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    Gikra

    Aktiv seit: 07. Juli 2011
    "Hilfreich"-Bewertungen: 102
    40 Rezensionen
    Emil Gilels - The 100th Anniversary Edition (Sonderpreis wegen z.T.stark beschädigter Box) Emil Gilels - The 100th Anniversary Edition (Sonderpreis wegen z.T.stark beschädigter Box) (CD)
    19.02.2018
    Booklet:
    4 von 5
    Gesamteindruck:
    5 von 5
    Klang:
    4 von 5
    Künstlerische Qualität:
    5 von 5
    Repertoirewert:
    3 von 5

    Ein Schatz wird gehoben

    Die harten Fakten vorweg: in dieser Box mit 50 CDs finden sich genau 9 Werke, die vorher noch niemals mit Gilels veröffentlicht wurden. Darunter „Harmonies du Soir“, eine Etüde von Liszt, die Gilels souverän herunterdonnert und dabei ein wenig die subtilen Feinheiten dieses Werkes überspielt (das gelang dann Richter). Freude allerdings über das „Konzert für die linke Hand“ von Ravel, das er selten gespielt hat, und das hier in einer Aufnahme aus dem Jahre 1952 vorliegt. Pastourelle und Capriccio von Poulenc sind kleine Miniaturen, denen Gilels Eleganz und Finesse gibt. Bachs „Chromatische Fantasie und Fuge“ von 1948 allerdings ist voller Ernst und Wucht und zeigt die ungeheure Kraft des jungen Pianisten. Warum die „Heroische Ballade“ des armenischen Komponisten Babadzhanian veröffentlicht werden musste, ist nicht ganz einzusehen - Gilels spielt zwar mit seinem großen und vielfarbigen Klavierton, der allerdings die auftrumpfende Hohlheit dieser Auftragsproduktion des Regimes nicht überspielen kann. Alle anderen Aufnahmen in der Box sind im Repertoire seiner Diskografie bereits vorhanden. Das Einmalige ist jedoch, dass Melodiya das Archiv von Gosteleradio geöffnet hat und nun zum Teil wirklich aufregende Konzerte den bereits bekannten Werken hinzugefügt werden. Wer hätte es noch vor wenigen Jahren geglaubt? So finden sich alleine fünf verschiedene Versionen von Gilels‘ Bravourstück, der h-moll Sonate von Liszt, in dieser Box. So lässt sich über die Spanne von 17 Jahren verfolgen, wie aus der „wilden“ Interpretation von 1948 jene „gereiftere“ Aufnahme von 1965 werden konnte. Seine „Pranke“, sein blitzsauberes Passagenwerk auf dem Höhepunkt der Sonate muss man gehört haben, um es zu glauben. Schwer, sich für eine Version zu entscheiden - wobei die live-Aufnahmen unerhört faszinieren. Gilels neigte dazu, im Studio allzu abgezirkelt und vorsichtig zu spielen. Das war im Konzertsaal anders - daher die Bedeutung dieser Veröffentlichung. Unnachahmlich die ersten Töne der As-dur Sonate von Weber, die aus unergründlicher Tiefe heraufzusteigen scheinen. Die seltene Studioaufnahme des Tschaikowsky Klavierkonzertes von 1951 zeigt, mit welcher kristallinen Klarheit Gilels das furiose Passagenwerk in dem Stück beherrscht. Die Box ist außergewöhnlich aufwendig hergestellt und sehr hochwertig verarbeitet und in den Informationen über die Aufnahmen zuverlässig. Ein Booklet gibt einen Einblick in das schwierige Leben eines großen Pianisten in einem rigiden politischen System. So bleibt ein zwiespältiger Eindruck - wenig „Neues“, viel Altbewährtes und trotzdem eine Box, die in das Regal jedes Klavierenthusiasten gehört.
    Alle Tage ist kein Sonntag Alle Tage ist kein Sonntag (DVD)
    17.11.2017
    Bild:
    2 von 5
    Extras:
    1 von 5
    Ton:
    2 von 5

    Arg auf Kante genäht

    Bei vielen deutschen Filmen der B-Klasse stellt sich das Problem der Authentizität. Wenn ein Schauspieler eine Rolle übernimmt, muss sie glaubhaft gestaltet werden. Peter Lorre „ist“ der Kindermörder in „M“. Er füllt diese Rolle aus. Wenn der Österreicher Dietmar Schönherr den russischen Startenor der „Donkosaken“ spielt und seinem perlenden Deutsch ein wenig slawischen Akzent beimischt, macht das noch keinen Russen. Wenn er dann noch neben den „echten“ Russen im Chor mit Synchronstimme zu hohen Tönen selbstbewusst den Mund aufsperrt, dann wird es unfreiwillig komisch. Er macht mit seinem „russischen“ Temperament der Eva (Elisabeth Müller) im Eiltempo den Hof. Heiraten nach drei Tagen - man kriegt die Sinnkrise im Parkett. Aber noch etwas: das Drehbuch von Kurt Heuser und Werner E. Hintz ist arg auf Kante genäht. Ist es wahrscheinlich, dass eine Frau so stolz ist, dass sie sich niemals erkundigt, was denn aus dem Liebsten geworden ist, nach dessen Abfahrt sie schwanger wurde, Zwillinge gebar, nie mehr etwas von ihm hörte und doch weiss, dass nur ein Telefonanruf von Freiburg nach Frankfurt nötig gewesen wäre, um zu erfahren, ob der Mann sie verlassen hat oder ob ihm etwas zugestossen ist. Es war etwas passiert, er starb auf einer USA-Reise. Aber die Eva ist so unfähig, ihr Schicksal aktiv in die Hand zu nehmen, dass man solche Logikgreuel fast hinnimmt. Produzent Kurt Ulrich liebte den Donkosakenchor - es war schon sein zweiter Film mit diesem Ensemble. Also musste um diesen Chor herum eine Story konstruiert werden. Sodass vielleicht fairerweise zu sagen wäre: die armen Drehbuchknechte, die sich in Lohnarbeit ihren Ruf ruinierten. (Von Heuser vor allem war mehr zu erwarten). Nur muss man leider auch feststellen, dass Elisabeth Müller noch weniger aus ihrer Rolle macht als ihr das Drehbuch schon nicht hineingeschrieben hat. Oder war es Regisseur Helmut Weiss, der sie so wollte? Dann hätte sie die Rolle nicht übernehmen dürfen - eben wegen der Authentizität.
    Blaue Jungs Blaue Jungs (DVD)
    17.11.2017
    Bild:
    2 von 5
    Extras:
    2 von 5
    Ton:
    2 von 5

