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    akw1964

    Aktiv seit: 04. April 2014
    "Hilfreich"-Bewertungen: 90
    7 Rezensionen
    Not Yet Not Now (Limited-Edition) (Boxset) Not Yet Not Now (Limited-Edition) (Boxset) (CD)
    29.03.2019
    Klang:
    4 von 5
    Musik:
    3 von 5

    Werkschau und Abgesang in einem: Eine Box mit altersmilden Unplugged-Versionen aus dem Repertoire der progressiven Gesangsikone Peter Hammill

    Hier meine der-erste-Eindruck-zählt-Kurzkritik zur heute erschienenen NOT YET NOT NOW-Box. Seit der Postbote zweimal klingelte, liegt das Teil im Player und ich habe schon fleißig reingehört, wenngleich auch noch nicht in alle CDs. Aber viel fehlt nicht mehr, bis ich durch damit bin - und während ich dies' hier schreibe, läuft die Werkschau weiter im Player...

    Was also wird geboten für das Geld, welches wir alle, die wir Peter lieben, gerne dafür ausgeben, dass er sich mit einem sicheren finanziellen Polster aufs Altenteil verziehen kann, um in Ruhe auf der Bank hinter seinem Haus zu sitzen, während sein Blick über seinen Garten schweift, der sicherlich nicht ohne Grund als Foto auf der Rückseite seines letzten Studioalbums abgebildet wurde. Die Natur, der Blick in den HImmel... was bleibt?

    Nun, es bleibt diese dicke Box zum langen Abschied in Form eines Karriererückblick, der noch einmal schmerzlich dran erinnert, dass es leider (bis auf die BBC-Aufnahmen) nicht gerade sehr viele Hammill-Live-Aufnahmen aus den 70ern in wirklich guter Qualität gibt, dass es besser gewesen wäre, in den Archiven der Radio-Stationen (z.B. Radio Bremen) nach älteren Aufnahmen zu suchen, und dass nicht jede Stimme wie Rotwein (man verzeihe mir den abgedroschenen Vergleich) mit den Jahren immer besser wird.

    Jetzt aber konkreter zu den acht Silberlingen: Einige wurde am selben Ort (in aufeinanderfolgenden Konzerten wie in Berlin) oder innerhalb eines Landes (die Nürnberg/Dortmund, Italien oder Großbritanien-CDs) während der 2017/2018-er Tournee aufgezeichnet, andere bieten Zusammenschnitte aus diversen Locations in verschiedenen Ländern. Die Aufnahmequaliltät ist okay, anfangs (CD1) hört man schon mal kurz etwas zu viel Gepuste ins Mikrophon, aber letztlich geht alles in Ordnung - seit die Welt digitalisiert ist, gehören schlechte Konzetaufnahmen eh' der Vergangenheit an. Da ich zudem nicht sehen muss (wie in den Videos oder meinen letzten Konzerten), wie Peter Hammill die ganze Zeit aufs Textblatt spickt, kann ich mir sogar einbilden, er würde seine eigenen Texte kennen - okay, das war gemein, die Zettel dienen bestimmt nur zur Sicherheit bei diesem umfangreichen Werk.

    Zu hören sind übrigens nicht nur Hammill-Klassiker (und ist nicht fast jeder Song bis in die 80-er ein Klassiker?) neben Auszügen aus dem soliden Spätwerk, sondern auch einige Van der Graaf-Songs in spartanischen Versionen - u.a. "Still Life", "Refugees" (übrigens die einzige VDGG-Auskopplung, die es in den 70-ern in die BRAVO-Hitparade schaffte, kein Scherz) und "House With No Door". Nichts Neues also, denn das war bei der letzten Live-Box auch schon so, während andererseits VDGG auf den letzten Touren Hammill-Solo-Epen wie "In Flight" spielte. So wächst zusammen, was zusammen gehört...

    Und dass es von fast jedem hier vertretenen Song bessere Versionen gibt ("Veronica" höre ich lieber in der VERACIOUS-Live-Variante mit Stuart Gordon, die K-Grup-Sachen kamen in jüngeren Jahren bzw. mit Band besser), das ist ein Phänomen dass man auch kennt, wenn man Live-Scheiben anderer Künstler (wie z.B. Frank Zappa) sammelt.

    Auch wenn sich bei mir teilweise immer noch das wohlvertraute Hammill-Gefühl einstellt (darauf bin ich seit Jahrzehnten wie ein pawlowscher Hund konditioniert), so habe ich mittlerweile den Eindruck, das Hammill sein Werk mehr verwaltet und darstellt, als dass er seine Songs noch durchlebt und durchleidet. Er verfällt öfter an Stellen in eine Art energiesparenden Sprechgesang, bei denen man sich zu erinnern glaubt, dass hier früher einmal mehr Feuer brannte, die Stimme höher ging, Wut und Zärtlichkeit der Stimmmungen, das Laute und das Leise im Wechsel, die Spannungsbögen und Brüche mehr Intensität versprühten - zudem scheint mir auch der Wechsel zur (nicht mehr die ursprünglichen Höhen erreichenden) Kopfstimme manchmal etwas unelegant.

    Andererseits: Wüde man Hammill vorgetäuschte Berufsjugendlichkeit abkaufen? Wohl eher nicht. Und ein Beispiel für würdevolles Altern sind die Aufnahmen in dieser Box durchaus; es ist bekanntlich (Spoiler: gleich folgt die nächste abgedroschene Phrase) der 'Klang der Seele', der sich äußert - und die ist eben nicht mehr die jüngste. Und was die Altersstimme angeht: Hat man Hammill je gehört, weil er eine im üblichen Sinne 'schöne Stimme' gehabt hätte? Eben! Wer je versucht hat, seinen Freunden Hammill-Platten vorzuspielen (und dabei gar nicht verstand, wieso nicht jeder diese Stimme lieben kann), der weiß, was ich meine...

    Allerdings: Wenn man bereits die PNO GTR VOX BOX im Regal hat, dann fragt man sich schon, weshalb es gleich zwei solcher Werkschauen mit unvermeidlichen Repertoire-Überschneidungen gibt, zumal ich auf der alten (mittlerweile allerdings nicht mehr regulär erhältlichen) Box die Sortierung in diverse Kategorien (VDGG-Songs, alternative Versionen, nur Gitarre bzw. nur Piano-Silberlinge) cooler fand.

