dass L. sie kopiere, ihr immer ähnlicher wird und geradezu ihr Leben, das sie nicht mehr leben kann, übernimmt.

    Wer die Bücher von Delphine de Vigan kennt, weiß, dass sie einem unmittelbar packen und an den Roman fesseln kann. So ist es auch dieses Mal, die hohen Erwartungen werden nicht enttäuscht. Doch es ist nicht nur der Schreibstil, der überzeugen kann, sondern ihr Spiel mit dem Leser und das Springen zwischen Wahrheit und Fiktion. Schon der Titel legt nahe, dass sie sich wieder realer Erfahrungen bedient hat, um einen Roman zu schreiben – doch ist dem wirklich so? Kann man der Autorin bzw. Erzählerin wirklich Glauben schenken? Diese Unsicherheit fasziniert und lässt einem immer weiterlesen in der Hoffnung, eine Antwort auf diese so relevante Frage zu finden, denn wie soll man das Gelesene einordnen: Realität oder Konstruktion? Soll man Mitleid mit der Autorin haben, die auf eine solch heimtückische Betrügerin reingefallen ist oder soll man ihr applaudieren, weil sie geschickt mit dem Leser spielt?

    Unabhängig von dieser die ganze Lektüre überlagernden Frage bietet der Roman jedoch auch interessante Einsichten in das Innenleben eines Autors, der seine Geschichten nicht aufs Papier respektive in den Computer bringt: Die Zweifel, die immer mehr Raum einnehmen; die Gedanken, die manisch und schließlich lähmend werden. Aber auch die Thematik zwischen öffentlichem und privaten Bild – was sehen wir von einem Menschen und was davon ist nur Fassade? Kann man immer schauspielern oder gar lernen, jemand zu sein, der man gerne sein möchte? Da es sich um eine französische Autorin handelt, die noch dazu in Paris lebt, fand ich die erste Begegnung zwischen Erzählerin und L. besonders spannend, denn L. ist genau das, was man sich unter einer erfolgreichen und attraktiven Französin vorstellt – und wird von ihresgleichen bewundert und beneidet, wo man doch immer denkt, dass ihnen Selbstbewusstsein und Attraktivität in die Wiege gelegt worden sei.

    Ein durch und durch faszinierendes Buch, das zudem von Dumont in eine wunderschöne Verpackung gehüllt wurde, in diesem Falle lohnt es sich wirklich nicht zur elektronischen, sondern zur Hardcover Version zu greifen.
    Wir sehen uns am Meer Wir sehen uns am Meer (Buch)
    26.07.2016

    Wir sehen uns am Meer

    Liat kennt noch nicht viele Menschen in New York, als ihr Freund Andrew kurzfristig eine Verabredung nicht wahrnehmen kann, schickt er ihr seinen Arabischlehrer Chilmi, nicht ahnend, was er damit auslöst. Die Übersetzerin und der Künstler verlieben ineinander und sind fortan unzertrennbar. Doch ihre Liebe hat ein Verfallsdatum, denn am 20.5., nur wenige Monate nach ihrem Kennenlernen, muss Liat schon wieder zurück in die Heimat. Doch das ist das geringste Problem der beiden: Liat ist Israelin und und Chilmi Palästinenser – eine Liebe, die nicht sein darf und auch tausende Kilometer entfernt die Konflikte ihrer Heimat nicht gänzlich ausblenden kann und ganz sicher keine Zukunft haben wird.

    Dorit Rabinyans Geschichte wird auf mehreren Ebenen erzählt und geht ungemein tief. Vordergründig die Liebesgeschichte zweier New Yorker, die auch Alltagsprobleme kennen und dennoch immer wieder gänzlich die Außenwelt ausblenden können, um nur für sich zu zweit sein zu können. Spannend wird es jedoch, wenn die konfliktreiche Lage in Israel zwischen sie gerät. Obschon sie im gleichen Land aufgewachsen sind, teilen sie keine Sprache und auch keine Kindheitserinnerungen, denn das Leben der Palästinenser ist von Flucht und Unterdrückung geprägt, die Israelis wiederum werden stark durch die Erfahrungen beim Militärdienst geprägt – sie hätten sich als Feinde gegenüberstehen können. Noch kritischer die Situation, wenn Familie und Freunde ins Spiel kommen. Liat und Chilmi wählen ganz verschiedene Wege des Umgangs: Liat verheimlicht ihre Liebe, leugnet Chilmi oder spielt seine Herkunft herunter. Chilmi wieder setzt seine Freundin seiner Familie aus - mit der Gefahr den Nahostkonflikt an den Esstisch zu holen.