    B(f)auer Blödsinn

    Man muss sich kneifen. Da fliegt eine ganze Mannschaft von Filmleuten nach Französisch-Polynesien und was tut sie? Filmt die polynesischen Hula-Tänzerinnen, lässt ein paar Busen ins Bild, zeigt neckische Wasserspiele, wolkenbedeckte Berge, lauschige Buchten - und spielt deutsche Schlagermusik mit dem Hall einer ganzen Atelierflucht. Werner Scharfenberger heißt der Mann, der diesen musikalischen Unspaß erdachte. So singen sie „Heijaho, heijaho, blaue Jungs, die sind halt so“. Giller trällert (mit halbem Orchester) am Strand: „Ich komm zu dir zurück“. In der Liebesszene zwischen dem blauen Jung Karl-Heinz Böhm und der Polynesierin Ravahn (Maea Flohr) greift sie zur Gitarre in der kleinen Hütte (nicht auf der Insel, sondern in Tempelhof) und singt: „Der weiße Mond von Maratonga“ und dazu zwitschert ein ganzer Frauenchor. Und wer singt? Lolita! Man kann es nicht anders sagen: für wie dämlich halten eigentlich Regisseur Schleif und sein Team ihre Zuschauer? Und dann so Dialogfetzen wie: „Für eine Frau ist es das Schönste, einen Mann zu verwöhnen“. Da fällt selbst Charly Böhm nur noch ein „so,so“ ein. Aber es kommt noch schlimmer. Die attraktive Ravahn ist im Bild. „Mit dem Sarong sieht sie noch hübscher aus als ohne“, sagt der Eine. Darauf Giller: „Ich weiß nicht, ob Frauen hier so leicht zu erobern sind. Vielleicht so umständlich, wie eine Kokusnuss zu knacken“. Alles was recht ist - das ist eine Unverschämtheit. Ja, war denn der elegant-leichtfüßige Gustav Kampendonk, der seine Drehbücher feudal an der Elbchaussee in Hamburg erdachte, bei Sinnen? So geht es weiter. Wir erfahren nichts über Sitten und Gebräuche am anderen Ende der Welt, wir sehen Landschaft, Meer und Berge, die zur Kulisse für eine deutsche Schnulze werden. Und noch etwas sei Kampendonk ins Stammbuch geschrieben: die Einwohner Polynesiens sind nicht - wie im Dialog gesagt - Kanaken. Das ist ein Schimpfwort. Sondern Kanaker. So fein können Unterschiede sein. Ich hätte auch einen Schlagervorschlag für den Film: „Ach, wärt Ihr doch in Tempelhof geblieben“.
    Der fröhliche Wanderer Hans Quest
    Der fröhliche Wanderer (DVD)
    28.10.2017
    Bild:
    1 von 5
    Extras:
    1 von 5
    Ton:
    1 von 5

    "Schock"schwerenot!

    "Schock"schwerenot!
    Wozu werden eigentlich Probeaufnahmen gemacht? Damit das Filmteam beurteilen kann, ob jemand den Mindestanforderungen an schauspielerischem Talent entspricht und ob sein Gesicht, sein Gang fotogen genug sind. Bei diesem Film müssen sie sich die Aufnahmen gespart haben, sonst hätte man‘s gewusst: der Schock kann singen, aber nicht spielen. So wird er hier vorgeführt als einer, der nicht über das mindeste Talent verfügt, die Figur im Film auch zu sein. Schock steht herum. Wenn er leidet, sieht man es ihm nicht an, wenn er balzt, schon gar nicht, wenn er Trauer zeigen muss, kriegt er das Lächeln nicht von den Bäckchen. Schockschwerenot - wie ist das möglich? Dann bedient sich der Film aus dem Baukasten des Heimatfilmkonstrukts (notiert von Juliane Kay): erst wird das Talent endeckt, dann geht er an die Bühne, dann kriegt er ein Augenleiden (das natürlich schnell vorübergeht), dann wird er bejubelt, dann kommt er jedoch reumütig in sein Heimatstädtchen (der Sog der Regression) zurück , - aber - und da verstösst dieser Film gegen die Regel - er kriegt seine Waltraut (Haas) nicht. Der alte Fritsch hat sie ihm weggeschnappt. Zwar ist er „1.000 Wochen“ älter als seine Braut (genauer: 1.352 Wochen), aber der freundliche Opi Paul (Hörbiger) macht ihm Mut: Geh nur, heirate nur. Es wird schon gutgehen. Dazwischen zwitschern keine Brautvögelein, sondern die Schaumburger Märchensänger, die alles draufhaben von Modern bis Ältlich: „Alle meine Blumen will ich Dir schenken“ und „Mein Vater war ein Wandersmann“. Zum Schluss tritt sogar der Regisseur Hans (Quest) in Forchheim vor die Kirche und verkündet den Zwitscherern stolz: Ihr habt den ersten Preis gewonnen. Wofür, warum, weshalb - einerlei. Dafür hat der Schock ja gesungen: Verdis Nabucco und allerlei Hinzukomponiertes. Allerdings müsste man mal die Firma, die diesen Film jetzt auf DVD herausbringt, fragen, warum denn solch filmischer Schwachsinn erneut aufgelegt werden muss. Haben schlechte Filme wieder Konjunktur? Rudi Schock lässt sich auf Platten hören. Das reicht.
    Bis wir uns wiedersehen (1952) Gustav Ucicky
    Bis wir uns wiedersehen (1952) (DVD)
    25.10.2017
    Bild:
    3 von 5
    Extras:
    2 von 5
    Ton:
    3 von 5

    Bis dass der Tod sie scheidet


    Es ist leicht, sich über dieses Melodram zu mokieren, schwieriger, diesem Film Gerechtigkeit werden zu lassen. Die Menschen hatten einen schrecklichen Krieg erlebt, fast jede Familie war mit dem Tod eines Familienmitglieds konfrontiert. Es flossen Tränen ohne Ende, man war und wurde empfindlicher. Wieviele Mütter, wieviele Frauen hatten ihren Männern die bange Frage nachgerufen, wann wir uns wohl wiederseh‘n. Dabei schwang auch immer mit, dass es vielleicht zu einem solchen Wiedersehen nicht mehr kommt. Daran knüpft der Film an, der ein solches Grundgefühl zum Ausgangspunkt nimmt. Pamela (Maria Schell) ist ein unbedarftes Mädchen, das in einer finanziellen Klemme steckt, ihre Miete nicht bezahlen kann und sich nun an den Bonvivant, Aufsteiger und lässigen Spielbankdirektor Paul (O.W. Fischer) wendet. Ob er die leichte Beute wittert, die dieses Mädchen für seine erotischen Allüren bietet, wird nicht klar. Sie lässt sich auf ihn ein, daraus wird für beide eine große Liebe. Als sie sich trennen, ohne sich auszusprechen, da verliert Paul jeden Realitätssinn, lässt sich auf einen Betrug ein und wird getötet. Pamela, die um ihren moribunden Gesundheitszustand nicht weiß, bleibt zurück. - Regisseur Gustav Ucicky betreibt sentimentale Stimmungsmache, hält sich an Klischees (in der Krise reden Liebende nicht miteinander). Andererseits ist dieser Film - von einigen logischen Brüchen abgesehen - handwerklich sauber gemacht, mit einem fließenden Schnitt und einer hoch dynamischen Kameraarbeit. Das ist im alten UFA-Stil gefilmt, in dem sich Ucicky durch seine NS-Propagandafilme bestens auskannte, und muss schon bei der Premiere als retro-orientiert gegolten haben. Auch heute noch allerdings leuchtet die Leistung der Maria Schell, die keineswegs „heulsusig“ agiert, sondern zeigt, wie zerbrechlich die Liebe einer jungen Frau sein kann. Insofern Verständnis für die Handlung und ihre Darsteller, weniger für das Kalkül eines Regisseurs, der nach dem Krieg so weitermachte, als wäre nichts gewesen.
    Die gestohlene Hose Geza von Cziffra
    Die gestohlene Hose (DVD)
    21.04.2017
    Bild:
    2 von 5
    Extras:
    2 von 5
    Ton:
    2 von 5