    Okay, dafür hat diese Box mehr den Charakter eines durchgehenden Konzertes - und derjenige (das bin ich, logo), der hier gerade Ausverkauf vermutete, hat sich das früher auch nicht gefragt, als er sich noch jeden Hamill-Bootleg ins Regal stellte, an dem PH nichts verdiente. Aber ich finde, wenn Peter mich gefragt hätte, ob ich ihm einfach so monatlich Rente überweisen möchte (für seine, meine Jugend begleitende, künstlerische Ausgestaltung einer gepflegten Melancholie), ohne dass er seine alten, müden Knochen noch einmal ins Archiv schleppen muss, dann hätte ich mich auch so daran beteiligt. Vor dem Hintergrund, dass im Hause Hammill jetzt einfach rigoros Doppelverwertung und Ausverkauf betrieben wird (man denke nur an die 'K Group'-Re-Releases in der Vierer-Box mit spärlichem Bonusmaterial, wo man das Geld im Grunde nur für die Aufmachung rauswirft), hinterläßt NOT YET NOT NOW einen etwas zwiespältigen Eindruck bei mir. Sollte Herr Hammill allerdings demnächst mal in Russland anrufen und danach das via youtube bekannte Moscow-Konzert von 1995 als DVD/BR und CD-Box rausbringen, dann wäre ich wieder dabei. Ausverkauf hin oder her...

    Kurzum: Ein netter Abgesang auf eine Stimme, die immer noch ihren Reiz hat, zudem eine Limited-Edition-Ausgabe, die Fans und Komplettisten zum Kauf verleiten wird. Trotz des Gefühls, hier einem Sellout beizuwohnen, geht der Preis der Box für mich in Ordnung. Es ist wie bei einem Ablasshandel: Man zahlt und fühlt sich besser, weil man seinem Lieblingskünstler einen paradisischen Altersruhesitz mitfinanziert, anstatt sich Sorgen machen zu müssen, dass er die Höllenqualen von Altersarmut durchleiden muss... Und anhörbar ist NOT YET NOT NOW durchaus durchgängig. Was will man mehr?
    ...All That Might Have Been...(Box Set) ...All That Might Have Been...(Box Set) (CD)
    12.12.2014
    Klang:
    5 von 5
    Musik:
    4 von 5

    Spannendes Alterswerk des enigmatischen Vocalakrobaten und Klangkünsters

    Hammil-Longplayer begleiten mich seit der Pubertät - und die ist deutlich länger her, als die Rente vor mir liegt. Manche habe ich Hundert-fach gehört, andere weniger oft. Bei manchen verabschiedete ich mich für eine Reihe von Veröffentlichungen, fand irgendwann den Wiedereinstieg und hörte mir hinterher das Verpasste an, nicht ohne Entdeckungen zu machen und meinen ersten Eindruck zu korrigieren.

    Das Frühwerk steht für mich einsam da wie ein unbezwingbarer Monolith, doch auch in den letzten Dekaden passierte hin und wieder Großes. Den meisten der letzten Veröffentlichungen konnte ich hingegen nicht allzu viel abgewinnen - das gilt auch für die Van Der Graaf Generator-CDs oder Hammills Live-Auftritte mit unterschiedlichen Besetzungen, VDGG oder solo.

    Woran lag es? Reagierte ich allmählich allergisch auf Hammills Manierismen - oder nahm ich mir nicht mehr die Zeit, die seine Werke verdienen? Ich weiß es wirklich nicht genau. Nach seinem stellenweise erfrischenden Duo mit Gary Lucas, nun also wieder Hammill solo: Ein Mann, seine Stimme, alle möglichen Instrumente und ein paar Kästchen mit Elektronik. Diesmal gar wahlweise als Einzel- oder Dreier-Set mit unterschiedlichen Varianten der CD: Einer instrumentalen, einer songorientierten und einer, die beide Welten vereint. Wahrscheinlich wird er sich irgendwas dabei gedacht haben - doch da ich finde, dass die Musik für sich stehen sollte, habe ich vorerst drauf verzichtet, mir die erklärenden Texte dazu durchzulesen, da ein Kunstwerk, und das ist diese CD (bzw. der Set) ja schließlich, für sich selbst sprechen sollte.

    Wie schon seit einiger Zeit bei PH üblich, ist auch dieses ein ruhiges Werk geworden. Die Zeit, als er nach jedem "Sturm"-Album eines der "Stille" ankündigte, sind vorbei. Hammills Klangkosmos scheint sich immer mehr ins Transzendentale zu verflüchtigen: Songs, die oft nur als Schraffur oder Fragment angedeutet werden, tauchen zwischen merkwürdigen Klanggebilden auf, dann wieder verirren sich einzelne Töne in Soundscape-Lanschaften, Gitarrenklirren paart sich mit dahin getupften Tiefenbässen und der Mann, der "für die Stimme das leistete, was Hendrix für die Gitarre tat" singt mit sich selbst im Chor und erzeugt so eine fast sakrale Stimmung.

    Auch wenn sich nur wenige Songs richtig festsetzen (die dann aber richtig), übt "All that Might Have Been" für mich einen fast hypnotischen Reiz aus, denn hier sind die meisten Hammill-Qualitäten wieder vereint, ohne dass man das Gefühl hat, er würde nur auf Autopilot fahren. Immer wieder sind kleine Störmomente in die Kompositionen verwoben, so dass es sicherlich hilft, diese Veröffentlichung als Klanginstallation zu betrachten und weniger als Sammlung von Songs. Auf jeden Fall als Gesamtkomposition, die man nur konzentriert hören und für die man sich Zeit nehmen sollte: Eine Art abstarkte Ambient-Musik mit Gesang, die sich teilweise Richtung moderner Klassik öffnet. "Musik am Rande der Stille" nannte man das (so glaube ich mich zu erinnern) in den "Klanghorizonten" des Deutschlandfunks.

    Teilweise erinnert mich "All That Might..." entfernt an die Spätwerke von David Sylvian, der sich (auf seine ihm eigene Weise) auch immer mehr von der traditionellem Art, Songs zu komponieren und zu instrumentieren, entfernte. Auch wenn Hammills Methode, einen melancholischen Soundtrack seiner Seelenlandschaften zu kreieren, natürlich ganz andere Qualitäten und Eigenwilligkeiten besitzt. Ein Bewohner des Elfenbeinturms, dessen unvergleichliche Stimme mich immer wieder in seinen Bann zieht, so dass es mich auch nicht stört, dass sie altersbedingt in etwas tiefere Lagen abgerutscht ist. Kurzum: Er hat mich wieder am Wickel.