    Ich habe viel über die Lage in Israel gelesen, Sachbücher wie auch Belletristik, aber selten fand ich den Konflikt so greifbar und persönlich dargestellt wie in Dorit Rabinyans Roman. Die Autorin zeigt, dass man versuchen kann, ein „normales“ Leben zu führen und die Politik auszublenden, dass man weder als Israeli noch als Palästinenser nicht davor gefeit ist, unmittelbar hineingezogen zu werden und Position beziehen zu müssen. Und hier kann es keine neutrale Position geben, zu sehr sind beide Seiten historisch und familiär belastet. Dass man sich in Israel entschieden hat, das Buch in den Schulen zu verbieten ist ausgesprochen bedauernswert, denn es hätte einen Blick auf die andere Seite des Konflikts erlaubt.
    Und damit fing es an Und damit fing es an (Buch)
    16.07.2016

    Und damit fing es an

    Gustav erhält einen neuen Mitschüler, Anton, der weinend vor der Klasse steht. Schnell freunden sich die sehr verschiedenen Jungs an. Gustav wächst mit seiner Mutter in ärmlichen Verhältnissen auf, Geld ist immer knapp. Antons Familie ist wohlhabend und kultiviert und der Junge ein vielversprechendes Musiktalent. Gustavs Mutter beäugt die Freundschaft argwöhnisch, ist Antons Familie doch jüdischen Glaubens und Juden waren es, die ihre Zukunftsaussichten zerstört und ihren Mann letztlich unter die Erde gebracht haben, weil er ihnen geholfen hatte. Ein Leben lang werden die beiden Jungs miteinander verbringen und ganz unterschiedliche Wege gehen, die sie aber immer wieder zusammenführen.

    Einmal mehr ein bewegender und feinfühliger Roman von Rose Tremain. Interessant ist die Konstruktion. Man lernt die Jungs zu dem Zeitpunkt kennen, als sie sich zum ersten Mal begegnen und die Freundschaft anfängt zu wachsen. Danach folgt ein Sprung in die Zeit vor ihrer Geburt als Gustavs Mutter eine junge Frau voller Träume war. Der dritte Teil wiederum springt in das spätere Erwachsenenleben und betrachtet das, was aus Anton und Gustav geworden ist. Besonders gelungen ist für mich die Schilderung der Emotionen, die bemerkenswert reduziert ist. Gustavs Mutters meist stilles Leiden und Verbitterung, die doch so klar hervortreten. Gustavs zum Teil widersprüchliche Gefühle, die sich aber ebenfalls nicht in großen Ausbrüchen zeigen, sondern in kleinen Taten. Die historische Einbettung, das jüdische Einzelschicksal, das so verschieden sein kann und hier fast umgedreht wird, eine kleine aber für diese Leben entscheidende Tatsache.

    The Girls The Girls (Buch)
    09.07.2016

    The Girls

    Sommer 1969. Der Sommer, der das ganze Leben der 14-jährigen Evie verändern wird. Evie fühlt sich verlassen und einsam, nachdem ihre Eltern nach der Scheidung mehr mit ihren neuen Partnern beschäftigt sind und sich auch ihre beste Freundin mehr und mehr zurückzieht. Als sie Suzanne trifft, ist sie fasziniert von der jungen Frau, die sie einer Community auf einer Ranch vorstellt. Dort regiert Russell als eine Art Messias und das Leben ist frei und ungezwungen. Evie findet dort die Liebe, die sie von ihren Eltern vermisst, die sie scheinbar völlig vergessen haben. Doch langsam bewegt sich diese kleine Gemeinschaft in eine sehr schlechte Richtung und ihr Anführer hat einen Plan, der die ganze Welt erschüttern wird.

