3 von 5
Anonym
19. Juli 2016
Gesamteindruck:
3,0 von 5
Künstlerische Qualität:
2,0 von 5
Repertoirewert:
2,0 von 5
Weltflucht vor dem Kriegs-Tod
Vielen Dank für diese CD – sie hat mir hundertfach die Augen geöffnet. Bei solchen religiös schweren Stücken ist es besser, lieber gleich 15 € im privaten Geschichtsunterricht statt später hunderttausende auf der offenen Weltbühne zu zahlen. Es ist ein maskenhaftes Lied von Ritter Tod und Teufel, mittelalterlich gesehen. Dieses mit sehr ureinfachen Mitteln aufrüttelnde Stück von 1943 sieht den martialischen Tod aber leider wirklich sehr mächtig. Nach meinem ersten Schock darüber, hat es mich doch sehr tief ergriffen, ich brauchte ich ein paar Tage (und habe mich gefangen). Es erschüttert, daß Martin kein Entrinnen vor der Macht des Gewalttodes im Kriege durch die Nazis sah, - offenbar hatte er die Waffen gestreckt. In einer Folge herzzerreißender Tableaus geht jede Menschlichkeit zugrunde. Der Tod wütet eigentlich lüstern wie der Teufel. Martin hat ja wirklich geglaubt, daß alles, was Tod bedeutet, auch wirklich unabwendbar sei. Muß man das denn so sehen, daß man die Waffen strecken muß vor dem Bösen als „naturgewollten Tod“, selbst der gutmütigste?
Die „Götter“ des gewaltsam ungerechten Kriegs-Mordens mussten vielleicht doch wohl eher mit den zu starken als ihren Gegnern kämpfen (die Schwachen konnte er schon längst getrost ihrem Elfenbeinturm überlassen), als daß sie das gewinnen konnten. So hat sich das ja dann auch 1944 und 1945 entgegen Martins düstere Prognose von 1943 allseits tragisch und erfolgreich bewahrheitet, denn ich mein, der Tod allgemein ist nicht abzuwenden, wohl aber der kriminelle; a bißl Freiheit hat uns Gott da schon gegeben! Und so hat man den Untergang, den die Nazis der Welt geben wollten, 2 Jahre später abgewendet.
Frank Martin hätte dann sein Stück wohl doch lieber gerne umgeschrieben, aber als Glück blieb uns so ein mahnendes Werk erhalten, wenngleich der Krieg eine andere Wendung nahm.
Das Werk ist nicht komplett, c.a. 5 Stücke wurden nachkomponiert, einige Regieangaben aus der Erinnerung wiedergegeben, der Text ist kurz, das Libretto enthält ein typisch allgemein resignierendes Fazit, es ist halt eben keine Feier des Lebens, muss ja halt mal nicht sein. Angesichts von Martins Depression ist dieses Stück nicht der große Animations-Hit, weswegen ich der Sache dann eine Drei gebe. Das Ensemble hat saubere historisierende Arbeit geleistet, als ein selbstverständlich dem Tod entsprechend vergängliches Zeitdokument ist es eine unersetzliche CD für zumindest interessierte Kenner.
Erinnern wir uns zuletzt an ein Gedicht von Rilke:
„Der Tod ist groß ….
…
wenn wir uns mitten im Leben meinen,
wagt er zu weinen
mitten in uns“
(mitten im Leben meinen, nicht am Ende, oder: mitten im ewigen Leben meinen am Ende)