    Mehr als sonst scheint Hammill diesmal an der Produktion gefeilt zu haben, denn alles klingt unglaublich transparent: Die Songs selbst scheinen langsam ein- und auszuatmen, die Spannungsbögen werden behutsam aufgebaut und lösen sich nicht (so wie früher) in brachialen Ausbrüchen, sondern in Wellenbewegungen auf. Ich weiß, das waren jetzt eine ganze Menge arg verquasteter Metaphern, aber ich kann es nicht anders beschreiben... (und falls jetzt jemand auf dumme Gedanken kommt: Nein, ich schreibe in meiner Freizeit keine Gedichte).

    Fazit: Auf jeden Fall ist dies' für mich ein stimmiges und spannendes Spätwerk des enigmatischen Vocalakrobaten und Klangtüftlers, dass ich jedem empfehlen kann, der sich darauf einlassen möchte. Ob es unbedingt das Dreier-Set sein muss? Wer gerne limitierte Boxen mit Sammlerwert im Regal stehen hat, der schätzt vielleicht auch den ästhetischen Mehrwert der verschiedenen Varianten - bei mir hingegen läuft vorrangig der "The CINÉ"-Mix - und der ist mit der regulären Einzel-CD identisch.
    Puttin On The Ritz (Live) Frank Zappa
    Puttin On The Ritz (Live) (CD)
    08.12.2014
    Klang:
    1 von 5
    Musik:
    4 von 5

    Kurzweiliger Bootleg aus Zappas 80er Phase mit Gastauftritt von Al Di Meola

    Hier also mal wieder ein komplettes Konzert aus der Phase, in der Zappa seinen Sound bevorzugt mit dem etwas nervigen Keyboard-Dressing von Tommy Mars übergoss. In diesem WLIR FM-Radio Show-Mitschnitt (der Radio-Jingle des Senders ist noch in den letzten Sekunden der zweiten CD zu hören) verirren sich einige wenige Songs aus der 70er Phase in das Repertoire der 80er; alles wohlfeil dargeboten und mit viel Spielfreude in Szene gesetzt - und halblegal am offiziellen "Zappa Family Trust" vorbei von ambitionierten Bootleggern auf den Markt geworfen...

    Neben dem in dieser Zeit unvermeidlichen (aber mit seinem Gitarren-Solo ebenso hörenswerten) "Whipping Post"-Cover lohnt sich dieser Mitschnitt vor allem wegen der "Clowns On Velvet"-Version. Nicht nur, dass Al Di Meola an der Gitarre gastspielt, hinzu kommt, dass dieser drei Jahre später auf "Thing Fish" veröffentlichte Song bislang offiziell nur in einer völlig dichtgequatschten Studio-Version vorlag (korrigiert mich, falls ich mich irren sollte, ich bin nur halbwegs Zappa-sattelfest).

    Wir erinnern uns: "Thing Fish" war eine Art ironisch in Szene gesetztes Pseudo-Minstrel-Show-Musical, welches für viele Zappa-Fans (auch für mich) vollkommen ungenießbar war, da sich immer wieder ein Erzähler in den Songs zu Wort meldete, dessen verstellte Stimme einfach nur nervte. Auf "Puttin' On..." liegt der Song erstmals komplett vor, auch wenn es unmittelbar danach mit einem schlechten Witz weitergeht: Chad Wackermans (lt. Zappas Ansage) Schlagzeug-Roadie Brian Peters gibt hier eine Version von Christopher Cross' "Ride Like The Wind" zum Besten, bei der Al Di Meola unnötigerweise etwas verheizt wird (für mich die "Verstehen Sie Spass... ?"-Einlage des Abends), bevor dann alles in einen dahindümpelnden Reggae mündet. Was hätte man aus der Begegnung der Jazzrock-Gitarren-Ikonen Zappa und Meola (nicht zu vergessen der damalige Newcomer Steve Vai, der schließlich auch noch auf der Bühne rumlungert und einen tollen Job erledigte) nicht alles herausholen können?

    Ansonsten gibt's zumeist Songs, die zur Genüge in ähnlichen/besseren Versionen offiziell veröffentlicht wurden. Der Auftritt geht für Zappas 80-er-Phase völlig in Ordnung, das Konzert macht trotz manch' angejahrter Gags Spaß, die Abfolge der Titel - der Wechsel zwischen langen Instrumentals und kompakteren Gesangs-Nummern - lässt die Schwachstellen schnell vergessen.

    Klanglich ist der Mitschnitt eine kleine Katastrophe: Genau so klang es, wenn ich vor 20 Jahren mit meinem Tapedeck Aufnahmen machte, bei denen ich vergaß, Dolby einzuschalten. Wenn man solche Aufnahmen hinterher MIT Dolby abspielte, dann klang der Brei genau so wie diese Doppel-CD. Kein Rauschen, aber auch keine Höhen. Trotzdem tönt es natürlich deutlich besser, als wenn die Aufnahme aus dem Publikum gemacht worden wäre (was ja in den 80-ern Dank des Kassetten-Walkmans auch oft geschah). Immerhin gibt es kein nerviges Dazwischen-Gequatsche oder ähnliches), doch mit dem geschickten Einsatz eines Computer-Klangbearbeitungs-Programmes hätte man etwas mehr herausholen können. Für mich ist der Klang der Grund, nur drei Sterne zu vergeben, weil das Hörvergnügen doch deutlich geschmältert wird (und ich besitze nur eine uralte Hifi-Oberklasse-Anlage und bin absolut kein High End-Fetischist).

    Deshalb: Höhenregler voll aufdrehen (auch wenn's wenig hilft). Als CD-Käufer kann ich damit leben, hierfür Geld ausgegeben zu haben. Doch wenn ich sehe, dass das Teil momentan bei Amazon für über 70 Euro als Vinyl angeboten wird, dann kann ich nur hoffen, dass die Pressung besser klingt als die CD (wovon ich nicht ausgehe).