    Küsse und Erbsensuppe

    Eine Verwechslung wäre fatal: der Film hat nichts mit dem bürgerlichen Lustspiel „Die Hose“ von Carl Sternheim zu tun, und der Hauptdarsteller heißt auch nicht Theobald Maske und das Ganze spielt auch nicht im Wilhelminischen, sondern eher im göttinger Wien (Atelier dort, Handlung dort) und Hauptakteur ist ein Peter Trenck, der hier in Personalunion mit Geza von Cziffra schreibt und inszeniert (von Gustav Kampendonk als Co-Autor weiss der Vorspann nichts). Wie bei fast allen Cziffra-Werken ist die Besetzungsliste schon der Film. Als da sind: Hubert von Meyerinck, der sich von Heinz Erhardt foppen lässt und seinem Wortverdreherwitz aber auch nicht halbwegs gewachsen ist, Margarethe Haagen, die laut aufjuchzend in ein Loch unter dem Teppich im alten Schloss versinkt, Beppo Brem, der in die Küche schleichend die Falsche auf den Nacken küsst, die männeraffine Susanne Cramer, die sich mit dem milchgesichtigen Sohn des großen Schauspielers Siegfried Breuer vergnügt, Oskar Sima, der sich mal wieder herrisch und bitterböse an allen rächen will und doch nicht siegt und Ruth Stephan, die sich volltrunken im Weanerischen Idiom versucht und beim Heurigen kläglich scheitert. Handlungsrahmen: eine Wohnung, die mehrmals vergeben wird und in der in braver Reihenfolge alle Mitspielenden auftauchen, bevor sie später im Schloss klamauken. Dialogkostprobe? Der Diener Ferdinand hat die Hose wieder gebracht und trifft auf Breuer jr.: „Wo woarns denn, Ferdinand?“ - „Beim Kunststopfen derselben, da war ein Loch“. - Breuer: „Und deshalb waren sie zwei Tage nicht da?“ Erhardt: „Sie hatte meine Lieblingsspeise gekocht. Nicht die Hose, nein, die Kunststopferin. Es gab Erbsensuppe mit Einlage und als wir so mitten in der Suppe waren, da rückt sie immer näher und näher und so und da wusste ich, jetzt kommt die Einlage und plötzlich da drückt sie meine sämtlichen Hände und sagt Ferdinand zu mir und gibt mir einen Kuss“. Breuer: „Auf den Mund?“ Erhardt: „ Nein auf die Stirn, auf den Mund da ging es ja nicht, da ass ich gerade Erbsensuppe.“
    Nachts im Grünen Kakadu Georg Jacoby
    Nachts im Grünen Kakadu (DVD)
    15.04.2017
    Bild:
    2 von 5
    Extras:
    1 von 5
    Ton:
    2 von 5

    Der Einfall als Reinfall

    Wenn sie doch nur ihre rasche Beinarbeit, ihre waghalsigen Sprünge, ihre verwirrend schnellen Pirouetten, ihr Gefühl für Rhythmus und für die tänzerische Umsetzung ausschließlich auf die Revueeinlagen konzentriert hätte - man würde einen Kotau vor dieser Marika Rökk machen, die im Alter von 44 Jahren derart Gekonntes auf die Bretter legt! Aber es bleibt eben nicht beim Tanz. Sie schauspielert auch. Wenn sie als toupierte, strenge Anstandslehrerin mit Brille und Kostüm ihren Schülern den Boogie-Woogie verbietet, scheint alles getürkt, nichts ist wahr, nichts so gemeint, nur schlecht dahergesagt. Das mag ein Einfall des Regisseurs sein, aber hier ist der Einfall ein Reinfall. Noch schlimmer wird es, wenn Frau Rökk mit ihrer sehr hohen Stimme und dem schwer anzuhörenden ungarischen Akzent auch noch ein kauderwelschendes Amerikanisch draufsetzt. Dieter Borsche bringt bei dieser unernsten Camouflage immerhin noch den Mut auf, gut gelaunt zu bleiben, und die Miene nicht zu verziehen, wenn ihm die aus der Nähe erstaunlich kühle Rökk schlussendlich von der Bühne in die Arme fällt. Nebenrolle am Rande: der verläßliche Joseph Offenbach als lächelnd-strenger Gerichtsvollzieher, der der Hysterie der Anderen geduldig zusieht und seiner Arbeit nachgeht - egal, was da an Tohuwaboe angezettelt wird. Zum Schluss versinkt alles in bunten Bühnenbildern (Kirchhoff/ Becker), die leider nicht die Nonchalance und unverkitschte Farbigkeit eines Jean-Pierre Ponelle austrahlen, aber die hochhackig klackernde Beinarbeit der Bluebellgirls ausreichend gut zur Geltung bringen. Bemerkung am Rande: Ehemann Nummer zwei der Rökk spielt ebenfalls mit (als Conferencier, der nur allzu deutlich macht, dass die im „Kakadu“ herumsitzenden Komparsen keine wirkliche Herausforderung sind). Was wohl Ehemann Nummer eins im Regiestuhl dazu gesagt hat? Das Zweitbeste an diesem Film ist der mitspielende Kakadu - und der ist nicht grün, sondern weiß.
    Dr. Holl Rolf Hansen
    Dr. Holl (DVD)
    15.04.2017
    Bild:
    3 von 5
    Extras:
    2 von 5
    Ton:
    2 von 5

    Selten so geheult

    Taschentücher bereithalten! Schell/Borsche attackieren die Tränendrüsen! Doch die Leute standen 1950 vor dem Kino an, um dieses Melodram aus dem Arztmilieu zu sehen. Eine ganze Welle von Arztfilmen setzte dieser Erfolgsstreifen in Gang. - Zunächst einmal sind hier alle Menschen gut und edel - da ist der reiche Alberti (Carl Wery), der dem jungen Arzt Dr. Holl (Dieter Borsche) ein Labor einrichtet, damit er bei seiner Tochter sein kann. Weiter: Helga (Heidemarie Hatheyer) erlaubt ihrem Verlobten - also Dr. Holl - die zunächst todkranke Angelika zu heiraten, weil das ihr letzter Wunsch ist. Angelika (Maria Schell) zerfliesst vor spät-pubertärer Entflammtheit, glaubt, sie liebe diesen Arzt, obwohl sie ihn erst ein paarmal gesehen hat. Dr. Holl opfert sich, weil das Schicksal der Angelika ihn so rührt. Ob er sie liebt - einerlei! Hauptsache: Opfer. Als schließlich Angelika doch gesundet (denn wie könnte eine Maria Schell in einem solchen Film nicht genesen?), steht der Arzt zwischen zwei Frauen. Dann verliebt er sich aber doch in Angelika. Als alles ausweglos scheint - wird entschieden: Holl kriegt Angelika, Helga wird Ärztin im neuen Hospital. Da ist alles ausformuliert, damit nur ja jedermann alles versteht. Die Schauspieler agieren wie Puppen. Über allem wölbt sich die Harmoniesucht der deutschen Filmindustrie. „Dass die Realität nicht nur edle und gute Menschen hervorbringt - wussten wir. FüIm Kino wollen wir Illusion und Harmonie!“ Wobei eingeräumt werden muss, dass die Schell auch hier wieder ganz intensive Schauspielerin ist, die ihrer Rolle alles abverlangt - zart, weiblich, aufgelöst, liebend. - Ein Blick auf das Team zeigt, dass dieses Dramolett von alt gedienten NS-Künstlern ersonnen wurde: Thea von Harbou („Der Herrscher“) schrieb das Drehbuch, Rolf Hansen, der Regisseur, filmte einfach in seinem schwülstigen UFA-Stil so weiter wie bisher. Sie wussten sich einzustellen auf den von der Leinwand tropfenden Seelenschmerz. Jott, wat habn wir schön jeweint!
    Dorothea Angermann Robert Siodmak
    Dorothea Angermann (DVD)
    05.04.2017
    Bild:
    3 von 5
    Extras:
    3 von 5
    Ton:
    2 von 5