    Emma Clines Roman basiert auf dem berühmt-berüchtigten Clan von Charles Manson, der für den Mord an Sharon Tate verantwortlich ist. Allerdings steht dies nicht im Focus der Handlung, die sich um das Mädchen Evie dreht., die leicht von diesem Kult gefangen wird. Cline zeigt, wie leicht sich verirrte Jugendliche überzeugen lassen und bei solchen Gemeinschaften Halt und Liebe finden, den sie in ihren Familien vermissen. Ein charismatischer Anführer kann Menschen anziehen und sie so manipulieren, dass sie bereits sind, alles für ihn zu tun.

    In der Geschichte schwebt eine unterschwellige Traurigkeit, die aus den nicht etablierten guten Beziehungen innerhalb der Familie und zu Freunden resultiert. Die Figur Evie ist hier sehr überzeugend gezeichnet und kann als Rolemodel für gefährdete Menschen gelten, die von Sekten verführt werden. Alles in allem ein Portrait einer Generation, die frei sein wollte und doch wieder unter einer Herrschaft stand, eines Mädchens, die geleibt werden wollte, von Personen, die das Böse in menschlicher Form zeigen.


    Die Frau, die allen davonrannte Die Frau, die allen davonrannte (Buch)
    26.06.2016

    Die Frau, die allen davonrannte

    Aganetha Smart ist schon als Kind viel gelaufen und als sie als Jugendliche die Möglichkeit erhält, professionell zu trainieren und vielleicht sogar an den Olympischen Spielen in Amsterdam 1928 teilzunehmen, ergreift sie diese Chance. Zum ersten Mal waren Frauen in der Leichtathletik zugelassen und Aganetha wird zum kanadischen Goldmädchen. Doch der Ruhm ist kurz und er kann die Probleme in ihrer Familie nur kurzzeitig für die ausblenden. So schnell sie immer laufen konnte – es gibt Dinge, den sie nicht davonlaufen kann.

    Leider konnte mich der Roman nicht wirklich packen. Die fiktive Geschichte um Aganetha Smart ist zwar durchaus interessant, wirkt aber in weiten Teilen zu konstruiert, um glaubwürdig zu sein. Zu viele Zufälle kommen zusammen und die Autorin wollte auch unzählige Geschichten erzählen. Das Happy End kommt urplötzlich und völlig abgehakt, macht wenig Sinn und hat mich eher verärgert als gefreut. Was mich am meisten störte waren die zeitlich schwer zu verortenden Rückblenden, nie wusste man, wann man sich in etwa befindet, die Autorin springt vor und zurück und diese Diskontinuität wirkt nicht erfrischend, sondern verwirrt. Daneben kommen noch so ärgerliche Nachlässigkeiten wie immer wieder von der „Olympiade zu sprechen“, wenn eigentlich „Olympische Spiele“ gemeint sind – so viel Recherche und Genauigkeit kann von einem Autor (oder Übersetzer?) erwartet werden.

    Dark Memories - Nichts ist je vergessen Dark Memories - Nichts ist je vergessen (Buch)
    26.06.2016

    Nichts ist je vergessen

    Eine typische Party, Unmengen Alkohol, ein junges Mädchen, ein unglaubliches Verbrechen. Die 15-jährige Jenny Kramer wird im Wald in der Nähe der Party vergewaltigt. Als sie gefunden wird, hat sie bereits das Bewusstsein verloren und als man ihren Eltern ein neues Medikament anbietet, das Jenny nach dem Aufwachen die Erinnerung an die Tat löschen soll, stimmen sie dem zu. Allerdings bedeutet dies auch, dass der Täter nicht identifiziert werden kann, da das Opfer keine Aussage wird machen können. Die Familie entscheidet sich schließlich nach einigen Monaten, mit Hilfe eines Therapeuten die Erinnerung zurückzuholen. Dieser gräbt tief und entdeckt nicht nur Details der Tat, sondern bringt auch Familiengeheimnisse ans Licht. Langsam wird klar, dass auch er Geheimnisse hat, die er lieber gut versteckt wissen würde.

    Wendy Walkers Thriller bietet alles, was man vom Genre erwartet: viel Spannung, unerwartete Wendungen, Abgründe der menschlichen Psyche. Immer wenn man als Leser denkt, dass man durchschaut hat, wie sich das Verbrechen zugetragen hat, kommt ein neuer Schuldiger daher. All dies erscheint gut und glaubwürdig motiviert und so muss man seine Theorien wieder anpassen. Erst ganz am Ende zeigt sich das Gesamtbild und alles löst sich auf.