    Fazit: Kurzweiliger Bootleg aus Zappas etwas Keyboard-verkleisterter 80-er Phase. Spielfreudig in Szene gesetzt, dumpf klingend und mit Al Di Meola als illustrem Gast.
    Providence College, Rhode Island, April 26th 1975 Providence College, Rhode Island, April 26th 1975 (CD)
    23.11.2014
    Klang:
    1 von 5
    Musik:
    5 von 5

    Tolles Konzert mit Jazzrock-Einlagen und diversen Zu-Wort-Meldungen von Kapitän Schweineherz

    Während andere sich remasterte Deluxe-Ausgaben der LPs und CDs ihrer Lieblingsstars vergangener Dekaden kaufen und sich vor ihrer Edel-Hifi-Anlage rumlümmeln, schmeiße ich mein Geld gerne bedürftigen Bootleggern in den Rachen. Ich will das Teil im Regal und im Player wiederfinden statt auf meiner Festplatte, da bin ich altmodisch. Hier liegt somit eine Veröffentlichung vor, die nicht vom Zappa Family Trust abgesegnet ist. Was soll's? Zappa hatte sich ja bekanntlich zu Lebzeiten auch mit Bootleggern abgefunden und auch seine Witwe scheint solche Veröffentlichungen zu tolerieren (obwohl Klage-Wut - man erinnere sich an den "Zappanale"-Streit - ihr ja nicht fern liegt).

    Der Mitschnitt bietet den Eindruck eines echten Konzertes aus dem Jahr 1975 - genau so, als würde man im Publikum stehen -, wozu eben auch ein paar Spacken gehören, die manchmal dumm reinranzen oder labern, was von Zappa auch kommentiert wird. Ich vermute, es handelt sich um einen einfachen Radio-Mitschnitt, denn für Kassettenrecorder oder ähnliches klingt es zu gut (nicht vergessen: Wir sind in den 70ern!). Mir sind komplette Konzerte einfach lieber als zusammen-geschnittenes Zeug. Die "YCDTOS"-Reihe, "Dub Room Special" und ähnliches fand ich teilweise nervig, weil ich nicht damit klar kam, dass verschiedene Band-Besetzungs-Jahrgänge mit verschiedenen Klangbildern aufeinanderfolgten. Ein komplettes Konzert von Zappa und seinem alten Kumpel fehlte mir zudem noch in der Sammlung.

    Das Konzert wurde gut drei Wochen vor den Aufnahmen der Live-Stücke auf "Bongo Fury" aufgenommen, die Band ist gut eingespielt, auch Zappas Gitarren-Solos sind meines Erachtens völlig okay. Vereinzelt grätschen saftige Blues Einlagen in den Bläser-gefütterten Sound (Bruce Fowler an der Trompete) und auch die Funk-Akzente am Bass sind auch nicht zu überhören. Teilweise werden richtig alte Sachen gereicht („I'm not satisfied“ vom Erstling "Freak Out"), die Band wird zudem passenderweise von Zappa mehrfach als "Mothers of Invention" angekündigt, obwohl seit "Roxy & Elsewhere" nur noch "Mothers" auf den Covern der offiziellen Veröffentlichungen prangte. Keine Ahnung, warum er das macht - hatte vielleicht marketing-technische Gründe, denn viele Zappa-Fans trauerten der Ur-Besetzung nach und konnten sich damals mit Brock, Fowler, Duke etc. nicht so recht anfreunden.

    Captain Beefheart, der angeblichen Augenzeugen zufolge die meiste Zeit des Auftritts auf einem Stuhl am Rande der Bühne rumlungerte, meldet sich vereinzelt zu Wort, reibeisen-stimmt gekonnt und faszinierend Songs, die er auch auf "Bongo Fury" zum Besten gibt ("Muffin Man", "Poofter's Froth", "200 Years old"), kann sich auch eine "Jazz and Poetry"-Einlage nicht verkneifen und sorgt für eine ungewohnte Variation von "The Torture never stops", die mit Funk und Blues-Tupfern komplett anders rüberkommt, als die mir von "Zoot Allures" bekannte Version. Die Mundharmonika packt Kapitän Schweineherz natürlich auch aus und lt. Zappas Ankündigungen ist er ebenfalls für Saxoponeinlagen zuständig. Napoleon Murphy Brock (der eigentliche Saxophonbeauftragte der Besetzung) darf ebenfalls fleißig improvisieren, bis Zappas launige Sprecheinlagen, in denen er über das Wesen der Liebe philosophiert, in groovenden Bigband-Sound übergehen, der dann wiederum in Keyboard-lastige Jazzrock-Gefilde abdriftet, bis auch der Funk zu seinem Recht kommt. Und irgendwann bringt sich Beefheart auch gesanglich wieder ein, als hätte er vergessen, dass wir immer noch (oder schon wieder?) in "The Torture never stops" sind.

    Mir gefällt der Auftritt aus dem Provicence College großartig, denn ich liebe diese Zappa-Phase sehr und mag es, wenn sich die Musiker improvisierend umschleichen! George Duke erhält natürlich auch die Chance, etwas zu solieren, was er wie gewohnt brillant meistert: Er klöppelt mit einem Stick auf einer Triangel rum, wird dazu von Zappa groß angekündigt und steigert sich in eine Art 70er-Jahre-Version einer Human-Beat-Box hinein, um dann über eine Keyboard/Gesangs-Improvisation in einen mitreißenden Jazzrock-Groove überzuleiten - angereichert mit dem üblichen Gefrickel, welches zu dieser Zeit modern war. Natürlich ist das alles nicht immer 100%-ig flüssig, doch wenn sich dann das Bühnenensemble zum Harmoniegesang aufstellt und alle miteinander Lautmalereien zum Besten geben, in die auch Beefheart einstimmt, worauf das wilde Gebräu in eine Kakophonie aus Hörspieleinlagen, Poetry und Instrumental-Dressing mündet… dann sind das exakt die Momente, auf die ich lange gewartet habe. Einfach Klasse!