    Schicksal einer Pfarrerstochter

    Zunächst scheint es, als würden alte Gewissheiten bedient: Kurt Meisel spielt wie schon in „Die goldene Stadt“ den miesen Hallodri und Frauenverderber, Ruth Leuwerik trägt ihr damenhaftes Leid für alle sichtbar vor sich her. Aber es kommt dann doch anders. Die Musik von Siegfried Franz, die dem kaum lesbaren Vorspann unterlegt ist, spielt derart atonal und kratzig auf, dass jeder weiß: hier wird keine „schöne“ Geschichte erzählt. Hier geht es ums Ganze. Dann hat Kameramann Georg Krause ein scharfes Chiaruscuro gewählt, sodass die Schatten das Licht zu überdecken scheinen und nur ganz allmählich Konturen sichtbar werden. Die erste Sequenz im Gerichtssaal ist filmisch brillant gestaltet, doch auch verwirrend, die Bilder werden unscharf, die Ränder verschwimmen, Stimmen wie aus einem Nebel tauchen auf - und jeder weiß, dass Dorothea (Ruth Leuwerik) der Verhandlung gar nicht folgen kann. Es ist wie in einem Traum und wenn der vorsitzende Richter sie auffordert, ihn anzuschauen, dann kommt diese Aufforderung einer weiteren Vergewaltigung gleich. Regisseur Robert Sidomak handelt unerhört konsequent - kein Pflästerchen auf die wunde Seele, harte Realistik, unbarmherziger Blick auf die (ja, man muss es sagen) große Schauspielerin Ruth Leuwerik. Alfred Schieske spielt den Vater, der unerbittlich seine Tochter quält, weil ihm sein zusammengezimmertes Weltbild einfach nicht erlaubt, Dorothea als das bedauernswerte Menschenkind zu sehen, das vergewaltigt wurde. Das „Aber“ dieses Films hat mit dem Schluss zu tun, der von der harmoniesüchtigen Produzentin stammen könnte: der Star Ruth Leuwerik darf nicht beschädigt werden. Ihr erster Film-Satz „Ich habe meinen Mann umgebracht“ hatte im Drama von Gerhart Hauptmann Konsequenzen: Dorothea nimmt sich das Leben. Doch der flexible Herbert Reinecker erfindet einen versöhnlichen Schluss. Letzte Einstellung: am Arm ihres Freundes verlässt Dorothea lächelnd und frei das Gerichtsgebäude, so, als wäre nichts gewesen. Trotz dieses platten Einfalls - es gab auch in den fünfziger Jahren beachtenswerte Filme.
    Toni Erdmann (Special Edition) Toni Erdmann (Special Edition) (DVD)
    05.04.2017
    Bild:
    2 von 5
    Extras:
    1 von 5
    Ton:
    2 von 5

    Nacktparty mit Papa

    Erste Szene: die Kamera steht wie fest genagelt vor dem Einfamilienhaus, links die Mülltonnen. Ein Paketbote klingelt. Niemand öffnet. Klingelt noch einmal. Ein Mann kommt angeschlurft, sieht das Paket prüfend an: „Das ist für meinen Bruder, der ist gerade aus dem Gefängnis gekommen. Er saß, weil er Paketbomben verschickte“. Geht zurück ins Haus. Nach einer weiteren Ewigkeit kommt sein „Bruder“ (der er selber ist) mit Sonnenbrille, falschen Zähnen und mit Handschellen um das Handgelenk. Er prüft das Paket. Nimmt es. Der Paketbote sieht so drein, als würde er denken: „Noch ein Irrer“. Drei Minuten sieben Sekunden Filmzeit sind vergangen. - Ein Jokecracker, dieser Musiklehrer. Aber was richtet diese erste Szene aus? Wir sind da, wo normale Logik nicht hinreicht. Überraschung, Verdrehung der Wirklichkeit. Dann also seine Tochter. Er besucht sie in Rumänien. Wir sind dabei, wenn sie in Kostümjacke und Bluse in englischer Sprache endlose Details irgendeines Projekts erläutert. Dann reist der Alte ab. Doch er kommt wieder: mit falschen Zähnen und Perücke und gibt sich als Coach aus. Tut bedeutsam und beeindruckt die Business-Typen. Eher in der Logik der Punks versucht er nun seine Tochter aus den Fängen des Kapitalismus nicht mit Worten, sondern mit verqueren Aktionen zu befreien. Das ist höchstens komisch, wenn es sich um die Nackparty handelt, auf der dann plötzlich ein riesiges fellbewachsenes Untier auftaucht, in dem natürlich der Vater steckt. Schräger Humor. Lockert aber die Tochter auf. Als sie mit schrecklicher Stimme und lauter falschen Tönen „Greatest Love of all“ singt, bleibt es nicht bei einer Strophe. Es müssen viele sein. So dauert das Absurde. - In überlangen 162 Minuten wird eine Geschichte ohne filmische Ökonomie mit Bildern und Einstellungen erzählt, die sich zwar im Nachhinein wie ein Mosaik zusammensetzen und verdichten, aber der Weg dahin ist zäh. Zügig erzählen will der Film nicht. Er ist mit Preisen und Belobigungen überhäuft worden, nur bei den professionellen Jurys in Cannes und Hollywood fiel er durch. Zu Recht.
    Klaviersonaten Nr.1-32 Klaviersonaten Nr.1-32 (CD)
    01.05.2016
    Booklet:
    3 von 5
    Gesamteindruck:
    4 von 5
    Klang:
    4 von 5
    Künstlerische Qualität:
    4 von 5
    Repertoirewert:
    3 von 5
    "Altmodisch" ist kein schönes Wort, wenn es um Klavierspiel geht. Aber genau diesen Eindruck vermittelt Backhaus hier, der diese Gesamteinspielung in hohem Alter noch einmal versuchte, nicht ganz zuende kam und so musste diese Kassette mit Aufnahmen aus den frühen fünfziger Jahren "aufgefüllt" werden. Was historisch faszinierend ist, bleibt die ruhige, geradezu apollinische Gelassenheit, mit der Backhaus diese Sonaten angeht. Vor allem die mittleren Sonaten klingen so wunderbar natürlich, geradezu mit der Weisheit des Alters gespielt, dass man heute erstaunt zuhört. Die Verbiegungen und Exzentrizitäten von hochindividuellen Pianisten kannte er nicht. Jedoch - Backhaus hat eine Tendenz, die komplexen Strukturen etwa einer Hammerklaviersonate so zu spielen, dass sie einfach klingen, aber eben auch nicht intellektuell durchgearbeitet scheinen. Backhaus spielt über die Schwierigkeiten hinweg. Das ist in den späten Sonaten auch schon mal ein Ärgernis, wenn es allzu beiläufig klingt. Aber von einem Pianisten zu hören, der sein ganzes Leben lang Beethoven gespielt hat und im Alter noch einmal eine Neueinspielung vorlegt - das hat etwas. Auch wenn es mal altmodisch klingt.
    Grigory Sokolov - Live at the Berlin Philharmonie Grigory Sokolov - Live at the Berlin Philharmonie (DVD)
    01.05.2016
    Bild:
    5 von 5
    Booklet:
    5 von 5
    Extras:
    5 von 5
    Gesamteindruck:
    5 von 5
    Klang:
    5 von 5
    Künstlerische Qualität:
    5 von 5
    Repertoirewert:
    3 von 5