    Am meisten haben mich die psychologischen Aspekte überzeugen können, insbesondere die Funktionsweise der Erinnerung; die Autorin hat diese Erläuterungen sinnvoll eingebunden und so neben dem Thriller auch einiges an Sachwissen mitgeliefert. Die Erzählweise ist ungewöhnlich und doch überzeugend, der Therapeut war in das Geschehen eingebunden und doch mit einer gewissen Distanz. Dass er selbst mehr und mehr in den Tathergang verwickelt wird, ist sicherlich keine alltägliche Verwicklung von Erzähler und Handlung.
    Die Eismacher Die Eismacher (Buch)
    14.06.2016

    Die Eismacher

    Das Leben der Eismacher folgt immer demselben Rhythmus: die vier Wintermonate in den italienischen Bergen, die acht Sommermonate im fernen Holland. Der älteste Sohn übernimmt die Tradition des Vaters und gibt sein Handwerk an seinen Nachkommen weiter. Doch was, wenn einer aus der Tradition ausbricht? Sich diesem Rhythmus verweigert und die Poesie zum Inhalt seines Lebens macht und plötzlich der Zweitgeborene das Erbe antreten muss? Giovanni liebt die Lyrik von Kindesbeinen an, Luca muss das Eismachen lieben. Beide lieben Sophia, doch nur einer kann sie ehelichen und ihr ein Kind schenken – oder doch nicht?

    Ein ungewöhnlicher Roman, der zwei völlig gegensätzliche Dinge verbindet: das Eismacherhandwerk, eine alte traditionsbehaftete Kunst, die innerhalb der Familie weitergegeben wird und durch die Natur bestimmt wird. Und die Poesie, der höchste Ausdruck menschlicher Emotionen, ebenfalls oftmals von der Natur inspiriert und eine hohe Kunst. Die Gegensätze in den Brüdern darzustellen, deren Wege sich immer wieder begegnen und scheiden, ist ein interessanter Kniff, der Ernest van der Kwast einfach gelingt. Er schafft es auch beide sehr unterschiedlichen Themen ansprechend und völlig verschieden zu präsentieren, so dass man die Geschichte des Eismachens ebenso bezaubernd finden kann wie die Erlebnisse der Literaturfestivals. Selbst das kurze Kapitel über immer gleiche Hotelzimmer konnte mich begeistern, weil der Autor es schafft, die kleinen Dinge zu beobachten und niederzuschreiben und in oftmals banalen Aspekten einen Zauber zu erkennen, der auch den Leser faszinieren kann. Es muss nicht die anerkannt hohe lyrische Kunst sein, auch ein Handwerk hat seine Reize und kreativen Aspekte und es zeigt sich einmal mehr, dass es den ultimativen Weg zum Glücklichsein im Leben nicht gibt.
    Der Trick Der Trick (Buch)
    12.06.2016

    Der Trick

    Ein bei einem Zirkusbesuch verzauberter Junge im Prag der 30er Jahre. Ein von der Scheidung seiner Eltern niedergeschlagener Junge in Los Angeles des Jahres 2007. Zwei hoffnungsvolle, junge Menschen, die auf das Gute in der Welt warten und ihr Schicksal in die Hand nehmen. Mosche Goldhirsch schließt sich dem Zirkus an und avanciert trotz jüdischer Herkunft zum erfolgreichen Metalisten, dem „Großen Zabbatini“. Max Cohn stößt viele Jahre später auf eine Schallplatte des Zauberers, auf der er einen Liebeszauber erklärt. Da die Platte kaputt ist, muss Max den alten Mann, der inzwischen in den USA lebt, wohl oder übel aufsuchen, um zu erfahren, wie er die Ehe seiner Eltern wieder retten kann.