    Klar, das sind die (wenigen) Teile der CD, die manchen Zeitgenossen bei mehrfachem Anhören schon etwas nerven könnten. Doch da ich in diesem Falle voreingenommen bin und endlich zum Ende dieses Textes kommen möchte: Ich bin von diesem Mitschnitt begeistert und bereue den Kauf nicht, auch wenn Zappa und Beefheart hier nicht gleichberechtigt auftreten (das wäre der heilige Gral der Zappa-Fans) und Beefheart eher als Gastsänger und Mi[e]t-Musiker dabei ist. Da er wohl nicht in der Lage war, präzise Rhythmus und Takt zu halten, war sein Gastspiel in dieser Besetzung auch schon bald beendet – da kannte Zappa keine Gnade. Ein paar Songs von Beefhearts eigenen Longplayern einzustudieren, das wäre eine nette Geste von Zappa gewesen. Nun ja... schade drum. Trotzdem schön, die beiden hier zusammen zu erleben. Zusammen mit den deutlich besser klingenden ZFT-Releases "Philly '76" (dort singt Bianca Odin als Gast) oder "Imaginary Diseases" (ein rein instrumentales Live-Album von '72) ist diese Veröffentlichung für mich eine eigenwillig-reizvolle Variante des Zappa-Repertoires, die klanglich leicht unterhalb der offiziell veröffentlichten "Road Tapes"-Reihe rangiert.

    Fazit: Zappa und Beefheart – ein komplettes Konzert auf Doppel-CD als semi-offizielle Veröffentlichung, das gab es bislang nirgends auf legalem Wege zu kaufen. Trotz einiger Längen und suboptimaler Klangqualität ist die Doppel-CD für mich ein echtes Highlight mit Jazzrock-Einlagen und diversen Zu-Wort-Meldungen von Kapitän Schweineherz. Das Repertoire geht von frühen Mothers-Sachen bis hin zu u.a. "Roxy"/"Bongo Fury" und bietet zudem einen Vorausblick auf Dinge, die (in anderen Versionen) erst noch auf Alben veröffentlicht werden sollten. Zudem gibt's mitreißende Improvisationen und launiges Bühnengeplauder. Höhepunkt: Das später auf "Zoot Allures" zu findende "The Torture never stops" in einer tollen Version mit Beefheart-schen Vocaleinlagen. Nix für Hifi-Fetischisten, doch das Dargebotene entschädigt für den bescheidenen Klang. Pflichtkauf für Zappa-Fans!
    Ein Kommentar
    Anonym
    08.04.2015
    Beefheart heißt Rinderherz
    Empire Me - Der Staat bin ich Paul Poet
    Empire Me - Der Staat bin ich (DVD)
    16.05.2014
    Bild:
    4 von 5
    Extras:
    3 von 5
    Ton:
    4 von 5

    Überzeugende Dokumentation über individuell gestaltete Gegenwelten

    Den Regisseur Paul Poet kannte ich von der Schlingensief-Doku über dessen Abschiebe-Container-Projekt in Wien sowie als Rezensent eines dortigen Kultur-Szene-Magazins (Skug), ich war deshalb sehr gespannt auf EMPIRE ME, den ich dann allerdings zuerst auch im Kino sah, bevor ich die DVD kaufte.

    Natürlich kann eine Dokumentation wie EMPIRE ME nicht jedem gefallen, denn der Film wendet sich an ein eher alternatives Nischenpublikum bzw. an Liebhaber von Dokumentationen über eher obskure Themen. Ich kann mir vorstellen, das viele den Film schon deshalb nicht mögen werden, weil sie mit den dort porträtierten Personen Probleme haben bzw. ihren Lebensformen gegenüber Abneigungen empfinden. Doch ich finde, man sollte sich als jemand, der über den Film urteilt, die Frage stellen, ob die künstlerische/filmische Umsetzung dem Gegenstand gerecht wird, ob das Konzept trägt und ob ästhetisch eine stringente, überzeugende oder gar eigenwillige Linie durchgehalten wird - auch wenn einen das Thema nicht anspricht.

    Ich hingegen finde es recht reizvoll, mit der Idee (und eben auch deren praktischer Umsetzung) von autonomen Kleinstaaten konfrontiert zu werden. Das Thema war mir völlig neu und nicht aus Mainstream-Medien vertraut. Als ich den Film erstmalig in einer Nachmittagsvorstellung mit 15 Zuschauern in einem Filmkunst-Programmkino sah, dessen Klientel sich oft ähnlichen alternativen Lebensformen verhaftet fühlt, wie es einige der in EMPIRE ME porträtierten Aussteiger tun, war ich durchaus beeindruckt davon, wie sich Menschen 'ihre eigene Welt bauen', wie es im Flyer zum Film hieß.

    Fakt ist: Die porträtierten Kleinstaaten und deren oft von Künstlern, Aussteigern, Geschäftsmännern oder selbsternannten Monarchen geführten (aber manchmal auch demokratisch selbstverwalteten) Gegengesellschaften reizen zum Widerspruch. Sicherlich wird mancher beim Betrachten von EMPIRE ME einen kleinen Teil der Dargestellten für Phantasten oder gar leicht durchgeknallte, spinnerte und verschrobene Menschen halten, doch sollte diese Meinung nie soweit führen, dass man EMPIRE ME sein originelles Thema zum Vorwurf macht.

    Auch ich empfand einen Teil der in diesen Gegengesellschaften Lebenden als leicht verstrahlt und weltfremd, hoffnungslos naiv oder geradezu wundergläubig - wer mit Pflanzen bzw. Bäumen musiziert (so in einem Beispiel) kann meines Erachtens nicht ganz richtig im Kopf sein. Vielleicht denken aber auch Bäume genau so von mir und fragen sich, warum ich nicht mit ihnen musizieren will... Das halte ich zwar für unwahrscheinlich, aber wenn jemand an so etwas glauben möchte (und bereit ist, dafür viel Geld auszugeben), so frage ich mich: Warum soll man diese harmlosen Spinnereien verurteilen? Die meisten Leute hatten jedoch meinen vollen Respekt und ich konnte zumindest nachvollziehen, warum sie mit hohem persönlichen Einsatz und Arbeitseifer tun, was sie tun. Jeder soll auf seine eigene Art und Weise glücklich werden. EMPIRE ME handelt von der Durchsetzbarkeit entlegener, unerforschter oder gar abseitiger Lebensweisen, von Gesellschaften im Experimentierstadium und den Menschen, die sich in ihnen (mal permanent, mal nur für die Dauer eines Wellness-Urlaubs) bewegen - und die auf unterschiedliche Weise Kontakt zur Außenwelt dieser geschlossenen Systeme halten.