    Eine eigenartige Lesart

    Sokolov liefert eine Interpretation der Schubert-Werke, die ganz und gar ungewöhnlich ist. Wer hat jemals das erste Impromptu derart faszinierend langsam und rhythmisch so präzise gehört wie hier? Sokolov kann Schuberts morbide Welten vor uns allen großartig ausbreiten. Etwas anderes ist es mit der Hammerklaviersonate. Das beginnt schon nicht "beethovensch" - die Auftaktnote ist eine Achtelnote, Sokolov spielt sie als Viertelnote. Zu keiner anderen Sonate hat Beethoven genaue Metronomisierungen vorgeschrieben: in einem Brief an Ferdinand Ries hat er alle Tempi übermittelt, die er für diese Sonate vorsah. Sie sind extrem rasch, etwa 138 halbe pro Minute für den ersten Satz. Unspielbar. Was aber den Unterschied zu den anderen Pianisten ausmacht, ist etwas anderes: sie übernehmen die „Idee“ dieses Beethovenschen Willens. Liszt - so schreibt ein Zeitgenosse - „habe das ganze Finale in unglaublichem Tempo gespielt, ohne die winzigste Einzelheit auszulassen“. (1836) Sowohl Schnabel als auch Pollini entfachen einen Sturm, der diese Sonate eben nicht „weich spült", wie Sokolov, sondern sie in der ganzen erbarmungslosen Härte vorführt. Pollini ist hier atemberaubend. Ebenso Gulda, der noch dieses Federnde hinzufügt. Schnabel nimmt den ersten Satz so schnell, dass er undeutlich wird, Töne unter das Klavier fallen.
    Sokolov spielt seinen eigenen Beethoven, holt Nebenstimmen hervor, macht daraus ein Werk, das „Poesie“ hat - wie es im Beiheft heißt - und trägt nun die Beweislast, dass man Beethoven so auch spielen kann. Erster Satz: Pollini, Schnabel unter 10 Minuten, Sokolov fast 15 Minuten. Das ist ein sehr eigenartiges Verständnis dieser Musik, das natürlich kein Werturteil über Sokolov darstellt - es beschreibt nur das Befremdliche an dieser Lesart. Gulda bleibt hier unübertroffen.
    Ein Kommentar
    Anonym
    08.03.2019

    Beethovens Tempi

    Ich stimme Ihrem Kommentar zu Sokolovs Berliner Konzert hier mal pauschal zu, zumal der radikale und fast unspielbare 'Hammerklavier-Geist' nur von wenigen, wie Schnabel (genauer, aber nicht besser spielen) realisiert wird, im Kopfsatz bei 8.50', nur von Gulda bei einem B-Festkonzert 1970 mit 7.50' unterboten, rasant, aber nicht verhudelt. Pollini bleibt mit 10.50' klangstrukturell im Vergleich zu Gilels dem Sinn des Kopfsatzes nah, auch in der Phrasierung des Adagio, das, von Sokolov poetisert und schön balladesque gespielt, Beethovens musikalische Revolution mit russischem Klangsinn verfehlt. Der Klavierpoet Kempff der 50er spielte die Sonate frappierend in (1-4) 8.50', 2.40' Adagio 15.21', 11.50' - vonwegen heutiger, moderner B-Interpretation ...
    Mein Schulfreund Robert Siodmak
    Mein Schulfreund (DVD)
    27.11.2015
    Bild:
    2 von 5
    Extras:
    1 von 5
    Ton:
    2 von 5

    Jagdschein für einen Unbedarften

    Robert Siodmak stand unter hohem Erwartungsdruck. Er hatte mit „Nachts, wenn der Teufel kam“ eine bezwingende Studie zur autoritären Struktur des Dritten Reiches vorgelegt und dabei einem Darsteller zum Durchbruch verholfen: Mario Adorf. So lag die Messlatte hoch. Hier aber (es sei die Majestätsbeleidigung gewagt) stört der Hauptdarsteller. Rühmann versieht diesen kleinen, naiven, sich selbst überschätzenden Briefträger mit weichen Kanten, setzt ganz auf das „Menschliche“, nimmt aber dem Film damit jegliche Ecken und Kanten. Regisseur Siodmak liess sich offenbar von diesem Harmoniegetue anstecken und opferte damit die Anklage und die Schärfe des Arguments. Der Film versucht uns einzureden, dass es nach dem Krieg „Gerechtigkeit“ mit den Nazitätern gegeben haben soll. Der Professor, der die Sterilisationen unterschrieben hat (überfordert: Hans Leibelt - was hätte etwa Peter Lühr aus der Rolle gemacht!), wird zu 10 Jahren Haft verurteilt und ist gebrochen und will nichts mehr unterschreiben. Der widerliche NS-Arzt (glänzend: Robert Graf) kommt als ebenfalls gebrochener Spätheimkehrer aus Russland zurück. Sie alle mögen sich an den dummen Briefträger nicht mehr erinnern. Sie haben ihre „Strafe“ weg. Aber so war das nicht nach dem Krieg - Siodmak wusste auch 1960 schon sehr gut, das viele, allzu viele NS-Täter eben mit heiler Haut davongekommen waren und keineswegs „Gerechtigkeit“ herrschte im BRD-Ländle. Aber gerade das will uns der Film weismachen. Ausserdem wird viel zu viel ausgesprochen, statt es anzudeuten und so wird es per se falsch. Es ist ein freundlicher Streifen geworden, so recht für Rühmann-Fans. Doch das kann Siodmak nicht gemeint haben. Erstaunlich die Charge von Alexander Golling in der Rolle des Blockwarts - er war es im Leben und spielt es hier mutig eins zu eins nach. Dennoch: man lehnt sich im Kinosessel unbehaglich zurück. Nein, so war sie nicht, unsere BRD. Und dass der Briefträger schließlich zu seinem Recht kommt und den Jagdschein wieder los ist - ja, wen kümmert‘s.
    Eheinstitut Aurora Wolfgang Schleif
    Eheinstitut Aurora (DVD)
    27.11.2015
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    1 von 5
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    1 von 5

    Ein Schleif macht noch keine Morgenröte

    Achtung vor Wolfgang Schleif! Wer sich in den Filmen der fünfziger Jahr ein wenig auskennt, wird bei diesem Regisseur zurückschrecken. „Blaue Jungs“, „Ach Egon“, „Blond muss man sein auf Capri“ alleine für den Produzenten Kurt Ulrich. Eine unsterbliche Blamage die Zarah-Leander-Mutterschnulze „Der blaue Nachtfalter“. Alles Filme, die keinerlei Regie-Ehrgeiz erkennen lassen, runtergekurbelt zu Schleuderpreisen, ohne Anflüge von filmischem Talent. Schleif, der Regieassistent Veit Harlans und Jud-Süß-Cutter, war nach dem Krieg der Darling geldknapper Produzenten. Schauspielerführung?Selbst „die“ Flickenschildt irrt durch die Handlung und findet ihre Rolle nicht - mal liebende Mutter, mal kalte Eheanbahnerin mit einem kriminellen Sohn. Eva Bartok kommt aus dem Zuchthaus und in der nächsten Szene trägt sie unangefochten einen Chinchilla - sieht man so aus nach fünf Jahren Haft? Nur ihre Stimme gefällt - aber es ist die von Gisela Trowe! Carlos Thompson scheint sich auch nicht sicher, was er denn nun eigentlich sein soll: Gigolo, Halb-Krimineller, Heiratsschwindler? Dann „duschat“ noch eine Inge durch die Handlung und sitzt männerbetörend kurzrockig auf der Schreibtischkante (Thompson sieht weg). Kameramann Friedl Behn-Grund soll gesagt haben: „Ina, ein bißchen mehr Duscha“. Aber auch er bleibt unter seinen Möglichkeiten und fotografiert ab, was für die „Stars“ an Dialog aufgeschrieben wurde. So wird dieses B-Filmchen, in 18 Tagen schnell abgedreht, mit einer Handlung um ein Eheanbahnungsinstitut (dieses Thema war damals aktuell und „parshipped“ heute wieder) und einer wahrhaft großen Schauspielerin, die so unendlich viel mehr könnte, zu einem traurigen Abgesang des Berliner Produzenten Kurt Ulrich. Ein Beweis mehr, wie selbst große Schauspielerinnen schwächeln, wenn sie einem Wolfgang Schleif in die Hände fallen. Dass ein solches Gfrett heute als „Film-Juwel“ verkauft wird, zeigt nur, wie heruntergekommen auch dieser Begriff mittlerweile ist.
    Emil Gilels - Gilels plays Bach Emil Gilels - Gilels plays Bach (CD)
    26.10.2015
    Booklet:
    3 von 5
    Gesamteindruck:
    4 von 5
    Klang:
    1 von 5
    Künstlerische Qualität:
    5 von 5
    Repertoirewert:
    2 von 5

    Was für eine Partita!

