5 von 5
Kardewski
15. Oktober 2020
Gesamteindruck:
5,0 von 5
Künstlerische Qualität:
5,0 von 5
Repertoirewert:
5,0 von 5
Die Krönung
Von den etwa hundert Ouvertürensuiten Georg Philipp Telemanns, die ich kenne, hat mich keine einzige enttäuscht. Ein funkelnder, schillernder Kosmos voll Natürlichkeit und Leichtigkeit, geistreichem Witz, manchmal überraschender Ernsthaftigkeit und (siehe die Plainte in 55:G5) sprachlos machender Schönheit - mehr noch als in seinen Konzerten oder seiner Kammermusik zeigt Telemann, ein zutiefst menschlicher Komponist, in diesen Werken sein freundlichstes Gesicht. Die kunstvolle Eleganz der Eröffnungs-, der Ohrwurmcharakter der Tanzsätze zeugt von einer nie nachlassenden Schaffenskraft, die ans Unheimliche grenzt. (Fähige Kollegen wie Fasch und Graupner schaffen es zwar wohl vereinzelt, sich qualitativ anzunähern, können das hohe Niveau aber nicht durchgehend halten.) Umso schwerer fällt es zu begreifen, warum gerade diese Gattung bisher so sehr vernachlässigt wurde, wenn es auch eine kleine Handvoll Suiten (meist solche "programmatischer" Natur) zu einer gewissen Popularität gebracht hat. Die beiden hier präsentierten G-Dur-Werke wurden von der verdienstvollen Cappella Coloniensis in den achtziger Jahren für den WDR aufgenommen, haben aber nie ihren Weg auf Tonträger gefunden; G5 wurde vom grandiosen Arion Ensemble vor wenigen Monaten erstmals auf CD eingespielt. B13 ist eine Weltpremiere. Carin van Heerden und L'Orfeo gelingt eine äußerst frische und lebendige Interpretation, sehr "französisch" im Sinne der Verzierungskunst, fein ausbalanciert zwischen Holzbläsern und Streichern. Schade, daß bei den Ouvertüren nicht alle Wiederholungen gespielt werden, die paar zusätzlichen Minuten wären durchaus drin gewesen. Der Einsatz einer Continuo-Laute bleibt Geschmackssache. -- So wie ich das Label einschätze, wird man nicht eher ruhen, bis sämtliche erhaltene Orchestersuiten Telemanns auf hauseigener Silberscheibe gebannt sind. Eine Riesenaufgabe, die das L'Orfeo Barockorchester natürlich unmöglich alleine stemmen kann - aber da gibt es ja noch andere Kandidaten, die teils auch schon etwas vorgearbeitet haben. Die monumentale Telemann-Edition auf cpo: Das Allerbeste kommt zum Schluß