    Was mich an EMPIRE ME überzeugt, ist die Umsetzung: Kein ellenlanger, wertender Kommentar, keine Anbiederung an den Gegenstand, keine aufgesetzte Ironie, keine Verurteilungen. Um Perspektive muss man sich als Zuschauer selbst bemühen - warum auch nicht? Und das man zu jedem der Projekte anders stehen kann, ist da von ganz besonderem Reiz.

    Ich finde die sechs Gegengesellschaften klug ausgewählt, da sie in ihren Zielen und Absichten völlig konträr sind. Da gibt es die ehemalige Fliegerabwehrplattform Sealand mitten im Meer (so was wie eine Mini-Bohrinsel), mit der man Geschäfte macht, eine Freikörperkultur-Sekte, die eine Art kuscheligen Gruppensex mit Streicheleinheiten für Esoteriker im Programm hat (meist Frauen jenseits der Wechseljahre und Männer mit Halbglatzen - für mich das am schwersten zu ertragende Projekt), solche, die ihre Behausungen nach eigenwilligen architektonischen Prinzipien selber bauen oder andere, die eigenes Geld oder Briefmarken herstellen.

    Nebst einer Künstlergruppe, die mit selbstgebauten Flößen Europas Küsten lang schifft (was für sehr reizvolle Bilder sorgt, als man nächtens in Venedig einfährt) wird am Beispiel von Christiania in Dänemark auch gezeigt, wie solche Modelle außer Kontrolle geraten können. Neben der Produktion zweitklassiger Kunst blüht dort mittlerweile der Handel mit harten Drogen, man liefert sich Schlachten mit der Polizei und versucht, als gealterter Revolutionär zwischen Realität und Utopie die Reste eines Lebensentwurfes zu bewahren, der einmal von kreativem Widerstand dem Staat gegenüber zeugte, jetzt allerdings nur noch für links-autonome Folklore mit alternativem Dekor sorgt.

    Insofern überzeugt mich auch die Reihung, denn der Film endet mit dem (so finde ich) schönsten Kunst-Projekt: Den schwimmenden Inseln. Aber ich bin sicher, jeder Zuschauer wird hier seinen ganz persönlichen Favoriten finden.

    Jede der Gegengesellschaften erhält ein eigenes Kapitel im Film mit einer speziell gestalteten Einführung als einer Art visueller Überschrift, die sich von der Machart der Beiträge selbst durch vermehrten Einsatz von Bildtricksereien unterscheidet. Hier zeigt man, dass man in Sachen 'Video-Bearbeitungsprogramm-Einsatz' seine Hausaufgaben gemacht hat und 'up to date' ist , die Beiträge selbst aber damit nicht überladen will. Die Kamera ist oft nah dabei, man bekommt ein Gespür für die Menschen vor Ort und ihre Motive, aber auch für Selbsttäuschungen und clevere Inszenierungen. Hauptsache man ist autonom und bunt und irgendwie anders als gewohnte, staatliche Ordnungen.

    Dass diese Utopien auch zu Dystopien geraten können, das Risiko besteht immer. Auch wenn man Sinn, Zweck und Aufgaben dieser Staatsformen nicht teilt, imponiert mir der Glaube der Macher und ihrer Anhänger, etwas ändern zu können und die Beharrlichkeit, mit der hier große Projekte umgesetzt werden.

    Der Zugang des Filmes ein poetischer (weshalb der Regisseur wohl auch den Namen Paul Poet für sich wählte); er ist wirkungsvoll fotografiert (ohne auf schöne Bilder im geschmäcklerischen Sinn zu setzen) und die Herangehensweise zeugt von Respekt dem Sujet gegenüber. Gerade die Kunst, alles offen zu halten und keine Meinung vorzugeben, spricht für den Film.

    Nun noch zum Bonusmaterial. Ich fand es ehrlich gesagt etwas mau, was vielleicht daran lag, dass ich - wie gesagt - den Film zuerst im Kino sah und mir von der DVD mehr zusätzlichen "Mehrwert" versprach (vielleicht zuviel?).

    So wurde z.B. eine Gruppe von Aktivisten im Bonusmaterial angekündigt, die im fertigen Film dem Schnitt zum Opfer fiel (oder vielleicht ja auch dem unbefriedigenden gedrehten Material, wer weiß das schon genau) - dieser Teil des Bonusmaterials war für mich viel zu kurz und wenig erhellend.

    Dort, wo das Bonusmaterial die im Film dargestellten Projekte erweitert, ist es hingegen so, dass ich nur in einem Fall das Gefühl hatte, tatsächlich einen Aspekt beleuchtet zu finden, der im Film selbst (vielleicht weil er dem Regisseur nicht so wichtig war) nicht zu sehen war - gemeint ist ein Blick auf die Organisation des Rettungswesens in einem der Projekte; Personen, die im Krankentransport arbeiten, werden gezeigt.

    Die Interviews mit Paul Poet sind okay, es handelt sich um Übernahmen anderer Quellen, sie wurden wohl nicht extra für die DVD angefertigt, wie mir schien. Ich habe allerdings (ich hoffe, mein Gedächtnis trügt mich nicht) im Kopf, dass ich damals zum Bundesfilmstart bessere Interviews im TV sah, die nicht auf der DVD landeten. Da hätte man noch etwas drauflegen können. Einen Audiokommentar hätte ich mir ebenfalls gewünscht, der fehlt aber leider (aber Paul Poet ist nun mal nicht Uwe Boll, dessen Filme man nur deswegen kaufen sollte). Aber vielleicht hätte ein Audiokommentar auch der künstlerischen Absicht des Regisseurs, vieles offen zu halten, widersprochen und er hätte das Gefühl gehabt, sich darüber zu sehr in den Vordergrund zu stellen, während er sich im Film ja sehr zurück nimmt. Ich kann das nicht abschließend beurteilen, finde das Fehlen eines solchen Kommentars aber trotzdem schade (obwohl der Regisseur natürlich nicht verpflichtet ist, denn Film unter Bergen von Zusatzmaterial zu begraben, das stimmt natürlich auch). Aber meinetwegen hätte der ganze Film auch fünf Stunden gehen können...

    Trotz meiner Skepsis einigen der dargestellten Staats- und Lebensformen gegenüber, hat mich die künstlerische Umsetzung 100%-ig überzeugt - da sollen meine Mäkeleien wegen des meines Erachtens eher kargen Bonusmaterials nicht ins Gewicht fallen.