    Es knackt, rauscht und knistert auf dieser alten, ja wahrscheinlich zu alten Aufnahme aus den Jahren 1948 und 1950. Der junge Gilels, total gestoppt in seiner Weltkarriere durch den mörderischen Krieg, der junge Brüssel-Gewinner, wollte loslegen. Bach? Er bekennt selber, dass Bach seine Sache so nicht gewesen ist. Dem jungen Tastenlöwen war die Introspektion Bachs fremd - oder nur mit Mühe zugänglich. Doch Vorsicht - hier ist eine Band zugänglich gemacht worden, auf das Gilels-Bewunderer Jahrzehnte warten mussten: die Partita Nr 1 in B-Dur. Die bekannteste der sechs - dieses Mal nicht in der Live-Aufnahme (auf SMC), sondern in der sehr akkuraten, spieltechnisch hoch brillanten Aufnahme von 1950 aus dem Studio. Da zeigt ein junger Mann (Gilels war 35), dass er zu großer Tastenkunst fähig ist, die einzelnen Sätze sind mit der feinen Motorik, derer er fähig war, zusammengehalten und so leuchtet diese Musik wie selten. Die beiden Konzerte jedoch sind in ihrer tonlichen Muffigkeit vielleicht am ehesten zu entbehren. Doch die Partita - alle Achtung!
    Heiß weht der Wind (Mein Freund Shorty) Rolf Olsen
    Heiß weht der Wind (Mein Freund Shorty) (DVD)
    26.10.2015
    Bild:
    1 von 5
    Extras:
    1 von 5
    Ton:
    1 von 5

    Heimatfilm mit Shootout

    So eine CD kommt auch nicht alle Tage ins Haus. „Schauspieler des deutschen Films haben sich den Revolvergürtel umgeschnallt“...“gefilmt in den filmischen Jagdgründen Winnetous“ und drinnen im Booklet Zitate der Weltpresse: „dass man nach Absolvierung dieser Krambambuli Story Hollywoods dritt- bis letztklassige Western erst so richtig schätzt“. „Filmjuwelen“ heißt der Laden, der sein Produkt so anpreist. Aber Juwelen können ja auch stumpf sein. - Zunächst: „Western“ spielen im Westen - der USA. Deutschland hat einen Westen, und da liegt der Rhein. Dann: die Drehbuchautoren. Vermutlich US-Topstars: Paul Clydeburn und Don Sharp! Hat der Produzent doch Geld in die Hand genommen. Merkwürdig, dass sie sonst nirgendwo auftauchen. Des Rätsels Lösung? Die Herren heißen Kurt Nachmann („Fummeln will gelernt sein“) und Rolf Olsen („Heubodengeflüster“) und verstecken sich wegen der Marktchancen ihres Filmchens hinter Pseudonymen. Wir haben es also mit einem deutsch-austriakischen Heimatfilm zu tun. Mit deutschen Schauspielern, die mit dem Revolvergürtel aussehen als wollten sie zum Karneval. Wenn Giller und Fritsch (der mit dem Haarturm und dem Bubigesicht) aufeinander losmarschieren im großen Shootout, dann klappern die Zähne - vermutlich auch bei ihnen selber. Gustav Knuth (erstaunlich beleibt) sieht eher aus wie ein Striese, der sich in den jugoslawischen Bergen verlaufen hat. Dann Ingrid van Bergen. Wie soll sie denn in den Arca-Ateliers in Berlin-Pichelsdorf, wo die Innenaufnahmen entstanden, so wild, so lasziv aussehen wie die Bardame mit Hureneinschlag im Wilden Westen? Funktioniert nicht. Sonst noch jemand? Ach ja, der Köter. Shorty mit Namen. Weiss genau was er soll, rennt mit einem Zettel durch die Prärie und rettet die Eingeschlossenen. Auch ein Ron Randell spielt mit. Marke: Allerweltsgesicht aus den Tiefen Australiens. Das Ganze ist so absurd, dass es schon wieder komisch ist. Dieses war der 89. und letzte Film des Berliner Produzenten Kurt Ulrich. Sein Testament? Eher ein Offenbarungseid.
    Emil Gilels in Leningrad Emil Gilels in Leningrad (CD)
    26.10.2015
    Booklet:
    1 von 5
    Gesamteindruck:
    4 von 5
    Klang:
    4 von 5
    Künstlerische Qualität:
    5 von 5
    Repertoirewert:
    1 von 5

    Spiel mit falschen Karten

    Warum es eine Firma wie Alto nötig hat, mit falschen Karten zu spielen, verstehe, wer will. Alle Aufnahmen auf dieser CD sind bereits veröffentlicht, nichts ist neu. "Gilels in Leningrad" ist zudem eine maßlose Übertreibung: lediglich die Rhapsodie espagnole stammt aus dem Konzert am 18. Januar 1968, wurde bereits von acht CD-Firmen veröffentlicht und rechtfertigt den Titel keineswegs. Alle anderen Aufnahmen stammen aus Moskau. Zum Spiel: Gilels wurde mit diesen Aufnahmen weltbekannt. Sein Zugriff auf Liszt ist phänomenal, männlich zupackend, musikalisch hinreissend und verrät eine Kunst, die in ihrer Einmaligkeit auch heute noch die Zuhörer aus den Sitzen reisst. Die Chopin Sonate zeigt einen Pianisten, der sich von der Wucht der komplexen Passagen keineswegs beeindruckt zeigt und eine Zartheit und Farbigkeit in sein Spiel bringt, die so schwer zu erreichen ist. Nur schade, dass die Schumann Sonate die Studio-Einspielung vom Juni 1957 ist und nicht die großartige live-Aufführung von 1961. Dort zeigte Gilels eine Inspiration, ein Glück des Moments, das er nicht wiederholen konnte. Alles in allem: hat es ein solcher Pianist nötig, unter einem falschen Etikett zu spielen?
    Fast alles, was Recht ist Fast alles, was Recht ist (Buch)
    19.08.2015

    Ein juristischer Glücksfall

    "Recht ist im Wesentlichen Sprache" schreibt Uwe Wesel gleich zu Anfang. Da aber die Juristen sich eine Sprache zurecht gelegt haben, die den Nicht-Juristen oft kaum mehr verständlich scheint, muss übersetzt werden. Diese Leistung erbringt das Buch. Uwe Wesel bleibt dabei immer der Hochschullehrer, der bei aller Komplexität der Materie nie aus den Augen verliert, dass die Zuhörer (oder in diesem Fall die Leser) mitgenommen werden müssen, dass sie verstehen, was da geschrieben steht. Das Recht bestimmt unser Leben und darüber mehr zu wissen, braucht eine Vogelperspektive. Das kann Uwe Wesel, er verheddert sich nicht im Detail. Ausserdem schreibt er derart gekonnt und fließend, dass sich das Buch liest wie ein Kriminalroman. Und er ist genau. Wer mehr wissen will, als im Text erscheint, wird weitergeleitet - zu anderen Büchern. Ausserdem ist Uwe Wesel engagiert. Was er zum Strafvollzug anmerkt, ist von der Politik immer noch nicht verstanden worden. Selbst das knochentrockene Verwaltungsrecht macht der Autor mit Beispielen lebendig. Sogar Juristen greifen zu diesem Buch, wenn sie den Überblick suchen. "Fast alles, was Recht ist" ist zu Recht in der 9. Auflage.
    Grigory Sokolov, Klavier Grigory Sokolov, Klavier (CD)
    19.08.2015
    Booklet:
    5 von 5
    Gesamteindruck:
    4 von 5
    Klang:
    4 von 5
    Künstlerische Qualität:
    5 von 5
    Repertoirewert:
    4 von 5