    Emanuel Bergmann hat eine wundervolle Geschichte vor der historischen Kulisse des Nationalsozialismus geschrieben. Das Leben und Zaubern des jungen Mosche entsteht vor dem inneren Auge und beschönigt nicht, wie sich die Realität der Schausteller in den 30er Jahren darstellte. Auch Mosches Zugehörigkeit zum jüdischen Glauben wird geschickt und doch schicksalsschaffend verwoben. Genauso interessant ist die Perspektive des jungen Max, der ebenfalls unerschrocken dem Leben gegenübertritt und aktiv wird, um den Lauf der Dinge zu ändern. Das alles mit einer überzeugenden Ausdruckskraft und herrlichen Dialogen erzählt, wurde die Lektüre zu einem einzigen Genuss und der etwas kitschige Schluss kann verziehen werden.
    Was ich euch nicht erzählte Was ich euch nicht erzählte (Buch)
    05.06.2016

    Was ich euch nie erzählte

    Lydia, Lieblingskind von Marilyn und James Lee, ist tot. Die Leiche wird im See gefunden. Wurde das Wunderkind ermordet oder hat sie Selbstmord begangen, was die Eltern ausschließen, sie war so ein fröhliches Kind mit zahlreichen Freunden, überall beliebt und auch so intelligent. Doch Das Bild, das die Eltern von ihrer Tochter haben, ist ebenso falsch wie das, das sie von sich selbst für die Öffentlichkeit und z.T. sogar vor einander zeichnen. Die Wahrheit ist eine andere und Lydias letzte Lebensmonate erzählen eine ganz andere Geschichte des Teenagers.

    Das Buch, das man als Krimi lesen könnte um auf die Suche nach der Todesursache der jungen Frau zu gehen, bietet unerwartet viel Tiefgang und spricht einige der wichtigsten Themen der Nachkriegszeit recht gnadenlos an: wie geht die Gesellschaft wirklich mit Einwanderern um, werden insbesondere Asiaten gleich behandelt oder ist doch ein latent bis manchmal offener Rassismus in der amerikanischen Kleinstadt vorhanden? Welche Selbstverwirklichungsmöglichkeiten hatten Frauen in den 50er und 60er Jahren und wie sehr mussten sie für ihre Träume kämpfen? Noch ein weiteres Thema bricht am Ende über den Leser herein, das die Geschichte wesentlich bestimmt und ebenfalls zu den großen gesellschaftlichen Herausforderungen gehört.


    Es ist nicht so sehr die spannende Frage des Who-Dunnit, die in Celeste Ngs Roman überzeugt, mich haben einerseits der Sprachstil mit seiner feinen Ironie und den kleinen, aber entscheidenden Zwischentönen überzeugt. Zudem gelingt es der Autorin die Gedankenwelt der Teenager einzufangen und das Innenleben der Figuren glaubwürdig und differenziert zu portraitieren.
    Schwarzer Lavendel Schwarzer Lavendel (Buch)
    05.06.2016

    schwarzer Lavendel

    Der deutsche Rechtsmediziner Dr. Leon Ritter ist noch dabei sich in der Provence einzurichten und ein neues Leben nach dem Tod seiner Frau zu beginnen. In Le Lavandou hat er bei Isabelle Morell, der stellvertretenden Polizeichefin, ein Zimmer gemietet. Als ihm seine Tante ein altes Gut vermacht, ist er begeistert von der Schönheit, doch diese wird schnell getrübt, als sich angrenzend an das Grundstück eine Frauenleiche findet. Die Tote wurde zur Faszination des Rechtsmediziners mumifiziert und offenbar schon Jahre zuvor getötet. Als weitere Vermisstenfälle in der Region auftauchen, wird die Situation gefährlich: offenbar ist ein Serientäter am Werk.


    Einer der vielen französischen Regionalkrimis, der versucht das Flair der Gegend einzufangen. Dies gelingt Remy Eyssen auch recht gut, weder Landschafts- noch Essensbeschreibungen wirken gekünstelt platziert, um die Handlung in der Region zu verankern. Die Figuren gefallen mir ebenfalls recht, beide Protagonisten haben gewisse Schwächen, was sie menschlich erscheinen lässt und sind ansonsten sympathisch und professionell in ihrem Handeln. Der Kriminalfall an sich hat gewisse Spannungsmomente, die wie für das Genre typisch nicht überbordend, aber doch konstant gehalten werden. Die Auflösung war für mich nicht wirklich gut motiviert und etwas zu plötzlich, ein kurzes Zwischenhoch vor Ende lies schon erahnen, wie sich die Geschichte entwickeln würde, dafür einen Punkt Abzug. Ansonsten gelungene Unterhaltung, die Erwartungen wurden voll erfüllt.
    26 bis 50 von 108 Rezensionen
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