    Fazit: Ebenso eigenwillige wie überzeugende Dokumentation des Regisseurs Paul Poet über individuell gestaltete Gegenwelten in Form autonomer Kleinstaaten. Ein Film, der sowohl Anteilnahme weckt, wie auch Widerspruch herausfordert. Mit Respekt dem Sujet gegenüber umgesetzt, porträtiert Paul Poet diese sechs sehr unterschiedlichen Gegengesellschaften, ohne dem Zuschauer eine Meinung vorzugeben. Zudem ist der Film überzeugend gefilmt, die Kamera ist nah dran und man hat als Zuschauer schnell das Gefühl, mit vor Ort zu sein. Kaufempfehlung!
    Road Tapes Venue # 2: Finlandia Hall, Helsinki, Finland (23 & 24 August 1973) Road Tapes Venue # 2: Finlandia Hall, Helsinki, Finland (23 & 24 August 1973) (CD)
    04.04.2014
    Klang:
    4 von 5
    Musik:
    5 von 5

    Hier meine Rezension zur aktuellen Road Tapes-Veröffentlichung. Vorab: Alle beinharten Zappa-Fans mögen mir nachsehen, dass ich kein Zappaologe bin und die Song-für-Song-Rezensionen den wahren Kennern überlassen möchte (und muss). Hier nur das Wichtigste

    Hier meine Rezension zur aktuellen Road Tapes-Veröffentlichung. Vorab: Alle beinharten Zappa-Fans mögen mir nachsehen, dass ich kein Zappaologe bin und die Song-für-Song-Rezensionen den wahren Kennern überlassen möchte (und muss). Hier nur das Wichtigste für Interessierte.

    Bei diesem Konzert der offiziellen Semi-Bootleg-Reihe aus dem Hause des Zappa Family Trust handelt es sich um Aufnahmen, die 1973 (also ein Jahr vor dem ebenfalls in Finnland / Helsinki mitgeschnittenen Konzert auf „YCDSOSA-Vol.2“ ) getaped wurden.

    Getaped heißt: Kein Profi-Aufnahme-Equipment, sondern 2 und 4-Spur-Cassetten-Tapes waren das Material, aus welchen diese Doppel-CD zusammengestellt wurde (ähnlich wie z.B. auch Teile anderer, regulärer Zappa-Live-CDs, wie z.B. auch einige „Roxy & Elsewhere“-Passagen). Seinen Truck mit eigenem Studio schaffte sich Zappa erst Jahre später an; für Konzerte, die für Veröffentlichungen eingeplant waren, musste immer extra Aufnahmeequipment hinzu gemietet werden, was natürlich teuer war.

    Die Tapes dienten ursprünglich vor allem der Band-internen Kommunikation: Man hörte sie auf der Tournee während der langen Busfahrten (daher der Name "Road Tapes") und ließ die Konzerte vergangener Tage Revue passieren, um am Arrangement zu feilen oder Schwachstellen im Set auszubügeln.

    „Road Tapes #2“ besteht aus den besten Aufnahmen, die während dreier Shows an zwei aufeinanderfolgenden August-Tagen 1973 in Helsinki mitgeschnitten wurden, wobei man bei dieser Veröffentlichung (ähnlich wie z.B. auch bei “Hammersmith 1978) versuchte, den Verlauf eines dieser Konzerte nachzuempfinden (inklusive eines Soundchecks, der bei mehrmaligem Dauer-Rotations-Hören doch etwas nervt). Nähere Infos zum Aufnahme- und klanglichen Aufbereitungsprozess finden sich im Booklet.

    Das Klangbild ist okay - nichts für High End-Fetischisten, aber deutlich über Bootleg-Niveau. Aus zwei oder vier-Spuren lässt sich nachträglich eben nur schwerlich ein Dolby Surround-Erlebnis zimmern. Auf jeden Fall klingt diese DCD deutlich besser, als ich es nach den Vorab-Ankündigungen in der (Fan-)Presse erwartet habe.

    Die Besetzung auf „RT#2“ ist eine der Vorgängerbesetzungen der von „YCDTOSA2“ bekannten Band: George Duke, Ruth Underwood und Tom Fowler sind mit von der Partie. Allerdings stehen hier insgesamt acht (statt sechs) Leute auf der Bühne. Markantester Unterschied: Jean-Luc Ponty ist dabei und gibt dem Ganzen mit seiner E-Violine eine ganz eigene Klangfarbe. Ponty prägt den Sound markant und für alle, die (wie ich) sein "King Kong"-Album mit Zappa-Kompositionen mochten, ist dieser Mitschnitt eine echte Entdeckung. Neben Ralph Humphrey (dr) ist auch Bruce Fowler (trombone) dabei, beide waren ein Jahr später am gleichen Ort nicht mehr zu hören.

    Die Versionen der Songs, die sich teils auch mit „YCDTOSA2“ und „Roxy & Elsewhere“ bzw. den Studioalben dieser Zeit überschneiden, unterscheiden sich manchmal in Länge, Tempo und Arrangement vom Original bzw. anderen Live-Veröffentlichungen. Über weite Strecken überwiegen Instrumentalpassagen, die vor allem die Freunde der Alben zwischen „Uncle Meat“ und „Grand Wazoo“ erfreuen dürften, auf denen Flo und Eddie nicht(!) mit von der Partie waren. Auch wenn Songs von späteren, eher gesangsorientierten Alben dabei sind, wie z.B.„Pinguin in Bondage“ in einer – wie ich finde – etwas schlapperen Version als auf „R&E“ und „Montana“ (auf dem einen Monat später nach diesen Konzerten veröffentlichten „Apostrophe’“ zu finden), überwiegen die jazz-rockigen Passagen deutlich gegenüber den Vocal-Nummern.