    Der Preis der Verlangsamung

    Sokolovs Abneigung gegen Schallplattenaufnahmen ist bekannt, der neue Vertrag mit der DG lässt sich sehr langsam an, da ist der Klavierfreund zunächst mal darauf angewiesen, von der Melodiya ältere Aufnahmen zu hören, die die Entwicklung des Pianisten dokumentieren. Nun wird man nicht gleich zu einem Arapov-Anhänger, wenn man zum ersten Mal die zweite Sonate hört. Merkwürdige Klangschichtungen, sehr gespreizt, beim ersten Hören fremd, sicher jugendlich authentisch dargeboten. Die dritte Sonate von Scriabin ist da schon ein anderes Kaliber. Sokolov stürmt und hält zurück und erreicht doch nicht die Dichte und Selbstverständlichkeit eines Gilels. Problematisch die Beethoven Sonaten. Op 10/3 in D-Dur ist die interessanteste Aufnahme (er spielte diese Sonate dieses Jahr wieder), vor allem wegen des langsamen Satzes. Da dehnt er die Töne, da lässt er viel Gefühl einfliessen, da werden die Beethovenschen Strukturen bis an die Grenze des Möglichen ausgelotet. Ganz schwierig jedoch die Sonate Op 111. Sokolov hat sie im Alter von fast 40 Jahren gespielt - also in der Mitte des Lebens. Was ihn dazu bewogen hat, die Arietta über alle Maßen und über alle Grenzen hinaus zu verlangsamen und zwar so zu retardieren, dass der Zusammenhang fast verlorengeht (und er damit doppelt soviel Zeit braucht wie Kempff), das ist schwer zu ergründen. Man ist es nicht gewöhnt und findet sich vielleicht später darein. Aber ob es das letzte Wort des Pianisten ist zu dieser Sonate? Im Ganzen ein etwas schwieriges Album.
    Werke für Violine & Klavier Werke für Violine & Klavier (CD)
    16.08.2015
    Booklet:
    5 von 5
    Gesamteindruck:
    5 von 5
    Klang:
    4 von 5
    Künstlerische Qualität:
    5 von 5
    Repertoirewert:
    5 von 5

    Ein (spätes) Klavierwunder

    Von Sviatoslav Richter existieren sicherlich zuviele CD-Aufnahmen. Einige wurden ihm abgejagt, andere Produzenten haben gar nicht erst gefragt. Szymanowski Werke jedoch waren in seiner Diskographie unterrepräsentiert. Dieser Komponist war mit Richters Lehrer Neuhaus verwandt, Neuhaus liebte seine Musik und liess den Schüler vieles von ihm spielen. Als Szymanowskis 100. Geburtstag anstand, entschloss sich Richter zu zwei Konzertprogrammen mit seiner Musik: den wunderbaren "Masques", den beiden Sonaten 2 und 3 (wer hat die dritte jemals so gehört?) und bat Oleg Kagan (für die "Mythes") und die Sopranistin Galina Pisarenko um ihre Mitarbeit. Pisarenko singt die betörenden Muezzin-Lieder, deren Klavierbegleitung alleine schon ein subtiles Wunder ist. Mit einer der Höhepunkte dieses Albums: sieben Mazurken aus Op 50, deren rhythmische Raffinesse Richter mit jenem Feingefühl herausarbeitet, über das er so mühelos verfügte. Diese 1982 live in Warschau aufgenommenen Konzerte wurden vom Polnischen Rundfunk lizensiert und sind noch einmal posthum reinstes Klavierglück.
    Grigory Sokolov, Klavier Grigory Sokolov, Klavier (CD)
    28.07.2015
    Booklet:
    3 von 5
    Gesamteindruck:
    5 von 5
    Klang:
    3 von 5
    Künstlerische Qualität:
    5 von 5
    Repertoirewert:
    3 von 5

    Sokolovs unglaubliche Musikalität

    Strawinskys "Petruschka" ist nicht jedes Pianisten Sache. Einige dreschen das Werk herunter, andere versuchen die lyrischen Elemente herauszustellen und zerstören damit die Balance. Sokolov aber findet eine Ausgewogenheit zwischen dem aggressiv Fordernden der Partitur, die er wirklich bis an die Grenzen der Hörerfahrung steigert, und dem Zarten und Feinen, dessen Strawinsky sehr wohl inne war. Im "Carnaval" mischt er die Spielfreude, die Schumann hineinkomponierte, mit der schieren Virtuosität vieler Passagen, die den Wettkampf der beiden Protagonisten darstellen. Das gelingt mit einer die Hämmertechnik des Klaviers vergessen machenden Transzendierung. So kann nur jemand spielen, der die Erdenschwere seines Instruments bezwungen hat. Die Schubert Sonate a-moll hat er als junger Mann eingespielt und diese Fassung klingt kaum anders, als er sie jüngst im Rezital in Dortmund aufführte. Ein früh Vollendeter, von dem jeder Ton so klingt, als würde man das Werk zum ersten Mal hören. Kein Klavierfan kommt ohne diese Kassette aus.
    5 unter Verdacht (Stadt im Nebel) 5 unter Verdacht (Stadt im Nebel) (DVD)
    28.07.2015
    Bild:
    1 von 5
    Ton:
    1 von 5

    Viel Nebel um nichts

    Es ist dunkel in dieser dänischen Stadt, der Nebel verschluckt alles, die Straßenbeleuchtung wird seit Tagen nicht mehr ausgeschaltet. Das ist das Setting. In dieser unheimlichen Atmosphäre geschieht ein Mord. Die Kamera von Bruno Stephan nimmt uns mit in lichtlose Hausflure, über stockfinstere Straßen, in mäßig beleuchtete Räume. Man möchte in den Kino-Vorführraum laufen und rufen: „Mehr Licht“. Denn dass es draußen dämmrig und düster ist, heißt ja nicht, dass der Kameramann dieses wenige Licht nicht für sich zu nutzen wüsste. Aber er tut es nicht. Der englische Film „Der Dritte Mann“ spielt ebenfalls in nächtlichem Dunkel, aber Kameramann Robert Krasker setzte Lichtinseln und nutzte dieses Chiaruscuro unglaublich virtuos. Das fehlt hier. Mag sein, dass die Kopie nachgedunkelt ist, aber so gelingt es nicht, aus dem Schwarz wenigstens ein Grau zu modellieren. Die Schnitte sind verwirrend, die Aufeinanderfolge der Szenen grenzwertig logisch. Wir erfahren gleich zu Anfang durch den Erzähler, dass der Hausmeister jetzt zwar noch die Kohlen für seinen Ofen holt, aber „er hätte sich die Mühe sparen können“. Wir wissen also, wem es passiert. Aber bis zur letzten Minute nicht, wer es getan hat. Als es herauskommt, stellt sich wieder dieses schale Nach-Krimi-Gefühl ein: ja und? Irgendein langweiliger Typ ist ausgerastet. Wir sind ständig auf die falsche Spur gelockt worden. Regisseur Kurt Hoffmann kann sicher Spannung erzeugen - aber die Charaktere bleiben blass. Nebenbei fallen ihm kleine filmische Miniaturen ein: Hans Nielsen, der Inspektor, klappt öfter seinem Adlatus (Henry Lorenzen) die Hutkrempe hoch - als Bestätigung. Zum Schluss revanchiert sich Lorenzen und klappt die Hutkempe des Inspektors hoch - Fall gelöst! Dennoch ist man nicht zufrieden: warum wird Friedrich Schoenfelder vom Kommissar als Täter benannt, obwohl er es gar nicht ist? Eine weitere falsche Spur. Der Film kann kein Erfolg gewesen sein, da er mit drei Titeln daherkommt: „Mord in Belgesund“, „Stadt im Nebel“, „Fünf unter Verdacht“. Zwei zuviel.
    Der Kapitän Kurt Hoffmann
    Der Kapitän (DVD)
    28.07.2015
    Bild:
    1 von 5
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    "Nur raus hier"