    Auf „Your teeth…“ welches in eine entschleunigte „Pyjama [People] Prelude“ übergeht, soliert George Duke improvisierend am Keyboard (und springt zwischen verschiedenen Stilen hin und her). Zumeist wird über weite Strecken dem in den 70-ern aktuellen Jazzrock gehuldigt – mal mit spacigen Einsprengseln, dann wieder bluesiger oder auch grooviger, doch immer beseelt. Wer sich andere Jazzrock-Produkte der 70-er anhört, wird merken, dass die Zappa-Variante dieser Musikrichtung die letzten vier Jahrzehnte gut überstanden hat und immer noch ziemlich frisch klingt - wobei mir der leichte Bigband-Touch, zu dem Bruce Fowler (trombone) beiträgt, besonders gefällt. Vor allem sind es aber die längeren Improvisationen (über die Frage eventueller Co-Komponisten-Tantiemen für diese Improvisationen sollen sich Zappa und JLP ja zerstritten zu haben, was unbestätigten Gerüchten zufolge zu dessen plötzlichen Ausstieg führte) wie in „Dupree’s Paradise“, in denen Jean-Luc Ponty zeigt, in welche Richtung sich die Band hätte entwickeln können, hätte nicht schon kurze Zeit später Napoleon Murphy Brock die Band auf andere (ebenso überzeugende) Art und Weise geprägt.

    Witzig auch, wie Zappa in „Farther O’Blivion“, laut dessen eigener Ansage "einem psychedelischen Stück", die "notwendige Funktion des Hook" erklärt - mit nachgeliefertem Hörbeispiel - wobei ein Hook natürlich etwas ist, das in einem solchen Jazzrock-Stück eigentlich nichts zu suchen hat, sondern eher ein Stilmerkmal von Mainstream Hits ist. Apropos Hits: Mit „All Skate/Dun-Dun-Dun gibt es (nachdem es scheint, als ob die Band längere Zeit benötigt, ihren Groove zu finden) noch eine nette Verbeugung vor dem finnischen Publikum, die dem Auftritt eine Art Lokalkolorit verleiht.

    Natürlich fallen auch ein paar schöne Zappa-Gitarren-Soli ab. Überhaupt scheint mir diese DCD zu den besseren ZFT-Nachlassveröffentlichungen zu gehören, wobei ich einer von denen bin, die die 70-er für den Höhepunkt in Zappas Schaffen halten. Ich weiß, einige denken da anders… ich kann da aber nicht über den Schatten meiner eigenen Zappa-Sozialisation springen. Für mich ist dies’ ein Album, welches ich sicherlich noch sehr oft hören werde, auch wenn es nicht so ‚aus einem Guss’ wirkt, wie die zu Lebenszeiten veröffentlichten Live-Alben Zappas. Dafür kommt es einem Konzerterlebnis aber näher…

    Fazit: Stark am Jazzrock orientiertes Zappa Live-Album mit langem Improvisationsgegniddel, welches den Werkkatalog um eine interessante Variante erweitert: Einen offiziellen Mitschnitt dieser 73-er Zappa-Formation, zu der neben George Duke auch der französische Violinist Jean-Luc Ponty gehörte, hat es bislang nicht gegeben. Eine hörenswerte und (im Gegensatz zu manch anderen Veröffentlichungen des ZFT) von vielen Fans seit Jahren erwartete Perle aus dem Nachlass.

    Unbedingte Kaufempfehlung für Fans, zumal die jpc-Preisgestaltung (im Vergleich mit einigen Mitbewerbern) für diesen sonst nur schwer zu bekommenden Import wirklich äußerst kundenfreundlich ist.!
    Shut Up And Play The Hits (OmU) Shut Up And Play The Hits (OmU) (DVD)
    04.04.2014
    Bild:
    4 von 5
    Extras:
    5 von 5
    Ton:
    4 von 5

    Konzert im Bonusteil super, Doku jedoch zwiespältig.

    Entgegen der uneingeschränkt positiven Rezensionsflut in den Medien anläßlich der kurzen Kinoauswertung bzw. der DVD-Veröffentlichung des Filmes, sehe ich die Sache etwas kritischer.
    Für mich wirkt die Doku wie eine handwerklich perfekt umgesetzte Dokumentation, deren Oberfläche über die mangelnde Substanz hinwegtäuscht, da in den Dialogen immer die gleichen Dinge thematisiert werden, was auf Dauer ermüdet.
    Das ewige "Warum-auf-dem-Höhepunkt-des-Erfolges-aufhören-?" wird x-mal angesprochen und immer ähnlich beantwortet, unterbrochen von Aufnahmen des Abschiedskonzertes sowie immer wieder durchbrochen von Schnipseln desselben Interviews in einem Café, in welchem James Murphy einem leicht devoten, aber interessierten Interviewer schon wieder dieselben Fragen beantwortet, auf die er sich bereits mehrfach bei anderen Gelegenheiten ähnliche Erwiderungen einfallen ließ...
    Geschickt und auch handwerklich auf hohem Niveau (z.B. die schönen Bühnenaufnahmen vom Abbau aus der Vogelperspektive, der geschickte Wechsel der Handlungsorte) kreist der Film vorrangig natürlich um die perfekte, auf Dauer aber etwas monotone Selbst-Inszenierung des sympathischen LCD Soundsystem-Kopfes. Bei den teils mitreißenden Konzertaufnahmen möchte ich mich (als nur eingeschränkt englisch sprechender Zuschauer) besonders für die deutschen Untertitel bedanken - doch dies' verhindert natürlich nicht, dass der Film die Spannung nicht über die ganze Dauer halten kann. Irgend etwas fehlt, Murphys Selbstinszenierung als seinen Hund tätschelnder, alternder Gentleman wirkt zu glatt, um echtes Interesse an seiner (uneingeschränkt sympathischen, wie gesagt) Person zu wecken.
    Wer den Hauptfilm jedoch einfach als eine Art überlanges und etwas überambitioniertes "Making off" betrachtet und sich über die beiden Silberlinge mit dem kompletten Konzert freut, der kommt dennoch auf seine Kosten.
    Ganz nebenbei: Auch wird schnell klar, wieso die Wahl von Arcade Fire, deren aktuelles Album - für viele angeblich überraschend - er produzierte, auf ihn fiel: Man kennt sich wohl schon länger, denn beereits in diesem Konzertfilm stehen sie neben ihm auf der Bühne.
    Übrigens handelt es sich auch bei der deutschen Fassung um einen 3-DVD-Set (das stand - im Gegensatz zu den Importfassungen - beim von mir bestellten Angebot nicht extra dabei.
    Ach ja: Hübsch aufgemacht ist der DVD-Set zudem - auch wenn das Booklet dieselben Mängel wie der Film aufweist: Es ist nett anzusehen, doch die spätlichen Informationen werden zu sehr mit Füllwerk angereichert. Aber egal - den positiven Gesamteindruck sollen meine kleinlichen Mäkeleien nicht schmälern. Kaufempfehlung!
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