    Nach „Schloss Gripsholm“ fältt es schwer, sich diesem vorletzten Film Kurt Hoffmanns zu nähern, ohne moros zu werden. Der selbstgewählte Abstieg eines Meisters der filmischen Unterhaltung, der in den fünfziger Jahren den Höhepunkt seiner Karriere erlebte und in den sechzigern (zwei Ausnahmen!) still und konsequent seinen eigenen Abstieg inszenierte. Das Glück scheint ihn verlassen zu haben - in der Stoffwahl, in der Ausführung, in allem. Seinem langjährigen Kameramann Richard Angst verdanken wir erstaunliche Erkennntisse über den „Westentaschen-Diktator“ Kurt Hoffmann. Ging er so mit seinen Leuten um? Konnte er so schroff sein? (unveröffentlichtes MS in der Kinemathek Berlin). Doch zurück zum „Kapitän“. Dass es Argumente für eine Kreuzfahrt gibt, wird täglich durch die steigenden Buchungszahlen belegt. Dass es kein Argument für das menschliche Tohuwabohu auf einer Kreuzfahrt gibt, so wie es in diesem Film angezettelt wird, wird hier bewiesen. Was soll man denn anerkennen? Dass sich die Darsteller Joseph Offenbach, Horst Tappert und Hans Korte auszeichnen? Dass Johanna Matz gut aussieht und warmherzig dem Rühmann wenigstens zu einigen eindrucksvollen Szenen verhilft? Es gibt wahrscheinlich keinen Kurt-Hoffmann-Film, in dem nicht auch sein Regietalent sichtbar wird. Hier ist es der Schluss. Keine großen Worte, nur ein Bild auf dem Schreibtisch stattdessen. Aber reissen die letzten 10 Sekunden einen ganzen Film heraus? Als Hoffmann von den Oberhausenern als Opas Kino identifiziert wurde, und er sich nicht zu wehren verstand, sondern sich gekränkt zurückzog, da wäre dieser Film weiteres Öl in diesem Feuer gewesen. Was ist nun der „Kapitän“? Klamauk, eine unglaublich platte Story, Rühmann als bedrängter Frauenheld mit einer nackten Teri Tordai im Bett, eine betrügerische Intrige, ach nein, es lohnt sich nicht, das Alles aufzuzählen. Dieser Hoffmann-Film lässt sich mit dem beherzten Aufschrei quittieren: „Niemals in diesem Leben eine Kreuzfahrt!“ Ob eine solche Reaktion beabsichtigt war?
    Das Haus in der Karpfengasse (Gesamtedition) Kurt Hoffmann
    Das Haus in der Karpfengasse (Gesamtedition) (DVD)
    28.07.2015
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    Kein Film des schlechten Gewissens

    Was für ein unglaubliches Risiko! Der Komödien-Regisseur Kurt Hoffmann versuchte sich an einem der schwärzesten Kapitel der deutschen Geschichte mit einem Drehbuchautor (Gerd Angermann), der ein völliger Neuling war! Dazu das Ganze in der Tschechoslowakei gefilmt, die nach dem Einmarsch der Sowjets zu den härtesten kommunistischen Staaten überhaupt gehörte. Hoffmann wollte (nach dem Roman von Ben-Gavriel) das Schicksal der jüdischen Bewohner der Karpfengasse (Kaprova) 115 in Prag schildern, die mit dem Einmarsch der Nationalsozialisten 1939 um ihr Leben, ihre Existenz, ihre Rechte gebracht wurden. Der Film erzählt in finsterem Schwarz-Weiß in Episoden die Schicksale dieser Menschen. Mutter Kauders hat ihren Sohn verstossen, weil er den jüdischen Glauben aufgab. Viele Jahre später - 1939 - erhält sie einen Brief aus Brasilien, in dem ihr Sohn sie bittet, zu ihm zu kommen. Doch Mutter Kauders (eindrucksvoll: Edith Schultze-Westrum) überlebt den Hürdenlauf durch die Behörden nicht und bricht zusammen.Das ist die erste Episode. Doch über den Szenen liegt ein schwerer schwarzer Schleier. Hoffmann erzählt, als gäbe es keinen Standpunkt von ausserhalb. Er geht so vorsichtig (oder unsicher?) zu Werke, er lässt Rückblenden zu, die mehr verwirren als Klarheit schaffen, und er findet keinen Standpunkt ausserhalb des engen Geschehens. Das macht diesen Film so lastend und letztlich unfilmisch. „Es hätte ein Film des schlechten Gewissens werden müssen“ (Nettelbeck). Nur um Mißverständnisse auszuschließen: es geht hier nicht darum, das Thema zu kritisieren - es verdient eher Respekt - , sondern lediglich darum, dass daraus nichts filmisch Wirkungsvolles geworden ist. Nach „Wir Wunderkinder“ glaubte Hoffmann offenbar, dass er sich auch so einem Thema stellen könne. Aber „Wir Wunderkinder“ war ein politisch angehauchtes Kabarett, kein wirklicher Versuch, deutsche Vergangenheit aufzuarbeiten. Da fällt einem dann wieder Wolfgang Staudte ein, der diese Episoden anders erzählt hätte. So bleibt zwar Erschütterung zurück, aber auch Abwehr.
    Menschen im Hotel Menschen im Hotel (DVD)
    28.07.2015
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    Knapp vorbei ist auch daneben

    Wie kommt es, dass einstige Welterfolge, wenn sie über den deutschen Remake-Leisten geschlagen werden, plötzlich eng, spießig, bieder, brav und ungeschickt aussehen? Beispiel: diese Hotelhalle. Sie sollte elegant, groß, intim, gemütlich und weltoffen aussehen. Was hat Architekt Rolf Zehetbauer ins Atelier gestellt? Eine Art Bank-Schalterhalle, im Stil der fünfziger, in der alles auseinanderläuft, sich nichts Atmosphärisches ereignen kann. Hier soll sich ein Drama abspielen? Was haben die Autoren aus der Rolle des Kringelein gemacht? Vicki Baum wollte, dass er - todkrank - sein Erspartes ausgibt, um endlich einmal zu leben. Hier ist er der Buchhalter, der dem bulligen Chef (großartig: Gert Fröbe) klebrig auf die Pelle rückt. Rühmanns Kringelein darf nicht todkrank sein. Rühmann ist doch Komödiant! Wer nur den Versuch macht, den ersten Minuten des Films von 1931 zuzuschauen, sieht sofort, wie Atmosphäre entsteht, wie Charaktere vorgestellt werden, wie sich Dichte ereignet. Nichts davon in diesem Remake. O.W. Fischer als der betrügerische Baron, der zum widerlichen Erpresser wird - hat ihm der Regisseur nicht gesagt, dass es ganz abwechslungsreich sein könnte, mal die Zigarette aus dem Mund zu nehmen? „Ich lach über mich, weil ich zu erwachsen bin, um über mich zu weinen“. Der gebrochene (Film-)Schuft, dessen Darstellungsstil zur Masche geworden war. Von Michèle Morgan behauptet die DVD-Hülle, sie sei besser als die Garbo. Unglaublich! Wer jemals die Garbo als Grusinskaya durch die Hotelhalle hat schreiten sehen, der weiß, was Klasse ist. Garbo „ist“ die Diva, Morgan eher eine Madame, die eine Diva spielt. Ausserdem wird sie vorgeführt: als sie die Ballettschuhe anzieht, weiß jeder: so jemand tanzt nicht. Zu alt, zu schwer, zu unbeweglich. Wer hat sich das einfallen lassen? Zwiespältig die Fotografie von Göran Strindberg, der dieses klischeelastige Drama in steingraues Dunkel taucht. Was hätte ein Werner Krien dort herausgeholt! Der Produzent war's zufrieden, die Stars unter Vertrag zu haben. „Große“ Namen in einem kleinen Film.
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